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86 Focus on German Studies<br />

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Wieder die Alte? Claire Dubois Dübois zwischen Ill<strong>usion</strong> <strong>und</strong> <br />

Wirklichkeie <strong>Wirklichkeit</strong> 1 <br />

<strong>Sabine</strong> <strong>Sievern</strong> <br />

Sieh dich um bei deinen<br />

Berufsgenossinnen - wie viele von<br />

ihnen haben ein dem deinen mehr<br />

oder minder ahnliches ähnliches Schicksal<br />

rucht nicht gehabt? Wie viele haben ein<br />

schlimroeres schlimmeres erfahren?2<br />

O<br />

n ihrer Novelle "Wieder die Alte" (1886) zeichnet Marie von Ebner­<br />

Eschenbach das Gesellschaftsbild einer Wiener Vorstadt <strong>und</strong> das<br />

Schicksal einer aspirierenden Hauslehrerin des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts. JahrhlU1derts. Die aus<br />

dem Adel stammende Ebner-Eschenbach, die von Toegel als "feinfuhlige<br />

"feinfühlige<br />

Beobachterin der Menschen" bezeichnet wird (Mane, (Marie, 59), verarbeitet in<br />

der Darstellung insbesondere ihre Einsicht in die Oberschicht, an der sie<br />

in ihren Werken, wie auch in diesem Fall, oftmals Kritik atillert. äußert:.<br />

Diese Verarbeitung von Beobachtungen zeigt sich in "Wieder die<br />

Alte," in der die Welt der Oberschicht, das heiBt heißt der wohlhabenden<br />

Aristokratie Aristokratic <strong>und</strong> dem wohlhabenden Grof3burgertum, Großbürgertum, mit der der<br />

Unterschicht, das heillt heißt dem Bfugertum, Bürgertum, kontrastiert <strong>und</strong> die damalige<br />

gesellschafthche gesellschaftliche Situation mit klaren StandesWlterschieden Standesunterschieden dargestellt wird. 3<br />

Bei nwerer näherer Betrachtung Usst lässt sich feststellen, dass das Leben in der<br />

Oberschicht gekennzeichnet ist durch Ill<strong>usion</strong> <strong>und</strong> Realitatsfeme, Realitätsfeme, ruer hier am<br />

Beispiel der Familie Meiberg <strong>und</strong> Arnold Bretfelds, wahrend während in der<br />

Unterscrucht Unterschicht eine durch Existenzangst hervorgerufene Realitatsnahe Realitätsnähe Wld <strong>und</strong><br />

Bodenstandigkeit Bodenständigkeit vorherrscht, fur für welche hier exemplarisch die verarmte,<br />

adelige Baronin Karoline Reich steht In dieser Konstellation der Charaktere<br />

nimmt die Hauslehrerin Claire Dubois, Dübois, die E bner-Eschenbach in den<br />

Mittelpunkt der Handlung positioniert, eine Sonderstellung em. ein. Als Tochter<br />

eines franzosischen französischen Tanzmeisterpaares Wld <strong>und</strong> somit Mitglied der Unterschicht<br />

verkehrt sie auf Gr<strong>und</strong> ihrer Arbeit als Hauslehrenn Hauslehrerin mit der Oberschicht<br />

Wld <strong>und</strong> bewegt sicll, sich, wie Brokoph-Mauch es ausdruckt, ausdrückt, "in zwei Welten [ ... ]<br />

der eigenen armseligen, muhevollen mühevollen <strong>und</strong> der fremden, luxuriosen" luxuriösen" (66).


88 Focus Focm on German Studies<br />

Wieder die Alte? 89<br />

1m Im Kontakt mit der fremden, Im.'Uriosen Im,'Uriösen Welt passt sich Claire<br />

den Anforderungen jener Gese11schaftsschicht Gesellschaftsschicht an <strong>und</strong> legt wwend während der<br />

Ausubung Ausübung des Berufes nicht ihr w wahres Sein <strong>und</strong> ihr w wahres Emptinden Empfinden an<br />

den Tag Claires a11tagliche, alltägliche, berufliche Realitat Realität ist demzufolge durch Schein<br />

gekennzeichnet 1m Im Gegensatz dazu tritt ihr wahres Sein in den von Ill<strong>usion</strong><br />

bestimmten Situationen im privaten Bereich in den Vordergr<strong>und</strong>. In<br />

diesem Aufsatz soll so11 zunächst zunachst die Darstellung Darste11ung VDn Ill<strong>usion</strong> <strong>und</strong> Realitatsfeme<br />

Realitätsferne<br />

am Beispiel der Oberschicht erlautert erläutert werden. Dabei wird das<br />

Hauptaugenmerk auf Arnold Amold Bretfeld <strong>und</strong> die Familie Meiberg gelegt. Der<br />

Gegenpol zu dieser Ill<strong>usion</strong>, das hellit heißt die Realitätsnähe Realitatsnahe der Unterschicht,<br />

hier am Beispiel der Baronin Reich, ist daran anschlie13end anschließend Gegenstand der<br />

Untersuchung. Claire steht zwischen diesen beiden entgegengesetzen Polen.<br />

Zum Schluss soll so11 aus diesem Gr<strong>und</strong> die Invertierung von Sein <strong>und</strong> Schein<br />

in Bezug auf die Entwicklung Claires, ihre Stelllmg zwischen Unter- <strong>und</strong><br />

Oberschicht sowie ihre we Position zwischen Ill<strong>usion</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirklichkeit</strong> naher näher<br />

untersucht werden. In ihrem wem Verhalten lasst lässt sich hierbei eine deutliche<br />

Dichotomie zwischen der privaten <strong>und</strong> der beruflichen Ebene erkennen,<br />

die 1m im Verlauf der Arbeit hervorgehoben werden soll. so11.<br />

Claire Dubois, Dübois, die in armlichen ärmlichen Verhaltnissen Verhältnissen bei ihrer wer Ziehmutter,<br />

der verarmten <strong>und</strong> verstoi3enen verstoßenen Baronin Karoline Reich, <strong>und</strong> deren<br />

Ehernann Ehemann wohnt, lernt 1m im Hause ihres wes Arbeitgebers, der Grafenfamilie<br />

Meiberg, den Musiklehrer Arnold Amold Bretfeld kennen. Als Sohn aus einer<br />

reichen Kaufmannsfamilie gibt Arnold, im Gegensatz zu Claire, nicht<br />

zwecks des Broterwerbs Unterricht, sondern aus Gefalligkeit. Gefälligkeit. Die<br />

Annaherung Annäherung Claires <strong>und</strong> Arnolds Amolds hat Heiratsabsichten zur Folge, die von<br />

seiner Familie nicht gebilligt werden. Arnold lost löst die ,Verlobung' mit Claire<br />

<strong>und</strong> beide kehren ganzlich gänzlich in ihre we eigenen Welten zuruck. zurück.<br />

Der Darste11ung Darstellung des Familienlebens der Meibergs liegen Ebner­<br />

Eschnenbachs Erfahrungen mit ihrer wer eigenen Familie zu Gr<strong>und</strong>e. So ahnelt ähnelt<br />

Graf Meiberg, der als "stattlich <strong>und</strong> verdriei3lich" verdrießlich" beschrieben wird <strong>und</strong><br />

der sich uber über die fehlende "Heiterkeit" beim nachmittaglichen<br />

nachmittäglichen<br />

Familientreffen der Meibergs bei Claire beklagt (228), Ebner-Eschenbachs<br />

eigenem Vater (Klostermaier 49). Klostermaier bescrueibt beschreibt das Familienleben<br />

wahrend während der Kindheit Ebner-Eschenbachs wie folgt: "Count Dubsky's ill<br />

humor was known and even proverbial in his circles [,.1 .. 1 When family<br />

members were all together they often felt bored; serious tnterests were<br />

missing, everyone was afraid of making aremark a which might arouse the<br />

count's wrath" (49)~<br />

Die Verdrief3lichkeit Verdrießlichkeit <strong>und</strong> die fehlende Heiterkeit der<br />

in der Novelle die Aristokratie reprasentierenden repräsentierenden Familie Meiberg sind der<br />

Grafm Gräfm Meiberg bewusst <strong>und</strong> sie hegt die Hoffnung, durch die Anstellung<br />

Claires diesen Umstand andem ändern zu konnen. können, Zur Verkilizung Verkürzung der tristen<br />

Nachmittagsst<strong>und</strong>en engagiert sie aus diesem em G r<strong>und</strong> Claire, Wle Wie zu jener<br />

Zeit ublich, üblich , als "Gesellschafterin fur für den Nachmittag" (229). (229), Das<br />

. "<br />

Aufrechterhalten des Trugbildes der zufriedenen <strong>und</strong> heiteren Familie nach<br />

außen auGen ist infolgedessen gleichzusetzen rnit der Aufrechterhaltung eines<br />

Scheins. Dadurch drockt druckt Ebner-Eschenbach ihre we Kritik an der Oberschicht<br />

aus, der sie si.e die Tiefe T abspricht, die in dec der bürgerlichen bfugerlichen Welt vorhanden ist.<br />

E bendiese Kritik wird zudem noch durch die Ignoranz der Grifin Gräfin<br />

Meiberg verdeutlicht, da diese sich keinerlei Vorstellung von dem Leben<br />

auf3erhalb außerhalb ihres ,Glaskastens' macht. So fragt sie Claire: "Drei Lektionenl Lektionen!<br />

Warum plagen Sie sich so sehr? 1st Ist derm denn das notwendig?" (225). Die Adelige<br />

lebt in der Ill<strong>usion</strong>, dass schon durch weniger als drei Lektionen der<br />

Lebensunterhalt bestritten werden kann <strong>und</strong> unterschatzt unterschätzt hierin die<br />

Schwierigkeit fur für ihre we Angestellten, das Lebensnotwendige zu erwerben.<br />

Sie verlangt von Claire, statt diese zu bitten, ihre generell am Nachmittag<br />

stattfindenden St<strong>und</strong>en auf den Vormittag zu verlegen ader oder sie ganz<br />

abzusagen, ohne sich iiber über die moglichen möglichen Konsequenzen fur für Claire oder<br />

die von ihr w zu bringenden Opfer Gedanken zu machen. D ass sie mit ihrem<br />

Verhalten moglicherweise möglicherweise Claires Existenz aufs Spiel setzt, falls diese zu<br />

keiner gütigen giitigen Einigurlg mit den Familien kommen kann, steht fur für sie nicht<br />

zur Debatte. Grof3ziigig Großzügig fügt fugt die Grafm Gräfm noch hinzu, <strong>und</strong> hier zeigt sich der<br />

ironische Unterton Ebner-Eschenbachs in der Kritik der Oberschicht "Ich ,,!eh<br />

verlange ja kein Opfer; miissen müssen Opfer gebracht werden, versteht es sich<br />

von selbst, daG daß ich sie bringen werde [...].[ Nicht nur entsagen - so im<br />

grof3en großen [...] auch im kleinen muG muß man sich etwas versagen konnen" können" (226). (226),<br />

Die Gratin Gräfin selbst erkennt den Hohn dieser Aussage nicht, doch in Claires<br />

Situation ist er unverkennbar. 4<br />

Gleichzeitig tritt hier deutlich das<br />

Unverstandnis Unverständnis der Aristokratin zu Tage. Die Aufgabe der St<strong>und</strong>en, die sie<br />

durch diese Aussage indirekt als "kle:ine "kleine Opfer" bezeichnet, sind für fur Claire<br />

tatsächlich tatsachlich "große "groi3e Opfer." Zudem ist es in keinster Weise die Grafm, Gräfm, die<br />

Opfer bringt. bringt,<br />

Zu Beginn des Gesprachs Gesprächs der beiden Frauen zeigt sich abermals<br />

die Verblendung der Gcifin, Gräfin, die ein Mitglied der Unterschicht als Arroganz<br />

<strong>und</strong> Verniedlichung des harten Alltags empftndet. Gegeniiber Gegenüber Claire<br />

beschwert sie sich, welche Zugestandnisse Zugeständnisse ihr das Leben abverlangt,<br />

woraufhin Claire "nicht ohne Vorbehalt" entgegnet: "Es ist mitunter


90 Focus FortiS on German Studies<br />

Wieder die Alte? 91<br />

schwer" (224). Die Antwort der Gräfin Grafin - "Mögen "Mogen Sie es nie rue erfahren"<br />

(224) - unterstreicht ihre Ignoranz gegenüber gegenuber ihren Mindergestellten. Dabei<br />

ist das Leben einer ciner Hauslehrenn Hauslehrerin gezeichnet durch eine "konstante Belastung<br />

der Frustration <strong>und</strong> Unzufriedenheit," <strong>und</strong> im Un Allgemeinen führte fuhrte diese<br />

"lebenslange Arbeit Arbei.t zu einem verarmten Altersdasei.n" Altersdasein" (Anderson <strong>und</strong><br />

Zinsser 193-94). OffensichtLch vollzieht sich das Leben der Gräfin GrafIn fernab<br />

der Realität, Realitat, die das Leben des unteren Standes bestimmt.<br />

Arnold Bretfeld lebt ebenfalls in einer Traumwelt. Traurnwelt. Von sich selbst<br />

behauptet er zwar, die Situation einschätzen einschatzen zu können, konnen, allerdings verkennt<br />

er dabei die finanzielle Abhängigkeit Abhingigkeit von seiner Familie, der de! er ausgesetzt<br />

ist. 1m Im Gespräch Gesprach mit Karoline Reich gibt er zu, dass seine Familie Claire<br />

nicht rucht ohne Weiteres akzeptieren wird, aber seine "Familie ist gewöhnt, gewohnt,<br />

mich [d.h. Arnold] meine eigenen Wege gehen zu sehen" (216). Diese<br />

Einschätzung Einschatzung seiner Familie erweist sich als lUlfealistisch, unrealistisch, denn delm seine Brüder Bruder<br />

erklären, erklaren, dass class "Fräulein "Fraulein Dübois DUbois ihre Schwelle" niemals ruemals überschreiten uberschreiten werde<br />

<strong>und</strong> dass es ,,[n]icht " [nJicht einmal einen Tag lang" heißen heillen solle "die Familie erwäge, erwage,<br />

fasse das Undenkbare als eine Möglichkeit Moghchkeit ins Auge" (249). Das Oberhaupt<br />

der Farilllie, Familie, der alte Onkel Arnolds, fügt fugt hinzu: ,,[N]un denn, so muß muE ich<br />

dich enterben [ ...J ] Bretfeldsches Geld darf nicht rucht auf Tanzmeisterkinder<br />

übergehen" ubergehen" (250). Demzufolge wäre wa.ce Arnold praktisch mittellos, sollte er<br />

sich gegen den Willen seiner Verwandten fur für eine Heirat mit Clai.ce Claire<br />

entscheiden. Da er im Un Gr<strong>und</strong>e "lebensuntüchtig" "lebensunruchtig" ist (Brokoph-Mauch<br />

65), stellt ein Veaicht auf die f1illUlZielie fUlanzielle Unterstützung Untersrutzung seiner Familie nicht rucht<br />

wirklich eine Alternative dar. Das volle Ausmaß AusmaB seiner Handlung ist ihm<br />

jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht rucht bewusst.<br />

Nicht nur in der Beziehung zu seiner Familie Famihe ist seine ill<strong>usion</strong>äre ill<strong>usion</strong>are<br />

Vorstellung zu erkennen. Diese zeigt sich ebenfalls im Umgang mit Claire<br />

Dübois. Dubois. Obwohl er es eigentLch besser wissen sollte, glaubt er, Clai.ce Claire<br />

bleibe abends so lang bei den Familien ihrer Zöglinge, Zoglinge, weil diese sie als<br />

eine der ihren erachten. Fälschlicherweise Falschlicherwei.se sagt er zu ihr: "Sie unterhalten<br />

sich gewiß gewill sehr gut in den Gesellschaften bei ihren Fre<strong>und</strong>en" en" (200). Claires<br />

Korrektur folgt zugleich: "Meinen Fre<strong>und</strong>en? - meinen Gönnern, Gonnern, wollen<br />

Sie sagen" (200). Claire ist sich darüber daruber Un im Klaren, dass eine Einladung zu<br />

den Soireen nur erfolgt, falls jemand gebraucht wird, <strong>und</strong> "solange Claire<br />

im Un Salon verweilte, wurde sie von allen Anwesenden wie eine der Ihren<br />

behandelt, etwas höflicher, hoflicher, etwas zuvorkommender höchstens. h6chstens. Über Dber die<br />

Schwelle des Salons jedoch reichte die Gastfre<strong>und</strong>schaft [ ...J] nicht" (198).<br />

Anderson <strong>und</strong> Zinsser beschreiben diese Position zutreffend als eine<br />

"unbestimmte - irgendwo i.cgendwo zwischen Dienerin Dienenn <strong>und</strong> Dame" (193). Arnold<br />

verkennt demnach die Rolle, die Claire selbst bis in den spaten späten Abend zu<br />

spielen hat.<br />

Auch die romantische Beziehung zu Claire sieht Arnold verklart. verklärt.<br />

Er E r glaubt, aus Liebe zu Claire Zll zu handeln <strong>und</strong> halt hält diese Liebe fur fü.c aufrichtig,<br />

denn er sagt zum Beispiel "meine Liebe zu Ihnen" (241). Zudem "meinte<br />

er wirklich, es sei ilun ihm so bang <strong>und</strong> glucksehg glückselig zumute wie rue nie zuvor in<br />

seinem Leben" (205), als er Claire Clai.ce das erste Mal besucht. Doch schon der<br />

Gebrauch des Konjunktivs offenbalut offenbahrt die Ill<strong>usion</strong> der Aussage. Immer<br />

wieder ist die Motivation dieser Liebe durch andere E infliisse inflüsse evident, so<br />

dass es fragwiirdig fragwürdig ist, ob es sich tatsachlich tatsächlich urn um aufrichtige Liebe w1d<br />

rucht nicht nur ein Spiel, in dem er "Macht uber über die Gehebte" Geliebte" ausubt ausübt (223),<br />

handelt. Brokoph-Mauch schreibt dazu, dass Ebner-Eschenbach "einem<br />

Mann wie Bretfeld die wahre Liebe zu einem armen Madchen Mädchen gar nicht<br />

zutraut" (66). Schon zu Beginn betrachtet Arnold Claire "voll des Mitleids"<br />

<strong>und</strong> will ihr Beschiitzer Beschützer werden (203). Nachdem er erkannt hat, dass sie<br />

rucht nicht mehr die Jiingste Jüngste <strong>und</strong> ilir Gesicht von Leiden I.-eiden gezeichriet gezeichnet ist, ergreift<br />

ilill ilm ein "feu.ciges "feuriges Mideid" Mitleid" (205). Des Weiteren denkt er sich an einer Stelle:<br />

"Ich hebe liebe deine Anmut, AnmUt, deinen Geist, ich hebe liebe deine Seele <strong>und</strong> will sie<br />

fortan beschutzen beschützen <strong>und</strong> bewahren von jeder raul1en Berührung" Beruhrung" (211)<br />

Obgleich die Geschlechterverhaltnisse Geschlechterverhältnisse Un im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert hier ebenfalls<br />

cine eine Rolle spielen, dass n3.mlich nämlich der Mann als das Oberhaupt <strong>und</strong> Beschiitzer Beschützer<br />

der Familie fungiert,5 fw1giert,S muss man sich fragen, ob Arnold Claire als Person<br />

hebt liebt oder ob in ilim rucht nicht ei11fach einfach nw: nur der Beschiitzerinstinkt Beschützerinstinkt erwacht ist<br />

<strong>und</strong> ilim der Gedanke der Barmherz-igkeit Barmherzigkeit gege11iiber gegenüber einem Mitglied Mitghed der<br />

U Unterschicht gefallt. gefällt.<br />

Ganz deutlich wird dies nach dem ersten<br />

Zusanill1entreffen ZusanUl1entreffen mit der Baronin, nach dem er sich eingesteht:<br />

Erbarmen mit Claire - Ja, ja, ja, sie hatte recht gehabt, obwohl er es<br />

aus ihrem M<strong>und</strong>e nicht h6ren hören wollte - , Erbarmen war<br />

hinzugetreten zu seiner Liebe zu ihr, vergrofierte vergrößerte <strong>und</strong> vertiefte<br />

dieselbe <strong>und</strong> verwandelte allen Egoismus der Leidenschaft in<br />

begeisterte Hingebung. Der glanzende glänzende <strong>und</strong> gefeierte Mann faBte faßte<br />

den EntschluE, Entschluß, einem armen, schwachen, chen, kamp kämpfenden fel1den \\fesen sein<br />

Leben zu w~ihen,<br />

w~lhen,<br />

ihm Schutz <strong>und</strong> Schirm <strong>und</strong> un.d fursorgliche<br />

fürsorgliche<br />

Vorsehung zu werden. (214)<br />

Wenig spater später wird seine Liebe noch durch "Trotz" (219) gegeniiber gegenüber der


92 Focus Foem on German Studies<br />

Barorlln Baronin Karoline Karohne Reich motiviert, die Arnold Bretfeld von Anfang an<br />

durchschaut <strong>und</strong> die eine Verbindung der beiden kategorisch ablehnt. Bis<br />

ganz zum Schluss macht Arnold Amold sich jedoch etwas vor, sieht sich als<br />

"Samariter" (Brokoph-Mauch 65) <strong>und</strong> glaubt an seine Liebe zu Claire, ist<br />

also verblendet gegenuber gegenüber der Realitat. Realität. Tanzer jedoch erkennt die Fassade<br />

Arnold Bretfelds <strong>und</strong> schreibt uber über ihn, dass er Mitleid "mit Liebe<br />

verwechselt" (175). Brokoph-Mauch hingegen bezeichnet sein Gefuhl Gefühl als<br />

Liebe, "die stark mit Erbarmen <strong>und</strong> Mitleid vermischt ist" (64). An dieser<br />

Stelle soil, soll, wie bei Tanzer, jedoch in Frage gestellt werden, ob es sich jemals<br />

um urn Liebe gehandelt hat. Arnold Bretfeld gibt dazu Anlass.<br />

Erst nachdem er sich aus egoistischen Gr<strong>und</strong>en Gründen gegen die He.i.rat Heirat<br />

entscrueden entschieden hat <strong>und</strong> sich auf dem Weg in den Sommerurlaub befindet,<br />

zerbricht "der eiserne Ring, den selbstgeschaffene Leiden urn um seine Brust<br />

geschmiedet hatten," <strong>und</strong> er tut "das krankliche Mitlei.d, Mitleid, das ibn ihn irregemacht<br />

an seiner eigenen Empfindung <strong>und</strong> ibn ihn Liebe harte hatte nennen lassen, was<br />

Erbarmen war" ab (260).6 Aus diesem Gr<strong>und</strong> trifft wohl Stendhals<br />

Bezeichnung fur für diese Art Liebe - "galante Liebe" (Brokoph-Mauch 64) -­<br />

wohl noch am ehesten zu. Nichtsdestotrotz ist der Begriff ,Liebe' in der<br />

Beschreibung der Beziehung von Claire <strong>und</strong> Arnold irrefuhrend. irreführend. Für FUr<br />

Arnold Amold hat diese späte spate Erkenntnis <strong>und</strong> inzwischen reale Einsch.atzung Einschätzung seiner<br />

Gefuhle Gefühle keine negativen Konsequenzen, denn er kann fortan fort2n wieder unter<br />

dem Schutz der Familie sein verschwenderi.sches verschwenderisches Leben fortfuhren fortführen <strong>und</strong><br />

sich ganz seiner Ill<strong>usion</strong> <strong>und</strong> Triumerei Träumerei hingeben. Er erfullt erfüllt also wie am<br />

Anfang seine Pflicht gegenuber gegenüber der feinen Gesellsehaft Gesellschaft <strong>und</strong> widmet sich<br />

der Musik aus Liebelei <strong>und</strong> nicht aus finanziellen Nbten Nöten (196).<br />

Den Gegenpol zu den ill<strong>usion</strong>aren ill<strong>usion</strong>ären Vorstellungen der Reichen in<br />

dieser Novelle bildet die verarmte Baronin Karoline Reich, deren Leben,<br />

das dem eines Mitglieds der Unterscrucht Unterschicht entspricht, durch die harte<br />

Wirkhchkeit <strong>Wirklichkeit</strong> regiertwird, obgleich sie von Geburt aus Aristokratin ist. 1hr Ihr<br />

kann Arnold Amold nichts vormachen, vormache~ denn sie hat die Harte Härte <strong>und</strong> Gnadenlosigkei.t<br />

Gnadenlosigkeit<br />

der Oberscrucht Oberschicht am eigenen Letbe Leibe erfahren. Sie stammt zwar aus einem<br />

"uralten vornehmen Geschlecht," aber hat "gegen den Willen ibrer ihrer<br />

Angehbrigen" Angehörigen" einen jungen Offizier "von niederem Adel" geheiratet <strong>und</strong><br />

wird auf Gr<strong>und</strong> dessen von ibrer ihrer Farnilie Familie gemieden (210). Deshalb muss<br />

sie durch Handarbeiten ihren Lebensunterhalt verdienen. 1hre Ihre Sehultern Schultern<br />

sind "von der Last derJahre <strong>und</strong> der Arbeit" gebeugt <strong>und</strong> doch ist sie voll<br />

Kraft <strong>und</strong> Mut (207). . Ihre Lebenserfahrung lasst lässt sie die Konsequenzen<br />

einer Heirat zwischen Claire <strong>und</strong> Arnold in ibrer ihrer ganzen Tragweite<br />

Wieder die Alte? 93<br />

vorhersehen. Sie fuhrt führt dies Arnold vor Augen <strong>und</strong> sagt zu ibm: ihm: "Es ist<br />

doeh doch unmbghch, unmöghch, daB daß Sie sich daruber darüber tauschen, täuschen, wie sehr eine Verbindung<br />

mit Claire ibre ihre Stellung in den drei ,Welten' [d.h. der bürgerhchen, bt.irgerhehen, der<br />

kiinstlerischen künstlerischen <strong>und</strong> der aristokratischen] ersehuttern erschüttern würde" wiirde" <strong>und</strong> stellt in<br />

Frage, dass seine Famihe Claire als eine der ihren aufnehnlen würde wiirde (216).<br />

Klar <strong>und</strong> realistisch reahstisch durchschaut sie Arnold von Anfang an urld ul1d sagt ihm Ihm<br />

auf den Kopf zu, class dass "der Gesamteindruck, den das Ganze auf andere<br />

<strong>und</strong> auf mich hervorbringt gr<strong>und</strong>verscrueden gr<strong>und</strong>verschieden ist" (215).<br />

Arnolds<br />

Bebauptung, Behauptung, er wiirde würde aus Liebe zu Claire auf seine "Erfolge" verzichten<br />

(216), bleibt ein unrealistisches uruealistisehes Vorhaben seinerseits. Als er sich ausmalt,<br />

wie eine Zukunft mit Claire aussehen wird, wendet er sich von Claire ab<br />

<strong>und</strong> entscheidet sich gegen eine "dumme Heirat" (256). Zudem uberbringt überbringt<br />

er ihr die Nachricht nicht einmal persbnlich, persönlich, denn es ware wäre ,,[z]u grausam<br />

fur für sie, zu peinlich für fur ihn" (257). Demnach will er sich vor ihr keine<br />

BlbGe Blöße geben <strong>und</strong> seinen Ruf wahren. Ebenso wie fur für die Grafin Gräfin Meiberg<br />

ist Claire fur für ibn ihn ein nutzliches nützliches ,Spielzeug,' auf dessen Gefuhle Gefühle <strong>und</strong><br />

Probleme keine Rucksicht Rücksicht genommen werden muss <strong>und</strong> dessen man sich sieh<br />

entledigen kann, sobald keinerlei Verwendung mehr fur für es vorhanden ist<br />

oder durch es Unannehmlichkei.ten Unannehmhchkeiten entstehen. Gegenuber Gegenüber Claire besehreibt beschreibt<br />

die Barorlln Baronin mit all ihrer realistischen Harte Härte wie sie Arnold sieht:<br />

E r spielt auch eine Roile, Rolle, nur besser als duoEr du. hat es dahin gebracht,<br />

sich fur für das zu halten, wofur wofür er sich gibt [ ...]. Dir, die er anbetet,<br />

zu Ehren, mix:, mir, der alten Skeptikerin, die er nicht leiden kann, zum<br />

Possen will er beweisen: Seht, der Edelmut, die Hochherzigkeit,<br />

sie leben auf Erden, Erde~ sie haben Zelte aufgeschlagen in der Brust<br />

des Herrn Arnold Amold Bretfelds. (221)<br />

Auf Gr<strong>und</strong> ihrer reahstisehen realistischen Denkweise <strong>und</strong> der Einsicht stellt sie dann<br />

auch die Bedingung, Arnold Amold musse müsse zunächst zunachst mit seiner Familie sprechen,<br />

ehe Claire ihre Stellung bei Meibergs kiindigt. kündigt. Auch wenn die Baronin in<br />

ihrem Realismus hart <strong>und</strong> <strong>und</strong>ankbar erscheint, ist doch ihre Besehreibung<br />

Beschreibung<br />

der Situation die realistische. Sie halt hält Arnold vot:: vor: "Lauter falsche<br />

Empfindungen [...][ ] lauter Hohlheit, lauter Schein. Ein billchen bißehen ehrhcher<br />

Zynismus wäre ware mir mix: heber. Seien Sie doeh doch einmal aufrichtig mit Arnold<br />

Bretfeld, , Herr Arnold Amold Bretfeld!" <strong>und</strong> "entkleidete ihn ihrt Stück StUck für fur Stück StUck Se.iner<br />

erborgten Herrlichkeiten Herrhchkeiten <strong>und</strong> ergoB ergoß den grausamsten Hohn uber über clas, das, was<br />

übrigbheb" ubrigbheb" (258). 1hre Ihre <strong>und</strong>ankbare Harte, Härte, auf Gr<strong>und</strong> der sie in der


94 Focus Oll on German 5tudies Studies<br />

Unterscrucht Unterschicht überlebt ubedebt hat, offenbart sie zudem am Ende gegenuber gegenüber Claire.<br />

Sie fuhrt führt ihr vor Augen, dass ,,[e]in Gluck, Glück, das in deinem Fall allerdings ein<br />

unerh6rtes unerhörtes gewesen ware," ihr "nicht "rucht zuteil geworden" ist (265). Mit M.it dieser<br />

Aussage fasst die Baronin die Gegebenheiten der Gesellschaft zusarrunen zusammen<br />

<strong>und</strong> uberrurrunt übernimmt fur für Claire die Rolle der aus Erfahrung sprechenden<br />

Ratgeberin. 7<br />

Es ist schlicht schhcht "unerh6rt," "unerhört," dass ein armes Madchen Mädchen in die<br />

Oberscrucht Oberschicht e1nheiratet. einheiratet. Demzufolge ist die Baronin diejeruge diejenige in dieser<br />

Novelle, die die gr6L3te größte Einsicht in die Funktionsmechanismen der<br />

Gesellschaft <strong>und</strong> die klarste Vorstellung von der Realitat Realität aufweist<br />

Die verwaiste Hauslehrerin Claire Dubois Dübois ist zu BegUUl Beginn der Novelle<br />

wie ihre altere ältere Fre<strong>und</strong>in <strong>und</strong> Pflegemutter Baronin Karoline Reich,<br />

unter deren Einfluss Claire steht, sehr reahtatsnah realitätsnah <strong>und</strong> gibt sich keinen<br />

Ill<strong>usion</strong>en hill. hin. Auf der beruflichen berufuchen Ebene erkennt Claire schon sehr fruh, früh,<br />

dass statt ihrer wer "Verdienste," d.h. ihres Wissen, ihr die Tatsache, dass sie<br />

"immer heiter <strong>und</strong> zufrieden aussah," Arbeit verschafft (195). Ihre<br />

"Lustigkeit" gibt ihr <strong>und</strong> ihrer Familie das Brot (195) <strong>und</strong> muss deshalb<br />

"um jeden Preis" erhalten bleiben (196). An einer anderenStelie Stelle behauptet<br />

sie sogar, dass es den Muttem Müttern ihrer Z6glinge Zöglinge Recht sei, dass Claire den<br />

Kindem Kindern nichts lehre, solange sie nur Heiterkeit verbreite (197).<br />

.<br />

Dementsprechend wichtig ist es, dass ihr ihre gute Laune rucht nicht verdorben<br />

wird, denn, wie sie zu Arnold sagt, bringt man sie sonst urn um ihr Brot (230).<br />

Allein wn um zu uberleben, überleben, muss sie demnach ihren Schein wahren, selbst<br />

wenn ihr danach rucht nicht zu Mute ist, wie zum Beispiel zu der Zeit als ihre<br />

Mutter zu Hause im Sterben lag (202). Sie verachtet sich für fur lire ihre Heiterkeit Beiterkeit<br />

in jener Zeit, aber Lustigkeit ist eben ihr "Metier" (202). Da sie sich uber über<br />

die Notwendigkeit der Stellung keine Ill<strong>usion</strong>en macht, hält halt Claire somit sornit<br />

einen Schein aufrecht, der ihrem wahren Sein, ihren Gefühlen, Gefuhlen, widerspricht<br />

Die Bedeutung von Schein <strong>und</strong> Sein durchzieht die gesamte Novelle,<br />

<strong>und</strong> Claire ist sich auch in diesem Punkt im Klaren, wie wichtig die<br />

Erhaltung des Scheins ist. Schon auf der ersten Seite wird uber über sie gesagt:<br />

,,[S]ie scruen schien immer munter <strong>und</strong> vergniigt" vergnügt" (190). Sie selbst sagt, dass sie<br />

immer "heucheln" muss <strong>und</strong> dass es ihr deshalb schwerfallt, fällt, in ihrer<br />

Aufrichtigkeit, das heißt heillt wenn sie den Schein ablegt, nicht rucht derb zu sein<br />

(202). ]edoch Jedoch hat Claire im Gegensatz zu Marie Meiberg, der Tochter der<br />

Grafenfamilie, nicht rucht die Freiheit, "unbeschadet aufrichtig" zu sein (231).<br />

Dieser Kontrast zwischen Schein <strong>und</strong> Sein zeigt sich auch in Bezug<br />

auf Claires Kleidung. 8 s Claire hat eine "besonders feine <strong>und</strong> schmucke Arr« Art"<br />

sich zu kleiden <strong>und</strong> ihr "Mäntelchen "Mantelchen ist sehr elegant, aber merkwUrdig<br />

merkwürdig<br />

Wieder die Alte? 95<br />

leicht <strong>und</strong> dunn" dünn" (191).9 Letztere Beschreibungist ist ein Indiz für fW: ihre Armut.<br />

Wahrend Während des Sommers, der toten Saison ihres Bauslehrerinnendaseins, Hauslehrerinnendaseins, da<br />

sich die feinen Farnihen Familien aufs Land begeben, stellt sie einen neuen "Staat"<br />

hel:, her, "zu welchem der des vorigen Jahres zwar das meiste Material liefert, hefert,<br />

der jenem jedoch möglichst m6ghchst unalUllich unähnlich sein muß. muL3. Einfach, wie es sich<br />

schickt für fW: eine Lehrerin; geschmackvoll, wie die feinen Leute, mit denen<br />

sie verkehrt, es verlangen" (237), denn ein "gewisser scheinbarer Lm..'Us"<br />

gehärt gehort zu ihren "Obliegenheiten" (191). Sie macht aus ihren Ihren alten<br />

Kleidungsstücken KleidungsstUcken demzufolge neue, so dass es den Anschein Anschem habe, sie<br />

trage jede Saison neue Kleidung. Auch ruer hier muss das Wort "scheinbar"<br />

betont werden. Es kommt also nur auf die Wirkung nach außen auL3en an, das<br />

wahre Ich <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene qualitativ quahtativ schlechtere Kleidung ist in<br />

ihrem Beruf von keinerlei Bedeutung. Dieses hier besdll-iebene beschriebene Verhalten<br />

Claires zeigt ihre Einsicht in die Spielregeln der Oberschicht. Sie kennt<br />

die Bedeutung der Wirkung auf andere <strong>und</strong> ihr Verhalten wird dadurch<br />

reguliert, denn in der Oberscrucht Oberschicht zahlt zählt nicht die Person als Individuum.,<br />

SOlldem sondern die Rolle, die sie in der Gesellschaft zu spielen vermag sowie die<br />

äußere auL3ere Fassade.<br />

Zudem verkennt sie auch die Stellung rucht, nicht, die i.hr ihr in der feinen<br />

Gesellschaft zu Teil wird. Zwar wird sie zu Soireen eingeladen, aber es<br />

geh6rt gehört auch zu ihren Vorziigen, Vorzügen, "dai3 "daß sie keine Prätensionen Pratensionen machte, daß daL3<br />

es ihr nie einfiel, auf die Begleitung eines Dieners oder gar auf die<br />

Benutzung der Equipage E Anspruch zu erheben" (198). Sie stellt nicht in<br />

Frage, dass die Eltem Eltern ihrer Zöglinge Z6glinge es ganz "natürlich" "natUrhch" finden, "dai3 "daß Claire<br />

Dubois Dübois ohne anderen Schutz als ihrell ihren Mut bei Nacht den weiten Weg<br />

nach ihrer Vorstadt antrat" (198), sondem sondern akzeptiert dies als Realität. Reahtat. In<br />

dieser Szene zeigt sich viehnehr vielmehr noch die Ignoranz <strong>und</strong> Gedankenlosigkeit<br />

der Oberscrucht, Oberschicht, doch auch das ist Reahtat. Realität. Sofem Sofern Claire also eine Rolle<br />

zu erfullen erfüllen hat, ist es ihr gestattet, in der feinen Gesellschaft zu verweilen,<br />

doch als vollwertiges, gleichberechtigtes Mitghed Mitglied wird sie rucht nicht anerkannt.<br />

Claires Verständnis Verstandrus der Gesellschaft zeigt sich des Weiteren im<br />

Ralunen Rahmen der Konventionen ihres Berufes. Sie bezeichllet bezeichnet sich als "arme<br />

Lehrerin" (201), die sich keine Diener leisten kann, auf ihren Ruf zu achten<br />

hat <strong>und</strong> am Abend deshalb rucht nicht langer lärtger von VOn BermArnold Herrn Amold Bretfeld abgeholt<br />

werden mochte. mächte. In dieser Situation wird deutlich, dass neben ihrer<br />

Heiterkeit Beiterkeit auch ihr guter Ruf von großer groL3er Bedeutung fur für die Ausubung Ausü des<br />

Berufes ist. Schon zu Beginn ist Claire sich im Klaren daruber, darüber, dass sie<br />

durch die Gunst der Grafinnell Gräfinnen <strong>und</strong> die Empfehlung der Oberin Mutter


96 Focus on German Studies<br />

Niceta Nieeta Lektionen bekam Ulld nieht nicht auf Gr<strong>und</strong> ihres Wissens (195). Diese<br />

GU1lSt GUllst Ulld U1ld das Wohlwollen der Arbeitgeber versueht versucht sie, Ullter U1lter allen<br />

Umstanden Umständen zu Z1l erhalten, denn sonst wtirde würde ihr ein ähnliches ahnliehes Schicksal Sehieksal<br />

widerfahren wie ihrem Vater, dem sein Wirkungskreis naeh nach seiner<br />

Verarmung verschlossen versehlossen blieb. Die Problematik besteht darin, dass, sobald<br />

eine Fürstin Flirstin oder Grafm GräfIn die Dienste nieht nicht länger Hinger in Anpruch nimmt, "aUe "alle<br />

Grafirulen Grä finnen Ulld U1ld Flirstinnen Fürstinnen der Stadt t diesem Beispiel« Beispiel" folgen (195), sprieh sprich<br />

sobald man bei einer Familie in Ungnade fillt, fällt, hat bat dies Auswirkungen AuswirkU1lgen auf<br />

samtliche sämtliche potentielle Arbeitgeber <strong>und</strong> somit auf die Existenz. Aus diesem<br />

GrUlld braucht braueht Claire, als sie ihre Einwände Einwande missachtend von der Gräfin Grifm<br />

Meiberg "gezwungen« "gezwungen" wird, die zeitintensivere Position der<br />

Naehmittagsgesellsehafterin Nachmittagsgesellschafterin zu ubernehmen übernehmen "viel "vie! Takt, vie! viel<br />

Gesehmeidigkeit Geschmeidigkeit Ulld U1ld vie! viel festen Willen, um die Eltern der Schüler, Schuler, die sie<br />

beibehalten konnte, zu Z1l einer VerlegWlg Verlegung der St<strong>und</strong>en zu bewegen <strong>und</strong> U1ld Uln urn<br />

es möglich maglich zu Z1l machen, aus den Hausern, Häusern, die aufzugeben sie gezwungen<br />

war, in guter Fre<strong>und</strong>sehaft FreU1ldschaft zu scheiden" seheiden« (229). . Aueh Auch wenn sie die<br />

ubertragene übertragene Aufgabe sehr viel Anstrengung kostet, so verfolgt sie diese<br />

mit grof3er großer Zie!strebigkeit, Zielstrebigkeit, da sie zunächst zunaehst ihre Verpfliehtungen Verpflichtungen erfullen erfüllen<br />

muss, ehe sie vollkommen an sich denken kann (202). Sie hat also ein<br />

ausgeprigtes ausgeprägtes Pfliehtbewusstsein, Pflichtbewusstsein, ebenfalls ein blirgerlieher bürgerlicher Zug, U1ld <strong>und</strong> ist<br />

"Sklavin ihres Wortes« Wortes" (242).. Diese Eigenschaft Eigensehaft zeigt sich sieh darin, dass class<br />

Claire ihrem Vater an seinem Sterbebett schwor, sehwor, seine" "Ehrensehulden«<br />

.. hrenschulden"<br />

zu tilgen (203) - eine Aufgabe, die sie durch stetiges MUhen Mühen Ulld U1ld sehr viel I<br />

Arbeit versucht zu bewältigen. bewaltigen.<br />

Dass Claire mit ihrer Einsclutzung der Obersehieht Oberschicht Recht hat,<br />

zeigt sieh sich 1m im Umgang mit der Familie Meiberg. Als sie zum ersten Mal zu<br />

spät spat zu Tisch erscheint, empfangr empfängt sie ein ,,[f]eierliehes ,,[f]eierliches Schweigen,« Schweigen," <strong>und</strong><br />

die GraM Gräfin isst mit "veraehtlicher "veraelltlicher I....eidensmiene" I...,eidensmiene" ihr Mahl (243). Am Tisch<br />

herrseht herrscht eine "wahre KirchhofsstiUe," Kirehhofsstille," <strong>und</strong> der Graf ruft entsetzt aus: ",Sie<br />

unpUnktlich, unpünktlicll, Fraulein Fräulein DUbois! Dübois! Die Welt steht nieht nicht mehr lang ... ' [...J« ]" (244).<br />

Sobald Claire also den Erwartungen der Gesellsehaft Gesellschaft nieht nicht länger Hinger entsprieht, entspricht,<br />

fillt fällt sie in Ungnade. Nach der EnttauschUllg EnttäuschU1lg mit Arnold, in einer Zeit<br />

also, in der Claires Heiterkeit sie verlässt, verlii.sst, droht die GraM Gräfin Meiberg ihr ibr<br />

sowohl indirekt (253) als aueh auch direkt den Verlust ihrer Stellung an, denn,<br />

wie sie sagt, müsse musse sich sieh so manches ändern, andern, "wenn die neu eingegangenen<br />

Beziehungen BeziehU1lgen zu ihr in der kommenden Saison wieder bindend angek.nupft angeknüpft<br />

werden sollten" (264). Claire hat bat somit keine andere Wahl als uber über ihre<br />

zerstarte zerstörte Hoffnung Hoffn~ auf den "Traum von Liebe, Gluck Glück <strong>und</strong> Wohlstand«<br />

Wohlstand"<br />

Wieder die Alte? 97<br />

hinweg-LUkommen hinwegzukommen (Brokoph-Maueh (Brokoph-Mauch 65). In Bezug auf den Beruf maeht macht<br />

sie sieh sich demnach keine Ill<strong>usion</strong>en.<br />

Zusammenfassend lasst lässt sieh sich demzufolge uber über Claire sagen, dass<br />

sie den fur für die Obersehieht Oberschicht notwendigen Schein ihres Wesens aufrecht au&eeht<br />

erhält, erhalt, Siell sieh ihret: ihrer RoUe in der feinen Gesellschaft Gesellscllaft bewusst ist, ihre i11re Schranken Sehranken<br />

kennt <strong>und</strong> Realitatsnahe Realitätsnähe beweist. Dureh Durch ihr Verhalten innerhalb der<br />

Obersehieht Oberschicht bekraftigt bekräftigt sie demnaeh demnach die dureh durch die Grii.fin Gräfin Meiberg<br />

gesehaffene geschaffene ill<strong>usion</strong>are ill<strong>usion</strong>äre Vorsteliung, VorstellUllg, negiert dabei aber ihr wahres Ich. .<br />

Allerdings ist das nur eine Seite von Claire, denn trotzaller Kenntnis Kenntrus<br />

der W irklichkeit Ulld U1ld Erklarungen, .. rklärungen, sich nieht nicht in Ill<strong>usion</strong>en zu flüchten, fllichten,<br />

hofft sie auf der privaten Ebene auf ein weniger hartes Leben mit Arnold<br />

Bretfeld Ulld U1ld verfallt verfällt somit der, wie Koopmann es ausdruekt, ausdruckt, "blirgerlichen<br />

"bürgerlichen<br />

Aufstiegsmentahtit" Aufstiegsmentalität" (175). In der Beziehung zu Arnold Bretfeld sind<br />

demnaeh demnach aueh auell beide Phanomene, Phänomene, das heillt heißt Realitatsnahe Realitätsnähe <strong>und</strong> -ferne, zu<br />

beobaehten. beobachten. 1m Im Umgang mit ihm verliert Claire ihre Bodenstandigkeit<br />

Bodenständigkeit<br />

U1ld <strong>und</strong> gibt sieh sich der Ill<strong>usion</strong> hin, dureh durch eine Heirat in eine hahere höhere Sehieht Schicht ihr<br />

Los verbessern zu kannen. können. Sie zeigt in ihrer Beziehung zu Arnold ihr<br />

wahres Wesen, es offenbaren sieh sich ihre Wi.insehe Wünsche U1ld <strong>und</strong> Traume, Träume, <strong>und</strong> das<br />

verfalsehte verfalschte Bild ihres Seins tritt in den Hintergr<strong>und</strong>. HintergrU1ld. Sie ist demzufolge sie<br />

se!bst, selbst, verfolgt jedoeh jedoch mit der erhofften Heirat ein ill<strong>usion</strong>ares ill<strong>usion</strong>äres ZieI. ZieL<br />

Zu Beginn ihrer Bekanntschaft Bekanntsebaft mit Arnold versucht versueht Claire noch, noeh,<br />

die Realität Realitat niellt nieht aus den Augen zu verlieren. 1m Im Gegensatz zu ibm ihm erkennt<br />

sie die Unmagliehkeit Unmöglichkeit der Situation lmd <strong>und</strong> erwidert auf seine Avaneen: Avancen: "Ich<br />

will nicht - ich ieh kann das nicht nieht brauchen, brauehen, daß daIS mir jemand geBillt gefällt - ieh ich habe<br />

andere Sorgen" (202). Auf3erdem Außerdem nimmt sie am Anfang Arlfang nieht nicht alles aUes für fur<br />

bare Münze Miinze <strong>und</strong> fuhlt fühlt sieh sich sogar "befremdet" "befremdet« von seiner Art (210). Zudem<br />

weist sie ihn darauf damuf run, hin, dass er sieh sich aus Gute Güte Ulld U1ld Grof3mut Großmut sowie Erbannen Erbarmen<br />

mit ihr einlässt einhsst Ulld U1ld rat rät ihm: ",Sie solien sollen ein Madehen Mädchen zu Ihrer Gefahrtin Gefährtin<br />

wählen, wahlen, das keine triiben trüben Erfahrungen hinter sieh sich hat [ ...]. ). Sie soUen sollen ein<br />

Madehen Mädchen aus Ibm1 Ihren Kreisen wahlen wählen [...J ] nieht nicht eine Arbeiterin <strong>und</strong> eine so<br />

arme, wie ieh ich bin'" (212-213, meine Emphase). In diesem Ratsehlag Ratschlag deekt deckt<br />

sie gleieh gleiell zwei ihrer Makel auf, die insbesondere für fur eine Heirat in def der<br />

Obersehieht Oberschicht von Bedeutung sind, <strong>und</strong> U1ld zwar die fehlende ZugehOrigkeit<br />

Zugehöngkelt<br />

zur Obersehieht Oberschicht <strong>und</strong> der mangelnde Reiehtum Reichtum Trotz der Beteuerungen<br />

Arnolds, seine Verwandten würden willden ihr wohlwollend wohlwoliend gegenübertreten gegenubertreten -­<br />

eine VerblendU1lg Verblendung seinerseits wie sich sieh 1m im Verlauf der Novelle herausstellt<br />

_ macht maeht Claire sich sieh naeh nach dem Gespraeh Gespräch mit Marie Meiberg bereehtigte berechtigte<br />

Sorgen, dass Arnolds Verwandte eine Heirat nicht nieht billigen werden. Ihre


98 Focus ort OTt German Studies<br />

vorherige Verblendung in diesem Punkt ist also entlarvt, denn nach dem<br />

Gesprach Gespräch mit Marie wird uber über Claire gesagt: "An die


100 Focus on German Studies<br />

ist, dass sie die Gleichung Ill<strong>usion</strong>=Schein <strong>und</strong> Realität=Sein Realitat=Sein invertiert,<br />

<strong>und</strong> Claire in ihrer wer ill<strong>usion</strong>ären ill<strong>usion</strong>aren Phase, also im privaten Bereich, ihr wahres<br />

Sein verkorpert verkörpert <strong>und</strong> in der Realität, Realitat, also auf beruflicher Ebene, den Schein.<br />

In ihrer wer Erkenntnis dieses von der Oberschicht Oberscrucht auferlegten Zwanges, hält halt<br />

sie in der Realität Realitat eine Ill<strong>usion</strong> aufrecht, wodurch die Realität Realitat als solche in<br />

Frage gestellt wird.<br />

U Universiry oj Alberta<br />

Anmerkungen<br />

Arunerkungen<br />

1 Dieser Artikel entstand zum Einen aus einer Seminararbeit unter der<br />

Leitung von Dr. Marianne Henn <strong>und</strong> zum anderen aus einem Vortrag, den ich im<br />

April 2001 auf der KFLC hielt. Ich danke meiner Doktormutter Dr. Marianne<br />

Henn, meiner Dozentin Dr. Christine McWebb, den Teilnehmednnen der KFLC,<br />

insbesondere Susanne Lenne <strong>und</strong> dem/der anonymen Leserln Lesedn für fur wertvolle<br />

Hinweise.<br />

2 Marie von Ebner-Eschenbach, "Wieder die Alte." In Werde, Wente, die du bist!<br />

ZwiJChe71 A~passung Anpassung <strong>und</strong> tmd S Selhstbestimmung: efbstbestimmu7lg: Texte deutschsprachiger S SchriflstelieriTmen chriflstelielirmen des<br />

19. JahrhUTlderts. jahrh<strong>und</strong>erts. Hrsg. Gisela Henckmann. BerLin: Berlin: Gotdmann, Goldmann, 1993, 190-267. Hier Rier<br />

S. 265. Die folgenden, in Klammem ohne Zusatz angegeben Seitenzahlen beziehen<br />

sich auf diese Ausgabe.<br />

3 Der Unterschied zwischen Unter- <strong>und</strong> Oberschicht ist hier zu ziehen<br />

zwischen den Bevölkerungsschichten, Bevolkerungsschichten, die auf Gr<strong>und</strong> von finanziellen Nöten Noten =<br />

Arbeit geZ\vungen gezwungen werden, auch wenn diese, wie im Fall der Baronin Reich, von<br />

Geburt aus = herkömmlichen herkommlichen Oberschicht (Aristokratie) zu zählen zahlen sind <strong>und</strong><br />

denen, en, die auf Gr<strong>und</strong> ihres in der Familie vorhandenen Geldes keine immanente<br />

Notwendigkeit Notwendigkeir der Arbeit verspüren rspuren <strong>und</strong> sich dementsprechend gesellschaftlich<br />

über uber die "Arbeiter" stellen.<br />

4 Siehe hierzu auch Tanzer 175.<br />

5 Ich danke dem/der anonymen LeserIn für fur den Hinweis zur Integration<br />

der vorherrschenden Geschlechterverhältnisse.<br />

Geschlechterverhaltnisse. Siehe zum<br />

Geschlechterruskurs Geschlechterdiskurs die aufschlussreichen Analysen von Schindler <strong>und</strong> Evans.<br />

6 Siehe auch Tanzer 176.<br />

7 Zur Ersatzrnutterrolle Ersatzmutterrolle der Baronin Karotine Karoline Reich verweise ich auf die<br />

aufschlussreichen Ausführungen Ausfuhrungen Gudrun Gorlas.<br />

8 Für Fur den Hinweis auf Kellers Kleider machen madJen Lellte Leute danke ich Susanne<br />

Lenne. Die zwischen 1860 <strong>und</strong> 1870 entstandene Erzahlung Erzählung spielt, wie Ebner­<br />

Eschenbach, auf die Bedeutungder der Kleidungals Mittel zum Schein an. Während Wahrend<br />

Integra­<br />

Ebner-Eschenbach Kellers früheres frilheres Motiv variiert <strong>und</strong> den Mantel als qualitativ<br />

schlecht darstellt, kommt es in Kleider K.!eider machen Leute auf Gr<strong>und</strong> der hohen Qualität Qualitat<br />

Wieder die Alte? 101<br />

des Mantels zur Verwechslung des Protagonisten.<br />

9 lnnerhalb Innerhalb der Novelle wird Ctaires Claires Kleidung mit dw den Accesoires Arnold<br />

Bretfelds konstrastiert. 1m Im Gegensatz zu ihr, die ihren Regenschirm zu Hause<br />

gelassen hat, da sie kein Regenwetter erwartete, fuhn fuhrt er seinen "prachtigen "prächtigen<br />

Regenschirm" (193) bei sich. Wahrend Während er also Geld fur teure Nutzgegensrande<br />

Nutzgegenstände<br />

hat, hat sie kaum das Geld fur für lebensnotwendige Kleidung, wodurch der<br />

Unterschied zv.,;'schen zv.,i.schen den beiden hervorgehoben wird.<br />

10 Koopmann, der in seinem Artikel auf die "Schlol3-Banalitat" "Schloß-Banalität" Ebner­<br />

Eschenbachs eingeht, eingeht:, ist anderer Auffassung. Er glaubt, "Realismus wird ihr<br />

nachgeruhmt:, nachgerühmt:, aberwas realistisch sein soil, soll, ist zumeist Klischee" (177-178). Zudem<br />

vertritt er die Auffassung, dass Ebner-Eschenbach keineswegs keinesweg:; Gesellschaftskritik<br />

aul3ert äußert "Die Gesellschaftsordnung ist die heilige Kuh, die gepflegt werden mul3 muß<br />

[..[ .J.. Sie wollen aufrechterhalten werden, <strong>und</strong> die Ebner-Eschenbach tut ihr<br />

Moglichstes, Möglichstes, das zu leisten" (163) <strong>und</strong> fuhrt fort: "Soziale Kritik? Sie ist verhullt verhüllt<br />

<strong>und</strong> verkleidet:, denn es andert ändert sich bei Ebner-Eschenbach nichts an den sozialen<br />

Schichtungen" (172).<br />

Literaturverzeichnis<br />

turverzeichnis<br />

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Koopmann, Koopman~, Helmut. "Schlol3-Banalitaten. "Schloß-Banalitäten. Lebenslehren aus einer halbwegs halbweg:;<br />

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Schrijiste!leriJJ?Jen Schrijiste!!en"JllIell des Fin de .riule. .riede. Hrsg. Karin Tebbeo. Tebben. Darmstadt: Wiss.


102 Focus Oll German Studies<br />

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Tanzer, Ulrike. rrauenbil.der Fratlenbii.der im Werk Marie von Ebner-Eschenbachs. Ebner-Eschellbachs. Stllttgart: Stuttgart Verlag<br />

Hans-<br />

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Toege~ Toegel, Edith. ,,'Entsagungsmut' in Marie von Ebner-Eschenbach's works: A<br />

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Harry Zohn. New York: Peter Lang, 1997. 51-61.<br />

Eighteenth-Century Eighteenth-Centw:y Origins OriginS of the Self and Other <br />

in the third Earl of Shaftesbw::y Shaftesbury and <br />

Gottfried Wilhelm Leibniz<br />

<br />

Matthew Binney <br />

.. .,. primaIy concern in postInodemist postnlodernist theory and moral philosophy<br />

Id Ed is the relationship between the individual, as self, and the other,<br />

the externalized world outside the reasoning subject. The debate between<br />

Michel Foucault andJiirgen ]ürgen Habermas crystallizes this rh1s discussion in which wruch<br />

Foucault sees the connection of self and other as a proliferation of power.<br />

In this relatiooship, the individual and the community outside of her are in<br />

constant consrant relational positionings of power, where the gaze of the other<br />

plays an important role in connecting connecti.ng the other to the subject. Habermas<br />

wants to define this relationship in terms of intersubjectivity and solidar­<br />

sol.idarity,<br />

in which thought processes within individuals themselves facilitate the<br />

connection of the subject and the other in discourse. Tlus intersubjective<br />

notion represents the latest attempt to provide an aJ temative to John lohn Rawls'<br />

theory of justice, which has been criticized by critics on many fronts (Moon<br />

157-159). In order to better <strong>und</strong>erstand <strong>und</strong>ersrand this latest theory, one must look<br />

for the origins of Habermas' conception of the incLviduai individual in relation to a<br />

community. commonity. One can see the influences on this thought in the defining<br />

moment in Western philosophy's conception of the self and other in the<br />

third Earl of Shaftesbury and G. W Leibniz' moral philosophies.<br />

phiJosophies.<br />

As many critics note, such as Ernest Tuveson, the initial stirrings<br />

of the discussion on the connection between the self and the other fmd ftnd<br />

their birth in the problems of egoism that Thomas Hobbes andJohn lohn LDcke Locke<br />

initiate in their theu thought (75). Hobbes, of course, maintains that humans<br />

see the world through brutish and self-serving eyes, where the connection<br />

between the self and the other reflects a mere assertion of wills as one<br />

group attempts to assert its localized ideals upon the other. Locke complicates<br />

this conception as well weU in his notion of innate ideas. That is, humans<br />

enter the world like hke a blank. slate, tabula tabufa rasa, without any common, necting nectiog notions that would create a bridge between the desires of the individual<br />

and the desires of the community. This is the notion of the self con­<br />

and

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