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tuäien. - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald

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6^<br />

<strong>tuäien</strong>.<br />

Herausgegeben<br />

von <strong>der</strong><br />

Gesellschaft fiir Hommersche Geschichte<br />

und Altertumskunde.<br />

Zteur Folge Zand XV.<br />

Stettin.<br />

In Kommission bci Leon Saunier.<br />

Hcrrctc ^ Lebelwg. Stettin


alti<br />

H c r a u ^ ss c ^ c d c ii<br />

von <strong>der</strong><br />

Gesellschaft für Wommersche Geschichte und<br />

Altertumskunde.<br />

Urnr /olge Znnd XV.<br />

Stettin.<br />

"Druck von Hcrrcke k krbcling,<br />

1911.


Anhalts Verzeichnis.<br />

Sette<br />

Pommern und das Interim. Von l)r. Konrad Sch r ö<strong>der</strong> 1<br />

Staat und Kirche in Pommern ini ausgebenden Mittelalter bis znr Einführung<br />

<strong>der</strong> Äteformation. 2. Teil. Bon l)r. Erich Vntow<br />

,n Stolp 77<br />

Brandgrubeu» und Skelett gra<strong>der</strong> <strong>der</strong> rönn'schen Kaiserzcit am Kettenbevge bei<br />

Draniburg. Von Konservator A. Stuben rauch iu Stettin . . 143<br />

Die Stettiner Schulvisilation uon ll)7:i. Von Prof. N»'. Vi. W r h r m a n n<br />

in Stettin 153<br />

Eine neue „Hansaschnsscl". Von l)i'. C. Tassilo Ho fsnla n n in Stetti,' IM<br />

Dreiundsicl'zigster Ialircsbcricht . . . 191<br />

Bl.' ltnge. Über Altertümel llnd Ausgrabungen in Pommern ini Jahre 1l)W.<br />

Von Prof. l)l. W a l t c r iu Stettin<br />

!'.«;<br />

Siebenzchitter Jahresbericht nbcr die Tätigkeit ocr Konnnission zur Erforschung<br />

nnd Erhaltung <strong>der</strong> Dellkmälcr in Pommern in <strong>der</strong> Zeit vom<br />

1. Oktober 1


Für diese Arbeit nntrdcn lnulptsächlich die Alten des König:<br />

lichen Staatsarchivs zn Stettin, filiert nach den Abteilungen als Steltiner<br />

Archiv sSt. A.j (lvo nicht bcsondcrs crwähllt, lst l'.'l^ l qcllicint), Wolgastcr<br />

Archiv sW. A.> nnd voll Vohlcnschc SalllNllllNl) ^Äol)lrli^, ucrn>cndel.<br />

Bcnlltzt sind cnchcrdcit! ans dein Kgl. Staatsarchiv .^u Stettin ^as Dcpositllln<br />

<strong>der</strong> Stadt Stettin Tlt. IIl Nr. I^. fl.-rner ans den Allen <strong>der</strong> Stralsnn<strong>der</strong><br />

Negistratnr: Abt. 1 Sett. ^V Tit. l Nr. 1, zitiert als Stralnin<strong>der</strong> Neg.<br />

Nr ^bci Aiohllike in <strong>der</strong> ^frc<strong>der</strong>lnograplilc als I^cl'll'l>iil5;t.ll:< l zitiertI.


Alcl <strong>der</strong> schmallaldisäzc H^rleg allodi ach, wnrdcu aitch die Herzoge<br />

Barnim XI. nnd Philipp I. von Pommern vor die Frage gestellt, wem<br />

sie siäi anschließen sollten. Eigentlich hätte es dcswcgcll nicht langer Beratungen<br />

bedurft, denn seit 15>^er ihr Nat fand tcin Gehör, die Stände waren dasnr<br />

nicht zn gewinnen, vielmehr beklagten sich diese darüber, das; die Herzoge<br />

ohne ihr Wissen Mitglie<strong>der</strong> des schmalkaldischen Bnndes geworden seien.")<br />

Die Hinncignng znm Bnndc verleitete aber die Herzoge, die Neutralität,<br />

zn <strong>der</strong> die Stände geraten hatten, nicht streng dnrchznsichrcn. Es stießen<br />

im August des Jahres l:")^; dreihun<strong>der</strong>t pommeMc Reiter znm Heere<br />

des Bnndcs. 7) Bon den Herzogen waren diese nicht geschickt, Herzog Philipp<br />

scheint aber darnm gewnßt zn haben. ") Verstärken mußte sich dieser Verdacht,<br />

als ungefähr zn <strong>der</strong>selben ^eit die Werbungen des Martgrafen Johann<br />

von Kilstrin für das kaiserliche Heer in Pommern ergebnislos blieben.<br />

Ende des Jahres 15-46 erfuhren die Herzoge, das; sie am kaiserlichen Hofe<br />

') M. Wehrmann, Geschichte umi Pommern ^. Bd. S. ^40. Vergl.<br />

N. Heling, Pommerns Velhaltniv zuin schlllallaldischen Bunde. Aalt. Swd.<br />

^)i. F. 10 u. li.<br />

^) We l) r m auu, a. a. O. I l S. 45 f<br />

^) Hausbuch des Joachim u. Wedcl, h^sg. v. B o h l e n. (Tübingen 1882.) S. 149.<br />

^) Herzog Philipps Grmahlin war Mal a, Tochter des Kurfürsten Johann<br />

uou Sachsen: W e h r m ann. a. a O. ll S. 4


4 Pommern und das Interim.<br />

in Ungnade gefallen wären.<br />

Als sic darauf demütig dell Kaiser nnl<br />

lunst baten, erhielten sie ein kaiserliches Mandat/)<br />

das ihnen ihre vergehen<br />

vorhielt, Bor allem wird ihnen vorgeworfen, daß sie die Werbnng<br />

für das kaiserliche Heer verhin<strong>der</strong>t, dagegen den Schmalkaldenern die Reiter<br />

hätten znziehen lassen, daß sie sodann ihren Ständen erklärt kälten, <strong>der</strong><br />

Krieg sei ein Religionskrieg. Die Gefahr, in <strong>der</strong> Pommern sich befand,<br />

war groß, nnd man sänmle lemen Augenblick, alles zu versuchen, um das<br />

Schlimmste zu verhüten.<br />

anzuschließen.<br />

Man dachte wohl daran, sich dem blinde offen<br />

Doch dazu lam es nicht mehr, denn noch vorher entschied<br />

die Schlacht bei Mnhlbcrg die Nie<strong>der</strong>lage des Vnudes nnd zwang nnn anch<br />

die Herzoge, sich dem Kaiser zu unterwerfen.<br />

Die Gesandtschaften, die m<br />

das kaiserliche Feldlager vor Wittenberg und spater nach Halle gingen,<br />

wurden beim Kaiser aber gar nicht vorgelassen.<br />

Karl V. hatte jekt an<strong>der</strong>e<br />

wichtigere Geschäfte zu erledigen. Dcohalb gab <strong>der</strong> Bischof voll ?lrras^)<br />

den Gesandten den Rat, einen Setretar zurückzulassen, <strong>der</strong> ihn au die<br />

pommersche Sache erinnern konnte; durch diesen würde er dell Herzogen<br />

Nachricht zukommen lassen, weuu <strong>der</strong> Kaiser sie zu hören wünschte.<br />

verrichteter Sache kehrten die pommerschen Rine also zurück, nnr Saslrow^)<br />

blieb in <strong>der</strong> Nähe des kaiserlichen Hoses, um voll allen Vorfallen die<br />

Herzoge sogleich unterrichten zn können.<br />

durchaus gewachsen.<br />

Uu^<br />

Sastrow zeigte sich dieser Ausgabe<br />

Wenn er anch dnrch seine Villen für die Herzoge bei<br />

den kaiserlichen Räten nichts errcichte/'j so tonnte er ihnen doch wenigstens<br />

so manche wichtige Nachricht darüber znkommcn lassen, wie ihre ^cmd? es<br />

am kaiserlichen Hofe trieben. ^) Dort war außer an<strong>der</strong>n beson<strong>der</strong>s Mark^<br />

graf Johann von ^iislriu tätig, die Herzoge ins ver<strong>der</strong>ben zu stürzen.<br />

Wir wissen auch aus einem Vries Johanns, daß er Pommern zn erwerben<br />

hoffte.")<br />

Unter diesen Umständen — das sah Sastrow sofort ein — war<br />

eine Vertretung Pommerns am kaiserlichen Hofe unerläßlich; je<strong>der</strong> Tag<br />

konnte sollst für Pommern verhängnisvoll werden. Darnm drängte aim)<br />

Sastrow, Ulan solle Gesandte schicken.^ Daß <strong>der</strong> Kaiser ernstlich gewillt<br />

') ^a n z, Korrespondenz KaUs V. ^ipzig l^5. 2. Bd. Nr. 566.<br />

") Über den Bischof v. Arras, Perrnot Gnnwella nnd dessen Vater Pevcnot<br />

v. Grandetta uergl. A. d. B. IX, S. A«2ff. u. 55off.<br />

2) SMow war damals Selletär in <strong>der</strong> Kanzlei des Herzogs Philipp. Beschrieben<br />

hat er diese Zeit in seinem „Bmtholomei Sastrow, Herkommen, Gelinn nnd<br />

^auff seines gmchen Gebens", hrsg. v. G. l^hr. F. Mohnike, <strong>Greifswald</strong> 1823. l. 2.Bd.<br />

") Sa strow, a. a. O. Bd. li S. 5


Pommern und das Interim. 5<br />

wnr, Pommern zu strafen, ging schon aus <strong>der</strong> Tatsache hervor,<br />

ebenso wie die an<strong>der</strong>n Stände,<br />

leine Einladnng zum Reichstag erhielt.<br />

daß es<br />

die in kaiserliche Ungnade gefallen waren,<br />

Alle diese Nachrichten veranlaßten<br />

die Herzoge, so schnell wie möglich für eine Vertretung ihrer Interessen am<br />

kaiserlichen Hofe zu sorgen. Da die Zeit zn kurz war, alle dazu nötigen<br />

Vorbereitungen zn erledigen, wählte man Jakob Zitzcwitz,') zn dem die<br />

Herzoge das Zntrancn hallen, er würde anch ohne gcnnne Instruktion ihre<br />

Sache znr Zufriedenheit führen.")<br />

Gerne übernahm Zitzewitz diese Aufgabe<br />

nicht, er war schon im Sommer in dieser Angelegenheit nach Halle<br />

gcrcist nnd sehnte sich nach Nnhe.<br />

Nur das Wohl des Landes konnte ihn<br />

bestimmen, nach Augsburg zn gehen, nnd anch dann erst erklärte er sich<br />

dazu bereit, als man ihm versprach, ihn dort nur solange zu lassen, bis<br />

die an<strong>der</strong>n Näte in Augsburg angekommen waren.")<br />

Außer den Geleitsbricfen<br />

und Empfehlnngsschrcibcu bekam er unr zwei kurze Instruktionen<br />

mit ans den Weg.^) Er soNtc vor allem den: Kaiser die Nnschnld <strong>der</strong><br />

Herzoge nachweisen, damit womöglich die an<strong>der</strong>n Nate, die man bl'ld nachsenden<br />

werde, an den Sitzungen des Reichstags teilnehmen könnten.<br />

1. Angnst reiste Zitzewih nach Angsbnrg ab.^)<br />

Mit <strong>der</strong> Ausrüstuug <strong>der</strong> Gesandtschaft säumte mau nicht. Bereits<br />

am 8. August kamen die Näte bei<strong>der</strong> Herzoge in Iascnitz zusammen,") wo<br />

man die Iustruktiou beriet und sich schlüssig wurde, weu mau nach Augsbnrg<br />

senden wollte.<br />

Am<br />

Man branchie hierzu nicht bloß tüchtige Lente, son<strong>der</strong>n legte<br />

auch Wert darans, eine stattliche Gesandtschaft zn schicken, nm dem Kaiser<br />

') v. Stojentin (a. a. O. S. 160) nimmt an, Zitzewitz sei von Hatte ans<br />

dem kaiserlichen Heere gefolgt, sei also vor seiner Sendung nach Angslinrg nicht nach<br />

Pommern zurückgekehrt. Dies ist nichl richtig. Es geht aus dem Briefwechsel <strong>der</strong><br />

beiden Herzoge deutlich hervor, daß Zitzcwitz im Juli in Wolgast wav. So schreibt<br />

Herzog Barnim ani Tage Petri vinculn (1. Aug.) an Herzog Philipp: „E. L. wolle<br />

daran sein, damit Jakob Zltzewitz, wo er albereu nicht hinweg ist, zum för<strong>der</strong>lichsten<br />

moge abgefertigt werden." lBohlen 56d) Außerdem Nagt Saskows Schreiben<br />

ans Bamberg von Zitzcwitzens Hand den Pennett': „ree. zu Wölkst, Montages<br />

nach Margarethe (18. Juli)." Dies miM genl'lgen.<br />

") So schreibt Herzog Barnim an Herzog Philipp, dat. Stettin, Montag nach<br />

Margarethe (18. Juli): W.A. Tit. 2 Nr. 15 vo! 11. t„l. 4 u. 6.<br />

") Schreiben Herzog Philipps an Herzog Barnim, dat. Wolgast am Tage<br />

Iakobi (2b. Juli) ebenda 5o1. 7, ferner Ziyewiy an Hz. Philipp, dat. Augsburg<br />

Samstag nach Dionisii (15. Okt.) sbenda toi. 93si, bittet ihn abzuberufen, gemäß<br />

dem ihm gegebenen Versprechen<br />

") Die Schreiben sind datiert vom 28. u. 29. Inli. W. A. a. a. O. sol. 3,<br />

13-15, 17, 34-41; St.A. Tit. 2 Nr. 15 sol. 215f. Bohlen 53d.<br />

') Berichte u. Briefe des prmß. Nats und Gesandten Asverus von Brandt,<br />

hrsg. v. Bezzen berg er, 2. Heft S. 245 f. An Brandt schreibt Zitzcwitz am<br />

1. Ana.: heut auf dato briefs reite ich eilends per Post bmans.<br />

") Bohlen 53l).


ss<br />

Pommern und das Interini.<br />

schon dadurch zil zeigen, wie wichtig ihnen die Angelegenheit erschien; man<br />

bestimmte Joachim Podcwils, Clans Puttkamer, Moritz Damitz nnd<br />

Heinrich Norinann dazu. ^) ?rol^ aller beunruhigcliden Nachri6)ten von<br />

Sastrow halte nlatt doch die Hoffnung, die Zache winde bald erledigt seinman<br />

beschloß deswegen anch, den (^'sandten die Vollmacht nnd Iustrul'tiou^)<br />

zu geben, daß sie gegebenenfalls die Herzoge anf dem Reichstage vertreten<br />

sollten. Dagegen erhielten die Gesandten tcine Vollmacht, beim Abschluß<br />

mit dem Kaiser etwaige Geldfor<strong>der</strong>uugen zu bewilligen. Man wußte doch<br />

von Sastrow, daß ohne Geldzahlung kanm etwas zn erreichen fei, man<br />

kannte die Vedingnngen, dellen sich die oberdeutschen Städte hatten nnter<br />

werfen müssen, konnte man da noch hoffen, <strong>der</strong> Kaiser würde Pommern<br />

ungestraft wie<strong>der</strong> zn Gnaden annehmen? Die größte Tfurcht <strong>der</strong> Herzoge<br />

und ihrer Nate war, dcr Ncichslag möchte dem Konzil die Entscheidung<br />

über die Neligiouöfragc überlassen. Tcnn daran zweifelte man keinen<br />

Augenblick, daß danu das Papsttum die Oberhand behalten nnd „die verkundignng<br />

des gotlichen Worts verdampt" würde. Ansdrüctlich erklären sie<br />

darum in <strong>der</strong> Instruktion, daß sie „von dcr cltauteu warheit ill ihrem,<br />

gewissen nit abstehen", anch die Predigt dcs Evangcliulns nicht verhill<strong>der</strong>u<br />

würden.<br />

Die pommm'cheu Gesandten kamen aber gar nicht dazu, bei <strong>der</strong><br />

Regelung <strong>der</strong> Ncligionsfrage mitzuwirken. Karl V. dachte nicht daralt,<br />

die „Rebellen" so leichten Kaufes davon kommen zn lassen. Am l^. Angnst<br />

kam Zitzewitz in Angsbnrg an^) ltlld ging ohue Täumeu all das schwierige<br />

Werk, das Verhalten Pommerns während des schmalkaldischeu Krieges zu<br />

rechtfertigen. Seinen Vericht nahm dcr Bischof voll Arias wohl all, einen<br />

Bescheid erhielt Zitzcwil) aber nicht. Am i l. 3eptember trafen auch die<br />

au<strong>der</strong>n Räte eiu, ') ulid mau versuchte nun, durch mündliche Verhandlungen<br />

') Auch Ioachlm von dcr Schulcnburg wcu dazll bestimmt, doch wurde er<br />

auf seine Bitte lurz vor <strong>der</strong> Abi eise <strong>der</strong> Näte von scmem Auftrage entbunden.<br />

W.A. a. a. O. sol. 53f., 5ll-5tt, 60, lil-6^.<br />

'1 Die Reinschrift <strong>der</strong> Illstrnktion ist alll Samstag nach lamentii (13. Vlug.)<br />

ausgefertigt: W.A. a. a. O. t^i. l9-^7.<br />

) Schreiben des Jakob Zitzewiy an die Herzoge, dat. Angsbnrg den 3. Sept.<br />

W.A. a. a. 5). te (2. Bd. S. 45) er selbst wäre am<br />

29. August in Auasbura. aufkomme!!, ist ''alsch. Er ist, wie ein Vnef uou ihni an<br />

die Herzoge beweist, bereits am 25. Juli in Augsdnrg gewesen. Sl.A. a.a.O.<br />

fol. 221-^'^.<br />

') Wann die (^csandtschlift von Pommeni auf^edrochell ist, ließ sich inchl feststellen.<br />

Ilber ihre Ankunft und erste Tätigfeit in Aligsliing licrichlel ihr schreiben<br />

v. 2^. Sept. W.A. a. a. O. i'ol.ZZf. Tie Näte haben dem Or. Marmmrdt dlis<br />

„Nößlein" mitgrnonlmen ISt.A. a. a. 3?. t^l.-2I()l, um das Saltrow — llicht<br />

Hitzewitz gebeten hatte Ebenda fu^.^^1 —^,. Iiyewiy war noch nicht ill Augsburg,<br />

als M. den Wunsch aussprach I^ergl. ^alt. ^tud. '^'. F. l S. 1^,'.


Pommern und das Interim. 7<br />

mit dem Bischof vou Arras und seinem Vater Grauvclla es zn erreichen,<br />

daß <strong>der</strong> Kaiser die Entschuldigung <strong>der</strong> Herzoge annähme. Aber anch diesmal<br />

erhielten die Gesandten keine bestimmte Antwort; beide, Vater wie<br />

Sohn, versicherten, daß sie die Anschuldigungen gegen die Herzoge nie geglanbt<br />

hätten, und versprachen, sich für sie beim Kaiser zu verwenden.^)<br />

Anch die Fürsprache audcrcr Fürsten, wie die des Erzbischofs von Cöln,^)<br />

<strong>der</strong> sich beson<strong>der</strong>s eifrig <strong>der</strong> pommerschen Sache annahm, konnte es nicht<br />

än<strong>der</strong>n, daß die Angelegenheit in die scinge gezogen wnrde. Stets wurden<br />

die Gesandten vertröstet uud ihucu bedeutet, daß sie „die ansnchuny zu bequemer<br />

zeit thnn nno keine gntc gelegcnhcit verscnmcn sollen". So mnßtcu<br />

die NiUe gcdnloig warten, bis man sich ihrer Aufgabe eriuucrtc. Denn<br />

von den Fürsten wurde es auch bald lästig empfunden, daß mau sie immer<br />

wie<strong>der</strong> mn ihre Fürsprache anging, znmal da sie anch nicht viel ausrichte«<br />

konnten.") Schließlich ließ auch <strong>der</strong> Bischof vou Arras durch dcu däuischen<br />

Gesandten Peter Suave den ponimcrscheu Mteu sagen, sie möchten Gednld<br />

haben; dnrch ihr Drängen köuutcu sie dcu Kaiser Nllr erzürnen; alle<br />

Nebelten, o<strong>der</strong> die man dafür gehalten halte, würden zu gleicher Zeit verhört<br />

wcrdcu uud dauu ihreu Bescheid erhalten; anch die Fürsprache an<strong>der</strong>er<br />

Fürsten könne ihnen darin nichts helfen.^) So neigte sich das Jahr 1547<br />

seinem Ende zn, ohne daß die Angelegenheit auch uur um ciueu Schritt<br />

vorgerückt war.<br />

Währcuddesseu knüpften die Herzoge mit dem Markgrafen Johann vou<br />

Küstriu Berhaudluugeu an, um über seme Absichten Gcnaucrcs zu erfahren. Sein<br />

Plan, Pommern zu erwerbcu, war ihueu seit Mitte Juli bekauut. Verschiedentlich<br />

waren bereits von ihnen Versnchc gemacht, brieflich mit Johann<br />

m Unterhandlung zu treten, seine Knstriner Hosrälc hatten aber in seiner<br />

Abwesenheit die Briefe nicht annehmen wollen. Vermehrt wnrde ihre<br />

Unrnhe noch durch das Gerücht, daß Markgraf Johanu rüste.''') Über den<br />

Zweck <strong>der</strong> Rüstungen tonnten die Herzoge nichts in Erfahrung bringen<br />

') Schreiben <strong>der</strong> Gesandten, dat. Augsburg, Freitags nach Dionisii (14. Okt.)<br />

W.A. a.a.O. lol. 101-4.<br />

') Erzbischof von Cöln war Adolf von Cchanenburg. Dessen Bru<strong>der</strong> Otto I.V.<br />

hatte eine Tochter Barnims, Aliarle, geheiratet.<br />

') In dem bereits erwähnten Schreiben drr Gesandten vom 14. Okt. Vevgl.<br />

auch Sa strow, Bd. 11 S. 63.<br />

") Die Unterredung Peter Suaues mit dem Bischof von Arras fand am<br />

31. Okt. statt. Der Bericht darüber Ct.A. a. a. 51. lol. li«.<br />

l'i Die Herzoge schreiben deswegen an Herzog Heinrich von Mecklenburg am<br />

Donnerstag nach Laurentii (N. Aug.^, Ct. A. a. a. O. toi. 260-03. Auf dem Tage<br />

zu Iasenitz beschloß man auch, einen Kundschafter in die Mail Brmldenl'nrg zu<br />

schicken. Dessen Bericht vom Dienstag nach Maria? Hmnnrlfahrt (11;. Aug.) Et A.<br />

a. a. O. flil. 224-227.


8 Pommern und das Interim.<br />

nnd lebten deshalb in <strong>der</strong> ständigen Furcht, es sei etwas gegen sie im<br />

Werke. Als Zitzcwitz nach Angsbnrg ging, scheint er den Auftrag erhalten<br />

zu haben, bei Markgraf Johann nin eine Andienz nachzllinchcn, wenn die<br />

Gelegenheit sich böte. Ilngcsähr drei Wochen später wnrdc Jürgen ^ianiel<br />

mit einem ähnlichen Auftrag nach Brannschweig, wohin Johann gereist<br />

war, gesandt. Beide trafen ilm aber nicht an. Mitte September crfnhr<br />

Herzog Barnim, Johann sei vom Reichstage znrückgelchn. Schnell fragte<br />

er bei ihm an, wo er ihm sein Anliegen nnd (bewerbe eröffnen lassen<br />

könntet) Außerordentlich kurz antwortete ihm dieser, er werde sich nnr<br />

knappe Zeit in Küstriu o<strong>der</strong> dessen Nahe anshalten. Als am 1. Oktober<br />

Herzog Bariums Kanzler Dr. Johann Falck ankam, traf er Johann in<br />

Neppen.") Der Kanzler wollte znnächst wissen, ob Johann vielleicht am<br />

kaiserlichen Hofe vernommen hätte, „wclchcr gestalt Ihre f. g. bey <strong>der</strong> lö.<br />

kcy. Matt, angegeben, in vordacht, argwohn nnd nngnadc nnvorjchnldct<br />

wehren gcfnrt worden". Man tat also, als wüßte man nichts davon, wie<br />

<strong>der</strong> Markgraf gegen Pommern beim Kaiser agitiert hatte. Dr. Falck sprach<br />

vielmehr die Ansicht ans. Markgraf Johann würde als ihr Nachbar wissen,<br />

das; man die Herzoge mit Unrecht beim Kaiser verklagt hätte, bat anch,<br />

<strong>der</strong> Markgras möge die pommerschen Nate in Angsbnrg uutcrstü^eu.<br />

Johann hielt ihm aber vor, daß die Herzoge doch keineswegs nnsämloig<br />

wären, nnd erinnerte daran, daß sie seine Werbungen für das kaiserliche<br />

Heer hinlertricbcn hätten. Er selbst habe dies dem Kaiser angezeigt, darum<br />

könne er sich für sie nicht verwenden. Den Vcrinch Dr. Falcks, das Verhalten<br />

<strong>der</strong> Herzoge zu verteidigen, schnitt er kur^ ab, versprach ihm aber<br />

Kopien <strong>der</strong> Schreiben, die er dem Kaiser übergeben hatte. Er riet dem<br />

Kanzler, die Herzoge sollten vor allen Dingen gegen den Kaiser demütig<br />

sein nnd sich ohne Dispntation schnldig bekennen, Beweise für ihre Schuld<br />

wären vorhanden; dann werde er anch vcrsnchcn, was er für sie tun<br />

könnte. Mit diesen Worten verließ er das Zimmer. Man wußte nun,<br />

daß man von Johann nichts Günstiges erhoffen durfte.<br />

Johann hätte auch auf dcu Gang <strong>der</strong> Verhandlungen mit dem<br />

Kaiser keinen Einflnß gehabt. Karl V. hatte das Material nnd gedachte<br />

es auszunützen. Man bemühte sich sogar am kaiserlichen Hofe noch eifrig,<br />

weiteres Belastungsmaterial zu sindeu. Schon im Jahre 1536 hatte <strong>der</strong><br />

Abt des Klosters Altenkamp beim Neichstammcrgericht einen Prozeß gegen<br />

') Schreiben Herzogs Barnims an Markgraf Johann, dat. Donnerstags nach<br />

Exaltationis crncis (15. Sept.), St. A. Tit. 30 Nr. 7 fI. 9.<br />

2) Des Kanzlers Bericht St. A. Tit. 3«) Nr. ? fol. 21—25. Vergl.<br />

P. von Nießen, des Markgrafen Johann Bemühungen um die Erwerbung<br />

Pommerns. Schriften d. Ver. f. Gesch. o. Neumark X, 41 ff.


Pommern und das Interim. 9<br />

die pommerschen Herzoge angestrengt, um die Restitution des Klosters<br />

Ncueukamr, zu erreichen.')<br />

Jetzt erging vom kaiserlichen Hose au den Abt<br />

von Altculamp die Auffor<strong>der</strong>ung, bei dcm Kaiser wegen dieser Sache vorstellig<br />

zu werde,!. Der Abt sandte auch eiucu Vertreter. Der Erzbischof<br />

von Cölu aber, dcsscu Nat <strong>der</strong> Gesaudtc des Abtes zunächst einholen sollte,<br />

gab diesem dcu Auftrag,<br />

sich direkt an die pommerscheu Nate zu weudcu<br />

lltld zll versucheu. ob die Herzoge mcht geucigt scicu, dem Abte zu Willeu<br />

zu sciu.<br />

Den Herzogen war dies natürlich sehr lieb, weil jetzt die Beschwerde<br />

beim Kaiser unterblieb;<br />

sie ließeu sich aber uicht herbei, irgcud<br />

ctwas Bcstilumlcs zu vcrsprcchcu, sou<strong>der</strong>u wicscu die Gcsaudteu au, die<br />

Allgelegeuhcit hiuzuzicheu. Mau wußte ja schou, daß <strong>der</strong> Ncichstag sich<br />

mit <strong>der</strong> Restitution <strong>der</strong> gcistlichcu Outer beschäftigen würde; mau wollte<br />

darum dell Neichstagsbcschlnß abwartcu, um uichl zlt viel zu tuu.^)<br />

Durch<br />

scheinbares Entgehen auf die Wünsche des Abtes crrcichteu die Herzoge<br />

wenigstens, daß dieser mcht beim Kaiser die Klage erhob.<br />

Dieser kleine Erfolg hob dcu Mut<br />

<strong>der</strong> Gcsaudtcu, und es schicu<br />

auch jetzt — im Iauuar 1:>lH —, als dürfe mau aus rille baldige Erledigung<br />

<strong>der</strong> Angelegenheit hoffeu. Natürlich suchte mau uoch vor <strong>der</strong><br />

Eutschciduug möglichst die Autlagcpuuttc zu cutkrästeu.<br />

nicht viel uützeu, da die Tatsachcu uicht zll leugncu warcu.<br />

Aber dies kouutc<br />

Niau versuchte<br />

uachzuweiscu, Nlall habe uichts getau, was als Feindseligkeit gegen<br />

deu Kaiser allsgclcgt wcrdcit kouuc.<br />

Allch das Gebot <strong>der</strong> Herzoge au ihre<br />

Uutcrtaueu, uicht iu fremde Kricgsdicilste zu trctcll, sei uur crlasscu, lllu<br />

dcul schmalkaldischcu Bliudc lcillc Ulltcrstützliug allgcdcihcu zll lasseu.<br />

Herzoge hätteu uicht darum gewußt, daß pommerschc Adlige dem Heere des<br />

Vuudes zugezogcu wärcil. Die gauze Haltlosigkeit dieser Ncchtfcrtiguug<br />

zeigt sich au zwei Berichten über die Wcrbllllgen des Markgrafen Iohanlt<br />

iu Ponllueru.'l) Iu dem ciucu heißt es, die Herzoge hättcu dem Äiarkgrasen<br />

uicht geglallbt, daß er für das kaiserliche Heer würbe.<br />

au<strong>der</strong>u Bericht soll aber Markgraf Iohanu<br />

Die<br />

Nach dem<br />

selber daran schuld gewesen<br />

seiu, daß seiue Werbungen erfolglos geblieben seien; dcull die bereits augcworbeueu<br />

Neitcr hättcu kciu Geld crhaltcu, ailch sei ihre Beschwerde all<br />

den Markgrafen unbeantwortet geblieben, darum seicu viele „verrittcn".<br />

') M. Wehrmann, a. a. O. II S. 45.<br />

^) Schreiben <strong>der</strong> Herzoge an die Nate, dat. Wolaast, Mitwochs nach Tnum<br />

regmn sN. Jan.) i5^8. W.A. Tit. 2 Nr. l5 val. II WI. 170-179.<br />

^ Der erste Bericht ist von Jakob Ziyewitz verfaßt und wurde am 27. Jan.<br />

dem Erzln'schof von Cöln überreicht (Bohlen 54). Auch den kaiserlichen Näten<br />

schein! <strong>der</strong> Vericht gegeben worden zu sein, da später in dem Bescheide diese Gründe<br />

vorkommen. Der an<strong>der</strong>e Bericht (St. A. Tit. 2 Nr. 15 toi. N2—N4j wurde den<br />

Gesandten mit dem Schreiben vom 11. Jan. zugeschickt; er war am 27. Jan. noch<br />

nicht in Augsburg, scheint auch nicht benutzt worden zu sein.


1s) Pommern und das Interim.<br />

Die Hoffnung <strong>der</strong> Gesandten, noch im Februar den Bescheid des Kaisers<br />

zu erhalten, ging nicht in Erfüllung, ja nach einer Äußerung des Kaisers')<br />

zu urteilen, war fürs erste noch nicht auf Erledigung <strong>der</strong> Angelegenheit zu<br />

rcchueu. Mau versteht es da wohl, daß die Herzoge sich beklagten, sie<br />

würden schlechter behandelt als die, die ani Kriege leilgeuommeu hätten;<br />

dcuu diese wären schon wie<strong>der</strong> zu Guadcu angenommen, dagegeu crhicltcu<br />

sie immer noch kein Gehör.") Schon glaubten die Gesandten, Markgras<br />

Johanns Abwesenheit vou Augsburg sei <strong>der</strong> Gruud für die Verzögerung<br />

des Bescheides. Dieser traf aber am 2. März wie<strong>der</strong> ein, und auch jetzt<br />

erfolgte nichts.<br />

Johann kam diesmal aber nicht als unversöhnlicher Feind Pommerns.<br />

Anfang Iannar hatte er Herzog Barnim wissen lassen, er wolle ihre Sache<br />

beim Kaiser befürworten, Barnim möge mit ihm in Unterhandlung treten.<br />

Einen Gesandten, wie Johann wollte, schickte man freilich nicht, davon<br />

wollte Herzog Philipp nichts wissen. Die beiden Herzoge schrieben jedoch<br />

an ihn und baten um seine Fürsprache.") Sofort antwortete Johann,<br />

versprach für sie cinzutreteu und bat, noch vor seiner Abreise nach Augsburg<br />

die Streitigkeiten zwischen <strong>der</strong> Ncumark und Pommern beizulegen. Zu<br />

dem Zweck wünschte er schnell mit Herzog Barnim zusammen zu kommen.^<br />

Johann hatte wohl schon eingesehen, daß er die Erwcrbuug Pommerns<br />

doch nicht erreichen werde. Deswegen wollte er versuchen, bei den Herzogen<br />

persönlich Vorteile zu erlangen. Barnim aber entschuldigte sich mit Krankheit.<br />

Dies scheint freilich kein bloßer Vorwand gewesen zu sein, sie kam<br />

den Pommern vielleicht nur zu gclegcu. Dcuu Johanns Bitte, seinen<br />

Räten nach seiner Abreise eine Znsammenkunft zu gewähren, schlugcu die<br />

') Der polnische Orator bat beim Kaiser fiir Pommern; darauf erwi<strong>der</strong>te<br />

ihm dieser, er wisse nicht, yuiä prineii^ I^omei iNlws peccinunt et qni dentlich, daß noch kein Schreiben Johanns vor«<br />

gelegen hat. Wale das <strong>der</strong> Fall gewesen, lo hätte man darauf Bezug genommen.<br />

Offenbar hatte Johann durch eine Mittelsperson Herzog Barnim von seiner Absicht<br />

wissen lassen. Nun ist es anch verständlich, warum Philipp dagegen ist, einen Ge<<br />

sandten zu schicken,' schriftlich sollte Johann sich erst erklären.<br />

^) Schreiben des Markgrasen Johann an Herz g Barnim, dat. Cnstrin,<br />

Donnerstag am tage purificationis Mariae (2. Febr.), St.A. a. a. 5?. t'^l. 47.


Pommern und das Interim. l 1<br />

Herzoge ebenfalls ad mit <strong>der</strong> Begründung, seine Abwesenheit könne hin<strong>der</strong>lich<br />

sein, bald zu einem Resultat zu kommen; sie winden also lieber ans<br />

scine Znri'lcklnnft warten. Diese ablehnende Halumg <strong>der</strong> Herzoge hatte<br />

ihren guteu Gruud. Johann hatte beim Kaiser einen Wasserzoll beantragt,<br />

<strong>der</strong> Pommerns Handel ans <strong>der</strong> O<strong>der</strong> sehr schädigen konnte. Die Herzoge<br />

suhlten wohl, daß ihnen von dieser Seite keine Gefahr mehr drohe. Wir<br />

hören anch nachher nichts mehr davon, daß Markgraf Johann noch irgendwie<br />

gegen Pommern tätig gewesen sei. Johann scheint es nicht mehr<br />

versucht zn haben, die Erwerbung Pommerns zn erreichen, seitdem er gemerkt<br />

hatte, daß <strong>der</strong> Kaiser ihn nnr hinhielt nnd kanm gewillt sei, ihm für<br />

seine Pläne irgendwelche Unterstützung angcdeihcn zu lasseu.<br />

Wesentlich verschlimmert wurde aber die ^age Pommerns dadurch,<br />

daß sich Kolblrg mit einer Beschwerde an den Kaiser wandte. Ende Januar<br />

crsuhreu die Herzoge, daß Kolberg Gesandte zum Reichstag geschickt habe.')<br />

Seit läugercr Zeit hatte die Stadt schon darnach gestrebt, Neichsstau3 zu<br />

werden.") Die Herzoge ahnten deswegen wohl gleich, daß Kolberg diesen<br />

Augcublick benutzen wollte, um sich ihrer landesherrlichen Gewalt zu eutzichcu,<br />

nud beauftragten sofort die (Hcsaudteu zu versuchen, ob sie etwas<br />

über Kolbcrgs Pläuc iu Ersahruug brmgeu konnten. Deu Räten wurde<br />

auch unter <strong>der</strong> Hand mitgeteilt, daß beim Kaiser Klage geführt sei, die<br />

Herzoge hätten das Stift Kammiu, das dem Reiche zustehe, ihrem Kanzler<br />

geschenkt und ciuc Stadt (die Gesandten vermuteu, Kolberg sei gemeint)<br />

gczwuugen, „die alte Religion zuvcrlasscn uud die muc auzullcmen".^)<br />

Entsprachen diese Behauptungen auch uicht deu tatsächlichst Verhältnissen,<br />

so bewirkten sie doch, daß <strong>der</strong> Kaiser das Domkapitel Kammiu uud die<br />

Stände des Stifts auwies, deu Hcrzogeu uud dem voll ihuen wi<strong>der</strong>rechtlich<br />

eingesetzte» Bischöfe uicht zu gchorchcu, sou<strong>der</strong>u sich zu ihm als des Stifts<br />

oberstem Herrn uud zum Reich zu halten.') Dies uahmeu die Herzoge<br />

aber uicht still hiu. Bald uachdem sie voll diesem unerhörten Schritt des<br />

Kaisers Kunde erhalten hatten, ließen sie durch l)r. Jakob Philipp Qeslcr<br />

') Schreiben <strong>der</strong> Herzoge an die Räte, dat. Alten-Stettin, Sonnabends nach<br />

purlficatiouis Marie (4. Febr.), St.A. Tit. 2 Nr. 15 lol. 142.<br />

2j H. Rie m ann, Gesch. d. Stadt Kolberg, S. 313.<br />

'^ Schreiben <strong>der</strong> Näte an die Herzoge, dat. Augsburg, Donnerstags nach<br />

Iudica (22. März), Ct. A. Tit. 2 Nr. 15 W1. 170- 174.<br />

') Gedruckt bei Schoettgen u. Kr^zsig, äiplomawliu Hl S. All -AM. Das<br />

MandlU ist datiert vom 5. Jan. 1548. Es ist aber erst bedeutend spiili publiziert.<br />

Herzog Barnim hat erst am 7. April von ihm erfahren. ^Schreiben an Herzog<br />

Philipp, dat. Alten-Stettin, Sonnabend vor Ouasimodogeuiti. W. A. a. a. O.<br />

t'l)1.267.! Ungefähr zu <strong>der</strong>selben Zeit haben auch die Gesandten davon erfahren<br />

lvergl. St. A. Tit. 82 Nr. 1 toi. v^. Vcrhl. auch Waterstraat, <strong>der</strong> Kamminer<br />

Bislumsstreit in <strong>der</strong> Zeitschrift f. Kirchengesch. XXlII, 229.


IA<br />

Pommern und das Interim.<br />

nnd Balthasar von Wolde am 8. Mai gegen das kaiserliche Mandat Protest<br />

einlegen nnd beauftragten Zihcwih und Normanu, die Provokation am<br />

kaiserlichen Hofe weiter zu verfolgend) Von den Sliflsstäudeu, die ebenfalls<br />

— mit Ausnahme Kolbcrgs") — gegen das Mandat protestierten,<br />

wnrde Martin Weiher nach Augsburg gesandt. Aber während man hiermit<br />

in Pommern noch beschäftigt war, fiel in Augsburg bereits die Entscheidung.<br />

Man hatte die Angelegenheit hingezogen, bis das Interim Reichsgesetz<br />

geworden war. Bestimmend für diese Verzögerung ist wahrscheinlich<br />

folgen<strong>der</strong> Umstand gewesen: Der Kaiser hatte dem Markgrafen Johann vor<br />

dem schmalkaldischen Kriege versprochen, ihn bei seiner Religion zn belassen.")<br />

Pommern war damals <strong>der</strong> Kö<strong>der</strong> gewesen, dnrch den man den Markgrafen<br />

vom schmalkaldischen Bunde abgezogen hatte. Karl V. war wohl <strong>der</strong><br />

Mcinnng, die Aussicht ans Pommern werde Johann jetzt anch bewegen, das<br />

Interim anzunehmen. Darin hatte er sich getauscht; <strong>der</strong> Markgraf erklärte<br />

sich -gegen das Interim nnd siel deshalb in Ungnade.") Nnn war fnr den<br />

Kaiser anch kein Grnnd mehr vorhanden, die ftom'nerschcn Gesandten noch<br />

länger hinzuhalten. Am 30. Mai teilte <strong>der</strong> Bischof von Arras den<br />

pommerscheu Räten den Bescheid des Kaisers mit.^> Nach reiflicher Überlegung<br />

<strong>der</strong> gegen die Herzoge vorgebrachten Klagen und <strong>der</strong> darans erfolgten<br />

Entschuldigung sei <strong>der</strong> Kaiser zu <strong>der</strong> Erkenntnis gctommcu, daß die Herzoge<br />

„nit gar aus <strong>der</strong> schult seien". Ganz mit Nccht wird dcu Gesauoteu vorgehalten,<br />

daß die Reiter, die dem schmaltaldischrn Bunde zugezogen scicn,<br />

von dell Herzogen ebenso gnt hätten in Pommcr.l znrückgehaltcu werden<br />

töuuen, wie die Herzoge die Werbung Markgraf Johanns verhin<strong>der</strong>n konnten,<br />

obwohl „sie ihm als gebornem Fürsten des Reichs hätten Glauben schenken<br />

sollen"; anch sei die Erklärung ocr Herzoge, sie v'äreu nicht Mitglie<strong>der</strong> des<br />

Bundes, erst drei Wocheu nach <strong>der</strong> Schlacht bei Mi'Mberg all dcu Kaiser<br />

gelangt. Aus dem allen wäre ..zn spnrcn, das Ire f. g. uit gar uulchuldig,<br />

ob sie gleich mit den an<strong>der</strong>n nit in gleicher schult bcfuudfu". Deshalb<br />

wurde den Herzogen die Zahlung von 1500W Gulden, die Annahme aller<br />

Reichstagsbcschlussc und Leistung <strong>der</strong> Abbitte auferlegt. Am A. Inni wurde<br />

deu Gesandten <strong>der</strong> Entwurf <strong>der</strong> Capitulatiou, d. h. eiues Schreibens, durch<br />

das die Herzoge sich auf die Bedingungen des Kaisers verpflichtet! sollten,<br />

übergeben.") Sehr milde waren die Bedingungen nicht. Die Annahme<br />

') Vergl. W. A. Tit. 25 Nr. 3 sol. 177 f., 66-76.<br />

") Vergl. Niemann a. a. O. S. 314.<br />

'> Ranke, Dtsch. Gesch im Zeitalter d. Reformation IV S. 407.<br />

l) Ranke a. a. 55. V S. 57 ; uergl. von Nie si en a. a. O. S. 55 s.<br />

') W. A. Tit. 2 Nr. 15 vol. 2 sol. :l20f.<br />

") Sehr gut unterrichtet sind wir nlier diese Zeit dura, ein Tasselinch des<br />

Jakob Zitzewitz Bohlen 54. Die Kapitulation findet sich St. A. Tit. ^ Nr. 21<br />

toi. 6—9. Die Kapitulation siehe Beilage II.


Pommern und das Interim. 13<br />

<strong>der</strong> Neichslagsbcschlüssc schlos; auch die des Interims in sich, und das erregte<br />

bei den Gesandten sogleich die schwersten Bedenken; hatten doch ihre Herren<br />

in <strong>der</strong> Instruktion erklärt, sie gedächten bei <strong>der</strong> reinen ^ehre des Euaugelinms<br />

zn bleiben. Noch ani ^. Inni baten die (Gesandten den Erzbischof von<br />

(5öln, er möge sich fnr eine Mil<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Bedingungen beim Kaiser<br />

verwenden/) nnd am . Juni überreichten sie dem Kaiser eine Schrift, in<br />

<strong>der</strong> sie nochmals da-? Verhalten <strong>der</strong> Herzoge während des schmalkaldischcn<br />

Krieges zu entschuldigen versuchten.'^)<br />

fnr Pommern.<br />

Auch jetzt wie<strong>der</strong> baten au<strong>der</strong>e Fürsteu<br />

Viel erwarteten die pommerschcn Gesandten selbst nicht von<br />

ihrcm Aemühcu; auf c,uen Erlaß <strong>der</strong> Abbitte und eine Hcrabsetznug <strong>der</strong><br />

Slrafsumlue hofften sie aber doch. Sie haben auch dies uicht erreicht;<br />

mau gab ihueu vielmehr zu verstehen, sic möchtcu froh sein, einen so<br />

günstigen Bescheid erhalten zil haben.<br />

Je länger sich die Sache hinzöge,<br />

desto mehr Nachteiliges tonnte <strong>der</strong> Kaiser erfahren, uud dauu würde er<br />

uicht mehr so milde urteileu.<br />

empfangeueu Bescheide uach Hause zurückzukehren?<br />

Was blieb den Räten übrig, als mit dem<br />

Ausaug Juli") trateu<br />

sie die Heimreise au mit Ausnahme vou Hciurich Normauu, <strong>der</strong> ntit Sastrow<br />

dem kaiserlichen Hofe uach deu !)ile<strong>der</strong>laudcn folgte.<br />

Iuzwischeu hatteu die Gesaudteu bereits brieflich die Herzoge von den<br />

Bcdiugungeu des Kaisers in Kcuutuis gesetzt. Diese wareu über den<br />

Bescheid uicht wellig bestürzt.<br />

Bis dahin hatten sie sich damit getröstet, die<br />

au<strong>der</strong>u protcslautischcu Fürsteu würdeu schou verhiu<strong>der</strong>u, daß auf dem Reichstage<br />

etwas beschlossen würde, was ihrem Glaubcu nachteilig sein köuntc^)<br />

sie selbst wareu ja dazu verurteilt gcwescu, untätig <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong><br />

Dinge zuzusehen.<br />

Das Interim war noch nicht die größte Gefahr, seiner<br />

Durchführung kouuteu die Herzoge vielleicht passiueu Wi<strong>der</strong>stand entgegensetzen,<br />

wenn sie in ihrem Lande die Entscheidung in kirchlichen Dingen<br />

behielten. Gerade dies war sehr fraglich. Der Kaiser halte alles meisterhaft<br />

vorbereitet, um auch iu Pommern seine Pläne zu verwirklichen.<br />

In dem<br />

Moment, wo er daran ging, Deutschland zum Katholizismus zurückzuführen,<br />

setzte er dcu Kamminer Nischof ab uud erklärte die Rechte <strong>der</strong> Herzoge auf<br />

das Bistum für angemaßt. War so den Herzogen je<strong>der</strong> Einfluß ans die<br />

Wahl des nächsten Bischofs genommen, so war es sehr leicht möglich —<br />

') Sl. A. Tit. 2 Nr. 21 tu!. 10-13.<br />

") W. A. Tit. 2 Nr. 15 vol. 2 lol. 326-30.<br />

") Das genaue Datum <strong>der</strong> Abreise läßt sich nicht sicher ermitteln. Am<br />

9. Juli waren die Gesandten in Nürnberg (Schreiben <strong>der</strong> Nate an die Herzoge, dat.<br />

Berlin, Donnerstag nach Margarethe Ii9. IM, W. A. a. a. O. sol. 343). Die<br />

Gesandten scheinen am 4. o<strong>der</strong> 5. Juli aufgebrochen zu sein, denn bis zum 3. Juli<br />

reicht das Tagebuch des Jakob Zitzewitz.<br />


14 Pommern und das Interim.<br />

wie Herzog Philipp in einem Briefe an seinen Oheim ausspricht^ —,<br />

daß <strong>der</strong> Kaiser die Gelegenheit benutzen und in das durchaus evangelische<br />

Land einen Vischof senden werde, bei dem er fnr seine Pläne Nuterstulzung<br />

fände. Dicje Besorgnisse konnten dnrch den mündlichen Bericht <strong>der</strong><br />

Gesandten, die in den letzten Tagen des Juli in Pommern eintrafen, nictu<br />

gerade zerstreut werden. Was sollte man aber tnn? (5s blieb nnr eine<br />

Möglichkeit, das war die Unterwerfung unter den kaiserlichen Willen.<br />

mall dazu bereit sci, teilten die Herzoge dem Bischof von Arras 'ofort mit.")<br />

Ein endgiltiger Beschluß war dies freilich noch nicht; man muitte vorher<br />

die Stände hören, dcnn die Herzoge hatten diesen versprochen, in <strong>der</strong><br />

Neligionsjache nichts ohne ihre Einwilligung zn tun.<br />

den 55. September ciueu Vandtag.")<br />

Daß<br />

Man bel ics also ans<br />

Die bis znm Vandtagc ilbnge ^cit bcnntzten nun dic hcr>oglichen<br />

Räte, lun eingehende Gntachtcn nber die Kapitulation auszuarbeiten.^<br />

cincnl Puukte stinnnen diese Outachleu alle ubcrciu, sie halten fast allc<br />

For<strong>der</strong>uugeu des Kaisers für zu hart. Alu meinen Auslost ualjmcii dic<br />

Räte an <strong>der</strong> Bedingung, die von dcu Hcrzogen ^choriain gegcu die :ll'cll!,5:<br />

tagsbcschlüsse for<strong>der</strong>te, deun das hieß mit an<strong>der</strong>n Worten llnlelwcisnng<br />

unter das Konzil nnd Annahlne des Interims.<br />

,>u<br />

Weigeilc lnau sich freilich<br />

dies zn Um, so war es unmöglich, mit den, Kaiser Filaci! zn schlickn.<br />

Durfte<br />

man es aber anf einen Krieg nut dem Kaiser autonullcll lassen?<br />

Es fiudeu sich in den Gutachten Berjuchc naciizllweisclt, c>aß anck nach drr<br />

') Dat. Wolgast, den w. Juli, W. A. a. a. !i?. t«.l. ^0f.; eä hrisn dort:<br />

„uns sehet es un<strong>der</strong> an<strong>der</strong> dafür an, das mau dadurch (d. l). durch das Interim Mld<br />

die vom Kaiser erlassclle lküjlm^tio (.lei,) trcnnlllla/ illnchct, uno tacite ntnm hlc.<br />

uhun dort, bis das es über all gehe, da) Vnliülmmb wi<strong>der</strong>lnlib einfuren nu) nffrichten<br />

wolle. Den was von <strong>der</strong> lialililcl eines V.schosss die refcnlllaclon «.xdnet.<br />

gibt dieselbe genugsam zuverstchen, nemlirli das eß ein peilte sein und vevniuge <strong>der</strong>^<br />

selben rcllgion snn ampt üben, uisitireu und alles venichlsn solle, und do elir dar in<br />

kein vholgr wmde haben, scillen Bann und Jurisdiktion an die vano nehmen.<br />

Darauss auch ungezweifelt, wo solchs nicht helffen nwlte, das Äruchinni secare<br />

folge wolle".<br />

^) Gleich nach <strong>der</strong> Zurnckkunft <strong>der</strong> Gesandten fand am 27. und ^. Juli in<br />

Stettin eine Beratung <strong>der</strong> herzoglichen Räte statt lPrototoll im W. A. a. a. O.<br />

toi. !j4b—349). Gleich nach dieser Beratung ist das schreiben au den ^ilchof vou<br />

Arras abgesandt. (W. A. a. a. O. lol. 352 f.) Auch an den Kaiser habm die Hcizoge<br />

geschrieben lebenda t'^l. Z50f.), <strong>der</strong> Bischof von Arras hat dem Kaiser da? schreiben<br />

aber nicht übergeben.<br />

l) Das Ausschreiben zum Landtage, dat. Stettin, SontagZ nach Iatobi<br />

(^U. Juli) Devosttnm <strong>der</strong> Stadt Stettin Tit. III Nr. l2 tol. 2 f.<br />

^) Vei <strong>der</strong> Beratung zu Stettin wurden <strong>der</strong> Bischof Bartholomeus Euave,<br />

Nüc»!gcr Massow, Joachim Podewils, V>'. vou Wolde, Mayle Borte, Or. Falci und<br />

Iatob Zlycww dauut beauftragt. Mchrc^c dieser Gutachten sind erhalten. Die<br />

Schriftstücke des Jakob Zitzewitz fiudeu sich Bohlen 53 b.


Pommern und das Interim. 15<br />

Schrift <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand gegen die Obrigkeit verboten wäre. Einer <strong>der</strong> Räte<br />

führt z. N. aus/) daß die Obrigkeit — er meint hier den Reichstag —<br />

ihre Pflicht, die Religion zn schirmen, getan habe.<br />

Es wäre in Deutschland<br />

immer Brauch geweseu, Neligionsfragen durch ein Konzil entscheiden zn<br />

lassen, nnd das habe <strong>der</strong> Reichstag auch beschlossen.<br />

nnn als Christen zn tragen, was Gott über sie verhänge.<br />

Die Herzoge hätten<br />

Er beruft sich<br />

dabei ans Rom. 13,!: Je<strong>der</strong>mann sei Untertan <strong>der</strong> obrigkeitlichen Gewalt.<br />

Für<br />

die Herzoge wäre eben <strong>der</strong> Kaiser und <strong>der</strong> Reichstag die Obrigkeit)<br />

darum hätten sie zu gehorchen.<br />

Der Verfasser des Gutachtens muß zwar<br />

einräumen, daß auch den Herzogen als Obrigkeit nach <strong>der</strong> Schrift das<br />

Schwert gcdührc, doch, fährt er fort, wäre dann daran zu eriuneru, wie die<br />

Herzoge zu <strong>der</strong> Gegenwehr vorbereitet seien, vor allem müßte man erwägen,<br />

wie <strong>der</strong> Ausgang eines Krieges sich gestalten könne.<br />

dieser Frage geht dcr Verfasser aber uicht ciu.<br />

wohl nicht, dnrch dies letzte Mittel etwas zn erreichen.<br />

Auf ciuc Erörterung<br />

Viel Hosfuung hatte mau<br />

Auch Zitzcwitz<br />

dcutt all diese Möglichkeit uud rät, iu dem Falle alles darau zu setzen o<strong>der</strong><br />

dcu Krieg gar uicht erst zu bcgiuueu. Isl das nicht vielleicht eiu leiser<br />

Vorwurf gcgcu Pommerus Verhalten im schlualkaldischcu Kriege?<br />

gerade die Halbheit halte Pommcru iu diese Vage gebracht.<br />

jedoch zu spät, dem Kaiser zu wi<strong>der</strong>stehen.<br />

Pommerns frühere Bundesgenossen<br />

waren nicht mehr lmstaude, es zu uuterstützcn.<br />

die Herzoge uoch Hilfe erhalten?<br />

Dcun<br />

Jetzt war es<br />

Woher kouutcu<br />

Zitzcwitz sah, daß Pommern ciucn Krieg<br />

uicht durchfuhren löuue, und riet deshalb, „die mittet und wege daranff die<br />

kl). Malt. I. f. g. zn gnaden anffzuuehmcu willeus,"<br />

gauz auzuuehmeu.<br />

Daß <strong>der</strong> Kaiser auf wichtige Puutle <strong>der</strong> Kapitulatiou ganz verzichten werde,<br />

schien ihm ausgeschlossen zn sein; <strong>der</strong> Bischof vou Arras hatte ihm in<br />

Augsburg gesagt.2) daß es uumöglich sei, deu Kaiser vou eiuem ciuuial<br />

gefaßleu Eutschlusse abzubringen.<br />

Trotzdem empfahl Zitzcwitz, mau solle<br />

zunächst verslichen, eine Mil<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Bediuguugeu zu erlangen, und gab<br />

seinem Gutachten dcu Entwurf einer abgeän<strong>der</strong>ten Kapitulatiou bei, um zu<br />

zeigeu, was er für erreichbar hielt. Im Eingänge will er alles getilgt<br />

wissen, was von einer Schuld <strong>der</strong> Herzoge spricht.<br />

Mau hielt immer uoch<br />

ängstlich darau fest, die Herzoge scieu ohue ihre Schuld, nur iusolgc <strong>der</strong><br />

Verleumdungen audcrer beim Kaiser in Ungnade gefallen.<br />

die letzten Bcdmguilgcu dcr Kapitulation gauz weg.2)<br />

Auf diese nebensächlicheren<br />

Pnnkte konnte <strong>der</strong> Kaiser allenfalls verzichte».<br />

Ebenso läßt er<br />

Aber iu den<br />

') St. A. Tit. 3 Nr. 12 iol. 207- 219.<br />

°) Am 13. Iuui, vergl. das Tagebuch des Zitzewitz.<br />

") In diesen sollten die Herzoge versprechen I. sich m deu anhängig gemachten<br />

Klugen dem Urteil des Kaisers fügen zu wollen, 2. die Bestrafung <strong>der</strong> Adligen, die<br />

im Heer des schmalküldischeu Bundes gedient hatten, dem Kaiser zu überlassen und<br />

3. Afille zu lösten.


16 Pommern und das Interim.<br />

ersten Artikeln, die dem Kaiser am wichtigsten waren, hat Zitzewitz manches<br />

getilgt, was unerreichbar war. Man kaun es wohl verstehen, daß er es durchans<br />

für nötig hält, daß Pommern sich das in« neutel itkt,i3 sichere. Denn<br />

wenn die Herzoge sich verpflichteten, Feinden des Kaisers „in o<strong>der</strong> ausserhalb<br />

des Neichs" den Durchzug dnrch ihr Vaud zu verwehren, so tonnten sie zn<br />

leicht iil einen Krieg mit Polen, Schweden o<strong>der</strong> Dänemmt verwickelt werden.<br />

Die Kapitulation sagte a<strong>der</strong> nicht, das; <strong>der</strong> Kaiser für den Fall die Herzoge<br />

in ihrem Besitz schützen werde. Dies mustten die Herzoge mindestens als<br />

Gegenleistung for<strong>der</strong>n. So sehr Zitzcwitz anch riet, die Bedingungen deo<br />

Kaisers anzunehmen, nm Frieden zn erhalten, fnr die Annahme des Interims<br />

trat er nicht ein. Er Hütte es am liebsten gesehen, daß man diese Frage<br />

ausschaltete.') Auch die Herzoge dachten nicht daran, die Hauptlehrcu <strong>der</strong><br />

evangelischen Kirche zn verleugnen. In diesem Punkte war <strong>der</strong> lHlnflns,<br />

<strong>der</strong> Geistlichen mächtiger als die Rücksicht ans die politische Vage.<br />

An Wi<strong>der</strong>legungen des Interims<br />

ans <strong>der</strong> Kanzel hat es anch in<br />

Pommern nicht gefehlt,') nnd als <strong>der</strong> Bischof von Kammin, Bartholomäus<br />

Snavc, die Geistlichen znsammenberief, damit sic zn dem Interim Stellung<br />

nähmen, haben sie es einmütig verworfen. Diese Zusammenkunft <strong>der</strong><br />

Geistlichen hat ohne Zweifel schon vor dem Landtage stattgefunden. Das<br />

genaue Datnm wissen wir nicht, Nnuge berichtet nur, daß eiue Bcrsammluug<br />

<strong>der</strong> Theologen im Jahre 1548 in Stettin gewesen sei.")<br />

Cramcr freilich<br />

stellt es in seiner Kirchcugcschichle so dar, als hätte <strong>der</strong> ^audtag erst<br />

beschlossen, das Urteil <strong>der</strong> Theologen über das Iutcnm einzuholen/)<br />

einspricht nicht den Tatsachen.<br />

Das<br />

Vei <strong>der</strong> Bcratuug <strong>der</strong> herzoglichen Nate zn<br />

Stettin6) wurde auf Vorschlag des Bischofs bereits beschlossen, die Geistlichen<br />

zusammenzurnfen, um „das Interim, die rcformatiou nnd die<br />

pomerische kirchenordnnng, auch wie <strong>der</strong> tlostcr halben ciu orduung mochte<br />

zu luacheu sciu, zu erwegcn und zu beratschlagen". Dieser Beschluß hat<br />

') An dieser Stelle <strong>der</strong> Kapitulation schlägt Ziyewitz folgenden Wortlaut vor:<br />

„alles, so zn waren frieden, ruhe und einigkeit von Ircr kev. Malt, mit den Ständen<br />

des Neichs geschlossen und geordnet und ahn uns gelangelt, So viel wir desselben<br />

mit gutem gewissen lhnn tnnnrn, unsers vernulgens treulich halten und<br />

befor<strong>der</strong>n helfen".<br />

-) Kmpstro, <strong>der</strong> Superintendent von Pommern-Wolaast, predigte in Orci^swald<br />

gegen das Interim (I. H. Balthasar, Sammlnna einiger znr Pomm. Kirchen^<br />

Historie gehörigen Schriften. <strong>Greifswald</strong>, 17^>. I. S. ^'3, ll. S. 30 l.'», desgl.<br />

yre<strong>der</strong>, <strong>der</strong> Stralsnu<strong>der</strong> Snperimendent «Bohlen Niii toi. ^>-^7). ^ach diesem<br />

Bericht hat Fre<strong>der</strong> auch seine Stralsnn<strong>der</strong> Amtsbrü<strong>der</strong> ermahnt, gegen das Interim<br />

zu predigen.<br />

') Balthasar a.a.O. l. S. 55.<br />

') Cramer a. a. 'i?. I!I. S. l^?.<br />

") Am 27. nnd 26. Juli; ve^l. S. 1^ Aum. -_'.


Pommern und das Interim. 17<br />

wie fast alle Beschlüsse dieser Beratung dazu diclieu sollen, die Verhandlungen<br />

des Landtages vorzubereiten.<br />

Wenn nun ans dem Landtage die Herzoge<br />

sich ans ein Bedenken <strong>der</strong> Theologen beziehen, so beweist das zur Genüge,<br />

daß <strong>der</strong> Beschluß auch wirklich ausgeführt ist.<br />

Nunge überliefert uns nun<br />

eine ..Ordnung <strong>der</strong> Kirchen türtzlich begriffen" und sagt von ihr ausdrücklich,<br />

sie wäre das Resultat <strong>der</strong> Beratung, die die Geistlichen in Stettin gehabt<br />

hätten.^) Mohnike hat diese Angabe für falsch gehalten.") Er fand im<br />

Ztralsull<strong>der</strong> Natsarchiv<br />

ausführlicher war.<br />

ein Bedenken gegen das Interim, das bedeutend<br />

Er glaubte, von diesem Bedenken schwiege Runge absichtlich,<br />

um Knipstro, den ersteu Superintendenten voll Pommern-Wolgast/)<br />

zn schonen. Dies Bedenken, das von Knipstro, dem stralsnudischen Superintendenten<br />

Fre<strong>der</strong> nno an<strong>der</strong>en verfaßt sei, habe wohl den Beifall <strong>der</strong><br />

Theologen gefunden, doch nicht den <strong>der</strong> Herzoge.<br />

Diesen hätte viel an <strong>der</strong><br />

Annahme des Interims gelegen, um mit dem Kaiser Frieden schließen zu<br />

können.<br />

Darnm habe auf ihr Verlangen Knipstro das Bedenken zurückgenommen<br />

und die mil<strong>der</strong>e „Ordnung <strong>der</strong> Kirchen kürtzlich begriffen" angefertigt.<br />

Auffällig ist es in <strong>der</strong> Tat, daß Rnnge von dem Bedenken nichts<br />

sagt. Gibt es aber dafür keine an<strong>der</strong>e Erklärnug als die, die Mohnike bietet?<br />

Runge schreibt, er wolle <strong>der</strong> Nachwelt überliefern, was die Superintendenten<br />

und bedeutendsten Pastoren beschlossen hatten, und als diesen Beschluß gibt<br />

er die Ordnung <strong>der</strong> Kirchen aus. Wir wissen nicht, ob das Bedenken <strong>der</strong><br />

Synode vorgelegt ist; aus Nunges Worten müssen wir<br />

schließen, daß es<br />

nicht geschehen ist. Ausschlaggebend ist <strong>der</strong> Inhalt bei<strong>der</strong> Schriften.<br />

Mohnike ging davon aus, daß die Ordnung <strong>der</strong> Kirchen „viel kürzer und<br />

>) Balthasar a. a. O. I. S. bb-61. Seite 61 schreibt Rnnge liaeo 68t<br />

8UMM2. ä6il<strong>der</strong>g.ti0uum tli60loAj(;I.r!im, HU3.6 tempore Intel ilniätieo ätettini 6t,<br />

alidi Kaditae gunt etc. Mau darf auf das et alibi nicht zu großen Wert legen,'<br />

Runge will damit nicht behaupten, man habe auf mehreren Synoden über diese<br />

Oronuna <strong>der</strong> Kirchen :c. beraten, er sagt auf Seite 55 ausdrücklich: ^.etum<br />

steNini in oonventu ^uperinteuäeutum 6t piaeaipliolum Pastorinn unno 1548.<br />

Halten wir diese letzte Angabe überhaupt für richtig — und ein Anlaß, die Nichtigkeit<br />

zu bezweifeln, scheint mir nicht vorzuliegen —, so haben wir damit die Möglichkeit<br />

gewonnen, den Termin ungefähr festzulegen. Die Synode kann, wie wir gesehen<br />

haben, erst nach dem 26. Juli gewesen sein. An<strong>der</strong>erseits lag nach dem Landtage —<br />

das wird das Folgende zeigen — tein Anlaß vor, aufs neue Synoden über das<br />

Interim abzuhalten. Darnach wäre dann die Ordnung <strong>der</strong> Kirchen im Augnst o<strong>der</strong><br />

in den ersten Tagen des September im Jahre 1548 entstanden.<br />

2) G. Mohnike, des Johannes Fre<strong>der</strong>us Leben und geistliche Gesänge.<br />

I. Teil. Stralwnd 1837. S. 39.<br />

") F. Bahlow, Johann Knipstro, <strong>der</strong> erste Gcneralsuperuitenoent von<br />

Pommern-Wolgast. Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte Nr. 62.<br />

Halle 1898. S. 39ff., stimmt inhaltlich mit Mohnike überein. Bahlow ist es aber<br />

entgangen, daß das von Mohnike gefundene Konzept des Bedenkens seit Mohnikes<br />

Tode verschwunden ist.<br />

2


18 Pommern und das Interim.<br />

ungleich mil<strong>der</strong>" sei wie das Bedenken. Das ist ein Irrtum, die Ordnnng<br />

<strong>der</strong> Kirchen vertritt denselben Standpunkt wie das Bedenkend) In einem<br />

unterscheiden sich aber<br />

Form.<br />

die beiden Schriften durchaus, das ist die äußere<br />

Die Polemik des Bedenkens fehlt <strong>der</strong> Ordnung <strong>der</strong> Kirchen ganz,<br />

das Interim wird in ihr gar nicht erwähnt, nur einmal sehen wir, daß<br />

sie das Interim voraussetzt.^)<br />

Der Zweck <strong>der</strong> Ordnung <strong>der</strong> Kirchen wird<br />

in dem ersten Artikel ausgesprochen; man will festsetzen, was „als Evangelium<br />

Jesu Christi lauter und rein,<br />

soll".<br />

wie zuvor allezeit, hinfort gepredigel werden<br />

Dies zeigt uns deutlich, daß die Ordnung <strong>der</strong> Kirchen lein Bedenken<br />

ist. Wir haben also in <strong>der</strong> Ordnung <strong>der</strong> Kirchen die Beschlüsse <strong>der</strong><br />

pommerschen Geistlichen vom Jahre 1548 vor uns, an<strong>der</strong>s dürfen wir<br />

Runges Worte kaec 65t. summa, «lelikoratiouuin tksoloßicaruin nicht er><br />

klären. Bestätigt wird diese Annahme noch durch ein an<strong>der</strong>es Moment.<br />

Wir wissen schon aus dem Vorhergehenden, womit sich nach dem Vorschlage<br />

des Bischofs die Synode beschäftigen sollte. Die Ordnung <strong>der</strong> Kirchen hält<br />

dies Programm tatsächlich inne.<br />

Der Verlauf <strong>der</strong> Ereignisse war also folgen<strong>der</strong>: Im August des<br />

Jahres 1548 traten in Stettin die pommerschcn Geistlichen zu <strong>der</strong> Beratung<br />

zusammen.<br />

Da sie sich gegen das Interim erklärten, waren sie gezwungen,<br />

in einem eingehenden Gutachtcu diese Stcllunguahme<br />

zu begründen, uud<br />

beauftragten mit dieser Arbeit die bedeutendsten und angesehensten Theologen.<br />

Damit dies Bedenken aber als Meiuuugsäußerung <strong>der</strong> gesamten pommerschen<br />

Kirche gelten könnte, wohl auch um eine neue Zusammenkunft zu sparen —<br />

wozu vor dem Landtage schwerlich Zeit war — wurden die Richtlinien sogleich<br />

festgestellt. Diese „kurze pommerschc Kirchenordnung" verrät den<br />

Anlaß ihrer Entstehung, das darf man bei ihrer Beurteilung nie vergessen.<br />

Gegenüber den Kleinigkeiten, die als Nachgiebigkeit gegen das Interini<br />

gedeutet werden könnten/)<br />

muß man daran festhalten, daß <strong>der</strong> Kern <strong>der</strong><br />

evangelischen Lehre bewahrt blieb. Auf Grund <strong>der</strong> Orduuug <strong>der</strong> Kircheu<br />

arbetteteu nun verschiedene Geistliche Bedenken aus; wir besitzen in Pommern<br />

<strong>der</strong>en drei.<br />

Alle diese Bedeuten sind vor dem 3. September verfaßt; wir<br />

finden sie erwähnt in einem Verzeichnis, das während des Landtages aufgestellt<br />

ist/)<br />

Als erstes wird das von Mohnite in Stralsund aufgefundene<br />

Bedenken erwähnt, in <strong>der</strong> Reinschrift als ..<strong>der</strong> Gripswoldischen und<br />

') Vergl. hierzu Beilage III.<br />

2) Artikel 6 <strong>der</strong> Ordnung <strong>der</strong> Kirchen.<br />

") Über die Zeremonien wird z. B. in einem Bedeuten gesagt: es solle dasjenige,<br />

was im Interim gut sei und nicht wi<strong>der</strong> die Schrifft und was auch<br />

in unser Landt oroinantz begriffen und bisher uuivsi salite!' noch nicht gehalten,<br />

ins Werck gebracht werden.<br />

") Das Verzeichnis zählt alle Schriften auf, die die Gesandten mit an den<br />

taisertichen Hof nehmen sollten. St. A. Tit. '^ Nr. 20, l'^!. 6 f.


Pommern und das Interim. 19<br />

Wolgastischen orls Theologen bcdencken des Interims halben" bezeichnet.^)<br />

Von den pommerschen Bedcllkeu ist dies das ausführlichste. Es folgt dann<br />

„<strong>der</strong> Auszug, so duppclt, nemblich eins nach <strong>der</strong> lcnge und eins zum kürzesten<br />

dnrch unsere samfttliche Theologen ans dem Interim gemacht, darin die<br />

artickel so erelerung bcdcrffen, verleibet".^ Diese Angabe charakterisiert die<br />

beiden Schriften ungefähr. Selbständige Bedeutung neben dem ersten<br />

Bedenken besitzen sie nicht. Sie sind wohl zu dem Zwecke verfaßt, Laien<br />

schnell über die Hauptmängel des Interims zu orientieren. Den Beschluß<br />

macht „das bcdcncken, so E. l. und unsere Thcologii voll wegen einer christlichen<br />

Reformation in nnscrn Landen anzurichten gcfassct".^) Man beachte, daß<br />

es in dem Verzeichnis immer heißt, sämpllichc pommcrschcu Theologen hätten<br />

diese Schriften verfaßt/) Man konnte so sagen, da alle Bedenken nur eine<br />

weitere Ausführung <strong>der</strong> oou den pommcrschcn Geistlichen verfaßten Ordnung<br />

<strong>der</strong> Kirchen sind.b)<br />

Am H. September begann in Stettin <strong>der</strong> Landtag.") Die Herzoge<br />

ließen den Ständen berichten, was sie in den Verhandlungen mit dem Kaiser<br />

erreicht Hütten, uuo batcu um ihren Rat. Gleich iu <strong>der</strong> ersten Beratung<br />

wurde es deu städtischen Gesandten klar, iu welcher schwierigen Lage<br />

Pommern sich befand. Mall sprach über das Interim und war sich darüber<br />

durchaus ciuig, daß man die reine evangelische Lehre aufgäbe, wenn mall<br />

1) Tem Umstände, daß die Bedenken nach dem Landtage als Ergänzung <strong>der</strong><br />

Instruktion den Gesandten mit all den kaiserlichen Hof gegeben wurden, ist es wohl<br />

zuzuschreiben, daß sie bis jetzt noch nicht bekannt waren. Sie sind nämlich unter die<br />

Neichshandlungcn eingeordnet. „Ter Gripswoldischrn und Wolgastischen orts<br />

Theologen bedencken des Interims halben" findet sich St. A. Tit. 2 Nr. 20, lol. 52<br />

bis 71. Das Konzept des Bedenkens ist ans Mohnikes Nachlaß herausgegeben in<br />

Il 1 gens Zeitschrift f. d. hist. Theol. N. F. 7. Leipzig 1843. 4. Heft S. 36 ff. (Die<br />

Kenntnis dieses Druckes verdanke ich <strong>der</strong> gütigen Mitteilung des Herrn Dl». Bahlow.)<br />

2) So heißt es in dem Verzeichnis. Das größere von beiden Schriftstücken<br />

ist in <strong>der</strong> Reinschrift „Veandtwurtung aufs das Interim" betitelt: es findet sich<br />

St. A. Tit. 2 Nr. 20, fol. 73-80, das kleinere ebenda sol. 82 f.<br />

2) St. A. a. 2.0., lol. 80-91. dort betitelt „von einer christlichen Reformation".<br />

*) Auch das Bedenken <strong>der</strong> Grelfswal<strong>der</strong> Theologen heißt dort: E. L. und<br />

unserer Theologen bedencken.<br />

°) Der letzte Teil <strong>der</strong> Ordnung <strong>der</strong> Kirchen wird in dem Bedenken <strong>der</strong><br />

Greifswal<strong>der</strong> Theologen nur kurz behandelt, ausführlicher dagegen in <strong>der</strong> Schrift<br />

„von einer christlichen Reformatwn".<br />

") Die folgende Darstellung beruht in <strong>der</strong> Hauptsache auf dem Protokoll <strong>der</strong><br />

herzoglichen Kanzlei (W. A. Tit. 39 Nr. 8) und dem Landtagsprotokoll <strong>der</strong> Stadt<br />

Stettin (Depos. d. Stadt Stettin Tit. 3 Nr. 12). Dies letztere ist wichtig, weil es<br />

auch über die Beratung <strong>der</strong> Städte berichtet. Gadebusch veröffentlicht in den<br />

Sammlungen (II., S. 90-97) einen Auszug, er scheint ebenfalls beide Protokolle<br />

benutzt zu haben.<br />

2*


20 Pommern und das Interim.<br />

es annähme. Aber was sollte man tun? Einige gaben <strong>der</strong> Ansicht Ausdruck,<br />

man solle lieber Gut und Blut für das Evangelium lassen; an<strong>der</strong>e verwiesen<br />

darauf, daß die oberdeutschen Städte das Interim auch angenommen<br />

hätten. Cramer berichtet,^) Stettin und Stargard wären „gcrad außgegangen,<br />

und hätten puro dahin geschlossen, daß mau keines weges das<br />

Interim annehmen sollte"; <strong>Greifswald</strong> und Stralsund dagegen hätten<br />

zur Nachgiebigkeit geraten. Von einem tiefergehenden Gegensatze zwischen<br />

den Städten kann aber nicht geredet werdend) Die endgiltige Entscheidung<br />

<strong>der</strong> Städte wurde in dieser Beratung noch nicht ausgesprochen. Sodann<br />

haben sich auch die Stettiner trotz <strong>der</strong> Aeteurung, Gut und Blut für das<br />

Evangelium lassen zu wollen, nicht für einen Krieg gegen den Kaiser erklärt.<br />

Es wird vielmehr darauf hingewiesen, daß die Prädikanteu sich auch gegen<br />

den Krieg erklärt hätteu.") Diese Stelle ist in dem Stettiner Protokoll<br />

mit <strong>der</strong> Randbemerkung optine versehen. Die Städte waren also gegen<br />

die Annahme des Interims, aber auch gegen deu Krieg. In Übereinstimmung<br />

mit den beiden an<strong>der</strong>n Ständen baten sie in <strong>der</strong> Antwort die<br />

Herzoge, ihnen ihre Ansicht mitzuteilen und iu <strong>der</strong> Neligionssache das Gutachten<br />

<strong>der</strong> Theologen einzuholen. Die Bedcukeu <strong>der</strong> Geistlichen ließeu die<br />

Herzoge deu Ständen schon am nächsten Tage zustellen, ihre Ansicht aber<br />

auszusprechen, weigerten sie sich. Der Grund für ihr Verhalten war leicht<br />

zu finden: es war die Furcht vor dem Kaiser. Dieser erfuhr alles, was<br />

in Pommern vorging; die Herzoge mußten mit ihren Äußerungen also sehr<br />

vorsichtig sein. Wir sehen aber daraus, wie wenig die Herzoge für die<br />

Annahme des Interims waren. Es vergingen mehrere Tage, ohne daß die<br />

Verhandlungen von <strong>der</strong> Stelle rückten, weil keiner seine Meinung sagen<br />

wollte. Schließlich richteten am 6. September die Stände all die Herzoge<br />

die Frage, ob sie bei ihrer Erklärung, in ihrem Lande solle Gottes Wort<br />

lauter und rein gepredigt werdeu, auch jetzt verbleibeu wollten o<strong>der</strong> nicht.<br />

Von den Stünden so gedrängt, gaben die Herzoge am 7. September die<br />

gewünschte Erklärung ab. Jedoch bevor diese Schrift verlesen wurde, mußte<br />

<strong>der</strong> Bischof Bartholomäus Suave den Stauden ausdrücklich einschärfen,<br />

daß sie verpflichtet seien, alles geheim zu halten. Die Schrift wurde sodann<br />

einmal verlesen, worauf <strong>der</strong> Bischof sie sofort wie<strong>der</strong> in Verwahrung<br />

nahm. Erst auf die Bitte <strong>der</strong> Städte hiu ließ man sie noch einmal vorlesen.<br />

Die Herzoge erklärten darin, in allem Weltlichen dem Kaiser<br />

Gehorsam leisten zu wollen. Was sie aber in <strong>der</strong> Religionsfrage zu tun<br />

gedächten, wurde noch nicht ganz klar ausgesprochen. Wie die Geistlichen,<br />

so hielten auch sie es für das Beste, alles im Interim anzunehmen, was<br />

') Cramer a. a. O., Buch III S. 126.<br />

') Vergl. Beilage IV.<br />

') Dies Gutachten findet sich St. A. Tit. 3 Nr. 12, sol. 1V4-1W.


Pommern und das Interim. 21<br />

<strong>der</strong> augsburgischen Konfession entspräche, und den Kaiser zu bitten, mit den<br />

an<strong>der</strong>n Artikeln sie zu verschonen.<br />

Sie verhehlten freilich den Ständen<br />

nicht, daß dieser Weg nicht ohne Gefahr sei, man könnte den Kaiser durch<br />

diese Antwort erzürnen. Die Stände verstanden diese Erklärung dahin,<br />

die Herzoge wollten dem Kaiser nur in weltlichen Dingen gehorchen.<br />

Dies<br />

berichtigten die Herzoge sofort, damit sie nicht beim Kaiser verdächtigt<br />

werden könnten, „als woltcn Ire<br />

f. g. dem Ienigen, was von tey. Mt.<br />

uud deu stcnden des reichs beschlossen, son<strong>der</strong>lich in Neligiou fachen, nit<br />

annehmen o<strong>der</strong> gehorsamen".<br />

schlechtweg ablehnen.<br />

Die Herzoge wollten also das Interim nicht<br />

Sie fragten vielmehr ihre Stände, ob sie auch bei<br />

ihnen Gehorsam finden würden, wenn sie das Interim annähmen. Die<br />

Prälaten und Nitter auwortetcn bejahend.<br />

Die Städte aber erklärten, sie<br />

könnten uud wollten nicht ohne Rücksprache mit den Ihren beschließen.<br />

dem Ausschreiben zum Landtage hatten die Herzoge freilich nicht gesagt,<br />

was auf dem Landtage verhandelt werden sollte.<br />

In<br />

Um aber gerade das<br />

Annehmen <strong>der</strong> Beschlüsse auf „Hin<strong>der</strong>sichbringen" zu verhüten, war dem<br />

Rate je<strong>der</strong> Stadt unter <strong>der</strong> Hand mitgeteilt, daß in <strong>der</strong> Religionssache zu<br />

beschließen sci.^)<br />

Wenn die städtischen Gesandten ungenügende Vollmacht<br />

vorschützten, so geschah das wohl nur, weil sie mit <strong>der</strong> Antwort <strong>der</strong> Prälaten<br />

und Ritter nicht übereinstimmten. Die Herzoge und die Städte waren<br />

gegen die Annahme des Interims, so berichtet auch <strong>der</strong> Pfarrer von<br />

Arnswalde an seinen Herrn, Markgrafen Johann von Küstrin.^) Nach diesem<br />

Bericht scheint es auf dem Landtage ziemlich stürmisch hergegangen zu sein.<br />

Ein großer Teil <strong>der</strong> Ritter hat den Landtag verlassen.<br />

sogar<br />

Die Herzoge haben<br />

einige vom Adel zurückholen lassen, um zu verhin<strong>der</strong>n, daß die<br />

Beratuugen resultatlos verlieseu.<br />

Iuterim daran schuld sind, läßt sich nicht feststellen.<br />

Wie weit aber die Beratungen über das<br />

Es ist möglich, daß<br />

die Bewilligung <strong>der</strong> Steuern uud die Verhandlungen darüber <strong>der</strong> Anlaß<br />

für die Ritter war, nach Hause zu reiten. Iuteressant ist dieser Brief<br />

des Arnswal<strong>der</strong> Pfarrers noch durch eine an<strong>der</strong>e Tatsache.<br />

Wir erfahren<br />

aus ihm, daß <strong>der</strong> Pfarrer im Auftrage des Markgrafeu diese Erkundigungen<br />

in Stargard eingezogen hatte.<br />

Was für ein Interesse hatte aber Markgraf<br />

Johann an den pommerschen Landtagsverhandlungen?<br />

Beim Kaiser war<br />

<strong>der</strong> Markgraf in Ungnade gefallen; gegen Pommern konnte er dies also<br />

nicht ausnützen wollen. Ihm mußte vielmehr jetzt daran liegen, daß<br />

Pommern sich auch gegen das Interim erklärte, denn dann hatte er einen<br />

Bundesgenossen, falls <strong>der</strong> Kaiser gegen ihn vorgehen sollte. Markgraf<br />

Johann hatte in <strong>der</strong> Tat<br />

einen Gesandten nach Pommern geschickt, <strong>der</strong><br />

') So hatten die Räte am 27. und 28. Juli in Stettin beschlossen.<br />

2) Schreiben vom Midwoch nach Nativitatis Mariae (12. Sept.). Berlin<br />

Geh. Staatsarchiv Prov. Brand. Reg. 4, Neumärt. Reg. 1.1, kol. 4.


22 Pommern und das Inte: in«.<br />

am 10. September in Stettin eintraf. Angeblich sollte dieser mit dem<br />

Herzogen über die Regelung einiger Grenzstrcitigkciten verhandeln.<br />

Daneben<br />

hatte <strong>der</strong> Gesandte anch den Auftrag, den Herzogen ein Bündnis gegen den<br />

Kaiser anzubieten.') Bereits im August hatte Markgraf Johann nut<br />

Moritz von Sachsen verhandelt.^ Der Knrfürst war bei <strong>der</strong> Zusammenkunft<br />

auf seine Pläne eingegangen; gemeinsam wollten beide einen Wi<strong>der</strong>stand<br />

gegen den Kaiser organisieren.<br />

auch bei Pommern um Veitritt zn diesem Bnndc warb.<br />

Es liegt da ans <strong>der</strong> Hand, daß man<br />

Einen günstigeren<br />

Zeitpunkt wie diesen gab es dazn nicht. Pommerns Stellnng war noch<br />

nicht entschieden.<br />

Anch konnten die Herzoge jetzt gleich mit ihren Ständen<br />

über den Antrag des Markgrafen verhandeln; es konnte so jedes Auf'<br />

sehen vermieden und im Falle <strong>der</strong> Ablehnung das Allerbieten Johanns<br />

geheim gehalten werden. Die Herzoge waren nicht abgeneigt, ans<br />

des Markgrafen Pläne einzngehen, es erschien ihnen dies wohl als <strong>der</strong><br />

beste Weg, sich dem Drucke Karls V. zu eutziehen, indem sie zusammen<br />

mit an<strong>der</strong>n nie<strong>der</strong>deutschen Staaten ihm offen entgegentraten. Aber wie<br />

vor Ausbruch des schmalkaldischen Krieges, so lähmten auch jetzt wie<strong>der</strong><br />

die Ställde jede tatkräftige Politik, einmütig rieten sic dell Herzogen von<br />

einem Bündnis mit Markgraf Johann ab.<br />

Wir dürfen freilich uicht vergessen,<br />

daß Markgraf Johann bei den Pommern in keinem gnten Andenken<br />

stand, hatte er doch im vorigen Jahre versucht. Pommern nntcr seine<br />

Herrschaft zu bringen, und die Plackereien, die die pommcrschen Kanflente<br />

von ihm ertragen mußten, wareu auch nicht geeignet, dell Standen<br />

Zutrauen zu ihm cinznflößen.<br />

Mit seinem Verbündeten, Knrfürst Moritz,<br />

stand es nicht besser, man konnte es nicht vergessen, daß dieser die Nie<strong>der</strong>lage<br />

des Kurfürsten von Sachsen verschuldet hatte. Wer bürgte dafür,<br />

daß die beiden Fürsten es ehrlich meinten nnd nicht bei einem nnglncklichcn<br />

Verlauf des Krieges zu dcu Fciuden übergingen? Darf man es den<br />

Ständen verargen, wenn sie Bedenken trugen, sich zwel Fürsten anzuschließen,<br />

die gerade in dem letzten Kriege bewiesen hatten, daß ihnen <strong>der</strong> persönliche<br />

Vorteil höher stand wie die Rcllgion? Es kam anch wohl den Ständen<br />

darauf an, einen Krieg zu vermeiden; sie erklärten deshalb, sich den Ae:<br />

dingungen des Kaisers uuterwcrsen zu wollen.<br />

faßte man noch keinen festen Beschluß,<br />

Nur iu betreff des Interims<br />

die Stände sprachen sich vielmehr<br />

dahin aus, zuuächst einmal abwarten zn wollen, ob <strong>der</strong> Kaiser ihnen darin<br />

nicht entgegenkommen werde. Man hoffte, Karl V. werde Pommern die<br />

Annahme des Interims erlassen, weil die pommersche Kirchenordnnng dem<br />

Interim ziemlich ähnlich sei. Die Herzoge waren anch bereit, für dies<br />

') Vergl. Beilage V.<br />

') Vergl. S. Ißleib, das Interim in Sachsen, N. A. f. sachs. Geschickte u.<br />

Altertumskunde XV., S. 2M.


Pommern und das Interim. 33<br />

Zugeständnis dem Kaiser 40000 Gulden zu verehrend) Mit Bestimmtheit<br />

erwartete man aber wohl, <strong>der</strong> Kaiser werde wenigstens in <strong>der</strong> Nechtfertiguugs-<br />

und Abendmahlslehre zn Zugeständnissen bereit sein.^)<br />

Man war also gezwungen, aufs neue mit dem Kaiser zu verhandeln.<br />

Ani 15. Oktober reisten Herzog Barnims Kanzler, Dr. Johann Falck, und<br />

Johann von Usedom von Stettin nach Brüssel ab.^) Die Abreise <strong>der</strong><br />

Gesandten sollte ursprünglich am 29. September von Stolp aus stattfinden;<br />

sie verzögerte sich aber, weil Dr. Falcks Frau und Kin<strong>der</strong> kurz<br />

vor dem Tage erkrankten. Auch hatte Herzog Barnim große Lust, die Sache<br />

hinauszuschieben, weil die Wittenberger Theologen gemeint hätten, „man<br />

wüste nicht, was Got <strong>der</strong> almechtig hirin noch für ein mittet geben muchte"/)<br />

Jede weitere Verzögcruug hätte aber nur schaden können. Je weniger<br />

Eile man zeigte, sich mit dem Kaiser zn versöhnen, um so geringeres Entgegenkommen<br />

durfte man bei diesem erwarten. Darum drang Herzog<br />

Philipp mit Recht darauf, die Abreise <strong>der</strong> Gesandten möglichst zu beschleunigend)<br />

Auf ihrer Neise suchten die Gesandten Herzog Barnims<br />

Schwiegersohn, Graf Otto von Schaueuburg, in Detmold auf, darauf<br />

trafen sie mit dessen Bru<strong>der</strong>, dem Erzbischof von Cölu, iu Arnsberg zusammen.")<br />

Sie baten beide Fürsten um Unterstützung. Der Erzbischof<br />

von Cöln war auch nicht abgeneigt, sich für die Herzoge zu verwenden.<br />

Er machte aber den Gesandten wcnig Hoffnung, daß sie in <strong>der</strong> Neligionssache<br />

ihre Absicht erreichen würden. Der Kaiser hätte gerade zum Erzbischof<br />

') Schreiben Herzog Barnims an Herzog Philipp, dat. Colbatz, Freitag nach<br />

Matthei apostoli (28. Sept.). St.A. Ttt. '2 aä Nr. 22' toi. 7. In <strong>der</strong> Instruktion<br />

(ebenda toi. 30-46) fehlt dies.<br />

') Bestimmte Bedingungen, an die die Annahme des Interims geknüpft<br />

sein sollte, fehlen in <strong>der</strong> Instruktion, es heißt dort ganz allgemein, die Gesandten<br />

sollten Deklaration und Intervretation einzelner Artikel des Interims for<strong>der</strong>n.<br />

") Nur diese beiden Räte sind nach Brüssel geschickt worden und haben zusammen<br />

mit Heinrich Normann die Verhandlungen bis zum Schluß geführt ^gegen<br />

Barthold, Geschichte von Rügen und Pommevn IV, 2 S. 336 und v. S t o j r n t i n,<br />

a. a. O. S. 165f.>. Über die Tätigkeit <strong>der</strong> Gesandten gibt ein Bericht des Johann<br />

von Usedom näheren Aufschluß. Der Bericht ist 48 Folioblätter stark und findet<br />

sich in <strong>der</strong> Sastrowhlmdschrift des Kgl. Lommerschen Provinzmllandschaftsdirettoriums<br />

zu Stettin luergl. Mohnike, Einleitung zum Sastrow l, OXIV und II. IVf.<br />

Konzepte zu diesem Bericht finden sich St.A. Tit. 2 26 Nr. 22^<br />

') Schreiben Herzog Barnims an Herzog Philipp, dat. Colbatz, Eontags nach<br />

Michaelis (80. Sept.), St.A. Tit. 2 aä Nr. 2)' lol.-5-6.<br />

b» Schreiben Herzog Philipps an Herzog Barnim, dat. Wolgast, Dienstag<br />

nach Michaelis (2. Okt.). Bohlen 54.<br />

"< Schreiben <strong>der</strong> Räte an die Herzoge, dat. Arnsberg, Montags nach omnium<br />

«anctorum (5. Nov.). St. A. Tit. 2 aä Nr. 22' toi. 105 f.


24 Pommern und das Interim.<br />

geäußert, die Annahme des Interims werde die Grundlage sem, auf <strong>der</strong><br />

man über etwaige Mil<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n Vedingnngen verhandeln könne.<br />

Das war für die Gesandten keine erfreuliche Nachricht. In nicht geringe<br />

Besorgnis wurde Johann von Usedom, <strong>der</strong> Gesandte Herzog Philipps,<br />

auch noch durch eine an<strong>der</strong>e Knnde versetzt. Die kaiserlichen Räte wollten<br />

Herzog Philipp isolieren und hatten darum dem Grafen Otto gesagt, Herzog<br />

Barnim werde nur bestraft, weil er zu Herzog Philipp halte. Dies erzählte<br />

Graf Otto den Gesandten, und Johann von Usedom fürchtete nnn,<br />

Dr. Falck könne dies seinem Herrn mitteilen. Herzog Barnim scheint<br />

aber nichts davon erfahren zu haben, es hätte sonst doch wohl geschehen<br />

können, daß er mit dem Kaiser allein Frieden geschlossen hättet)<br />

Die pommerschen Gesandten waren kaum am 18. November in<br />

Brüssel angekommen, da begannen auch schon die Äemühungeu <strong>der</strong> kaiserlichen<br />

Räte, die Gesandten einzuschüchtern. Man wnhtc bereits am kaiserlichen<br />

Hofe, daß <strong>der</strong> Landtag sich gegen einen Krieg erklärt hatte. Das<br />

kam dem Bischof von Arras sehr gelegen. Er lien die Gesandten wissen,<br />

daß die Feinde Pommerns sich erboten hätten, die Strafsumme an Stelle<br />

<strong>der</strong> Herzoge zu erlegeu, weun ihnen die Exekution gegeu Pommern übertragen<br />

würde. Er habe nur mit Mühe verhin<strong>der</strong>t, daß <strong>der</strong> Kaiser auf<br />

diejeu Plan eingegangen sei. Die Gesandten sollten nicht lange disputieren,<br />

son<strong>der</strong>n demütig gegen den Kaiser sein, damit dieser nicht seine Absicht<br />

ausführe. Gauz unbegründet war die Warnung des Bischofs freilich uicht.<br />

denn es gab wirklich einen Fürsten, <strong>der</strong> gern die Exekution gegen Pommern<br />

übernommen hätte. Der Kurfürst von Brandenburg, Joachim II., hoffte<br />

bei dieser Gelegenheit nicht allein die Neumark, son<strong>der</strong>n auch Pommern zu<br />

erwerbend) Hatte <strong>der</strong> Kaiser anch kaum die Absicht, Pommern Joachim II.<br />

zu überlassen, so war es doch immer ein gutes Mittel, auf die Gesandten<br />

einen Druck auszuüben. Und das hat <strong>der</strong> Bischof von Arras auch erreicht.<br />

l) Dies wäre freilich gegen den Teilungsvertrag von 1532 (Wehr mann,<br />

a. a. O. II S. 32) gewesen, da in diesem bestimmt war, daß die Staatseinhcit bestehen<br />

bleiben sollte. Man hielt es alier für möglich, daß Herzog Barnim um des<br />

Vorteils willen diesen Schritt tun könnte. Johann von Usedom bittet deshalb Jakob<br />

Zitzewitz und Valthaser vom Wolde, ans Herzog Barnim acht zu hnlien lSchreiben<br />

aus Arnsberg vom 5. Nov. St.A. a. a. O. WI. W7--I12I. Daß dies Mißtrauen<br />

gegen Herzog Barnim nicht ungerechtfertigt war, ersehen wir aus einem späteren<br />

Schreiben desselben, worin er seinem Neffen vorhält, daß er an diesem Unglück schuld<br />

sei ISt.A. Tit. 2 Nr. 17 tol. 192>.<br />

^) Vergl. H. Kiewning, Herzog Albrechts von Preußen und Markgraf<br />

Johanns von Brandenburg Anteil am Fürstenbund gegen Karl V. Mprenßische<br />

Monatsschrift Bd. 26 S. 326. Joachims Absicht auf Pommern ergibt sich aus<br />

einem Schreiben an den Kaiser, Druf f el. Briefe und Alten zur Geschichte des<br />

16. Jahrhun<strong>der</strong>ts. Nr. 295. Es ist doch wohl fraglich, ob Joachim II. im Anf.mge<br />

des Jahres 1547 beim Kaiser für Pommern gesprochen hat. Nach Sastrow


Pommern und das Interim. 25<br />

Gleich in <strong>der</strong> ersten Eingabe, die die Gesandten am 28. November dem<br />

Bischof von Arras übergaben, bewilligten sie das, was ihnen in <strong>der</strong><br />

Instruktion als letzte Möglichkeit bezeichnet war.^) Sie wagten es gar<br />

nicht, den Kaiser zu bitten,<br />

Interims erlassen.<br />

er möge den Herzogen die Annahme des<br />

Soviel halten sie schon aus dem Schicksal <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n<br />

Reichsstädte gelernt, daß diese Vitte ihnen nur schaden könne.<br />

Sie machen<br />

uur darauf aufmerksam, daß die Herzoge einige Artikel im Interim nicht<br />

verständen, zumal auch die Verfasser des Buches sich über <strong>der</strong>en Deutung<br />

stritten.<br />

Sollte in <strong>der</strong> Kapitulation unter <strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>ten Annahme <strong>der</strong><br />

Reichstagsbeschlüsse die des Interims<br />

die Herzoge bereit<br />

Stellen interpretiert waren.<br />

diesem Zugeständnis bereit.<br />

ans die Antwort warten.<br />

mit gemeint sein, so würden auch<br />

sein, es durchzuführen, sobald ihnen diese unklaren<br />

Der Kaiser war aber auch nicht einmal zu<br />

Zunächst lieh man die Gesandten einige Tage<br />

Am 10. Dezember eröffnete dann <strong>der</strong> Bischof,<br />

von Arras den pommerschcu Räten, er habe ans ihrem Schreiben erscheu<br />

daß die Herzoge sich immer noch ans ihre Unschuld beriefen und nicht gewillt<br />

seien, auf die Bedingungen des Kaisers einzugehen. Er sähe keine<br />

Möglichkeit, die Verhandlungen noch fortzusetzen; es werde dem Kaiser<br />

nichts übrig bleiben, als die Herzoge zu zitieren und auf<br />

gerichtlichem<br />

Wege die Sache zu Ende zu bringen. Dahin wollten es die Gesandten<br />

aber nicht kommen lassen und suchten einzulenken.<br />

Als man am folgendem<br />

Tage mündlich eingehen<strong>der</strong> verhandelte, kam es eigentlich nur wegen eines<br />

Punktes zu längereu Auseinan<strong>der</strong>setzungen.^) Kritisiert wurde ja auch an<br />

den an<strong>der</strong>n Vorschlägen reichlich;<br />

an, daß sich hierüber<br />

die kaiserlichen Räte deuteten aber doch<br />

verhandeln ließe, sobald die Herzoge das Interim<br />

angenommen hätten. In diesem Punkt wollten sie aber gar keine Zugeständnisse<br />

machen.<br />

Die Gesandten hatten um die Interpretation einiger<br />

la.a. O. II S. 18ff.^ scheint es nicht <strong>der</strong> Fall gewesen zu sein. Diesem wi<strong>der</strong>spricht<br />

freilich <strong>der</strong> Brief des Markgrafen Johann an seinen Bru<strong>der</strong> (Schriften d. Ver. f.<br />

Gesch. d. Neumark XI, 123 f.). Woher wußte aber Markgraf Johann, daß sein<br />

Bru<strong>der</strong> Pommern beim Kaiser verteidigte? Wäre es nicht möglich, daß Joachim<br />

falsches Spiel trieb und seines Bru<strong>der</strong>s Plan entgegenwirkte, um Pommern für<br />

sich aNein zu erwerben? Die kaiserlichen Rate haben zu Sastrow stets von<br />

mehreren gesprochen, die Pommern zu erwerben trachteten.<br />

') Die Instruktion <strong>der</strong> Gesandten findet sich St. A. Tit. 2 a6 Nr. 22'<br />

sol. 54-71, die Eingabe St.A. Tit. 2 Nr. 20 kl. 203-214. In dem Bericht über<br />

die Tätigkeit <strong>der</strong> Gesandten heißt es: Diese obgesatzte Schrifft Igemeint ist die Eingabe^<br />

haben wir in etzlichen Punkten aus den Ursachen daß wir <strong>der</strong> Sachen Gelegenheit<br />

alhie so befanden auch an<strong>der</strong>er Fürsten und Stende Exempel für uns<br />

gehapt, also richten müssen, daß sie nicht Ursache geben den Handel gahr abzuschneiden,<br />

und etwas beschwerlichs wie<strong>der</strong> unsere g. Herrn zu dcccrnicren.<br />

") Siehe Beilage VI. Vergl. V. v. Gickstet, vita Philippi I hrsg. von<br />

I. h. Balthasar, Greisswald. 1728. Seite 140f.


^i')<br />

Pommern und das Interim.<br />

Artikel gebeten. Das wurde ihnen abgeschlagen. Der Vischof voll Arras<br />

ließ keine Gründe gelten, hielt den Gesandten vielmehr vor, daß <strong>der</strong> Kaiser<br />

an den Neichstagsbeschluß gebunden sei wie alle an<strong>der</strong>n Stände, er könne<br />

daran nichts än<strong>der</strong>n. Als nun das nicht zu erhalten war, was die Gesandten<br />

nach ihrer Instruktion bewilligen durften, baten sie, die Verhandlungen<br />

zu vertagen, damit sie die Herzoge benachrichtigen und <strong>der</strong>en<br />

Befehl abwarten könnten. Auch dazu woNte man sich nicht verstehen. Man<br />

wollte die Gesandten eiuschüchtern und zur Aunahme des Interims drängen.<br />

Diese Absicht zeigt sich deutlich in <strong>der</strong> uächsteu Verhandluug am 14. Dezember.<br />

Ter Vischof von Arras drang in die Gesandten, das Interim anzunehmen.<br />

Die Herzoge sollten sich ja nur für ihre Person ihm unterwerfen, mit <strong>der</strong><br />

Durchführung werde man ihnen Zeit lassen. Erst als er sah, daß die<br />

Gesandten hierauf uicht eingehe» konuteu, gewährte cr ihuen die erbetene<br />

Frist. Sofort reiste nun Heinrich Normann am 16. Dezember nach Hause,<br />

um den Herzogen Bericht zu erstatten.<br />

Sogleich nach Heinrich Normanns Ankunft schrieben die Herzoge aus<br />

den 11. Februar einen Landtag aus/) da sie in <strong>der</strong> Neligionsfrage an die<br />

Entscheidung <strong>der</strong> Stände gebunden waren. Freilich geschah dies wohl<br />

mehr, um <strong>der</strong> Form zu genügen. Die herzoglichen Räte nahmen es<br />

wenigstens als sicher an, daß die Stände <strong>der</strong> Annahme des Interims zustimmen<br />

würden, und erwogen schon vor dem Zusammentreten des Landtages<br />

hauptsächlich die Frage, wie man das Interim durchführen könntet)<br />

Soviel wie möglich wollte man natürlich die bestehenden Einrichtungen<br />

schonen. Am 30. Januar fand in Stolp eine Beratung <strong>der</strong> herzoglichen<br />

') Ausschreiben <strong>der</strong> Herzoge, dat. Alten-Stettin, Mittwochs post ottava<br />

Ephiphaniae (16. Jan.) Dep. d. Stadt Stettin Tit. 111 Nr. 12 WI. 168.<br />

2) Bei <strong>der</strong> Beratung <strong>der</strong> herzoglichen Räte zu Ückermünde am 14. Jan.<br />

Montag post ottava regumj wurde beschlossen: „Gegen Wittenberg sollt Magister<br />

Dionisius geschickt werden mit Magister Phitippo und Doctore pomerano dissc jache<br />

zuberatschlagen und erkunden, welcher gestalt die uergleichung zwischen dem Vissopff<br />

zur Nauvemborg und den Theologis zu witten berge, darvon man sagt, geschehen."<br />

ISl.A. Tit. 2


Pommern und das Interim. -^7<br />

Näte mit den bedeutendsten Theologen des Landes slatti) Was dort verhandelt<br />

und beschlossen ist, wissen wir nicht. Fortgesetzt wurde diese Beratung<br />

am 9. Februar in Stettins) Sicherlich haben die Räte von den<br />

Theologen gefor<strong>der</strong>t, sie sollten das Interim ohne jede Än<strong>der</strong>ung annehmen.<br />

Hat es nun Theologen gegeben, die dazu bereit waren? Wenn wir Fredcrs<br />

Behauptung, Knipstro sei etwas zu nachgiebig gewesen, Glauben schenken<br />

dürfen, dann hat dieser iu <strong>der</strong> Tat für die Annahme des Interims gesprochen^)<br />

Wi<strong>der</strong>legt hat auch Knipstro diesen Porwurf nicht ganz, er spricht<br />

bei seiner Verteidigung hauptsächlich vom Jahre 1548. Nehmen wir freilich<br />

an, daß die Theologen sich noch am 9. Februar gegen die Annahme des<br />

Interims erklärt hätten, dauu kann mau schwer von einer Uneiuigkcit unter<br />

ihnen redeu, dann könnte auch Knipstro nicht crustlich für die Auuahme<br />

des Interims eingetreten stm/) Der Verlauf <strong>der</strong> Ereignisse scheint aber<br />

ein an<strong>der</strong>er gewesen zu sein. Am 10. Februar berieten die Herzoge mit<br />

ihren Räten darüber, was zu tuu sei.") Während die Näte sich gegen die<br />

') In dem letztgenannten Protokoll werden Jakob Zitzewitz, Niclas von Kemptzen<br />

und Heinrich Normann, sowie O. Johann Knipstro, Johann Frroer nnd <strong>der</strong> Hofprediner<br />

Herzog Philipps, Dionysius Gerson, dazu bestimmt, an <strong>der</strong> Stolper Beratung<br />

teilzunehmen. Dies sind die Beauftragten Herzog Philipps. Auch Herzog<br />

Barnim wird seine Näte und Theologen dorthin geschickt haben, die Wahl des Ortes<br />

läßt darauf schließen. Berckmann ISttalsundische Chroniken, hrsg. v. Mohnike<br />

und Zober, I. Teil, Slralsuno. 1833!, <strong>der</strong> sonst über diese Zeit gut unterrichtet ist,<br />

weiß nichts von dieser Beratung. Laß sie stattgefundenhat, ersieht man aus einem<br />

Schreiben Herzog Philipps an den Rat <strong>der</strong> Stadt Stralsund, dat. Wolgast am tage<br />

Purificationis Mariae. Strals. Neg. Nr. 29.<br />

2) Bon dieser Beratung wissen wir nicht mehr als von <strong>der</strong> vorigen. Am<br />

2. Febr. lvergl. obige Anm.I schreibt Herzog Philipp an den Stralsun<strong>der</strong>, Nat und<br />

bittet, Freocr zum 9. Febr. zu einer Beratung nach Stettin zu senden. Berckmann<br />

la. a. O. S. 1121 läßt diese Beratung im Kloster Coloatz stattfinden. Das ist ohne<br />

Zweifel ein Irrtum.<br />

2) Vergl. Balthasar I S. 122. Man beachte, wasBerckmann >a. a. 52.<br />

C. 113) schreibt: „Idt steit nhu so wun<strong>der</strong>lich mitt Heren unnd forstenn, landt und<br />

stedenn, geistlick predicante» : nmnn nielckerenn werenn etlike, de seden: ,watt kant<br />

schaden? latett unß annhemen/, und nicht de ringestenn vann denn preoicantenn,<br />

datt nie draoe nicht weth, watt me anhören schall; ctc." Fre<strong>der</strong> hat also gleich nach<br />

seiner Zurückkunft erzählt, daß einige Theologen für die Annahme des Interims gewesen<br />

sind.<br />

^) Daß die Geistlichen sich grgcn die Annahme des Interims erklärt haben,<br />

berichtet Berckmann a. a. O. S. 114.<br />

") Beratnng in Stettin am Sonntag nach Dorotheae. St. A. Tit. 94 Nr. 14.<br />

Herzog Barnim erklärt: „Seiner f. g. meynung und gemute ware, das Interim <strong>der</strong><br />

gestalt, als es gemeinet und an den Buchstaben lanttet, nicht anzunehmen, cs mochte<br />

Ihren f. g. darüber wioerfaren, was Got wolle. Den was conscientien dinge weren,<br />

tonte s. f. g. d. key. Ml. nit gehorsamen, in well lichen suchen aber wolte sich Ihre f. g.<br />

kegen die Ro. key. Mt. alles schuldigen gehorsams zuverhalten wissen, doch wo man


28 Pommern und das Interim.<br />

Annahme des Interims nicht durchaus ablehnend verhielten, erklärten die<br />

Herzoge, beson<strong>der</strong>s Herzog Barnim, daß sie das Interim „<strong>der</strong> gestalt als<br />

es gemeinet und an den Buchstaben lautet" nicht annehmen würden.<br />

Bemerkenswert ist nun, daß keine <strong>der</strong> beiden Parteien sich auf die Theologen<br />

beruft. Hätte die Mehrzahl <strong>der</strong> Geistlichen für die Annahme des Interims<br />

gestimmt, so hätten die Räte sich unzweifelhaft darauf gestützt. Die<br />

Theologen hatten wohl am 9. Februar die Veratuug resultatlos abgebrochen;<br />

dic Annahme des Interims hatten sie nicht schlechthin verweigert, glaubten<br />

es an<strong>der</strong>erseits nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren zu können, etwas zu<br />

bewilligen, was gegen Gottes Wort sei. Infolgedessen war mau gezwungen<br />

gewesen, die Entscheidung den Herzogen anheimzustellen.<br />

Dem kaiserlichen Willen wollten sich die Herzoge also nicht fügen und,<br />

da <strong>der</strong> Landtag ihnen in dieser Frage freie Hand ließ/) ist es dabei<br />

geblieben. Die Herzoge machten nur dieselben Zugeständnisse wie früher;<br />

sie erklärten sich bereit, für ihre Person das Interim anzunehmen, wenn<br />

ihnen das Abendmahl unter bei<strong>der</strong>lei Gestalt bewilligt und die Lehre von<br />

<strong>der</strong> Rechtfertigung im evangelischen Sinne gedeutet würde. Das ist <strong>der</strong><br />

Inhalt <strong>der</strong> Resolution, die am 14. Februar in Stettin verfaßt wurde.")<br />

In einem Pnnkte gingen die Herzoge sogar noch über ihre früheren<br />

For<strong>der</strong>ungen hinaus, sie lehnten jetzt die Durchführung des Interims ab<br />

und überließen diese dem Bischof. Geführt sind die Herzoge darauf durch<br />

Johann Falck und Johann von Usedom, Noch vor dem Landtage hatten<br />

sie von diesen ein Schreiben erhalten; darin berichteten die Gesandten über<br />

die Durchführung des Interims in an<strong>der</strong>n Län<strong>der</strong>n und teilten unter an<strong>der</strong>m<br />

mit, daß Straßburg das Interim angenommen, die Durchführung aber dem<br />

ein Mittel mit Rath <strong>der</strong> Theologen hirin treffen kont, damit den obligenden beschwerungen<br />

fuglich bejegnet mucht werden, wolte Ihre f. g. in <strong>der</strong> Rhete getreue bcoencken gestelt<br />

haben." Ähnlich Herzog Philipp: „Ir f. g. wußten in warheit nicht, wie diesen<br />

fachen füglich zuhelffen niere, ob man das Interim als es im anfange lautet und<br />

christlich ist, annehmen mocht, und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n puncte halben <strong>der</strong> Theologen Rath<br />

hierin gebrauchet?, doch wolt f. f. g. solchs in <strong>der</strong> Nhcte getreulich bedencken gtstelt<br />

haben, in betrachtung das I. f. g. Ihiger Zeit etzlicher maß schwach am Haupte lc."<br />

') Antwort <strong>der</strong> Stände auf die Proposition am Dingstag nach Dorotee<br />

(12. Febr.). Dep. d. Stadt Stettin Tit. Hl Nr. 12 kol. 172 f.<br />

2) Das Original erwähnt bei Druff el a. a. O. Nr. 27!. Eine beglaubigte<br />

Abschrift findet sich St. A. Tit. 2 ^ Nr. 22" t'ol. 95». Molinike nennt sie in seiner<br />

Fre<strong>der</strong>biographie S. 43 f. irrtümlich ein Schreiben an den Rat <strong>der</strong> Stadt Stralsuuo<br />

(Slralsun<strong>der</strong> Reg. Nr. 31). Am 10. Februar hatte Heinrich Normann geraten, eine<br />

Antwort zu geben, die <strong>der</strong> Schrift nicht wi<strong>der</strong>spräche. Seinem Rate ist man also<br />

gefolgt. Zustande gekommen ist die Resolution ohne Zweifel unter Mitwirkung <strong>der</strong><br />

Theologen, und diese Resolution mag Fre<strong>der</strong> gemeint haben, als er in Stralsund<br />

sagte, man habe beschlossen, das Interim nicht anzunehmen (Verckmann a. a. 3?.<br />

S. 114). Siehe Beilage VII.


Pommern und das Interim. 39<br />

Vischof überlassen hättet) Einige Tage später sahen die Gesandten freilich<br />

ein, daß sie den Herzogen über die Absichten des Kaisers eine falsche Nachricht<br />

hatten zngehen lassen. Am 29. Januar berichteten sie an die Herzoge,<br />

„<strong>der</strong> psaltzgraf auf dem Hundrucken hat mit weinenden äugen gebethen,<br />

Ihnen mit <strong>der</strong> execution desselben pnncts guverschonen und dem ordinario<br />

zllbevehlen, hat aber nichts erhalten mugen, und wiewol Strasburg! sich<br />

uf Ihren Ordinarium referiert haben, hat er es doch uit annehmen wollen".'^)<br />

Diese Warnung traf aber wahrscheinlich erst nach <strong>der</strong> Entscheidung ein.<br />

Heinrich Normann reiste nach dem Landtage so schnell wie möglich<br />

nach Brüssel zurück, ^) wo man die Entscheidung <strong>der</strong> Herzoge mit Uugeduld<br />

erwartete. Am 30. März überreichten die pommerscheu Nate dem Vischof<br />

von Arras die Resolution/) Viel Hoffuung auf Erfolg hatten sie wohl<br />

nicht, waren doch die Bedingungen nicht im geringsten erfüllt. Zu ihrer<br />

großen Verwun<strong>der</strong>ung teilte ihnen aber <strong>der</strong> Bischof von Arras Anfang<br />

April mit, daß <strong>der</strong> Kaiser die Resolution <strong>der</strong> Herzoge angenommen hättet)<br />

Der Kaiser ist nicht etwa durch den etwas unklaren Wortlaut <strong>der</strong> Resolution<br />

irregeführt, er war sich darüber durchaus klar, daß er auf die Hauptpunkte<br />

des Interims verzichte, wenn er die Resolution annähme und hat darum<br />

vorher den Rat des spanischen Theologen Malvenda eingeholt. Es ist den<br />

pommerschen Gesandten ausdrücklich zugestanden, daß „<strong>der</strong> Articul de<br />

also sein und verstanden werden solt: Huod 8o1ü ssäs por<br />

') Schreiben <strong>der</strong> Räte an die Herzoge, dat. Brüssel, 11. Jan. St. A. Tit. 2<br />

aä Nr. 22" lol. 6—11. Der Brief ist am 25. Jan. angekommen. Vielleicht um dieselbe<br />

Zeit werden die Herzoge auch eine Denkschrift <strong>der</strong> Räte erhalten haben, die vom<br />

5. Jan. datiert ist. St. A. Tit. 2 aä Nr. 22' fol. 221-226. Hierin wird dasselbe<br />

berichtet. Trotzdem empfehlen die Gesandten aber, die Herzoge sollten sich erbieten,<br />

mit „Rath und Zuthat" des Bischofs das Interim durchzuführen; rs wird nicht<br />

gesagt, daß die Herzoge dem Beispiele Strahburgs folgen könnten. Die Absicht <strong>der</strong><br />

Räte war offenbar, die Herzoge sollten das Heft nicht aus den Händen geben, nur<br />

dann konnten sie die evangelischen Prediger vor Verfolgung schützen.<br />

") St. A. Tit. 2 aä Nr. 22^ sol. 27 n. 30. Wann <strong>der</strong> Brief angekommen ist,<br />

läßt sich nicht genau feststellen. Der am 11. Jan. von Brüssel abgesandte Brief war<br />

14 Tage unterwegs; doch ging dieser als Eilbrief, <strong>der</strong> vom 29. Januar wahrscheinlich<br />

nicht. Heinrich Normann brauchte zu seiner Reise von Brüssel nach Pommnn drei<br />

Wochen. Vor dem 14. Febr. dürfte <strong>der</strong> Brief also nicht angekommen sein.<br />

") Am 23. März war Heinrich Normann wie<strong>der</strong> in Brüssel. Vergl. St. A.<br />

Tit. 2 ää Nr. 22^ WI. 144.<br />


Il)<br />

Pommern nnd das Interim.<br />

.d8c^li(; arieriku« lo^in ^NZt.itìcll.mut' nnd das man<br />

das Sakrament des Altars 3uk udl^u^ sfocio halten folte".^) Gegen<br />

einen süddeutschen Staat wäre Karl V. schwerlich so nachgiebig gewesen,<br />

denn dort hatte er die Macht, seinen Willen durchzusehen. In Nie<strong>der</strong>deutschland<br />

lagen die Verhältnisse freilich an<strong>der</strong>s- es gab dort noch mehrere<br />

Staaten, die sich ihm nicht unterworfen hatten nnd auch nicht gewiNt waren<br />

es zu tuu. Durch deu Kurfürsten von Brandenburg war <strong>der</strong> Kaiser anch<br />

darüber unterrichtet, daß sich in Nic<strong>der</strong>dcutschland ein Bund gegen ihn zn<br />

bilden begann.u) Darnm lag Karl V. doch viel daran, mit Pommern<br />

Frieden zu schliern. Nur so versteht man es, daß <strong>der</strong> Kaiser diese<br />

Zugeständnisse machte. Am 11. April fand die letzte Verhandlung <strong>der</strong><br />

Gesandten mit den kaiserlichen Näten statt.") Die Herzoge verpflichteten<br />

sich zur Zahlung von 90000 Gnldcn nnd Annahme aller Ncichstagsbeschlüsse,<br />

versprachen kein Bündnis einzugehen, das gegen den Kaiser o<strong>der</strong><br />

seine Familie gerichtet sem tonnte, sowie Feinden des Kaisers nicht beizustehen,<br />

ihnen vielmehr, falls sie ihnen ungefähr gewachsen seien, den Weg<br />

durch ihr Land zu verlegend) Die an<strong>der</strong>n Bedingungen <strong>der</strong> Kapitulation<br />

waren den Herzogen erlassen/) auch hatte man ans die Bitte <strong>der</strong> Gesandten<br />

hin in <strong>der</strong> Kapitulation und Abbitte alles getilgt, was die Herzoge verletzen<br />

konnte. Am 29. April 1549 leisteten die Gesandten die Abbitte/) worauf<br />

am 9. Mai <strong>der</strong> Kaiser schriftlich den Herzogen Verzeihung für alles Geschehene<br />

') Wir erfahren dies aus ei nein Brief, <strong>der</strong> aus <strong>der</strong> mecklenburgischen Kanzlei<br />

stammt und sich in Abschrift im Kgl. Geh. Staatsarchiv zu Berlin, Prov. Brand.,<br />

Rep. 4, Neumärl. Reg. I. l, toi. 56-59 findet. Der Brief aiöt den Inhalt einer<br />

Unterredung wie<strong>der</strong>, die ein mecklenburgischer Untertan mit einem o^r zurückreisenden<br />

Gesandten, wahrscheinlich Dl'. Falck, gehabt hat. Außerdem wird in <strong>der</strong> letzten Aussertigung<br />

<strong>der</strong> Kapitulation bei dem Artikel übcr die Annahme <strong>der</strong> Neichstagsbeschlüsse<br />

gesagt, daß für die Beschlüsse über die Religion die Resolution maßgebend sei.<br />

«) Vergl. Druffel a. a. O. Nr. 219. Wie diese Nachricht am kaiserlichen<br />

Hofe wirkte, zeigt ein Brief des französischen Gesandten an seinen Heriu bei Druffcl,<br />

Nr. 260. Der Gesandte war richtig unterrichtet, Karl V. legte Wert darauf, mit<br />

Pommern Frieden zu schließen, das beweist ein Brief an seinen Gesandten in<br />

Frankreich Rapiers ä'kdat ä6 (^ranvells, mudile 60U8 la äii-eetiou äo Oti. Weis»,<br />

Paris 1841 ss. tome III p. 361.<br />

s) St. A. Tit. 2 Nr. 20 lul. 117 f.<br />

^) Die Kapitulation ist gedruckt bei Dahnert, Sammlung pommerscher und<br />

rügischer Landesurkunden <strong>der</strong> Fortsetzung 1. Bd. S. 14.<br />

") Der Kaiser hatte ursprünglich gefor<strong>der</strong>t, die Vestrafnng <strong>der</strong> Adligen, die<br />

gegen ihn gedient hatten, sollten die Herzoge ilim überlassen. Hierauf verzichtete er<br />

gegen Zahlung von 20000 Gulden.<br />

") St. A. Tit. 2 Nr. 17 sol. 120. Am Tage darauf unterschrieben die Rälr<br />

die Erklärung, daß die Herzoge dem Kaiser 90000 Gulden zahlen und innerhalb<br />

drei Monaten den Vertrag ratifizieren wärden. St. A. Tit. 2 Nr. 20 lol. 255. Die<br />

Ratifikation erfolgte am 11 Juli


Pommern nnd das Interim.<br />

Il<br />

zusagte und sie wie<strong>der</strong> zu Gnaden annahmt) Die pommerschcu Räte<br />

durften mit ihrem Erfolge zufrieden sein, sie hatten die Verhandlungen<br />

glücklich zu Ende geführt und dem Lande dauernde und große Nachteile erspart.<br />

Es läßt sich nach dem Frühereu erwarten, daß das Interim in<br />

Pommern nicht durchgeführt ist.<br />

Die Herzoge haben in kirchlichen Dingen<br />

nichts getan, was als Zugeständnis gegen das Interim aufgefaßt<br />

werden könntet) Und ein Bischof, <strong>der</strong> das Interim hätte durchführen<br />

können, war fürs erste nicht vorhanden.<br />

Bartholomäus Suaue war vom<br />

Kaiser abgesetzt worden und <strong>der</strong> neu erwählte Bischof, Martin Weiher, hielt<br />

die päpstliche und kaiserliche Bestätiguug zur Ausübung seines Amtes für<br />

notwendig. Da er nun erst am 5. Oktober 1551 die päpstliche Bestätigung<br />

erhielt/) so war in Pommern keiner, <strong>der</strong> das Interim hätte durchführen<br />

müssen und können.<br />

Hinzukam, daß Weiher euaugelisch war und darum<br />

kein Verlangen trug, das durchaus evangelische Pommern dem Katholizismus<br />

zurückzuerobern.<br />

Auch die Absetzung <strong>der</strong> beiden stralsundischen Geistlichen, des Johann<br />

Fre<strong>der</strong> und Alexius Grote, ist kein Beruch, das Land dem Interim zu<br />

unterwerfen.<br />

Bereits auf dem letzten Landtage zu Stettiu hatten die Herzoge<br />

den Ständen ans Herz gelegt,<br />

Interim zu verhin<strong>der</strong>n.<br />

das Schelten <strong>der</strong> Geistlichen gegen das<br />

Am 11. März ließ deshalb <strong>der</strong> Nat <strong>der</strong> Stadt<br />

Stralsund die Prediger auf das neue Gemach kommen und verbot ihnen,<br />

das Interim auf <strong>der</strong> Kanzel zu nennen/) In längerer Rede setzte <strong>der</strong><br />

Superintendent darauf auseinan<strong>der</strong>, daß sie sich dazu nicht verpflichten<br />

könnten. Sie müßten die Gemeinde vor Irrlehren warnen. Gäbe also<br />

die Predigt Ursache dazn, so könnten sie die Nennung des Interims nicht<br />

vermeiden.<br />

Fredcrs Bitte, man möchte auch die an<strong>der</strong>n Prediger nach ihrer<br />

Ansicht fragen, wurde nicht erfüllt; die Geistlichen wurden hierauf entlassen.<br />

Den Rat hatte nur die Sorge um die Sicherheit <strong>der</strong> Stadt zu diesem<br />

Schritte veranlaßt, denn er fragte um dieselbe Zeit bei Herzog Philipp all,<br />

') Gedruckt bei Dähnrrt a. a. O., Fortsetzung I. Bd. S. 12, die Originale<br />

im Kgl. Staatsarchiv zu Stettin: Ducalia 1549 Nr. «20 a u. d.<br />

2) Daß man nichts getan habe, um das Intenm durchzuführen, wird von den<br />

herzoglichen Räten eingestanden (Beratung <strong>der</strong> Nate zu Uckermünde am 24. Aug. 1551.<br />

St. A. Tit. 53 Nr. 9). In <strong>der</strong> damaligen Lage hätten sie gern das Gegenteil gesagt^<br />

eine absichtliche Irreführung liegt also nicht vor.<br />

") Wa aterstra at a. a. O. S. 242 ff.<br />

!. 22-97) in Betracht, die von Johann<br />

Fre<strong>der</strong> und Alexius Grote herzurühren scheint.


33 Pommern und das Interim.<br />

wieweit die Verhandlungen mit dem Kaiser vorgerückt seiend)<br />

Kann man<br />

es dem Nate verdenken, wenn er, um das Land vor einem Kriege zu<br />

bewahren, alles vermieden wisseu wollte, was den Zorn des Kaisers reizen<br />

konnte?<br />

Es war dies Verbot dnrchaus berechtigt, hatte sich doch <strong>der</strong> Kaiser<br />

schon in Augsburg darüber betlagt, daß ihu in Pommern die Prediger<br />

ungestraft hätten schmähen nnd angreifen dürfen.<br />

Ausgeschlosseu ist es,<br />

daß <strong>der</strong> Nat dies Verbot erlassen hat, um Frc<strong>der</strong> entlassen zu können, wie<br />

Berckmann sagt.^)<br />

Diese Verdächtigung ist unhaltbar, da <strong>der</strong> Stralsun<strong>der</strong><br />

Nat Fre<strong>der</strong>s Entgegnung auhörte, ohue ihn darauf zu entlassen, obwohl er<br />

wi<strong>der</strong>spenstigen Geistlichen sofortige Entlassung angedroht hattet)<br />

Es scheint<br />

fast, als ob <strong>der</strong> Nat die Angelegenheit damit für erledigt hielt uud zu<br />

schärferen Maßnahmen nicht greifen wollte. Jedenfalls deutet <strong>der</strong> Umstand,<br />

daß er die Geistlichen so schnell entließ, daranf hin.<br />

<strong>der</strong> Nat ein Schreiben Fre<strong>der</strong>s/)<br />

daß er seinen Standpunkt nicht aufgeben würde.<br />

Am 14. März erhielt<br />

in welchem dieser noch einmal erklärt,<br />

verkanten lassen, daß <strong>der</strong> Nat sich seiner entledigen wolle.<br />

Johann Nigmann habe<br />

Wenn man es<br />

von ihm verlange, sei er bereit, die Stadt zu verlassen, so schwer es ihm<br />

auch werde. Die an<strong>der</strong>n Geistlichen — ausgenommen Johann Nigmann —<br />

machten au den Nat eine Eingabe, in <strong>der</strong> sie sich darüber beklagten, daß<br />

sie nicht nach ihrer Ansicht gefragt wären, uud zu dem Standpunkte ihres<br />

Superintendenten bekannten.^) Daraufhin lud <strong>der</strong> Nat die Geistlicheu —<br />

freilich ohne Iohaun Fre<strong>der</strong> — am 15. März noch eiumal vor und for<strong>der</strong>te<br />

nun jeden einzelnen auf, seine Ansicht darzulegen/) Hierbei lenkten schon<br />

einige ein.<br />

Als dann <strong>der</strong> Nat erklärte, er wolle es nicht bestrafeu, wenn<br />

sie einmal, ohne es zu wollen, das Interim auf <strong>der</strong> Kanzel erwähnten, da<br />

unterwarfen sich alle bis auf Alexius Grote.<br />

Dieser führte aus, daß er<br />

gegen seine» Willen auf <strong>der</strong> Kauzel das Iuterim nie nennen könnte; weuu<br />

er es erwähne, geschähe es doch mit Bedacht.<br />

Er wolle sich also zu dem<br />

Gefor<strong>der</strong>ten nicht verpflichte», um nicht znm Lügner zu werdeu, erbot sich<br />

') Diese Anfrage beantwortet Herzog Philipp am 11. März. Stralsundcr<br />

Reg. In <strong>der</strong> Eingabe <strong>der</strong> Geistlichen an den Nat (ebenda Nr. 33) heißt es:<br />

<strong>der</strong> Rat habe verboten, gegen das Interim zu predigen und es zu nennen, ..bette gy<br />

wi<strong>der</strong>en bescheit von unsere gnedigen surften unde Heren beqwemen, wor idt hen ulh<br />

wolde, dar mit dise Stadt nicht in lure queme, uud sun<strong>der</strong>lick oe ock, so tho water<br />

west wart tho segelende bedacht synt." Dieselben Gründe werden angeführt in <strong>der</strong><br />

zuletzt genannten Darstellung.<br />

") Berckman n a. a. O. S. 114.<br />

") Berckmann sagt freilich, man habe Fre<strong>der</strong> noch an demselben Nachmittage<br />

entlassen. Das ist nicht <strong>der</strong> Fall. Am 1^. März bittet Fre<strong>der</strong> den Nat um<br />

Bescheid, ob er gehen solle.<br />


Pommern nnd das Interim.<br />

3Z<br />

aber, das Interim ohne ..Trotz und Frevel", in aller Bescheidenheit zu<br />

nennen.<br />

Entlassung.<br />

Das genügte dem Nate aber nicht, nnd Grote erhielt sofort seine<br />

Dein Johann Frcdcr wnrde sogleich nach dieser Sitzung mitgeteilt,<br />

daß er die Kanzel nicht wie<strong>der</strong> betreten dürfe.<br />

Diese Entlassung<br />

geschah ohne Wissen, ja gegen den Willen des Herzogs Philipps)<br />

Rückgängig<br />

machen konnte dieser sie freilich nicht, wollte er nicht dem Kaiser<br />

einen Anlaß geben, gegen ihn einzuschreiten.<br />

Er sorgte aber dafür, daß<br />

dell beiden Geisllicheu aus ihrem Eintrete»! für das Evangelium keiu<br />

Schadeu erwüchse; beide erhielten bald eine an<strong>der</strong>e Stelle.<br />

Dem Kaiser war es natürlich nicht unbekannt geblieben, daß in<br />

Pommern das Interim nicht durchgeführt wurde. Um ihm aber keine<br />

Handhabe zu dietcu, gcgeu die Herzoge vorzugehen, vcrmiedcu diese um so<br />

angstlicher<br />

alles, was sie ani kaiserlichen Hofe in den Verdacht bringen<br />

tonnte, als hielten sie es mit den Fciudcn des Kaisers.<br />

Soviel hatten sie<br />

ans dem ^ejchebenen gelernt, daß es <strong>der</strong> Kaiser nicht wagen wurde, sie<br />

um <strong>der</strong> Religion willeu zu verfolgen, soudcru daß er dazu stets nach einem<br />

politischen Ornlide suchen würde.<br />

Beson<strong>der</strong>s vorsichtig waren sie ini Verkehr<br />

mit an<strong>der</strong>en Fürsten. Herzog Iohaun Wilhelm, ein Sohn des<br />

gefangenen Kurfürsten von Sachscu, hatte Herzog Philipp gebeteu, ihn an<br />

seinem Hose aufzunehmen. Dieser war oazn bereit, fragte aber vorher beim<br />

Bischof von Arras an, ob <strong>der</strong> Kaiser etwas dagegen haltet)<br />

Freilich ganz<br />

parteilos bleiben konnten die Herzoge nicht. Nur iu weltlicheu Diugen<br />

erwiesen sie dem Kaiser dcu schuldigen Gehorsam. Damit war ja gegeben,<br />

daß sie in manchen Fälleu ili einen Gegensatz zum Kaiser gerateu mußten,<br />

Politik uud Neligiou wareu zu cug verbunden.<br />

Dann war es sehr schwer<br />

für die Herzoge, ihre Pflicht gegen den Kaiser zu erfüllen, ohne ihrem<br />

Standpunkte uutreu zu werden.<br />

Der Kaiser hatte die Execution gegen das<br />

geachtete Magdeburg dem ober- nnd uie<strong>der</strong>sachsischen Kreise übertragen.")<br />

') Schreiben Herzog Philipps an den Nat <strong>der</strong> Stadt Etralsund, dat. Wolgast<br />

freitags nach den heilten Ostern (20. April) 1549. Wolg. Arch. Tit. 67 Nr. 75<br />

iol. 14. Frrdrv wnrde darnach Professor in <strong>Greifswald</strong>. Orute soll nach Sastrow<br />

11. T. S. 645 Pfarrer in Triebeees geworden sein. 1552 erscheint er als Pfarrer in<br />

Wolgast. Vergl. auch Balt. Stud. N. F. XI., 95.<br />

°) Schreiben Herzog Philipps an den Bischof von Arras, dat. Iasemv<br />

donnerstags nach Kiliani (11. Juli). W. A. Tit. 2 Nr. 14. Herzog Johann Wilhelm<br />

ist persönlich in Pomlnern gewesen. Aergl. Kiewning a. a. O. S. 643, Anm. 3,<br />

vergl. auch Anm. 2 Konnte vielleicht <strong>der</strong> dort zitierte Brief erst am 4. Juli geschrieben<br />

sein? Die Antwort des Bischofs erfolgte am 25. Aug. Eine bestimmte Auskunft<br />

erteilte er nicht, gab nur zu bedenken, daß die Herzoge von Sachsen das Interim<br />

nicht angenommen hätten, auch werde <strong>der</strong> Kaiser es nicht gerne sehen, wenn sie mit<br />

beuten verkehrten, die im Reiche Zwietracht säen wollten.<br />

') Kaiserliches Mandat vom 18. Mai 1549. St. A. Tit. 2 Nr. 24 kol. 63.


34 Pommern und das Interi in.<br />

Die Herzoge verspürten, wie sich denken läßt, durchaus teine ^'ust, bei <strong>der</strong><br />

Verfolgung ihrer Glaubensgenossen mitzuhelfen. Anfang August 1549 bat<br />

<strong>der</strong> Kurfürst Joachim II. die Herzoge, ihn gegen die Magdeburger, die<br />

sein Land verwüstet hatten, zn uuterstützeu. Damals tonnten sie mit gutem<br />

Grunde ablehnend) König Ferdinand hatte inzwischen einen Kreistag aus.<br />

geschrieben, <strong>der</strong> über die Magdcburgiichc Erekutiou bcrateu sollte.") Die<br />

Herzoge schickten Di'. Autor Schwalenberg und Iohauu von Usedom<br />

dorthin mit dem Befehl, zuuächst eiumal abzuwarteu, wie an<strong>der</strong>e ötäude<br />

sich zu <strong>der</strong> Frage stellen würden.^) Am liebsten hatten sie den Krieg ganz<br />

vermieden gesehen nnd schlugen darum vor, die Stände sollten zwischen<br />

Magdeburg und dein Kaiser vermitteln; nötigenfalls sollten die Gesandten<br />

unter <strong>der</strong> Hand für diesen Plan Stimmung machen. Es hat aber lcmcr<br />

Bemühung <strong>der</strong> Gesandten bedurft, Brcmeu beantragte dies in <strong>der</strong> Beratung<br />

und alle — ausgenommen Kurbrandenbnrg uud Brauuichwelg — summten<br />

dem bereitwillig zu. Der kaiserliche Kommissar drang aber darauf, gleich<br />

sich über die Vollziehung <strong>der</strong> Acht schlüssig zu werdeu für deu Fall, daß<br />

die Verhandlungen mit Magdeburg ergebnislos verliefen. Daraus dewilligteu<br />

die Kreisstände nach längeren! Sträuben einen Nomzug auf 6 Monate.<br />

Man erklärte sich bereit, das Geld zu erlegen, jedoch sollte dies nur angegriffen<br />

werden dürfen, wenn auch die an<strong>der</strong>n NciäMände zn <strong>der</strong> Erckntion<br />

beisteuerten. Diesem Abschiede traten die pommerscheu Gesandten nicht bei,<br />

weil die Herzoge sich ohne Bewilligung <strong>der</strong> Stände zu keiner Geldzahlung<br />

verpflichten könnten. Falsch wäre es, wenn man dies als bloßen Vorwand<br />

bezeichnete. Gewiß hatten die Herzoge wenig ^usl, für die Exekution Geld<br />

zu bewilligen. Sobald aber später die Neichsstände dem Beschluß beitraten,<br />

haben sie sich nicht mehr ihrer Pflicht entzogen.^) Ausschlaggebend für das<br />

Verhalten <strong>der</strong> Herzoge war ein an<strong>der</strong>es Moment. Im September 154H<br />

war auf dem Landtage zwischen den Ständen ein Streit über die Aufbringung<br />

<strong>der</strong> Steuern ausgebrochen. Damals hatte es schon Muhe gemacht,<br />

die Stände überhaupt zur Bewilliguug <strong>der</strong> Steuern zu bewegen/) Es war<br />

') Protokoll über die Verhandlung Herzog Barnims mit den knrorandenbnrgischen<br />

Gesandten Georg Blankenburg nnd Joachim von <strong>der</strong> Schnlenbnrg am 6. Aug. 1549.<br />

St. A. Tit. 2 Nr. 24 tol. 49'f. u. lol. 47.<br />

") König Ferdinand an die Herzoge Barnim nnd Philipp, dat. Prag den<br />

14. Juli. St. A. Tit. 2 Nr. 24 sol. 3f.; später wurde <strong>der</strong> Kreistag von Brandenburg<br />

nach Iüterbog verlegt: Schreiben vom 3. Ang. ebenda wl. 12 n. 10.<br />

") Or. Autor Schwalenoerg war ein Rat des Herzogs Varmin. Bergl.<br />

Sastrow a. a. O. ll., S. 633 u. 651 ff. Instruktion für die Gesandten, dat. Stettin,<br />

Dienstags nach smentii (13. Ang.'. St. A. Tit. 2 Nr. 2l sol. 7 w. Die Relation<br />

<strong>der</strong> Gesandten findet sich ebenda fol. 23-28, <strong>der</strong> Kreistagsablchieo ebenda l'ol. :N-36.<br />

4) Siehe Seite 37.<br />

b) Vergl. Gadebnsch a. a. 57. II., S. 95 f.


Pommern und das Interim. 35<br />

also wenig Aussicht vorhanden, daß die Stände diese Steuer bewilligen<br />

winden. Die Herzoge zogen vorläufig die Entscheidung hin. Um einen<br />

Eutschuldignngsgrnnd zu haben, beriefen sie keinen Landtag nnd entschuldigten<br />

sich beim Kaiser, sie hätten die Stände nicht zusammenrufen können, weil<br />

eiuc Scnche in ihrem Lande herrsche.^<br />

Das Verhalten <strong>der</strong> Herzoge hatte dem Markgrafen Johann Zutrauen<br />

znr Politik Pommerns eingeflößt. Deshalb warb er jetzt bei diesen um<br />

Beitritt znm Fürstenbnnde, an dessen Bildung er eifrigst arbeitete. Wie<br />

die Herzoge dachten, wußte er ja aus den Verhandlungen im September 154N.<br />

Es hatte sicher auch Eindruck auf ihu gemacht, daß sie dem Kaiser gegenüber<br />

ihren Glauben nicht verleugnet hatten.'') Im Anfange des Jahres 155^)<br />

uahln Johann also die Verhandlungen mit Pommern wie<strong>der</strong> auf.s) Die<br />

Herzoge fühlten sich aber durch die Kapitnlation gebunden; sie wollten dem<br />

Buudc nicht beitreten, so sympathisch ihnen dessen Ziel auch war. Die<br />

Verhandlungen erstreckten sich bis in deli Inli hinein; drr Markgraf ließ<br />

nicht nach, den Herzogen die Gefahr vorzustellen, in <strong>der</strong> die Protestanten<br />

schwebten. Seinen Zweck erreichte Johann nicht. Ohne Wissen <strong>der</strong> Stände<br />

wollten die Herzoge dem Nnnde nicht beitreten. Wie<strong>der</strong>um war es nicht<br />

ratsam, viele in das Geheimnis einzuweihen, weil es dann zu leicht verraten<br />

werden könnte. Herzog Philipp versprach aber, im Falle eines<br />

Religionskrieges dafür sorgen zu wollen, daß Pommern den Äuud unterstütze/)<br />

In einem Briefe an seinen Oheim, dat. Wolgast, Donnerstag nach <strong>der</strong><br />

kssllm (16. Jan.) 1550 erklärt sich Herzog Philipp gegen die Berufung eines<br />

Landtages, weil sie dann in <strong>der</strong> magdeburgischcn Angelegenheit einen Beschluß fassen<br />

müßten. W. A. Tit. 39 Ni. 10 toi. 54-56. Das Entschuldigungsschreiben an den<br />

Kaiser, dat. Dham 17. Februar 1550 findet sich: St. A. Tit. 2 Nr. '24 fol. b? f.<br />

-) Markgras Johann erhielt über die Brüsseler Verhandlungen aus <strong>der</strong><br />

Mecklenburger Kanzlei im Jahre 1550 einen genauen Bericht. Berl. Geh. Staats«<br />

archili Pruv. Brand. Ncp. 4. Ncumärt. Neg. I. 1 so!. 56-59.<br />

") Vergl. I. Voigt, <strong>der</strong> Fürstenbuud gegen Karl V. in Friedrich v. Raumers<br />

historischem Taschenbuch 8. Folge, U. Jahrg., Leipzig 1857, S. 48.<br />

*) Vergl. Berl. Geh. Staatsarch. Prov. Brand. Rep. 4. Neumärk. Reg. I. 1<br />

lui. 50—55 u. 66—74. Am 18. Juni fand eine Zusammenkunft des Markgrafen mit<br />

Jakob Zitzewiy, dem Kanzler Herzog Philipps — nur mit diesen! scheint Johann<br />

zuletzt verhandelt >u haben — statt. Das bei Voigt a. a. 5D. S. 61 zitierte Schreiben<br />

lvergl. Schriften d. Ver. f. Gesch. d. Neumark XIV S. 49) dürfte aus dem Känigsberger<br />

Archiv stammen und an den Herzog von Preußen gerichtet sein. Dann wäre es ein<br />

Bericht über diese Zusammenkunft, dem das Protokoll (fol. 70) zu Grunde läge.<br />

Ein Schreiben Johanns an die Herzoge märe vor dem 20. Juli nicht möglich, denn<br />

an diesem Tage schreibt Zihrwitz dem Markgrafen den Bescheid des Herzogs auf die<br />

bei <strong>der</strong> Zusammenkunft unerledigt gebliebenen Punkte (fol. 74).


36 Pommern und das Interim.<br />

Einen Vorteil brachten diese Verhandlungen:<br />

die Herzoge bekamen<br />

Mut, auf dem Reichstage zu Augsburg, <strong>der</strong> im Juli 1550 begann/) entschieden<br />

für ihren evangelischen Glauben einzutreten.<br />

im Notfälle an Markgraf Johann<br />

Nun, da sie wußten, daß sie<br />

und dessen Verbündeten einen Rückhalt<br />

finden wurden, konnten sie es um so eher wagen. Herzog Philipp sandte<br />

Heinrich Normann. Zu diesem durfte er das Zutrauen habeu, daß er<br />

Pommerns Interessen gut vertreten wurde, hatte er sich doch bei den Brüsseler<br />

Verhandlungen als tüchtig erwiesen.<br />

Herzog Barnim ernannte Dr. Autor<br />

Schwalenberg zu seiuem Vertreters) In <strong>der</strong> Neligiousfrage schlosseu sich<br />

die Gesandten durchaus den kursächsischeu Räten au und vertraten mit<br />

diesen und einigen an<strong>der</strong>n den protestantischen Standpunkt.<br />

An den ersten<br />

Sitzungen nahmen sie freilich noch nicht teil; es war Normauu wohl klar,<br />

daß er auf keinen Fall durch Stillschweigen die katholische Partei unterstützen<br />

dürfe, er zögerte nur etwas mit dem entscheidenden Schritt.'')<br />

Jedenfalls<br />

kam <strong>der</strong> Entschluß nicht zu spät, die pommerscheu Gesandten<br />

trugen mit ihrer Stimme dazu bei, daß die Wünsche des Kurfürsten Moritz<br />

in <strong>der</strong> Neligiousfrage mit in die Autwort <strong>der</strong> Stände vom 8. Oktober ausgenommen<br />

wurden/)<br />

ganz einverstanden.<br />

Die Herzoge waren mit diesem Schritt ihrer Gesandten<br />

Die Instruktion hatten freilich nur Herzog Philipps<br />

Räte ausgearbeitet, Herzog Barnim hatte sie aber mit unterschrieben, als<br />

er seine For<strong>der</strong>uug, „daß mau iu Religion fachen nichts iureume", erfüllt<br />

sah. Die deutschen Fürsten dürften von dieser Stellungnahme Pommerns<br />

nicht überrascht gewesen sein.<br />

Als die pommerschcn Gcsaudteu nicht sogleich<br />

') Nanke a. a. O. V., S. 117.<br />

^) Instruktion für Heinrich Normann vom 30. Juni 155^). W. A. Ttt. 3<br />

Nr. 18 5)1.35—44. Dazu gehört t'oi. 50-59 als Ergänzung. Am 28. Juli leiste<br />

Normann von Stettin ab und kam ani 14. Aug. in AuMmg mi. l)r. Schwalen<strong>der</strong>g<br />

war damals in Speyer. Herzog Varm.n beauftragte ihn, von dort mich Augslmrg<br />

zu reisen: Schreiden, dat. Slettin am 18. Juni. St. A. Tit. 2 Nr. 23 lnl. 26 s. Am<br />

1. Sept. traf dieser in Augsburg ein: Schreiben Schwalenbergs an Herzog Barnim,<br />

dat. Augsbmg am 20. Sept. ebenda toi. 53—50.<br />

") Schreiben NolmunnZ an hei zog Philipp, dat. Augsburg, Donnerstags<br />

nach Bartholomei (28. Aug.). W. A. a. a. O. lol. 83-92.<br />

*) Schreiben Schwalenbergs an Herzog Barnini, dat. Auasburg den 23. i?kt.<br />

St. A. a. a. O. tol. 39-43. Desgl. Heinrich Normmm an Herzog Philipp, dat.<br />

Augsburg den 27. Okt. W. A. a. a. O toi. 144-48. Außer Pommern haben darnach<br />

für Sachsen gestimmt: Pfalz-Zweibrücken und Brandenburg. Normann nenut außerdem<br />

noch Kurpfalz und den Markgrafen von Kulmbach uut» Allsdach, Schwalen<strong>der</strong>g<br />

statt dessen Württemberg. Sehr richtig schreibt Normami: und ob wol sicherer<br />

gewesen yn dem und an<strong>der</strong>n an sich zuhalten, dnncket mich dock nit recht sein, das<br />

eyner yn den fachen sweyget, wan ehner zu rhedcn gcfmdett Wirt, und halte Mlch yn<br />

künftigen fetten besser sein, das es E. f. g. haben wi<strong>der</strong>sprechen lassen, alo das durch<br />

yre abwesen o<strong>der</strong> stilsweygendt <strong>der</strong> consent tonte vermutet o<strong>der</strong> mit recht erzwungen<br />

werde»:.


Pommern und das Interim. 37<br />

iln Juli in Augsburg erschienen waren, hatte man schon gemeint, Pommern<br />

gehore mit zum Fürstenbunde und hätte gar keine Einladung erhaltend)<br />

Als sich etwas später in den Stiftern Breinen und Vcrden Kriegsvolk zum<br />

Entsätze Magdeburgs sammelte, glaubte man, die Herzoge von Pommern<br />

gehörten auch zu den Verbündeten, <strong>der</strong>en sich die Magdeburger<br />

hatten.^)<br />

gerühmt<br />

Erustlich geschadet hat dieser Verdacht Pommern nicht, zumal die<br />

Herzoge dem Kaiser ihren Gehorsam aufs neue bewiesen^)<br />

Die Stände<br />

hatten es abgelehnt, dem Abschied von Interbog beizutreten. Ans Betreiben<br />

<strong>der</strong> Herzoge erklärten sie aber, falls <strong>der</strong> Reichstag zn <strong>der</strong> magdebnrgischen<br />

Exekution eine Stencr ausschriebe, würden sie diese bewilligen/)<br />

Auch wurde<br />

jetzt Anfang des Jahres 1551 <strong>der</strong> letzte Nest des Strafgeldes erlegt.")<br />

Nach Schlnß des Reichstages beschäftigte die Rcligionsfrage noch<br />

einmal die Herzoge und ihre Räte.<br />

Die Fortsetzung des Trienter Konzils<br />

war beschlossen nnd die evangelischen Fürsten zur Beschickung desselben<br />

verpflichtet.<br />

Nun galt es, mit den an<strong>der</strong>n Protestanten Fnhlnng zu gewinnen.<br />

Die Blicke <strong>der</strong> Pommern richteten sich da anf die Wittenberger<br />

Theologen.<br />

Bereits im April, noch bevor die Auffor<strong>der</strong>ung des Kaisers<br />

zur Beschickung des Konzils eingetroffen war,<br />

Auftrage <strong>der</strong> Herzoge nach Wittenberg reisen;<br />

mußte Johann Knipstro im<br />

man wollte wissen, wie die<br />

'1 So berichtet Normann in seinem Schreiben vom 28. Aug.<br />

2) Der Kaiser soll dies von Kurfürst Moritz erfahren haben (Druffel a. a. O.<br />

Nr. 5!6). Damit hätte dieser nur das ausgesprochen, was man allgemein glaubte.<br />

Am 3. Tez. schrieben die Kurfürsten Moritz und Joachim II. an die Herzoge und<br />

warnten sie (St. A. Tit. 2 Nr. 24 toi 76 f.). Natürlich beeilten sich diese, den beiden<br />

Kurfürstm und dem Kaiser mitzuteilen, daß sie mit diesen Werbungen nichts zu tun<br />

hätten (ebenda so! 8? f. u. 89-94).<br />

") Der Kaiser erfuhr auch bald, daß die Herzoge nicht im Fürstenbunde seien.<br />

Druffel Nr. 567.<br />


3ß<br />

Pommern und das Interim.<br />

Wittenberger Theologen sich zu <strong>der</strong> Beschickung des Konzils stellen wurden.')<br />

In Wittenberg wurde Knipstro mit offenen Armen aufgenommen. Dort<br />

hatte man schon beschlossen, das Konzil zu beschicken. Einen Erfolg versprach<br />

man sich davon freilich nicht; man wollte aber den Katholiken<br />

zeigen, daß die Protestanten ein offenes Bekenntnis nicht zu scheuen hätten.<br />

Jedoch war man sich darüber noch nicht ganz klar, in welcher Form diese<br />

Beschickung geschehen sollte. Melanchthon meinte, es wäre die Sache <strong>der</strong><br />

Theologen, in Trient die protestantische ?ehrc zu vertreten, und es schien<br />

auch nicht so schwer zn sein, alle protestantischen Theologen für ein einmütiges<br />

Handeln zu gewinnen: Knipstro weiß davon zu berichten, daß die<br />

süddeutschen Städte, die braunschweigischen und sächsischen Theologen dies<br />

damals schon ebenso wie er im Namen <strong>der</strong> pommerschcn Landeskirche versprochen<br />

hätten; es fehlte nur noch die Unterschrift unter das Bekenntnis,<br />

das Melanchthon ausarbeiten wollte. So war die Beschickung des Konzils<br />

in Pommern bereits beschlossene Sache, bevor vom Kaiser die Ausfor<strong>der</strong>ung<br />

dazu eintraf.<br />

Ende Juli kam auch diese zusammen mit einem an<strong>der</strong>n kaiserlichen<br />

Mandat.^) In diesem fragte <strong>der</strong> Kaiser an, wie weit in Pommern das<br />

Interim durchgeführt wäre. Es war nuu das geschehen, was Herzog Philipp<br />

schon vor Beginn des Reichstages gefürchtet hatte. Damals hatte er in<br />

<strong>der</strong> Instruktion Heinrich Normann angewiesen, sich stets auf dm Wortlaut<br />

<strong>der</strong> Resolution vom 14. Februar 1549 zu berufen, wenn die kaiserlichen<br />

Räte anfangen sollten, mit ihm über die Durchführung des Interims zn<br />

verhandeln. Man fürchtete also, <strong>der</strong> Kaiser würde sich jetzt au die Bestimmungen<br />

des Vertrages nicht mehr kehren. Die Anfrage bewies, daß<br />

Herzog Philipp richtig vermutet hatte. Dieser ließ sich dadurch aber Nicht<br />

einschüchtern. Als die Not am größten gewesen war, und als sie hatten<br />

fürchten müssen, geächtet und aus ihrem Lande vertrieben zu werden, halten<br />

sie das Evangelium bekannt und sich durch keine Drohung irre machen<br />

lassen. Er dachte nicht daran, jetzt dem Kaiser zuzugestehen, was er ihm<br />

damals verweigert hatte. Um aber Weiterungen zu vermeiden, hielt er<br />

es für das Beste, die Anfrage fürs erste gar nicht zu beantworten. Dieser<br />

') Am Sonntage Quasimodogmiti s5. April) 1551 fand in Stettin eine<br />

Beratung <strong>der</strong> herzoglichen Räte statt IEt. A. Tit. 2 Nr. 23 sol. 9G Dort wurde<br />

die Beschickung des Konzils, auch <strong>der</strong> Beitritt zu einer aemeinsamen Bekeuntnisschvnt,<br />

falls eine solche zu stände käme, in Ausficht genommen. Knipstros Bericht über<br />

feine Sendung und das Schreiben <strong>der</strong> Wittenberger Theologen findet sich: W. A.<br />

Tit. 1 Nr. 11 toi. 26—28 u. 30 f.<br />

°) Beide Mandate sind datiert vom 28. März: W.A. Tit. 1 Nr. 11 t1. 45<br />

und sol 38.


Pommern und das Interini. 39<br />

Ansicht traten Herzog Barnims Näte bei, weil sie keinen an<strong>der</strong>n Answeg<br />

wüßten^)<br />

Man kann aber sagen, daß nach <strong>der</strong> Beratung zu Ückermünde sich<br />

die Wege <strong>der</strong> Herzoge in bezng ans die Nrligionsfrage zu trennen beginnen.<br />

Herzog Barnim hielt von nun an in <strong>der</strong> Ncligionsfrage mehr zurück,<br />

während Herzog Philipp unbekümmert darnm, daß er beim Kaiser mit<br />

seinem Tnn Anstoß erregen könnte, seinen Standpunkt weiter vertrat und<br />

nicht gewillt war,<br />

Einen äußeren Anlaß,<br />

bei <strong>der</strong> Lösung <strong>der</strong> Neligiousfrage untätig zuzusehen.<br />

seine Stellungnahme zn än<strong>der</strong>n, bot dem Herzog<br />

Barnim <strong>der</strong> Umstand, daß <strong>der</strong> ursprüngliche Plau über die Beschickung des<br />

Konzils sich inzwischen etwas geän<strong>der</strong>t hatte.<br />

Als Knipftro in Wittenberg<br />

war, hatten die Theologen beschlossen, auf cigcuc Gefahr die protestantische<br />

^chrc in Trient zu vcrtrctcu. Darum hatte auch Mclanchthon dem<br />

Kuipstro versprechen können, ihm die Bckenutnisschrist sobald wie möglich<br />

zn senden. Inzwischen hatte Knrfürst Moritz aber beschlossen, sich auf dem<br />

Kouzil durch eigene Gesandte vertreten zu lasseu, und so war Melanchthon<br />

jetzt nicht mehr iu <strong>der</strong> Vage, sciu Versprechen halten zu können, weil <strong>der</strong><br />

Kurfürst nicht wollte, daß das Bekenntnis vorher bekannt würde.<br />

Jedoch<br />

wollte Moritz Mclanchlhons Plan, nntcr den Protestanten eine Einigung<br />

zu staude zu bringen, mit nichten fallen lassen; er wollte nnr nicht mit<br />

dahingehenden Anträgen an an<strong>der</strong>e Fürsten herantreten.<br />

Einmal kam es<br />

ihm wohl darauf an, <strong>der</strong> anerkannte Führer <strong>der</strong> Protestanten zu sein, die<br />

Fürsten sollten seine Hülfe suchen, nicht er die ihre.<br />

aber beim Kaiser nicht in Verdacht geraten, als<br />

Bund <strong>der</strong> protestantischen Fürsteu zu stände zn bringen.<br />

Vor allem wollte er<br />

bemühe er sich, einen<br />

Für den Kurfürsten<br />

bot die Anknüpfung mit den pommerscheu Herzogen noch beson<strong>der</strong>e Schwierigkeit.<br />

Es galt bei den Herzogen beson<strong>der</strong>s das Mißtranen gegen Kurfürst Moritz<br />

zu überwinden. Man hatte feit dem schmalkaldischen Kriege Moritz in<br />

Verdacht, er halte es mit den Katholiken; ein scheinbarer Beweis dafür<br />

war ja auch, daß er die Exekution gegen Magdeburg übernommen hatte.<br />

Moritz war es nun auch gewesen, <strong>der</strong> die pommerschen Herzoge <strong>der</strong> Teilnahme<br />

an dem Bündnis gegen den Kaiser verdächtigt hatte.')<br />

Man versteht,<br />

daß die Herzoge nicht allzu geneigt waren, mit ihm Verhandlungen<br />

anzuknüpfen. Darum bediente sich Moritz für dieje Verhandlungen eines<br />

') Bettung zu Ückermünde am 24. Aug. 1551 Et.A. Tit. 53 Nr. 9 Der<br />

Bischof von Kamin hatlc eine ähnliche Anfrage erhalten ISt.A. Tit. 81 Nr. 13<br />

i'


40 Pommern und das Interini.<br />

Mannes, <strong>der</strong> am herzoglichen Hofe Vertrauen finden würde; es war<br />

Laurentius Lindemann, <strong>der</strong> als Professor in Grcifswald zugleich Nat dcs<br />

Herzogs Philipp gewesen war.') Diesen schickte cr nach Pommern. Als<br />

Lindemann sah, daß die Herzoge wirtlich die Absicht hatten, dem Bekenntnis<br />

<strong>der</strong> sächsischen Kirche beizutreten, eröffnete er Balthasar uon Woldc, mit<br />

dem er darüber verhandelte, daß <strong>der</strong> Kurfürst deswegen mit den Herzogen<br />

in Unterhandlung zu treten wünschet)<br />

Wenn die Herzoge auch wohl nicht<br />

gerade annahmen, daß Moritz es nicht ehrlich meine, so zögerten sie doch,<br />

dieser Auffor<strong>der</strong>ung zn entsprechen. Auf schriftliche Verhandlung ließ sich<br />

<strong>der</strong> Kürfürst freilich nicht ein,'') cs blieb also weiter nichts übrig, als ciuen<br />

<strong>der</strong> Näte hinzusenden. Ende November sandte Herzog Philipp seinen<br />

Kanzler nach Stettin, um seinem Oheim von seinem Vorhaben Mittrilnng<br />

machen zu lassen.<br />

Herzog Barnim konnte sich aber nicht dazn entschließen,<br />

mit Kurfürst Moritz in Unterhandlung zn treten/) so reiste denn Zitzcwitz<br />

nur in Herzog Philipps Namen uach Sachsen. Tas Vertranen Herzog<br />

Philipps wurde gerechtfertigt, <strong>der</strong> Kurfürst<br />

Bekenntnis<br />

gab Zitzenutz uicht allein das<br />

seiner Theologen, soudcrn auch eine Abschrist dcr Instruktion,<br />

die er seinen Gesandten mitgegeben hatte. Dafür hatte <strong>der</strong> Kurfürst den<br />

Vorteil, einen Anhänger gewonnen zu haben, und das war bei seinem<br />

Vorhaben nicht bedeutungslos.<br />

Daß er Zitzewitz aber in seine Pläne eingeweiht<br />

habe, läßt sich nicht nachweisend) Nnn wurden in Poiumern-Wolgast<br />

eiligst die Vorbereitungen<br />

getroffen, um Johann von Usedom nach Trient<br />

schicken zu können. Am 21. Iannar unterschrieben die vorpommerschen<br />

Theologen das sächsische Bekenntnis.")<br />

Zu <strong>der</strong>selben Zeit entwarf Zitzewitz<br />

l) Vergl. Frie olän<strong>der</strong>, Gleifswaloer Uniuersttätsmatnkcl S. 223. Im<br />

Jahre 1549 war ^indeniann nicht mehr dort >S. 227>. er ging von Grcifswald nach<br />

Wittenberg svergl. Balthasar, a. a. 51. II, 365 und ^ldum nc^emi^<br />

Vit6d6!'ss6N8iL l, 2761-<br />

') Vergl. Beilage Vili.<br />

") öitzewitz hatte an Liudemanu geschrieben und um Übersendung <strong>der</strong> Konsession<br />

gebeten. Darauf<br />

einen Gesandten schicken ISchreiben an Wolde und ähnlich an Zitzewiy dat. Willenbera.,<br />

Montag nach omnium sancturunl(2.Nou.)W.A. Tit. 1 Nr. N loi.87 -91 u. sol. 107 f.!.<br />

^) Ulier den Aufenthalt des Kanzlers in Stettin uergl. sein Schreiben an Herzog<br />

Philipp,dat.Etettin, Sambstags nack Catharnme^«. Nou.)W. A.a a. 57. w! 9


Pommern und das Interim.<br />

^l<br />

die Instruktion fnr Johann von Usedom, die sich inhaltlich <strong>der</strong> sächsischen<br />

eng anschließt.l)<br />

Herzog Barnim dagegen vermied in <strong>der</strong> Instruktion für<br />

seinen Gesandten alles, was zum Vrnchc mit dem Kaiser führen könnte.<br />

In<br />

<strong>der</strong> Instruktion für Johann von Usedom war z. B. ausgeführt, daß<br />

die Protestanten M nur einem allgemeinen Konzil unterwerfen würdeu<br />

und deswegen das Tricuter Konzil uicht unbedingt anerkennen konnten, da<br />

es nicht von allen Nationen beschickt sei.<br />

Herzog Barnims.^)<br />

Dies fehlt in <strong>der</strong> Instruktion<br />

Seine Theologen rief dieser noch zusammen, damit sie<br />

das sächsische Bckeuutuis uutcrschriebcu; zu weitereu Schritte» kouutc Herzog<br />

Philipp ihu aber uicht veranlassen.<br />

)lls <strong>der</strong> Termin herankam, au dem<br />

die Gesandten abreisen sollten, besauu sich Herzog Baruim darauf, dak er<br />

darüber erst seiue Baudrate hören müsse, Herzog Philipp möge Iohauu<br />

von Usedom uur immer abreiscu lasscu.")<br />

uicht sageu; wahrscheiulich ist es uicht<br />

Ob dies gcscheheu ist, läßt sich<br />

<strong>der</strong> FaN, deuu die Iustruktiou<br />

wurde erst am I. März ausgefertigt, zu eiucr Zeit, wo bereits iu Deutschlaud<br />

Gerüchte über cineu bevorstehenden Krieg umlicfeu/) Iedeufalls hatte<br />

Herzog Philipp die Absicht gehabt, offcu für<br />

das Evangelium ciuzutrcteu,<br />

uud seiue Schuld ist es uicht, wcuu jetzt die Neligiousfrage zu guusteu <strong>der</strong><br />

Protestauteu entschiede« wurde, ohne daß Pommern dazu beitrug.<br />

Die Absicht <strong>der</strong> pommerschen Herzoge, die evaugelische ^ehre iu ihrem<br />

Laude zu erhalten, ist erreicht.<br />

Ebenso wie <strong>der</strong> Kurfürst Moritz von Sachsen,<br />

haben sie in den Hauptpunkten nicht nachgegeben. Die Uuterwerfung<br />

iu den an<strong>der</strong>n Pnuktcu war iu Pommeru nur eiuc rein formelle.<br />

Herzoge habcu von voruhcreiu abgelehnt, die katholischeu Zercmouieu wie<strong>der</strong><br />

einzuführen, sie haben <strong>der</strong>en Einführung aber auch verhin<strong>der</strong>t, iudem sie<br />

dahin wirkten, daß das Kamminer Domkapitel den evangelischen Martin<br />

Weiher zum Nachfolger Bartholomäus Suaves wählte.<br />

') T^ie Instruktion für Johann von Usedom, ausgefertigt am Dienstag nach<br />

Eftomihi (1. März) W. A. a. a. 3). n»!. , -2U, vergl. auch fc.l 46f. Die Vollmacht<br />

ist datiert vom Freitag nach Mntlhcl KP. l^ll. Febr.) ebenda t'


^<br />

Pommeru und das Interna.<br />

Beilage l.<br />

(Zli Seite ^l.)<br />

Am II. Juli berichtet Castroni aus Bamberg: „Es hat mir auch doctor<br />

Marquardt ungeverlicl, vor acht tagen, als ich ini veld bei ime zu vetten kommen<br />

gesagt, das etliche (so er nit namlnndig machen wolle) wi<strong>der</strong> unser g. h. etwas hefflig<br />

anhalten sollen", jedoch habe Doktor Marqnardt hinzugesetzt, <strong>der</strong> Kaiser habe nicht<br />

die Absicht „elwas wi<strong>der</strong> die Hertzogen von Pommern zu verheugen o^er sürzunehmcn,<br />

Ir Mt. hette denn znvor Ircr f. g. entschnldigung .angehört". In dem 5atnm dieses<br />

Briefes: !^.uu^6 po«!. n


Pommern und das Interim.<br />

Beilage ll.


Pommern und das Interim.<br />

Warnung, vermug <strong>der</strong> vflicliten, damit<br />

wir ihrer Majestät verwandt, nit gethan<br />

habell sollen, son<strong>der</strong> all^r erst nach etlichen<br />

wockcn. als Ir<br />

Majestät wideiwelliqen<br />

aus dein Felde gewichm und Inen Ihr<br />

entschuldigen lvollen,<br />

mit allerlei) mehren Ursachen, so uns Ul<br />

schulden anfaelent sein, Zum letzten dannoch<br />

uf uln'er vielfeltig un<strong>der</strong>thenigst bitt<br />

und nackuolgende artickel wi<strong>der</strong>umb inn<br />

Irer Majestät gnad und Huld zunehmen<br />

allergnedigst bewilliget hat,<br />

Nämlich das wir uns allen und iglichen<br />

Einigungen und Bundtnuhen, so wir mit<br />

Iemands betten, und wi<strong>der</strong> Ire Majestät<br />

und <strong>der</strong>selben freuntlichen lieben Bru<strong>der</strong><br />

dell Römischen konig sein, «erstanden o<strong>der</strong><br />

gedeutet werden mochten, und son<strong>der</strong>lich<br />

<strong>der</strong> Schmallcüoischen Vundtnus itzo oNbaldt<br />

gentzlich vortzeihen und daraus ver'<br />

sprechen und zwagen, hinfuro lein Buudt-.<br />

nus cimzugan. e« sey unlhcr was schein<br />

es ummer wolle, dar in Ir kaiserliche und<br />

königliche Majestäten und beide Heuser<br />

Osterreich und Burgunde» und an<strong>der</strong>e<br />

Irer Majestät erblichen Fürstenthumb<br />

und Lande nit ausdrücklich ausgenommen<br />

und vorbehalten werden, onn alleCondition<br />

o<strong>der</strong> beding, wie das Immer genannt<br />

werden mag.<br />

Item das wir bei<strong>der</strong> Irer kaiserlichen<br />

und königlichen Majestäten ungehorsamen<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Irer Majestät o<strong>der</strong> des<br />

Nomischen konigs wi<strong>der</strong>wertigen In- o<strong>der</strong><br />

außerhalb des heiligen Reichs kein liulfs,<br />

beistandt, jur<strong>der</strong>nng o<strong>der</strong> furschub thun<br />

sollen, auch an<strong>der</strong>en, die sich dahin begeben<br />

wolen, den paft odcr Durchzug durch<br />

fodcr wo solicks nicht zuverhalten. <strong>der</strong><br />

artickel also zu voren<strong>der</strong>n: Irer Mt. die<br />

lehuspfllcht in gemein wl<strong>der</strong> unser wissen<br />

und willen aufgesagt mitbegrijsen ge^<br />

wesen, dieweil wir solliche aufsagung auch<br />

die schuldige warnung zu erster Zeit nicht<br />

soltcn gethan haben, Son<strong>der</strong> erst nach<br />

ehlichen wachen, als Irer Mt. wi<strong>der</strong>werligen<br />

Im velde geweien, uns entschuldigen<br />

wollen, mit allerley mehrern<br />

Ursachen, so uns aufsgelegt sein, zum<br />

letzten ?c ^j<br />

an<strong>der</strong>n<br />

zngelegt worden, verwegen Ire Mat. sich<br />

uf unser :c.<br />

Das worllen zu schulden"' bitten wir<br />

auszulassen und also zu setzen: S;o uns<br />

ausgelegt worden, verwegen wir uiclfeltig<br />

enlschuldigung bel, Ihrer Mt. furwenden<br />

mussen, Zum letzten lc.<br />

dic<br />

sampt<br />

Bitten diese ^»rte auszulassen und ahn<br />

stadt <strong>der</strong>selben zu setzen: <strong>der</strong>en wir uns<br />

doch nicht wisscn zu berichten. Da sie<br />

aber bleiben solle, das man darzu setzet:<br />

<strong>der</strong>en wir uns albercit vor etzlichen Jaren<br />

abgesagt, auch itzo ?c.<br />

^lllch dein worllcn ..widcrwertigen" dit'<br />

tcn wir hirein zu setzen: Die Ihre lei).<br />

M. uns jedesmal zeitlich anzeigen, o<strong>der</strong><br />

wir snnst uon an<strong>der</strong>n alaubhafnig mochten<br />

berichtet werden, voi uns wissenden wi<strong>der</strong>«<br />

wertigen.<br />

Diese worte bitten wir auszulassen von<br />

wegen oer gejar, szo den Hern und un<strong>der</strong>-


Pommern und das Interini.<br />

unser Furstenllmml), Lande, obrikeil und<br />

gepicte nit gcstatcu, und so darüber emicher<br />

unser un<strong>der</strong>thanen, wcs stands <strong>der</strong> sey,<br />

sich dohin begeben wuide, gegen den o<strong>der</strong><br />

dyeselben sollen wir mir gebürlicher slrasf<br />

mit allem crnst uorforcn und handlen<br />

on alle gnade.<br />

Doneben sollen wir auch getrewlich<br />

Irer Vlajcsläl smaden und Nachteil wenden,<br />

nutz und frolneu nach unserm bestelln<br />

uormugen befur<strong>der</strong>u. uud so wir ichles<br />

innen wurdeli, das wi<strong>der</strong> Ire Majestät<br />

iho o<strong>der</strong> lunfsliglich suraeuomen o<strong>der</strong><br />

gebandell wurde, dar iu sollen wir Ile<br />

Majestäten unoertzüglich warnen Ulld<br />

uns ionst als netreue geborsame und<br />

und un<strong>der</strong>tbemgüe ssürsteu gcgell<br />

Ire<br />

Majestäten, unsern einigen Herrn, höchsten<br />

obr'keit und allergnedigsten Kaiser<br />

und<br />

konin tmnur<strong>der</strong> allzeit ertzeigen nnd ballen.<br />

Wlr sollen und wollen auch allen dem<br />

lenigen, so Ir Majestät im heiligen Reich<br />

deutzscher Nation zu ruhe und nutz ordnen<br />

wurdet,<br />

was<br />

gehorsamen und in son<strong>der</strong>heit,<br />

uf diesl'm Reichstage mit gemeinen Elenden<br />

des heiligen Reichs verabschiedet, beschlossen<br />

und verordenet<br />

wurdl, getreulich helffen hallen, befur<strong>der</strong>n<br />

und volziehen und hinsur<strong>der</strong> on einiche<br />

weigerullg <strong>der</strong> Iustitiendes Camergerichts,<br />

so Ir<br />

Majestät ausrichten und besetzen<br />

wurdet, gebors.im leisten m»d nnicr aeburnus<br />

zu un<strong>der</strong>naltung desselben erlegen.<br />

lhallen darauss entstehen mag, und all <strong>der</strong>selben<br />

stadt zusetzen: Den unsern und<br />

an<strong>der</strong>n, <strong>der</strong>en wir mcchtig, sich dahin zubegeben<br />

nicht gestalten, uud so x. Wir<br />

bitten auch von <strong>der</strong> tey. Mt. gelledigst<br />

resolution dieses artikels halben, wie in<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>n uuser ubergebenen schrifft gebetteil<br />

worden.<br />

Hierzu bitten wir diese Klausel anhangen<br />

zu lassen: uus auch suust als getreue, gehorsame<br />

und undcrthenigste surften vermöge<br />

unser lcheusftsticht gegen Ilire lay.<br />

Ä)it. als unseren einigen Hern, höchsten<br />

obrileit ulld allergcnedlgsten keuser und<br />

konlge, erzeigen und halten wollen.<br />

Uud das alsdan <strong>der</strong> uolgcndc gantze<br />

artickcl mochte ausgelassen werden, dan in<br />

dieser Klausel <strong>der</strong>selbe artlckel gautz begriffen,<br />

^ut. ti^d lllut3.t.i0 t.illl8: dallebcll<br />

wollen wir auch uormoge unser lchsuspsilchl<br />

Ihrer Mt. schaden :c.<br />

lli:<br />

gcnde jententz moge hin geseht werden:<br />

desselben o<strong>der</strong> Irer Mt. ei kantn m' und<br />

verordnnng in allen sacheil, darnmb wir<br />

bey Irer Mt. o<strong>der</strong> dem Kamergericht bc-


Nachdem auck allerley clng wi<strong>der</strong> uns<br />

an Ire laiserNck Majestät hiebevorn<br />

und allhle uf dieselli Htcichstage flirlolncli,<br />

dar in sollen nnd wollen wir Ircr l.nscr:<br />

lichen Majestät crkantnus erwarten ulid<br />

<strong>der</strong>selben nachkoincn o<strong>der</strong>, so Ir Majcslät<br />

uns an<strong>der</strong>es wo Hill zum Reckten de.-<br />

scheiden wurdet, demselben wollen wir<br />

gehorsamlich gcleben.<br />

Und ob Ir Majestät negen cimchcr<br />

person aus nnsern un<strong>der</strong>lhanen o<strong>der</strong> sonst<br />

wes standes die whercn. so in vorgangener<br />

kriegsubung wi<strong>der</strong> Ire Majestät ,'lch gebrauche!,<br />

lassen und <strong>der</strong>halben da«) laster<br />

Orimeli Iti30 m^e3l«.li3 neilanl bcgangen,<br />

straff furnehlncn wu^dc, so<br />

sollen und wollen wir solchs i„ leinevley<br />

weise uerhili<strong>der</strong>n, son<strong>der</strong> Ir Majestät mit<br />

demselben vermug des Reckten Gewalten<br />

lassen.<br />

Und serner sollen wir selbe persönlich<br />

o<strong>der</strong> durch unsere ansehnliche trcffenliche<br />

Rethe und gesandten den suhsall vor Ircr<br />

Majestät innerhalb uier Monaten von<br />

dato dieses Briefes thun und undcrthenlg'.<br />

lich bitten, das Ir kaiserliche Majestät<br />

aus kaiserlicher miltileit und gnaden uns<br />

wollen verleihen.<br />

Daneben sollen wir zu erstatung eins<br />

theils Irer Hilajestät aujgewclidteli lriegslostens<br />

ein benante summa gelts, so ui<br />

hun<strong>der</strong>t und fulifftzig thausent gulden<br />

Reinisch zu funstzeheu palzen einen jeden<br />

gulden angeschlagen gemessigt, an bareni<br />

gelde zu Nurmberg zu handen <strong>der</strong>en, so<br />

Ir Majestät dartzu lierordneu luurdel. den<br />

halben theil us den ersten Augusti und den<br />

an<strong>der</strong>n halben theil uf deli erneu Oktobers<br />

negstlunfstig gcwislick, entlich und on allen<br />

abgang zu abtrag entnchleu und erlegen<br />

Solche oligfschricbellc punctc und artickcl<br />

haben wir oorbenantc Heltzogcn zu Ponlcrn<br />

^c. von hockstgcdackter )lioiniscken kaiierllchel.<br />

Majestät flemuillig, ,ml höchster Ta»^<br />

sagung und ilndeitlicnig'lem gehorsam angenohmeil<br />

und nehmen die also hiemu uil,<br />

wisscntlick in kiuffl dieses<br />

elagt, erwarten, auck solch Cainergerlchle<br />

unserer gcburnuss nach undcrhaltcn bclffen<br />

Und <strong>der</strong> folgende gcmtze artlckel auch<br />

moge ausgelassen werden, weil <strong>der</strong>selbe<br />

hieil'nnc auch begriffen Weil unscln a.<br />

Hein rioii allerley klagen, davon dieser<br />

arlickel meldet, nickt bewußt, bitten wir,<br />

lhn amznlllssen und bcy dein vorhergehenden<br />

artlckel den nnhalig zllgcdnlden. o<strong>der</strong><br />

die (5lagen zu spezificircn. vel die: hiebcuorn<br />

sollen fnilonilneu sein d>ninl,c x'<br />

Nachdenie wir vochin schrisstlick gebettcn,<br />

die Ull<strong>der</strong>lbancn in unserer g Hern<br />

straffe dieser sacken lind nberireltung hal<br />

beli zii lassen, szo vilten wir diesen anickel<br />

auszulassen mit erbiltung, das nnsnc g.<br />

h. dieselben Massen werden. v?I kio n,uttilul-<br />

.llticuln^ illilil»: Zu deine sollen<br />

wir und wollen auch unsere unocrtlianen<br />

wcs standes die weren :c.<br />

nl> 56^liit.nl' in geburliche strasse vorinoge<br />

<strong>der</strong> beschriebenen siechte nehnielt.<br />

Dn'fen und nachfolgenden artickel bilteli<br />

wir auszulassen und an stadt <strong>der</strong>selben<br />

den bescblilss, wie volgeli wirt. zusetzen.<br />

Und bitten zu veihuitung des fusfals uoli<br />

wegcii des grossen unglimpfs uns an siadt<br />

unsel g. Hern zll eillcr zeitlichen abbit, wie<br />

die ubelgcbcne formula inhelt, lonimen zulassell<br />

und wtrt solcher abbit Meldung<br />

im besckluss auch geschehen.<br />

Ticsen arlickel bitten wir auch auszu.<br />

lassen. Den wo die betzalung volgen wm,<br />

koiite diese ^dli^>ll.lo iu l'lnul uill liicht erstiecll<br />

werden, son<strong>der</strong> gepurl uns eine<br />

wli odcr 'inn.luriir dagegeii zun.<br />

Wii cibitlcli illis auch e,nc son<strong>der</strong>e<br />

obllgatian ht^rilber in namen unser g.<br />

herii zu geben, mm pl'd muleta, 8l^ä zu<br />

einer vorehrung.<br />

.liola: Zil, Llad. Muntz <strong>der</strong> erlegung<br />

abzilhandcln.<br />

Dissen bescklnss bitten n)n- ^n eingang<br />

alleili also elideill zlllasscli: Solcke obgeschtlebcne<br />

puncla ulid art ckel haben lvir<br />

uorbcnante beide Herzogen zi' Stettin Poln:<br />

lnerli :c. ge^eli hvckgcdackter ley. Vlt. nach<br />

ilndelthenigstel und nllt hockster dankdci<br />

crlajieiicii iingnaden nud vor«


Pommern und daö Interim.<br />

(Nercden nnd vorsprechen bey nnscrn<br />

Rechten guten ncharen nnd fürstlichen<br />

treuen, dieselben «Nickelalles Ires InHalls,<br />

so ulcl we uns belrcsfcn o<strong>der</strong> betreffen<br />

mugen. stet, ucst, anfrichtig und unuor«<br />

brochenltch zllhalten und vollen ziehen nnd<br />

denen nach allem unserm vormugen lmckzukomen<br />

und zugelcben nnd dawi<strong>der</strong> nimmermehr<br />

zulhun. zu liandlen o<strong>der</strong> surtznnennen<br />

durch uns sclbs noch jemand an<strong>der</strong>n<br />

von unsernt wegen heimlich noch<br />

öffentlich in gar kein weg.<br />

Das zu nibarcm urkundt haben wn<br />

diesen brieff nlit unser eigen hcmdl un<strong>der</strong>schrieben<br />

und mit unserm anhangenden<br />

Zusiegeln belresstigt, <strong>der</strong> geben ist am<br />

tag des Monats . Anno<br />

l(. im achtundviertigsten.<br />

dachts sreywillig in nn<strong>der</strong>thenigstcm ge.^<br />

horsam gewilligt uild angenommen, willigen<br />

und nehmen die also hiennt ahn<br />

wissentlich in trafst dieses drives. Gereden<br />

:c wie uolge! bis zum Ende.<br />

Slcll Alch. Tll ^ H'l ?tt<br />

lol '.6<br />

.


4ft<br />

'^ommern und das Interim.<br />

Mellage lll.<br />

Um die auf Seite 16 au'geslclltc Vchauvtuug, die Ordnung <strong>der</strong><br />

stimme inhaltlich mit dem Bedenken dcr Greiiswal<strong>der</strong> Theologen unrein, »achzuftrüsen,<br />

vergleiche man die unten angeführten Abschnitte über die Rechtfertiglinaslehre.<br />

In dem Interim ist dieses d^r Abjchnltt, <strong>der</strong> den Protestanten ani anstößigsten<br />

erschien und dessen Annahme am meisten Schwierigkeit machte.<br />

Bahlow (a. a. O. S. 41) macht darauf aufmerksam, daß die Ordnung<br />

<strong>der</strong> Kirchen in Artikel 3 von dem lutherischen Kt.indpunkt abweiche, da sie die<br />

Heiligung zu <strong>der</strong> Rechtfertigung rechne. Auch wenn dies tatsächlich <strong>der</strong> Fall ist, so<br />

laßt sich doch nicht daraus folgern, daß die Ordnung <strong>der</strong> Kirchen jväler als das<br />

Bedenken entstanden sei. Diese Annahme basiert nur auf <strong>der</strong> Vermutung, daß<br />

die Herzoge mit dem Bedenken nicht zufrieden gewesen seien, weil sie sich dein Kaiser<br />

hätten nachgiebig zeigen wollen. Wir wissen ja, daß dies nicht <strong>der</strong> Fall war Es<br />

liegt hier in Artikel 3 wohl nichts weiter als eine Ungcnauigkett im Ausdruck vor.<br />

Daß die Heiligung unter die Rechtfertigung rubriciert wird, geschieht hier — wie<br />

auch im Bedenken — <strong>der</strong> Anorlnnng des Interims zuliebe. Der 'Ausdruck „tue<br />

Rechtfertigung begreift i n sich" scheint nicht auszuschließen, daß man die Gaben des<br />

heiligen Geistes ?c. als folgen <strong>der</strong> Rechlfenlgun l verstanden hat; denn in Artikel 5<br />

heißt es von <strong>der</strong> Liebe, sie sei eine Frucht <strong>der</strong> Rechtfertigung und trotzdem steht kurz<br />

vorher, daß sie durch Wnkung des heiligen Geistes i^ <strong>der</strong> Rechtfertigung nicht<br />

ausbleibe.<br />

In <strong>der</strong> Ordnung <strong>der</strong> Kirchen heißt es:<br />

2. Von <strong>der</strong> Rechtfertigung des Bün<strong>der</strong>s soll also gelehrt werden, daß <strong>der</strong><br />

Mensch nich: aus eigenen Werckeu und eigenem Verdienst, son<strong>der</strong>n aus<br />

Varmhertzigkeit des Vaters und dem Verdienst unsers Herrn Ieiu Christi,<br />

durch den Glauben an den Sohn Gottes, <strong>der</strong> eine Velsöhnung ist für<br />

unsere Sünden, die Gerechtigkeit, die für Gott gilt, überkomme.<br />

3. Die Rechtfertigung aber begreifst in sich Vergebung <strong>der</strong> Sünden, Erlösung<br />

vom Tode, und die Gaben des helligen Geistes, <strong>der</strong> das Herye relinget<br />

und verneulet zu einem neuen Leben, Gehorsam und Liebe, dadurch er<br />

denn gutwillig und bereit M zu allein Guten.<br />

4. Gott iot<strong>der</strong>t von dem Gottlosen, den er rechtfertigen wll, eine wahrhafjllge<br />

ernstliche Busse, einen festen Glauben ali Jesum Christum, <strong>der</strong> icm Blut<br />

vergossen hat zur Vergebung unfer Künden, uno ein neues gottseliges Leben<br />

b. Wiewol die Liebe eine Erfüllung ist des Gesetzes, und durch Wlitung des<br />

heiligen Geistes in <strong>der</strong> Rechtfertigung nichl aussen bleibt, so ist die Liebe<br />

dennoch nicht eine Uisach und Verdienst <strong>der</strong> Gerechtigkeit, son<strong>der</strong>n allein<br />

eine Frucht, die aus dem Glauben kommt, wie <strong>der</strong> heilige Vaulus sagt:<br />

In CVristo gilt nichts, denn <strong>der</strong> Glauben, <strong>der</strong> durch die Liebe thätig rst.<br />

Darumb ist die Liebe ein Zeugniß des Glaubens, daß er lebendig und<br />

rechtlchaffcn sey.<br />

6. Wenn <strong>der</strong> Arlickel von <strong>der</strong> Rechtfertigung also verglichen ist, so bleibt kein<br />

Mangel in <strong>der</strong> Lehre, son<strong>der</strong>n Gottes Wort tan lauter für und für<br />

gepredigt werden.<br />

In dem Bedenken <strong>der</strong> Grettswal<strong>der</strong> Theologen heißt es:<br />

Von <strong>der</strong> Rechtfertigung wirt auch in unsern lirchen dasselbige siensig gelerl<br />

und gelrieben, das <strong>der</strong> Mensch l»icyl durch eigen wercl und verdienst, fon<strong>der</strong>n aus


Pommern und das Interim. 49<br />

lauthcr barmhcrzigkeit des Vater«, durch den verdienst Jesu Christi gerechtfertigt<br />

werde. Aber in diesem artlckcl icindt zwen glosse menaeÜ, dcr elitc, das des glaubcns<br />

wenig gedacht wirt, dem doch allein in <strong>der</strong> heiligen schrifft die gcrechtigkeit zugerechnet<br />

wirt, wie <strong>der</strong> heilige Paulus zum Romern am dritten sagt: die gerech tig keit gott«<br />

summet durch den glauben an Icsum Christum zu allen und aufs alle, die da<br />

glaube:?, und saat balde dainach, das wn rechlsellig weiden umb sunsl ohne verdienst<br />

auß gnaden durch die erlosung, die durch I>»sum Christum gescheen ist, den Got hat<br />

lurgesatzt zum gnndenstllhl, durch den glauben in seincul blude ?c. Und sagt weiter<br />

daselbst: So hallen wirs dafür, das <strong>der</strong> Mensch rechtfertig wirt ohne werck des<br />

gesetzt, allein durch den glauben. Nachdem mabl er ein Got l gejagt, das sie nuchte des glauben«<br />

jeindt, darautz dan erkant w,,d. ob <strong>der</strong> glaube rechtschaffen o<strong>der</strong> lebendig sey, wie<br />

die Epistel Iacobi sagt, das er den glauben au« dcu guten welcken beweisen wil.<br />

Tarulub sein die wcrck aewlsfe Zeugnu«, das <strong>der</strong> glaube alda sey, wen er durch die<br />

liebe wnckl und fruchtbar lst, so iü nun del glaube das leben <strong>der</strong> wercke, also, gleich<br />

wie <strong>der</strong> leib todt ist ohne geist, also feint auch die autrn werck todt ohn glauben.<br />

Zu drm ist aucll ein mangel in diciem cnnckel von den siptil'iduä LU^yroi«-<br />

^ildioui , das ist von den iibrigcn wcrckon. ohn und über gals gebot, das mali<br />

gutwillige wcrcke nach eigener erwehlung wi<strong>der</strong> einshureii wil, die geschehen seindt<br />

nach menschen und uichl nach gotes gebotte, welche auch dirle falsche Meynung gehabt<br />

haben, das man dadurch Vergebung <strong>der</strong> funden und die fell'gkelt erlangen kondt.<br />

Darum die guthwilligen wercke aussen dl.» jcm. die in <strong>der</strong> heiligen schrifft gerhumet<br />

werden, auff das sie im gehorsam aufs «oll« wordt geschehen mug en, und mussen<br />

au<strong>der</strong>e Ursachen haben, dell t"y man die seliglcll dadurch erwerben wolte, wie man<br />

in klostern gelernt hat, son<strong>der</strong>n mussen nutz und dienstlich sein, das sie zu gotes Ehr<br />

und den Menschen zum besten gereichen, gleich ime <strong>der</strong> heilige Apostel Paulus keine


50 Pommern und das Interim.<br />

bejoldung nham, do er sie doch wol bette Mich fur<strong>der</strong>n können, auff das er das<br />

Evangelium nicht verdechtlich machete. Darmnb mutz man sich auch wol fursehen,<br />

das nicht auh gulhw'lligen wercken elgeüe erwelte wercke werden, nach menschen und<br />

nicht nach gots gebotten, io wir doch an gots gebotten mehr zuthun haben, dan wir<br />

cmßrichten können.<br />

Von vertrauen <strong>der</strong> Vergebung <strong>der</strong> sunde, das sich <strong>der</strong> glaube auff das theure<br />

bludt Jesu (5hristt gründen sol, ist unser gantzc Iher, die wir immer in unsern lirchen<br />

ohn undterlaß treiben, den Christus hat uns also geliebet, daß er uns gewaschen hat<br />

durch sein bluth von all unsern lünden 1. Ioannis l.<br />

Auß diesem grundt hallen wir viel grosse Abgoltereu, falschen gottis dienst<br />

und greuliche mitzbreuche, de durch für diesen Zetten ist gelert worden, <strong>der</strong> Hund loh<br />

zuwerden, gesiraffet, geen<strong>der</strong>t und gebessert.<br />

lDer Text ist nach <strong>der</strong> Handschrift >


Pommern und das Interim. 51<br />

Meilage IV. (Zn Seite 20.)<br />

Es dürfte von Interesse sein, den Wortlaut <strong>der</strong> betreffenden Stelle im Stettiner<br />

Protokoll kennen zu lernen, weil Cramer und Gadcbusch diesem ihre Nachricht zu<br />

verdanken scheinen sCrannr sagt in seiner Borrede znm A. Buch, dnß Stettin und<br />

Etargard „gar sleissig in ausfhebcn etlicher Archiven und alten Bücher gewesen"j. In<br />

eckiger Klammer stehen Zusätze, die am Nande gemacht sind.<br />

(sol 7): Es hatt <strong>der</strong> hochgelarte Niclaus Ienhkow doctor bericht, daß er die<br />

Reformation ^so nf das Interini gcnelot werc> zum teil gelefen so uf das Interim<br />

gestaldt, befunde, daß es in etlichen scntentien nicht vollenkomlichcn, und daß es ein<br />

wi<strong>der</strong>ufrichtunge <strong>der</strong> alten verlassenen papistischen lehr sei, und so man erstlich<br />

Iren f. g. raten wurde sich Ie,,cu sollichs Interim und an<strong>der</strong>s zusetzen. Mußte man<br />

leib und guts besorgen zuverliren Nmuyt mcms Interim an, so a.chets<br />

nicht oue gefare <strong>der</strong> seelen zu, und weils hochwichtige fachen, will er neben sein<br />

Hern vor gnlt achten, daß man dem geprnuche nach erstlichcn <strong>der</strong> prelaten und<br />

Nitterschaflcn meytnmg anhöre swie weil sie sich ingeiasseu f. g. hirin zuratelil, und<br />

was sie sich dan cndslossen, neben dieser Sledtc gesandten Andtwort Iren f. g. an-»<br />

zuzcigeu lc. lind es ist son<strong>der</strong>lich wichlich. dall das man das Interim und<br />

Reformation, so nichts an<strong>der</strong>s dan die papisterei sei, solle annemmen, nnd also die<br />

ein Zeit langt Rciuc Christenliche lehre deh Euaugelii zuvcrlassen. Weill sie aber<br />

f. g. uf etlichen landtagen angezeigtt und zugesagt, ^b Ire f. g. dieser lehre des<br />

Euangelii halben angefochten wurden, Leib und gut bei Innen ufzusetzen, so wollen<br />

sie dem leiser Erstlichen in prouan fachen nu<strong>der</strong>teniaM gehorsam leisten, aber wissen<br />

diese betanote Religion nicht zuverlassen, dau mussm got mrhr gehorsam sein dan<br />

den Menschen, und die Stette Habens auch one vorwisseu <strong>der</strong> Iren nicht macht,<br />

sich davon zubegeben und sollich Interim o<strong>der</strong> papistische lehr anzunemeu.<br />

Darnach ein Je<strong>der</strong> Irem Nham und Radtslagk augezcigt. Weill aber etliche<br />

Als son<strong>der</strong>lichen die Stettinischeu und Stargardischen und an<strong>der</strong>e von Stellen angezeigtt,<br />

die Iren wollen leib, leben, gut und vluth daran wagen beim gol lichen worte<br />

zupleiben :c., So haben die Stralsuudischen nnd Gripswoldischen angezeigtt, daß sie daß<br />

mit den Iren noch so grundtlicheu nicht beraten hatten, Dan wo man sich deß verhoren<br />

liesse, SoRiete man F. g. zu krigen, aber die vmnembsle uberlcndischenStette hellen vast<br />

das Interim angenommen und ess wolten diss landt viel zu geringe sein legen<br />

solch ein hohen potentaten die Rom: lcy. (l'ol. tt) mat. daran die gantze werlt hengt<br />

zuwi<strong>der</strong> streben, und es betten auch die predicantcn vast ein hoheß bedencken diß<br />

Iren f. g. zuraten<br />

'^<br />

4*


52 Pommern und das Interim.<br />

Beilage V.<br />

(In Seite 2-e.)<br />

Im herzogt. Protokoll findet sich zum w. Sept. folgende Randbemerkung:<br />

dises tages ist Marg. Hansen gesanter gehört worden Adrianus Albini vor mittag.<br />

Das Protokoll einer Beratung <strong>der</strong> Räte am ^. Sept. sW. A. Tit. 5)9 Nr. ii f^. 219f.><br />

gibt an, daß Markgraf Johann eine Verhandlung wegen <strong>der</strong> schwebenden Grenzstreitigkeiten<br />

wünschte. Nun ging aber dieser Auftrag des Albmus nur an die<br />

Herzoge, vor den Ständen wurde dies nicht verhandelt: Albinus muß also noch einen<br />

an<strong>der</strong>n Auftrag gehabt haben. Es findet sich das Konzept einer Instruktion für<br />

Atbinus, lei<strong>der</strong> ohue Iahresoatum. Vielleicht gebort die Instruktion lVerl. Geh.<br />

Staatsarch. Rep. 42 7 O l


Pommern und das Interim. 53<br />

von gehandelt worden. Auch Gnediger Fürst und Herr im Anfang des lanttages<br />

ist ein doctor <strong>der</strong> genannt Weger von kay. Mat. kommen, <strong>der</strong> angezeiget, wie kny.<br />

Mat. stracks haben wolt, die klostcr, kirchcn und gestiesjt wie<strong>der</strong> auff zurichten,<br />

auch <strong>der</strong> Landtschafft treulich geraten, sich wie<strong>der</strong> kay. Matt, nicht zulegen, son<strong>der</strong>n<br />

das die Hern mit kay. Mat. muchteu vertragen werden, wen kay. Mat< Son <strong>der</strong><br />

teme mit 70tausent Spanger getzogen, auch sott <strong>der</strong> von Beuren Fuufftzig<br />

taulcud mahn bei einan<strong>der</strong> haben; Ab dem also laß ich ihn seinen<br />

wirden bleiben. Auch gncdiger Fürst und Herr werde ich weitter bericht wie e. f. g.<br />

gcschickttcn, auch hertzogk Moritz, bei den hertzogen gehet, wie<strong>der</strong> kcy. Matt, mit<br />

Ihn zu verbinden, des die hcrtzogen den Stenden ihn Rat geben, haben sie geraten<br />

das maus ihn keine wegc thun sol, angeschen das sie vor ihm verbuutuis kommen<br />

wehren und in <strong>der</strong> Suppen stecken blieben, dartzu etliche grobe spitzige wort uff c.<br />

s. g. <strong>der</strong>gleichen usj hertzogk moritz gehabt, die mir nicht gebureu wollen zuschreiben,<br />

dis ich e. f. g. in aller un<strong>der</strong>thenigkeit nicht bergen konneu, und biu cuger f. g.<br />

in aller un<strong>der</strong>thenigkeit zudicnen gautz willig und bereit.<br />

Datum Dertzo Montags nach tobie Anno XI^VIII.<br />

E. F. G. gehorsamer un<strong>der</strong>thaner<br />

Churt von Borgstorff.<br />

Verl. Geh. Staatsarch. Prov. Vrand. lioz'. ä Ncmnark Ncg. I. 1 sol 3.<br />

-


54 Pommern und das Interim.<br />

Beilage VI. (Zu Seite 25.)<br />

Bericht Johann von Usedoms über die Verhandlungen <strong>der</strong> pommerschen Ge^<br />

sandten mit den kaiserlichen Räten am 11. und 14. Dezember 1549.<br />

Der solgcnde Text ist eine Wie<strong>der</strong>gabe dessen, was Johann von Usedom über<br />

die beiden Verhandlungen ausgezeichnet hat. Er scheint dies während <strong>der</strong> Verhandlungen<br />

selbst getan zu haben, die Sänift ist flüchtig, auch trennt Usedom !1iede und<br />

Gegenrede ab. Der Bericht wird nur wie<strong>der</strong>gegeben, soweit er die Verhandlungen über<br />

das Interim betrifft. Die Original Handschrift findet sich Stett. Arch. Tit. 2 aä<br />

Nr. 22' sol. 147 ff.<br />

(sol. 147.) Die Martis den 11. Dezembns sem wir den vorigen bescheid nach<br />

wi<strong>der</strong>umb zu dem von Arras gangen, <strong>der</strong> dan zu sich gefo<strong>der</strong>t gehapt O. Viglium<br />

Hasen gerardum und Erasmum, <strong>der</strong> key. Math rathen, und mundtlich angezeigt, das<br />

u g. f. und Herrn gemuth nit where sich in disputation mit <strong>der</strong> kan. Mat. einzulassen,<br />

was aber von unh in <strong>der</strong> ubergcben schrifft zu Ingang von unser g h. Unschuld<br />

gesetzt where, das gehoreten dabin, das die kay. Ma. dennoch nach empfangenem un<strong>der</strong>,<br />

thenigstem berichte u. g. b. Unschuld dahin mochte bewogen werden, danno die verschreibung<br />

o<strong>der</strong> Capitulation also mochten gcnchtet werden, das dieselbe I. f. g. <strong>der</strong>selben<br />

erben und dem haus zu Stettin Pomern nlm und bei <strong>der</strong> kunsfligen posterità<br />

nicht mochten verwcihlich sein, hetten auch verhofft, solchs soltcn von wegen beschcner<br />

vielen surpitt auch autz <strong>der</strong> ursach, das I. f. g. dem haus zu Ostreicy mit dluts<<br />

uerwantnutz nha gefreundet, zuerhallen sein. Diß ist unbeantwortet pliebeli.<br />

Folgendts haben sie sich des erst erpietten <strong>der</strong> Verzeihung aller bundlnuh ?c.<br />

gesallen lassen, mit anzeigung, das I. f. g. solchs auch auß lehnspflicht on einichcn<br />

capittulation schuldig wheren.<br />

(sol. 147.) In gleichnuh den artikel, das u. g. h. <strong>der</strong> lay. Mal. wi<strong>der</strong>wertigen<br />

kein hilff noch furschub thun wollen, noch den Iren denselben zuzuziehen gestatten ?c.<br />

Jedoch mit disfem anhangen, das <strong>der</strong> punct, so bei demselben erbieten angehengt,<br />

ncmblich so fern I. f. g zeitilich v. d. kay. Mat. wurden verwarnet werden, <strong>der</strong> tan.<br />

Ma. nit annemblich where Dan die lay. Mm. zu je<strong>der</strong> Feilt nit wissen kondten, wer<br />

wi<strong>der</strong> I. l. M. zi:l)p o<strong>der</strong> handlcn wollen. Zum an<strong>der</strong>n werc I. k. M. auch nit gelegen,<br />

den h. zu Pommern Ire geheimuh <strong>der</strong>massen zu eröffnen, son<strong>der</strong>n es geburten den<br />

lierrn lein verg^rnung, bestellung o<strong>der</strong> zuzug von rcutcrn o<strong>der</strong> knechten zugestatten,<br />

sie hetten den ^uoor sich mit fleisse bei den hauplleulen erkundet, wohiu sie den Zug<br />

gemeinct o<strong>der</strong> fürgenomluen und solchs <strong>der</strong> lay. Mai. in lrafft <strong>der</strong> lhcnspflicht ver<<br />

meldet mit serner Illation, das solchs I. f. g. hiezuuor zu thun auch gebuN hetten.<br />

V68U08 miliden, coiiiÌ6


Pommern und das Interim. 55<br />

zuhelffen. wurden aber die lcy. Ma. einen priuat krieg mit cinicheu unser benachpaurten<br />

ansahen, wurde lay. Mai. die fursehung wol thun, damid solchs on unsern<br />

schaden wurde zu gehn: Ludìeeit nnu3 ex dm'^unäionidnL, das auch u. g. h. in dem<br />

fall als kay. Mai. uasalli schuldist whern, s. k. M. bestes zu wissen, I. M. schaden zuverHuten,<br />

auch den pah zu gestattcu. Wie wir nach langer oisvutatiou unser Iutent<br />

in denl nit erhallen nmgen, haben wir gepeten, die lau. Ma. wollen unh ein verschreibung<br />

geben, das aufs deu fall, das u. g. h. von wegen Verhin<strong>der</strong>ung des passes<br />

etwas beschwerlichs solteu surfallen, (fol. 148') das die kay. Ma. I. f. g. alszdan mit<br />

rhadt und hilsf nit lassen wollten o<strong>der</strong> wcs sie sich zu <strong>der</strong> kay. Ma. od dem reich<br />

sollen zu vertrösten haben, in ansehung das n. g. h- den umbliggendcn potentaten zu<br />

wi<strong>der</strong>stehn o<strong>der</strong> zu whereu zu schwach. li^pouäit, ^U-6d^t6U8Ì8 U6 Iwo<br />

P0886 fa.06!'6. ^ss6I6Nt Q03ti'i pl'ÌQLÌP63 don». Kay cum<br />

jmp08äidil6. kondtcn sie nit whercn, weren sie zu schwach o<strong>der</strong> bcsharten sich eines<br />

gewalts, tuno cni'i-enäuin !


56 Pommern und das Interim.<br />

. Iessit.6 Interim, verb^ 3unt clara etc. wie wir aber oorjegen an«<br />

gezeigt, da^ u. g. s. und Herrn dennoch nit zuverdenckcn, dos sie umb Declaration des<br />

Interim, weil bey vielen Steudeu des Nelchs noch allerley Zweifel o<strong>der</strong> misverstand<br />

wherc, das etlichen von dcn Tlieologis, so bey Verfassung des Inlcriins gewesen, nit<br />

einen einhelligen vorstand desselben haben, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> eine än<strong>der</strong>st, dan <strong>der</strong> an<strong>der</strong><br />

dasselben beulten. Daraufs <strong>der</strong> von Arras gefragt: wer die wlicren, sein ssol. 150)<br />

etliche von unß genannt worden. Daraufs geanttlvortct, ob wol nit vel'isimile, das<br />

solchs geschehe, so wurden es dock <strong>der</strong> kau. Mat. wi<strong>der</strong> Incn noch audem gleuven,<br />

das sie es nach Irem gcsallen deutten mochten.


Pommern und das Interim. 5)7<br />

«it. 6t oo^ere V6»Uo8 5udäito8, nt V68tii8 p^eitiL plli6N.nt? (sol. Ibi.)<br />

In Summn, was wir geanttwortt, hat nicht helffen wollen, wie wir aber ferucr umb<br />

die dilaliou angehalten nlit erholung, das dennoch an<strong>der</strong>n Stenden dieselbe vergant,<br />

uiioiu,n sto.<br />

neqne cuio^ne Oac^n-i' äi1n,tionem eonee38it) ip8i co^eti<br />

perdona 8tatim PI omittei e. quoll llNtem ouni 8Udäiti8 3M8 aä1lU0 l^ssUltt,<br />

ooncekliit, iäem vos lacite. piomittiteiam 6tp0l,t6ll. enm 3ndäiti3V68tli3<br />

Il.63P0N8NMl l^lineip68 N08tli non t'uei'UNt a.6lNÌ88Ì !^ä 86N3.tNM impelli, eum<br />

üaee i'68 äeii<strong>der</strong>^ietur ne


58 Pommern und das Interim.<br />

nini! ossene, vulti8 aälmc äklibkrai-e 0UM t^neamini Ni'a6»taro jcl,<br />

0IUU08 0läiii68 impei-ii aycrsvsrunt. quoä 8U8pic6tur Oiisgar. an nou<br />

vos aperto pelseveiali volle in rsdeiliono. (lassar vodi8 plivalim uiuil<br />

imponiti ^ongtitntio imperii 63t, aä qu.^m 68U8 odlissati et<br />

nt jp3i prineipez plimo 8na z)el3ona pramitdims, quoä velint.<br />

üäeiiter et dona ttäe apuä 8U03 exeqni. aä liano rem non opn3 o5t illis<br />

äsli<strong>der</strong>atione cnm 8ui3 liudciitis; plomittant ipiii pio sua p6i«ona 6t<br />

, ti lepn^lladunl, 0a65ki' den6 juvenist irmeainm, nt<br />

haben wir angezeigt, das es ein fachen where, die das gewissen bernrct.<br />

dalnit keiner znubereilen, und hatten I. f. g. dennoch Ursachen, in <strong>der</strong> heiligen schriffl<br />

gegründet, n'arnnib sie so schlecht alle artickcl nit anncnnnen lolldtc>l, lsol 157') nnd<br />

würden I. f. ss., wo dieselben o<strong>der</strong> die Iren in des reiche rath gelassen weren, diesellicn<br />

nngcznicjfclt angezeigt haben. So wlieren anch dennoch surften und andeic<br />

stende, die dawiocr protestiert, dasselb an Ire landtschafften o<strong>der</strong> obern gelangen zu:<br />

lassen nnw Frist gepeten nnd erhalten, das auch n. g I). im reich n>t aUc>n wheien<br />

die hinlber bedcnckcs hellen, und pieten wir dennoch gleichwol nit mhcr dan umb<br />

srist lui.'- hellen es anch fnr gewih, wo s. g. unser lnchcn mdnung halber eilüchen<br />

bericht hellen, s. n. würden <strong>der</strong>selben kein misfallcns telden, und daher discr mhcr zu<br />

erhaltung disscr dllalion geneigt sein.<br />

Dies alles halt lein ansehn bei Im gehapt, hat angezeigt, wer nnh macht<br />

geben, die h. lchrifft zu dcudten, uon <strong>der</strong> allgemeinen Christlichen kirchen zu weichen,<br />

neu leligion afnemen, die unsern zu schwingkn, das sic dilselkrn auch anncmmen<br />

mussen, wie wir dih letzte vorlegt und angezeigt, das oielmlicr das contrarium whar<br />

n'here. ssol 158/ u. g. h. hellen keinen in religion fachen gedrungen, Halter angezeigt:<br />

Sie wüßten wol cinc.: an<strong>der</strong>n bericht, in son<strong>der</strong>heit, das <strong>der</strong> Iung't Herr dennoch<br />

m<strong>der</strong> dan del elter die vt'en<strong>der</strong>una. <strong>der</strong> religion getrieben llnd zuwegen gebracht und<br />

das selbe aufs sein« gemals anschifften ?c. X6?avjmu6 toMln dicxiium faotuln<br />

ac t.0taiu i'oi ^e^l^ao iielje.n n.liiavill»n?. 8e6 5Nl


Pommern und das Interim.<br />

KN<br />

Beilage VII. (Zu Seite 28.)<br />

Die Herzoge Barnim und Philipp an den Kaiser Karl V.<br />

Alten-Stettin, 14 Febr. 1549.<br />

Von Gottes gnaden, Wir Varniml) undt Philip« gevettern Hertzogen zu Stettin<br />

Pommern, <strong>der</strong> Cassuben undt Wenden, Fürsten zu Rügen undt Grafen zu Gutzkow,<br />

Thun kundl undt bekennen hiermit, nachdem die Nöm. K. M, unser allergenedigster<br />

Herr, von den Nähten, so wir an Ire K. M. unserer obliegenden fachen wegen abgefertigt,<br />

begerct, uns unserß gcmüts uon wegen I. K. M. uf dem Nciclihtlige zu Augspurg<br />

publicicrten crllernng, wie es <strong>der</strong> Religion halber im Hey. Reich biß zn außtrng<br />

deß gemeinen Concilii gehalten werden sol, vornebmen laßen solten, Wir aber mit<br />

<strong>der</strong> hen. Christlichen Kirchen alle wcge fcstiglich gehalten und auch glauben, daß <strong>der</strong><br />

Mensch alleine durch den verdienst unsers lieben Herren und Heilandts Jesu Christi<br />

seine sünde vorgeben undt sclig werde undt dan solcher Articul unserer Seligkeit zu<br />

sampt den gebrauch <strong>der</strong> Sacramenten uon unserem Erlöser eingesetzt in bemelter<br />

K. M. erklcrung, ungeachtet waß hin undt wie<strong>der</strong> dauon disputivet undt interpretiret<br />

lnag werden, recht und zugelaßen sein solle, Szo wißen wir Gott, dein allmächtigen,<br />

auch Nöm. Kays. M. alß unser einigen höchster Obrigkeit zu lob, ehren undt gehörsamb<br />

vorbedachter K M. crklerung unh nicht zu euhern, son<strong>der</strong>n wollen <strong>der</strong>selben,<br />

alß unterthenige Fürst cll eigenct undt gcbüret, unß gehorsamlich uorhalten undt mit<br />

Verordenung <strong>der</strong> Ceremonien undt an<strong>der</strong>er Articul. die doch bisher zum großen theil<br />

nach ordnungc <strong>der</strong> gemeinen Christlichen Kirchen in unsern Fürstenthümern gehalten,<br />

denjenigen, den solches ampts halben gcbüret, schaffen laßen, waß darin verordent,<br />

gedulden undt unh darauf in allen, so wir schuldig, unuerweißlich ertzeigen.<br />

Deß zu Urkundt haben wir unsere petschcffte wissentlich hierunter auff drucken<br />

laßen undt uns mit eigener Handen unterschrieben. Gegeben undt geschehen Alten«<br />

Stettin Donnerstages am tage Valkntiui 6t.o. nach Christi, unsers einigen seligmachers,<br />

geburt in dem Fünfzehnhun<strong>der</strong>t und 49. Jahre.<br />

Barnim<br />

Philipp<br />

manu i i<br />

Beglaubigte Abschrift: Stett. Arch. Tit. 2 l^ä Nr. 22' fol. 95<br />

vergi. Druffcl, Briefe u. Akten I Nr. 273.


ssO<br />

Pommern und das Interim.<br />

Beilage Vili. (Zu Seite 40.)<br />

Valtasar von Wolde berichtet über diese Verhandlungen in einem Schreiben<br />

an Jakob Zitzewitz, dat. Stettin, Montag nach Nativltatis Iohmmis l29. Juni) i55i<br />

IW. A. Tit. I Nr. Il lol. 83-86!. W lst bezeichnend, daß Lindemann bei <strong>der</strong> ersten<br />

Zusammenkunft mit Wolde hauptsächlich den Perdacht grgen den Kurfürsten zu<br />

entkräften bemüht war; „Das er auch", schreibt Wolde sodann, „von den Theologen<br />

die confession for<strong>der</strong>lich schicken wolt, szo se zu Wittenberg? gestellet und nf dem<br />

concilio thun wolten, welches er nur zugesagt". Als Lindemann zum zweiten Male<br />

nach Stettin kam, lautete seine Antwort etwas an<strong>der</strong>s. Diesmal kam er ausdrücklich<br />

im Austrage des Kurfürsten und berichtete, „ob woll auch die leule allerleyn <strong>der</strong><br />

Religion halben von S. Churf. g. redeten, welc doch oeselbige Ingrunde gemeindt<br />

Invur Religion sacheu alles zuthuu, was einem Christlichen Churfürsten geporet,<br />

das solt, ob godt will, <strong>der</strong> ausgaugk weifen; were auch an dem, das S. Churf. g.<br />

Theologi eine Confession gestellet uff das concilinm zuschicken und zu vortessedingcu<br />

helsfen, wüste auch woll, das m. g. h. darumb an de Theologi gefchicket, de Ir f. g.<br />

mitzutheilen; das solches aber bißanher nicht geschehen, wer de ursach, das S. Chmf.<br />

g. dcfelbige ehe und zuvor de sich mit an<strong>der</strong>n <strong>der</strong> anhengig vorglichen nicht gesprengrt<br />

und durch etlich Theologi, de se überkommen mochten, in weilleussticheil gesuret<br />

wurde, und in Summa szo viel zuerkennen gebrn, do m. g. h. an S. Churf. g.<br />

<strong>der</strong> wegeu scriebcn, das solches vorursachcn wurde, das E. Churf. g. mit m. g. h.<br />

und an<strong>der</strong>n zusammen schicken und das nicht alleine durch Theologos, son<strong>der</strong>n auch<br />

weltscheiden mensche mit geschehen mochte, und solches nicht in Meinung sich zuvor«<br />

binden, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> confession zuvoreinigen und wie die aufs dem concilio zuvorfechten,<br />

ob <strong>der</strong> almechtig gnad wolt vorliegen das folches zu vieler menschen heil mochte<br />

reichen, szo were man auch de provocation zu persequiren schuldig, sonst wollt es<br />

ergeruuß geperen und ane das ein groß prä'judicium bringen :c."


Pommern und das Interim. 61<br />

Beilage lX. (Zu Seite 19. Anmerkung 3 u. 5.)<br />

H^on einer christlichen Meformation.<br />

Nachdem grosse gebreche und mangel in geistlichen Stenden und kircheil<br />

Regiment nnd grosse Uneinigkeit allenthalben in den kirchen die Ceremonien belangend!<br />

gefunden, So ist hoch vonnoten, das eine gute Reformation furgenohmen<br />

werde, auff das das Ienue, so im Interim gut ist nnd nicht wi<strong>der</strong> die schrifft, nnd<br />

was in unser Landt ordinantz begriffen nnd bißher universali tei- noch nicht gehalten,<br />

mnge ins werck gebracht werden, auf das es durchs gantze Landt in allen kircheu eindrechtiglich<br />

zugehen, und dartzu auch die gebrechen in geistlichen Stcnden lunchten<br />

beigelegt und gebessert werden.<br />

Von Pfarrkirchen.<br />

In einer je<strong>der</strong> Pfarrkirchen soll sein ein Pastor, <strong>der</strong> selbst das Ampt außrichten<br />

tonne, und in grossen kirchen soll er zwene Capellan, in kleinen kirchcn einen<br />

haben. Diese sollen das worth gotis lauttcr uud reiu predigen und die Sacratnent,<br />

wie sie Christus eingesetzt hat, verreichcn. Am Sontage sollen drey predigten geschehen<br />

in je<strong>der</strong> Pfarre in Stedten des Morgens zu 5 <strong>der</strong> Catechismus, 8 das<br />

Evangelium, zur vesper die Epistel, anßgenohmen wo Superintendenten sein, da<br />

tonnen mehr Sermone nach gelegenheit, soviel Pfarrer in <strong>der</strong> Stadt sein, v^rordenet<br />

werden. Der Catechismns soll alle vierteil Ihar mit <strong>der</strong> turtze repetiert werden<br />

auff die quatertempor, nnd ausf dieselbige Zeit sollen die Catechumeneu verhöret werden.<br />

Bon Ceremonien.<br />

Lateinische Ceremonien sollen eindrechtiglich in allen kirchen gehalten werden,<br />

wie in unser Ordinante verfasset ist, als Metten nnd Vesper, beide uff heilige tage<br />

und werckel tag, und sollen die alten gewoulichen gescnge 6« tcmpors gesungen<br />

werden und von den hohen und an<strong>der</strong>n Festen die gcsenge, so rein sindt, welche nit<br />

rein sindt, mussen reformieret werden.<br />

Zu dem soll auch das oMcinm mis^e, so offte Commuuicantcn vorhanden,<br />

son<strong>der</strong>lich am Sontage, Mitwoch und Freitage und sonst, so Commnnicanten auff<br />

an<strong>der</strong> tage da weren, mit allen Ceremonien und gesengen auch gewonlichen Meßgewandt<br />

außgenohmen den Canon gehalten werden mit schmuckung <strong>der</strong> Altare mit<br />

brennenden kertzen :c.<br />

Von den Sacramenten.<br />

Die heilige tauff sol noch laut <strong>der</strong> ausfgerichten Landordenung verreichct<br />

werden mit ehrlichen Ceremonien, mit dem gebet, lesung des Evangelii, mit entsagung<br />

des teuffels, mit bekanthnus des glaubeus, iuit ausflegung <strong>der</strong> hende, Creutz<br />

schreibung, mit beschwerung des teuffcls, wie es bei uns alwege im brauch gewesen,<br />

also sol es auch bleiben.<br />

V o ni abentmahl.<br />

Das sacrament des leibs und bluths unsers Hern Jesu Christi sol undter<br />

bei<strong>der</strong> gestalt, wie es unser her Jesus Christus eingesetzt hat, außgeteilt werden, und<br />

das Nachtmal des Hern kan nicht gehalten werden, es sei dan das Communikanten<br />

vorhanden sein, und so dan Iemandt gedenkt das heylige Sacrament zu empfahen,<br />

<strong>der</strong> sol des vorigen tages nach <strong>der</strong> Vesper von dem Priester in <strong>der</strong> beicht die absolution<br />

empfangen haben.


62 Pommern und das Interim.<br />

Von <strong>der</strong> deicht.<br />

Die heilige Beicht so eintrechtig umb <strong>der</strong> absolution willen bei unß bleiben<br />

auff das wort, daß Christus gerett kat, wem Ihr die funden vergebet, den sollen ?c.<br />

Aber die deicht stehet anff zwei stucken: das erste ein Ratschlag, als das <strong>der</strong> Mensch<br />

bekenthnus tliu seiner funden, son<strong>der</strong>lich da er mit beschwert ist, und detenne seinen<br />

glauben und fürbaß sein leben zu bessern, das an<strong>der</strong> stucke stehet darein, das <strong>der</strong><br />

priester Ihnen raot gebe auß gotts woUh nach gcle^enheit eins Iedcrn fache und<br />

tröste das Gewissen mit gotts wordt uud absolvirr ihn ulio undterweise Ihn von<br />

dem brauch <strong>der</strong> S.icramcnt und von <strong>der</strong> trafst <strong>der</strong> schlussel und straffe, u?rmane zu<br />

bessermlg des lebens und rhate zum geboth, das er gerue gols worth höre, Almussen<br />

gebe, sich sur funden Hute ic.<br />

Von <strong>der</strong> Firmung.<br />

Wiewol die Firniuug in einen grossen mißbrauch gewesen ist, als das die<br />

jungen unmündigen lin<strong>der</strong> unverhort und ohn bekenthnus Ihres glaubens, allein<br />

mit Creutz schreiben und salben von weybischoff sind consirmirt worden, als ob dadnrch<br />

<strong>der</strong> heilige geist eingegossen wurde, welchs noch befehl, noch zusage gotts, noch<br />

Exempel iu <strong>der</strong> heiligen schrifft hat, fo haben wir doch an cthlichen orten in uusern<br />

kilchen viel besser weise die Confirmatwn zugerichtet und Wirt also gehalten und<br />

begeren, das cs mugc allenthalben eintrechtig dieser gestalt gehalten werden. Als<br />

weil <strong>der</strong> Catechismus sol sleissig gepredigt werden alle Sontage und vier mal im<br />

Ihare widcrholrt. So sollen die getausfte Iugendt im Catechismo aliff die Zeit, wen<br />

man den Catechismus repetiert, verHort worden, das sie die Zehen gebot, die Artikel<br />

des glaubens, das Vater unser mit beiden Sacramenten nach einan<strong>der</strong> her ertzelen<br />

und bekentnus ihres glaubens thun und angloben, das sie das gelubde, so ihre<br />

Pathen bei <strong>der</strong> heiligen tauffc gethan haben, halten wollen uud bei dem an got den<br />

Valer, Sohn und heiligen geist, in welcheö nahmen sie getaufst sind, biß ans ende<br />

bestendig bleiben, dartzu sollen sie auch vermanet werden, das sie alle funden, so<br />

wi<strong>der</strong> gots gebot smdt, meiden und flieheu sollen und wi<strong>der</strong> den teuffcl, dem sle<br />

abgesagt haben, streiten und aller gulhen wcrck sich besleissigen und ein gotsellgs<br />

leben shuren, gots wort gerne horen und fleissig bethen und die Zukunft unsers<br />

Herrn Ihefu Christi mit frolichen gemuthe erwarten, uf solche bckentnus, mrmammg<br />

und Unterweisung soll man vor dem altar mit anflegung über sie bethen und inen<br />

den fegen sprechen nach dem Exempel des <strong>der</strong>rn Christi und <strong>der</strong> Apostel, die über die<br />

lin<strong>der</strong> und gelaufen chnsten mit ausilegung <strong>der</strong> hende gebetet haben und den fegen<br />

gesprochen.<br />

Und darnach sollen sie erst zu den Sacramenten und an<strong>der</strong>n christlichen lachen<br />

zugelassen werden.<br />

Von <strong>der</strong> weise zu tonfirmiren ist ein son<strong>der</strong>lich notcl gestellet, was man um<br />

Ceremonien, uermahnungen und gebethe halten soll.<br />

Von <strong>der</strong> Priester weyhe.<br />

Zum Priester ampt und kirchen dienst soll niemands zugelassen werden, er<br />

werde dann rechtschaffen vociert, examinirt, probiert und ordinirt, auff daß nicht untugliche<br />

Personen zum ampt <strong>der</strong> seelcusorg aufgenomen werden. Die oocatie aber<br />

soll gescheen von den patronen <strong>der</strong> tirchen mit bewilligung <strong>der</strong> Cappelleuthe und<br />

dieselben sollen den vocatum mit schriftlicher zeugnus seins lebens an den verordenten<br />

Superintendenten des orths senden, zuverhoren, ob er tuglich zum Predigt<br />

ampt sey, und so er in <strong>der</strong> lehr gesnndt gesunden und im leben unstrefslich, So soll<br />

er darnach nach <strong>der</strong> weise und gebrauch del apostel zum priester geordent werden.


Pommern und das Interim. 63<br />

Die ordinatimi aber soll gefcheen dnrch die Superattendenten vom Bischove dartzu<br />

verordent und geweihet. Wir achten a<strong>der</strong> unnötig, das die minores ordines sotten<br />

alle von dem, <strong>der</strong> Priester wolte werden, empfangen werden, weil die offitia, dar sie<br />

auf gestellet feint, anch in <strong>der</strong> Römischen kirchen nicht in brauch feint; darumb<br />

wollen wir die ordines behalten, die in <strong>der</strong> erstell kirch zu <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Apostel gewesen<br />

feint, wie auch Magister Seutentiarulu^) bctzeugt lidfti' 4 ai5t.iuct.i0 24.<br />

Darnach soll <strong>der</strong> Superintendent denselben examiuatum, approbatum und<br />

ordinatum mit schriftlicher Zeugnns deni jenigen, so ihn vociert haben, wi<strong>der</strong> zuschicken<br />

und recommandiren, das sie ihn vor ihren seelensorger annehmen und mil<br />

ehrliche besoldung und behausung versorgen.<br />

Von <strong>der</strong> ehe.<br />

Dieweil <strong>der</strong> chcstandt gots ordnung ist, vou got gesegcnet uud gebenedeiet,<br />

so soll er auch mit dem gebcth angefangen werden, also daß man zweimal znm geriugsteu<br />

soll abgekündigt werden vor <strong>der</strong> hochtzeit und braut und breulgam in <strong>der</strong><br />

hochtzeit einmal in die kirch gefhnrct werden o<strong>der</strong> uf den abent, wo <strong>der</strong> brauch ist,<br />

o<strong>der</strong> des an<strong>der</strong>n tags vor mittag lc. uf das do <strong>der</strong> segen, gcbeth und gots wort über<br />

sie gelesen werde und <strong>der</strong> ehestandt in gottes nahmen angefangen uud diesclbigcu, so<br />

zur ehe greiffcn, gotte bevohlen werden. Es soll auch kein hochtzeit gehalten werden<br />

mit Verhin<strong>der</strong>ung und verseumnus gotlichs Worts, an feirtagen wi<strong>der</strong> das dritte<br />

gebott gottes, nnd where auch sehr gut und Cristlich, das grosser uukost uud überstus<br />

in Hochzeiten mochten nachbleiben.<br />

Von besuchung <strong>der</strong> krancken.<br />

Die letzte ölung hat we<strong>der</strong> bevehl noch Zusage von Christo, darumb sie auch<br />

kein recht Sacrament sein kan. Das aber die Aposteln gesalbet haben, ist nicht zum<br />

sterben, son<strong>der</strong>n zur gesuntmachung geschcen, nicht <strong>der</strong> seelen, son<strong>der</strong>n dem leib zu<br />

gut; deßgleichen redet auch S. Jacob, das man die krancken salben soll im nahmen<br />

des Herrn zur gesuntmachung, denn das gebeth des glaubcns Wirt dem kranckeu aufhelsfen,<br />

sagt er. Darumb ist nach <strong>der</strong> lehr Iacobi von nöthen, das die krancken durch<br />

die Priester fleissig werden besucht und mit Gottes wort unoerweiset, mit <strong>der</strong> Absolution<br />

in <strong>der</strong> Beicht getröstet, mit dem Sakrament des leibs uud bluts Christi berichtet<br />

und auflegung <strong>der</strong> hende über ihn gebetet und Gott dem himmlischen vater<br />

durch Ihesum Christum leib und seel bevohlcn uud so noch Hoffnung <strong>der</strong> gesuntheit<br />

zuvcrmuthen, das man als dann selbe o<strong>der</strong> an<strong>der</strong> Medien gebrauche im nahmen des<br />

Herrn lc.<br />

Von den Feirtagen.<br />

Den Sontag und die Fest des Herrn uud Marien <strong>der</strong> Iunckfrawen, do<br />

son<strong>der</strong>liche Eoangelia von seint, die soll man feiren, deßgleichen <strong>der</strong> Apostel tage,<br />

Maria Magdalene, ^aurentii und Martini, die soll man feiren bis uf den mittag,<br />

allein das nichts unchristlichs gepredigt und gesungen werde, son<strong>der</strong> auf die tage <strong>der</strong><br />

heiligen sollen die Evangelia sampt ihrer lehr, glauben, herlichen thaten und leben<br />

als zum Exempel gepredigt werden, nnd die fest Iohanms und Michaelis sollen den<br />

gantzen tag herlich gehalten werden.<br />

Von begrebnus <strong>der</strong> todten.<br />

Das man folte den verstorbenen seelen mit vigilien und seelmeßen zu hülste<br />

komen, hat kein Zeugnus in <strong>der</strong> heiligen schrifft, Son<strong>der</strong> es ist loblich, daß die<br />

l) Petru 3 Lombardes. Vergl. Miguc. k^rol. lat. tc>m 192 p. 900. Die Auflösung <strong>der</strong><br />

Abkürzung verdaute ich Herrn Geheimrat Prof. l). vr. I. Hauhleitcr.


64 Pommern und Kas Interini.<br />

fromm Christen mit ehrlicher begrebnus, mit psalmsingen, lectionlesen und trostlicher<br />

vermhanung aus gottes wort zur erden besteligt il.»erdcn, aber die, so gottes woll<br />

und die Sacrament in irem leben verspottet, auch so in einem unbussertigeu und<br />

ärgerlichen leben hingestorben sein, die soll man nicht we<strong>der</strong> mit psalmen noch sonst<br />

an<strong>der</strong>n christlichen Ceremonien ehrlich znm begrebnus destetigen.<br />

Von den bischöflichen C ln p t e r n.<br />

So ist auch hoch von nölhen, das man mit den Bischofs, so in diesen banden<br />

und Furstenthumven ire Jurisdiktion, Hebung und einkommen von alters her gehapt,<br />

dennasscn handle und verschaffe, das sie nit allein die guter verwalten nnd gel»ranchell,<br />

son<strong>der</strong> auch ires anlftts, dartzu sie bennfeu seint, pflegen und alifrichten.<br />

Hu dem mussen auch die Blschcwe Jurisdiktion über die geistliche personen,<br />

nber conscientlru uiid lircheu fachen beHallen und auch ercommunicationen nmb<br />

cussrrlichcr laster willen, so erger lich scinl, nach den Worten Christi und lrlir dco<br />

heiligen Pauli, auf das ein disciplin und gehorsam in <strong>der</strong> kirchen unter dem Clero<br />

uud populo könne gehalten werden.<br />

Auch geholt zum Bischöflichen Ample, das sie die lircheu visiliren und<br />

Srilwdos halten mit iren verwanten prelaten, Thumbhcrrn und Archidiakonen, ani<br />

das ili allen fachen <strong>der</strong> Religion ei li gllt einsehen gescheen lnuge, damit die mengel<br />

und fcel, es sey in <strong>der</strong> lehr, im gebrauch <strong>der</strong> sacrament o<strong>der</strong> sonst, muge als bald!<br />

verenden und gebessert werden.<br />

Weil mich eili Bistumb von einer o<strong>der</strong> wenig personen nicht wol tan ansge^<br />

richtet werden, so were auch hoch von nolhen, das die prelaluren, dignileien uno<br />

empier, als das vicedonlin.it, archidialonat, prepositurcn und <strong>der</strong>gleichen, solchen<br />

Personen verleihen winden, die dem Bischofs das geistlich regiment, ein ie<strong>der</strong> an<br />

seinem orth, konte helffen aufrichten und bestellen.<br />

Bon gemeinen past orn ilnd Predigern.<br />

Ein priestlich Ainpt ist, des Wortes lind gebeths steissig ivarnehnien, ininlei<br />

on Ullterlas die heilige schrisft lescn und stu.ircn nnd mit dem gobeth in den psalmen<br />

slch iiben und sich aller movhan fachen eussern uud entziehen.<br />

Dartzu cineli ehrlichen Handel und wandel fhnrcn, gotselig leben, alle laster<br />

ulid er^ernus vernikidcn, sich des füllen sausfens, Ha<strong>der</strong>s und Zaiicks nlit den leuten<br />

entfallen nnd mit allen guthen lugenden, so ziim golseligen leben gehör eil, nach <strong>der</strong><br />

lehr des heiligen panli seiu heilige ampt lilid die lehr, jo er predigt, zieren nild gute<br />

erempel voli sich gebeu, den an<strong>der</strong>n znr bessernllg, auf das er mit Worten und thaten<br />

die an<strong>der</strong>n zur gotseligkcit reche und fhure.<br />

Auch soll er ehrlich haushalten, sein fiawe, tm<strong>der</strong>, gesinde zlll. golsrlillileit<br />

austziehrii und halten, aus das unser helligthumb mt gelestert w.rde.<br />

Daneben sollen die priester ehrlich gekleidet sein, nil mit luryen lleide>n zr><br />

h.nven ulld zcischliitten, soll<strong>der</strong>n ehrlich, wie es den h'lligeu a/tziemet, !ondc^liä» wann<br />

sie ire Empter aunichteli, auf das kein crgcrnus wouiit gegeben lveide.<br />

Und so jemandt in diefe:n alle ungehorsam und stresflich gefuiideli wurde, so<br />

soll er einmal vermanrt werden, und wo es nicht helnen wiirde, jlill er mul, ge<br />

tegenzit <strong>der</strong> tliat in straff genommcu nnd zuin dritten, so es ergerlich wurde sein<br />

Uli) er unbusferlig und ungehorsam, so soll er voni Ampi eiilse^t lr»el0en. ^ubenebeli<br />

so auch jemandt uf die Prediger feil hette, so soll er Ihn vor seinen geburl'chen<br />

Nichel' lin'liagett und nicht sein eigktt Rii/i.'l'l' seill, so soli «illch <strong>der</strong> /ene, <strong>der</strong> sich all<br />

einem Priester vergreifst, nach alten rechten geüram werden, auf das nicht ein Je<strong>der</strong><br />

mit gewaltsamer h.u.dt die prmler ube^fh^re.


Pommeru und das Interini. s>5<br />

Von<br />

Es ist auch furnemlich von noten, für got recht, snr key. Ä)lt. rhnmlich, für<br />

menschen löblich und <strong>der</strong> Christlichen Kirchen dienstlich, das ein rcstitutio <strong>der</strong><br />

geistlichen guter im gantzen 3ande zn rechtem christlichen gebrauche und zn gottes<br />

ehre wi<strong>der</strong>ulllb gcschcen lnuge, beide in Stedten und Dorffern in allen kirchen llnd<br />

so etwas davon gekomen whcre, es sey gelt, ackcr, torn, zehelidei, o<strong>der</strong> was es sey,<br />

das dassclbige wi<strong>der</strong> hertzu gebracht wurde, ans das die tircheu Eilipter nnd gnte<br />

Schnlen dannt mngcn bestellet und erhalten werden.<br />

Und dieweil die Thumbkirchen solche Personen haben mnssen, die auch den<br />

Bischofs das geistliche Regiment hclsfen furdcrn, so isis voll nothcn, das die Thumprouen,<br />

Hebungen nnd boringen nicht weltlichen, son<strong>der</strong> geistlichen personen verleihen<br />

werden nnd also verordent, das auch gclrrte lente, beid^ znm geistlichen nnd weltlichen<br />

regiment tüchtig, ertzogeu nnd erhalten werden nnd das man auch keine an<strong>der</strong>n vicaricn uud<br />

Chorales hielte, den sie fleissig studircn wolten und sich zn:n heiligen Predigampt begeben.<br />

Die Herrn Kloster sollen auch liillich iu deu gebrauch wi<strong>der</strong> gebracht werden,<br />

wie sie zu Zeiteu Augustiui uud <strong>der</strong> andcru heilige« veter geweseu sein, ans das dar<br />

in die studia <strong>der</strong> guten tünstc uud son<strong>der</strong>lich <strong>der</strong> heiligen schrifft mit ernste mochten<br />

getrieben nnd erhalten und geschickte Personen zn allen Kirchen Emplern crtzogcn, die<br />

pfarhen in Stedten und Dorsfern dannt besetzt werden, auf das mau mngc eigen<br />

geschickte lente nu lande ertziehen, die ini gehorsam nnd disciplin geubet weren, und<br />

das Ulan nicht oorffte die pfarhen mit wilden ruchlosen lcutcn bestellen.<br />

Die Iunckfrawcnkloster sollen Inchtschnlen bleiben, do6) on verbindnng <strong>der</strong><br />

gelnbdt Ulld ou au<strong>der</strong> misbreuch, so fherlich nud schrdlich sciu zur seligkcit, uud das<br />

sie in guten sitten, Zncht und gots forcht gelcrt uud crtzogcn werden.<br />

Die Benefitia de Jura patrouatus solleu unverruckt bleiben uud deneu, so<br />

gedenckcn zu studieren, vorlehnt werden doch mit dem beschcidc, so sie sich znm weltlichen<br />

Hendel begeben, das dann die belchnuug aufhöre uud au<strong>der</strong>n wie<strong>der</strong> verlehnt<br />

werde. Hiehu ist anch von noten, das sie die Confirmation holen von dem Bischof<br />

o<strong>der</strong> von dein, dem es <strong>der</strong> Bischofs beuehlen wirdt.<br />

Das auch eine gnte eniversität von den geistlichen gutcru mit gewisser Hebung<br />

und einkommen mochte dotiert nnd Confirmirt werden, ist iu disscm lande dein geistlichen<br />

uud weltlichen Regimenten hoch von nottcn, auf das sic tene einen bestandt<br />

haben, sonst würde sie in knrhcn Iarcn nach gelegenheit <strong>der</strong> Zeit wi<strong>der</strong> verfallen.<br />

Die hospitalia uud arnie Heuser sainpt allen milden gaben nnd Elemosyncn<br />

solen auch deu Brauch <strong>der</strong> rechten armen und waren nottorftigcn trancken Menschen<br />

gewendet werden mit gutem aufsehen, das die Elemosine nicht misbrauchet und den<br />

vorlenet und vorkauft, den man sie für Gott nicht schuldig ist.<br />

Zum lesten, das auch mit erlist die jenigen, so zum gcistlichcu gute schuldig<br />

seiu, darhin gehalten wurdeu, daß sie bezaluug thelcn nltd dell geistlichell gntenl<br />

nicht solchen unüberwintlichen schaden zllsngell, den damit, das sie nicht bezalen,<br />

werden die geistliche guter gar verrücket uud die tircheu dienste nnd Scholen sere gcschwechet,<br />

die gantz und gar mit <strong>der</strong> Zeit wurden uutergehcu, weu die bczaluug, da<br />

man die besoldung vou ausrichtell solle, nachbleiben wurde.<br />

So eine Reformation in dissen furhin angezogeneu ltnd <strong>der</strong>gleichen stücken uud<br />

die Restitution <strong>der</strong> geistlichen gutern wurde furgenomell nnd ins werck gebracht, so<br />

wurde unser Religion fache seiu ordentlich verfasset werden und viel gebrechen nnd<br />

feil gebessert und dem Interini, so viel guts und recht denn ist, nachgelebet nnd were<br />

nicht von noten, das nns ein an<strong>der</strong> reformiren dürfften, dieweil alles, was mau von<br />

uns fur<strong>der</strong>n tonde, bei nns in einem Christlichen Wesen und gebrauch wrre.<br />

Tlrtt. kvch Tit. 2 Ni. ^« iol. «« i»l.<br />

f


66 Pommern und das Interini.<br />

Beilage X. (Zu Seite 31. Anmerkung 4.)<br />

Bericht über die Entlassung des Johann Fre<strong>der</strong> nnd Alezins Gröle durch<br />

den Nat <strong>der</strong> Stadt Stralsund N.—15. März 1549.<br />

Korte warhefstige antögnng, wie ein Nath van dem Stralsunde twen Predigern<br />

als M. Johannen Fre<strong>der</strong>, dem Superattendenten, nnd ern Alezio Grothen des<br />

Itlterints halven plutzlich vorlösf gegeven hesft den frydach nha Invocavit dirsses<br />

Jahres.<br />

Anno 1549 Mandages lcha Invocavit hefft ein Nath van dem Stralsunde den<br />

Predigern vorgestellet, dat fe samptlich up <strong>der</strong> Cautzel dat Interim nicht nhumen<br />

scholden, Scholden dar nicht up schelden, snn<strong>der</strong> scholden Idt raweu und schlafen<br />

laten, darmit die Stadt van dem Stralsnnde nicht in fliare quenie nnd son<strong>der</strong>lich die<br />

leuueu, so tho waler vestwart thosegelu bedacht weren. Wer auest idt nicht wolde<br />

affdon, dat Interim up <strong>der</strong> (lankel thonö'mcn, die scholden an die orde jehen, darme<br />

Idt gerlic hordc.<br />

Hirupp hefft die Cuperiuteudeute erstlich mit velen worden se uermanet thor<br />

bestendicheit ulld darna gebeden in smem und alle <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Predigern nhamen<br />

umnie eine bedenklikc frist nnd gelawet nha einem dage ro<strong>der</strong> twen ein gudt Andtwordt<br />

muudtlick ed<strong>der</strong> schriftlich, wo Idt deine Nade gesellig weie, wed<strong>der</strong> intobringen.<br />

Awerst ein Nadt hefft en nen Nespit gewen willen, son<strong>der</strong> strack van en begeret,<br />

tho <strong>der</strong> tidt ere meunung antotegen.<br />

So hcfft darup vor <strong>der</strong> handt sdewile Idt nicht an<strong>der</strong>s sin wolde) die Superaltendens<br />

vor sine persone mit gndem gründe gotlicher schrifft und nlit einer themelichen<br />

langen rhcde sine Meinung von dein Interim angeleget, '^emblich dat in solichem<br />

falle, dar <strong>der</strong> herrr Christus und sine wlnheit scholdc belandt und Gades ehre und<br />

<strong>der</strong> lüde salichcit vorwaret werden, neine fhare des lives uud <strong>der</strong> gu<strong>der</strong> nluste angesehen<br />

werden, und tiefst ack gnugsanl und klar bewiset, dat se solckes auc verlochnuug<br />

Christi uud ane verwarlosung <strong>der</strong> lüde salichcit nicht wüsten authonemcnde.<br />

Daruluule, lucil cu iu <strong>der</strong> predigung orsake dartho gegeven wurde, keins Weges<br />

Misten niit gu<strong>der</strong> cmlscientieu des Inlerims und <strong>der</strong> falschen lhere darinne thovorschwiegcn<br />

uud die liudc davon nicht oudtlich luit uthgedruckedc»»! nhamen lho unoer^<br />

richten und sc nicht tho vormanen, dat se sick vor die falsche lhere des Interims<br />

huden uud so nicht annehmen schollen.<br />

Darauff hcfft ein Nath geautwerdet, dat se mit ehme van disser sacken nicht<br />

konden disputieren, son<strong>der</strong> ere Meinung und bcger were nah also vor. Hirup antwerdede<br />

<strong>der</strong> Superatteudens und badt, mau wolde doch so geschwinde nicht faren<br />

und sede, dat he mit en nicht disputieren woldc, son<strong>der</strong> alleine mit gades worde<br />

un<strong>der</strong>richleu und bewisen, dat se ane verlochnung des Hern Christi und fhare <strong>der</strong><br />

saligkeit ein solckes nicht geboden konden, und HM ock gebeden Im beschlute, dat se<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>n Predicante« Meinung ordentlick ackhoren mochten. Awerst dat wolde ein<br />

Nath nicht dan, son<strong>der</strong> stunde uv und ging darvan. Solches was aber den an<strong>der</strong>n<br />

Predigern beschwerlich, hebben <strong>der</strong>halven ane verto'gerung eine schrisft gestellet an den<br />

Ratli, darinne se disse ere meynung dem Nade angetoget, dat se eren vorgeschlagenen<br />

Mandate des Interims halven even so weinich wüsten nha lho lomende und ere<br />

Conscientie oarmtt tobeschweren, als die Superattendens tho donde gesinnet were.


Pommern und das Interim. 67<br />

Diesen Briefs Hebben alle Prediger nn<strong>der</strong>geschrewen, nthgenahmen einen losen<br />

Prediger mit nhamen her Iohan Nigenlnn. Dieser Briefs <strong>der</strong> Prediger owerantworden<br />

worden dem Rhade anl Midweken nha Invocavit. Ock hedde <strong>der</strong> Snperattendens<br />

des dagcs thovorne einen bricff an den Nath geschickct nnd darin angeleget orsake,<br />

wornmb he ane verlochnnng des Hern Christi nicht wnste authonehmen, dat he mit<br />

nthgedruckedem nhamen dat Interim nicht scholde antasteli, nlld wen idt nicht an<strong>der</strong>s<br />

sin konde, so wolde he lever wiken nud sick des Aniptrs entfetten laten, den wed<strong>der</strong><br />

sine Conscientie wat verschwigen, verscge sick owerst ein Nath wnrde idt so nicht gc-<br />

Nleinet hebben, dat me vor <strong>der</strong> handt orloff Hebben scholde, son<strong>der</strong> dat se en bcth<br />

Iohünnis ed<strong>der</strong> Paschen wurden liden konen, bcgerde darup Anthwort, dat He weten<br />

mochte, wor He sick in richten scholde, vermande se ock darnewc, dat se uienschlike<br />

wißheit hinnen nicht scholden tho rade nehmen nnd de sake wol dedenckcn lllld nicht<br />

so geschwinde faren nnd <strong>der</strong> lvort sick wol erinnern; <strong>der</strong> mi verlochnct hir np erden,<br />

den wil ick verlochrnen vor minem hemulelschcn va<strong>der</strong> :c.<br />

Darna ani negstvolgenden frydage sindt die Prediger vor dem Nadc wed<strong>der</strong><br />

erschenen np deZ Nades furdcrnng. Idt was owcrst <strong>der</strong> Superattendeute nicht darhen<br />

bescheiden np dissen gedachten frydlich, und wowol die Prediger einen Nat fruntlich<br />

nttd sere beden, se mnchten doch den Snpcrattendcntcn <strong>der</strong> ock hcn for<strong>der</strong>n, dewile<br />

se eine sacke hedoen, so hefft idt doch cin Nath nicht don Nullen, son<strong>der</strong> hefft van den<br />

Predigern lageret, dat se noch scholden ordcntlick ein jcocr fine nicninge scggen van<br />

deme Interini, nhademc sie sick in erem Breve bcclagrt hcddcn, dat se am vergangen<br />

Mündage nicht gehöret weren worden. Dat is also geschehen; ein jeglicher Prediger,<br />

so dar weren, hcsft sme meninge gesccht; owerst ethliche nn<strong>der</strong> ehn Hebben vorth balde<br />

in <strong>der</strong> ersten Anthwerdt nicht rechte standthafftige wort gefuret, alsc de grundt eres<br />

upgegcvcnen Bricsfes vor<strong>der</strong>de.<br />

Der erste sede nn<strong>der</strong> an<strong>der</strong>n worden, dat he idt sick nicht wol wnsie asftodonde,<br />

wed<strong>der</strong> dat Interim to predigen nnd nhamrs Interini tovovschwigen np <strong>der</strong> Cantzel,<br />

wen he nth <strong>der</strong> hilligcn schrifft dartho vcvorsaket lvnvde.<br />

Ein an<strong>der</strong>, mit nhamen her Iohan Nigeman (de dor ock hen gekomen was,<br />

so he sick doch nicht mit in dem Breve hcdde nn<strong>der</strong>schreven) de sede, dat he woldc dem<br />

Mandat des Nades, am vergangenen Mandage affgesccht, gerne nhakamen.<br />

Ein an<strong>der</strong> sede, he were cin schlecht Man, hc vcrstiuidc de säte nicht, he wnste<br />

ock nicht, wat dat Interim wcre, he hcdde idt ock allc sin dage noch nicht gelesen, he<br />

wolde den Herren gerne gehorsam sin.<br />

Ein andcr sede, he hedde thovorn dat Interim nicht genohmet, he wolde idt<br />

ock so balde vort nicht nohmen, owerst sine freyheit woldc he sick ock noch nicht<br />

nehmen laten :c.<br />

Ein an<strong>der</strong> sede, he Hede thouorn dat Interim nicht gcnchmet, owerst son<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> tidt, dat <strong>der</strong> Superattendens vermanet hedde, dat nie wed<strong>der</strong> dat Interim predigen<br />

scholde, und sick ock hedde horen laten, He wolde van dcme Interini thopredigen vor<br />

sick nehmen, hedde He dat Interim genahmet und dar hart wcd<strong>der</strong> geprediget, owerst<br />

He wolde sick vorthen wol metigen in diesser saken und vorsehen; wen idt owerst jo<br />

geschege, dat He dat Interim nnverwandts nhomede, so mochte cm jo ein Nath nicht<br />

so gar affnehmen lc.<br />

Darna hefft ein an<strong>der</strong> Prediger, mit nhamen Merins Grote, gesccht mit<br />

klaren und duthlichen worden und guden orsaken, dat he van dem grnnde und<br />

meninge eres upgegevenen Breves (als desselvigen meninge baven kort berort ist) mit<br />

gn<strong>der</strong> Conscientien nicht wüste thowikcn, und sick thovorplichten, dat He dat Interim<br />

np <strong>der</strong> Cantzel nicht nohmen wolde, wen He in deme Tezte orsake krege, so wed<strong>der</strong>


s)ft<br />

Pommern und das Interini.<br />

die falsche lher des Interims topredigen. Den dar baven in dem hemmel were<br />

einer, den muste he inehr fruchten alse die Menschen up erden.<br />

Thonl lütsten was dar ock ein Prediger, die sede, he hadde dnl Interim al sili<br />

dage noch nicht up <strong>der</strong> Cantal genohmet, des luolde he sick beropen tho alle sincn<br />

thohorcrn u»d discienlen. dal sc dalvan tuchmsje geven scholden, he woldc noch ferner<br />

dat Interim thonamcn fick entholden. Zwerft wen he idt dcu io uliuerwalldts wurde<br />

nhonien, so würde idt ehnl jo nicht owl afjgenallmcn n>crden.<br />

Alse sict hirup cln ^liath bespraken heode, is deu Predigern owermals vorgestellet<br />

wordrn, ein Nath tonde M lvol llden, dat me alle simde und laster straffcde<br />

und wed<strong>der</strong> die falsche llnre predigede, owerst eines Nades meummg were disse, dat<br />

me dat Interini nicht trotzlich lmd vrcuelich ilohulen scholde.<br />

Wo owelst jemands dat Interim unl'erschendcs nohnicde, wolde dennoch eili<br />

Nalh nicht thoul argesteli uthleggen. lvol sick hirna nick't holdcn wolde, die scholde<br />

den dach uerlöff Hebben :c.<br />

Darup begerde eil, Nath ouermals, ordentlich eincs iglichcn Predigers meynung<br />

tho hören. Alsc nu die Prediger ordentlich c^c Anthlocrdt neuen, sind sie mit dem<br />

worde unverwandes salse ein son<strong>der</strong>lich gnaden wmt) bestrickt worden uud hebben<br />

sick ein nha deni audnn den Hern un<strong>der</strong>^c^eueu, lvowol elhliche die wordt wat unlme<br />

togen; doch was in dem gründe nicht an<strong>der</strong>s, den dat Interim nicht thonohmen,<br />

son<strong>der</strong> unuerwandes, als nth volgcndcm Handel wol üfftonemende is<br />

Teun ein Prediger, mit nhamen her Alenus Grote obgedacht, die hcsst sick<br />

dat Interini unvermandes lhonoincnde nicht willcn uerpslichten. Tarllinb eili ^lialh<br />

mit ehm nicht hcsst willcn thoflcdcu sin, son<strong>der</strong> <strong>der</strong>halucn ehn orlon gegevcn, als<br />

Nian uolgend? hmcn mach, den her Alezins (^otc hcfft dissen gestalt geredet.<br />

Euanlen wiscn hcncu, Ire weisiheil hesit sili ilzt gnngsanl erkleret, wo se idt<br />

mit dem Iuterim thonohmcn N'il endllich grholdcn hebben, dat mc idt nicht scholde<br />

trotzlich und vrcuclich nohlnen. ^r?o idt owcut io geschege, dat idt einer unverwandes<br />

nohmede. so wol de riu ^iatl, niit chm gcdult dragcn: die soliäcs nicht dan wolde,<br />

die muchte dissen dach vcrloff hebben, ^arup antwcrdede itt: die allliechtige gol, die<br />

ein kenner aller hellen is, die erkenn ock in in hcrtc, dat ick dcmc hogcu ampte, aldcwile<br />

ich hir thon Stralsunde gcprcdigct hcbl>c, min oagc nu merle nicht uorgenohmen<br />

hebbe, uth freuel und troy etwas thoprcdigen, liud wil lniit gadcs hulpe) ferner Nii<br />

wol weten thoholden, dat itt nicht allein dat Ililcrün nichl trotzlich cd<strong>der</strong> freuelich<br />

nhamcn, son<strong>der</strong> ock von an<strong>der</strong>n satcn thopndigen uicljt an<strong>der</strong>s als mit ciuem chlist^<br />

lichen Iuer ini vernchlueu lalen wil.<br />

Zuerst dat ick ini hir il)t uerpflichtcn scboldo, ick woli>e d>it Interini up dein<br />

predichinole uicht au<strong>der</strong>s den unrerlvalides nohmen. dat n'eth ick nicht tolaven, den<br />

unuerwandes etn'as thoscggcn. son<strong>der</strong>lich in so hochwichtigen saken, dat hoN up den<br />

vredichtstol nicht, danne bldcchtlich reden 'noch. Dainmb tan ick Uli hirin nicht verpflichten.<br />

Nente idt koude io kanun, dat, n>cn ick von erste mit vc-l ichwigunge des<br />

uhamen InterilllS wed<strong>der</strong> die falsche llier des Illteriins lwrn mi orsake gegeven<br />

wurde ili del. schrijft! geprcdiget hedde, thom lesten w liicht laten konde, suu<strong>der</strong> iuuste<br />

io soveln dartho seggen niil solitclt schlechten W0l.dclli Vl'ven freunde, disse falsche lhcr,<br />

dar ick iue van gesecht hcbbe, die stctt iu dente Interim, darnmb höbet ine vor dat<br />

Interini. Dar nomede ick io dat Interini nicht uuverwaudes, son<strong>der</strong> bedacht, dat ick<br />

idt nohmen wolde. Wen ick mi owerst hir uu verpflichtet, ick wolde dat Interim<br />

nicht an<strong>der</strong>s dcu nnvnwandes lialileu, so wurde ick drn ein Vo'gener, dat weel ick<br />

nicht todoude. Dit wil ick wol lovcn, dal ict in den prediken van Interini thopledigell<br />

allen lroy nlld wrevel wil nhalatcn, dcn ict oct nie n»crle ili predigende gelnulen


Pommern und das Interini. 69<br />

hcblic, und wil mi beflitigen, mit aller bescheidenheit und scdicheit alsc Vorgefecht vom<br />

Interim thoreden, so Iwe wißheit dat liden kan; dat wil ick gerne lowen. Qvcrst<br />

wo ick dat Interini nicht an<strong>der</strong>s den unverwandes nöhmcn scholde, dat weet ick nicht<br />

anthonemende; ehr ick dat dan scholde, woldc ick lewer des dienstes entbehren <strong>der</strong><br />

affgesechten Sententie uha.<br />

Als nu darup ein Nath sick abernlals bespraken hedde, ist dein gedachten<br />

Prediger her Alcrio Grote van denie Rade afsgcspraken worden. Dewile He up sincr<br />

meninge bchardcdc und verlosf begcrde, so scholdc he dcn dach vcrlosf hebben. Idt<br />

hedde owerst her Alexius Grote nicht grsecht, dat He wolde verlosf hebben, als uth<br />

siner vorigen rhede wol afftone,ncnde is, son<strong>der</strong> He hedde mit diesem bescheidt gesccht,<br />

ehr he sick verpflichten wolde, dat Interini man unverwaudes thono'men, woldc He<br />

lever des dienstes entberen.<br />

Alse nu Alerio Groten dat plntzige vcrlosf alsc asfgesccht was, sede hei Ersamen<br />

wisen heren, verstat mi recht, ick rede jo duthlich genuch, allen trotz, wrevel,<br />

mothwillen hinden au gestellet nnd nagelaten und mit aller beschedenhcit, als ick<br />

Vorgefecht hebbe, wil ick mi verpflichten, von dem Interini thoreden nnd dat Interini<br />

thono'men; wo owerst dat nicht geschehen kan, so mach idt bliwen als affgcsecht is u.<br />

Also is upgcnante Prediger her Alexius Grote des Interims halven stracks<br />

den dach verlovet worden.<br />

Darna alse die Prediger wechggan weven, is rin Nath noch bi ein an<strong>der</strong> gebleven;<br />

overst nicht lange darna schickede ein Rath twc Nadcspersoucn tho denle<br />

Superattendenten in sine behusungc und leten ehm ock anlegen, dewile he des<br />

Interims nicht verschwigen woldc, so Icholde he sick oct des predichstols vor <strong>der</strong><br />

handt entholden.<br />

Alse sint beschluchlich die obgedachtcn bci^n Prediger des Inlerinis halven tho<br />

glick up eilien dach und stunde verlovet worden, also ock dat se sick vort stracks des<br />

predickstols thom Stralsuude Hebben entholden moten, und en nicht gestadet werden,<br />

beth thom ende des vcrmdeil Ihares ercs Ainptes togeivaren ed<strong>der</strong> eine predige man<br />

thom aller wenigst nha disscr beschehmcn orlavunge in <strong>der</strong> gemeine thodondc und die<br />

Gemeine Gade thobefehlen, darbeneven ock torthlich antotegen van <strong>der</strong> Cantzel die<br />

orsaken, worunlb sie so stracks sint verlowt worden, und is ane thwivel, dat me cn<br />

den predichstol <strong>der</strong> orsaken halven vor <strong>der</strong> handt verbaden hesft, dat die gemeine Mau<br />

nicht mochte erfaren die rechte gründliche orsake, worumb cn orlosf gegeven.<br />

Und dewile idt allen framen Christen wee dan moth, dat me truweu lehrcru<br />

gotliches wordes, die an<strong>der</strong>s nicht dcn Gades ehre und drr lüde salicheit init alleii<br />

trnwm und flite gesecht und einen christlichen crbaren wandel gefitret Hebben, so<br />

orloff gisst ane alle billiche rechtmetige orsake, so hebben sie en dcn predichstol verbaden,<br />

up dat die rechte orsake nicht machte au den dach kamen, son<strong>der</strong> an<strong>der</strong> dinck<br />

dencken, und hebben ock vele an<strong>der</strong> ding vorgewendet, wclchs sick doch in <strong>der</strong> warheit<br />

so nicht erholdt und nimmer mehr kau gndt gedan werden. Got geve, dat idt en<br />

van herten leidt werde, und erbarme sick siner armen christenheit durch Ihcsum<br />

Christum. Amen.<br />

Der Verfasser dieses Berichtes ist außerordentlich gut unterrichtet. Wir erfahren<br />

von ihm z. V., was die einzelnen Prediger am 15. März dem Rate geantwortet<br />

haben. Wenn Berckmann davon schweigt, daß am 15. März die Prediger<br />

noch einmal erscheinen mußten, so ist es erklärlich, denn er selbst gehörte zu den<br />

Predigern, die sich dem Gebote des Rates unterwarfen. Es laßt sich nicht leugnen.


70 Pommern und das Interini.<br />

dasi nach feiner Darstellung die Entlassung Grotes ganz unmotiviert ist. Demgegenüber<br />

ist dieser Bericht liessei, er mgt, dasi beide Prediger entlassen und, weil<br />

sie sich dem Gebote des Nates nicht fügen wollten. Im Auftrage des Nales ist de^<br />

Bericht nicht veifasit, denn dann ivlne nicht Nlgemann, <strong>der</strong> einzige, <strong>der</strong> von vornherein<br />

gehorsam war, als loser Prediger bezeichnet. Die Tarstellnng stammt vielmehr<br />

von einem, <strong>der</strong> die Handlungsweise des N>ttes uel urteilt, dei es uuvclzeihlich findet,<br />

dasi man „treue Lehrers des Eoangeliulns ohne rechtmäßige Ursache entläßt". Ve<br />

denkelt wir, dasi nur einer, <strong>der</strong> persönlich bci den Verhandlungen zngegen war, so<br />

genau nlier alle Einzelheilen Nüterrichlet lein kann, so bleibt ullr noch übrig, daß ein<br />

Prediger <strong>der</strong> Verfasser dieses Berichtes ist. Dieser Kreis lästt sich sofort wie<strong>der</strong><br />

verengern. Die Prediger, die sich dem Naie unterwerfen, scheiden bei dieser Frage<br />

aus; anch gegen sie wendet sich ja <strong>der</strong> Verfasser. Su' werden getadelt, dasi sie sich<br />

durch das „Gnadenwort nnverwandes" hatten bestreu la'sm. Co bleiben nur<br />

Fre<strong>der</strong> und Grote als Verfasser übrig. Dafür, daß Grote <strong>der</strong> Verfajser ist, spricht<br />

<strong>der</strong> Schluß. Nur Grote halte eiu Interesse daran, sein Verhaltell vor dem Nate so<br />

ausführlich dar.znstellen. Er will den Borwurf, er sei ..trotzlich eddcr frevclich" gewesen,<br />

zurückweisen. Er gibt ücli auch leine Mülie, das Iukognito aufrecht zu<br />

erhalten. In seiner Entgegnuugsrcde lS.


Pommern und das Interim. 71<br />

Beilage Xl. (Zu Seite 35. Anmerkung 4.)<br />

Protokoll über die Zusammenkunft des Markgrafen Johann mit dem<br />

Kanzler Herzog Philipps, Jakob Zitzcwitz, aul 18. Juni 1550.<br />

Kurtzcr begriff <strong>der</strong>er pnncta, west hertzogk Philips vonn Ponlineru<br />

ausf die gesuchte handlnngc ulld selbst persönliche berehduug init nieincm<br />

g. Herrn Marggf Iohanseu durch Icittztcitzcn erstlich zur antwort hat<br />

geben lassen.<br />

antwort h. Phiplliseu von Pommern durch Iacop Citzcwitz einbracht dm<br />

18. Juni anno 50.<br />

Erstlich nach gewonlicher freuutlichcr Zucutbitungc ?c.<br />

Zulu an<strong>der</strong>n, aus was Ursachen h. flilippi :c. unterlassen, solchen haudrl au<br />

gemeine lantschaft o<strong>der</strong> die forncmmesten nicht zugelangeu :c. bewegen weitlcisigkeit<br />

des Handels .'c.<br />

Zunl dritten, was Czitzewicz mit Nudiger Massow^) wcigcn seiner perschou<br />

geredet, was hirinne zu thun, do gott ctwau wege zur kegenwer gebe, und ans wcs<br />

ansuchen massow solchs wi<strong>der</strong>rattcn, onc for>m'ssen <strong>der</strong> gelueincu lantschaft sich in<br />

das werck nicht zu lassen ?c.<br />

Zum vierten, weil mau danne wüste, welcher masse h. fsilipp) neben h. Barnim<br />

u. <strong>der</strong> landtschaft uud sie Hinwi<strong>der</strong> mit son<strong>der</strong>lichen eiden und gelobten sich eiuthcill<br />

one das an<strong>der</strong>e wissen in uicksten einzulassen vorPflicht :c. so tonte h. fsilippl aus«<br />

disser orsachen, ob er auch geleich disscm werck nicht übel zugethan, vor seine perschou<br />

sich in nickstcn einlassen / ?c. tonte sie auch dis wcrck nicht helffcn for<strong>der</strong>n, ho woltrn<br />

sie es ihr auch uicht hclsfen hin<strong>der</strong>u, des solle mau gewisse sein ?c.<br />

sein lieb wereu auch crbettigk, wan sie alleine segcn, woe <strong>der</strong> reistagk hiunaussen<br />

woldt, und do man s. l. bei irem bekcutnis und erbitten uicht wolt bleyben lassen,<br />

als dau eiucl' lautagk auszuschreiben uud sich zubeflcissigcu, unforlnavcterdinge bei<br />

irenl vettern uud <strong>der</strong> lanschaft es dahin zu bc(er)bcittcn,") auf das sie zuvermugen,<br />

sich in ein ferstentnis, ho fili alleine die religion anlanget, einzulassen :c.<br />

Auf solchs gebetteu, das h. flilipp^j es doch müt den forueniulestcu <strong>der</strong> landtschaft<br />

bereden woltc, was ir entlich gemuit in dem were, auch wes sie bei solchem<br />

wcrck zuthun bedechteu, wcill s. l. doch orsache genügt aus dem keisserlicheu schreiben<br />

hetten, in welchem zuseheu, das er das angefangene interim mit hogestem creust wolt<br />

fortgesetzt haben, auch das er alle die, ßo sich von den stenden sundcru wurden, als<br />

rebellen zugehorsam bringen wolt mitt merer gesnchteu punckt crklcrungcn.<br />

Darauf wi<strong>der</strong> zur antwordt gefallen, dos h. stilipp^ einen seiner relte hinaussen<br />

s6)icken wurde mitt befellich, ßo fill das interim anlangett, forick sein bekentnis <strong>der</strong><br />

augsborischen confesfiou (in den articulen <strong>der</strong> Iustisication nnd sacramenten nach<br />

cristlicher einsetzunge) gemeh zuwi<strong>der</strong> hohlen und auch dabei znbleyben, es nmchte<br />

auch hernach folgen, was gott forschen hette.<br />

') Rildisser Maisow >var dcr Marschall Hclzog Vnmims.<br />

'» Das Emgcllllmmcrtc wav nicht mit voller Sicherheit zu cntziffcrll.


7^<br />

Al'iNliiern und das InlerilN.<br />

Den man solle gewisse sein, das s. l. bey solchem ciiülichen lere vor ne perschon<br />

durch gottes aenadt zu lileibcn ssedechte, solle sie auch doruber ir landt und leutte<br />

vorlasseu müssen.<br />

Man solle auch gewis sein, dn jeill llede dis werck nlcllt lonten for<strong>der</strong>n lielffcn,<br />

ßo wollen sic es auch nicht hin<strong>der</strong>n.<br />

sio solle man sich mich zu s. l. Zwillich forschen, das f. l. wi<strong>der</strong> leinen standt<br />

unser religion foin'andt, es weren gelcich die von mei^dclimck o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e, sio lonslissf<br />

lnochlen ^cechtigct loerden, dieselben zuvorsolgen, sich niitt linlffc einlassen wollen,<br />

sollen sie auch geleich ir fnrstentnm datoli rennlnien mnssen, null oitl solche erklernnc;e<br />

und antwordt in nehrini bleyben znllissen, wie man sich deo im^elelchcn nndcr ell.'0llell.<br />

weo al'er dis ßuchen an dle sornemmesten <strong>der</strong> lantschast gelangen zu lassen<br />

detrifft, we^c <strong>der</strong> langer nnl'eschwcl.dt, solchs an seinen lieiren h. s>ilipp! gelausten<br />

zu lasseli.<br />

'ls,i. Gcl, I'l,inl..'.l.l!'l''i'^l.lli. ^.ro.' T'l>n d li,,». l. .'ttülü.^l. l.«^'. .> i « 70.


Pommern und das Interim.<br />

Beilage Xll. (Zn Seite 3ft. Anmcrknng I.)<br />

Bericht und Relation nfs bcvohlcnc wcrbllng an die Theologen zn Wittenberg<br />

dllrch Iohannem Knipstrovinm, Thcologiac Doctoreln, eingebracht.<br />

Nachdem <strong>der</strong> durchleuchtiger Hochgeborener Fürst und Herr, Her Philips,<br />

Hertzog zn Stettin Pomern :c. m. ss. h., mich mit bevehlich an die Theologen zu<br />

Wittenbergs abgefertigt, bin ich darselbst am Dienstage nach Inbilate angekonlinen-<br />

Und weil ich vermercket, das Magister Philippus Mclanchton willens gewesen,<br />

aul nechstvolgcnden tage nach Leiptzigk zurciscnde, hab ich mich fort desselben tagcs<br />

bei ihme angeben lassen nnd von ime, wie ich zn im kam, nff mein gewcrbe ein<br />

gndtlich andtwurdt und bescheidt bekommen, und hat nnr Philippus daselbst angezeigt,<br />

das sie, die Theologen zu Wittenbergs, eben <strong>der</strong>selben fachen halben auch geratschlagt,<br />

und hatte Hertzog Moritz und desselben Ncthe alle vor guet und nützlich angesehen,<br />

das das Concilium umb mennigerlei nrsachen willen beschicket wnrde, und wen auch<br />

bereits bei den Adversariis nichts guctes zuvorschassende o<strong>der</strong> znvormneten wehre,<br />

so wnrde es doch /: ohne das die Confessimi an sich nötig :/ bei den an<strong>der</strong>en nationen<br />

viele frucht schaffen.<br />

Aber dieweil Philippus zu ^!eiptzig notig zuschassende hrtte, hat er gebeten, ich<br />

lnuchte so lange, bis das ehr wi<strong>der</strong> teme vortziehcn.<br />

Wie ehr nun wi<strong>der</strong> von Leiptzigk kam, thedtr ehr berichten, wie die von<br />

Straßbnrg einen Doctoren gleichermaßen gesandt hettcn, dcr auch vonwcgen <strong>der</strong><br />

andrrn Stedtc Augspurg, Ulm, Costnitz, Franckfurt :c. bcgeret hat, eine Einigung<br />

in Neligionsachen nnt dcu von Wittenberg zumachen nnd zuhalten, dlirumb zu<br />

Lciptzigk ein gantz Conventus Theologorum gehalten worden, und dem von Stiahbnrg<br />

in <strong>der</strong> Stedte nähme ein Abschiedt gegeben, das man mit Eindracht das Conzilium<br />

beschicken solle, wie hernach folget.<br />

Zu dem ist Doctor Medler, Superintendens zn Braunschweig, im nahmen<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>n sechseschen Stedte mit l). Phllippo von Leiptzig gen Wittenberg uinb<br />

<strong>der</strong>selben lachen willen angekommen. Dar ist auch ein Conuentus <strong>der</strong> Theologm,<br />

dar ich nit zngefor<strong>der</strong>t nunt, gehalten worden.<br />

Und nachdem allerlei geredet und beratschlaget worden, haben sie endtlich dahin<br />

geschlossen, das man die Hauptartickel unser Christlichen lehre in ein Buch uach <strong>der</strong><br />

Form uud masse wie in <strong>der</strong> Augspurgischen Confession vorfafsen und dasselbe<br />

nomine und pernio tllkolo^rum geschen solte.<br />

Und wen das Buch geschrieben wehre, welchs mit dem fur<strong>der</strong>lichsten geschehen<br />

solte, so wolten sie dasselbe allen, die es begerten, zuschicken, das es von allen Theologen,<br />

Superintendenten und Universiteten unterschrieben wurde. Solch Buch wollen<br />

sie M. g. h. noch vor Pfingsten zuschicken.<br />

Daneben achten sie es vor gudt, das etzliche Personen aufs das Conzilium<br />

gefchicket werden, die das Buch verandtwurten und defendieren mochten, und sein<br />

furgeschlagen Fürst Georg von Anhalt, M. Philippus Melanchton, l). Johannes<br />

Brentius, v. Gcorgins Major vel similes. So abrr die Herren über diese Imaudts<br />

schicken wolten, dos wollen sie in ire gefallen gestellet haben und können nichts gewisses<br />

davon schlössen, son<strong>der</strong>n wen das Buch gesandt wirt, wert man mehr davon<br />

handeln tonnen.


74 Pommern und das Interim.<br />

M. Philippus in von Herzog Moritzen nach seiner Hpimknnfft von Leiptzigk<br />

acn Dessous gefor<strong>der</strong>t, und wie ehr wi<strong>der</strong> zurückkamen, hat ehr einen Briefs geheilt,<br />

darin Herzog Moritz ernstlich gefor<strong>der</strong>t, das ehr seine Theologen nsfs Conziliuiu<br />

abfertigen und seinen nachPeru den Chur nnd Fnrsten anch an<strong>der</strong>n Stenden aus<br />

kmfft desselben Mandats anzeigen, das sie ihre Theologen nffs Concilium schicken<br />

nnd nicht aussenplciben solten: diesen Brieff lvirt M. g. h von hertzog Montan<br />

grwertig sein.<br />

Es hnt anch Herzog Moritz besseret, das »nenn das Concilium ohne furchte<br />

beschicken folte mit <strong>der</strong> Znsage, das ehr sie gnugsam vorsicheren wolle, uff das sie sich<br />

desfals nicht zubefareu betten<br />

Die Jungen Hern von Sarlissen Iiabeu einen Landtag mit den Theologen und<br />

Landtschasft des Concilii halben gehalten; was man aber beschlossen hat, ist nnbewust.<br />

Dergleichen ist anch im Landt zu Hessen zu Cassel geschen, das sie von beschicknng<br />

des Concilii einen Landtags gehalten haben.<br />

Der Pfaltzgraff Herzog Fridnch hat das Evangelium angenommen und<br />

visitieren lassen nnd Heryog 3)tt Heinrich znm Stadthalter gesehet, deni doch <strong>der</strong><br />

Kaiser gant) ungnedig gewesen ist.<br />

Es hat <strong>der</strong> Hervog von Wirtenberg durch I). Iohan Brcntinm, <strong>der</strong> zn<br />

Tubingen profitieret nnd prediget, bei den Wittenbergischen ansnclmng tbnn lassen<br />

und begeret, mit inen Einbracht <strong>der</strong> Lehre zn machen und zu halten.<br />

Zum dem alleu hab ich auch Um'nnl^m in ^eti'ina et u^u 8.ici-ÄMk!U0!'Um<br />

nomin« ^o^clemicl.6 noätrn.6 s^^ipftk^v^IlionäiL 6t, onlniuln ^ccl6!ii«.i'um durch<br />

gant^ Pomernlandt bei<strong>der</strong> Hern zu Stettin Pomcrn .'c. niit den Thcologis ingegan<br />

und zngrsagt nnd daruss von inen ^exü-an Ls>cirtlitj8 empfangen und inen wi<strong>der</strong>nnlb<br />

gegeben.<br />

Gleichzeitig mit diesen» Berichte nberrcichte Johann Knipstro dem<br />

Herzog Philipp folgendes Schreiben <strong>der</strong> Wittenberger Theologen:<br />

Gottes gnad dnrch seinen Eingebornen Son Ibesnm Christnm, unsern Heiland<br />

nnd warhafftigen helffer, znvor. 'Durchleuchter hochgeborner gnediger ssnrst nnd Herr,<br />

E. F. O. dancken wir in nnterthenigkeil, d.^s sie den Eruwirdigen Herrn Doctor<br />

Knipstro unsern günstigen Herrn und gnten frnnd zn nns gesaut haben, und ist uns<br />

dise seine Zuknnfst in so mancherley betrübnis, die wir haben, ietzuud eine lin<strong>der</strong>ung<br />

gewesen, denn wir von vielen grosiwichtigen fachen, christliche lahr und Einigkeit belangend,<br />

so viel in l>iser turyen ^eit lnöglich gewesen, uns nutcrredt und hoffen mit<br />

Gottes gnaden, die kirchen nnd univcrsiteteu in E. F. O. Furstcnthumb und in disen<br />

Zanden lverden in christlicher Einigkeit bleibell, welche zn rrhalden alle Menschen,<br />

Herrn und nnterthan. schuldig siud, das viel menschen rintrechtiglick Gott mit rechter<br />

anrnffung ehren können.<br />

Vom Concilio wirt <strong>der</strong> Enmrdig Herr Doctor Johann Knipstro E. F. O.<br />

berichten von Kaiserlicher Mt. schrifft, die E. F. G. nnd an<strong>der</strong>n Fürsten und<br />

Stedten zngesant werden soll. Anch liaben ettlicke bürsten nnd Stelt bedacht, das<br />

man nff eine eintrcchtige gleiche Confession bedacht sein wolt, so cnlliä) die schickung<br />

in das Concilium beschlossen würde. Und wöNen w,r nicht an<strong>der</strong>?, denn die vorige<br />

Confession erholen und ben <strong>der</strong> einigen ewiaen christlichen lahr, da durch Ihm Gott<br />

ein ewige kirchen versamlet, wie sie in E. ^. G. Fnrstenthumb nnd in disen Landen<br />

eintrechtiglich geprrdiget wirt, ewiglich durch gottes gnad bleibeu, und bitten nnsern<br />

Heiland, den Son Gottes Ihesunl Cbristum, enr wolle E. y. G. nnd E. F. G.


Pommern und das Interim. 75<br />

gemahel und Junge hcrrschafft samftt den kirchen und dem vatterland gnediglich bewaren<br />

und zu seliger regiernng erHalden, dcnll dazn sind fnrnemlich von Gott die<br />

Regiment geordnet, das im menschlichen geschlccht bey einan<strong>der</strong> ein ewige kirch möge<br />

versamlet werden, und zn solcher regierung will Gott gewißlich hnlfs thun. Datum<br />

witeberg 29. Aprilis 1551<br />

E. F. G.<br />

unterthcuige<br />

Diener<br />

Johannes Bugenhagen<br />

Pomer v.<br />

Georgius Maior O.<br />

Johannes Forsterus v.<br />

Philippus Melanchthon.<br />

Nach dem von Forster geschriebenen Original »ur das Wort „Diener" ist<br />

von Melanchthon hinzugefügt).<br />

Woln. Arch. Tit. I Nr. li tol. 26—28 Mld s^l. 3t1f.


unö Uirche in<br />

im ausgehenden Mittelalter<br />

bis zur Kinführung <strong>der</strong> Meformation.<br />

Zweiter Teil.<br />

nun<br />

Von<br />

Dr. Crich Viilow.


Drittes Kapitel.<br />

Oogislaw X. und die Geistlichkeit Pommerns<br />

(mit Ausnahme des Stiftes).<br />

H 1. Zie Messung <strong>der</strong> Airchenämter.<br />

(Grundlegung des herzoglicheu Einflusses.)<br />

Auf die Nutzbarmachung des kirchlichen Besitzes für ihre Zwecke tam<br />

es von jeher den weltlichen Fnrstcn hauptsächlich bei <strong>der</strong> Ansdehnnng ihrer<br />

Hoheit über die Kirche ihres Territoriums au.<br />

Das war aber nicht leichter<br />

zu erreichen als wcuu mau die Inhaber des Besitzes iu Abhängigkeit<br />

brachte, wcuu die Vcsetznug <strong>der</strong> Ämter mehr nnd mehr dnrch den Landeshcrru<br />

erfolgte.<br />

Besetz uug <strong>der</strong> Prä ben den <strong>der</strong> Ko lleg iatkirch c n.<br />

In <strong>der</strong> Diözese Camin bestanden außer dein Domkapitel sechs<br />

Kollegiatkapitel, nämlich an <strong>der</strong> Marienkirche zn Kolbcrg, <strong>der</strong> Marienkirche<br />

nnd <strong>der</strong> des heiligen Otto zn Stettin, <strong>der</strong> Nikolaitirche zn <strong>Greifswald</strong>,<br />

<strong>der</strong> Cecilienkirche zn Güstrow uud <strong>der</strong> Peter- nnd Panlskirchc zu Soldin.<br />

Von diesen lagen nicht iu Pommern das dnrch Fürst Heinrich von Rostock<br />

12i^6 gcgrüudetc Stift zu Güstrow und das von Markgraf<br />

Albrecht von Brandcnbnrg 1W8 angelegte nnd 145)5) mit <strong>der</strong> Nenmark<br />

wie<strong>der</strong> an Brnndenbnrg gekommene zn Soldin. Die Gründung des<br />

Kolberger Kapitels steht nicht fest, wahrscheinlich hat sie nicht lange nach<br />

<strong>der</strong> des Caminer Domkapitels selbst stattgefunden^) das Kapitel an <strong>der</strong><br />

Marienkirche rief Herzog Barnim I. 1261 ins Vcben und verlegte seinen<br />

Sitz zwei Jahre später an die ncngcbantc Kirche;") nnd das Stift alt <strong>der</strong><br />

S. Ottokirche hat Barnim III. 134K an <strong>der</strong> ncnangelcgtcn Schloszkapelk<br />

zn Stettin begründet;^ die jüngste Stiftnng war die zn <strong>Greifswald</strong>, die<br />

mit <strong>der</strong> Begründung <strong>der</strong> Hohen Schule dort im Zusammcuhauge stand. ^)<br />

Die Art <strong>der</strong> Besetzung <strong>der</strong> Präbenden bei den einzelnen Kapiteln<br />

war von Anfang an nicht gleichmäßig.<br />

Das Domkapitel besaß ursprünglich<br />

die freie Wahl wie des Bischofs so anch seiner Mitglie<strong>der</strong>, ^) die aber,<br />

wie wir gesehen haben, schon erheblich eingeschränkt worden war. Das<br />

') Niemanu, Gesch. d. St. Kolbcrg, 24. ') P. U. B. 2, 78 Nr. 098 und<br />

108 Nr. 740. ') Hering, Histor. Nachr., Anh. Nr. 10. ') Kosegavten, Gesch. d.<br />

Univ. Greifsw. 2, 8 Nr. 4; 37 Nr. 18; 70 Nr. ^5. ') P. U. B. 1, 43 Nr. tt


tts)<br />

Staat und Kirche ill Pommern im ausgehenden 2)^ittelalter<br />

Recht <strong>der</strong> freien Wahl war auch den Güstrower Stiftshcrren bei Aegründnng<br />

des Kapitels „nd cllvoncll^m vil)Iolloi^u majorum" zllgesprochcll ^) und<br />

durch den Camiuer Bischof bestätigt wordell;-) doch haben allnlahlich die<br />

Herzoge von Älcctlellburg hier Präsenlationsrechte crlvorbcll. ") Die Be^<br />

setzllug <strong>der</strong> Präbcndcu iu dcu beidcil Stcttiucr Kapiteln war von <strong>der</strong><br />

Präsentation des Herzogs.'! <strong>der</strong> Präbenden zu Soldin von <strong>der</strong> des Mart<br />

grasen abhängig;-') die Besetzung dcr Grcifolval<strong>der</strong> Kanonilate war fast<br />

durchgehende so geordnet, das; die Präsentation den Stiftern, o<strong>der</strong> anch dein<br />

^iatc vorbehalten, aber <strong>der</strong> Universität die Nomination des Kandidaten .^n<br />

gestanden war;") denn die Pfründen waren ausschließlich für Universilätc"<br />

allgehörigc bestinintt. Eine vorübergehende Ansnahmc von dieser Ord<br />

macht nnr die ^cit des eigentlichen Grnn<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Ullivcrsität,<br />

dem für die Zeit seines Vebens das siecht erteilt wnrdc, sämtliche kirchlichen<br />

^ehen zil vergeben. ")<br />

Zlvei von den Kapiteln besagen ilicht die volle Selbständigkeit <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>n, das zu Grcifswald nnd das S. Ottenlapitel zn Stettin. In<br />

<strong>Greifswald</strong> erfolgte die Besetzung dcr Kanonikatc <strong>der</strong>art, dasi je<strong>der</strong> nenc<br />

Donihcrr zunächst dem Grcifswal<strong>der</strong> Propst und dnrch diesen dein Caminer<br />

Dekan präsentiert wnrdc; diesen! hatte er fnr den Bischof nnd die (lammer<br />

Kirche den Treneid zn leisten; jetzt erst erhielt er vom Bischof o<strong>der</strong> desfcn<br />

Stellvertreter die Institution nnd wnrde dann dnrch den Dekan in Greifs<br />

wald installiert.'') Das Kapitel an <strong>der</strong> S. 'Ottcnlirchc stand unter dem<br />

Maricnstift: die Vcitnng besass nicht wie sonst ein Präpositns, son<strong>der</strong>n em<br />

Bicedckan, dem die (.'ui:i. .llllluiunll) dnrch den Dekan von S. Marien<br />

übertragen wnrde; nnd <strong>der</strong> Archidiaton, d. i. <strong>der</strong> Propst, dieser Kirche<br />

besaß anch die Jurisdiktion über die Slistsherrcn an ^3. Ölten. Im<br />

übrigen aber waren Dekan nnd Kanoniker nnr dem Fürsten verpflichtet als<br />

<strong>der</strong>en „^tt'icli ckl)0!lum'',<br />

',i^n. ') K. St. A. St.: St. A.: Tn. 2 )ir. 1.'>: ^iv. ^., :^: edd.; W. A.; Tn. 3>',<br />

Nr. 1 tul. 103', 105"; edd.: St. Steltm: 1504 Apnl 15; 1533 Dez. 5.. 1534 März 1.<br />

") Niemami l 1«, 4^3. ") Kosegarteu, ö'esch. d. Uniu. <strong>Greifswald</strong> ^', '^n. 33, 3«'..<br />

44, 53, 57, K3, 89, l sf., 06, ^i», W«. ") Edd. ^ ^'^ Nr. 4'.,. ', Edd. ^, ^!'<br />

^ir. 34. ") Hering, Histor. Nackr. Aul). Nr. w. "/ ^oltelsdorf, Rechl^erh. 0.<br />

Oreissw. Pflin lirchen in, M. A., 3ü.


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 81<br />

Wolfard Staden ein Kanonikat übertragen;^) nnd selbst König Waldemar<br />

von Dänemark erbat nnd erlangte durch den Papst für verschiedene Geistliche<br />

die Verleihung von Präbeuden und Kanonikaten in Kolberg und<br />

Güstrolv. 2)<br />

Auch die Herzoge von Pommern waren über das ihnen Zustehende<br />

bereits hinausgekommen.<br />

Als durch dell Vertrag zwischen Bischof Johann<br />

und Vogislaw V. zntn ersten Male das Verhältnis des Bistums zum<br />

Herzogtum staatsrechtlich festgelegt wnrdc, ward auch bestimmt, daß lein<br />

Kanoniker we<strong>der</strong> zu Maior- noch zu Minorpräbcnden o<strong>der</strong> zn an<strong>der</strong>n<br />

kirchlichen Ämtern und Würden in <strong>der</strong> Caminer Domkirche gewählt o<strong>der</strong><br />

zugelassen werden sollte, ohne des Herzogs Willen nnd Zustimmung.")<br />

Das sicherten anch die Kapitelsstatnten zu/) nnd 1436 wurde von nenem<br />

ausdrücklich angeordnet, daß die Camincr Domherren gleichwie bei <strong>der</strong><br />

Wahl des Bischofs auch bei <strong>der</strong> <strong>der</strong> Kanoniker all des Herzogs Zustimmung<br />

gebuuden sein sollten: 5) „ua <strong>der</strong> herschop wctcu vndc wyllcn" sollte gewählt<br />

werden.<br />

Bogislaws Erueueruug dieses Vertrages scheint das noch zn verschärfen,<br />

wenn es jetzt heißt: „na <strong>der</strong> hcrschop rade vndc wyllcn".<br />

Nogislaw<br />

hat von diesem seinem neuen Rechte mehrfach Gebrauch gemacht, zu<br />

Gunsten seiner Diener. So ersnchte er 1490 das Caminer Kapitel, die<br />

dnrch den Tod des Doktor Slnpwachtcr erledigte Präbcndc seinem Sekretär<br />

Heinrich Lcvin zu verleihen/)<br />

nnd im selben Jahre for<strong>der</strong>te er es auf,<br />

seinem an<strong>der</strong>n Sekretär Johannes Suawe, <strong>der</strong> vom Papste schon das<br />

Caminer Vizcdominat erhalten hatte, die erste freiwerdeudc Pfrnude im<br />

Kapitel zu übertragen.^) Er nahm dann anch weiterhin die Interessen<br />

<strong>der</strong> von ihm Präsentierten wahr, wie das ?ewius Fall zeigt: Bischof<br />

Belledikt hatte nämlich die Vercinignng des Stargardcr<br />

Archidiakonatcs,<br />

nach dem Tode des damaligen Inhabers, mit <strong>der</strong> Camincr Thesanrarie<br />

festgesetzt, 6) jenes Amt dann aber, als <strong>der</strong> Termin eintrat, doch an<strong>der</strong>weitig<br />

besetzt, während sich <strong>der</strong> Thesaurar, eben bevili, vom Papste jene Vereinigung<br />

hatte bestätigen lassen.") Vogislaw zwang nun den Bischof, seine erste<br />

Ernennung zu wi<strong>der</strong>rufen und das Archidiakouat an Levill zll übertragen.^)<br />

Aber das alles genügte dem Herzog noch nicht. Er hatte an dem<br />

Umfange, bis zu dem die Markgrafen ihren landesherrlichen Einflns; auf<br />

die Kirche Brandenburgs ausgedehnt hatten, ein Vorbild, das zur Nachahmnng<br />

reizte.<br />

Die Propstcien auch <strong>der</strong>jenigen Kapitel, bei denen dem Herzog ein<br />

Präsentatiousrccht für die an<strong>der</strong>n Präbenden zustand, scheinen diesem Rechte<br />

>) Chmel, Regesta Rupert: 105 Nr. 1775 f. °) M. U. B. 15, 399 Nr. 924ff.<br />

') Klempin 431. ') Ebd. 362 f. Nr. 98 ff. ") s. B. St. N. F. XIV, 110. «) K. St.<br />

A. St.: Bohlen Nr. 15^: 1490 Ann. 6.; ebd.: St. A.: Tit. 5 Nr. 25 j'ol. 40v.<br />

') Ebd.: 1490 Oktob. 7. und kni. 46. ') Ebd.: B. C.: 1492 Sept. 23. und St. A.:<br />

Tit. 1 Nr. 8 vol. 2 tol. 290. ") Ebd.: V. C.: 1503 Nov. W. ") Klemftin 422.


83 Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

entzogen gewesen zu sein, l) Sie waren aber ein gutes Mittel trene<br />

Diener und an<strong>der</strong>e, die dessen bedurften, zu versorgen. So benutzte<br />

Bogislaw denn seine Anwesenheit in Rom, um hierin etwas zu erreicheu.<br />

Vom 14. Dezember !497 bis zum 19. Januar 1-l98 weilte er doU und<br />

wurde am 18. Dezember von Alexan<strong>der</strong> Vl. in Audienz empfangen, <strong>der</strong><br />

ihm dann am ersten Weihuachtslage bei <strong>der</strong> Hochmesfc iu <strong>der</strong> Sixtinischen<br />

Kapelle Hut uud geweihtes Schwert überreichte. ^) Währcud dieses Auf:<br />

entHaltes also empfing Vogislaw von Alexan<strong>der</strong> das wichtige Privileg über<br />

die Besetzung <strong>der</strong> Propsteieu;^) .gratis de mlmdkw Niulctiäkimi domini<br />

nostri papae", wie <strong>der</strong> Kanzleivermerk auf <strong>der</strong> Urkuude besagt, währeud<br />

uns eiuer <strong>der</strong> Begleiter Nogislaws, Nlartill Dalmer, erzählt, <strong>der</strong> Herzog<br />

habe dem Kardinal von Pisa — es war <strong>der</strong> päpstliche Datarins Johannes<br />

Lopez — hun<strong>der</strong>t Dukatcu für die Urkuudcu dcdizicrt.^)<br />

Der Papst erteilte durch diese Nulle dcm Herzoge das Recht, zu den<br />

eiuzclneu Propsteieu in <strong>der</strong> Diözese Camin, sowohl an <strong>der</strong> Domkirche, wie<br />

an dcu Kollegiatkirchcn, weuu sie zuni erstell Viale erledigt würdeu, für<br />

dieses eiue Mal dell Kandidateu uorzuschlagell:<br />

loci<br />

Zu dein Umfallge, in welchem dem Herzog die reichen Pfrüudeu <strong>der</strong> Stifts:<br />

herrcu bereits zugänglich waren, gesellten sich demnach noch die Propstcicn;<br />

uominell sämtlicher Stifter dcr ganzen Diözese.<br />

Sollten die Präpositnrcn<br />

wirklich iu dcm Patrollatsrechtc tcinc Anslwhllle gcnlncht habcll und m <strong>der</strong><br />

Besetzuug keiue Son<strong>der</strong>stellullg eingenommen haben, so das; die zu Stettin<br />

bereits <strong>der</strong> herzoglichen Präseutatiou unterslauden hätteu, so kanlcu abgesehen<br />

von Camiu, dcsseit Propstel dell Bestimmungen dcr erwähnten Verträge unterlag,<br />

als ueuc hiuzu Kolberg, <strong>Greifswald</strong>, Güstrow llnd Soldiu. Bemerkenswert<br />

ist die Stellung <strong>der</strong> beiden letzteren, die nicht zu Pommern gehörten.<br />

Propstci zu Güstrow ist tatsächlich auf Äoglslaws Präscntatiou beseht wordeu;<br />

') Die Worte in Bogislaws Protest ^egcn die Besetzung <strong>der</strong> Greisswal<strong>der</strong><br />

Propstei: „tanqaam . . 36äi «l,p03wljc.'l6 »^^ciali^l- re^rval.'^ und <strong>der</strong> Umstand,<br />

daß Kantzow u. a. uon eiuer Überlassung päpstlicher Neseivatiousrechte au den Hei zog<br />

durch das Privileg vou 14


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 83<br />

für Soldili besitzen wir<br />

keinen Beweis, daß <strong>der</strong> Herzog hier sein nen erworbenes<br />

Recht geltend gemacht hätte, nnd infolgedessen auch nicht dafür,<br />

daß er dabei etwa auf Wi<strong>der</strong>stand gestoßen wäre; doch kann man kaum<br />

annehmen, daß die Markgrafen, dcrcn Verleihung die Pfründen des dortigm<br />

Kapitels unterstanden, nnd die ihren Kirchen gegenüber schon so ansgedehnte<br />

Befugnisse genossen, sich ihr Recht bei <strong>der</strong> Propstei hätten<br />

schmälern lassen.<br />

Vogislaw hatte sofort Gelegenheit, das erlangte Privileg in Anwendung<br />

zu bringen, indem er dein Iuristcu Iohaun von Kitzschcr, den er ans seiner<br />

Rückreise von Rom für seinen Dienst gewann, die Proftstei zn Kolberg<br />

verschaffte. i)<br />

Die Präsentationsnrknnde ist nicht erhalten, aber sicher berief<br />

sich in ihr <strong>der</strong> Herzog auf sein nenerworbcncs Recht nnd transsnmierte<br />

das Schreiben des Papstes, um<br />

den Übergang voll dem einmal geübten<br />

Zugeständnis zu ständigem Brauche zu för<strong>der</strong>n, wie er es bei <strong>der</strong> zweiten<br />

Präsentation, znr Grcifswaldcr Propstci, tat.<br />

Diese erhielt scin illegitimer<br />

Sohn Christoph; ähnlich wie für des Kurfürsten Johann gleichnamigen<br />

außerehelichen Sohn gesorgt worden war, indem man ihn für die Propstei<br />

in Stuttgart ansersah. ^)<br />

Eine frühere Besetzung gerade <strong>der</strong> Grcifswal<strong>der</strong><br />

Stiftspräpositur soll übrigens ciucr <strong>der</strong> uumittelbarcn Anlässe gewesen sein,<br />

die Vogislaw ans dell Gedanken brachten, auf die Besetzung dcr Propstcicn<br />

maßgebenden Einfluß zu gewiuuen. ") Nach Johann Parlebcrgs Tode 1483<br />

wurde ttülnlich die Propstei all <strong>der</strong> Nikolaikirche „vm


8^, Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelaller<br />

sich über die Zeit Alexan<strong>der</strong>s hinaus erstrecke: Zweimal hatte er sein<br />

Recht erst ansüben tonnen; nnn war Alexan<strong>der</strong> gestorben; durste er da<br />

auch noch die an<strong>der</strong>n Propsteien, die noch nicht znr Vakanz gekommen<br />

waren, im gegebenen Falle besetzen? - Dazu kam cin Zwcilcs; wlcdcr<br />

ein spezieller Fall: die Kolbcrgcr Probstci, dic Vogislaw besetzt hatte, war<br />

wie<strong>der</strong> erledigt. Johann von Kitzschcr, dem sie Aogislaw verschafft hatte,<br />

war in des Herzogs Ungnade gefallen nnd hatte Pommern verlassen/) zn<br />

lnal er sich anch noch lnit dem Bischof gründlich verfeindet hattet) Seine<br />

Stelle im Kolbcrger Kapitel blieb eine Zeitlang unbesetzt, vielleicht weil<br />

man ans seine Rückkehr rechnete.^) Als dann endlich jede Aussicht darauf<br />

schwand, mnßte für einen Nachfolger gesorgt werden. Das herzogliche<br />

Recht an <strong>der</strong> Vesetznng <strong>der</strong> Präpositnr war mit jener ersten Präsentation<br />

erloschen. Cs lag dein Herzog nun natürlich daran, das einmal ausgeübte<br />

Zugeständnis zur dauernden Rechtsnorm werden zn lassen. Das war seine<br />

Absicht, aber cr erreichte sie nicht. Denn als er sich in dieser Sache an<br />

Alexan<strong>der</strong>s Nachfolger, Inlius II., wandte, bestätigte nnd crnenertc dieser<br />

wohl seines Vorgängers Zugeständnis nnd srytc ausdrücklich fest, daß die<br />

Gültigkeitsdauer voll <strong>der</strong> Regicrungszeit des die Nrtnndc ausstellenden<br />

Papstes nicht abhängig sein, son<strong>der</strong>n sich ans die Lebenszeit dcs Herzogs<br />

erstrecken sollte/) — Das Privileg bedeutete also nicht eine nochmalige<br />

Gcwährnng des einmaligen Präscntatwnsrechtcs für sämtliche Propstcien,<br />

son<strong>der</strong>n nnr eine Veslätignng, und uur für die Propstrien, bei denen das<br />

Recht noch nicht znr Ansübnna. gekommen war. So nnd nicht an<strong>der</strong>?<br />

sind die Worte des Papstes zn verstehen:'')<br />

^s>5 l^itnl' til»i . . lumi«; mo()^toll'


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 85<br />

gehe, als dasselbe bisher noch nicht in Anwendung gekommen wäre, aber<br />

mit Berufung ans diese Erncnernng dem Bischof Martin den Magister<br />

Joachim Plate zn <strong>der</strong> Propstei in Kolberg/) die dem Genannten vom<br />

Bischof nach einigen Tagen übertragen wnrdc.^) In das Präsentationsschreiben<br />

nahm <strong>der</strong> Herzog die Urknnde Inlins' II. nicht anf, luie er das<br />

sonst tat; angeblich ist die Aufnahme wegen <strong>der</strong> Länge f,,pi optei-piolixit^wm")<br />

<strong>der</strong> Urknndc unterblieben; man kommt aber nnr zn leicht anf die richtige<br />

Vermntnng, daß <strong>der</strong> wahre Grnnd eben die Diskrepanz zwischen den Bestimmungen<br />

<strong>der</strong> Urtnndc nnd dem daranf gegründeten Rechtsansprüche gewesen<br />

sei. Denn so sehr viel länger als das Schreiben Alexan<strong>der</strong>s, das<br />

im zweiten Präscntalwnsschrcibcn, für des Herzogs Sohn Christoph, transsllmiert<br />

wurde, ist das von Inlins gar nicht, nnd in einem späteren Falle<br />

bot die erheblich größere Ansdchnnng <strong>der</strong> Ilrknndc, durch die Leo X. das<br />

Präsentationsrccht erweiterte, kein Hin<strong>der</strong>nis für ihre Aufnahme in ein<br />

herzogliches Präsentationsschreibcn.<br />

Jedenfalls sehen wir, daß <strong>der</strong> Herzog sein Ziel: Besetznng sämtlicher<br />

Proftsteien dnrch den Lnndeshcrrn — fest im Angc hatte nnd ihm in<br />

einzelnen Etappen zustrebte. Bou Alexan<strong>der</strong> war ihm dic einmalige Besetzung<br />

zugestanden, von Inlius dieses Privileg bestätigt nnd seine Gültigkeit<br />

auf die Lebenszeit des Herzogs ausgedehnt worden. Selbständig hatte<br />

Bogislaw dann sein Recht dahin erweitert, daß cr dic Bestimmung <strong>der</strong> einmaligen<br />

Ausübung durchbrach: es fehlte jetzt noch die Ncstätignug dieser<br />

Ausdehnung nnd die Übertragung des Rechtes auch ans den Nachfolger.<br />

Beides gewährte Leo X.,") indem er die von skiuem Vorgänger erteilten<br />

Privilegien zeitlich nnd inhaltlich dahin ansdchntc, daß cr Vogislaw und seinem<br />

Sohne Georg das Recht erteilte, während ihres Lebens zn sämtlichen PropHei.cn.<br />

<strong>der</strong> Caminer Diözese, so oft sie erledigt würden, den Kandidaten zu ernennen:<br />

Iittsi'k3 PI'Läi^Wä 6NM 0MIn1)U3 6t 8lNAUli8 ili 6l8 contentili<br />

a1clU8u1Ì5 auotoi-it^te K^oätollQtl. wnarc pt^ontinin njMoIikmu3<br />

6t. inN0Ull,MU8 K6 P1'686nti8 8C1'l^tl patrocinio 00MUINMU3<br />

Iitt6ra8 ip8ll8 (!U<br />

llä Iwc ut tu 6t<br />

vixsi'ltl3<br />

') K. Et. A. St.: Dep. St. Kollier^: 1509 Aug. lì.; Wachse, Kolberg 194.<br />

2) K. St. A. St.: Dep. St. Kolberg: 1509 Aug. 10. ') K. St. A. St.: B.C.:<br />

1515 Icm. 8; ebd.: Dep. Et. Kolberg: 1515 Jan. 8; ebd.: W. A.: Tit. 32 Nr. 75<br />

toi. 281; TranZs. ebd.: V. C. und Mg. geistl. Urk.: 1516 Inli 1; 8oIlO6. sr Xr.<br />

236 Nr. 26A Wachse^ Kolberg 103.


Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

m


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 87<br />

Allerdings hatten die letzten Pröpste zum größten Teil nicht an<br />

ihren Kirchen residiert, weil sie vielfach in herzoglichen Diensten standen,<br />

wie Bernhard Eggebrecht in Camin; teils nicht residieren konnten, wie<br />

Johann Wopersuow, <strong>der</strong> in Kolberg nnd Soldin zugleich Präpositus,<br />

außerdem auch noch Domherr an <strong>der</strong> St. Ottokirchc in Stettin war. ^)<br />

Aber das wurde nnn nach 1498 keineswegs an<strong>der</strong>s. Johannes Kitzscher,<br />

<strong>der</strong> in Kolberg eingesetzt wnrde, hat zum mindesten seit 1502 dort nicht<br />

geweilt; Wachse behauptet sogar, er wäre nie dagewesen,^) was immerhin<br />

sehr wahrscheinlich ist, denn er war Vogislaws Nat.^) Dieser nahm ihn<br />

1502 ausdrücklich in seinen Dienst: sorgte für zwei Brü<strong>der</strong>, setzte ihm<br />

selbst eine jährliche Besoldung ans seiner Kammer ans zehn Jahre aus<br />

uud steuerte uoch zum Kaufe eines Besitztums bei, wogegen sich Kitzscher<br />

verpflichtete, ein Jahr lang ganz am Hofe zu lebeu, uud voll da all „auf<br />

sciuer Wohuung im Lande" — nnd er würde vermutlich nicht in <strong>der</strong><br />

Kolbergcr Propstkuric gewohnt habeu — je<strong>der</strong>zeit für dell Dienst des<br />

Herzogs mit Nat und Tat bereit zn sein.^) Sein Nachfolger Joachim<br />

Plate ist ebenso wenig daucrud iu Kolberg gewesen: 1514 findcu wir ihn<br />

als päpstlichen Notar in Nom;^ 1516 studierte er iu Bologna^) uud<br />

1519 treffen wir ihn in Wittenberg bei Luther, auf <strong>der</strong> Rückreise von Nom,<br />

wo er wahrscheinlich ili Vogislaws Auftrag gewesen war. 7) Noch welliger<br />

ist von Bogislaws Sohl! Christoph zn erwarten, daß er <strong>der</strong> Nesidenzpflicht<br />

genügt hätte. Die Propstei in Stettill ließ er durch ciueu Vikar versehen,<br />

da er in <strong>Greifswald</strong> studierte-/) für ihn war die Propstei nicht in erster<br />

Linie ein kirchliches Amt, son<strong>der</strong>n ein Einkommen. In Greisswald ist er<br />

nicht lange geblieben; cs wnrdc ihm das Archidiakouat Usedom") nnd die<br />

Propstei in Güstrow übertragen; inzwischen aber studierte er cnnge Zeit in<br />

Bologna znsammen mit Bogislaws Nat und Huttens Freund Valentin<br />

Stojentin/") anf das Archidiakonat verzichtete er wie<strong>der</strong>,") während er die<br />

Propstci in Güstrow behalten zu haben scheint. Sein Nachfolger in<br />

<strong>Greifswald</strong>, <strong>der</strong> zwischen 1508 und 1511 ernannt scili muß (wie allzunehmen<br />

ist, auf Prüseutation des Herzogs), und <strong>der</strong> sich um die mit dem<br />

Amte verbundenen Pflichten nun ganz und gar nicht kümmerte, war<br />

Henning Loitz, jener samt seinem Vater voll Ulrich von Hutten Tiefgehaßte,<br />

') Archiv des Marienstifts Stettin: Tit. 1 äeot. 1 .lä Nr. 16: 1496 Nov. 25.<br />

') Wachse, Hist. dipl. Gesch. d. St. Colberg 194. ") K. St. A. St.: B. C.: 1499<br />

Mai 27. ') Ebd.: St.A.: Tit. 2 Nr. 12 Nr. 187. ") Hergenroether, Ness. Leo. X<br />

1, 517 Nv. 8185s. ") ^ota nationiä 6elm. univ. Vonon. (eää. E. Friedlaen<strong>der</strong><br />

rt. C. Malogola) 260. ") Luthers Briefwechsel (W. En<strong>der</strong>s) 2, 193 Nr. 228.<br />

Damals spielte <strong>der</strong> Prozeß wegen <strong>der</strong> Koadjutorie Ebersteins an <strong>der</strong> Kurie. °) Publ.<br />

ans d. K. preuß. Staatsarch. 52, 137. ") K. St. A. St.: Kl. Pudagla: 1508<br />

April 5. ") ^ot«. Nätionis (^srin. nujv. Vonou. 267f. u. 230f. ") K. St. A. St.:<br />

B. C.: 1520 Aug. 9 n. Dez. 31.


88 Staat und Kirche in Pommern un ausgehenden Mittelalter<br />

an dem er sich mit Recht für die schnöde Behandlung, die er von ihm bei<br />

seinem Weggange uon Grcifswald erdulden mußte, so bitter gerächt hat.^)<br />

Aber <strong>der</strong> Herzog gewann durch die Privilegien <strong>der</strong> Päpste nicht bloß<br />

die Verfügung über die Propsteien. Von diesen waren wie<strong>der</strong> eine Reihe<br />

uon Pikarien nnd Pfarreien abhängig, über welche die Inhaber <strong>der</strong> Propstei<br />

das Patronat besagen. Und es war klar, daß, wenn dort ein dem Herzog<br />

ergebener, ihm verpflichteter Mann saß, anch in Bezug anf diese seinen<br />

Wünschen Nechnnng getragen wurde.<br />

Neben den Kapitclspräbenden, wo also znm Teil erst päpstliche Privilegien<br />

das ermöglichten, wurden nnu auch die Pfarrämter des Säkularllerus in<br />

weitgehen<strong>der</strong> Weise vom Herzoge für scine politischen Zwecke dienstbar gemacht,<br />

indem er durch ihre Besetzung seine Beamten besoldete.<br />

Besetzung <strong>der</strong> Ämter des Pfarrklerus.<br />

Durch die gesamie Muordnuug <strong>der</strong> ganzeu Verwaltung des Staates,<br />

die Bogislaw vornahm, war die Zahl <strong>der</strong> notwendigen fürstlichen Beamten<br />

außerordentlich gewachsen. Die Kanzlei war vergrößert worden, die Domäuen<br />

wurdeu durch Vögte o<strong>der</strong> Amtsleute verwaltet,<br />

selbständig wirtschafteten<br />

die nicht mehr wie bisher<br />

uud meist erblich auf den herzoglichen Schlössern<br />

saßen, son<strong>der</strong>n — weuu auch noch nicht durchgängig — auf Zeit angestellt<br />

nnd besoldet wnrdcn, nene Verwaltnngsciuheitcn wnrden in den „Ämtern"<br />

geschaffen, Rcntmcistcr wurden cingcseht znr Erhebung <strong>der</strong> Stenern ans<br />

dem ^ande, die wie<strong>der</strong>gewonnenen Zölle erfor<strong>der</strong>ten fürstliche Zöllucr.<br />

Und<br />

für alle diese mußte die nötige Besoldung gewonnen werden. Da waren<br />

dann dic geistlichen Stellen sehr gelegen: wenn man diese Beamten ans<br />

den Geistlichen nahm, war eine leichte Möglichkeit ihrer Versorgung gegeben.<br />

Außer deu Propsteieu staud dem Herzog die große Zahl <strong>der</strong> Kirchenälnter<br />

zn Gebote, übcr die er das Patronat besaß. Dies Patronatsrccht<br />

beruhte zum allergrößten Teile ans <strong>der</strong> ursprüngliche Stiftnng <strong>der</strong> betreffenden<br />

Kirchen und <strong>der</strong> in ihnen begründeten o<strong>der</strong> ihr angeglie<strong>der</strong>ten<br />

geistlichen Stellen, <strong>der</strong> Vitaricn usw. selbst; dazu waren aber anch im<br />

Laufe <strong>der</strong> Zeit weitere Erwerbungen, auf dem Wege des Rechts o<strong>der</strong> durch<br />

Schenkung gekommen- so, um nur ein Beispiel anzuführen, das Patronatsrecht<br />

au <strong>der</strong> Pfarrkirche zu Gutzkow,<br />

das den Herzogen in einem Streite<br />

mit dem Kammer Dompropst dmch deu Schiedsspruch des Bischofs zugefallcu<br />

war,^ o<strong>der</strong> über die alt-städtische St. Petri-Kirche zu Stolp,<br />

<strong>der</strong>en Patronat das Kloster Belbuk zu Gunsten <strong>der</strong> Herzoge verzichtet hatte-/z<br />

') Hutlens


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation.<br />

tz9<br />

ferner die ganzen Kirchen des rügcnsch-ftommerscheu Landes, die die Herzoge<br />

mit diesem selbst geerbt hatten.<br />

Andrerseits war anch wohl hie und da ein<br />

Patronat veräußert worden, wie das des Nrchidiakouates zn Deunuiu, das<br />

Herzog Otto dem Bischof nnd seinem Kapitel überlassen hattet)<br />

Daß") die kirchlichen Ämter von Vogislaw in dein Umfange, in dein<br />

es geschah, den Zwecken seiner Politik nntcrgcordmt werden konnten, war<br />

möglich, da die Inhaber eines kirchlichen Amtes die kirchlichen Pflichten<br />

nicht selbst auszuübeu branchten, son<strong>der</strong>n dazu Stellvertreter ernannten, die<br />

dann lnit einem Teil <strong>der</strong> Einkünfte abgefunden wurden.<br />

Daß <strong>der</strong> Kirche<br />

als solcher mit dieser Gepflogenheit nicht gedient war, ist klar; die übergroße<br />

Anzahl von Geistlichen an den einzelnen Kirchen im ausgehenden Mittelalter<br />

ist i« bekannt nnd ebenso die schlimmen Folgen dieses Systems für<br />

das geistige nnd sittliche Niveau <strong>der</strong> Pricstcrschaft,<br />

da <strong>der</strong> uiedcrc Klerus<br />

infolge des unzureichenden Auskommens auf allerlei Mittel siuncn mußte,<br />

dasselbe in die Höhe zu treiben, zumal <strong>der</strong> Drnck <strong>der</strong> päpstlichen Finanzpolitik<br />

schon so hart auf ihm lastete.<br />

Um den Umfang <strong>der</strong> Vcrlcihuug uou kirchlichen Ämtern au herzogliche<br />

Beamte, die aus <strong>der</strong> Pricsterschast stammten, nnr anzudeuten, führen<br />

wir ciuige Beispiele au. Da war <strong>der</strong> spätere öaudrcntmcistcr Nikolans<br />

Vruu, herzoglicher Kanzler und Nat und Kirchherr zu Barth. Schou 15)09<br />

hatte ihn <strong>der</strong> Herzog bei <strong>der</strong> Besetzung einer Vikaric in Gartz berücksichtigt/)<br />

1518 erhielt er ciue solche in <strong>der</strong> Hciliggcistkirchc zu Barth, die vorher des<br />

Herzogs Nat Georg Kamekc besessen Haltes)<br />

im selben Jahre uoch — cr<br />

war iuzwischcu Ncutmeister geworden^) — wurde ihm ciue Vikaric au <strong>der</strong><br />

Nikolaikirche zu <strong>Greifswald</strong> übertragen/) drei Monate später versprach ihm<br />

<strong>der</strong> Herzog eine weitere Kirche.') Als dann durch den Verzicht des<br />

Valeutiu Stojeutiu^) eine Nikarie in <strong>der</strong> Maricukapelle von Gartz frei<br />

wnrdc, erhielt Brun dieselbe;")<br />

1591 präsentierte ihn Vogislaw auch zum<br />

Pfarrer in Barth, da die dortige Kirche durch deu Tod des herzoglichen<br />

Rentmeisters Thomas Versen erledigt war.^") Solche Amtertllmulation,<br />

kanonisch nicht zulässig, war gaug und gäbe.<br />

Der herzogliche Notar Henning<br />

Steinwehr besaß schon einige Ämter, bekam aber 1497 noch eine Bikaric<br />

im Caminer Dom"), dann im Juli 1490 cinc solche au S. Iacod iu<br />

Stettiu, eiuen Mouat später au <strong>der</strong> Nikolaikirchc in <strong>Greifswald</strong>, nach<br />

einem weiteren Monat in Spaudowenhagm; im März des folgenden Jahres<br />

eine Vikarie in Stargard, im April in Pynuow, dafür verzichtet er im<br />

') P. U. B. 1, 90 Nr. 2091. ") V^l. Mbll. 1910, 5sf. ') K. St. A. St.:<br />

Rügen: 1509 Inli 22 und 23. ') Ebd.: Allss. geistl. Urt.: 1518 Sept. 3 und N.<br />

") Ktempin 557. "1 K. St. A. St.: Greifslvald: 1518 Nov. 26 ') Elid..- W. A.:<br />

Tit. 36 Nr. 1 lol. 103'. °) s. Untteni ape,3. 3, 34. ") K. St. A. St.: Nügen:<br />

1519 Juni 2; v. Stojentin, Beiträge 1, 82 Nr. 13. ") K. St. A. St.: Mg. aeistl-<br />

Urk.: 1521 Jan. 27 und März 5. ") Ebd.: N. C.: 1487 April 4.


90 Stallt nttd Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

Herbst ans zwei Nilarien, zu Gartz und Rügenwalde, im November 1492<br />

wird ihm eine Vikarie in Treptow übertragen, 1493 eine in Schlawc; im<br />

Inni desselben Jahres präsentiert ihn Vogislaw zu einer Vikarie in Codram<br />

nnd am selben Tage wird er anch in Karnik als Vitar installiert: nach<br />

nier Wochen resigniert er ans seine Vikarie in S. Jakob-Stettin nnd be^<br />

kommt nach einem weiteren Monate eine Vikarie in <strong>der</strong> S. Georgcukapelle<br />

vor s^rcifenberg. die ihm aber nicht unbestritten bleibt-, die Vikarie in<br />

Karnih Mt er dann wie<strong>der</strong> fahren nnd nimmt im März 1494 die zu<br />

Bisdorv au/) So wnrde Heinrich Müller, einer <strong>der</strong> Sekretäre Vogislaws,<br />

1500 Pfarrer in Horst, 2) 1504 Domherr in Stettin/) 1505 Vikar in<br />

<strong>der</strong> Pfarrkirche zu Gutzkow/) 1514 erhielt er auch die Pfarre zu Nambin<br />

mit <strong>der</strong> Tochlcrtirche, die vorher Jakob Eggebrecht, zugleich Camincr Domherr<br />

nnd (Nrenswal<strong>der</strong> Dekan, besessen hatte/) dem Vogislaw eine<br />

an<strong>der</strong>e Kirche versprach-/) 1515 wnrde Müller zu einer weiteren Pfründe<br />

in <strong>der</strong> Pfarrkirche zu Künkow vorgeschlagen ^) und 1513 erhielt er noch<br />

ein Bcnefizium, auch dort.'')<br />

Die verfügbareu Stelleu reichten aber gar nicht aus, um alle Ansvrüche<br />

zu befriedigen: es wnrden Antwnrtschnftcn erteilt, uud da untate<br />

daun nmnchcr lange warten, bis die vor ihm mit einer solchen Exspektanz<br />

Bedachten versorgt waren. Die Anwartschaften wurden iufolgedcsseu immer<br />

mehr verklausuliert, um die vcrschiedeueu Ansprüche nicht durcheinan<strong>der</strong>kommen<br />

zu lassen: dritte, vierte, fünfte freiwcrdende Stellen wnrden versprochen,<br />

o<strong>der</strong> eine bestimmte Reihe von Pfarren ausgenommen, da sie schon<br />

vergeben waren. Seinem Nate nnd lieben Gctrenen (^eorg Kamele, <strong>der</strong><br />

bereits Domherr in Stettin nnd Kirchherr in Varlh war. versprach Bogislaw<br />

1514 die erste freiwerdende, seinem Patronate unterstehende Pfarrstclle, mit<br />

Ausnahme von Stralmnd, Demmiu, Nelgard uud Alteukircheu auf Rügen,<br />

ferner zwei Vikarien, zn Stolzeubageu uud iu Vartli. uud dazu uoch eiuc<br />

Vräbende im S. Ottokapitel in Stettin, aber erst, wenn zuvor Johann<br />

Oillih, <strong>der</strong> Vogt in Stettin, dort versorgt sei.") Iohauu Gnlitz besaß<br />

schou die Pfarre in Nakow'") nnd erhielt später noch die Zusage auf zwei<br />

wettere Vikaricu.") Als nnn ini November desselben Jahres dem Amtmann<br />

zu Wolliu, Thomas Versen, auch eiue Exspektauz erteilt wurde, geschah<br />

das unter dem Vorbehalt, daß aus die ebeu gcuanuten Kirchen uud<br />

'^ Klempm: 9 Nr. 54: 18 Nr. 89: 17 Nv. litt: 43 Nr. 345i.: 55 Nr. 45! f.:<br />

79 Nr.


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 91<br />

anch die zu Kussevitz^) nnd Patzig, die inzwischen vergeben waren, sich die<br />

Anwartschaft nicht erstrecken sollte, nnd daß vorher Georg Kamele die ihm<br />

versprochene bekommen hättet) Nach einem halben Jahre wird dem<br />

Matheus Engclbrecht die erste erledigte Kirche zn Rügen versprochen, ansgenoinmcn<br />

die erwähnten Kirchen nnd vorausgesetzt,<br />

daß Thomas Versen<br />

versorgt sei.^) So geht das weiter: wenige Wochen später bekommt <strong>der</strong><br />

herzogliche Zöllner zu Gartz, Ulrich Stoppelberch, eine Anwartschaft ans<br />

die erste erledigte Stelle, ausgenommen die genannten Kirchen, und erst<br />

nach Georg Kameke, Thomas Versen und Matthcus Engelbrccht/) nnd<br />

einen Monat darauf erhält Bogislaws Sekretär Konrad Kremtzow die<br />

tröstliche Aussicht ans eine Kirche, wenn vorher die Exspektanzen von<br />

Kamckc,<br />

Versen, Engelbrecht und dem Gartzer Zöllner in Kraft getreten<br />

seien, außerdem auf eine Präbende an S. Otto, wenn Johann Gnlitz und<br />

Peter hovesch, <strong>der</strong> ebenfalls Sekretär<br />

war nnd bereits seit 1513 daranf<br />

wartete/) znfriedcu gestellt wären.") Nicht immer ging dk Beför<strong>der</strong>ung<br />

so schnell, wie teilweise im vorliegenden Falle: im Angnst 1515 wartete<br />

Thomas Versen noch immer ans eine Kirche, nachdem ihm kurz zuvor<br />

noch eine Pfründe des Stettiner Marienkapitels versprochen worden war;'')<br />

im Oktober 1520 wurde schon die durch seinen Tod erledigte Pfarre zu<br />

Barth, in <strong>der</strong> er auf Georg Kameke gefolgt war/) wie<strong>der</strong> weiter vergeben,<br />

nnd zwar an Aogislaws Sekretär Lorenz Kleist/) also mußten Eilgelbrecht,<br />

Stopftelberch und Kremtzow inzwischen anch zn ihren Pfarren gekommen<br />

seilt.<br />

Peter Hovcsch erhielt übrigens 1518 die Pfarre zu Flemmendorf^).<br />

Die in diesen Erspettanzcn angenommenen Kirchen waren wie gesagt schon<br />

an<strong>der</strong>weitig vergeben; es wurde in solchen Fällen nicht die Übertragung<br />

„<strong>der</strong> ersten freiwcrdenden Kirchen, son<strong>der</strong>n „<strong>der</strong> und <strong>der</strong> bestimmten Kirche<br />

für den Fall, daß sie erledigt wird" versprochen; so dem Nentmeister Georg<br />

Balrcschede zu Wolgast die Vikarie in <strong>der</strong> S. Ottokirche in Stettin,<br />

augenblicklich Johann Krüger innehabe,^) dem Capellan Martin Schnell<br />

die Kirche zu Saal auf Rügen, ^)<br />

die<br />

o<strong>der</strong> dem Belgar<strong>der</strong> Ncntmcister Peter<br />

Szeltow die Vikarie des Matthias Puttkamer, sobald <strong>der</strong>selbe gestorben sci.^)<br />

Die Pfarrstelle in Belgard wurde 1520 für den Fall ihrer Erledigung<br />

dem Pribeslaw Kleist zugesagt,") und als <strong>der</strong> dortige alte Pfarrer<br />

nach an<strong>der</strong>thalb Jahren doch noch lebte, wnrde Kleist zn seinem Koadjntor<br />

bestellt.")<br />

') Vgl. P. U. B. 5, 597. 2) K. St. A. St.: Mg. geistl. Urk.: 1505 Sept. 2.<br />

') Ebd.: W. A.: Tit. 36 Nr. 1 lo!. 136. ') Ebd.: 136 ". ') Ebd.: W. A.: Tit. H;<br />

Nr. 1 kl. 103 v. "> Ebd.'. fcl. 137. '! Ebd.: St. A.: Tit 2 Nr. 13 Nr. 35tt,<br />

«) Ebd..- Nr. 356. ") Ebd.- Duglia.' 1520 Okt. 29' Kratz.- Kleist 1, 223 Nr. 403-<br />

") Ebd.: Allg. geistl. Urk.: 1518 März 12 und April 17. ") Ebd.: W. A.: Tit. 36<br />

Nr. 1 toi. 153. ") Ebd.: sol. 136. ") Ebd.: toi. 61. ") E^ . ^j ^<br />

") Ebd.: Allg. geistl. Urk.: 1521 Nov. 6; Kratz: Kleist 226 Nr. 409.


92 Ttaat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

Dabei genossen die herzoglichen Beamten, soweit sie eben Geistliche<br />

waren, noch den Vorteil, daß sic für die bischöfliche Institution zu den<br />

ihnen übertragenen Ämtern uon <strong>der</strong> üblichen Gebühr befreit waren, die in<br />

<strong>der</strong> Regel 1 Gulden o<strong>der</strong> ^ Marl betrug.^)<br />

Aus die Besetzung <strong>der</strong> Ämter und Würden in den Klöstern<br />

scheint <strong>der</strong> Herzog vor <strong>der</strong> Nesormation keinen Einfluß gewonnen, vielleicht<br />

anch gar nicht erstrebt zu haben. (5s sind uur wenige Fälle bekannt, wo<br />

Vogislaw bei Besetzung eines Amtes in einem Kloster eingegriffen hat. Er<br />

schrieb einmal an Prior und Konvent des -Klosters Marienlron vor Nügen.<br />

walde, er habe von glaubwürdigen Renten gehört, daß ihr Echasfer uutaug><br />

lich sei und das Kloster in Nachteil nnd Schaden bringe; er empfehle dem<br />

Konvent deshalb den Martin Olafs zur Wahl. Das Kloster war aber<br />

mit seinem bisherigen Schafser wohl zufricdcu uud lehnte des Herzogs<br />

Borschlag ab: Vogislaw versicherte dann dem Kloster noch einmal, sein<br />

Schreiben habe nur dem Besten des Klosters dienen wollen: wenn sie aber<br />

ihren bisherigen Schasfcr für gut und nützlich ansähen, sollten sie ihn ruhig<br />

behalten.") Ein an<strong>der</strong>mal bat er das Nonnenkloster zn Köslin, einem<br />

Prcibcndalen, <strong>der</strong> in seinem Dienste stand, ein Präbcnde zn verleihen."')<br />

Sonst aber standen dem Herzog diese Kirchcnämter nicht znr Berfi'lgung.<br />

Dagegen gewährten ihm die Klöster an<strong>der</strong>e große Vorteile. Bogislaw<br />

hat nämlich den kirchlichen Besitz ansgedehnt für Abgaben uud Steuern<br />

in Anspruch genommen nnd da manche frühere Excmtion beseitigt. Nnd<br />

zu diesen Lasten trngcn auch beson<strong>der</strong>s ebcu die Klöster erheblich bei.<br />

politischen Ansprüche des Staaten an die Geistlichkeit. *><br />

(Ansülmng des herzoglichen (Iinfluisco.)<br />

Als Bischof Martin mit den Geistlichen seiner Diözese am i). Oktober I s»(ll)<br />

zu Stettin eine Synode abhielt, da wurden dort Klagen über böse Neuerungen<br />

lallt.<br />

„Des göttlichen nnd weltlichen Nechtcs überlegtes Gesetz hat m Borsorguug<br />

künftiger Fälle versucht, die nichtswürdigen Neigungen und ver<strong>der</strong>blichen<br />

Absichten gewisser Menschen zn fesseln, hat dic geistlichen, die dcs Himmels<br />

Heer heißen, gegen die Nachstellungen solckcr Bösgcsinntcn gesichert, indem<br />

es ihnen eine Sou<strong>der</strong>stcllung gab uud ihueu Vorrechte erteilte uud sowohl<br />

Klemmn W:; unter Einkünfte des Bistums Eamm: 7.


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 93<br />

ihre Person wie auch ihren Besitz und ihre Angehörigen mit <strong>der</strong> Kraft ans<br />

<strong>der</strong> Hohe beschirmte nnd sie göttlichem Gebote allein nntcrwarf. Und da<br />

wir nnn schon sehen, daß Könige nnd Fürsten dieser niedrigeren Welt<br />

gleiche Fürsorge erzeigen, da ihre Angehörigen sich <strong>der</strong> mannigfachsten Vorzüge<br />

crfrcncn, insofern als sie nicht zu den üblichen Pflichten des Bürgers<br />

verbunden sind: wie sollte man da nicht glauben, daß <strong>der</strong> allmächtige Beherrscher<br />

im Reiche des Himmels nnd <strong>der</strong> Erden die Mitstreiter in seiner<br />

Treue, die willige Gefolgschaft seines heiligen Dienstes gegen jegliches<br />

Unrecht schuhen, sie mit sicherem Frieden wappnen nnd schirmen wollte,<br />

<strong>der</strong> Herr, <strong>der</strong> da spricht: „Tastet meine Gcsalbctcn nicht an"/) die er in<br />

seiner undurchdringlichen Weisheit herausgehoben hat ans den an<strong>der</strong>n,<br />

erhöht nnd reichlich bedacht, das; sie himmlischer Freiheit genössen nnd nicht<br />

verpflichtet wären zu tasten, Steuern, Hebungen, Auflagen Frohudicustcu,<br />

Kaufabgaben, Verbrauchssteuern, ^andschösscn, Brückengel<strong>der</strong>n, Wasscrpächten,<br />

Einfuhrzöllen, Gcleitsgel<strong>der</strong>u, soustigcu Zöllen uud überhaupt Zu<br />

leinen nie<strong>der</strong>en Lcistuugcu, nuter welchen Namen sie auch üblich scieu.<br />

Äcnuoch hat sich, so ist uns zu Ohren gekommen, in unserer Diözese<br />

unvernünftiger Mcuschcu schlaugengiftige Willkür gcgcu die göttlichen uud<br />

des heiligen Rechtes Gebote erhoben, nnd sie verletzen die himmlischcu wie<br />

menschlichen Gesetze in verblendeter Überhebuug, iudcm sie die Geistlichen<br />

und ihre Angehörigen mißhaudelu uud ihueu au ihrem Hab und Gilt<br />

Abbruch tun."^) Die folgenden Beschlüsse drehen sich dauu allerdings nur<br />

um die tätlichen Angriffe gegen Geistliche, aber mau hatte doch durch jene<br />

breite Auszählung von allerlei Steuern uud die iu das Pathos mittelalterliche!!<br />

Kirchculateius gekleidete wie<strong>der</strong>holte Vetouuug <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>stellung<br />

<strong>der</strong> Geistlichen im bürgerlichen Leben seine Uuzusricdeiiheit mit gewissen<br />

Au<strong>der</strong>uugen in dieser Hinsicht zum Ausdruck gebracht, ohne dagegen mit<br />

ausdrücklichen Festsetzungen auzukämpsen, da man die Nutzlosigkeit ciues<br />

solchen Widcrstaudcs wohl einsah. Zu lauge schon hatten die Laien über<br />

die unverdienten Vorrechte <strong>der</strong> Geistlichkeit gemurrt und ihrem Hasse hie<br />

uud da freien Lauf gelassen, als daß man hierin einen Wechsel hätte aufhalten<br />

können. So mußte man sich eben fügeu, umsomehr als diese Augriffe<br />

auf die Privilegien des Klerus bei ihrer ausgedehnten Basis eiue<br />

kräftige Spitze hatteu. Das war die iuuerc Politik Vogislaws X. Iu<br />

Zerrüttung nnd <strong>der</strong> Anflösnng nahe kam das Staatswesen m seine Hand;<br />

geordnet, mit den Ideen einer nellen Zeit erfüllt nud die Hoffnuugeu laugcu<br />

Nestcheus erweckend, ging es von ihm ans seine Söhne über. Ein arbeitsreiches,<br />

kämpf- und mühevolles Lebelt strengster Konzentration auf das eine<br />

') Psalm 105, V. 15. -) Die Beschlüsse dieser Synode bei kolwe. st X,'.<br />

215. Die angeführten Stücke 227 Kap. 54. — Über eine Abschr. in <strong>der</strong> Umu.-Bilil.<br />

zu <strong>Greifswald</strong> s, V. St. 27, 42. - Cramer (1628) 2, 14.


94 Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

Ziel, den Staat durch eine starke Fürstenmacltt selbst zu starkem Leben zn erwecken,<br />

hat diesen Umschwung möglich gemacht, unterstützt und geleitet voll treuen<br />

Räten, wie Werner von <strong>der</strong> Schulenbnrg nnd dem Kanzler Georg von Kleist.<br />

Von <strong>der</strong> fabelhaften Verschleu<strong>der</strong>ung fürstlicher Einkünfte nnd Gerecht:<br />

samc in den Zeiten gespaltener Fürstenmacht ist scholl öfter die Nede gewesen.<br />

Die Geistlichen waren im großen uud gauzen von fast allen pflichtmäßigcn<br />

tasten befreit. Früher war mitnntcr die „Landwehr" voll ihnen<br />

verlangt worden: schon in dem Privileg für das Caminer Domkapitel bei<br />

seiner Begründung l) und in einigen an<strong>der</strong>en Erteilungen und Bestätigungen<br />

voll Freiheiten war sic ausgenommen worden.'^) ging aber später anch verloren.<br />

Im Beginne des 15). Iahrlmu<strong>der</strong>ts scheinen dann wenigstens die<br />

Klöster doch wie<strong>der</strong> zur Bede herangezogen wordcu zu sein. Vielleicht<br />

hängt das mit dem damals erfolgenden Eintritt <strong>der</strong> Prälaten in die Land:<br />

stände zusammen. Am ö. M..rz 1415 bcgcgncn uns zum erstell Male<br />

„Prälaten, Ralmannen nnd Städte" zusammen als Vertretung des Landes<br />

in <strong>der</strong> „Tcidignng" zwischen Herzog Wartislaw VIll. nud <strong>der</strong> Stadt<br />

Grcifswald").<br />

Hum Prälatenstande gehörtcu am Ende des Iahrhuu<strong>der</strong>ts^)<br />

die Äbte voll Belbut uud Aukow, das Domkapitel zn Camin, dic Abte<br />

voll Colbatz, Ncucnlamp, <strong>der</strong> Prior <strong>der</strong> Iakobikirchc in Stettin, die beiden<br />

Kollegiatkapitel in Stettin und <strong>der</strong> Abt voll Stolpe,<br />

Abt voll Pudagla unter dell Prälaten geuanut. ^)<br />

bcgrclfcn, daß sie mit dem neuen Rechte nun<br />

15)00 wird auch <strong>der</strong><br />

Es läßt sich sehr wohl<br />

auch die nelle Pflicht aus<br />

sich nehmeu mußten o<strong>der</strong> daß sie nmgekchrt für die ucue Pflicht das neue<br />

Recht for<strong>der</strong>ten. Im Jahre 140^ liehen die Herzoge Swanubor und<br />

Bogislaw VIII. vom Kloster Colbatz


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 95<br />

des Landes zu unterhalten. Neben <strong>der</strong> Bede war ein großer Teil <strong>der</strong><br />

Regalien veräußert, Zölle, Orbare, Gerichtsgcl<strong>der</strong> und Einkünfte ans dell<br />

fürstlichen Domänen;<br />

und mit<br />

Lehensgüter waren aus dem Lehensvcrbaudc gelöst<br />

den an ihnen haftenden Kriegsdiensten auch die Abgaben au den<br />

Landeshcrrn, die von ihnen geleistet wurden, dem Fürsten entzogen worden.<br />

Was diesem verblieb, war mehr als zu wenig, um den Hofhalt davou zu<br />

bestreiten. Kantzow berechnet die jährlichen baren Einkünfte beim Regierungsantritt<br />

Bogislaws auf uugefähr 500 rhciuischc Gulden/) die nach heutigen!<br />

Gelde ungefähr einen Wert von 3000 Mark nnd eine Kaufkraft vou<br />

10—12 000 Mark hatten. Davou konnte <strong>der</strong> Hof natürlich nicht leben,<br />

und so hatten dann die Klöster herhalten müssen. Sie waren wie an<strong>der</strong>e<br />

vou alters her verpflichtet gewesen, dem Landeshcrrn samt seinem Gefolge<br />

Herberge zu gcwährcu. Erst nur vorübergehend, hatte sich solcher Aufeuthalt<br />

immer länger ansgedehnt, sodaß die Klöster den fürstlichen Hof<br />

jährlich eine bestimmte Zeit bei sich aufnehmen nnd für sciucu Unterhalt<br />

sorgen mußten, „dies ein Virtcil Iarcs, jenes ein halb Virtcil, das dritte<br />

ein Monatlanck und so vortdhan, weinigcr o<strong>der</strong> mehr, das sie also schyr<br />

das gantzc Iar<br />

große Veschwernng prachtc".2)<br />

bei den Clostcru lagen, welches iueu uud auch deu Clostcru<br />

Eine ständige Residenz hatten ja die Fürsten<br />

damals nicht; wo sie sich gerade aufhielten, rcsidierteu sie, war <strong>der</strong> Mittelpunkt<br />

<strong>der</strong> ganzen Verwaltung.<br />

Mit diesem System brach Bogislaw.<br />

Für die stärkere Ansgestaltnng<br />

<strong>der</strong> fürstlichen Macht, die er beabsichtigte, war eine Zentralisierung <strong>der</strong> Verwaltnng<br />

unerläßliche Vorbedingung; nur dauu hatte <strong>der</strong> Fürst alle Fäden<br />

iu seiner Hand, wenn von einem festen Pnnkte aus ein genau geregeltes<br />

System <strong>der</strong> Über- und Unterordnung das Ganze umspannte. Dieses zu<br />

schaffen war <strong>der</strong> Zweck <strong>der</strong> neuen Ämter- nnd Stcncrvcrfassung.<br />

Es wurde<br />

zunächst ein Überschlag über die noch vorhandcueu Einkünfte gemacht und<br />

ihre Verwaltung treuen Neutmcisteru cmvevttaut.<br />

Mau nahm dazu, wie wir<br />

schon hörten, vielfach Geistliche, da man dadurch eine leichte Möglichkeit<br />

ihrer Versorgung gewann; um die abhaudcu gckommeucu wie<strong>der</strong> eiltzulöscu,<br />

ließ sich Nogislaw von den Stünden direkte Steuern bewilligen/)<br />

daneben<br />

aber ließ er es sich energisch angelegen sein, allen Besitz, für den die Inhaber<br />

deu Nechtstitel uicht klar nachweisen kouuteu, an sich, als den Landesherru,<br />

zu briugeu und sich keiu Augefälle eutgchcu zu lasseu. Sein<br />

Geheimbuch^) enthält fast uur Notizeu dieser Art.<br />

auch wi<strong>der</strong>strebeud,<br />

wurden vou dieser Maßregel betroffen.<br />

ob irgendwo<br />

Der Adel mußte, wcuu<br />

manches Gut herausgeben, und auch die Geistlichen<br />

Da wurde ganz geuau nachgeforscht,<br />

eiu Besitz o<strong>der</strong> Einkommeu iu Anspruch genommeu wurde,<br />

worüber kein urkundlicher Nachweis vorhanden war;<br />

selbst solche Kleiuigl)<br />

Kantzow 1, 319. «) Pom. 2, 34; Kantzow 1, 333. ") Ebd. 1, 332;<br />

. 2, 34. ^) Von Klempin in seinen Beiträgen 546 ff. veröffentlicht.


96 Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

leiten, wie cinc Pacht im Dorfe Manhagcn,<br />

die <strong>der</strong> Greifswal<strong>der</strong> Propst<br />

Vockholt dort bezog, entging den scharfen Angcn nichts) Überall iln<br />

^andc' saßen jetzt als herzogliche Vögte verantwortliche Beamte, „seine<br />

Diener und nicht seine Innckher", die von ihrer Verwaltung an <strong>der</strong><br />

Zentrale Rechnung zu legen hatten.<br />

hierher flntetc alles zurück.<br />

Von hier ans wnrdc alles geleitet,<br />

Die Erricktnng einer festen Residenz in Stettin, die <strong>der</strong> Hanpt'<br />

Aufenthaltsort wnrde, führte anch zu einer an<strong>der</strong>n Ausubuug des Einlagere<br />

rechtes in den Klöstern. Das Herumziehen dort hörte anf, zur großen<br />

Freude <strong>der</strong> sklöster. filr die solche Verpflegungen eine harte nnd kostspielige<br />

Pfllcht ge^vesen waren. Sie haben deshalb gern cingclvilligt, als <strong>der</strong><br />

Herzog, <strong>der</strong> sich die Vorteile seines Rechtes nin,t entgehen lassen wollte,<br />

von ihnen verlangte, das Einlager abzulösen dnrch eine bestimmte jährliche<br />

Abgabe, die in Naturalien o<strong>der</strong> (Ncld alt den herzoglichen Hof zn liefern<br />

wäre.<br />

-Das erhöhte das fürstliche Einkommen bedeutend nnd erlaubte gleich<br />

von vornherein einen Überblick über dasselbe, sodaß man wußte, mit welchen<br />

Mitteln mau rechucu konnte.<br />

Die Ablösung war etwas ähnliches loie iu<br />

<strong>der</strong> Amtcrvcrfassnng die Einsetzung besoldeter Beamter auf deu herzoglichen<br />

Bürgen.<br />

Auch da zog <strong>der</strong> Herzog uichl mehr von Amt zu Amt uud lebte<br />

dort auf Kosten seines Vogtes, <strong>der</strong> vollständig selbständig wirtschaftete,<br />

son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Vogt Halle jcyt sein fettes Elutommcn — Ausnahmen kamen<br />

übrigens vor - und mußte alles, was er darüber hinaus einnahm, au<br />

die herzogliche Kammer abliesern.<br />

Die Höhe <strong>der</strong> Ablösung für das Emlagcr von seilen <strong>der</strong> Klöster,<br />

neben die auch die rügem'che Geistlichkeit und an<strong>der</strong>e traten, war verschieden,<br />

je nach <strong>der</strong> Zeit, für die das ^ieäu bei den eiu>clnen in Anirruck genommen<br />

worden war. Die Kenntnis einiger dieser 3nmmen ermöglicht<br />

uno ein ungefähres Nrieil über die Größe <strong>der</strong> ^l'iticl, die dadurch dein<br />

Staate zuflosseu.<br />

am 1. Augilsl 1194 dahin ciuigte.<br />

Zunächst die Pfarrer auf Nugeu. mit denen sich Bogiilaw<br />

daß sie für das Emlager fortan dem<br />

Amte zu Bergeu sähllich zu Weihnachten eine ^>eld''nlunic zahleu sollten:"'<br />

und zwar lieferten im einzelnen:^<br />

15> Gnlden <strong>der</strong> Propst zu Raic-wlel^'<br />

1^? ., .. Pfarrer ., Gingn<br />

je 10 „ die .. .. Alteukirchcu uud ^agard<br />

je<br />

6 Guldeu die Pfarrer zu 3chavrode, Nambin.Ireilt.Zirkow, Bobbin.<br />

je .'> „ .. „ „ 3am:cns und<br />

w Hi. l^ 3ch. 9 Pf. <strong>der</strong> Pfarrer<br />

Wiel, Poi'criv. Kouelvil.' ulid Garz<br />

Klemviu, Beiträge .^s. -) Haas. Neprrtor. m V.


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 97<br />

3 Gulden <strong>der</strong> Pfarrer zn Swantczin<br />

2 „ „ „ „ Ulenbecken (? Mollen?)<br />

Dafür bestätigte Nogislaw den Pfarrherrcn die Privilegien nnd Freiheitcil,<br />

die ihnen durch die Fürsten Wizlaw und Sambor 12W erteilt seien, ^) nnd<br />

in denen diese anf das SftoUcnrccht verzichteten nnd den Gcistlichcn vollständige<br />

Freiheit zusicherten, über ihre bewegliche nnd nnbcwcgliche Habe<br />

testamentarisch nach Gntdünken zu vcrfügcu lTcsticrfrciheit), soweit sie nicht<br />

Nlit den Bestimmungen des kanonischen Rechtes iu (Gegensatz gerieten.<br />

Außerdem wurde ihnen <strong>der</strong> ,.^nnu5 z;i'llti:u " zugestanden, <strong>der</strong> die Einkünfte<br />

einer bestimnUen Zeit nach dem Todc des Inhabers <strong>der</strong> Pfründe feincu<br />

Angehörigen znkommen ließ. Die Länge <strong>der</strong> Zeit sollte <strong>der</strong> Bischof von<br />

Noefkilde bestimmen,") zn dessen Sprengel Nügen gehörte. Ähnliches hatten<br />

auch die Fürsten von Werte für die Geistlichen ihres Landes bestimmt;^)<br />

auch die Inhaber <strong>der</strong> Maiorpräbenden zn Camin genossen den .>:mnu5<br />

:^) mitunter wurden die Einküufle desselben, die ^.l'iuotu^ m^rauch<br />

wohl für die Tilgnng <strong>der</strong> Schulden verwandt.'^)<br />

Während die Pfarrer von Nügen nur Geld ablicfcrtcn, waren nnn<br />

die Leistungen <strong>der</strong> Klöster in Naturalien angeschlagen, doch konnte dafür,<br />

auch für einzelne Posten des Anschlages, eine festgesetzte Summe gezahlt<br />

werden (wodnrch wir interessante Anfschlüssc über die damaligen Preise erhalten).<br />

Von den Klöstern entrichteten:<br />

Hafer, gasten ^ 12 Ton. :<br />

Roggen, Lasten:<br />

Gerste, Lasten:<br />

Rindfleisch, Tonnen:<br />

Ochsen<br />

Speckseiten<br />

Butter, Tonnen:<br />

Tchaffleisch, Tonnen:<br />

Schafe<br />

Fettschweine<br />

in bar, Mark:<br />

kamp<br />

20<br />

8<br />

3<br />

20<br />

6<br />

50<br />

4<br />

8<br />

—<br />

' -<br />

'loena<br />

")<br />

15<br />

5<br />

3<br />

16<br />

—<br />

—<br />

300 : 100<br />

Mu-<br />

ricn-<br />

öid- ^., ,<br />

^ .


98 Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

Ferner zahlten als Nblösnug/) Usedom 25 Gulden/) 2) <strong>der</strong> Propst<br />

zu Verchcn 100/) das Nonnenkloster in Treptow 5)0/) die Propstei<br />

Iasenitz 30 Gnlden in Gold o<strong>der</strong> dafür 5 Onldcn,') <strong>der</strong> Abt zu Ückermünde<br />

20 Gnldcn^) uslv. Zum Teil luarcu diese Ablösungen scholl vor<br />

1494 vorgenommen nnd festgesetzt worden, wie fnr Eolbatz, Iasenih, Stolp,<br />

Usedom, Bercheu, Trepton', Neuentamp nnd Bclbnt 14'.)! gelegentlich <strong>der</strong><br />

Vcrschreibung des ^eibgcdiuges fnr die Herzogin Anna/)<br />

Das aber war noch nicht alles, was die Klöster jährlich fnr die<br />

Herrschaft des Landes zn leisten hatten. Bogislaw hatte einen Teil <strong>der</strong><br />

ihm von dell Ständen bewilligten Stcncrn benutzt, nm verlorene Rechte<br />

wie<strong>der</strong> einzulösen, anch vom geistlichen Besitz. Dem Kloster Verchen z. V.<br />

hatte er als Wicdcrlmifssumme fnr die Äedc in einigen Dörfern I^.',<br />

snndische Mark gezahlt/) das Kloster Marientron vor Stralsund hatte ihm<br />

fnr 600 Gulden alle seine Gerechtigkeit am Dorfe Weltzin ans Usedom<br />

verkauft/) Pudagla fnr .'500 sundischc Mark die Hcliuugcu in seinem<br />

Dorfe Poltzin. ') Dafür hatte <strong>der</strong> Herzog nun wie<strong>der</strong> weitere regelmäßige<br />

Eluki'lnfte. Die Bede wnrde wie<strong>der</strong>, wie vor alters, zweimal im Jahre<br />

erhoben, als Sommer- und Herbstbcdc. Dazu zahlten:<br />

die Abtei Ückcrmnudc: ^9 Gulden Sommer-, 107 Gulden Herbstbcdc,<br />

Kloster Stolp.- 160 Guldcu o<strong>der</strong> 10 ^ast Aedekoru,<br />

Uscdolu: ^7 Guldcu Sommcr-, 5>0 Guldcu Hcrbstbcdc,<br />

Verchcn: ^9 Gllldcu odcr


is zur Einführung <strong>der</strong> Neforination. 99<br />

Huldigung vorbehaltcu, ^) drei Jahre später verkaufte er auch diese Ausprüche<br />

für 400 Gulden;") von au<strong>der</strong>u Gütern des Ordens wurde für das Einlager<br />

Naturalien geliefert, wie Bogislaws Gehcilubuch es für Colliu,<br />

Wittechow und Strebclolv bezeugt, von denen jährlich 2^/2 Wispcl Hafer,<br />

1 Ochse, 1 Faß Bier und 30 Hühner geliefert wurden. Nehmen wir<br />

noch hinzu, daß auch eiuc Reihe voll Dörfern das Eiulagcr durch Naturalliefcrnngcn<br />

ablöste, so können wir nngefähr ermessen, daß durch diese Maßnahme<br />

die regelmäßigen Einnahmen für dell herzogliche»! Hof uicht uubcdcuteud<br />

lvuchscli. Es trug dem Herzoge ein Großes, sagt Kantzow; nnd<br />

trotz dieser Ablösung kehrte Bogislaw doch noch hier und da wie<strong>der</strong> einmal<br />

anf eillige Tage in diesem o<strong>der</strong> jeuem Kloster ciu, die ihu jetzt gern aufnahmen;<br />

deun „nach diessem gcdigen die Closter fehr nnd tcthen anch<br />

Hertzog Bllgslaffe straordinarie viel Hltlsf uud Stewr",") lvie Kolbatz, als<br />

Bogislaw gegen die Koadjutoric Ebcrstcills protestierte.')<br />

Von nicht geringerem Werte aber, als dieser finanzielle Borteil, war<br />

die weitere politische Vcdcntuug dieser Ablösuug des Eiulagers. Die jährlichcu<br />

öeistilugcn wurdcu iu ihrer Regelmäßigkeit <strong>der</strong> Ausdvuck einer bcstilNlnt<br />

fcstgclcgtcll Abhängigkeit <strong>der</strong> Klöster vom Vaudcsherrn llud zugleich<br />

Vorläufer <strong>der</strong> späteren Säkularisatioueu <strong>der</strong> Klostergüter, mit denen Bogislaw<br />

iu Dcntschlalld den Anfang machte.<br />

Dazu nun die nelle Stcuervcrfassnng, in die anch die Geistlichen<br />

hineingezogen wnrdcn. Die von den Laudstäudcu bewilligten Steuern trngen<br />

anch sie als ciu Stand des Herzogtums, nnd zwar als <strong>der</strong> zweite (den<br />

ersten bildeten die Grafen von Eberstcin und die Herren zu Putbus) mit,<br />

wcuugleich vielleicht uicht voll Anfaug an,'^) so doch sehr bald. Der von<br />

den Neichsständcn dem Kaiser 1495 bewilligte „Gemeine Pfennig" wurde<br />

auch iu Pommern von sämtlichen Uutertaueu crhobeu, „gcistlichcu nnd<br />

weltlichen Standes";") ebenso die außerordentliche Hülfe, die das Land dem<br />

Herzoge für seinen Zug zum Kaiser gewährte: ciuc halbe Pacht vou allen<br />

Gütern, geistlichen uud weltliche!». Nud auch für den Nomzng Maximilians<br />

1507 wurde Bogislaw die voll ihm gefor<strong>der</strong>te Snmmc dnrch Prälaten,<br />

Herren, Mannen und Städte „unverzüglich" zugesagt: die Prälaten zahlten<br />

wie <strong>der</strong> Adel voll je<strong>der</strong> Hufe V4 Gulden.")<br />

All den Landessteuern siud die geistlichen Güter jetzt ebenfalls beteiligt.<br />

Zunächst an den allgemeinen Landschösscu; seit 14^ wurdcu sie von<br />

Prälaten, Manuell und Städten bewilligt nnd auch auf sie alle verteilt;<br />

gegen die Säumigen wurde uach ciuem ausdrücklichen Beschlusse mit<br />

') K. St. A. St.: Tit. 2 No. 12 toi. 70. ') Kmtz, Kleist 1, 81 Nr. 159.<br />

') Kantzow 333. ') K. Ct. A. St.: Kl.Kolbatz: 1513 Dez. 2l). ') Wehrmann in:<br />

Mbll. 1« l1W2), '^ ") Klempitt 536. ') K. St. A. St.: St. A.: Tit. 1 Nr. 5<br />

lol. 226.<br />

7*


100 Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

Pfändung vorgeschritten, wie 1499 gegen den Iohauniterordcn/) <strong>der</strong> von<br />

seinen Gütern eine Ttener von 12 Gnlden zn leisten hatte. Selbst des<br />

Herzogs geistliche Räte genossen da kein Vorrecht. Wenn nicht schon<br />

Vogislaw selbst, so dehnten doch scine Löhne noch vor (5iusuhruug <strong>der</strong><br />

Reformation auch auf sie die Sttuerpflicht ans. Ganz resigniert schreibt<br />

<strong>der</strong> herzogliche Nat und Kanzler Nikolaus Ärnn, Kirchherr zn Äaarth, zn<br />

Vogislaws Zeil Laudrelllmeister, an seineu Vizeftlebau.-<br />

„Dat de honctmann nth beuelc niiner g. h. den teycudcu van<br />

minen, Iwen vnd an<strong>der</strong>n redditibns In <strong>der</strong> Pogcdige dcyt for<strong>der</strong>n,<br />

mot vnd wil Ick geschcn laten; Gy mogeil van mincr wegen ehin<br />

den teyendcn vorrckcn; Ick furchte gy werden Iw ock nicht konen<br />

weren; Vnd wo wol Idt nicht bewilliget, so mach idl doch nd<br />

rel'limciil'lum teln^nriä Henne lopen cum ^iii^ clroridn8." Es möge<br />

also von den Pachten <strong>der</strong> zur Vikarie gehörenden Güter „deine<br />

Nentemeister den slccimlinn verantworden. Ick hcbbe orßake dartho,<br />

dat ick vmmc de befriginge vor an<strong>der</strong>n nicht for<strong>der</strong>n wil".")<br />

Auch die nie<strong>der</strong>en Geistlichen halteu den Vandschoß zu tragen; und hier begegneten<br />

sich Vogislaws Absichten mit den Beschwerden <strong>der</strong> Städte, die<br />

darüber murrteu, daß die Geistlichen iu ihreu Mauern so frei ausgingen-,<br />

jetzt wurdcu anch sie zu dm vou dell Städten anfzubriugeuden Sunlineu<br />

herailgezogcn. Den Geistlicheu <strong>der</strong> Stadt Stolp gebot <strong>der</strong> Herzog 1517<br />

nud danu wie<strong>der</strong> 15)2^>, uou deu Outern nud Hauscru, die sie besaßen,<br />

gleich den an<strong>der</strong>n Bürgern ?andscho5, Dienstpflicht und Hebungen zu entrichten,<br />

uud durch ihre Weigerung ihm uud <strong>der</strong> Stadt weiterhin keiuen<br />

Schaden zuzufügcu; ilild zwar seicn die Steilcru au dell Neutmeister ab^<br />

zuliefcrn.^)<br />

Iu gleicher Weise warcu die Geistlichen au <strong>der</strong> Ausbliugung <strong>der</strong><br />

Fräuleiustcuer beteiligt; wie<strong>der</strong>um zahlru hier die Prälaten wie dcr Adel. So<br />

^95) bei <strong>der</strong> Verlobung vou Aogislawo Schwester ^'athariua nut Heinrich<br />

vou Brauuschweig/) wo beide vou ihreu Gütern entrichteten:<br />

für die Hegcrhufc 1 rheiu. Gilldell<br />

„ „ Laudhufe V2<br />

„ „ A^ühle V2 ..<br />

„ den Krng V2<br />

„ „ Käthen 2 Schillinge.<br />

Die Hebung trug im ganzen 13 040 Gnldcn, vou deueu dem Herzoge <strong>der</strong><br />

versprochene Arantschatz vou ttl)O() Gllldell gezahlt wurde ilud die zugesagte<br />

Hülfe mit 10M Pserdcu") ausgerüstet wcrdcu konute. Auch bei dcr<br />

') K. St. A. St.: St. A.: Tit. 46 Nr. 34: 14!>9 April 1. '» B. St. I,<br />

227. ') Stadt. Archiu Stolp in Pom. s>«; und 5>i: Vonin, Gesch. d. ^t. Stolv 1,<br />

79. ') Klempin 430. ) Kanhow ^^'.».


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 10j.<br />

Fräulciustcuer war wie beim Landschoß die nie<strong>der</strong>e Geistlichkeit für die<br />

Güter, die sie besaß, znr Zahlung verpflichtet, wie das Mahnschreiben<br />

des Herzogs an die Geistlichen <strong>der</strong> Vogtei Wollin beweist.^) Sie hatten<br />

den Betrag an den Amtmann <strong>der</strong> Vogtei, in <strong>der</strong> sie saßen, abzuliefern;<br />

die Vollmer an den bekannten Thomas Versen.<br />

Der an<strong>der</strong>e große Verlust, den das Fürstentum erlitten hatte, betraf<br />

die Kriegsdienste.") Indem dienstpflichtiger Besitz in die Hände von Geistlichen<br />

o<strong>der</strong> von Bürgern als freihcs Lehen kam, gingen dem Fürsten die<br />

Manndienste verloren, nnd in ihrer Kurzsichtigkeit und Geldnot hatten die<br />

Herzoge das nicht gehin<strong>der</strong>t, fon<strong>der</strong>li sogar noch dadnrch beför<strong>der</strong>t, daß sie<br />

solchen Wandel ausdrücklich bestätigten, wie schon in den früheren Privilegien<br />

für Eldena nnd Colbatz unter den Freiheiten ausdrücklich die Heercsfolge<br />

aufgeführt wird. Bogislaw, <strong>der</strong> einsah, daß das die Wehrkraft des Staates<br />

immer mehr herabmin<strong>der</strong>te, schuf anch hier Wandel uud brachte die altcu<br />

Rechte des Laudesherrn wie<strong>der</strong> znr Gcltnng, Weltlichen wie Geistlichen<br />

gegenüber. Daß das Domkapitel zu Cnmin nud die Prälaten <strong>der</strong> Kolbergcr<br />

Kollegiatkirchc wie<strong>der</strong> zur Landesverteidigung verpflichtet wurdcu, erfuhren<br />

wir schon. Wichtiger war die Neurcgcluug im Verhältnis <strong>der</strong> Lehnsleute<br />

<strong>der</strong> Klöster zum Landcsherrn. Die reichen Klöster hatten eine ganze<br />

Anzahl von ritterlichen Lchnsgütcrn in ihren Besitz gebracht, hatten weitere<br />

Bcucfizicn ansgcteilt, sodaß sie mitunter, beson<strong>der</strong>s Vclbuk, über ciue stattliche<br />

Auzahl Vasallen verfügten, von denen sie als Lehnsherren anerkannt<br />

wnrdcn, wodnrch <strong>der</strong> Herzog <strong>der</strong> ursprünglich ihm zn leistenden Dienste<br />

verlustig giug.<br />

Vogislaw zog das Lehnsband wie<strong>der</strong> fester, sodaß er <strong>der</strong> Oberlchnshcrr<br />

über sämtliche Vasallen seines Landes für alle ihre Güter wurde, uud<br />

die Adligen, die vou Klöstern Lehen trugcu, zu diesen nur im Verhältnis<br />

von Afterlchnsträgcru standen, im übrigeu aber die gleichen Verpflichtungen<br />

wie die übrigeu Adligen gegen den Lehnsherrn hatten.") Dadurch kamen<br />

gewissermaßen anch die Klöster als Lehnsherren jener Adligen zum Laudeshcrru<br />

als Qberlehusherru iu ciu Lehnsverhältuis. Bei Nelbuk sund dieses<br />

wird dariu nicht allein dagestaudcu habeu) erreichte Vogislaw es sogar, daß<br />

die Mouche ihm gegen Zusicherung des fürstlichen Schutzes nnd Schirms<br />

„alle Ritterschaft, Mauuschaft und Lehuschaft, die bisher bei dem Abt nnd<br />

dem Gotteshause geweseu siud, abtreten, überlassen uud überweisen" und<br />

die Mauucu ihrer Dieustftflicht gegen das Kloster cutbinden/) Außerdem<br />

verbot Vogislaw, weiterhin kriegsdienstpflichtigen Besitz nnter die Hoheit<br />

') K. St. A. St.: Bohlen Nr.


102 Staat und Knchc in Pommern im ansehenden Mittelaller<br />

einer geistlichen Körperschaft zu bringen, ..dal doch uuborluk ys;", wie eiuc<br />

Notiz in scmem Gehcilnbnchc besagt, die vermerkt, da^ die Aiantcnsfel zn<br />

Kölpin ihre Lehen, „daß sie doch vom Fürsten haben", nntcr den Abt<br />

bringen wollen. In an<strong>der</strong>n Fällen macht er den Übergang eines Lehnsgutes<br />

an ein Kloster von seiner l5)mchmia.ullg abhängig, l)<br />

Auch bei den Heerzügeu dcc- Hcrzogo hatten die geistlichen Korporationen<br />

fortan fnr ihren eigenen Besitz teilzunehmen, ,ndcin sie Wagen, Pferde nnd<br />

Knechte stclltcll o<strong>der</strong> Geld zahlten. Der Anteil <strong>der</strong> Einzelnen richtete sich<br />

nach dem Vermögen. In den (5'utwnrfeu, die Werner von <strong>der</strong> Schulenburg<br />

zusammen mit Mmg von Kleist, des Herzog/? treue Ratgeber in<br />

allen diesen Dingen, fnr die Hccreszngc 1491 gegen den wi<strong>der</strong>spenstigen<br />

Vasallen Aerudt Maltzahn nnd 151N gcgcu Stralsuud machte, werden anch<br />

die Prälaten, Äbtc und Kapitel ucianschlagt;") zu dem Hcclcszugc uach<br />

Vrauuschweig rüstete dac Kloster )icueutamp 4, Eldcua ^, Pndagla, Stolp<br />

und Iarnleu je 1 Knegswageu allo, während die übrigen Ocld zahlten.^)<br />

Das vollständigste Verzeichnis besinn nur in <strong>der</strong> Matrikel von<br />

Danach waren verpflichtet zu stellen:<br />

je M Pferde, vollkommen ausgerüstet: dao Camiucr lind die<br />

Ttettiucr Kapitel<br />

4 ., : das Grcifswaldcr Kapltcl<br />

li Nnslwagcu, mit je »» Pferden und ic IN 'Mmn auögcrnstet:<br />

Klostcr Ncncnkauip<br />

5) „ : ., Kolbal)<br />

je 4 ., : .. Vclbut uud Eldclla<br />

.') ., : ., Äulow<br />

je 2 ., : ., Hiddeuscc lilid die 3>rig»tliucr zll Bergen<br />

je l .. : „ Iajeuid, Stolp, Pudagia, die ^arlhänscr<br />

vor Stellili und die Nouuenkloster zu<br />

Vcrgcu, Hlaricustie^, Vcrcheli, Pyriy, Wollill,<br />

Treptow a. Hi., Stotpc uud die Mönche<br />

uu Amte Treptow.<br />

Auch solist wurdcu die Geistlicheil vom Herzog bei Gelegenheit iu<br />

Aiispruch geuommeu: wie bei dcr Hoch.icil lliil <strong>der</strong> Prili>eisili Aiiiia voli<br />

Poleu, wo die Kurien des Bischofs lllid <strong>der</strong> Doiliherrcli ili Stellili als<br />

Hcrbergcu fiir die poluiicheu Kleilipin 5(»»i.


is zur Ninführnng <strong>der</strong> Reformation.<br />

10')<br />

Vieles verdankte <strong>der</strong> Herzog anch dem Entgegenkommen <strong>der</strong> Geistlichen,<br />

das er dann gebührend belohnte; so, wenn er dem Kloster Krummin, das<br />

ihm scine Bancru zur Bestellung seines Hofes in Moltzkow zur Verfüguug<br />

gestellt hatte, eine jährliche Gctrcidcpacht von einer ?ast Noggcll ans dein<br />

Amt Wolgast verschriebt)<br />

So standen die Geistlichen znm Fürstcutum. Daneben aber müssen<br />

wir mindestens andcntend hiuwciseu anf die bürgerliche Stclluug <strong>der</strong>selben<br />

innerhalb <strong>der</strong> Städte, die grade in dcr Zeit vor <strong>der</strong> Reformation so<br />

manchen Anlas; zu Nüzufricdcuhcit nnd Erbitterung <strong>der</strong> Bürger gegeben hat.<br />

Die Lasten, die die Bürger zu tragen hatten, mehrten sich, nnd die Geistlichen<br />

saßen in ihren alten Freiheiten nnd dehnten nnd nntzten dieselben<br />

nach allen Regeln dcr Knnst ans. Sie waren befreit von Zoll und Stener;<br />

nnn trieben sie Handwerk nnd Handel, kanftcn nnd vcrkanften einheimische<br />

nnd auswärtige Erzeugnisse nnd erwarben immer ncncn Grnnd nnd Boden,<br />

dcr nnn in <strong>der</strong> „toten Hand" natürlich abgabenfrei wurde: alles znm<br />

großen Schaden nnd Ärger des Natcs nnd dcr Bürger. Teilweise sind die<br />

Städte dagegen selbständig vorgegangen, indem sie sich mit den Geistlichen<br />

einigten o<strong>der</strong> sie zwangen, wie S^MM, _das 15i'^ seine Geistlichen für den<br />

Krieg dcr Hanse gegen Christinn II. von Dänemark in <strong>der</strong>selben Weise wie alle<br />

an<strong>der</strong>n Bürger zn einer Bcrnlögcnsstcner heranzog. Vielfach aber riefen die Städte<br />

dic llntcrstütznng dcs^andcshcrrn an, die ihnen anch zn teil wnrdc. Die einzelnen<br />

Bestimmungen, die dann getroffen wurden, find nach den örtlichen Verhältnissen<br />

verschieden: hier zahlten sie Schoß nnd Grundsteuer, dort nicht; hier waren fic befreit<br />

vom Wachtdienst, dort wnrdcn sie dazn herangezogen, hier ward ihnen jeglicher<br />

Handel ganz nntcrsagt, dort nnr teilweise; hier war <strong>der</strong> Gütcrcrwcrb erschwert,<br />

dort nicht. Aber ein gemeinsamer Gruudzug ist doch da, die Bcschräntnng<br />

<strong>der</strong> großen Freiheiten. In Stolp mußtcu die Geistlichen von den<br />

Hänsern, die sie besaßen, die üblichen Lasten nach Bürgerrecht entrichten,<br />

dnrftcn ncnen Besitz nicht ohne Wissen des Natcs erwerben; wnrdc ihnen<br />

das zugestanden o<strong>der</strong> erbten sie VcsilMwciteruugcu, so hatten sie davon<br />

ebenfalls die Kommnnnlstenern zn zahlen, sie mußtcu an dcr Instandhaltung<br />

<strong>der</strong> Brnnncn, Wege nsw. mittragen; Schafe nnd Bienen, <strong>der</strong>en Zncht in<br />

Stolp sehr groß war nnd anch von dcr Geistlichkeit betrieben wurde, durften<br />

sie halten, aber nnr zn eigenem Bedarf, Handel damit ist ihnen untersagt.<br />

Dagegen sind sie von außerordentlichen Abgaben, Grabeuarbeitcu, Wachtdienst<br />

usw. für gewöhnlich frei, nur im Falle eines Krieges haben „auch<br />

sie sich darein zu schickeu".^) Iu Treptow a. N. war das dortige Kloster<br />

auch zur Erhaltung und Bewachung <strong>der</strong> Mauern verpflichtet.'') Iu Camin<br />

lag das eine Stadttor auf <strong>der</strong> Domfreiheit: das Domkapitel mußte sich<br />

') K. St. A. St.: Kl. Krummin: 1523 Sept. 5. ") s. obenS. 100. ^ K.<br />

St. A. Ct.: Dep. Ct. Köslin: 1477 Ott. 24.


104 Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

dazu verstehen, es für den Verkehr <strong>der</strong> Stadt zu bedienend) Allgemein<br />

eingeschränkt, meist ans den Bedarf <strong>der</strong> einzelnen Kirchen nnd Klöster,<br />

wurde <strong>der</strong> Handel, wie mit Tuch, Salz, Fischen, Holz, Le<strong>der</strong>, Talg usw.,^)<br />

vor allem mit Vrauereiprodukteu und Wein, die eine Haupteiuuahmequelle<br />

<strong>der</strong> Geistlichen gebildet zu haben scheinen: deuu sie brauchten kciuc Einfuhrzölle<br />

zu zahlcu, konnten also die vielbcgchrtcn auswärtigen Biere und Weine<br />

bedeutend billiger verschenken. „Alhier bey uus zu Alten Stettin war das<br />

Priorat Haus; eiuc offene Schenke, da mau hart ali S. Iacobstirchc Vier<br />

uud Vraudtcwciu schenkte. Nud zwar schenkte <strong>der</strong> Prior <strong>der</strong> Stadt znm<br />

großen nach theil srembd Dammisch Vier", erzählt Eramer.") Meist wurde<br />

jetzt dem Nate allem das Recht, fremde Viere uud Weiuc im Ratskeller<br />

zu schenken, vorbehalten, währcud sonst in <strong>der</strong> Stadt nur einheimische<br />

Erzeugnisse vertrieben werden sollteu. Die Geistlichen dnrftcn jene zwar<br />

weiter frei ciusühreu, aber uur sur ihreu eigenen Bedarf: die Kalandsherrcn<br />

in Wollin z. A. 10 Tonllcn jährlich.^) In Demmin war den<br />

Geistlichen vom Herzog mit ^ustimmung des N'atcs das Ansschenkcil von<br />

auswärtigeu Äiercu uud Wciuell, abcr linr an ihre „Collatien" zugestanden<br />

wurden, nnd zwar 24 Faß Pasewalker nnd 7 Vast Orcifswal<strong>der</strong> Bier und ein<br />

Dreiling Wein fnr die Messet) nach mehreren Jahren wnrde ihnen das<br />

zwar bestätigt, zugleich aber behielt sich <strong>der</strong> Herzog vor, die Bestimmung,<br />

falls sic „dem gemeinen Besten sollte nachträglich sein", nach seinem Gefallen<br />

zii än<strong>der</strong>n.") Dieser Handel mit fremden Vieren nnd Weinen war<br />

auch iu Mcälcnburg eiue Quelle voli Zwisligkcitcn innerhalb <strong>der</strong> Städte;<br />

in Gnstrow, das ili tirchlichcr Hinsicht mit seinem Kollcgiatkapitel znm<br />

Bistum Camin gehörte, ertanftc sich <strong>der</strong> Nat voli den Herzogen fnr<br />

1W Indische Mark das alleinige Vcrkaussrccht.')<br />

Diese Waudluug <strong>der</strong> Stelluug <strong>der</strong> Geistlichen ili <strong>der</strong> Stadt ist eine<br />

außerordentliche schnelle. Wenn die Gedanken einmal eingedruugcu siud,<br />

crgreifcu sie rasch Platz nud dchueu sich aus. Interessant ist da die<br />

Haltung Stettins gegenüber den beiden Domkapiteln in <strong>der</strong> Stadt. Noch<br />

knr^ vor dem Negicruugsaulritt Bogislaws lvurdeli dem Maricukapitcl<br />

allerlei Frcihcitcu bewilligt: die städtischen Schuleu sollten allfgchobeu<br />

werden, Geschenke au die Domhcrrcu iu Wem und fremden Biereu sollten<br />

uichl gehilldcrt wcrdeli «^freilich soliteli die Geber Zoll zahleu), die Dombcrrcli<br />

soliteli ili Stadt lind Valid „zollfrei" sciu, ebenso sollte <strong>der</strong> Nat all<br />

die Kirchenbaucru lilld die Bewohlicr des Marlenkirchplatzes keine For<strong>der</strong>nilgell<br />

') K. St. A. St.: Tep. St. Camin: 1^97 Noo. l. ^ Zähnen, Pom.<br />

Bü'l .^, -_'9 ') Cramer (1^."^ .^, '^1. ') K St. A. 3t.: Bohlen '^r. N, 47.<br />

'i Edd.: Dep. ^t. Denimnl! 150'.> Mai :z. "' Ebd.: Mscr. 1 Nr. X". Siede auch:<br />

K. St. A. ^t.: 5n>. >3t. Nngenwalde: l.^'s Juli >'l; Kray, Kleist 1, 191 Nr. ä^'i<br />

Dähnerl, Pom. Bibl. 5, ^'. ') Joh. Meno Pötker, Neue Sammlung usw. (174-1<br />

bis 174Ü) 4, 1.^.


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 105<br />

haben.') Dreißig Jahre später muß die Freiheit von Schoß und Grunde<br />

steucr schon durch den Erlaß einiger Reuten zu Gunsten des Rates erkauft<br />

werden;^) und nach weiteren dreißig Jahren soll die Freiheit überhaupt<br />

aufgehoben werden, und <strong>der</strong> Rat erbittet Luthers Meiuuug in dieser Sache. ")<br />

Noch eins bleibt hier zn erwähnen. Der große Besitz <strong>der</strong> „toten<br />

Haud" war eiu Stein des Anstoßes für die Laienwelt, dell man zn beseitigen<br />

dachte. Teils ging man, wie in Stolp, gleich so weit, die Grundstcnerfrciheit<br />

sowohl für den bestehenden, als auch den zukünftigen Besitz<br />

einfach aufzuheben, o<strong>der</strong> es wurde <strong>der</strong> Erwerb weiterer Güter durch die<br />

Geistlichkeit von <strong>der</strong> Eiuwilliguug des Rates abhängig gemacht, Amortisationsgcsctze<br />

erlassen. Die Frage ist, wie weit in Pomn'.cru solche kom Laudcshcrru<br />

ausgegangen sind; doch wird sich das kaum feststellen lassen. Wir<br />

besitzen allerdings eine sehr große Anzahl herzoglicher Bestätigungen uou<br />

Verkäufen an Geistliche.^) Aber es ist dabei nicht zu cutschciden, ob diese<br />

Bestätigung durch dcu Landeshcrrii nötig war zur Ncchtsgiltigkcit des<br />

Kaufgeschäftes, o<strong>der</strong> ob dasselbe dadurch nur gesichert wcrdcu sollte.'"') Für<br />

das letztere spricht eigentlich, daß auch Anläufe o<strong>der</strong> Rückkäufe durch ttaicu<br />

vou Geistlichen/) o<strong>der</strong> daß Kaufverträge lediglich unter Laien ^) vom<br />

Herzoge iu <strong>der</strong>selben Weise bestätigt wurdcu, wie die Veräußerungen au<br />

Geistliche, und ein ausdrückliches landesherrliches Nmortisatiousgcsch ist<br />

nicht vorhanden.<br />

Wenn wir das alles betrachten, müssen wir gestchen, daß <strong>der</strong> pommerschc<br />

Staat, <strong>der</strong> sich doch recht eigentlich erst jetzt bildete, seine Macht im Innern<br />

scholl ziemlich weit allsgedehnt hatte, indem er das Kirchcugut iu diesem<br />

Umfange zu den öffentlichen Stcnern und Lasten heranzog. Aber er ging<br />

noch weiter: auch in das iuuere Leben <strong>der</strong> Kirche suchte Bogislaw X. seiuc<br />

landesherrliche Negierungsgewalt auszudehnen.<br />

8 3. Ansprüche Mogislaws X. auf ein Zufsichtorecht «ber die<br />

pommersche Airche.<br />

Aogislaw X. beschränkte die Son<strong>der</strong>stellung <strong>der</strong> Geistlichen seines<br />

Landes erheblich, in dem er einen Teil <strong>der</strong> bürgerliche!! Lasteu auf sie<br />

verteilte. Es geschah das im Zusammenhange des Strebens, die im<br />

Territorium<br />

bestehenden Excmtioncn nnd feudalen Mächte zu unterwerfen.<br />

') Cramer (1628) 2, 113. ") Ebd.: 3, 54; Kratz, Siädte, 305. B. Ct. 22,<br />

63. ") Luthers Briefe (eci. Do ^6Uk) 2, 297 Nr. 462 (Luthers Werke, Erlanger<br />

^usg. 53, 1504; Luthers Briefwechsel, hg. v. En<strong>der</strong>s


l06<br />

Staat und Kirche in Pommern ini ausstehenden Mittelalter<br />

Darauf beruhte ja die Ausbildung <strong>der</strong> Landeshoheit: in <strong>der</strong> Emanzipation<br />

nach oben hin und in <strong>der</strong> Durchsetzung nach unten 511. Neben Adel und<br />

Städten war es eben die Geistlichkeit gewesen, die sich bisher landesherrlicher<br />

Oberhoheit entzogen hatte. Sie bildeten vermöge ihres interterritorialen<br />

Zusammenhanges ein im Lebeu des einzelnen Landes gewissermaßen nicht<br />

ganz einheimisches nnd die Einheitlichkeit in <strong>der</strong> Machtausübung des Landesherrn<br />

zerstörendes Element, nicht in ihren einzelnen Vertretern, aber als<br />

Ganzes, als in den Umfang des Landes übergreifende Kategorie. Schon<br />

ziemlich frühe hatten die Landesherren Versuche gemacht, sich ihr entgegen-<br />

Anstemmen, die Schädigung <strong>der</strong> eigenen Interessen dnrch die jener zn verhin<strong>der</strong>n,<br />

indem sie für die Gültigkeit kirchlicher Anordnungen in ihrem<br />

Lande ihre Genehmigung for<strong>der</strong>ten, jeue ihrem landesherrlichen Placet<br />

unterwarfen. Namentlich bei finanziellen Anfor<strong>der</strong>ungen, unter denen das<br />

dcntsche Neich beson<strong>der</strong>s zn leiden hatte.<br />

Anch in Pommern finden wir, wenn auch spät, noch vor <strong>der</strong> Reformation<br />

Ansätze dazu. Die Quellen sind sehr dürftig, lassen aber doch<br />

erkennen, daß Bogislaw für AblaßveMndigungcn in einem Interesse, das<br />

außerhalb des Landes lag, seine Zustimmung for<strong>der</strong>te nnd die Ablässe<br />

beaufsichtigte. Als 1494 im Lande Kollektoren herumzogen, von denen er<br />

gehört haben mochte, sie seien gar nicht vom Papste gesandt, soudcrn Betrüger,<br />

erließ er an die Iistcrzienscrklöster den Befehl, auf jene zn fahnden<br />

nnd sie bis zn weiterer Entscheidung festzunehmen.^ Der einzige päpstliche<br />

Ablaß, von dein wir wissen, dast Bogislaw sich seiner Verkündigung<br />

wi<strong>der</strong>setzte, ist <strong>der</strong> große „Pcrandische Illbilänmsablaß".^) Und er begründete<br />

sein Verbot ausdrücklich damit, daß das Krcnz ohne sein Wissen aufgerichtet<br />

sei. Er verlangte vom Camincr Kapitel, dasselbe aus <strong>der</strong> Domkirchc zu<br />

entfernen. Das Kapitel suchte sich zwar zu rechtfertigen, <strong>der</strong> Bischof habe<br />

die Annahme befohlen: aber schließlich mußte es sich fugen, wenn auch unter<br />

dem Proteste, daß sie lediglich i'uäw in^tu a.d iUÄll


is zur Einführung <strong>der</strong> Ncforination. 107<br />

wie <strong>der</strong> Ablaß eingetrieben wurde.<br />

Der für Camin snbdcftuticrtc Spczialkommissarins<br />

zog illi Lande umher; dort wo er zu predigen gedachte, wurde<br />

das Kreuz aufgerichtet und ein Kasten für das Oftfergeld angestellt.<br />

diesem nun hatte nicht nur er cincu Schlüssel, soudcru auch <strong>der</strong> Pfarrherr<br />

und <strong>der</strong> Nat <strong>der</strong> bctrcffcndeu Stadt.<br />

Zu<br />

Diese Kästeu bliebcu bis zum Eudc<br />

<strong>der</strong> Verküudigungszcit in <strong>der</strong> Stadt uuter Verschlllß uud iu Verwahrullg,<br />

und wnrdcit dann erst im Beisein des Natcs uud eines herzogliche!! Kouimissars<br />

gcöffllct und dell! Nate über die vorgcfuudcue Sinumc Quittuug<br />

ausgestellt.<br />

So geschah es am 2. Juli iu Camiu, wo je zwei Vertreter<br />

des Domkapitels und des Rates zugcgcu waren. Es ergab sich dort ein<br />

Bestand vou 117 rhciuischcu Gulden, die iu 97 Gulocu Gold gewechselt<br />

wurden.^) So befahl es Nogislaw auch für die Städte Stralsuud,<br />

<strong>Greifswald</strong>, Auklam, Wolgast, Dcmmiu, Barth, Pascwalk, Tribsces,<br />

Orimlueu uud alle die an<strong>der</strong>n, iu denen <strong>der</strong> Ablaß verkündet wordcu war,<br />

indem er sie benachrichtigte, daß er dem Subtommissarins gestattet habe,<br />

das Iubiläumsgelo, das iu den Kästeu eingesammelt sei, im Beiseiu sciues<br />

Sekretärs Konrad Kremptzow hcrauszlluchlneu, darüber zu quitticreu uud<br />

es abzuführen; gleichzeitig for<strong>der</strong>te er die Städte auf, dem Kommissarius<br />

Kost, Zehruug uud Geleit zu gewähren.") Die Teiluahme <strong>der</strong> Vertreter<br />

<strong>der</strong> Stadt uud des Herzogs machen es wahrscheinlich, das; bcideu o<strong>der</strong> zum<br />

mindesten dem Herzoge ein bestimmter Teil des cingckommcucu Geldes als<br />

Preis für die erteilte Gcuehmiguug zukamt)<br />

Weuu es Gcldsacheu galt, hatten die Herzoge auch früher schou iu<br />

die iuuercu Verhältuissc <strong>der</strong> Kirche ciugcgriffeu; Varuim Ili., <strong>der</strong> Altcrc,<br />

hatte die uou Bischof Iohauu vou Caulill deu Gcistlicheu seiner Diözese<br />

auferlegteu Steueru verboten zu zahlcl, uud war dafür<br />

samt dcu Gcistlicheu,<br />

die seinen: Befehle gefolgt waren, vom Bischof exkommuuizictt<br />

wordcu/) aber ohne daß <strong>der</strong> Bann ans ihn Eindruck gemacht hätte, im<br />

Gegenteil: er wi<strong>der</strong>setzte sich energisch, uud als uach abermaligem Baun<br />

uud Interdikt a) <strong>der</strong> Streit zwischen bcideu durch den König von Dänemark<br />

') K. St. A. St.-. B. C.: 151k Juli 1 und Nr. 087; Kratz, Gcsch. d. Geschl.<br />

v. Kleist 1, 213 Nr. 384. ") Stadt. Archiv Etralsnnd: O. N. A.: Schrank 7.<br />

Schiebt. 5: 1516 Sept. 2: (uuter dein Datnin Sept. 4 erwähnt bei Foci, Nüg.-Pom.<br />

Gesch. 5, 101). ") Ich vermute das umsomehr, als nur <strong>der</strong> Unterschied zwischen dem<br />

im Camiuer Kasten befindlichen Geld? und den dafür angeschlagenen Goldgulden zu<br />

groß erscheint. In <strong>der</strong> Rechnungslegung oes herzoglichen Nentmcistevs Nikolaus Brnn<br />

über die Einnahmen und Ausgaben bei dcm Prozeß gegen die Koadjuteric Ebersteins<br />

finden sich mehrere Notizen über Geldwechselungen; da beträgt <strong>der</strong> größte Unterschied,<br />

also das Aufgeld, 4 Groschen für den Golognloen, gewöhnlich wurden 3 Groschen<br />

gezahlt (K. St. A. Ct.: Bohlen Nr. 84 lol. l>3-105), während das Aufgeld in<br />

Camin, 32 Groschen auf den Goldgulden gerechnet (Klempin 606), fast 7 Groschen<br />

betragen würde. ') K. St. A. St.: V. C.: 1355 Sept. 12 nno Dez. 4; vgl. V. Et.<br />

46, 23 und 26. ') K. St. A- St.: V. C>: 1356 Mai 12 und Ott. 10.


Staat und Kirche in Pommern im mls^beudeu Mittelalter<br />

und den Herzog Erich von Sachsen beigelegt wnrde, da wnrdc dennoch<br />

bestimmt, daß für den Fall, daß dic Geistlichen des Landes sich über<br />

Vcsteilerima.cn dnrch ihren Bischof beschwerten, die Entscheidung dem Herzoge<br />

zustände.^ — ^n an<strong>der</strong>en Fallen aber uuterstützteu die Herzoge anch wie<strong>der</strong><br />

den Bischof gegen den wi<strong>der</strong>spenstigen Klerus;<br />

so Vogislaw selbst, an den<br />

sich <strong>der</strong> nnglncklichc Marinns wandte, als lnan ihm das bewilligte<br />

Snbsidinm nicht zahlte.<br />

Bogislaw dehnte seine landesherrliche Hoheit dein Klerns seines Vaildcs<br />

gegenüber sogar bis zn einer gewissen Disziplinargewalt ans, bis zn einem<br />

Anfsichtsrccht über den Lebenswandel <strong>der</strong> Geistlichen. Das; überhaupt<br />

damals im Klcrns böse Zustände herrschten, wissen wir, wenngleich sie<br />

nicht so schlimm waren, wie Anhänger <strong>der</strong> nenen Lehre damals, nnd ihnen<br />

folgend an<strong>der</strong>e, es dargestellt haben. Wenn man hellte voll geradezu<br />

erschreckendem sittlichen Verfalle des Klerus im allsgebenden Mittelalter<br />

hört, wird man nicht vergessen dünen. einmal, daß das Vaster mehr auffällt<br />

als die ^ngcnd, nnd dann, dan damals an<strong>der</strong>e Maßstäbe an das Vcben<br />

angelegt wnrdcn, als es unsere heutige bürgerliche Moral tut. — Aber <strong>der</strong><br />

Mt<br />

Georg Groper von Eldena hatte es doch zu arg getrieben nnd drohte<br />

vor allem, dnrch fein lie<strong>der</strong>liches Veben das ganze Klostcrgut durchzudringen.<br />

Vogislaw daran Allstoß nehmend und sich zum Eingreifen berechtigt glaubend,<br />

ließ dell Abt dnrch zwei seiner Nate, den Dompropst Bernhard Nohr nnd<br />

dell nachmaligen Bischof Marlin Karith, zunächst verwarnen, und als das<br />

nichts half, wurde Groper durch deu Konvent des Klosters abgesetzt nnd<br />

in Gewahrsam gehalten. Bogislaw wandte sich dann all den Abt des<br />

Mutterllosters voll Eldcna, ?lbt Petrus von Esrom auf Seclaud, <strong>der</strong> das<br />

Urteil bestätigte; und als <strong>der</strong> vom Moster<br />

an das Gcucralkapitel nach<br />

Citcanx abgesandte Bote ans Veranlassung voll Groperö Freunden ermordet<br />

wurde, da schickte <strong>der</strong> Herzog selbst eiuen Gcmndteu donhiu uud lleß nm<br />

die Bestätigung <strong>der</strong> Absetzung Gropcrs nnd <strong>der</strong> Wahl<br />

Lambert von Werte bitten.")<br />

Wie <strong>der</strong> Vaudesbcrr, so griffen auch die Städte<br />

Wirknngsgcbict<br />

des ueucu Abtes<br />

iu da« eigentliche<br />

<strong>der</strong> Kirche über und strebten mehr nnd mehr selbst nach<br />

Ausübung <strong>der</strong> bisher voll <strong>der</strong> Kirche geleisteten sozialen Funktionen.<br />

3chon<br />

im 14. Jahrhun<strong>der</strong>t war es ;u Streitigkeiten in einzelnen 2ladlen zwischen<br />

Nat nnd Geistlichkeit wegen <strong>der</strong> Schulen gekommen. ^<br />

Die traten jetzt hier<br />

nnd da wie<strong>der</strong> ans; <strong>der</strong> Nat suchte sich das Patronat über dle<br />

ans-erdem wollte er auch die Howitaler<br />

') Clid.: Et. A.: Tit. 1 No. 5)'.' w! ^'-'.n>v ', Wachsc's handschrlNl.<br />

Gesch. d. Bist. Cannn (K. ^t. A. >3t.': zn ^eucdictu? 5 ^ ss. ^l. A. St.: Kl.<br />

ssldeua' ll'.'l Aug. l4: Pvl, Eldcna ^, ?^l: r:l. P. .^dd. ?. -_".'. -<br />

Beiträge usw. ls. Mtt. d. Ges. f. deutsche Erz. u >3chill^esch., Vci'. 7) 1:<br />

edd.: Jahrg. 5, M5. ') Woltersdorf 1^; vgl. P. U. B. 5, 311 Nr. 3üoi.<br />

nnd


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 109<br />

unter sich bringen^) Mld hatte fortgefahren, anf die kirchliche Vermögens-<br />

Verwaltung einen Einflns; zu gewinnen,") wie cr ihn in Stralsuud ilnd<br />

<strong>Greifswald</strong> scholl seit langem besaß.")<br />

Noch aber gab es cincu Pnllkt, an dein Staat und Kirche sich<br />

lllaiuligfach und oft feindlich begegneten, nnd <strong>der</strong> auch in Pommern für<br />

Vogislaw X. <strong>der</strong> Anlast zll Ncueruugcu lvlirde, die die Konlpetcnz des<br />

Staates anf Kosten <strong>der</strong> Kirche ausdehnten: das war die geistliche Gerichtsbarkeit.<br />

Viertes Kapitel.<br />

Die geistliche Gerichtsbarkeit.<br />

^ 1. Zn'iljere Auseinan<strong>der</strong>setzungen zwischen Staat und Mrche.<br />

Ein unglaublicher Fall von Setbsthülfe nnd Verachtung jeden Rechtes<br />

gab den unmittelbaren Anlaß zu einem zum erstell Male vom Fürsten im<br />

Verein mit <strong>der</strong> Gesamtheit <strong>der</strong> Staude vorgeuommeucn Versuche eiucr<br />

Besserung des Gerichtswesens in Pommern. Den chemaligeu Kirchhcrru<br />

voll Stralsuud, späteren Administrator des Camincr Stiftes und Acrater<br />

<strong>der</strong> Herzogin Ngncs in Angelegenheiten <strong>der</strong> Negicrnng nnd <strong>der</strong> Vormnudschaft<br />

für die min<strong>der</strong>jährigen Herzoge, Kourad Vouolv, den alten Feind<br />

Stralsnnds, desscll Eigenmächtigkeit dell berüchtigten „Pfaffenbraud ani<br />

Suude" uud die langwierigen ^iäubercicu uud Prozesse om pöpstlilhcu Hofe<br />

hcruorgcrufeu, hatte <strong>der</strong> Ritter Degcuer Augenhagen als Führer einer<br />

Oppositionspartei im ständischen Ncgmtschaftsrate ermordet und war daun<br />

auf Veranlassung <strong>der</strong> Herzogin dnrch Johann von Vehr an <strong>der</strong> herzoglichen<br />

Tafel vor dell Allgen Wartislaws IX. nie<strong>der</strong>gestochen worden! Daraus<br />

entwickelten fich wie<strong>der</strong> cudlose neue Fehdeu, die den Herzog bewogen, sei???<br />

Stände, Prälatcli, Mannen und Städte am '>. Ianilar 1^1 liach Greifslvald<br />

zlt bcrufeu, wo es zur Einrichtung <strong>der</strong> Qnatcmbergcrichte kam. ^) Es<br />

') K. St. A. St.: Dep. St. Köslin: löll; Juli 4; vgl. P. U. P. 5, 50?<br />

Nr. 3N>l;. -) Woltersdorf ^I uud 5«;; Fock o, Wt: Nehnnaun, Iakobikirchc 121.<br />

") Fock 5, 104. ') KlNchow 1, 254; Pmu. 1, -j:l6-, Pyl, Beiträge z. poni. Nechtsgeschichte<br />

1, 0; Kosegarten, Gejchichtsdenkm. 1, ^02.


110 Staal und Kirche in Pommein im ausgehenden Mittelalter<br />

sollten ständische Gerichte sein, mit 16 Personen besetzt, tz Adligen und je<br />

zwei Vertretern <strong>der</strong> Städte Slralsund, Grcifswald. Anklam und Demmin,<br />

in welchen abwechselnd <strong>der</strong> Gerichtstag viermal jährlich, immer znr Zeit<br />

<strong>der</strong> Quatembcr, abgehalten würde. Sie waren als höchste Instanz über<br />

Laudfriedeusbruch gedacht. Aber die Einrichtung blieb, so gilt sie gemeint<br />

war, doch eine halbe; denn die Einschränkung, daß durch diese Gerichte<br />

die an<strong>der</strong>en bestehenden Gerichtsbarkeiten nnd die Exemtionen nicht ausgehoben<br />

werden sollten, daß Geistliche nnd Weltliche, Prälaten, Mannen,<br />

Städte, Bürger nnd Ballern aNe ihre Freiheiten, die sie besäheu, behalten<br />

sollten, machte einen sollst möglichen Eiusluß dieser Eiurichtuug auf die<br />

Rechtspflege so gut wie unmöglich, indem eine einheitliche Znsammen<br />

fassnng <strong>der</strong> gesamten weltlichen Gerichtsbarkeit nuter einem Obergerichte,<br />

die sich daraus hätte entwickeln lassen nnd im Gruude vielleicht auch<br />

beabsichtigt war, uud die später danu Vogislaw X. durchzuführen versuchte,<br />

durch diese Klausel paralysiert wurde. Das ucue Gericht war hauptsächlich<br />

für ^nudsriedcnsbruch zustaudig, erstreckte fich vor allem nicht auf die Geistlichcu,<br />

wie die „Pomermiia" fälschlich behauptet. Die Gcistlicheu bchiclteu<br />

ihr besou<strong>der</strong>cs Forum. Aber auch abgesehen davou war die Wirluug <strong>der</strong><br />

Quatcmbergcrichtc uicht die crwartcte, ebeuso weuig wie das bei srühereu<br />

Versuchen dicscr Art <strong>der</strong> Fall gewesen war; sie scheinen überhaupt keiuen<br />

langen Bestand gehabt zu habcu.<br />

Die wechscludm Tciluugcu <strong>der</strong> Herrschaft hatte» auch im Gerichtswesen<br />

bisher nichts Dauerndes aufkommen lasseu. Es cutbehrte <strong>der</strong> Einheitlichkeit<br />

<strong>der</strong> Orduuug uud litt au <strong>der</strong> Schwerfälligkeit seiller Ausnbuug.<br />

Zwar rührte alle Gerichtsbarkeit ursprünglich vom ^andesherrn her, abcr<br />

schon lauge hatten die fortwährenden Entäußerungen <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>en nnd hohen<br />

Gerichtsbarkeit an geistliche Institute nnd Pasallen, das Schwindelt dcr<br />

herzoglichen Beamten aus dem Vorsitz im städtischen Gerichte die landesherrliche<br />

Gerichtsbarkeit auf ciu geringstes Maß beschränkt. Theoretisch<br />

bestaud wohl ciuc gellalle Abgrenzung <strong>der</strong> verschiedeueu Gerichte, des Hofgerichts,<br />

<strong>der</strong> Vogteigcrichtc, <strong>der</strong> städtischen, dörflichen uud gutshcrrlicheu<br />

Gerichte; aber in Wirklichkeit wurden ihre Kompetenzen nicht immer geuau<br />

auseinan<strong>der</strong>gehalten. Die vielen Dnrchbrcchnngcn des ordentlichen Gerichtes<br />

durch Ez'emtioucu, Erweiteruugcu uud Eiuschräukuugeu verwirrteu die Verhältnisse;<br />

für Nügcn wnrdc es noch 1492 als „löbliches uud allgcmeiucs ^!audrecht"<br />

bestätigt, daß je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> iu einem Dorfe o<strong>der</strong> Gute Bede uud Münzpfennig<br />

erhebt, dort anch allein „das höchste Nechl und Gericht" ausübe.^) Eine<br />

Ausübuug des Vogtgcrichtes wurde immer mehr uumöglich, da <strong>der</strong> Bezirk<br />

dafür fehlte und die genügende Anzahl von Schöffen uicht vorhanden war.<br />

Die (herichtssprcugel, winzig uud im bnntcn Wirrwarr durcheinan<strong>der</strong>, so<br />

Gesterding, Pom. Magazin 2, 464.


is zar Einführung <strong>der</strong> Reformation. 111<br />

daß in einem Dorfe mehrere solcher bestanden, entbehrten ans diese Weise<br />

die d'tshengen Gerichtstage. Der Gcnchtshcrr, nicht mehr dnrch Schössen<br />

unterstützt, da die sonst das Gericht bildenden jetzt zu verschiedenen Gcrichtsbczirkeu<br />

gehörten und ein Ersatz nicht immer möglich war, mußte seinen<br />

Untergebenen schlecht nnd recht, so gnt er es vermochte, Nccht zn schaffen<br />

versuchen. Meist war er dazu kaum imstande, so das; in ganzen Strecken<br />

des Landes zeitweise jede Rechtsprechung fehlte. Dazu cutbchrte das Gerichtswesen<br />

einer einheitlichen festen Grundlage. Nach altübcrkommeucm öaudrcchtc,<br />

aus slawischen, deutschen und kanonischen Elementen sich zusammensetzend,<br />

an das alte sächsische Landrccht, an das Lübische und das von ihm abgeleitete<br />

Schwerinischc, an das Magdeburger uud seine Umbildungen sich<br />

anlehnend, wurde gerichtet.^ Umstäudlich einerseits und ungenügend<br />

andrerseits war das Verfahren, ohne Nachdruck vielfach die Vollstreckung<br />

des Urteils: es war keiu Wun<strong>der</strong>, daß man, wenn man sich nicht vor<br />

erwählten Schiedsrichtern gütlich vereinigte, lieber zur Selbsthilfe griff,<br />

o<strong>der</strong> weuu es irgend augängig war, sich an das geistliche Gericht wandte.<br />

Das geistliche Gericht hatte während des Mittelalters den Bereich<br />

seiner Zuständigkeit immer mehr erweitert, war über die subsidiärc Nolle,<br />

die ihm zunächst zufiel, bald hinausgegangen. Es unterstanden ihm selbstverständlich<br />

die Geistlichen in geistlichen Angelegenheiten, nnd auch in<br />

weltlichen Sachen sollten sie ihr Necht dort suchen. Dann aber dehnte die<br />

Kirche ihre Jurisdiktion auch iu weitem Maße auf die ^aicu aus, und<br />

über die Angelegenheiten, die die Neligwu bctrafcu, hinaus. Für alle Vergehen,<br />

in denen ein Moment <strong>der</strong> Sünde gefunden werden kounte, wurde<br />

das geistliche Forum als zuständig erachtet; iu Ehe- uud Tcstameutssacheu,<br />

bei wucherischen Geschäften, iu Streitigkeiten nm Zehnten nnd Kirchcnpatronatc,<br />

bei eidlich eingegangenen Verpflichtungen, bei Ncchtsangelegcnheitcn<br />

<strong>der</strong> Witwen, Waisen und Armen, iu Fälleu, wo <strong>der</strong> weltliche Richter<br />

die Ncchtshülfe verweigerte, uud bei Akten freiwilliger Gerichtsbarkeit traten<br />

die geistlichen Gerichte in Tätigkeit. So griffen sie immer weiter um sich<br />

nnd begegneten beson<strong>der</strong>s in dem Bestreben, Schuldsacheu vor ihr Fornm<br />

zu ziehen, dem Interesse auch <strong>der</strong> Kläger. Denn das geistliche Gericht mit<br />

seiucr festereu Fuxdiernng, seinem bestimmteren Verfahren und seiner nachdrücklicheren<br />

Strafmöglichkcit gewährte dem Kläger einen ungleich höheren<br />

Schutz und Beistand als das weltliche Gericht in seiner Schwerfälligkeit<br />

nnd fraglichen Wirkung. Grade in Schuldsacheu ging mau das geistliche<br />

Gericht gern au uud ließ sich von ihm „Ladebriefe" geben, denen die Androhuug<br />

des Bannes Nachdruck verlieh, uud kam damit dem Streben <strong>der</strong><br />

Kirche uach Ausdehuuug <strong>der</strong> Zustäudigkeit ihrer Gerichte entgegen.<br />

Kratz, Städte d. Prov. Pommern, Einleitung 40.


Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

Dadurch wurde freilich einmal die Macht <strong>der</strong> weltlichen Gewalt im<br />

Territorium noch weiterhin behin<strong>der</strong>t, als sie es ohnehin schon war; andrerseits<br />

aber wurden — nnd das ist wohl <strong>der</strong> in erster Linie maßgebende<br />

Grund für den Kampf des Staates gegcu diese Übergriffe in seine Äefugnissc<br />

gewesen — die Einkünfte aus <strong>der</strong> Rechtsprechung, die Gerichtsgefalle,<br />

empfindlich geschmälert. Bald nach jener Einrichtnng <strong>der</strong> Quatcmbergerichte<br />

durch Wartislaw IX. kam es auch zu eiuer Auseinan<strong>der</strong>setzung mit<br />

dem geistlichen Gerichte nnd zwar in jenem Vertrage von 14^6, den König<br />

Erich vou Dänemark zwischen Herzog Vogislaw IX. und dem Bischöfe von<br />

Camin znstande brachte." ') Darin wnrde die strenge Scheiduug geistlicher<br />

uud weltlicher Gerichtsbarkeit nach dem Umfange ihrer Kompetenzen festgesetzt:<br />

Qt scholen stik nyne ghistlyke richtere icnyghes werlykes rechtes<br />

uu<strong>der</strong>w!)ndeu to rychtcnde, also oft ienych werlyk macn st)k beclagct<br />

icghen enen an<strong>der</strong>n werlykcn vor enneme ghistlykeme rechte dat<br />

WM ghystlyke sake synt, vnde vnde ist ienych werlyk lnaen knmpt<br />

vor enen ghistlyken rychter vnde wyl ladynghen van em Hebben<br />

ouel enetl audcrll werlyken, dar de sake to ncueme ghystlyken<br />

rechte höret, de schal em de ladinghe nycht gheucn vnde slychtcs<br />

des syk nycht vn<strong>der</strong>wyndeu to rychtende."<br />

Ini besou<strong>der</strong>cu verboten wnrdc eine nameiltlich in Schuldcuprozesscu scheinbar<br />

sehr beliebte Art, ausstehende Schulden, wenn <strong>der</strong> Schuldner durchaus nicht<br />

reagierte, einzureiben. Schuldsachcn gchörtcu au sich nicht vor das geistliche<br />

Gericht, aber man ging es gerne an und machte das möglich, indem<br />

mall die For<strong>der</strong>ung, die mall hatte, formell einem Geistlichen zediertc, <strong>der</strong><br />

dann natürlich vor dem geistlichen Gerichte gegen den Schnlduer vorging.<br />

Und wenn er das anch nicht blos; aus reiucr Nächstenliebe tat, so erhielt<br />

<strong>der</strong> Gläubiger doch immerhin einen Teil seiner For<strong>der</strong>ung. Diese Praxis<br />

wurde jetzt uutcrsagt uud vcrlaugt, daß im Falle einer Zession beide durch<br />

ciucn Eid bekundeten, daß diese Abtretung lediglich schenkungs- uud stiftnngsweise<br />

geschehe, uud daß <strong>der</strong> Zedicrcnde au dem Betrage keiucn Anteil mehr<br />

haben wolle:<br />

Bortmer schal nyu lcyc uorgheueu ieuygheu ghistlytcn Personen<br />

mcmynghe, dat sy peunynghc Schuld ed<strong>der</strong> sin an<strong>der</strong>em ungerechte"),<br />

aue de vorgheur vnde dem") ghcucu wcrt kameu beyde vor den<br />

rychter vnde vorrychten dat beyde an^) den hylghen, dat de vorgeuer<br />

dat >du pnr^) vmme gades wyllell, vnde dar nychts llycht<br />

wed<strong>der</strong> af hebben wyl, uudc dyt schal de rychter scryuen in de<br />

ladynghe, dast ?) de srede so 6) gheschen zint."<br />

') K. Et. A. St.: B.C.: 1436 Mai 1: ttckoe. st Xr.99 Nr. 177. ") In <strong>der</strong><br />

Erneuerung dieses Vertrages von 1480 Sept. 3 (K. St.A. St.: B. C.): weh deß<br />

zy. ") 1480: wem idt. ') 1480: in. '') 1480: deyt slychteß. ") 1480: eede also.


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 113<br />

Eine Verletzung dieser Bestimmungen durch den geistlichen Nichter sollte<br />

dessen Absetzung nach sich ziehen:<br />

Werct oller dat icnych ghistlik rychter hyr icghell dcdc vndc an<strong>der</strong>s<br />

ladynghc ghenc, lven hyr vorcscrcnen is, so schal nie dat wytlik dlln<br />

deine presateli, des he sin nmmctman is^), de schal dell rychtcr<br />

von stnnt an van synenl anlNlte entfetten, onde jwcrc hee") hyr<br />

vorsnmlyk alle, do schal nie sync bade vort llycht nlcr nemen")<br />

eddcr vorvolghell.<br />

Das Letztere allerdings ging über die Phrase kanm hinaus.<br />

Aber mit diesem einen Vertrage war etwas Positives nicht gleich<br />

erreicht; dazu waren die Gewohnheiten zu fest gcwnrzclt und wurden die<br />

geistlichen Allsprüche zu nachdrücklich anfrccht erhalten. Die Spitze <strong>der</strong><br />

pommerschcn Geistlichkeit mochte wohl den bestell Willen haben, nnd sie hat<br />

ihn späterhin immer<br />

gcfrnchtct zn haben.<br />

mehr bewiesen: viel scheinen die Abmachuugcn nicht<br />

Immer wie<strong>der</strong> begegnen nns Klagen über die Übergriffe<br />

geistlicher Richter, über die Verwirrung, die durch die häufige Anwendung<br />

voll Bann nnd Interdikt in Prozessen über weltliche Sachen hervorgernfen<br />

wnrdcn.<br />

Alls den Synoden wurde dell Geistliche!! aufs nelle nachdrücklichst<br />

eingeschärft, das; ein Laie einen an<strong>der</strong>n nnr in dell bestimmten<br />

dnrchs Recht festgesetzten Fällen vor Gericht ziehen dürfe.')<br />

Freilich die<br />

Synode von 14l)4 gestattete das anch sonst, im Falle eines Einverständnisses<br />

<strong>der</strong> beiden Parteien^)<br />

§ 2. Mogislaw X. und die geistliche Gerichtsbarkeit in H'ommern.<br />

Bogislaw X. als <strong>der</strong> Reformator des pommerschcn Staatswescns<br />

nahm sich auch <strong>der</strong> Rechtspflege wie<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s all, vou sciucn heimischen<br />

Räten nnd nach seiner Romrcisc anch eine Zeit lang durch Doktoreu des<br />

römischen Rechtes beraten. Er erreichte freilich nicht ganz, was er<br />

beabsichtigte, nämlich dic Nntcrordnuug sämtlicher Gerichte uutcr das<br />

herzogliche Hofgericht als oberste Instauz. Beson<strong>der</strong>s die Städte hielten<br />

an ihren altcu Appcllationsprivilcgien fest; noch l5N)4 protestierten Rat,<br />

Gericht nnd Gemeinde <strong>der</strong> Stadt <strong>Greifswald</strong> anfs energischste dagegen, das;<br />

einige Bürger sich weigerten, <strong>der</strong> Appellation <strong>der</strong> Gegenpartei nach Lübeck<br />

zn folgen, lllld statt dessen sich an das fürstliche Hofgericht wandten.")<br />

Dagegen fetzte Vogislaw nun jcnc früheren Bestrebungen <strong>der</strong> Fürsten<br />

gegcu die Übergriffe <strong>der</strong> geistlichen Gerichtsbarkeit fort; die Ziele dabei<br />

ergaben sich aus deu Verhältuisseu <strong>der</strong> kirchlicheu Jurisdiktion iu Pommern.<br />

') 1480: amptmmm I-Osfiziall, ") 1480: nwvde hce dcnne. -') 1480: npnamen.<br />

^) Cramer, Ponl. Kirch.-(O)ron. (1tt^8) 2, ll>l; ^iieniann, Gesch. d. St.<br />

Kolbcrg 220. '') ^nnig, .^pi^'lp^'. s^alOLi^til:. l)ontin. Nl. Fortf., 7—11, Alischnitt<br />

9. ") Schwartz, Pom. Illstizhistorie 40.<br />

8


Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

Darlegung <strong>der</strong> geistlichen Gerichtsbarkeit im Vistllm Camiu<br />

und in Pommern.<br />

In Pommern übte nicht nur <strong>der</strong> Bischof von Camin eine geistliche<br />

Gerichtsbarkeit aus; Rügen gehörte seit ll(i^ ^ kirchlicher Hinsicht zur<br />

Diözese des Bischofs von Rocstilde;^) als das rügcnsche Fürstenhaus 1325><br />

ausstarb und das ^and an Pommern kaïn, hatte Wartislaw IV. alle<br />

bestehenden Anstände bestätigt.'^ Zum Bistum Schwerin gehörte das nord--<br />

westliche Vorpommcru luit Allsnahnlc <strong>der</strong> Herrschaft ^oitz, die Vän<strong>der</strong> Barth,<br />

Stralsuud, Grimmcu uud Tribsecs, wo die Gerichtsbarkeit durch den<br />

Archidiaton von Tribsccs o<strong>der</strong> seine Offizialc als Vertreter des Bischofs<br />

allsgeübt wnrde; ihr unterstanden also auch die Pfarrer iu Stralsnnd Utit<br />

dem vom Herzoge zu präsentierenden „Kirchhcrrn zum Suude" ail <strong>der</strong><br />

Spitze. Diese Gebiete waren seinerzeit zum Sprengel des Bistums Schwerin<br />

gelegt worden, weil ihre Chrimauisierung hauptsächlich voll dort aus'<br />

gegangen war; als Kaiser Friedrich I. 117l) die wendischen Herzoge luden<br />

Reichsfürsteustaud erhob, da setzte er auch die Greuzc zwischen den Biotnmcru<br />

Schwerin uud Wolliu so fest;") nusicidcm hatte Must Wizlaw ll.<br />

voll Rügen gegen Ende des 1Z. Jahrhun<strong>der</strong>ts das ^and Tribsccs als ^ehen<br />

des Bistunls Schiverill anertailut/) dem es ein Menschcnaltcr vorher durch<br />

die Herzoge von Sachsen abgetreten wol dell war.^) Die Grcnzcli <strong>der</strong><br />

Diözesen waren von beiden Seiten nicht unbestritten geblieben,") nnd jenes<br />

Oberlehnsrccht ward ein Jahrzehnt uach seiuer ^lllcrkcunllng voll Köllig<br />

Erich voll Dänemark als liicht bestehend angesehen.') Beim Aussterben<br />

<strong>der</strong> Fürsten voll Rügen hatte <strong>der</strong> Schweriner Bischof, als die Fürsten voll<br />

Mecklenburg den Pommern die Eibschaft streitig machten, anch sein Recht<br />

zur Gcltuug briugcu wollen, uud auch llachdenl <strong>der</strong> lirieg, in dem beson<strong>der</strong>s<br />

die beiden Städte Slratsund und Greifowald die Rechte <strong>der</strong> pommerschcn<br />

Fnrsten uertratell, beigelegt war, ließ <strong>der</strong> Älschof nicht ab, gegen Camin<br />

am päpstlichen Hofe zu prozessieren, ohue aber etwas zu erreichen; llllr dic<br />

geistliche Hoheit blieb ihm natürlich nnd ist ihm bis übcr die Reformation<br />

hinaus geblieben.")<br />

Auch im Osten deckten sich die Grenzen des Landes nnd des Bistums<br />

nicht. Ganz Pommern bis zur ^eba war bei Begründung des Bistums<br />

<strong>der</strong> Cammer bischöfllchcu Iurisdiktiou uutcrstcllt wordeu-, seitdem war<br />

Pommern über die ^eba hiuauvgcwachieu; doch auch diesseits des Flusses<br />

') P. U. V. l, 26 Nr. 52. Kloster Hiddcnsee wal nicht angenommen, wie<br />

ICaroc) Nachricht, wie es in Pmnnmn ns»u. Oreif'w. 1717 lieliauptet, s. z. B.<br />

Dreaer 12, Nr. 2169. ') P. U. V. 6, .^3 Nr. 382. v. P. U. B 1, 27 Nr. 35).<br />

-») Ebd. :ö, 165 Nr. 16^'.». '') Ebd. 2, 12 Nl. 70^. " Tbeiner, V«t. U"ll. I^l. ^<br />

I.isn. 1, 27 Nr. 60. 7 Nr. 2!55. -j s. z. B.: Berckmanns<br />

Stralsnndische Chronlten 216 o<strong>der</strong> K. St. A. St.: Allg. geistl. Urk.: 1520 April 12.


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 115)<br />

machten zeitweilig fremde Vischöfe Ansprüche ans Vcsitz nnd Gerichtsbarkeit,<br />

wie <strong>der</strong> Erzbischof voll Gnesen'-) und seine Suffragane zu PlotzN) ^ch<br />

Leslau; 2) noch zu Bogislaws Zeiten ließ sich <strong>der</strong> Danziger Offizial Übergriffe<br />

im ^altenburger Gebiete zu schnlden kommen/)<br />

Andrerseits ragte aber anch das Bistnm mit seinem Gebiete an zwei<br />

Stellen lveit über das Herzogtum Hillalls. Eiumal im Westen, wo ein<br />

bedeuteudcr Teil Mccklcuburgs mit Güstrow <strong>der</strong> Gerichtsbarkeit des Caminer<br />

Bischofs unterstand; dann im Südwesten Teile <strong>der</strong> Uckermark mit Prenzlau<br />

nnd vor allem im Süden, wo die Altmark bis znr O<strong>der</strong>, und die Ncnlnark<br />

samt dem Lande Schivelbcin bis znr Netze nlld Dragc ultd weiter<br />

östlich bis znr Küddow in kirchlicher Hillsicht nntcr Camin standen.<br />

Händen.<br />

Die Ansübnng <strong>der</strong> geistlichcll Gerichtsbarkeit lag in verschiedenen<br />

Ursprünglich hatte sie überall <strong>der</strong> Bischof selbst ausgeübt, uutcrsiützt<br />

vou einem Archidiakou, <strong>der</strong> ihm bei <strong>der</strong> Bcrwaltnug <strong>der</strong> Diözese zur<br />

Seite stand. Allmählich wurden mehrere Archiviatone eingesetzt, die je<strong>der</strong><br />

einen bestimmten Gerichtsfprengel<br />

erhielten und hier den Bischof in fast<br />

allen Angelegenheiten <strong>der</strong> Kirche vertraten, die Anfsicht über das gesamte<br />

Kirchcnwesen ihres Bezirkes übten bis auf einige Fälle, die, da sie einen<br />

höheren Wcihcgrad erfor<strong>der</strong>ten, dem Bischof vorbehalten blieben.<br />

Mit <strong>der</strong><br />

Zeit wurden ine Archiviatone immer selbständiger nnd verwalteten ihr Amt<br />

nicht mehr als vom Bischof dazu Beauftragte, soudcrn im eigenen Namen.<br />

Seit dem 13. Jahrhun<strong>der</strong>t sinkt diese Selbständigkeit dauul wie<strong>der</strong> etwas;<br />

es tritt auch hier Zersplitterung ein, indem die Archidiakonc nicht mehr<br />

selbst die Gerichtsbarkeit ausüben, son<strong>der</strong>n dnrch Osfizialc; und außerdem<br />

ernennt unu <strong>der</strong> Bischof seinerseits auch Offizielle, die gegen die Archidiakonc<br />

die bischöflichen Rechte, die sich jcnc angemaßt hatten, wahrnehmen sollten.<br />

Der Uulfaug <strong>der</strong> „eagu^ 6i)l800pal6s" wird wie<strong>der</strong> vermehrt und die<br />

Archidiakone werden <strong>der</strong> strengeren bischöflichen Aufsicht unterworfen.<br />

Die Entwickelung <strong>der</strong> geistlichen Gerichtsbarkeit ist in Pommern<br />

analog. Mit dem Wachsen <strong>der</strong> Caminer Kirche stellte sich bald das Bedürfnis<br />

nach geistlichen Richtern ein, die dell Bischof vertraten.<br />

nach Bedürfnis ernannt, teils ans deli Domherren zu Camin<br />

Sie wurden<br />

genommen<br />

teils wnrden Klostcrpröpstc dazu bestellt, o<strong>der</strong> einem einzelnen Priester eine<br />

beschränktere Vollmacht übertragen.<br />

Ihre Bezirke waren wohl nicht immer<br />

scharf abgegrenzt; erst Bischof Heinrich Wachholz traf 1303 genanc Bestimmungen<br />

über die Einteilnng <strong>der</strong> Diözese in Archidiakonate: b) nnd zwar<br />

wnrden zu den drei nicht beson<strong>der</strong>s erwähnten Gerichtsbezirkeu <strong>der</strong> Caminer<br />

und Kolberger Propstei nnd des Cnminer Vizedominates vier Archidiakonate<br />

') P. U. B. 1, 60 ff. 2) 0oci. dipi. Ukior. lol. 3, 421 Nr. 1705. ") Theiuer<br />

1, 398 Nr. 524; P. U. B. 2, 581 Nr. 1364' K. St. A. St.: Allg. geistl. Urk. :<br />

Nr. 155. ') Danziger St. A. XXXIII, 12, 1. ") P. U. V. 4, 88 Nr. 2089.<br />

8"


Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

errichtet: Demmiu, Usedom, Stettin und Stargard. Die Archiviatone<br />

sollten aus dem Camincr Kapitel genommen werden und hießen deshalb<br />

„arcllickaconi in ooclesig. (Ammanai"; sie wurden lnit Ausnahme <strong>der</strong> beiden<br />

Pröpste und des Vizedominns, mit <strong>der</strong>en Amt die Archidiakonatsgewall<br />

ohne weiteres verbünden war, dnrch den Bischof bestimmt, sodasi also,<br />

wenn <strong>der</strong> Inhaber einer Caminer Präbcndc, <strong>der</strong> gleichzeitig Archidiakon<br />

gewesen war, starb, nicht ohne weiteres sein vom Kapitel erwählter Nachfolger<br />

in <strong>der</strong> Prcibende auch in: Archidiakonate folgte.<br />

sich dadurch eiuc gewisse Abhängigkeit <strong>der</strong> Archiviatone.<br />

Der Vischof sicherte<br />

Im folgenden Jahre<br />

trat <strong>der</strong> Abt von Stolp die ihm eiust übertrageueu Archidiatouatsrechtc<br />

über den Besitz seiues Klosters ab, uud es wurde ein weiteres Archidiatouat<br />

„in QccloLN!. Oninincl^i" geschaffen; ^) im ^ause des 14. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

kommen dann noch weiterhin dazn die Nrchidiakonatc voll Pyritz ilnd<br />

Pasewall, dagegell wurde noch in <strong>der</strong> ersten Hälfte des N. Jahrhun<strong>der</strong>ts das<br />

Stcltincr Archidiakonat ans <strong>der</strong> Vcrbindnng mit dein (laminer Donikapitel<br />

gelöst und mit <strong>der</strong> Propstci des Maricnkapitels vercilligt, also die bischöfliche<br />

Bcsetzuug dafür ansgehobcll, ulld 1^92 wurde auch dasStargar<strong>der</strong>Archidiakouat<br />

<strong>der</strong> bischöflichen Besetzung elltzogcn nnd <strong>der</strong> Canlilier Thesanrarie zilgelegt."1<br />

Auster den Caniillcrn übten noch zwei weitere Archidiakoue in Pommern<br />

geistliches Gericht: <strong>der</strong> von Tridsees ili dem zum Bistum Schwerin<br />

gehörenden Teile des Landes uud <strong>der</strong> Präpositus voll Rügen als<br />

des Bischofs uou Nocskilde.<br />

Sehr<br />

Bicar<br />

schwer zll bestimmen ist die Stellung des östlichen Pommern<br />

ill <strong>der</strong> Archidiatonlltseintcilnng des Kammer Bistnms.<br />

Sicher ist, das; für<br />

das ?and Stolp zum mindesten gegen das Ende des 13. Iahrhnnocrts<br />

eill eigenes Archidiakonat bestanden hat und zwar unter Gnescn; denn IWl<br />

werden dem Kloster Schenkungen gemacht und dabei die siechte <strong>der</strong><br />

Archidiakonc ausdrücklich gewahrt,^) und 12i)s> wird auch eilt Stolper<br />

Archidiakou lnit Nalllcll genannt^) Nachdclll das ^nnd Stolp dann 13M<br />

an Bralldcllbllrg gckomnlen war, wurde dem Kloster von dem Markgrafen<br />

die pl-.-ic?^08lt.ul'^ für dell brandcnbnrgischcn Teil des Landes übertragen/)<br />

Hier werden wir unter jn^epo^tuln wohl auch eiue jllrisdiktlonclle Aefllgliis<br />

zu verstehell habell. Freilich werden dann 132A iu <strong>der</strong> Transsllmierung<br />

jener Schelltltllg von 12^4 anch die crwähntcll Archidiakonatsausprüchc<br />

illld 3lcchte wie<strong>der</strong> bestätigt.'')<br />

eiller eingehenden Uutersuchnng.<br />

Die ganze Frage bedarf jedenfalls<br />

') P. U. Ä. 1, 225 Nr. ?6'> und 4, l


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 117<br />

Die Iurisdiktionsbcfnguis aller dieser Archidiakone nmfaßtc aber doch<br />

noch nicht das ganze Land; neben ihnen gab es schon 1303, nnd wnrden anch<br />

fernerhin noch weiter eingerichtet kleinere Bezirke geistlicher Gerichtsbarkeit,<br />

von Nrchidiakoncn nie<strong>der</strong>en Nangcs ^n^liiäiaooni ill^riol'«^) geleitet.<br />

standen in keiner Verbindung<br />

Sic<br />

mit dem Caminer Kapitel nnd sollten sich<br />

anch nicht „arcidiaconi", son<strong>der</strong>n „lN'cinin'oZd^i-i-- nennen, nnd dell<br />

Titel eines Propstes, <strong>der</strong> dem des Archidiatons gleichkam nnd dell die<br />

an<strong>der</strong>n Archidiakonc gelegentlich führten, nnr dann ans sich anwenden,<br />

wenn sie als Vorsteher einer Kirche, eines Klosters o<strong>der</strong> einer<br />

Körperschaft dazn berechtigt wären.<br />

geistlichen<br />

Derartige Archiprcsbytcrate bestanden<br />

mehrere in <strong>der</strong> Ncnmark, die dem Canuner Bischof unterstand;<br />

sie verdichteten<br />

sich hier allmählich zn deli vier Archidiakonatcn Landsberg nnd<br />

Arnswalde, Friedcbcrg nnd Zcllin; das Soldincr lvllrdc später mit <strong>der</strong><br />

Propstei des dortigen Kapitels vereinigt.^)<br />

Solche Nnterarchidiakoliatc warcll<br />

weiter die Proftstcicn <strong>der</strong> Kollcgiatkapitel, soweit sie nicht scholl wie in<br />

Camin, Kolbcrg, St. Marien zn Stettin nnd Soldin mit Archidiakonatsgewalt<br />

ausgestattet waren, also die Pröpste zn Güstrow^) und <strong>Greifswald</strong>/)<br />

ltlld im St. Ottellkapitel zn Stettin/)<br />

die ähnlich loie jene eine Gerichtsbarkeit<br />

über dell Besitz ihrer Pfründe<br />

besaßen, während die Dekane <strong>der</strong><br />

Kapitel über die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kollegiatkirchen die Jurisdiktion ausübten/')<br />

Der Grcifswaldcr Propst war scholl vor <strong>der</strong> Erhebung <strong>der</strong> Nitolaikirchc<br />

zn einer Kollcgiatkirchc nnd anch vor <strong>der</strong> Bcwidmung mit wenigstens<br />

einem Teile <strong>der</strong> geistlichen Gerichtsbarkeit in <strong>der</strong> Stadt") im Besitze einer<br />

gewissen Inrisdiktion gewesen. Er gehörte zn jenen voll Bischof Heinrich<br />

erwähnten „aiii . . . 8M-jtun.1


118 Staat und Kirche in Pommern im ausstehenden Mittelalter<br />

Ferner warcu geistliche Nichter eine Reihe von Äbten für den Besitz<br />

ihrer Klöster; so <strong>der</strong> Abt vou Stolpe, ehe hier ein Archidiakouat in<br />

(Üu.mln6l,8! eingerichtet wurde, o<strong>der</strong> das Kloster Eldena, desseu Abte<br />

die Archidialonatsrcchte über die Güter des Klosters übertragen worden<br />

waren.l)<br />

Auch das Nonnenkloster vou Kolberg und das Kloster Iaseuitz<br />

warcu <strong>der</strong> Gerichtsbarkeit <strong>der</strong> Archidiakouc, iu <strong>der</strong>eu Bezirk sie lagen, ent<br />

zogend) für das letztere halte <strong>der</strong> Bischof sich selbst die Jurisdiktion<br />

vorbehalten.<br />

Die Klöster besaßen uicht durchgäugig cigenc Gerichtsbarkeit;<br />

Nonnenkloster iu Verk'cn z. B. wurde sie erst 15l)3 verliehen/)<br />

dein<br />

wohl aus<br />

Gefälligkeit des Bischofs gcgen den Herzog uud scine Schwester, die dort<br />

Äbtissin war.<br />

Den Äbtcn o<strong>der</strong> Pröpsten kaui die Jurisdiktion also nicht<br />

in ihrer Stellung als Vorsteher <strong>der</strong> Klöster ohuc weiteres zu; sie übten sic<br />

nur auf beson<strong>der</strong>e Übertragung des Bischofs Hill aus, dcr sich ein Visitation^<br />

recht vorbehielt uud die Jurisdiktion auch wirdcr cnlzichcn kouute, wie cs<br />

den: Abte vou Darguu geschah, n^ell das Kloster<br />

ciucm Vaicu auf seinen«<br />

Kirchhofe eine Grabstätte gewährt hatte, was den Klöstern nur auf Gruud<br />

spezieller Privilcgieu gestattet war/)<br />

Endlich warcu auch einzelne Pfarrer mit umfasscudcrcr geistlicher<br />

Gerichtsbarkeit, unabhängig von den Archidiakoucu, betraut, wie etwa die<br />

zu Bublitz uud Ncustettiu/')<br />

Solche Exemtionen von dcn ordcntlichcn Gerichten warcll überhaupt<br />

cin Gegeustaud vielfacher Vcrlcihuugeu, Schcukuugcli uud Bclohuungen,<br />

uicht ullr all Geistliche uud geistliche Korporatioueu, son<strong>der</strong>n allch all Welt'<br />

lichc, beson<strong>der</strong>s die Stadt..'. <strong>Greifswald</strong> erhielt schon 13sltt cin solches<br />

Gcrichtsprivllcg: da^ kein Grciftwaldcr Bürger allßcrhalb dcr Stadt vor<br />

cill geistliches Gericht geladcu werdcu dürfe: 1) bci sälllllichcll Klagen von<br />

Geistlichen gcgcu ^aien in Zivilsachen anßer Wncher. 2) bei Klagen gegen<br />

Geistliche aus deli Propstcien Usedom, Stolpe und Glcifswald mit <strong>der</strong>selben<br />

Beschränkung, 3) bei Erzcsicn gcgen Geistliche, die in öffentlichen<br />

Wirts- und an<strong>der</strong>n Häusern, <strong>der</strong>en Bcsuch den Gcii'llichcu uicht erlaubt ist,<br />

stattfinden.<br />

Die Entscheidung in Wuchcrklagcn uud bei gröberen o<strong>der</strong> ali<br />

..ehrbaren Orten" gcgeu Geistliche uerübteu Erzessen behält dcr Bischof<br />

seiller cigcueu Rechtsprechung vor.")<br />

Dasi die beiden Bischofsstädtc Kolberg<br />

ttnd Kösliu das c5l„clo bcsaßell, haben wir schon gehört;<br />

') P. U. B. 1, 36'» ^r. 4


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 119<br />

1400 erhielt es auch Stralsund, das allerdings uicht zu Camiu gehörte,<br />

durch Papst Bonifaz IX.: daß niemand ihre Einwohner von dem Tribseer<br />

Archidiakon (llntcr dessen Gericht sie gehörten) noch von seinen Offizialcu<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Bevollmächtigten in Sachen des kanonischen Rechtes außerhalb<br />

<strong>der</strong> Stadt belangen könnet) In solchen Fällen wnrde dann, wenn <strong>der</strong><br />

ordentliche Nichter uicht au dem betreffenden Orte seiuen Sitz hatte, ein<br />

Stellvertreter eingesetzt, o<strong>der</strong> wie in <strong>Greifswald</strong> eiu Geistlicher <strong>der</strong> Stadt<br />

mit <strong>der</strong> Verwaltnng des Gerichtes beauftragt.<br />

Die Archiviatone besaßeu als Bevollmächtigte des Bischofs „alle<br />

bischöfliche Gewalt und Gerichtsbarkeit, durch kirchliche Strafcu zu züchtigen<br />

und zu bekehren, zu strafeu und zn bessern; Klerus und Bolk alljährlich<br />

zusammenzurufen und mit ihnen Synoden abzuhalten; Interdikt uud Suspeusiou<br />

auszusprechen, zn bannen uud zu lösen uud im allgemeinen bei<br />

allen kirchlichen Verbrechen uud Vergeheu uach kanonischem Rechte die nach<br />

ihrem Urteil augemesscucn Strafcu zu verhäugeu uuo vollziehe»! zu lasseu";<br />

ausgcuommcn aber sind voll ihrer Archidiakonatsgewalt die „o^äu« ln^oi'68",<br />

die dnrch das Recht dem Bischöfe beson<strong>der</strong>s vorbehalten siud.^) Aber<br />

während die Archidiakonc anfangs wirklich nur Beauftragte des Bischofs<br />

silld, ili sciuem Namen die Kirchen ihres Bezirkes leiten, „gleichsam als<br />

uuser Auge", wie Bischof Hermauu von Gleichcu uoch 1261 sagte,") dehucn<br />

sie, wie das die allgemeine Entwickelung des Archidiakountcs war, allmählich<br />

ihre Vcfngnisse weiter aus, wcrdcu iiulner selbstäildigcr und vom Bischöfe<br />

unabhängiger. Die Eutwickeluug ist um die Wende des dreizehutcu zum<br />

vicrzchuteu Jahrhun<strong>der</strong>t schou zielnlich lucit gcdieheu. Wir habcu die Anordlllnig<br />

Bischof Heiurichs, wenn sie auch die erste Regelung darstellt, doch<br />

anzusehen als bereits im Sinne einer gewissen Repression vorgenommen,<br />

die dell Umfang <strong>der</strong> Rechte und <strong>der</strong> vcrschicdeucu Bezirke ihrer Geltuug<br />

genau beschreiben sollte. In deu folgenden Jahren wird das bald deutlicher.<br />

Bei <strong>der</strong> Viurichtuug des Archidiakonatcs Stolpe werden die Neservatfälle<br />

des Bischofs ausdrücklich hervorgehoben, 1308 für <strong>Greifswald</strong> das Sondcrprivilcg<br />

erlassen uud <strong>der</strong> dortige Propst zum bischöflichen Offizial bestellt,<br />

allerdings noch nicht ili dem Sinne, wie die späteren Offiziale des Bischofs.<br />

Dieser Greifswal<strong>der</strong> Propst wie<strong>der</strong>holt dann noch ciumal die Eutwickeluug,<br />

indem anch er selbständig uud ihm dann (nm die Mitte des 14. Jh.)<br />

wie<strong>der</strong> ein bischöflicher Offizial an die Seite gestellt wird, <strong>der</strong> des Bischofs<br />

Rechte wahrnimmt.<br />

Diese Maßnahme ist die praktische Reaktion <strong>der</strong> Bischöfe gegen das<br />

übergroße Wachstum <strong>der</strong> archidiakonalen Gewalt: neben dem Archidiakon<br />

') yock 4,129; Dähnert, Samml. Supplcm. 1,1117; Schwnrtz, Pom. Justiz-<br />

Historie 24. ") P. U. B. 4, 160sf. Nr. 2l!)0f. bei Einrichtung des Stolper Archidiakonates.<br />

') Ebd. 2, 84 Nr. 706.


120 Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelaller<br />

wird cm Ofsizial eingesetzt, <strong>der</strong> die dem Bischof vorgehaltenen Fälle erledigt<br />

und darüber zn wachen hat, daß <strong>der</strong> Archidiaton nicht nbcr das ihm Zustehende<br />

hinansgreift. ?lnch die Archidiakonc übten schon nicht mehr selbst<br />

überall ihr geistliches Gericht, anch sic hatten Stellvertreter, ebenfalls<br />

Offiziale genannt, eingesetzt, o<strong>der</strong> dic Innsdillion verpachtet.') Je mehr<br />

sie dnrch alldcre Pflichten bci dcr wachscndcn All^dchiinng des Bereiches<br />

möglicher Betätigungen in Ansprnch genommen wnrden, desto nlchr nbcrlicßcn<br />

sic die Inriödikiion an Untcrbcamlc, luozll sic anch die steigende<br />

Inanspruchnahme des Gerichtes nöliglc. Die vom Bischof eingesetzten<br />

Officiale heißen meist Principal-, allch Gencraloffizialc. Den ersten treffen<br />

wir 1343 in Orcisswald.") Am zweckmäßigsten fnr dell Bischof wäre es<br />

gewesen, wenn für jcdc Residenz cmcs Archidiakons o<strong>der</strong> seines Offizials,<br />

bcziehnngsweisc scmcr Ofsizialc, allch cill bischöflichcr Official crnanilt<br />

wordcil wäre. Dahill aber ließ deli Bischof vorlanfig das Domkapitel nicht<br />

kommen; denn es warcn ja znm Teil die eigenen ^ntcrcssen, die die Dom-<br />

Herren damit vertraten; sie wissen also dlc ^ahl dcr Officiale fcstznlegen<br />

nlld zu bcschrälllcll. In deli nm 1.")?.') ucrfaßtcn Kapitclsslatntcn lvird<br />

bestimmt, daß <strong>der</strong> Aischos inilerhalb <strong>der</strong> Diözese llnr fünf Offizialc cillsetzen<br />

darf; nämlich in Körlin, lrwhl fnr das eigentliche Stift; in Lamin,<br />

am Ortc <strong>der</strong> Doilltirchc; in Arnswaldc fllr dic )icnlnart', in <strong>Greifswald</strong><br />

fnr PorpolNlncrll lllld in Zlcttin für dic ilbrigc Diözcsc. Allch wird es<br />

als nnznlässig erklärt, daß dcr Bischof, nm etwa die Hahl zn vcrillchren,<br />

statt dcr fünf .K'ollettoren fnr dic chm zllstchc)ldcll Eillknllftc, dic er noch<br />

crncnncn darf, ^sftzialc cim'el/c.'') Ticsc ^üllszahl l,at sich aber nicht<br />

erhalten, ^n dein Tagcbnchc, dac< dcr 'Adillillistrator Georg voll Pntlkamcr<br />

nbcr scillc Bcrwaltnllg geführt Hai, wcrdcn zehn 'iDssizialc gcnanm, nlld<br />

zwar fehlen von jcncn fnilf dic zii ^orlili nnd Arnc-lvaldc, dafllr aber sind<br />

ncn hillzngctrcten dic ,.ostü'i.>ll^5; slonliül- o<strong>der</strong> ..j)lin(.is,^l6^- in .^olberg,<br />

Köslill, Äemmln, Pyriy, Zoldili, .3targar>> lllld Ktolp.'j Dalllit ist nicht<br />

gesagt, daß cs nicht noch mehr Officiale gcgcbcu daltc; das Tagcbllli,<br />

ilmfaßt inlNlerhill llur cillcll Zeilrallln voll fünf Jahren, in denen allerdillgs<br />

wohl eines jeden Offizials wcnigstcno ein Mal tonnte Erwähnnilg<br />

geschehen sein. Kalll^ow berichtet,', daß dic Bischöfe „sich altzogen, das sie<br />

allein dlc großen Snndcn vergeben mochten lllld nicht dic Pfarrhern o<strong>der</strong><br />

Priester, nnd darnm, wor sic iclbsi illäjr scm lholltcn, Letten sic iil dell<br />

großen Sletten irc Official, c^lc cs irciit',albcii tcttcn-. dicsctbeli hcttcll allch<br />

das Gericht in Ehcsachcn llli>> andcrcn Sachcll dcr ^oliscicnl^". Nbcr die<br />

') Theincr, Wt. zi". ?ol. e^ I5> Nr. >.'»:!. ')<br />

Ncchtsucrh. d. Gr^ifsm. Pfanti^ch. l'.l. Mit den !i?'.n> ''l>. II. V. :-l, II l Nr.<br />

genannten Osfizialen sind die Anchipresdyter in <strong>der</strong> Nennunk gcnleint. ) Klempin<br />

365 Nr. IM. ') Dic Emzcllmcl)'..cisc ebd. ^07. ') Kanyow 1, 375.


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 121<br />

Anzahl <strong>der</strong> bischöflichen Qffiziale in dieser späteren Zeit gibt vielleicht <strong>der</strong><br />

Umstand Auskunft, daß in dem Prozesse des Stargar<strong>der</strong> Klerus gegen den<br />

Postulaten von Eberstein nnd das Domkapitel im letzten Viertel des fünfzehnten.<br />

Iahrhnndcrts <strong>der</strong> Qfsizial Pater Hascnfnß genannt wird: äiätriowä<br />

^i-clii(Iitt1


123 Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

Dompropstes war/) o<strong>der</strong> daß ein Dckanatsoffizial zugleich zum bischöfliche!!<br />

Offizial bestellt wurdet) daß <strong>der</strong> Vizedominns, <strong>der</strong> doch auch Archidiakonatsbcfugnisse<br />

besaß, o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Propst zu <strong>Greifswald</strong> bischöflicher Qffizial sein<br />

konnte") — müsscu wir übergehen, cbcuso die Frage, ob die verschiedenen<br />

bischöflichen Officiale verschiedene Vollmachten besaßen, etwa die Principalofsizialc<br />

ausgedehntere als die Gcncralofsiziale;^ wir erwähnen nnr noch<br />

das Amt des Gcncralvikars (.,vicknu5 sssnei^lid" o<strong>der</strong> „vicoli„3<br />

in ponti ricali !)U3"<br />

o<strong>der</strong> .,vicnl'lN3 ^ou(?iKlii>^ m 8^)iiit.ll.lllbu3 et<br />

l-lrtlduü", auch .)ll^mlM5ti-:ttol' (?t vicarin^ . . .' genannt), des höchsten<br />

Vertreters des Bischofs für die Zeit seiner Abwesenheit o<strong>der</strong> sonstigen Ver-<br />

Hin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Amtsführung. Als solcher fungierte entwe<strong>der</strong> ein Weihbischof,b)<br />

o<strong>der</strong> ein Mitglied des Domkapitels, wie (Yeorg von Pnttlamcr;<br />

biswcilcu wurde wohl auch ein Archidiakon lnit dieser Vertretung des<br />

Bischofs bctrant, wie zur Zeit des Johannes Ärnnonis <strong>der</strong> Zclliner Arnold<br />

von Garne.") Der Gcncraluikar besaß die ausgedehnteste Vollluacht, anch<br />

für die Fälle, die dem Aischos persönlich vorbehalte!! lvareu.<br />

Das Gericht <strong>der</strong> bijchoflichcu Officiale war kompetent vor allem in<br />

den dell Archidiakoncn entzogenen Fällen. Sie halten Urteil zn sprechen<br />

nud Strafen zn verhangen über die <strong>der</strong> Ketzerei Ichnldigcn o<strong>der</strong> Verdächtigen,<br />

in wucherischen Geschäften, bei Ehebruch, Unzncht, Gotteslästerung,<br />

Mord nnd an<strong>der</strong>en schweren Verbrechen, in Ehesachen, nnd anch in allen<br />

an<strong>der</strong>en Fällen, die geistlicher Jurisdiktion überhaupt uuterlageu, die also<br />

auch vor das Tribnnal des Archidiakons o<strong>der</strong> seines Offizials gebracht<br />

werden konnten. Außerdem war ihnen dir Äcstrafnng durch Bann, Interdikt<br />

nnd 2n5pension vorbehalten,') die man den Arändialonen wegen des vielen<br />

damit getriebenen Mißbrauches entzogen halte.') Schließlich war dao Gericht<br />

des Officials die Höhcrc Instauz für die Archidiatonatsgcrichte, bei verweigertem<br />

o<strong>der</strong> vcrzögntem N'echl;") allerdings fain es anch vor, daß ein<br />

Prozeß erst vor dem bischöflichen Offizial angestrengt, dann aber vor dem<br />

') K. St. A. Ct.: Ct. A.: Tit. 1 Nr. 1'.' WI. 4.'!, und 57.. ") Riedel<br />

a. a. 3>. ') Klempin '^ Nr. 739: KoseaaUeu, Geschichtsdenkm. 1,1 !. ') In den<br />

Srinodall'tatuten von N54 s^ir. 25) nennt sie <strong>der</strong> Bischof im Allgemeinen „ns>5t.!'i<br />

"Mcj«.1e^ plineip^ezz". '') Als solche tiefsen mir außer den bei Enkel, ttlei'«u'0il.<br />

cullio!. 2, 301 erwähnten: Heinrich v. Appotdia, ^Z'. Vauaccn.: Niedel ! 19, W4<br />

si^4^); Johann, ep. Tauen.: Vi. U. V. U', 4.^8 Nr. 1126«) ij3^0): Nikolaus, ei>.<br />

Coustantianen.: .^«'.llne. et. Kl'. «;:5 Nr. U>): Ioliauli, l^p. Arcaden.: Nansso, ?om. «liz.i W7 l 1^8'.)): Iolmnn, 6z». ^ rdcn.:<br />

Dregl'r li, ?n1 1Z'.»6 Nr. 4: Vi. Ibd. ,^1, 9:l li:ji'7>. ") Niedel l 1'^, ^79; Ce.lo,<br />

Oeschichtsqn. d. Geschl. v. ^orcke 1, ^.>.^. '» Brottmann, Vom bischöfl. ^ssizml i'if.<br />

Vestallnngsnrkunden von 1-^1 nud ! l.^. ") N. Ct. A. Ct.: V. (i.: i.^0Vimz3:<br />

Dreger l l Nr. 203>?: Loeper Nr. 217 5,1. 574: vgl. Cr.nuer, Poni. Kirch<br />

sl62ft.l 2, 14lff. Nr. 4tt sSynodalswtnten von 1500). ") Theiuer, V


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 1.23<br />

Archidiakon weiter geführt wurdet) Vom Offizial ging man all dell Bischof<br />

und weiter, da Camin exemt war, an den päpstlichen Hof, voll dem dann<br />

meist ein außerordentlicher Nichter delegiert wurde.<br />

Was die Bischöfe durch die Einrichtnng <strong>der</strong> Offizialate hatten verhin<strong>der</strong>n<br />

wollen, die Schmälernng ihrer Einkünfte und Rechte dnrch die<br />

Archidiakone, und daneben anch die Mißbrauche, die zu fortwährenden Klagen<br />

Anlaß gaben, das fügten sie jenen null selbst zu durch Zulassung des Verfahrens,<br />

daß man in Sachen, die sonst vor dem Archidiakon gerichtet wnrden,<br />

anch vor den Qffizial gehen konnte. Das führte zn einem Konkurrenzkämpfe<br />

zwischen beiden Gerichten, <strong>der</strong> alle üdlcn Folgen eines solchen nach<br />

sich zog. Hatten sich die Laien früher über die ewigen Belästigungen dnrch<br />

die Archidiakone nnd ihre Officiale beschwert, so waren sie jetzt bei den<br />

bischöflichen Offizialen nicht besser daran,^) während <strong>der</strong> Klerns sich immer<br />

wie<strong>der</strong> Exemptionen von den Gerichten <strong>der</strong>selben zu crwerbcu wußtet)<br />

Alles, was die Offiziale „vergaben o<strong>der</strong> snnst tctten, da moste man inen<br />

nhur Gelt über Gelt vor gebeil; also waren Gots Sachen von den Pfaffen<br />

auff irell Geitz lllld Schin<strong>der</strong>ey gezogen", erzählt Kantzow/) nnd die Pomcrania<br />

übertreibt das in gewohnter Weise: „Ihre Ding war nnr schätzen lllld<br />

schinden, und je mehr einer dein Bischöfe Gelds voll dem Amte gab, je<br />

lieber daß er es ihme eintete und dell vorigen absetzte"^) Die Habsncht<br />

des Stralsnn<strong>der</strong> Qffizials, ans dein „frommen Betrug" in Stralsund, ist<br />

bekannt genng; sie darf zwar nicht ini selben Maße ans die übrigen verallgemeinert<br />

werden, aber dennoch sind die mannigfachen Klagen sicherlich<br />

nicht ganz ohne Grund gewesen; lllld daß man nicht immer nach Recht<br />

lllld Gerechtigkeit beim geistlichen Gerichte verfuhr, das zeigt <strong>der</strong> Prozeß<br />

des Klerikers Va<strong>der</strong> vor dem Grcifswal<strong>der</strong> Propst, wo ein Schreiben des<br />

bischöflichen Offizials, <strong>der</strong> Wille des Herzogs und <strong>der</strong> Eifer des Sachwalters,<br />

gegen den <strong>der</strong> Angeklagte vor Jahren einmal Schmähschriften<br />

verfaßt hatte, genügten, dieselt zu ver<strong>der</strong>ben, ohne daß mau auf seine Verteidigung<br />

gehört o<strong>der</strong> seine Bitten nm Rechtsbcistand gewährt, o<strong>der</strong> sein<br />

Anerbieten, für seilt Recht Beweise beizubringen, angenommen, noch auf<br />

seilte Anrufung des Himmels für das ihm geschehende Unrecht etwas<br />

gegeben hättet) Das Gefühl für Recht und Unrecht war auch beim Klerus<br />

mitunter außerordentlich gering ansgebildet: <strong>der</strong> Offizial des Stargardcr<br />

Archidiakons, Michael Schönebeck, hatte irgend einen Streit mit einem<br />

Kanoniker, in dessen Verlanf er in das Haus seines Gegners einbrach und<br />

') Pyl, Beiträge z. pom. Nechtsgesch. 1, 11. -) Staats-Archw Schwerin.'<br />

68 extern. ?0m.: 1499 April 20; Pricbatsch P. C. 3, 12 zu Nr. 71.l-<br />

Schöttgen, Alt. und Neues Pommerl. 349 f. ') Kanhow 1, 375. ") Pom. 2, 97.<br />

Pyl, Beiträge^pom. Rechtsgesch. 1.


1.24 Staat und Kirche m Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

Wertsache!! und Hausgeräte mitnahm/) und <strong>der</strong> streitbare Stralsun<strong>der</strong><br />

Pfarrhcrr Neimcr Hahn hatte wellig mehr vom Geistlichen au sich.^j<br />

In dem Kampfe zwischen den verschiedenen Gerichtshoheiten <strong>der</strong><br />

Diözese verständigte!! sich die Parteien wohl znwcilen/) meist ohne nachhaltigc<br />

Folgen; o<strong>der</strong> es griff <strong>der</strong> Papst ein, wie 15, als Julius II.<br />

das Camincr Kapitel auffor<strong>der</strong>te, beim Bischof darauf hinzuwirleu, daß<br />

die Jurisdiktion des Pyritzcr Archidiakons iu <strong>der</strong> Stadt Ttargard uicht<br />

gestört, uud <strong>der</strong> bischöfliche Offizial dort abberufen luiìrdc; auch uoch ciu<br />

Akt <strong>der</strong> gegeu den Cpistopallslnns gerichteten Politik <strong>der</strong> Päpste. Aber<br />

eiue wirlsalue Besscrnng war doch nur durch die weltliche Macht des Landessurften<br />

zu erwarten.^)<br />

Vogislaws X. Vorgehen gcgeu die geistlichen Gerichte.<br />

Vogislaw X. sehte einerseits das vou seiueu Vorfahren Angefangene<br />

aber nicht Durchgeführte fort, nämlich die Znrnckdrängnng des geistlicheil<br />

Gerichts innerhalb <strong>der</strong> ^andcsdiözese; andrerseits versuchte er, woran sie<br />

noch uicht gedacht halten uud auch uicht hatteu denken können, nämlich die<br />

slbschließuug seines Territoriums gcgeu auswärtige geistliche Gerichte, woriu<br />

Brandenburg seit einem halben Jahrhun<strong>der</strong>t vorauf gegangen war nnd<br />

dessen Bestrebungen ihm wohl znm Vorbilde dienen konnten.<br />

Betrachten wir zunächst die Regelung in dcn ^andcstcilen, die zur<br />

Diözese Camin gehörten. Gleich seine erste Stellungnahme znr Kirche<br />

seines Landes offenbarte mit aller Deutlichkeit sciue Ansicht von <strong>der</strong> Aufgabe<br />

des Vandcshcrrn gegenüber <strong>der</strong> Geistlichkeit scineo Territoriums. Seit<br />

1474 lag <strong>der</strong> Klerns des Stargar<strong>der</strong> Arcindiakonates nnd des Caminer<br />

Vizcdominates im Kampfe mit dein Postulaten des Bistnms Vndwig von (5ber-><br />

stein uud seinem Domkapitel, teils wcgeu Stcucrfordcruugeu. die <strong>der</strong> Postulat<br />

stellte, teils wcgcu persönlicher Fcindssljaft des Vizcdominus Nikolaus Brnckmanu<br />

niit dem Dekan Westfal in (lamin über die Verwaltung des Stiflcs<br />

während <strong>der</strong> Scdisvatauz, dazn kamen dann noch Kompetenzfragen in <strong>der</strong><br />

Jurisdiktion nnd manches an<strong>der</strong>e. Drei Jahre laug war in Nom prozessiert<br />

worden, viel Geld verschwendet, die Gcmnlcr erhlyt nnd nichts erreicht.<br />

Da machte <strong>der</strong> Herzog dem kirchlichen Zwiste, <strong>der</strong> ans die ganzen kirchlichen<br />

Verhältnisse eines großen Teils des Landes vciwirrcnd wirkte, ein<br />

Ende, und während <strong>der</strong> Postulat noch 1474 bei Gelegenheit eiuer Appellation<br />

von seinem Urteil an den Herzog Erich laut erklärt hatte, daß er keineu<br />

an<strong>der</strong>n als den Papst über sich anerkenne,") berief jevt <strong>der</strong> Landcel^l die<br />

') K. St. A. Et.: St. A.: Tit. 5 Ar. ^5. lo!. 5»:.<br />

"> Beckmann,<br />

Clnon. ('i..


dis zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 125<br />

beiden Parteien vor sich und entschied nach ausführlicher Prüfung aller<br />

Ansprüche uud Wi<strong>der</strong>sprüche mit Hülfe zweier sciucr Nate, „um die weitere<br />

Schädiguug und Störung des Gottesdienstes zu verhin<strong>der</strong>n".^) Er betrachtete<br />

sich also als Herrn anch über die Kirche seines Landes uud bedrohte die<br />

Verletzung <strong>der</strong> von ihm gefällten Entscheidung mit seiner fürstlichen Ungunst<br />

uud Uugnade nnd einer Strafe von 1000 rheinischen Guldeu, die zur<br />

Hälfte an die herzogliche Kammer zu zahlen seien.<br />

Zwischen Stargard und Camin blieb aber seit diesem Streite eine<br />

Spanning, die immer wie<strong>der</strong> zu Zusammcustößcu führte uud dem Herzog<br />

noch einmal Gelegenheit zum Eiugrcifcu bot. Hatte bis jetzt uur <strong>der</strong> Klerus<br />

des Archidiakonates sich in Gegensatz zum Oberhaupt <strong>der</strong> pommerschcu<br />

Kirchen gesetzt, so trat ihn: später auch die Stadt Stargard cutgcgcu, die<br />

sich dem Archidiakou auschloß nnd dem Gerichte des Bischofs entziehen<br />

wollte; und sic schemi tatsächlich dnrch Innozenz VIII. dahingehende<br />

Privilegien erhalten zu haben. Der Bischof gab aber nicht nach; Martin<br />

Karilh brachte 7 507 diese rein kirchliche Angelegenheit wie<strong>der</strong> vor den<br />

Landesherrn, <strong>der</strong> nun dahin entschied, daß jene angebliche päpstliche Exemtion<br />

zwar in Geltung blcibcu, sich aber nicht auf die Inhaber geistlicher Lehen<br />

bezichen sollte.') Freilich war <strong>der</strong> Kampf damit auch uoch nicht endgültig<br />

ans <strong>der</strong> Welt geschafft; jedenfalls aber war diese Entscheidung in dieser<br />

Sache ein Beweis, wie weit <strong>der</strong> Herzog seine Landeshoheit auch über seine<br />

Kirche ausgedehnt hatte, o<strong>der</strong> wenigstens doch auszudehnen gedachte; denn<br />

wir werden nachher sehen, daß zwischen den Ausprüchcu uud den vielleicht<br />

anch tatsächlichen Verhältnissen nnd <strong>der</strong>en rechtlicher Gültigkeit uud päpstlicher<br />

Anerkennung eine Differenz bestand.<br />

Was er aber erreichte, das ermöglichte neben <strong>der</strong> Wirkling <strong>der</strong> allgemeinen<br />

Tendenz <strong>der</strong> Zeit ans dasselbe Ziel hin, vor allein das Entgegenkommen<br />

<strong>der</strong> Bischöfe selbst, die (nnd beson<strong>der</strong>s Martin Karith) darauf verzichteten,<br />

sich eine Selbständigkeit wahren zu wollen, wie sie dcu Eriuucruugcu<br />

an die Kämpfe gegen die Mctropolitaugcwalt zuerst uud dann gegen<br />

die landesherrliche würde entsprochen haben. Diese Eriuucruugeu waren<br />

jetzt längst entschwunden nnd lebten erst bei <strong>der</strong> Reformation noch einmal<br />

auf und erweckten auf kurze Zeit die Hoffnung, die alte Sclbstherrlichteit<br />

zurückerlaugeu zu löuueu. Aber da war das trotz Kaiser und Reich nicht<br />

mehr möglich.<br />

Vor allem hat nun Bogislaw die Ordnung <strong>der</strong> geistlichen Gerichtsbarkeit<br />

hinsichtlich <strong>der</strong> Zurückwcisuug ihrer Übergriffe iu die weltliche vorgenommen.<br />

Als 1480 das Caminer Bistum endlich einmal wie<strong>der</strong> ruhigen<br />

Zustünden zuzustreben schien nnd <strong>der</strong> vom Papste ernannte Marino in<br />

') 8o!ws. 6t Xr. 170 Nr. 215. ") K. St. A. St.: St. Stargard: 1503 Juli 5.


126 Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

Pommern erschien, da benutzte Bogislaw sofort dessen schutzbednrftigc Lage,<br />

um die staatsrechtliche Stellung <strong>der</strong> Kirchc festzulegen, iudem er dcu Vertrag<br />

vou 143L erueuerte und schärfer faßtet) Auch iu <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong><br />

geistlichen Rechtsprechung. Im Falle <strong>der</strong> Nechtsverweigcruug vor dem<br />

weltlichen Gerichte war den ^aieu gestattet geweseu, das geistliche Gericht<br />

nnzurufcu. Das hatte zu dem Mißbrauche geführt, daß <strong>der</strong> Kläger vor<br />

dem geistlicheu Richter einfach behauptete, es sei ihm vor dein weltlichen<br />

Gerichte die Erledigung seiuer Klage versagt wordeu, uud <strong>der</strong> geistliche<br />

Richter daraufhiu die Sache vor sein Forum zog. Jetzt wurde ausdrücklich<br />

festgesetzt, daß, wcuu ciu Laie iu weltlichen Rechtssachen vor ciucm geistlichen<br />

Nichter erscheine, er einen urkundlichen Nachweis vou dem weltlichen Nichter<br />

vorzulegen habe, vor desseu Stuhl seme Klage vou Nechts wcgeu anzubriugeu<br />

war, daß ihm da sein Necht nicht wi<strong>der</strong>fahren könne:<br />

He schal vor dcu richter briughcu cuc beümtuisse van dem werliken<br />

richtere brefflik, dat cm dar nicht recht koudc wed<strong>der</strong>fareu.<br />

Die übrigen BesumlUllugeu wurdcu wie<strong>der</strong> aufgeuommell; aber für den<br />

geistlichen Richter ans Üdeischrcitung seiuer Gerichsbefuguis eiuc Strafe von<br />

zweihun<strong>der</strong>t rhcillischeu Guldeu scstgcjctzt, voll deucil — das ist das wichtige —<br />

die Hälfte au dcu Herzog zu zahlcu ist:<br />

Werct ock, dat dc ^liichtcr dar ballell richtrdc, so schal he vorfallen<br />

wcgeu <strong>der</strong> hcrschop dcsscr baucnscreueuon laude vud dcmc Bijchoppe,<br />

de to dcr tidt ist, twehun<strong>der</strong>t rilischc guldeu, die hclfte au den<br />

forsten des laudcs, de an<strong>der</strong>e helste au dcu bischop, zo uakcn ^oft^<br />

hc dat deyth uud schal dcm jcllcn, de citcrct iß, Kost, Schaden,<br />

Hill<strong>der</strong>c uud tcriughe weddcrleggheu.<br />

Dclltlichcr kollllte des Herzogs Anspruch auf ?alldeshohcit über seine Kirche<br />

lu Sachcll des Gerichts taum ausgedrückt werden. Es käme jetzt darauf<br />

all nachzuweisen, ob uud wicwcit dicjc Bestimmungen aktuell wurdeu. So<br />

weit wir scheu, ist vou Übergriffen dcr geistlichen Gerichte aus das Gebiet<br />

dcr weltlichen nur noch auf dcn Diözcsansyuodcu, etwa auf <strong>der</strong> voll 1500 2)<br />

dic Ncdc. Doch ist damit nicht gesagt, daß auch jetzt noch solche Übergrifft<br />

in großer Zahl vorgekommen wären; mit einem Male verschwunden waren<br />

sic natürlich uicht. Die Mahnungen des Bischofs sollten wohl nur das<br />

herzogliche Gebot immer wie<strong>der</strong> vor Augen führe»!. Demi im Gegenteil<br />

war jetzt <strong>der</strong> Herzog bereits dazu übcrgegaugcu, seiu Gericht auf geistliche<br />

Rechtssache!! auszudchueu.<br />

Geistliche vor ein weltliches Gericht zu zichcu, hatte Papst Houorius I V.<br />

ilochmals ausdrücklich ocl-liotcìl, i/ild Vomfa^ IX. hatte iu einem Schreiben<br />

voll 140l) au Dekau uud Kautor zu Camm uud den Scholastitus zu<br />

') K. St. A. St.: B. C.: 1480 Sept. 3; Dreger 12 Nr. 316l. ") 8ell«ip.<br />

yl. Xr. '_)15 Nr. 256. Über Abschr. i. d. Univ. Bibl. Grrissw. >. B. St. 27, 42 Nr. wtt.


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 1 27<br />

Kolberg diese Bestimmung streng zn beobachten befohlen.^) Trotzdem waren<br />

von jeher Prozesse nm liegende Güter nnd Nntznngörechtc, in denen die<br />

eine Parici geistlich war, vor dem herzoglichen Hofgerichtc entschieden<br />

worden.2) Dieser Brauch blieb anch nnter Bogislaws Ncgicrllug nicht nur<br />

im selben, son<strong>der</strong>n in noch weiterem Umfange in Gcltnng. Prozesse einzelner<br />

Geistlicher o<strong>der</strong> geistlicher Korporationen gegen einzelne Laien o<strong>der</strong><br />

gegen den Nat einer Stadt wurden nor dem herzoglichen Hofgcrichtc verhandelt.<br />

Ob <strong>der</strong> Pfarrer Gerdt Buggenhageu zn Görkc gegen seinen Patron,<br />

dell Nittcr Heinrich Koller klagte/) o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Camiuer Scholastikus Jacob<br />

Vorcke mit Heinrich Knnth wegen <strong>der</strong> Grenze ihrer Waldungen in Streit<br />

lag;'l) ob das Kloster Ncncnkamp sich mit <strong>der</strong> Witwe des Mathias Darcu<br />

wegen des Gntes Krnmmcnhagcn nicht einigen tonnte/) o<strong>der</strong> den Mühleuknecht<br />

Peter Polzin wegen Mordes nnd Vraudstiftuug belangen wollte;")<br />

ob die Karthänser vor Stettin gegen den Stcttincr Ratsherrn Arndt<br />

Kammin ans einen Hopfengarten in Grabow Ausprnch machten/) o<strong>der</strong> das<br />

Kloster Bclbnk mit den Wacholt zn Dargislaw prozessierte/) ob das Kloster<br />

Äntow nut den Namel nnd Lcttow zn Wnstcrwitz nnd Köstcruitz wegen <strong>der</strong><br />

Dörfer Sydow nnd Papenzin in Zwist geraten war,") o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Abt von<br />

Neucnkamp gegen den Strnlsnndcr Bürgermeister Hcnnillg ^lördcr nnd<br />

seines Vrn<strong>der</strong>s Knrt Witwe wegen <strong>der</strong> Fischerei nnd <strong>der</strong> Mühle zn Barth<br />

nnd einiger Güter zn Altendorf vorgehen wollte/") ob dasselbe Kloster mit<br />

<strong>der</strong> Stadt Stargard,") Belbnt mit Schlawc rechtete,^) o<strong>der</strong> die Verweser<br />

<strong>der</strong> Artistenfakultät und die Nikolaikirche in <strong>Greifswald</strong> mit Henning Behr<br />

wegen einer Wiese stritten;^) sie alle mußten vor Bogislaws Hofgerichl;<br />

wenu sie es nicht vorzogen, Schiedsrichter zn wählen und sich gütlich zn<br />

vergleichen, wie es das Kloster Kolbatz nnd <strong>der</strong> Stargar<strong>der</strong> Nat, als Vertreter<br />

einiger seiner Banern, <strong>der</strong> More zn Sarow, taten, die wegen eines<br />

Mordes, den <strong>der</strong> Kolbatzer Holzmcister an einem Blutsfrenndc <strong>der</strong> More<br />

verübt hatte, sich mit Hülfe des Stcttincr Kantors Heinrich Schlüter nnd<br />

des Bürgers Varthold Halle einigten;") o<strong>der</strong> wie dcr Cnmincr Dekan<br />

Westval nnd die Stadt Camin wegen ihrer jahrelangen Streitigkeiten; hier<br />

wnrdc die Ernennung des Schiedsrichters dem Dekan überlassen, dcr zwei<br />

') K. St. A. St.: Mg. geistl. Urk.: 1507 Okt. 10 (Transs.) '') Beispiele<br />

von 1275 bis 1434 bei Kosegarten, Gerichtsdenkm. 1, 253, 257-262. ") v. Koller<br />

1, 39 Nr. 110. ") K. St. A. St.: Bohlen Nr. 15^: 1493 Nov. 2K. ') Ebd.: Kl.<br />

Neuenkamp: 1506 Mai 16. «) Ebd.: 1511 Okt. 1 (wegen des Datums s. Grotefend,<br />

Zeitrechnung 2 I, 81). ') Kratz, Gesch. d. Geschl. v. Kleist 1, 104 Nr. 204.<br />

") K. St. A. St.: Bohlen Nr. 11 sol. 132. ") Ebd.: Nr. 11 i'oi. 141; Vibl. d.<br />

Ges. Mscr. ^oi. Iir. 53 toi. 314. ") Ebd. fol. 276'. ") Ebd.: W. A.: Tit. 67<br />

Nr. 2!) vol. 1 toi. 39; ebd. Bohlen Nr. 2 Nr. 880. ") Gadebusch, Sammla.. 1,<br />

207; Kosegarten, Geschichtsoenkm. 1, 267. ") Kosegartrn, Univ. Grcifsw. 2, 292<br />

Nr. 265; Kratz, Kleist I, 86 Nr. 172. ") K. St. A. St.: Kl. Kolbatz: 1510 Mai 28.


128 Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

seiner Mitdomhcrren wähltet) Gehörte eine <strong>der</strong> Parteien außer Laubes,<br />

so wurde das Schiedsgericht vielfach durch Nate <strong>der</strong> beideu Landesherren<br />

gebildet; so wurde <strong>der</strong> Streit des Grafen Wolf<br />

von Hoheustein und des<br />

Marienlapilels zu Stettin wegen des Dorfes Tclchow dnrch kurfürstlich<br />

brandenbnrgischc nnd herzoglich pommerschc Nate beigelegt.")<br />

Der Herzog beanspruchte wohl, daß sein Hofgericht die höchste Instanz<br />

sein sollte, ohne jedoch diesen Anspruch durchsetzen zn können; für die<br />

Vasallen wohl, aber nicht für die Städte uud besoudcrs nicht für die Geistlichkeit:<br />

jene appellierten an den Nat <strong>der</strong> Stadt, dcrcn Nccht bei den<br />

einzelnen im Gebranch war, diese ging über dcu ^audcshcrrn au dcu<br />

Papst, wie im zweiten Jahrzehnt des 16. Iahrhnn<strong>der</strong>ls das Kloster Eldena,<br />

das das Urteil des herzoglichen Kammcrgerichtcs<br />

in scmcm Prozesse mit<br />

<strong>der</strong> Stadt <strong>Greifswald</strong> nicht anerkannte; dann aber doch noch vor <strong>der</strong> Vntschciduug<br />

des päpstlichen Nichters den Prozeß fallen ließ.'')<br />

Das aNcs war jedoch gegen früher nichts wcfcutlich Neues; wohl<br />

aber, daß jetzt Vormundschaftssachen, dic bisher als cinico<br />

mi!>6l-a!)lliui„<br />

1)6530,linuln nach dcm gcmcimu Rechte vor dem geistlichen Gerichte vcr><br />

handelt worden waren, vor das weltliche Forum gczogcu wurden.<br />

Daß<br />

das früher gar nicht vorgekommen sci, kann nicht bestimmt bchanptct werden,<br />

aber das fast plötzliche ansgcdchntc Auftreten von herzoglichen Eulschcidungcu<br />

in diesen Fällcu nntcr Bogislaw läßt darauf schließen. Zur Ausübung <strong>der</strong><br />

Vormundschaft ist die herzogliche Genehmigung notwendig,") <strong>der</strong> Herzog<br />

selbst sctzt gelegentlich dcn Vormund ein,^) an ihn wendet man sich zur<br />

Bestellung desselben/') dic Interessen min<strong>der</strong>jähriger Kiudcr wcrdcu vor<br />

dcm herzoglichen Hosgcrichtc vcrtrctcu und dort über Erbschastsprozcssc cutschieden.')<br />

Freilich blicb das nicht unwi<strong>der</strong>sprochen, nnd gerade gegcn dic<br />

Behandlung von Crbschaftsangelcgenhcitcn dnrch ^aien wandte sich cmc<br />

Bcstimmnng <strong>der</strong> Statutcu <strong>der</strong> Diözesausljnode von<br />

1500.')<br />

Selbst bei Prozessen nbcr Eiul'nuftc gcistlichcr Stcllcu, die als c'^uLUE<br />

occl^3l3.3t,ic^6 8iiltit.lm!idu8 «nns'xne ebenfalls vor das geistliche Gericht<br />

gehörtcu, griff <strong>der</strong> Landesherr ein.<br />

Auf seinen Bcfchl stellte <strong>der</strong> ^izcunat<br />

<strong>der</strong> Nechtc Hcinrich Bukow als herzoglicher Kommissar im Hause dc^<br />

Bischofs zn <strong>Greifswald</strong> iu dcr Klage des bctanntcn Bürgermeisters<br />

Wcdcge Loitz und seines Sohncs Henning, dcs spateren Propstes, dcr<br />

damals eine Vikarie in dcr Nikolaikirchc innc hatte, gegcn dcu Nilttr<br />

Neimar Bützow auf Brilow wegen dcr Zahluugcn zil dcr Vikaric ein<br />

') K. St. A. St.: 3ep. St. (5amin N».. 3l; Sello, Geschl. d. Gesch. u. Vmcke<br />

2, Nr. 230. -) K. St. A. St.: Bohl^l Nr. 40: I5,l8 Juni 6. ) P. Ibb. 7<br />

ll'


is zur Einführung <strong>der</strong> Nefornuuion<br />

I->lj<br />

Zeugcuverhör au uud übcrsaudtc dann den: Herzoge das Protokoll/) das<br />

endgültige Urteil behielt dieser sich also selbst vor.<br />

Er selbst beendigte^)<br />

mit seinen Näteu, unter denen sich <strong>der</strong> späiere Bischof Erasmus befand,<br />

in Vaueuburg cincu Streit über ein geistliches Veheu- nnd <strong>der</strong> Prozeß zlveicr<br />

Vikare <strong>der</strong> St. Otto-iiirchc zu Stettiu uut cincin Stcttiucr Vinger wegen<br />

einiger Hofe, die zu den Bitaricu gehörten, wurde ebeufalls vor dem herzoglichen<br />

Hofgcrichle entschieden/) So siudeu sich lwch mehr Beispiele, daß<br />

solche Prozesse wegeu Beuesizieueiutüuftcu <strong>der</strong> Eutjchciduug dnr^1) deu<br />

Vaudcsherru unterlagen/)<br />

)ioch dciltlicher aber wird <strong>der</strong> herzogliche Einftusi<br />

aus die (5)crlchtsbarteit iu geistlichcu Dlugeu, wcuu wir crfahreu, das;<br />

da? Hofgcricht über die Eutwelhuug :iue^ Kirchhofe eui Urteil fällt/') od».r<br />

dasi <strong>der</strong> ^dluiuist'ator des Bistums auf des Herzoge l^cheis; ciueu Pro^cs;<br />

oou deiu ,M'UM dc>? ^irclfowal<strong>der</strong> Offizials abberuft und dem bischöfliche!!<br />

Offizial überträgt.")<br />

Der Hluschräuluug uud Beeinflussnug dcc' geistlichen


N5l)<br />

Staat und Kirche in Pommern in» ansuchenden Mittelalter<br />

zumal nun noch die Grenzen des Landes startcll Schwanknngell und Ver^<br />

ändcruugen unterlagen. Die Illteresseu <strong>der</strong> än<strong>der</strong>en Politik <strong>der</strong> einzelnen<br />

Teilherren gingen anch nicht inilner znsalnlllell: erst als mit Bogislaw X.<br />

wie<strong>der</strong> eine gewisse Konstanz ili die Entwickelung hineinkam, freilich spät<br />

gcnng für Pommern, erst da war anch <strong>der</strong> Gedanke an eine kirchliche<br />

Abschlicßuug nach austeil möglich.<br />

Darin liegt so recht <strong>der</strong> eigentliche Ausdruck des damaligeu Strebcns<br />

<strong>der</strong> Landcsfürsten uach <strong>der</strong> Vaudcshoheit, ili dem Versuche <strong>der</strong> Lösung des<br />

Landes ans nbergreifcnden Zusammenhängen, in <strong>der</strong> möglichstell Trennung<br />

nnd Vcrsclbständiguug. Der Kirche gegeuübcr touute sie uur nlit Hillfe<br />

des Papsttums selbst geschehen, weuigsteus zum Teil. Während sich ^ie<br />

kirchlichen Verhältnisse, die rein innerhalb des Vaudes lagen, durch Au^<br />

ciuau<strong>der</strong>setzuug luit dem eigencil Viiliwfc abmachen liefen, ivar da^ nach<br />

ausali hin welliger liachdrilcklich illöglich; dort hatte man mit keinem 'o<br />

abhängigen Faktor zu rechnen wie hier, <strong>der</strong> eigene Bischof war doch zu<br />

sehr ill die ^crhältuisse des Landes verflochten, <strong>der</strong> fremde aber stand nicht<br />

nur ganz ans;crhalb, son<strong>der</strong>n konnte anch am eigenen Vandesherru gegebenen'<br />

falls eineil Rückhalt suchen.<br />

Das Papsttum bot uuu gern die Hand und war kleiuereu uud<br />

größercu Zngeständnisscu, die ili eiller Ziirnckdrängnng des EpistopnllslNlls<br />

verliefcii, liicht abgeneigt; so hatten Österreich ulld Äraudeublng ihre<br />

Privilegien erhalten, so erhielt sie anch Pommern. Das zweite <strong>der</strong> Privilegien,<br />

die Aogislaw X. am 4. Iannar I-lM in Nom erhiclr, betraf die<br />

geistliche Gerichtsbarkeit, vor allelll die außcrpommerscher Bistnuler, gleiche<br />

zeitig aber auch die inucrhalb des ^audes.^) Ju <strong>der</strong> Viipplikatioil hatte dcr<br />

Herzog llln dreierlei gcbetell: znuächst (was die Haliptsache war), die Unter-,<br />

taileli sollten nicht vor ein geistliches Gericht außerhalb des Herzogtums<br />

gczogcu wcrdeu di'nfcu; sodanu sollte denl Herzoge eme gewisse Allssiän<br />

über die Ausnbuug <strong>der</strong> Gerichtsbarkeit, also auch <strong>der</strong> geistlichen, zustehen;<br />

nlld clidlich solltcu geistliche :)iichtcr in wcltlicheli Rechtssachen mit Ausnahme<br />

<strong>der</strong> anerkannten Falle liicht kompetent sein:<br />

6t l)i'<br />

in äoml'ino wnlpoltlll l.n'6sat.i vuci^ ExiälEllUdu^, iu<br />

x t'acint oinlolmä et. dli,^u1i3 Ullli soi'6U3l!)U8<br />

K. Et A. St! Ducalia )ir. 37()f.- .^ 'l. e^ X,-. ^'ij Nr.


lus zm' EilNi'chrung <strong>der</strong> ))ìeforination.<br />

1'',I<br />

(It? iul<br />

lx,,» :,!. lli^i in c:^l!,n^ :,.<br />

Das Zweite ging dein Papste doch zn weit nnd wilrde von ihin abgelehnt;<br />

nnd so bcstilNlnte er denn kraft apostolischer Autorität, daß <strong>der</strong> Herzog<br />

von Pommern und seine Untertanen in geistlichen niw weltlichen Sachen,<br />

Zivil- und Kriminalfällen<br />

nicht vor ein geistliches (Gericht außerhalb des<br />

Herzogtums, selbst nicht an den römischen Hof gefor<strong>der</strong>t werden dürfe,<br />

außer wenn dem Kläger im Herzogtume das stecht verweigert würde; nnd<br />

dann, daß sämtliche geistlichen Nichter des Herzogtnms bisznm Bischöfe hinanf<br />

sich <strong>der</strong> Becinflnssnng, ^-nhrnng nnd Entscheidung von Prozessen zn el'l'alten<br />

hätten, die wegen ihres Gegenstandes nicht vor ein geistliches Bericht gehörten:<br />

l'i'O tolnz»s)i'^ Dnx .^totil<br />

et, 3n!)llit.l et valili !:li< l liuils' et<br />

p<br />

ll,:n».'lil» C^l'ilnn ti'nlll !>


132 Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

um dell Schweriner und Nocskil<strong>der</strong> — findet erst beträchtliche ^cit nach<br />

<strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> Reformation, im Vaufc <strong>der</strong> zweiten Hälfte des !


dis zin Emführnua. <strong>der</strong> Reforniation.<br />

lttilsNe bald weiter führen. Was konntcu die uächstcu Ziele sein? Die<br />

Begründung des Erreichten, nicht mehr auf ciuzelue Privilegien, son<strong>der</strong>n<br />

nuf del! Rechtstilcl <strong>der</strong> Landeshoheit nnd relchsrcchlliche Aucrteultuug, nnd<br />

dann die organische Weiterbildung in <strong>der</strong> Terrltorialificruug <strong>der</strong> Kirche und<br />

Befestigung <strong>der</strong> landesherrlichen Leitung auch iu rein tirchlicheu Allgelegen^<br />

heilen. Alles das brachte die Reformation.<br />

Die Eiusühruug <strong>der</strong> Reformation iu Pommcru vollzog sich iu luchrcrcu<br />

Etappen. Nach dem crstcu Bekauutwcrdeu <strong>der</strong> ueueu ^ehreu warcu es<br />

zunächst die Städte, die ih.leu anfielen, wahrclld das Fürstcutun!, hauptsächlich<br />

durch politische ^incksichleu dehin<strong>der</strong>t, teme entschiedene Stellung<br />

eiuuahm. Nach dem Tode Herzog Georgs begauueu dauu seiu Bru<strong>der</strong><br />

Baruilu und seiu Sohn Plulipp die Eiuführuug für das ganze Hcrzogtuu!<br />

uäher ius Auge zu sasseu, und <strong>der</strong> gros;e Vaudtag zu Treptow a. R./) l:'j!;^,<br />

brachte dauu die urue pouuuersche Kircheuorduuug, uachdeui vorher die<br />

öaudcslciluug voll 1l)3^ bcveits ausführliche Festseyullgcn über das Bistum<br />

cuthalteu hatteu. Niit <strong>der</strong> Kn'cheuorduiiug begailu uuu aber <strong>der</strong> Kampf<br />

mit dem bisher fugsamcu Äisäws, <strong>der</strong> jetzt halteu luollte, was laugst dahnl<br />

war. Uud daurbeu hatteu dlc Herzoge luit <strong>der</strong> Dppositiou dcr bcidcit audcru<br />

Staude, des Adcls uud dev Städte zu tuu, die lticht allcu Folgeruugeu,<br />

welche die Herzoge aus <strong>der</strong> Reform zu zieheu gedachtcu, zuzustuulucil geueigt<br />

wareu; außerdcnl trat <strong>der</strong> Kaiser <strong>der</strong> «Nircheupolillt <strong>der</strong> Herzoge eutgegeu.<br />

Adel nnd Städte erreichteu uichts: die eudgültigc Vaudrstciluug brachte iu<br />

kirchlicher Hiusicht gegcu 15)^>! kciuc Au<strong>der</strong>nng. Der erste evangelische<br />

Bischof, Bartholoniälls Sllawe, lieferte dauu durch dcu Kö^lil^er Bertrag<br />

voll l5^b das Bistum gauz ill die Hällde <strong>der</strong> Herzoge uud uach lveuigen<br />

Jahren erfolgte auch die Aussöhnung mit dem Kaiser uud die eudgnltige<br />

Eiuiguug mit dell! Kapitel. ' Die spateren Bemühuugeu Marliu Weihers<br />

um d,e ))telchsuumittelbarteit (5alnlus hatte»! nichts luehr zu sagcu; seit<br />

15)s> !90<br />

überlieferten Schriftstücke und damit sur den Gang <strong>der</strong> ^erhandlnngen ans den, 5'a


134 Staat und .silichc in Pommern im aufgellenden<br />

Organisation Begonnenen und eine Erfüllung des schon damals Er.<br />

strebten bildete.<br />

Bogislaw X. erlebte noch, ini hohen Alter, das Eindringen <strong>der</strong> nencn<br />

Lehre in sein Herzogtum. Im Kloster Aelbut fand sie hier den ersten<br />

Wi<strong>der</strong>hall, wo Bugcuhageu, <strong>der</strong> Rektor <strong>der</strong> Treptower Stadtjchnlc an dem<br />

von dem fortschrittlich gesinnten Abte Johann Boldcwau gegründeten<br />

)i^8i))'t^i'0l-mu wirkte nnd den Abt nnd inehrcrc Cionche für<br />

Luthers Gedanken gewann. Von hier ans drangen diese weiter vor in<br />

benachbarte Städte, nach Treptow nnd Stolp/) dnrch Johann 5inreto<br />

beson<strong>der</strong>s heftig verfochten, <strong>der</strong> die erste Maßregel dagegen hervorrief.<br />

Bogislaw zog dann 1521 zum Reichstage nach Wormo nnd vertnndcte<br />

nach seiner Rückkehr das Wormscr Edikt, ohne aber son<strong>der</strong>lich eifrig über<br />

seine Ausführuug zu wachen, so daß die nene Nichtllug immer mehr an<br />

Boden gewann. Peter Suawe, Rüthers Begleiter anf <strong>der</strong> Fahrt nach Worms<br />

nnd anch bei seinem Überfalle, kam nach Pommern zurück; vorher schon<br />

war Johannes Knipstro, <strong>der</strong> in Frankfurt gegen Tcyel aufgetreten war,<br />

dorthin versetzt worden, Stettin berief den tüchtigen Panl vom Node als<br />

Prediger, neben dein Nicolaus Hoveich lDecills)^) lehrte, nnd so wirkten<br />

noch mehrere. Bogislaw war sich über , Stellungnahme nicht klar;<br />

er war alt nnd halte kaum mehr Neigung nnd Kraft, sich mit dem Neuen<br />

entschieden anseinandcrznsetzen; Peter Suawe in Slolp wnrdc anf sein<br />

Geheiß vom Nate gefangen genommen, Panl vom Node in Stettin gedulde:,<br />

weil dem Herzog seine Predigt gefallen hatte. Aogislaw war zwar auf <strong>der</strong><br />

Nückkehr vom Ncichstage zn Nürnberg 15^) mit Litther selbst in Wittenberg<br />

zusammengetroffen, ohne aber dadurch in seiner Stellung znr religiösen<br />

Frage entscheidend beeinflußt zu werden. Im allgemeinen blieb er bei dem<br />

Alten, nnd wo er sich mit den uenen Ideen berührte, ist deswegen noch<br />

anf seinen Elnflnß <strong>der</strong>selben zu schließen, beson<strong>der</strong>s bei den zwei Maßnahmen,<br />

bei denen man am ehesten dazu geneigt wäre. Denn wenn er in<br />

Stolp zwei Geistliche absetzte, weil sie Irrlehren verbreiteten und die Nube<br />

störteu, so ging das kaum auf einen Einfluß <strong>der</strong> Lntherschen delire von <strong>der</strong><br />

Obrigkeit znrück, son<strong>der</strong>n lag durchaus iu <strong>der</strong> Fortsetzung von seinem<br />

früheren Eingreifen in rem kirchliche Verhältnisse. Eine soläic Wetterführung<br />

früherer politischer Maßnahmen war auch die Säkularisation des<br />

Klosters Äclbuk, die 1,')^ erfolgte. Das Kloster war ziemlich verödet, und<br />

da war von <strong>der</strong> früheren Einordnung <strong>der</strong> Klöster iu die Steucrverfassuug<br />

des Landes bis zur erstell Aufhebung durch dell Vandeshcrrn mir ein Schritt.<br />

Luther hatte ili <strong>der</strong> Schrift an den christlichen Adel verlangt, daß die großen<br />

Fcldklöstcr ihrem nach seiner Meinnng ursprünglichen Zwecke <strong>der</strong> Erziehnng<br />

nnd des Unterriäns zugeführt wurdeu, und erst m <strong>der</strong> Vorrede zur Leiemger<br />

') Bonm, Gcsch. d. Sl. Stolp 1, '.»5sf. ") MbU. I, ö.


is zur Einführung <strong>der</strong> Neforluntion.<br />

1H5<br />

Kastenorduuug von 1523 ^> sprach er von ihrer E'mziehung. Bogislaw zog<br />

gegen das Verbot Papst '>!cos X. Besitz und Einnahmen des Klosters cin<br />

und lieh sie durch einen Bogt nnd cineil Neutmelster für die herzogliche<br />

Kannucr verwaltend) „So anffallcnd, daß wir die Beweggründe kauui<br />

euträtselu töuueu^.^) ist dies Ereignis wohl nicht. Es fugt sich sehr gnt<br />

in die bisherige Finanzpolitik des Herzogs cin. So fromm Bogislaw anch<br />

war:^) religiöse Bedenken haben in seinem bewegten Vcbeu uie ein unübcrwindbares<br />

Hin<strong>der</strong>nis gebildet, wenn es galt, seine fürstliche Viacht zu<br />

erhöhen. Und anch n^enn er noch kurz vor seiueiu Tode gegen die Unruheu<br />

iil Slralsuud nnd Greisswald fcharfe Ertlärllugeli erließ, so tat er das<br />

nicht in erster Viuie alc- Schützer <strong>der</strong> fürstlichen Kirche, son<strong>der</strong>lt weil dort<br />

seine Patrouatsrechtc uiißachtet worden waren/')<br />

Seine Söhne nnd Nachfolge hatten zunächst mit Brandenburg zu<br />

tnn: mau verhandelte vor dem Neichsregimeute, vor Kouimissiouell, ans<br />

beson<strong>der</strong>en Tagen zu Iütcrbot nnd Gary a. O., bis <strong>der</strong> Grimmer Vcr^<br />

trag 1^>^!j einen Abschluß brachte. Den Parteien im Reiche standen die<br />

Herzoge unentschlossen gegenüber-, mannigfache Gegensätze zwlicheu beiden<br />

verhin<strong>der</strong>ten entscheidende Schritte. Es lvar das alte Unglück Pommcrus,<br />

<strong>der</strong> Mangel au Einheitlichkeit in <strong>der</strong> Regierung. Dic '^llalisprnchnahulc<br />

<strong>der</strong> Herzoge dnrch die Brandeubllrger Angelegeilheit tani aber <strong>der</strong> Ausdehnung<br />

<strong>der</strong> rcsormawrischen Ideen im Vande anßerordenllich zu statten.<br />

In immer größeren! Umfange wntlen Prediger m deu 3tadteu, lind scholl<br />

schritt niall hier nnd da znr Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> kirchlichen Berhältllisse. Stralsnnd<br />

ging darin voran; trotz <strong>der</strong> Verordnungen Bogislaws führte es !i)^:"> die<br />

neue Vehrc ein nnd ließ dnrch den Schulmeister Johannes Apiuus ciuc<br />

Kircheu: nnd Schulordnung verfassen.^) Wie es Vuthcr !s)'^^ verkündet<br />

hatte, „daß eine christliche Versammlung o<strong>der</strong> Gemeiude Recht nud Giachi<br />

habe, alle Vchre zn llrteilell uud Lehrer zu bcrllfcn, ein- nnd abzusetzen",7><br />

so wllrdc hier das gesamte Kirchcuwesen geordnet. „Biirgerlneistcr, Ratmänner<br />

ulid :)iegeuteu dcr Stadt" hatten Ulit >)iat und Wisscu <strong>der</strong> GeiuclUde<br />

die ^ircheuordnuug erlassen, dein Nate stand co zu, Prediger zu einlassen<br />

uud ueuc zu berufcu, dcr Nat übte die Aufsiän über den christlichen Vebeuswandel<br />

<strong>der</strong> Gemeinde, Nat und Gcmeiude hatten das Gericht über Ehebruch<br />

uud „Missetat gegcu Gott und Mcuscheu'', <strong>der</strong> Nat führte mit Uutcrslühuug<br />

vou Berlretcru <strong>der</strong> Kaufluauuschasl llud <strong>der</strong> Gewertichafteu die<br />

VerlualtilNg des kirchlichen Vermögens. Daß diese ganze Ncuorduuug w<br />

schucll niögllch war, hatte seinen Grund darin, daß die leitenden Gedanken<br />

') kutlMs Werke sWeimar) 12, N. ^) V. St. 2, 51; Kantzow l, :i>^; Pom.<br />

2, 116 vgl. K. St. A. St.: St. A.: Tit. ^ Nr. .A) ')ir. ^!7: 17>'^ Tez. 1'.)<br />

') Bartold, ^^esch. u. Rüg. u. Pom. 4, U, 151. ') Kanyow 1, :i^. '', Pgl.<br />

^xiiili«. 289. ") Bcrcknnuin, Strals. Chroli. f«^. Mohmte und Zober^<br />

Luthers Werke (Weimar) 11, 401.


Staat und Kircke in Pommern im aussseliend^l ^ii<br />

schon vorhandenen Bestrebungen entgegenkamen-, beson<strong>der</strong>s ans das Kirchenvermögen<br />

hatten die Städte ichon lange einen Einflus; ans'^nilben versucht,<br />

und hatten dasselbe zuletzt, gerade Stralinnd vor allen, fiir die Zwecke <strong>der</strong><br />

städtischen Politik herangezogen; was man aber vorher laum unter einem<br />

an<strong>der</strong>n Nechtstitel vornehmen konnte als dein des Gemeinwohls, dafür halte<br />

man jetzt gewichtige Grunde und Handhaben.<br />

Im selben Jahre griff Herzog Gcorg gelegentlich einer Ncise uach<br />

Dauzig zum Könige von Polen in die Stolper Verhältnisse ein, wo e5<br />

nnter dein Einflnsse von Schwärnlcrn zu Ausschrcituugeu gekoiumell war.')<br />

Im allgemeiucu behielt die Stadt, was sie hatte; die Bürger durften sich<br />

einen Prediger wählen, dcr „lant des Heiligen Nömischen Gleiches nnd<br />

nnserer Ordnung" nach Auslegung dcr vier großen Kirchenlehrer das Won<br />

Gottes predigen soll. Die goUesdicnstlichcn Gcrätsämfteu, die lnau aus<br />

den Kirchcu cutferut hatte, sollen bis auf die für den Kircheugebrnuch<br />

Nötigsten inventarisiert nnd unter VerMus; verwahrt werden, und zwar<br />

sollen die Stadt, <strong>der</strong> Adel und dcr Herzog jc einen Schlüssel haben. Das<br />

Wichtige dabei ist, dan <strong>der</strong> Herzog als Landesherr, nicht <strong>der</strong> Bischof, 5,'e<br />

Ordunng vornimmt, und das; er die Stadt nicht frei schalten lästt, son<strong>der</strong>n<br />

seinen Einfluß ausdrücklich betont. Gcorg führt sein Vorgehcu uicht aus<br />

einen Gruud zurück, <strong>der</strong> all Gedaukeu <strong>der</strong> ^iefornlatioil autläugc; er haudelt<br />

wie sein Vater Bogislaw, <strong>der</strong> anch gelegentlich in die kirchlichen Verhältnisse<br />

<strong>der</strong> Städte eiugriff, als Vaudeöherr ulld oberster Patrou des Bistums Cauliu.<br />

Der Bischof wußte überhaupt lloch nicht, wie er sich stellen sollte.<br />

Er war im Aufaug gegell die lutherischen Prediger vorgegaugeu, tat jevl<br />

aber nichts, um das Eindringen dcr Deformation lll das Stift selbst ^u<br />

hin<strong>der</strong>n, obwohl er den Angsbnrger Nclchstag von 1530 beschickt und ieiue<br />

Vertreter deu Abschied ill scillciil Nameu lluterzeichllet halteil.^! Sciu bi^^<br />

heriges Verhältnis zn den Herzogcll erhielt er aufrecht uud liest sich auch<br />

durch Drohuugcu dcs Kaisers uicht bcn^cgeu, aus seiner Vandsässigteit<br />

herallszurückell.<br />

Ullterdessen lvnchs inl valide die Verwirrllllg. Die Herzoge versagten<br />

sich <strong>der</strong> einheitliche!! rellgiöseu Orduuug, die so deu eillzclnell Städten überlassen<br />

blieb nnd hier mit sozialen Bewegungen Hand ill Hand giug. Dazu<br />

kam die Spauuuug zwischen den Brü<strong>der</strong>n selbst, anch <strong>der</strong> Krieg Lübecks<br />

gegell Dänemark wirkte ans die pommcrschcn Verhältnisse ein, <strong>der</strong> Streit<br />

zwischen dell beiden Stettincru Voitz uud Goltbek gab wie<strong>der</strong> Gelegellhcit<br />

zu Reibereien illit <strong>der</strong> ^iark, dle vielcll Grellzfehdell luehrtell die Erbitterung<br />

im Lande, sfürsten llnd Stände traten sich anch an an<strong>der</strong>er stelle gcgcn<br />

über; die Städte hatten bcgouuen, Klöster eillzuziehell uud das Kirchengm<br />

Smlg. 2, 330.<br />

et Xr. ^


is zur Einfi'llnllnfl <strong>der</strong> Ncformntiml.<br />

IA?<br />

in ihre Berwaltllllg zll nehmen und wollten deshalb voll dell Reichstags'<br />

beschlnssen dagegen, die die Herzoge auf den Landtagen verkündeten, nichts<br />

wissen. Die Herzoge sahen endlich ein, das; etwas geschehen müfsc — d.^<br />

a<strong>der</strong> starb l^icorg, nnd Varninls Aliöschreibell. das er ohne Zllstiilllnllllg<br />

<strong>der</strong> stände crlieü, nnd dao die lnthcrische Predigt freistellte, wenn nnr<br />

aller ^lnsrubr vcrlnledeu würde, erhöhte die Ungewißheit noäi. Aber iin<br />

nächsten Ialn'c talli dann die von Barnim schon lange betriebene, von<br />

Aeorg in richtiger Erkeuiitliis <strong>der</strong> Bedeutung stets verweigerte Vandcslcünng<br />

zwischen Barnim nnd l^corg^ Sohn Philipp in einem vorläufigen Vertrage<br />

Anstände l I5i.^'^.')<br />

Die Bcstilninlingeil nber die Organisation <strong>der</strong> poniinerschen .Kirche<br />

weisen g>'geu srilher ini grosien nlld ganzen leine ''lndcrlillgcn ans; sie anj<br />

deli (5inflll'': dcr lleilcll Pedanten zurückzllsuhrell, liegt lein l^rnnd vor.<br />

Die ganze Unterordnung <strong>der</strong> Kirche unter den ^andeoherrn, die das Kiezes;<br />

bedelllet, ist nnr eine Bestätigung nnd Wciterfnhrnng schon vorhandeiier<br />

Aliiate dazn. Der Bischof steht loie srnher nntcr deli 3täildeli des Vande«.<br />

H-eldtlostcr, .^ollltnrcieli, ^artl)anscr' nnd Nonllelitlosler nnd an<strong>der</strong>e gcistliche<br />

Stifte sollen w,e l)i^her ihre Adgat^cl! an dell Vandcsherrn leisten lNld<br />

sonst vorlänsig bestehen bleiben, bis nlier ihre Vcrwelidnlig illl ,^allc einer<br />

spateren ^nfheknng eine beson<strong>der</strong>e Einigung statlsilidet; nnr lvciin ein<br />

Hiloner allsstirdt, soll <strong>der</strong> Bcsld scholl jeyt ili lalldcshcrrllchc Verlvnltllng<br />

genommen werden: den Weg hatte scholl Bogislaw X. ^treten. Die<br />

hochstell geistlichen Stellen, für die 'chon Vogislaw dao Besel)Ullgsrcchl allch<br />

für seine Nachtoinmcu erwordell hatte, werden nntcr die beidell Villiell des<br />

Fürstentum? geteilt, währelid Bischof nnd Kapitel beiden Landesherren<br />

nlltertall sein sollen. (5s ist dieselbe Slellnng <strong>der</strong> Kirche zllUl Herzogtlilll,<br />

wie sie scholl vor <strong>der</strong> Reformation durch Bcrlräge festgelegt worden war.<br />

Ili Sachen dct- ^lvlcsvaltes <strong>der</strong> Religion, wie er in Slädtcu nnd sollst<br />

wi<strong>der</strong> fürstliches GelM erhoben sei, wollte man sich halten, wie es christlichen<br />

nnd dem Heiligen Römischen Reiche verwandten Fürsten wohl<br />

gezieme und anstehe nnd solches allch dell Untertanen zu tun erustlich<br />

gcbietcu.<br />

Aber damit ward dieser Zwiespalt nicht beseitigt nnd die znnehmende<br />

Bcrwirllilig „icht gehemmt. Dcr Nürnberger Rcligionofriede gab den<br />

Protestanten Sicherheit gegen Gcwaltmas;regelu, die beidell Herzoge neigten<br />

innerlich znr neuen Vehre, vermochten aber trotzdem nicht dem Schmalkaldischeu<br />

Blinde beizutreten, <strong>der</strong> Bischof bin<strong>der</strong>te dcu Übertritt semer Stiftsstcidtc<br />

zlllll Protestalltismus uicht, um nicht dort seme laudesherrlichc Stellung<br />

cillzubußeu, sah aber bereits bei seinem Zusammenstoß init Brandcllburg,<br />

das ihm seilte C'iukünste alls <strong>der</strong> Ucker- und Nenmart sperrte, dasi da eine<br />

! Einf. d euang. ^ehre w.^ Ni. 10 und No Rr. 11.


Staat und Kirche in Pommern nn ausgebendem Alittelalter<br />

bestilnmle Grenze war, über die cr nicht Hinansgehen dnrfte, wenn er scine<br />

jetzige Stellung behalten wollte.<br />

des Protestantismns kein Hin<strong>der</strong>nis<br />

sich nicht öffentlich zn ihm<br />

Es ging wohl an, das; er dem Bordringen<br />

in den Weg legte, dagegen dnrfte er<br />

betcnncn, wenn er nicht seine beträchtlichen<br />

Rechte in den nusierpommerschen Teile!, seiner Diözese sofort anfgebcn wollte.<br />

Denn beson<strong>der</strong>s Brandenburg<br />

strebte schon sehr lange danach, jene Teile<br />

dem Lamincr Bischof zn entziehen nnd sein Tcrritorinm kirchlich abzuschließen.<br />

Die Entscheidnng trat an dcn Bischof anf dem Trcplolvcr<br />

Landtage heran.<br />

Bei <strong>der</strong> Unentschicdcnheit <strong>der</strong> Herzoge in <strong>der</strong> religiösen Frage waren<br />

die Städte Pommerns anf dem besten Wege, die Kirche in ihrer Nen^<br />

ordnnng von sich abhängig zn machen, alle vorteile, die eine Reformalwn<br />

ergab, sich anzncigncn.<br />

Aber noch znr rechten Zeit erkannten die Herzoge<br />

die Gefahr, daß die Traditionell <strong>der</strong> Kirchenpolitll Bogiilaws in Vergessenheit<br />

geraten könnten, nnd noch znr rechten Zeit grlsfcn sie dieselben<br />

energisch wie<strong>der</strong> anf.<br />

Znr Zeit als <strong>der</strong> Schmaltaldische Bnnd onrch die Erobernilg<br />

Wnrttcnlbcrgs seinen ersten politischen Sieg errang, begründete <strong>der</strong> Treptower<br />

Landtag vom Dezember<br />

Seine Bcrhandlnngnt<br />

15^1 die evangelische Vandevlirche in Vommcrn.<br />

lassell uus dentlich alle Gegelu'ätze nrld Tendenzen,<br />

die zum Znstandckomnlcli <strong>der</strong> ucucu Ordnnng niitwirltcn, erkennen.<br />

den immerhin verhältnismässig zahlreichen Schriftstücken, die uns an5 dell<br />

Verhandlungen erhalten sind, kann man dcntlich zeigen, was bei <strong>der</strong> Nen<br />

gcstaltnng <strong>der</strong> pommerschcn Kirche dnrch die Reformation<br />

B«.i<br />

erst geschaffen<br />

nnd was Wciterentwickelnng voll schon vorhandenen Ansalzn lvar. ^)lcn<br />

ist sclbstverftälldllch, was nns ill diesein Zllsanimeiihange Nicht berührt,<br />

alles, was Lehre nnd Knltns angeht.<br />

Organisation.<br />

An<strong>der</strong>s aber stelu ec- nlit <strong>der</strong> ans;crcn<br />

Die Vorverhandlungen l) drehten sich hinsichtlich dcr polilis'dcll ^('cil'<br />

ordnltllg <strong>der</strong> Kirche hauptsächlich nm drei Fragen: nm die Ztellnllg von<br />

Bischof nnd Stift in <strong>der</strong> Kirche nnd ^um Vande5l,errn, ulll die Selbstställdigkeit<br />

<strong>der</strong> Städte m tirä,llä,en 2iligcn lllld lllll die Verwendung <strong>der</strong><br />

Klöster.<br />

Die Stelluug des Bischofs war vor allem <strong>der</strong> Gegenstand <strong>der</strong><br />

Bcratuugcn Bngenhagcns, d.'n die Herzoge voll Wittenberg<br />

herbeigernfeu<br />

hatteu, ntit den Predigern von Slrcüsuud, Stettin, Grcifslvald, Star^ard<br />

llNd Stolp.")<br />

Es ist nicht ganz richtig zu behaupten, das; „als Ausgangs-. nud<br />

Hallptpnllkt die Errichtung eiuer territorial abgesclüossenell evangelischen<br />

^andcstirchc lllltcr beul Patronat <strong>der</strong> Landesherren festgestellt lvnrdc."<br />

Da^<br />

) I ^ Eins. d. evang. ^ehre xi Nr. 31' Graeliert, Vandtag 4l u. :^:<br />

155 Nr. 2


dio zur Einführung <strong>der</strong> Reformation 1A)<br />

Patronat <strong>der</strong> ^alidesherren über die pommerschc Kirche, das wurde, wie es<br />

schon lanche staatsrechtlich festgelegt war, behauptet: abcr die territoriale<br />

Mschließuug gelang doch nicht ganz. Wir wissen, daß dieser Gedanke nicht<br />

erst durch die Reformation wachgerufen wurde; schon Aogislaw hatte deu<br />

ersteu wichtigeu Schritt getan, indem er sich vom Papste zugestehen ließ,<br />

was sein Nachbar, Brandenburg, schou seit fünfzig Iahreu besaß, das<br />

Privileg, daß die Staatsangehörigen nicht vor ein geistliches Gericht außerhalb<br />

des Vandes gezogen werden dürften. Die Oerichtshohcit <strong>der</strong> auswärtigen<br />

Bischöfe blieb also erhalten nnd wurde nnr in ihrer Ausübung<br />

beschränkt. Dies Verhältnis blieb umtntl'8 muwlxli'3 auch jetzt uoch vorläufig<br />

bcsteheu. Eine geistliche Gerichtsbarkeit in dem alten Sinne gab<br />

cs natürlich nicht mehr, dafür aber blieben noch eine Reihe an<strong>der</strong>er Rechte.<br />

Patronat5recht nnd vor allem die Einkünfte uud Abgaben. Diese solltcu<br />

dcu beiden außerpommerscheu Bischöfcu für dcu Fall, daß sie die ucue<br />

Ordullllg, selbnvernäudlich uur für die pommcrscheu Teile ihrer Diözeseu,<br />

aliuählucu, erhaltcu bleibeu; uud zwar sollieu diese Rechte, wie uach jeuem<br />

Privileg, das Bogislaw erlangte, dnrch beson<strong>der</strong>e Stellvertreter wahrgenomuieu<br />

werden. Im übrigcu aber soll das gesamte pommersche ^irchcnlucsen nntcr<br />

deul ^andesherrn steheu, den: Patronate <strong>der</strong> Herzoge. Der Bischof als<br />

Veiter <strong>der</strong> Kirche, <strong>der</strong> mit Hülfe dreier Visitatore!! das Kirchenregiment<br />

führt, ist Prälat und Verwandter dco Herzogtums uud sieht die Fürsten<br />

als seme Patrouc au. Er wird zwar nicht dirett volli Herzoge eingesetzt,<br />

joudcru durch das Eamiuer Domkapitel gewählt, aber diese Wahl bedarf<br />

<strong>der</strong> vorher einzuholenden Zustimmung nnd shenchmiguua. des Fürsten<br />

(oorwetcu uild bewilginge <strong>der</strong> regelenden forsten,. Das Kapitel selbst<br />

besteht nicht mehr ans Domherren, die dnrch Eooptaliou erwählt werden,<br />

son<strong>der</strong>n zu ciuer Hälfte aus herzoglichen Hof, Berichts' und sonstigen<br />

Beainten, znr aii<strong>der</strong>cn Hälfte ans Stndicreuden, dmen <strong>der</strong> Herzog die<br />

Präbenden als Unterhalt wnhreud ihrer Studieiizcit iu Orcifsumid zulveist,<br />

uud die später ebenfalls in herzogliche Dienste treten sollen. Tie Güter<br />

des Kapitels werden nicht mehr von diesem sclbst, sou<strong>der</strong>u durä» ciueu<br />

herzoglichen Reulmeister verwaltet. Die Klöster solleu vorläufig bestehen<br />

bleiben; eilie spätere Verän<strong>der</strong>ung aber darf liichl ohne l^uehullguug <strong>der</strong><br />

Vandcshcrren erfolgen. Für die ÄcseiMUg <strong>der</strong> Konllllreieu im Vandc steht<br />

den Landesherren sogar das Vorschlagsrecht zu. das allerdiugs - nur<br />

scheinbar eine Eiueuguug <strong>der</strong> Herzoge — auf ^audesgcborene beschränkt<br />

sein soll, die dell Fürsten zn Dlcllsten verpflichtet sind. Die ganze übrige<br />

Kirche beherrschen diese durch deu abhängigen Bischof; ihm werden, wie ili<br />

katholischer Zeit, die Pfarrer durch die Patrouc <strong>der</strong> clu^clueu


I4l)<br />

Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden illiittelallcr<br />

Pfarrwahl sollte dnrch Nat nnd Gemeinde erfolgend) Gewaltig ist die<br />

Än<strong>der</strong>nng im geistlichen Gerichtswegen, das fast ganz wegfällt; nnr in<br />

Ehesachen nnd christlicher Zllcht dehält <strong>der</strong> Bischof eine Jurisdiktion samt<br />

<strong>der</strong> EMmmumkationsgewalt. Auch hier haben die Herzoge bewnstt allf<br />

eine Zllrnckdrängnlig städtischer For<strong>der</strong>ungen eingewirkt. Mit solchen Äcstimnlnngen<br />

über die Acanfsiäuignng des christlichen Vcbens <strong>der</strong> Genicin^e<br />

dnrch den Nat, wie sie die Stralsnndcr Kirchenordnnna. von ld^5> enthielt,<br />

waren sie sicher nicht einverstanden. Die Son<strong>der</strong>stellung <strong>der</strong> Geistlichen<br />

ill gerichtlicher Hinsicht sollte ganz beseitigt werden. Was die Städte in<br />

ihren Vorschlägen noch nicht berücksichtigt hatten, das brachten die Herzoge<br />

in ihrer Antwort ans jene nnd die Beratungen mit Angenhagen. Die<br />

Geistlichen standen jetzt durchweg vor dell weltlichen Gerichten nnd zwar:<br />

die Prälaten nnd Domherrcu vor dem herzoglichen Hofgcrichte als dein<br />

höchsten Gerichte des Landes; die Vikare <strong>der</strong> Tomklrchen vor den Kapiteln<br />

(es sollte hernach nnr das Camincr bestehen bleibend, die städli'chen Vikare<br />

und Pfarrer vor dem städliicheu, die Kirchhcrren ans dem Vande vor dem<br />

Patronatsgcrichle. Von alleu Nntergcrichtcn aber konnten die Geistlichen<br />

„an die Obergcrichtc", wie cs in <strong>der</strong> herzoglichen Antwort ans die städtischen<br />

Vorschläge, „an die Obcrgerichte, nämlich die Vandesfmsten", wie es<br />

bestimmter in dem Protokoll über die Beratungen mn Bngenhagcn heisu,<br />

appellieren. Die Politik <strong>der</strong> Herzoge gegen die Zlädte ist hier ganz deutlich.<br />

In <strong>der</strong> hcrzoglicheu Antwort war dem Nate <strong>der</strong> Stadt noch die Gerichtsbarkeit<br />

über die Geistlichen überhauvt zugestanden worden, bei den Beratungen<br />

wellige Tage sväter behielt <strong>der</strong> Rat die Jurisdiktion nur über die Geistlichen<br />

„alter Ordinatimi", die andcrcn sollten dem Bischöfe unterstellt sciu, dcr<br />

ja tanm mehr als ein ausführendes Orgall dcr herzoglicheu l^ewalt war.<br />

Diese Begründung eines landesherrlichen Kli,1ienrcgimcntcs ist c-5,<br />

die man bisher als eine spezifische Schöpfung <strong>der</strong> Rcformatton angcichcu<br />

hat, als eiuc Folgernilg, die sich aus Vnthers Vehrcn von <strong>der</strong> christlichst<br />

Obrigkeit ergäbe, vom allgemeinen Pricslcrtnm, vom Weien des geistlichen<br />

Amtes. Wir haben aber ans <strong>der</strong> ganzen vorhergehenden Darstellung<br />

gesehen, wo die Wurzeln dieser Landeskirche in Pommern liegen. Alle die<br />

vorgeblichen Errungenschaften <strong>der</strong> nencn ^en waren nberkommene (N'bschaft.<br />

Die Stellung des Bischofs nnd dei Piälntcn znm Vandeeherrn. die Pläne<br />

über die Verwendung <strong>der</strong> geistlichen (^nter für Zwccke des Staates, d. h.<br />

dcs Fürsten, die Aufhebung dcr Sondcrstelluug dcr Gclsllicheu ini 3taatvleben<br />

bis zn clllcm gewissen Mas;c, selbst das den Herzogeii eiilgegeugesme<br />

Strcbeu <strong>der</strong> Städte uach Sclbsläudlgtcit in lirchlichcii Diiigen: alles war<br />

im Keime schon vor dcr Reformation angelegt nnd wird jetzt weiter entwickelt,<br />

aber diese Cntwickeluug erhielt jetzt — uud dac- ist, wie scholl in <strong>der</strong> (5iil<br />

ü7


dio zm Einführung d^ ^iefollnation. j ^<br />

leitung hcrvorgchobcu nnirde, das Nelle, das die Neforluation brachte —<br />

einen ganz an<strong>der</strong>en Schwnng, da sie eine ganz an<strong>der</strong>e Grundlage erhielt.<br />

Die pommersche Kirche war nicht mehr umschlossen von <strong>der</strong> Organisation<br />

<strong>der</strong> Gesamtkirche, nc war m ihrer ällsicrell Gestaltllllg selbnälldig geworden-,<br />

die Landesherren dcdnrften jctzt zllr Anfrichtnng ihres Einflusses ans ihre<br />

Kirche nicht mehr einer Allseiuaudcrsetzuug mit einer übergeordneten geistlichen<br />

Gewalt.<br />

Dafür a<strong>der</strong> stand ihnen jetzt eine an<strong>der</strong>e Auseinan<strong>der</strong>setzung bevor:<br />

einmal mit dem Kaiser, dem Verteidiger <strong>der</strong> alten Kirche, dann a<strong>der</strong>znnächst<br />

nnd vor allein mit ihren Ständen, für die die Deformation anch eine<br />

Gelegenheil war, alle Wunsche zn unwirtlichen. Hauptsächlich das Vorgehen<br />

<strong>der</strong> Städte war es gewesen, das die Landesherren zn dein Entschlüsse<br />

gedrängt hatte, die kirchliche Frage von Staats wegen zn lösen. Die<br />

V^ogc hatten alles verloren, wenn sie jetzt nicht in lue verwirrten Verhältnisse<br />

eingriffen, meint Kaiwow. Macht nnd Äesiy wnrdcn ans beiden<br />

Seiten die Molive snr das Vorwärtsdrängen nnd das (5'iilgreifen. Dic<br />

Vcrlvendllng <strong>der</strong> geistlichen Güter filr lveltliche Zwecke, dao war die erste<br />

Konsequenz, die man ans <strong>der</strong> nellen ^ehrc am schnellsten zog. Selbst'<br />

verständlich gab co anch in Pommern liefe Gemüter, in denen Vuthcrs<br />

Angriffe ans das Dogmatische dcr alten Kirche lebhaften Wi<strong>der</strong>hall fand —<br />

Bugcuhagcu nnd seine Hrcuudc gehörten ^n lhneil, aber in dcr Hanptsache<br />

war es <strong>der</strong> ans jenen Angriffen folgende .Nampf gegen den änßeren Van<br />

dcr Kirche, <strong>der</strong> die breite Slimmnng für sich gewann. Der Gang ist hier<br />

nmgckehrt wie einst bei Wielif, <strong>der</strong> von sozialen nnd politischen Gesichts,<br />

pnnkten <strong>der</strong> znm dogmatischen Gegensatze gegen die alte Kirche kam. Bei<br />

<strong>der</strong> Masse aber stehen ideelle Werte nicht hoch im Kurse; sie bedarf, nm<br />

vorwärts getrieben zn werden, des Handgreiflichen; <strong>der</strong> materielle Nilyen,<br />

dcn man sich versprechen kann, <strong>der</strong> packt: das Ideelle dient nnr als Ans'<br />

hänge'child, soll nnr verdeden- dcnn m.nl zeigt stch mcht gern blos^ nnr<br />

sehr langsam dringt es durch und wird nicht Erlebnis, son<strong>der</strong>n ist von<br />

vornherein Gewohnheit, die später dann lauge s'cstgchaltcu wird. So hatte<br />

auch hier uicht die Vchrc <strong>der</strong> allen Hlinw dn' Maiscu m die Erreguug<br />

geseyt, ans welche die Nesormalion traf. Ali ^ogiua nud Gottesdienst<br />

Nies; mau sich nicht so allgemein, wie c5 nach manchen (5hronileii schrillen<br />

könnte. Gerade die Nachlässigkeit ilncr ^icucr ill <strong>der</strong> Ausubuug ihrer<br />

Pflicht, die erweckte uud schürte das Ärgerllis. vor allem aber die Vorzugsstelluug<br />

dieser Diellcr illl staatlich^! Vcbcu uild die sozialcll Kollsequeuzell,<br />

die sie daraus zogcu, waren <strong>der</strong> Gruui> dcr Erbitterung. Daher kam auch<br />

<strong>der</strong> schnelle wirtschaftliche Nie<strong>der</strong>gang <strong>der</strong> Kirche, als die neueu Ideen<br />

bekannt zu werden begauueu. Mall bezahlte l'eiue Zim'eu uud Abgabeil<br />

lliehr all dcu Klerus uuo selbst für die neuen Prediger war lauge ^cit


!4^ Staat und Kirche in Pommern im anstellende»! ^iittclaltcr .'c.<br />

<strong>der</strong> materielle Unterhalt nicht sicher gestellt nnd bildet bei dell Visitationen<br />

einen oer wichtigsten Pnnkte. Das Volt war froh, die alle Vast los zn<br />

sein; nnd welcher Geist die Städte in <strong>der</strong> religiösen Frage leitete, sah man<br />

deutlich an <strong>der</strong> Eile und dem Umfange, in dem Klöster nnd Kirchcngüter<br />

eingezogen wurden. Man griff schnell zu; denn man wnsue, daß man<br />

sonst das Nachsehen haben würde, wenn erst das gesamte kirchliche Gut,<br />

o<strong>der</strong> wenigstens das <strong>der</strong> geistlichen Korporationen dell ^andcsherrcn anheimfiel:<br />

Bogislaw hatte scholl dahingehende Gedanken geäußert nnd bei Bclbnck mit<br />

<strong>der</strong> Verwirklichung den Anfang gemacht. Das hatten die Städte verhüten<br />

wollen, und jetzt anf dem Vandtagc zu Treptow suchten sie sich das Ihrige<br />

zu sichern. Darnm waren sie anch so schnell mit ihren Vorschlägen bei<br />

<strong>der</strong> Hand. Bei <strong>der</strong> Hanptvci Handlung wurden sie in ihrcr Opposition<br />

dnrch den Adel nntcrstützt, dcr hinsichtlich <strong>der</strong> geistlichen (Mcr, bcsondc'.'s<br />

<strong>der</strong> reichen Klöster, ein ähnliches Interesse hatte: sie nicht in die Hände<br />

<strong>der</strong> Landesherren fallen zn lassen. Die großen Fcloklöstcr hatte <strong>der</strong> Adel<br />

ebenso wie die Dom- nnd Kollegiatstiftc mehr nnd mehr als Vcrsorgnngv.<br />

anstatt für seine Angehörigen anznsehcn begonnen, nnd dcr Kampf nm sie,<br />

<strong>der</strong> jetzt mit den Fürsten begann, hatte sich schon langc angekündigt: Wenn<br />

es doch einmal M' Aufhebung <strong>der</strong> Klöster käme, hatte Bogislan, einmal<br />

gemeint, dann wäre er billig näher darall, darans dell Vorteil zn ziehen,<br />

als die Maltzahne. Uni die Einignng anf dem ^aiidtagc noch weiter limano<br />

zuzieheu, kam hinzn, daß jetzt anch Bischof nnd N'apilcl Wi<strong>der</strong>stand zeigten.<br />

Bisher war dcr Bischof mit dell Herzogen zusammen gegangen, jetzt aber<br />

begann <strong>der</strong> Kampf; denn die öffentliche Einführung dcr Neformation im<br />

Stifte hatte für scine Stcllnng gar zn nachteilige Folgen. Doch dell<br />

Herzogen lag zuviel an <strong>der</strong> Ncgelnng <strong>der</strong> ganzen Angelegenheit, alo daß<br />

sie jetzt nicht zu einem Ziele hätten kommen sollen. Ztädlc nnd Adel, die<br />

ihre Bedenken schriftlich formnllerten, wnroen wegen dcr geistlichen Güter<br />

auf später vertröstet, <strong>der</strong> Bischof erhielt Bedenkzeit bewilligt, nnd so wnrde<br />

denn die Einführung <strong>der</strong> Reformation für das ganze ^and nach dcr Ordnnng,<br />

die Bngenhagens Entwurf gebracht uud die dem Vandtagc vorgelegen<br />

hatte, von sämtlichen Ständen beschlossen.<br />

Damit ist dcr Zweck nnserer Arbeit erfüllt, die die Vcrbmdnng ans?<br />

zeigen sollte zwischen <strong>der</strong> Stellung <strong>der</strong> nenen evangelischen Vandcslirche uild<br />

<strong>der</strong>jcuigcn des Bistnms Camin als Teiles dcr alten Papstkirchc zn dem<br />

pommerschen Herzogtnme. Kciu Bruch, sou<strong>der</strong>u allmähliche Ankündigung<br />

nnd Vorbereitung, nnd dann Weiterbildung nnd Entwickelung. Wie im<br />

Einzelnen in <strong>der</strong> Folgezeit sich das alles festsetzt nnd Wnrzel faßt, das hat<br />

lllls die schon so lange ersehnte Geschichte <strong>der</strong> Deformation m Pommern<br />

zn zeigen.


Nranögrulim- u. Akelett-Oräber<br />

örr rönlischen Waiscrzeit<br />

am Metteuberge bei Dramburg.<br />

A. Ktulienvauch,<br />

>» Hlelli».


UumiNelbar nordwestlich von <strong>der</strong> Stadt Drainburg liegt <strong>der</strong> Ketteu.<br />

berg mit einer großen städtlschen Sand' und Kiesgrube. Aus <strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Stadt zugekehrtcu Südseite, am Fuße <strong>der</strong> hügeligeu, durch die große Saudgrllbe<br />

meistenteils sckwu ausgeschachteteli Erhebuug lllld an <strong>der</strong> nach ^abes<br />

fnllrcnden Vaildstrasx', ist seit mehreren fahren die Zciuellt^Salldstcill-Fabrit<br />

von Schade ^ Splcllstößer angelegt, die den Kies für die Fabrikation lhrer<br />

Steine hier graben läs;t. Bei diesen Arbeiten sind schon seit dem Jahre<br />

lUOl) unter <strong>der</strong> durchackcrteu Bodenschicht Brandstellen anfgcdeckt worden,<br />

die als Ärandgrnbengraber <strong>der</strong> römischen Kai'erzeit citaunt worden lvarcu.<br />

Herr Haus Spiciberg iu >iosliu, lorresvoudierendet- ^/ilglicd uuserer ^cschellschaft,<br />

hat verschiedene Funde ans dieseu lNräberu, die er teils selbst<br />

gehobelt, teils voll dell Bcsitzcru für uuser ^luseuui erhalteli hat, au das:<br />

selbe abgeliefert. So befinden sich in Stellili folgende Funde aus Brandgruben<br />

am Kcltenberge:<br />

1. Eine heukellosc, schivarle Urite, ^ clu hoch, 14 ^n Bodeit^,<br />

^'^cltt Nallddllrchmcsscr, Mit treisrnndem, clhabeii gearbeiletenl Ornaiueut,<br />

das voll kouzeutrischen beiseit gebildet lvird, 4 cm Dnrchmesser hat llud<br />

viermal sich gegenüberstehend »veilige Zentimeter unter dein knrzen Halsrandc<br />

angebracht ist. Als Beigaben waren in <strong>der</strong> Urne ein zweimal<br />

umgebogenes, eiumal gebrochenes, eisernes einschneidiges Schwert, mit<br />

Griffdorn 64 clll lang, eine umgebogeue, eiserne Speerspitze, 5i1 ein lang<br />

und Eisenpartikel von Draht o<strong>der</strong> Nadeln, Abelu o<strong>der</strong> Htcttcu. Mujeum<br />

I.'Nr. 5>'.Nft.<br />

^. Eine cinhcilklige Uriie, 1^/2 c«n hoch, 6 cln Boden^, 9—jl)^,,,<br />

Nailddllrchiliesser, iu Scherbeil nlld Zieste uud Scherbcli eiuer ählllicheil<br />

Urne, das Blattstück von einer seingezahntcu eiieruen Säge, eillc ciseriie<br />

Fibel uud steste eiilcr solchell, Reste einer Bronzesibel niid ein Spinn,<br />

wirtel ails gebrannten! Tone. Museum I.-Nr. i)94l.<br />

ci. Fragmeltt eiucs eiserucii Sichelniessers und eilles eisernen<br />

Dolchmesscrs, ein Spililiwirtel alls gcbrauutem Toii, clu heutclloscs,<br />

rulidliches Tonkrüglein, ca. ÖVZ cn hoch, mit rauheu Walldiliigeu, slacheni<br />

Boden von 3V2 c^m Durchlnesscr, ^ cm Naudöffnuug nebst Fraglnclltell<br />

eiller Elsensibel. ^illseilin I.-Nr. 61^4.<br />

In den Monatsblättcrn 1909, Nr. 5, machte H. Spielberg darauf<br />

ailfluertsalil, daß das (Heblet des Ketlenbergec- ln uächsler ^ell duich i)llc-<br />

10


I4l><br />

Vrandftrubcn- u. Skelett-Gräber <strong>der</strong> römischen Kmierzeil<br />

Geleise <strong>der</strong> von Ianitow aus weitergeführten Kleinbahn durchschnitten<br />

werden solle nnd den Erdarbeiten daselbst beson<strong>der</strong>e Aufmerksamkeit zuzuwenden<br />

sei. Als im August 1910 die Erdarbeiten ausgeführt wurden,<br />

inachte Herr Wucstemann, Gylllnasial-Iclchcnlchrcr in Drambnrg. die Mitteilung,<br />

daß, gelegentlich <strong>der</strong> Anlage des Klcinbahnhofcs an dcr '>!abescr<br />

Landstraße, wie<strong>der</strong> Urnen gefunden seien, von dcncn er fünf, die zum größten<br />

Teil zerbrochen waren, in Verwahrung gcnolnmen hatte. Auch glaubte <strong>der</strong><br />

Fabrikbesitzer Splcttstößer ans Grabkammern gcstoßeu zu sein, die er vor.<br />

läufig uicht augegrabm habe. Iufolge dieser Mitteiluugen uahnl ich<br />

gegeu Elide des Monats Angust die uachsteheud geschil<strong>der</strong>ten Umersuchungen<br />

vor.<br />

In <strong>der</strong> beygegebenen Sitliationsskizze ans Tafel I sind die Fuudstelleu<br />

<strong>der</strong> verschiedenartigen Gräber vermerkt, vou dcucn eine größere Anzahl aus<br />

den Tafeln dargestellt ist.<br />

Außer den Gefäßen, die Herr Wucstemann in Verwahrung genommen<br />

hatte, erhielt das Mnselim von Herrn Splettstößcr noch weitere kleinere<br />

Gefäße, meist wohl Veigcfäßc, die nntcr Nr. tt25'6—i)26() vereinnahmt nnd<br />

miteinan<strong>der</strong> ans Tafel I abgebildet siud. Keines voll ihnen ist unbeschädigt,<br />

Nr. 6^60 ultd tt'^f>l sind verschlackt, ihre blasige Oberfläche hat eine gran-,<br />

schwarte Färbnng angenonnnen. Die Fuudstelleu dieser voll dell Erdarbeiteru<br />

alisgegrabclicu Urlleli sind ans <strong>der</strong> bcigcgcbeueu Plaliskizzc nlit<br />

Kreuzen: 4- -i- bezeichnet. Nlir das, was ihnen des Aufhebens wert erschien,<br />

haben die ^eute beiseite gestellt, dic meisten Urnen indessen nubcachtet gclasfell,<br />

beim Ansgrabcn zerstoßen, auf dcu Bahnkörper gefahren nnd die<br />

Scherben verschüttet. Alle Gefäße standen kanm V2 m uuter <strong>der</strong> Erdoberfläche<br />

iu brandiger, schwarzer Erde, manchlnal mit einzelnen Slciucu<br />

umpackt, öfter aber nnr in Äran<strong>der</strong>de.<br />

An Stelle a befand sich eine Steinpackung, die ans einer Reihe voll<br />

leibgroßen Feldsteinen bestand; man hatte sie für die obere Schicht einer<br />

Grabt'ammer gehalten. Hier grub ich znerst uud überzeugte mich bald,<br />

daß die ausgesprochene Vermntung sich uicht bestätigte. Ert'cuubar war<br />

nur, daß die uach Art eiucs losen Fnndaments llllter <strong>der</strong> Hnmnsichicht<br />

alieiliandcr gereihtell, größereii Findlinge, 6 an <strong>der</strong> Zahl, nnr voli Menschen<br />

Hündell so geordnet sein konnten.<br />

Von dein noch ini Entstehen befindlichen Bahnkörper am südlichen<br />

Fnße des Kettenberges steigt das Terrain nach Norden an. Voll dieser<br />

Seite her sind drei Ausschachtungen in dell Verg hineiugegrabell. Aus (l)<br />

und (II) ist in Tiefe vou Z — 5 m Erdreich für die Sandsteinfabrik ent-,<br />

nommen, ebenso ist das mit pnnktierter Linie nmzogcne Viereck durchschnittlich<br />

bis ans dreiviertel Meter zn denselben Zwecken planiert. Aus <strong>der</strong> mit (III)<br />

bezeichueteu Ausschachtung grub man während meiller Anwesenheit Erde für


»un Kcttenbel.ae dn Drmlllnna.. 147<br />

Vahnbanzweckc, ohne ans irgend ivelche vorgeschichtlichen Knlmrreste zn<br />

stoßen. An^schachtllng e<br />

lag nedell dein Toten ein leidestem an^ rötlichem l^ranit, fanstgroß,<br />

nlit lnel)rclen a^gerlebcnen flachen, 'ii^lllenlll ^. ^lr.


Brandgrnbeu- u. Stelett-Glälier <strong>der</strong> römischen


mn Kcttml^rge bei


150 Brandgrnben- u. Stelett-Grälier <strong>der</strong> römischen Kaiserzelt<br />

in diesem Grabe cin 7 .'>, l',.<br />

Berganfwärt« uebeu dcui Skclettgrab Vl faudcu sich uoch drei Braudgrttbcn<br />

ohllc Inhalt, im Situatiouoplane mit Krcuzcu be^cichuet. Alle von<br />

mir aufgefundenen Brandgrnbcngräbcr lagen im Durchschuitl V2 m uutcr<br />

<strong>der</strong> Erdoberfläche, währcud die Skclcttgräbcr tiefer, 2/4—lV4 "l unter <strong>der</strong><br />

Oberfläche lagen. Dcr Bodcn, m dem die Totell gcbctlet lagcn, bestand<br />

ans scharfem Kies, in seinen natürlichen Schichtnngostrcifcn N'arcn dic znr<br />

Vestattnng ansgcstochenen Gruben beson<strong>der</strong>? im Durchschnitt deutlich zu<br />

erteuneu, was das Suchen und Auffinden <strong>der</strong> Grabstcllen erleichterte.<br />

Weiter berganf fanden fich kcille Gräber mehr. Ueber die Wmgrcnze des


am Kctteii<strong>der</strong>sse bei Dramburq.<br />

1^1<br />

Schade-Spleltstöß'.'r'schen Geländes Hinalls, haben sich meine Untersuchungen<br />

nicht erstreckt.<br />

Im Oktober v. I. hatte Herr Wnestemcmn, dein ich für seine frcnndllche<br />

Unterstnunnc. bel den Ausgrabungen eben so dankbar uerbnndcn bin,<br />

wie seinen! Sohne, dem Herrn Studiosus, für seine tatkräftige Hülfe, die<br />

Güte, nur die nntcr Nr. 6^91 abgebildete eiserne Vauzenspitzc iu Stettin<br />

zn überreichen, die nach meinen Grabnngcn ini Kcttenberge bei Dranchnrg<br />

geflludcn worden ist. Nähere Fnndangaben fehlen. Allscheinend stammt<br />

das mehrfach beschädigte Wasfcnslnck ans einer Urne, denn die abgebrochene<br />

Spitze scheint umgebogen gewesen zn sein.


Wie WMiner Kchulvisitation<br />

von<br />

,<br />

Von<br />

Drofessor Dl. Ml. Wehrmalm.


Auf Befehl des Herzogs Johann Friedrich wnrdc im Jahre 15>7A<br />

in Stettin eine Kirchenvisitation abgehalten, die für nns von beson<strong>der</strong>em<br />

Interesse ist, weil die darüber erhaltenen Berichte recht ausführlich siud.<br />

Es liegen Protokolle, Berichte nnd an<strong>der</strong>e Schriftstücke sowohl im<br />

herzoglichen, wie im städtischen Archive vor nnd ermöglichen nns einen<br />

tiefen Einblick in<br />

manche kirchlichen Verhältnisse, die anch damals noch<br />

nicht geordnet waren. Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Aisitalions-Kommission waren <strong>der</strong><br />

General-Sllfterintendent<br />

v. Johann Cogeler, <strong>der</strong> Pastor an St. Marien<br />

0. Christoph Stymmcl und die fürstlichen Mte Vitich Borck nnd<br />

1. Kleist. Sie einigten sich am 7. Mai über die Zeit uud Forni <strong>der</strong><br />

Visitation.^) Zu <strong>der</strong> Revision <strong>der</strong> Stadlichnle zog man anch einige<br />

Ratsherren hinzu, uud es wurde dabei beschlossen, ..mit dem Schulmeister<br />

zu reden, daß er Ordnung seiner Vcctioucu nnd Schulregnueuts übergebe<br />

nud sich damit auf deu Itt. Mai gefaßt mache". Daranf reichte dcr<br />

„Schulmeister in <strong>der</strong> Mimchenschnle" Magister Heinrich Nigmann'"')<br />

am 19. Mai die l6F


ex(.^»:itul' et<br />

Utl'1itatil,U8<br />

, ut ^crviut. violine (!


156 Die Stettiner Schnlvisitation von 1573.<br />

IX. Iu8to tsmpore omn66 in tempio eon^reß^ntor et eoncu83ion68<br />

parietum, jg.nua.rum, 00g.mvuIil.tÌ0N63 6t coneur8U3 indecente, 8ti'6pitu8<br />

peduiu inter exeunäum 6t 8imi!ia, o^uae 8.UI'68 et oeu1o8 nonorum<br />

ollendunt, (1i1iß6Ntl85l'lN6 vitent.<br />

X. Vitent etiam 0INN68 execratione^i iuramentk, prOpl^8.NO3 3er-<br />

M0N68, mendacia, pern'äiam, calunlnianl 6t omnia 3imilia, sjNi^e<br />

XI.<br />

2on68wm vitg.m perpetuo il'n^ts) - 3l'ne<br />

ii<strong>der</strong>aliZ eruclitio meretur.<br />

Iil ui


Die Stettmer Schulvisitation von li)7^.<br />

XXI.<br />

l' excij)itl>. :<br />

XX li. I^e^etitionidu^ i5l:!w1ll5Ucl8 itll. illter3l8, ut, ^ni<br />

i i,sl:li)< «ive ex te «!l(jnlä


Die Ctettiner ^6)uluisitatiolt uo«l 15,73.<br />

deiner eitern dein gebet thun und einen l>nrt.mn des Catechismi znm<br />

wenigsten eins nnds an<strong>der</strong> mit einem psalme reciteren.<br />

Zum Drndden. Wen in <strong>der</strong> schulen gesungen in, ^soll^ einer auß<br />

1l^556 des lnorgenß den morgcuscgen nud ein teil des Catechismi<br />

, des nuttages den abcutsegeu nnd ein teil des Catechismi dcuts;<br />

reciteren; die deutß lerell, stedts deut«, nnd solchs sol ol-lliilc.' gehalten<br />

werdcll; auch sol <strong>der</strong>, <strong>der</strong> da betet, sulchs mit audacht thueu, laugiam<br />

nnd clar die wort reciteren, die an<strong>der</strong>n anch fleiisig auffhürcn uud unter<br />

dem reciteren nicht schwatzen. So auch <strong>der</strong> uicht da ist, dein zn recttercu<br />

gehöret, soll <strong>der</strong> an<strong>der</strong>, <strong>der</strong> ihm folget, reciteren nnd <strong>der</strong> an<strong>der</strong> darumb<br />

gestraft werden.<br />

Zum Zierden. In dcu tlrchcll solt ihr euch besleisngeu, das eil!<br />

je<strong>der</strong> seheu lnag, das godtfruchtlgkeit und zucht in ench ltt. ulld uichl<br />

alleine gcdcnckeli, das eiu je<strong>der</strong> sehcll tau, was ihr thut, iuu<strong>der</strong> auch<br />

betrachten, das ihr dar uor godt nud vor sciucu liebcu eugeleu dar stehet,<br />

die acht auf ewcr thulld hadeu uud <strong>der</strong>halbeu deste fleiisigcr auf das<br />

siugeut luaren.<br />

V. Es sollen die in w,-ti:l nnd


von l5»7.i<br />

li>l>od,<br />

so man in dcr schnlen gehöret, repeteren, ancwenolch lcrncll o<strong>der</strong> etwas<br />

schreiben. Wen lnan znr mal^cit gehet, sol niall sich ersten waschen nnD<br />

darnach niit anfgcfolteten henden tegen dein dische stehenoe beden, 5e geluonlichen<br />

gcbedc nnd nicht znln tische lansen wie de saw znm trage.<br />

Desgleichen nach tische anch ctzliche psalmen nnd sprnche ans; <strong>der</strong> bidlicn;<br />

nber tisch soll man anch stille sein nnd sein messia in essen nnd trinäen.<br />

XV. In <strong>der</strong> schnlen sol man anch stedts zn rechter zeit tmnnien,<br />

auch znm gebet, sollen anch nicht darnach hcnanßen lansen ohne volli:,,<br />

nicht ehr sie alle weckgehcn.<br />

XVI. Wan die klocke schleil, sol man allfangen zn singen die gebnr.<br />

lichen gciengc; wer nntcr dem singen nicht dm' lst, soll seine gebnrliche<br />

strafe lrigen.<br />

XVII. In <strong>der</strong> schnlen sollet ihr gar stille seilt, ein i<strong>der</strong> ans seine<br />

lection fleissig achlnngc geben; luas .^ll schreiben, das schreib mit erliste;<br />

waß auch anßwendig zit lcrell ist, das sulchs nlit alleni fleis^c geschehn.<br />

X VII l. Wen die Ic^tilml^ in den schnlen gerepeliercl werdell, soll<br />

dll mit gantzem gemnte darauf achtuuge gebeu, auch weu man an<strong>der</strong>e<br />

fraget; so werslu die diug, die dll uurhin vorstanden hast, auch deste<br />

gewisser vorstehen nnd behalten leren, dle dll nicht gewnst. deste besser<br />

fassen. So dll gcfragel werft, soltu ln0


Die Stettinev Schnlvisitatiou uoii 1573.<br />

XX. Ls jol auch keiner in die schnlen tummeu, er so! sich gckemmet,<br />

gewaschen, seine schne aufgewischet und die klei<strong>der</strong> zugebunden nnd außgeftget<br />

habeu. Eß sollcu auch die p^sln^o^i sun<strong>der</strong>lich acht darauf geben,<br />

das sich ihre lnabcn rcnlich halten.<br />

XXI. In wl'tiu cl!^^


^tettmer<br />

ti»5 0pl>>t»,1c. lllll'. llOl'i<br />

vol ox li5li.!llli^ ot l'xlll!»onllt<br />

>oliz»ti<br />

0X<br />

, ut l<br />

nltorn velo l»s>li( .<br />

«il.<br />

i ruUoiiein no Z)l's> loco ot<br />

. IlOt:l. ocl:l.v


1s)2 Die Stettiner Schnlvisiwtion von 1573.<br />

^louanni<br />

^di'itio.<br />

dg.d69.nt, ^noci<br />

nl. (!n0l>0cilll3.


Die Stettiner Schulvisitation von 1573.<br />

Die 8ktu.l'l,l l)0lll. «extn, Olnn63 in litt<br />

^6ole3c<br />

F , exio'.<br />

ll0l.( l. exnlieüdiwr<br />

teiupoi6 : iiorkl. duo^eciin^ in knc c^!^830 die<br />

et. Kliu'tl5 c.li.nwl' lasset mu8lCilm I)l'08i6li, Kor:; 1.<br />

t., Iwra 2. ^.eneiil^ Virgilii.<br />

Die<br />

et in piimn eliss!^ 3,l)i mllterilim sli«^ 8Ul> iü^enw et. e!'mllt.j ill) unl»<br />

uniu5 !u)ril6 3n:Ui^ llec neile^i nee emensliU'i n033lllt, ut li. eonreetoli,<br />

i6 ill.T ill 8eeu!l ell


Dik Stettiner ^chulvisitntion von !5»7.i.<br />

Über die eigellllichc Schnlviiitatioll<br />

berichtet folgendes Protofoll.-^)<br />

Ilon den Schuldienern.<br />

All! 19. Mai hal Magister NiglllNll seine<br />

nnd die lcss63 «cllolue produzieret, welches die Herren Vi^itat.ol-68<br />

zlt verlesen und zn erwägen angenommen.<br />

Am 2


Die Stettiner Schnluisitalion von l:'-»?^.<br />

zn des Bericht er sich referieren täte. Hoffe ailch. sie werden sich ihres<br />

'Amtes fleißig verhalten, nnd ihrer seien 7 Personen, so in <strong>der</strong> Sanile anfwarlen.<br />

Danach «st <strong>der</strong> (Üimim- lllld Onlno(?wr ^cllolno vorbeschledell, od ne<br />

auch untcrciuaildcr einig o<strong>der</strong> iiber den l


166 Die Stettiner Schulvisitation von 1573.<br />

Folgig sind sie in die Mönchen-Schule^) gangen, in den mittleren<br />

langen Saal, da die 1., 2. nnd 3. Klasse gesessen; da hat <strong>der</strong> 8up6rinten<strong>der</strong><br />

eine lateinische OnUion getan und nnler an<strong>der</strong>n angezeigt, daß<br />

unser g. F. nnd Herr Herzog Johann Friedrich lc. etliche von ihrer<br />

f. G. vornehmen Räten nnd dann ein Nat etliche ihres Mittels neben<br />

etlichen von den Gewerken die Schule zn visitieren nnd die Knaben, wie<br />

weit sie in ihren 8wäli8 proficiert, zu examinieren verordnet. Dcrhaibeu<br />

würde <strong>der</strong> Nectoi- sclioiae illitium ex


Die Stettiner Echulvisiwtwn v»n !57.>.<br />

ll'»7<br />

Vcrmahuung fortzuführen lllld sich darin nicht zn verhebcll, etlicher Unfleiß<br />

aber hätte man wohl gespuret, dieselden wollte man erinnern, sich hinfort<br />

in ihren 8wdn8 fleißiger nnd sie alle sich in <strong>der</strong> Kirchen andächtig, anf<br />

<strong>der</strong> Straße nnd bei den simel-ilmz züchtig, zn Hanie dei ihren Eltern<br />

nnd Herren gehorsamlich nnd dnnkbarlich vcrhaltcil. ihre i)r^oco^ts,ro8 nnd<br />

das mmiizwrium ill gebühren<strong>der</strong> Acht haken, denselben gehorsamcll imd<br />

nnd sich zu atlenl Guten willig ziehen lassen, das gereiche zu Gottes Chr<br />

und ihrem selbst Besten.<br />

Danach sind die Schnlgcbäu, Kammern und Stuben besichtiget und<br />

in gntcm baulichen! Weien nnd Gelegenheit befunden worden.<br />

Am 2. Inni nachmittags hat <strong>der</strong> Herr Superintendcs, Kanzler,<br />

Aorcke nnd 3^n


Dir Stettins Schitlulsitatlott U0N 15»?:;.<br />

Schrift gewöhnte, daß <strong>der</strong> (ünntor und Ii^un,pt0l' ill delll Singen fleißiger<br />

lllld besser, wie bis an<strong>der</strong> geschehen, aufwarteten, nild daß etliche Knaben<br />

znm Aegräbnis <strong>der</strong> Armen geordnet würden, anch sonst Verordnung<br />

gemacht, wie viel Knaken zu einem jedem suln,^ zn nehinen, damit nicht<br />

allelvege die ganze Schnlc genonilnen, dadnrcli die Knaben in ihren<br />

!ectÌ0llil)u8 merklich uersänmet würdeu. Es wäre anch gnt, daß die<br />

zn gelegeller Zeit geschehen nnd nicht, wann predigen nnd singen soll.<br />

Der Schulen Puncte stehen ans den Gewänden dcr<br />

Präccptorcn, <strong>der</strong>selben Ossicicn nnd <strong>der</strong> Discipeln nnd dcr Präccplorn<br />

5t.i^6lldl!l, und werden die Oincmii einen Vloä^ verschaffen, daranf nian<br />

die Knaben Mitigen könne. Man befindet, das; die jn-lwc^ptol-^ geschickt,<br />

desgleichen etliche <strong>der</strong> Knaben, nnd sind die nnfleißigcn billig zn größcrm<br />

Fleiß zn ermahnen, nnd weil sie keine Klage wi<strong>der</strong> einan<strong>der</strong> haben, lasse<br />

man es dabei bleiben. Es sei mil dem 0:


von 1l')7.l. ! Herrn<br />

Aupc'i'mtenc^ilt.'',,, Kansels, Vonten, Redelsdorss, ^vll fleißig mit den Knaben repetiert, das » xcn illu,,» ^vli. eine<br />

reine Hand zn schreiben nnd latlllc .>n reden grübet hätte, lllld daß <strong>der</strong><br />

Oiltor nllt dell an<strong>der</strong>n mit dem Singen in <strong>der</strong> Kirche fleißiger gewesen<br />

wäre, daß anch keine Knaben, so ihr w5l.lm


170 Die Stettiner Schnluifitation von 1573.<br />

gestorben, habe man dem Cantor 12 gr. geschickt, hat sie nicht annehmen<br />

wollen, man hat ihm 1 fl. senden müssen.<br />

Vrinok läßts bei <strong>der</strong> Herren Bedenken bleiben, Gott gebe, daß es<br />

so fortgehe.<br />

I^äsniß sagt, <strong>der</strong> Block zur Züchtigung <strong>der</strong> Knaben solle gemacht<br />

werden. Ist den vi8it.awliliu8 dankbar, daß ein je<strong>der</strong> ein Fenster darin<br />

geben wolle, sollen gefertigt werden.") So sollen cmch die l6ß03, wann sie<br />

revidiert sind, auf eine Tafel reinlich geschrieben und aufgehangen werden.<br />

Man wolle auch Nat finden, das; die ^.uditorkz Losament auf <strong>der</strong> Schule<br />

bekommen, und wäre hoch nötig, dem I^ctoi-i aufzulegen, daß er fleißige<br />

Disciplin unter den Knaben halte.<br />

?rame und 8t.arlc6 lassen es bei dem bernhen, was die Herren<br />

des Rats davon geredet.<br />

Folgig hat <strong>der</strong> Herr Kanzler und die an<strong>der</strong>n vor gut<br />

angesehen, diese folgende Punkte also zn halten:<br />

Es sollen die kleinen Knaben des Winters und Herbstes mit nach<br />

den 5ui,6l'idu3 zu lausen verschonet sein, des Sommers aber, wenn gnt<br />

Wetter, sollen sie mitgehen.<br />

Es soll auch <strong>der</strong> ^owl- 8clwlu6 wegen <strong>der</strong> lunorn. Ordnung machen,<br />

daß nicht allezeit die ganze o<strong>der</strong> halb«' Schule, son<strong>der</strong>n das vierte, dritte<br />

o<strong>der</strong> füllfte Teil genommen, und o'.c an<strong>der</strong>n an den swäiiz nicht auf einmal<br />

versäumet werden.<br />

So sollen auch die Schnldioner von jeden immz, wann die ganze<br />

Schul genommen wn'd, nicht mehr als 12 gr. und von <strong>der</strong> halben Schul<br />

6 gr. nehmen ")<br />

Weil <strong>der</strong> deutsche Schulmeister bestellet und aber kein locuä znr<br />

Schule deputieret, wird ihm ein Nat IO fi. geben jährlich, bis die Stelle<br />

erbauet werde, nnd damit er die ^cute uicht übersetze, müsse man unterschiedlich<br />

pi'etium von den Kin<strong>der</strong>n ihm verordnen.<br />

Über die eigentlichen Leistungen <strong>der</strong> Scknler bringt uns das Visitationsprotokoll<br />

nnr verhältnismäßig tnrze und unbestimmte Angaben, und doch<br />

sind solche für die Schulgeschichte von ganz an<strong>der</strong>em Werte, als die Schulordnungen,<br />

Gesetze, Abschiede nsw., von denen man nie weiß, ob sie nicht<br />

nnr anf dem Papier gestanden haben. Deshalb sind uns eine sehr willkommene<br />

Zugabe zu dem Protokoll die dem Aktenstücke angefügten<br />

Schulerarbeiten, die <strong>der</strong> Schulmeister den Herren Visitatoren vorgelegt<br />

hat. Daß solche Stücke, die beson<strong>der</strong>s aus dem 16. Jahrhun<strong>der</strong>t nur in<br />

geringem Umfange vorliegen, beson<strong>der</strong>s wertvolles Material für unsere


Dik Sttttmev Schuwisitatiüu von lk)?:^. 171<br />

Kenntnis vom Unterricht bieten, ist wie<strong>der</strong>holt hervorgehoben worden.")<br />

Freilich müssen wir nicht unbeachtet lassen, da^ wir niemals beurteilen<br />

können, ob die Schüler diese Arbeiten selbständig o<strong>der</strong> nnter Beihilfe ihrer<br />

Lehrer, die in dieser Beziehung damals wenig gewissenhaft waren, angefertigt<br />

haben.<br />

Von 13 Schillern <strong>der</strong> Stettiner Stadtschule liegen Arbeiten vor; es<br />

sind folgende:<br />

1. Von Henning Schöncrmark ans Goslar (20 Jahre alt) zwei<br />

lateinische Gedichte in Distichen ((^ imugme<br />

äive ^lillorvlio), eine lateinische Ansarbeitnng<br />

nnd eine sehr knnstvoll geschriebene nnd verzierte Darstcllnng äs<br />

2. Von Joh. Ticfscntal (20 I.j eine lateinische Übersetzung nnd<br />

ein carmoil scie ^llÜ0 ß^^i^^coo).<br />

3. Von Petrns Blifite ans Neuwedcl l^i I.. cinc lateinische<br />

Übersetzung.<br />

4. Von Conrad Meurer anö Neumartt in <strong>der</strong> 'l.^'^ ^1 ^.> ein<br />

lateinischer Anfsah (d6 c^untul)!- c^t^ti^ii5 mumli inxll^ l^^^Ii/^n^ nnd cui<br />

Gedicht (clo nlirimda omniuin r^ruin cot,5,ol'v:ttlc>ne .<br />

5). Von Vlichael Georgi ans Tchöpocnsiädt ^.?^ I. ein<br />

(z)rop^inU(.'on kiä clisc'ipulum gcriptuln) nnd ein 'Allfia^ lj)u5, lzni intcrtecw<br />

Es^tn8 !>it ^ln.ximum l^mn^slilln) nnd zwel<br />

M2.tutillll. nnd ve^ppltinit).<br />

12. Von Andreas Fabricins (17 I.) eine Ausarbeitnug (vergt,<br />

unteu), zwei kurze Aufsätze uud ein Gedicht.<br />

13. Von Christoph Ha benicht eine lateinische ol^dm^ici


Die Stettiner SchulmsitMwli von l5?.'i<br />

man die Arbeiten zunächst unr oberflächlich ansieht, inag man<br />

über die Leistungen <strong>der</strong> Schüler crstanm sein, die lateinische Schriftstücke<br />

in gebundener nnd nngebnndener Ncdc voll von allerlei Gelehrsamkeit abgeliefert<br />

haben. Prüft man sie aber ein wenig genaner, jo schwindet<br />

dies Staunen bald. Die Gedichte sind inhaltlich so leer nnd <strong>der</strong> Form<br />

nach so schlecht, daß ich mich nicht einschlichen kann anch nnr eins<br />

von ihnen mitzuteilen. Die sogenannten Ausfälle sind beinahe ebenso<br />

dürftig und enthalten ebenfalls eine nicht geringe Zahl von grammatischen<br />

Fehlern. Als Probe mag hier emc Ausarbeitung des Audreas Fabricius<br />

(oben N. 12) abgedruckt werden. Es lst nicht zn befürchten, das; <strong>der</strong><br />

heute mit Recht so einig betriebene Schwimmsport dnrch die Argnmcnte,<br />

die in diesen! Anfsatze gegen ihn vorgebracht werden, erheblichen Schaden<br />

erleidet.<br />

acl 30cialem. ne Iqu23 in^recliatur<br />

,<br />

t.u tU<br />

P<br />

nn'lli<br />

ili Vl'tliC<br />

uUo u loco<br />

i<br />

p p p l l l . 3Ì


Die Stetlmor SchnwisitMiml voll !.'>?."'.<br />

^ule^ til.»«.' i^illnli.<br />

D.<br />

^ et<br />

^n<br />

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lllOl'lllN 3<br />

(^lCtlo<br />

6ililn t.'l!ii i<br />

^, llt.<br />

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^i jlllti^.<br />

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^llllllNll<br />

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l'sllulii<br />

unten«<br />

l^ ut iü i)Ci'lculuin.<br />

>lult.l'<br />

Illlnl (.^ili (lil'^le j)s»5,3UNl,<br />

iti l'i^lUlll.<br />

iti^ iuxw<br />

>: l'Ili,loru<br />

litroill, ul<br />

313


^^74 Die Stettiner Schulvisitation uon 1573.<br />

p i'K6 c ozi tori d U8 tui« c^uttl)! i^'3i8 ^«.l'6lltll)N.^ j)6to igltul' 6t 56ris> 2.d«<br />

t6 5«.^lt0, III. vul6tu^ill6lu l^lli^6nt6l' Clll'63 6t c«. sl'l^l(Ii3 1utlUlN^U3.<br />

sjU9.6 l)00 t6ss!j)0l'6<br />

li68tlV0 j)6t'Vu1ß«.l'63 6336 3<br />

)3tll1633 6t<br />

3illuti.<br />

(üum<br />

6Nim t8.ntUlll<br />

lN0l)6(li6Ntili.)<br />

p6IlCU>i Iltld6Ut. CUIl<br />

UIU D6UlN<br />

Csl.V6^!8, N6 ^>UVI03<br />

in^l'66ilri i3. 3i iä<br />


Tic Stettins Schulvisit»Uion von lk>?^.<br />

I?:'»<br />

verbreilnet wurde, also do gedachte ehr erstlich was Holm, gesagt hatte vnndt<br />

schreyt lnitt lauter stimme O 8ol0,l 8o!(»ll welches do es (^vlU8 horte<br />

lies ehr ihn von dem holtzhauffcn zu sich briugeu, vnudt fragt ihn was<br />

ehr für einen 80l0ll6m anriesfe, als dan hatt Oo63U3 geantwortet, diesen<br />

8ol0N6ln welchen ich ahnrnffe hatt Nlihr ehr Zeit gesagt do ich mich für<br />

selig achtete, ehs tonte vnnd solle nicmandt vor seinen! ende sehlig gcnennct<br />

werdenn. Nun aber sehe ich das ehr recht gesagt hatt. Da solches<br />

(^ru3 horte wolle ehr nicht das ehr solle verbrennet werden son<strong>der</strong>n hatt<br />

ihn zu ein obersten in seinem reich bcstetiget.<br />

Es folgen die drei Übersetzungen:<br />

llii-i ^ vitn. 6<br />

68t, (.^Ul<br />

ill 0l'lt,>lN6 86 s)l'^0(Ill^ii.l)^t)<br />

il.ll, ut. N6IU0<br />

8ui i<br />

et. 80loN6lN lllWt'l'Oßkt) 5l.n 36<br />

'IN ^0336<br />

«.nt.6 odiluln ^6!^Mll dici. I^il<br />

eiiec.it N60 t'01'wntl.m filcil6 mutkri P0336 c6N3uit. 86(1 p0Lt.6U. H O^lO<br />

8^8.t.illl Cil.Z)t.U3 iu ^)'I'ilIN 6()lN6Ct.U3, ut.<br />

6ÌU8 älCU M6IN0I- suit, (1U0(.I 8ol0ll (1ixi836t) 6t<br />

lll<br />

ic^ 8ol()U ssU6lll itlVO^O) 0ÜM, 0UM M6 beätuili 6886<br />

N6IU0<br />

, 86(1 lU'OXlMUM 3il)i in<br />

II.<br />

Ovi6iu3 äixit N6MÌN6M u.nt.6 ol)itum I)6U.tum 6386 iuclii<br />

dio in (Iivit.6 (ül-0630 ^äolum i


^' Die Stetlilier Schnlvlsitntion voll 157:).<br />

UINM' 6X<br />

6Ì<br />

3Ul<br />

86 i1)ini(M6 61' 80 36MP6!'<br />

0 H<br />

6386. I<br />

INllll llixit. sCllM !N6<br />

l illmn<br />

lll6io


Die ^tenmer Sclinluisitatwn von l^7". 177<br />

Mit diesen Proben mag es genng sein; es in gerade kein Genuß<br />

solche Schülcrarbcilen durchzulesen aber einen Vlick in das Schullebeu des<br />

16. Iahrhuudcrts lassen sie uus tnn.<br />

Es bleibt noch übrig den Abschlllß <strong>der</strong> großen Visitation lnitzutcilell.<br />

Darüber bringen die Men folgendes:<br />

Am 23. Juli zu Alten Stettlll anfm ^iathausc<br />

nnl drei Uhr nachmittags<br />

z>rtt080nUl)N8 des Herrn Superintendenten, Kanzlers, Hündin, Paul<br />

Bosses, Hans Framcn, Zachaus ttnd Kersten Nulosfs; die nil<strong>der</strong>u Adiuucten,<br />

so nicht vorhanden gewest, haben sich eins teils entschädigen lassen,<br />

ist <strong>der</strong> Abschied belangend die Schule, den anwesenden Pisitatoreu vorgelesen<br />

nnd, da nütlg, verbessert<br />

nnd<br />

nnd geän<strong>der</strong>t worden, hat anch denselben<br />

gefallen nnd dell l>l-ne(.'oz)wll!»u« äll pllblicicren einhellig geschlossen.<br />

Schulen und öchuldiener Zlischied, so in Veiscin Ät. ^)tigkmans.<br />

des Canto ris (^rnnenbergs nnd des einen ^nllit.ol'i!> ist<br />

pilblizicret<br />

worden.'")<br />

Es befinden die Herrn Vi^dlUll'^ ails <strong>der</strong> aufgenommenen Inquisition<br />

nild Esaminatimi, daß gntc !^ct,i^!^8 in <strong>der</strong> Schnlc gelesen lvcrden,<br />

die in'u^c^t."^ anch in <strong>der</strong> Vehrc unsträflich, welchs die Bisitatoren<br />

nnscrn g. F. nnd Herrn nmertäniglich referieren nnd rnhincn wollen,<br />

^lan wolle sie abcr innttlich crinahllet nnd ihnen anfcrlcgt habell, daß sie<br />

mit den Knaben hinfort<br />

fleißiger nnd öfter die lcl^imn^ repetieren, das<br />

6X6i'oU!um 5t.)lli fleißig treiben, zn reiner Schrift nnd lutano .^n reden<br />

fleißig gewöhnen, über den ießi!,u8 ireilliä) halten, die Mutwilligen strafen;<br />

und son<strong>der</strong>lich sollen die prilix^pwi-cä sämtlich nnd ein je<strong>der</strong><br />

inson<strong>der</strong>heit<br />

seine Klassen, denen er fürstehet, zn guter Disziplin nnd Zucht halten,<br />

vermahnen nnd die Ungezogenen strafen und<br />

«Nein znschicben.<br />

Es sollen anch die l^^<br />

dein kt^tori die Mnhe nicht<br />

durch den Superintendenten revidiert, soviel<br />

möglich eingezogen uud i,, oi'llilwm gebracht, auf ein Vrctt aufs reme ans<br />

<strong>der</strong> Kirchen Unkosten geschrieben, in dcr Schule aufgchaugcn und festiglich<br />

darüber gehalten werden.<br />

Es sollen anch die ^'il.c^ptoi-oz, den Knaben mit gnten Exempeln<br />

an ihrem ^cben nnd Kleionng sürgehen, siä) üppiger Kleidnng nicht<br />

befleihigell, son<strong>der</strong>n ehrbarlich nnd fein eingezogen verhalten.<br />

hinferuer<br />

Weil anch in den sull^ridu^ große Uuordnnug befuudcu, so soll<br />

uicht ohue Unterschied die ganze o<strong>der</strong> halbe Schule, da es gleich<br />

begehrt würde, son<strong>der</strong>n nach Gelegenheit das 3., 4. o<strong>der</strong> 5. Teil <strong>der</strong><br />

Knaben itzt, danach die an<strong>der</strong>n uud also umschichtig, damit<br />

die Knaben<br />

einesteils in <strong>der</strong> Schulen bleiben nnd ihre !?(^ioll(;8 ohne Verhin<strong>der</strong>ung<br />

hören können, genommen werden. Davon <strong>der</strong> Supcriulcudcut zum aller,<br />

son<strong>der</strong>lichsten mit Vorwissen und Adjuuction des Rats gewisse Ordnung


178 Die Stettins Schulvisitation von<br />

mache, auch von <strong>der</strong> Kanzel davon Ermmrnng. danach sich mknmgUch zn<br />

richten, tun soll.<br />

Es soll auch von <strong>der</strong> ganzen Schule nicht mehr als 13 gr., von <strong>der</strong><br />

halben 6 gr. genommen uud das Übersehen und Wie<strong>der</strong>schicknng des<br />

Geldes, wie bis anher von etlichen geschehen sein soll und an sich unbillig<br />

ist, hiermit ganz und gar abgetan nnd allen pi-aocspwridu^ verboten sein.<br />

Die kleinen Knaben sollen des Winters nnd Herbsts mit nach den<br />

lun6i'idu8 zn laufeu verschonet sein, wanns des Sommers gut Welter,<br />

können sie wohl mitlaufen.<br />

Wann arme Lente sterben und <strong>der</strong> Schule o<strong>der</strong> Predigern nichts zu<br />

geben haben, sollen die MUj)ore8 2ui'l'nilt?8, so auf <strong>der</strong> Gasse ihr Brot<br />

holen, dieselben Toten umsonst zur Erde siugen nnd bringen zu helfen<br />

schuldig sein, jedoch nach Gelegenheit, das; sie alle, die Hälfte o<strong>der</strong> ciu<br />

Viertel <strong>der</strong> armen Knaben nach Ermäßigung des lisotonz zu solchen<br />

funeriduz genommen werden.<br />

Der (D:ulwr und die andcru i^olIlldoi'lUnrok sollen ihre Stunden<br />

nnd ihrer Klassen nach höchstem Fleine warten, dieselben wegeu haben<strong>der</strong><br />

Veiämter"") nicht versäumen, mit dem Singen in <strong>der</strong> Kirche fleißig aufwarten,<br />

einträchtig mit den Knaben singen, mcht zu spat anfangen, dadurch<br />

die Gesänge gekürzt werden, son<strong>der</strong>n dieselben gar continuicrcu.<br />

Es solleu auch die prueoepto:^ dic Knaben ermahnen und strafen,<br />

daß sie je<strong>der</strong> Zeit in <strong>der</strong> Kirche in o<strong>der</strong> aufm Chor unter <strong>der</strong> Predigt<br />

nach den tull6ildu5 nnd sonsten ans <strong>der</strong> Gasse still nnd eingezogen sich<br />

verhalten nnd son<strong>der</strong>liche ^ncoo^, so Achtung auf sie habcu, dazu bestellen,<br />

damit die Ingcud nicht wild werde.<br />

Es sollen auch hiufort feiue tunei-u uuter <strong>der</strong> Predigt nut Siugen<br />

zur Erden bestätigt werden, des sich die ;n'N6cc;z>wi'e5 auch verhaltcu sollen.<br />

Was <strong>der</strong> Präceptoru 5t.iz->onliia zu vel bessern aulaugt, wird dasselbe<br />

bis zu Lude dieser Visitatimi verschobcu. Wann man <strong>der</strong> Kirchen Vermögen<br />

sehen wird uud etwas tuu taun, soll ali gutcr Beför<strong>der</strong>ung nicht<br />

maugelu.<br />

Es solleu auch hiufort alle Niukclschuleu ganz uud gar abgetau und<br />

bis auf weitere Verordnung zwo deutsche Schillen gehalten werdeu, und<br />

ist zn <strong>der</strong> einen Haus Schwickcr und zn <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n Johannes Hering<br />

angenommen. Jedoch bleibt den Oi5!cil1i!)u5^) lici den Kirchen frei,<br />

kleine Kin<strong>der</strong> zu unterweisen.<br />

Weil auch nötig sein will zu deli vornehmsten deutschen Schnlen ein<br />

son<strong>der</strong>lich Hans mit unterschiedlichen Gemächern zu verordnen, so ist ein<br />

Ort am Priorat gegen Jacob Müllers über besichtiget, nnd haben die<br />

fürstliche Verordnete angenommen, u. g. F. und H. dasselbe zn berichten<br />

und um gnädige Erkläruug untertäniglich anzuhalten. Wo dauu Ihre


Die Stettiner Schulvisilaticm um, l57:i. !75l<br />

f. G. gnüdiglich willigen wollten, so werden die aironi mit Zutat des<br />

Nats darob sein, daß mit dem allerson<strong>der</strong>lichsten ein Haus erbauet werde.<br />

Die Diaconi haben sich auch erboten den ^u6ttoridu3 äcliolko Losalnenter<br />

ans <strong>der</strong> Schule fertigen zu lassen, damit sie aus <strong>der</strong> Schule schlafen<br />

und auf die Kuabcn soviel fleißiger Aufsicht haben mögcu.<br />

Was dem i^tm-i von einem Blocke und sonst angezeigt, wird er<br />

sich <strong>der</strong> Gebühr dcsfalls verhalten.<br />

Was das OoU^ssiunl Otto Iagedufcls aulangt, hat sich eiu Mat<br />

erbotcu, darob zu sein, daß zu erster Gelegenheit das Haus und Stuben<br />

gebessert und zu <strong>der</strong> Knaben mchrer Bequemlichkeit angerichtet werden^)<br />

kudli^Umn Alteu Stettin 23. Juli ^lnw !5>73.<br />

Dieses Abschieds habcu sich plneci^^lt.^ soviel möglich zu vcrhaltcu<br />

erboteu llnd zu mehrcr Nachrichtuug davou ciue Abschrift begehrt,<br />

welche mau ihnen mitzuteilen bejohlcu.<br />

Zum Schlüsse mag noch hcrvorgehobeu werden, daß, obwohl die<br />

Vijitatoren mit allein Ernste und großem Eifer die Schulvcrhältuisse zu lxssciu<br />

bemüht waren, doch wenig erreicht wurde. Die ganzen Zustände warm<br />

<strong>der</strong>artig, daß mau wohl im Nat uud bei dcr Kirche dcu Wert eitles gc-.<br />

ordneten Schulwesens crkauute, aber kaum den festen Willen o<strong>der</strong> die<br />

Mittel hatte, cine enschiedene Besserung durchzuführen. Schädlich wirkte<br />

namentlich die Zwitterstellung, welche die Schule zwischeu dcr Stadt-, und<br />

dcr Kirchcuvcrwaltuug einnahm; es kam dadurch uicht uilr zu fortgesetzten<br />

Zwistigteiten nlid Reibereien, son<strong>der</strong>n die Schule blieb für beide ein Stiefkind,<br />

für das mau leine besoudcreu Aufweuduugeu zu macheu bereit war.


Anmerkungen.<br />

') Die älteste erhaltene Schulordnung stammt von Paulus vom Node und ist<br />

abgedruckt im Programm des Stadlgymnasiums 1KW, S. 11-13.<br />

') (^olioLl sind Aufseher, die aus <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Schüler bestellt sind<br />

') Mit „Kurbutern" sind wohl solche gemeint, die auf Austausch «Butt'<br />

ausspähen (kuren).<br />

') vertauschen.<br />

^) Lehrer an <strong>der</strong> Stadtschule. Sacharin' (Historische Nachrichten von <strong>der</strong> Ralsund<br />

Stadtschule 1760), tennt ihn nicht.<br />

") Aufscher il» Iagetenfclschen Kollegium war damals Andreas Krauie o<strong>der</strong><br />

Henning Söterus. (Balt. Stnd. N. ss. Ill, S. 62).<br />

^) Lehrer an <strong>der</strong> Stadtschule.<br />

") lateinische Grammatik des Philipp Melauchlhon. Vgl. Harts» ldei,<br />

Philipp Melanchthon als praeosptol' (?ermkl.niile S. 2


-') Mietshaus?.<br />

'-' Geleitsbrirf.<br />

'", Lebensunterhalt.<br />

'") Vgl. über das Prioratshaus Monatsbl. 1907, S. 1?fs.<br />

") Zaun.<br />

'^) Über das Gebäude <strong>der</strong> Stadtschule vgl. Progra,nm des Stadtgymnasiums<br />

ü'^)4, S. V.<br />

') Wohl aus Melanchtbous loci communes (zuerst l^l).<br />

") Gr'önenbcrg war Kautor au <strong>der</strong> Schule.<br />

-) 0vi6. ?0nl. IV. 3, :;5.<br />

'") Vgl. Balt. Stud. XI.lV, E. 25>3f.<br />

') Über diese Verhaudluu^ llegt auch int Dep. Stadt Stettin (Tit. II, «eot. l.<br />

Nr. 5) ein Protokoll uor.<br />

'") Er wird obeu Iohaum's Schweiter genannt. Vgl. Ball. Etuo.XI^IV,S. 25-4.<br />

"j sich unterwUlldeu.<br />

'") Von dem „Vlock" hciftt cs m deni Protokolle d.'s Ctadtschrcibers, „daß<br />

er inwendig ansssehanm, darüber die Knaben sich lrgen und nicht Verdruß tun tonnen".<br />

") Übertragung.<br />

"> Mirte.<br />

' ) Die beiden li'mgsteu Vehrcr hießen :Mliil0l6».<br />

") Das vorzeitig? „pausen ins Pädagogium" wird mime', wie<strong>der</strong> verboten.<br />

Vgl. Festschrift des Mmiensüstsgymnasnuns !«'.'4, S. 2'.'.<br />

"i Über die Mädchenschule vgl. Valt. Ttnd. XI.IV, S. ^4l>l-<br />

'") In dem an<strong>der</strong>en Protokolle wnd ^richtet: „Die Vlsitatores wollen Fenster<br />

nüt ihren Wappen geben in die Schule".<br />

'7, Hier folgen weitere Bestimmungen über die Begräbnisse n. a. ni.<br />

'^) Vgl. Mittcil. <strong>der</strong> Gesellschaft für deutsche Erziehnngs^ und Schulgeschichte<br />

XVN (19,)?), S. 15).<br />

'") Dieser Abschied ist nicht ohne Fehler abgedruckt bei E. Sehliug,<br />

Knchenordnungrn IV, S. :^3f.<br />

'"') Bei den Beiämlern (d. h. Nebenbeschäftigungen) ist beson<strong>der</strong>s an das<br />

Notaiiatsamt des Cantors zu denlen.<br />

''") Die Küster <strong>der</strong> einzelnen Hinchen hielten immer Schule sur die kleincu<br />

Kin<strong>der</strong>. Vgl. Ball. Slud. XI^IV, S. ^«.f.<br />

"') Vgl. Balt. Stud. N. F UI, S. 34.


ine neue „KansasclMel".<br />

Von<br />

Di'. E. Tassilo Hoffmann<br />

in Ltetlilt.


Zwischen Rügen llnd dein Fcstlaudc wurde !9l0 in eiucr Tiefe von<br />

:°> nl aus dem Mccrcobodcu, ziemlich hart am Ufer, eine Mctallschüsscl aus'<br />

gebaggert. Sie ist Eigeutum des Stettiner Kanfnianns Ma^ Vorchert,<br />

lllit dessen Geuehluigung sie im Herbst d. I. längere Zeit im Museum<br />

für Pommerschc Geschichte uud Altertulnsknnde zur Ansicht ausgestellt<br />

werden lonute. Die Schale ist bis ans eine unbedeutende Verlegung aln<br />

Rande (aber auch alleren Datnms) sehr gnt erhalten, besser sicherlich als<br />

<strong>der</strong> größte Teil <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Literatur bisher bekannt gewordeueu Schüsseln<br />

dieser Art. Sic besteht ans Bronze^) nnd zeigt, wie die meisten dieser<br />

Schalen, deutliche Spnren von Vergoldung, welche die Entstehung von<br />

Palina verhin<strong>der</strong>te. Der Form nach regelmäßig krcisrnnd (ohne Ansgnß:<br />

schuabel) uud ausgebaucht Nlit abgeplatteten! Aodeu, hat die ganze Schale<br />

einen Durchmesser von ^7,7 cn,, eine Höhe von 5,7 cm nnd wiegt 5)50 gr;<br />

ihr genau horizontal abstehen<strong>der</strong> Nand (er ist nicht ini mindesten nach<br />

unten geneigt^ mißt 51 mm und zeigt, wie die beigefügte Abbildung deutlich<br />

erkeuucu läßt,^> mit <strong>der</strong> Pcrlpuuze eingeschlagene größere dreieckige nud<br />

kleine rnnde Hänfchen von Pnnkten. Die Außenseite <strong>der</strong> Schale ist unverziert<br />

und läßt namentlich am unteren Teil des Randes dentliche Spnreu<br />

<strong>der</strong> Finnc des Hammers scheu, mit dem sic von <strong>der</strong> Mitte aus aus'<br />

getrieben; die Inucuseite dagegeu ist mit gravierten Figuren uud Oruameutcu<br />

geschmückt. Den Mittelpunkt <strong>der</strong> Schale bezeichnet iuucn eine kleine<br />

uabclförnngc Vertiefung, nicht etwa zwecks Abarbeitung <strong>der</strong> Schale aus<br />

<strong>der</strong> Drehscheibe eingebohrt, son<strong>der</strong>n lediglich znm Einsetzen des cinen Zirkelschenkels<br />

bestimmt nnd darnm auf <strong>der</strong> Uuterseite <strong>der</strong> Schale nicht kenntlich<br />

') Das Bronzeblech hat am Rande eine Stärke von :i mm, wird aber stellenweise<br />

bis blattdnnn, worauf einige klemc Nisse und Sprünge auf <strong>der</strong> linken Seite<br />

<strong>der</strong> Schale zurückzuführen sind; die ^cschädigunss ani Rmidc hier wurdr dnrch ein<br />

unterlegtes, nut zwei Nieten befestigtes Stück Kupferblech schon in in alter Zeit repariert.<br />

-') Die geradezu mustergültige Zeichnung für diese Publikation stammt von<br />

dem jnngen Bautechniker Wilhelm St nbenrauch in Swinemi'mde, dem ich anch<br />

an dieser Stelle für seine liebenswürdige Bereitwilligkeit bestens danke.


Iftss<br />

Eine neue „>>msaschüssel".<br />

gemacht.^) Im Mittelfelde <strong>der</strong> flach aufliegenden Bodenflüchc, die vielleicht<br />

10 cm im Durchmesser hat, sehen wir, in Umrissen wie bei einer Fe<strong>der</strong>zeichnnng,<br />

eine männliche (?) nach links schreitende Gestalt jedenfalls sind<br />

die mit spitzen Schuheu dekleideten Füsie ins Profil gestellt!) in ganzer<br />

Figur lmd 7,2 cm groß, zwischen je 3 lanzettförmigen Blättern auf je<strong>der</strong><br />

Seite, die ihr bis zur Tailleuhöhc reichen. Die Gestalt trägt ein langes<br />

fallenreiches Gewand, das in <strong>der</strong> Mittc senkrecht geteilt ist, mit sehr weit<br />

geöffneten, bis über das Knie herabfallenden Aermeln. Der nur ein wenig<br />

zur Linken gewandte Kopf trägt über einem Schleierluch, das das Hauvt^<br />

haar verdeckt, eine Krone/) Das bartlose Gesicht ist nicht ohne Ausdruck.<br />

Die wiukelig gebogenen Arme nach beiden Letten gestreckt, hält die Figur<br />

in <strong>der</strong> linken Hand einen Gegenstand, den ich für ein Vnck ansprechen<br />

möchte/, während die Rechte mit auffallend langem Zeigefinger in die<br />

Höhe weist. Die Gestalt ist nach oben medaillonartig abgeschlossen dnrch<br />

eine kreisförmige Umschrift in spätromanischen Kapitalbnchstaben: lii^m-siin.")<br />

An diese mittlere Darslcllnng schliefen sich in <strong>der</strong> Art eines Sechs<br />

passes ill <strong>der</strong> Wölbnng <strong>der</strong> Schale l> Drcivicrtelkrcisc an mit ganz ahn:<br />

lichen Figuren wie die im Mittelfelde. Diese Kreise sind von einem Zirkel<br />

mit leicht ritzen<strong>der</strong> Spitze gezogen, gewissermaßen als nur andeutende<br />

Hilfsliuieu, weit weuiger scharf und tief als die Gravierung <strong>der</strong> von<br />

ihnen eingeschlossenen Gestalten. Diese 6 Seitenfigureu, abwechselnd im<br />

Profil uno fast von vorn gesehen, haben von oben nach rechts im Kreise<br />

hernmgehend als Überschriften die Namen folgen<strong>der</strong> Untngendcn o<strong>der</strong> auch Todsnudeu:<br />

icioIiUl'ia, invidia, irk, luxm'i:»., lidicln uud :,v:u'icik. Sie tragcn<br />

das gleiche Gewand uud die gleiche Kopfbedeckung wic die Gestalt ans <strong>der</strong><br />

Äodenfläche <strong>der</strong> Schale: anch sic halten alle in <strong>der</strong> einen Hand ein Änch,<br />

in <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en jedoch


Eine neue „Hanlaschüssrl".<br />

lft?<br />

links flankieren. Nur zwei Seiteugestalten halten die eine Hand leer und<br />

geöffnet, llixm-ia und avai-iciil. Diese letztere Tatsache ist gerade bei <strong>der</strong><br />

Personifikation des Geizes bemerkenswert, indem sie beweist, daß die<br />

Umschriften in keiner deson<strong>der</strong>en Beziehung zu den darunter dargestellten<br />

Figuren stehen. Die Gestalten anf <strong>der</strong> Wolbnng <strong>der</strong> Schale sind von <strong>der</strong><br />

Mittelsigur durch sechsmal wie<strong>der</strong>holtes Pflanzenornament geschieden, das<br />

sich allerdings botanisch kaum bestimmen lassen wird. In <strong>der</strong> Beschreibung<br />

einer ini Jahre 1903 zu Aachen gefuudeucn MctaUschnssel nennt <strong>der</strong><br />

Verfasser') ein auffalleud ähulichcs Pstanzcnornamcut: „schematische mohnartige<br />

Blüten von merkwürdig steifen nnd ungeschickten Formen, die an<br />

frnhromauische aulliugcu".<br />

Iu deu durck dic Ulnrnhmuugsliniell <strong>der</strong> Naudfiguren entstaudeuen<br />

sechs Oruameutzwickcln bcsiudcu sich ebeusovicle, zoologisch unmögliche.<br />

Tiergcstaltcu, die ciuau<strong>der</strong> gleich gebildet und von denen je zwei sich<br />

gegenseitig zugewandt sind. Sie sltzeu, scheinbar zum Sprunge bereit, mit<br />

den Hinterfüßen auf einer Art von Kousolen (die jedoch mit deu auf <strong>der</strong><br />

Äodensläche <strong>der</strong> Schale mit ihnen korrespondierenden Pflauzeuorunmcuten<br />

uuteu zeichucrisch iu temer Verbindung stehen, noch je gestanden haben!).<br />

Diese ganzen Darstellungen im Innern <strong>der</strong> Schale werden nnn nach<br />

außen Hill vou 3 ciuau<strong>der</strong> parallelen Kreisen umzogen. Der uutcrsle, <strong>der</strong><br />

unmittelbar über <strong>der</strong> Kopfbedcckuug <strong>der</strong> Naudfigurcu uuterbrocheu ist (mit<br />

Ausnahme <strong>der</strong> idolatria.), zeigt Schuuroruament — mit numismatischem<br />

Kuustausdruck: Strickkreis in <strong>der</strong> Form cmes halb liegenden 8 von<br />

typisch romauischem Charakters. Der dritte oberste Stricklreis, <strong>der</strong> die<br />

Naudumlegullg <strong>der</strong> Schale recht nugleichmäßig begleitet (<strong>der</strong> Abstand <strong>der</strong><br />

Oruameutliuic zum Rande variiert zwischen ^ und l', «nin), ist dem eben<br />

beschriebeueu identisch, nur nirgend uuterbrocheu. Aei dieseu Schnur'<br />

ornamclltcn sieht mau, das; sie uicht mit eiuer 5)föruugcn Puuze iu das<br />

Metall getriebeu worden sind, son<strong>der</strong>n, ohne auch nur mit eiuem leicht<br />

ritzenden Iustrumcut vorgezogen worden zu sein, sogleich mit dem Grabstichel<br />

eingeschnitten wurden. Zwischen dieseu bcideu Strickkreisen befindet<br />

sich schließlich wie anf <strong>der</strong> Gubeuer Schale eine doppelte Zickzaclliuie mit<br />

7) Vgl. A. C. Kisa, die gravierten Mttallschüsselu des 1^. u. 1^. Jahrh, in d-r<br />

..Zeitschrift für christliche Kunst" Jahrg. XVIII (1905) C. 2ä7 Abb. l.<br />

") Eine ganz gleiche Verzierung zeigt die in Aum. 5 erwähnte zweite Schale<br />

(aus ?und): ferner die 1901 gefundene „gravine Vronzeschaalc" s>.ic von Groß-<br />

Fredenwalde im Uckermärtischen 'Uluseuul zu Prenzlau lvgl. A. V^cck, Mitteilungen<br />

des Uckerniärkischen Äliuseuuls und Geschicht^vereins zu Prenzlau Bd. l !i9^> S. 1^4):<br />

eine ähnliche schnurartlge Linie weist auch die Bronzeschale vou Gubcn auf, was<br />

allerdings auch hler wie<strong>der</strong> nicht die nach einer Photographie hergestellte 'Taf. l,<br />

son<strong>der</strong>n nur die von einer Fe<strong>der</strong>zeichnung herrührende Taf. 2 erkennen läßt.


188 Eine neue „Hansaschilssel".<br />

ineinan<strong>der</strong> geschobenen Winkeln, s) Im oberen Zickzackbande besteht <strong>der</strong><br />

eine Winkelschenkel ans 3, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e ans I Linie, nntcn ebenso, nnr<br />

nmgekehrt. Der einfache, stets etwas gebogene Strich ist anch hier wie<strong>der</strong><br />

nicht cingepunzt, son<strong>der</strong>n eingegraben, wohingegen die dreifachen Vinien,<br />

scheinbar genan wie bei <strong>der</strong> Gubeuer Schale/") „gerade nnd nicht nnr in <strong>der</strong> einzelnen<br />

Gruppe, son<strong>der</strong>n auch in <strong>der</strong> Gesamlausfilhruug oft von verschiedener<br />

Länge, ^age und Entfernung von einan<strong>der</strong> eingepunzt sind". In dieser Form<br />

ist <strong>der</strong> Zickzack eines <strong>der</strong> Hauptschmnckelcmente in <strong>der</strong> romanischen Dekoration.")<br />

Aus alledem ergibt sich für das Alter unserer Schale die<br />

Zeit des 12. und 155. Jahrhun<strong>der</strong>ts, aus welchen Zeitraum auch<br />

Trachten, Stil <strong>der</strong> Ornamenti nud Vuchstabcnform hinweisen. Wao<br />

die Hcrknnft dieser und ähnlicher Schalcu betrifft, war mall sich bic-her<br />

darüber sehr im uuklaren. Erst seitdem in den letzten 20 Jahren etwa<br />

eine ganze Anzahl solcher Schalen aufgefunden wordeu sind, glaubt ^isa<br />

uuu uachweisen zu köuncu/') das; sie iln Nhciulaudc, wahrscheiullch iu<br />

Cölu uud Aachen, hergestellt und von dort weiter vertrieben worden<br />

sind. Während die besseren, im 12. Jahrh, entstandenen Stücke auf einen<br />

verhältnismäßig kleineu Fuudtreis beschränkt siud, - soweit sie nicht <strong>der</strong><br />

Kunsthandel in größere Fernen verschlagen hat — sorgte sur die Verbreitillig<br />

<strong>der</strong> fabrikmäßig hergestellten Masscuartikcl^) des folgcudeu Jahrh,<br />

die mächtig aufblüheude Hansa. Wegen ihrer Verbreitung durch die<br />

Hausa schlägt Kisa vor, diese Schale Hausaschüssclu zu nennen.<br />

Die Frage nach dcr Bestimmung dieser ächüsscln ") läßt zwar<br />

auch Kisa ofseu, glaubt jedoch, das; sie zumeist salralcu Zweckeu gedient<br />

habeu. Den: scheint zu wi<strong>der</strong>sprechen, daß solche Schalen zum Teil iu<br />

Oräberfel<strong>der</strong>u uud auf altcu Vurgwnllcu iu <strong>der</strong> l^rdc gefunden wordeu<br />

siud, sowie doch auch eigrullich die Tatsache, daß ste bisher iu keinem<br />

") Alle an<strong>der</strong>en mir bekannt gewordenen Schalen dieser Art haben sehr spitz-,<br />

winkelige Zickzackbän<strong>der</strong> wie z. V. die Schüssel im Gewerbemnseum zu Lübeck, abgebildet<br />

in <strong>der</strong> „Zeitschrift für christliche Knnst" Iahrg XVlll l1'.'05) E. 2'.'^.<br />

'") Aus bekannten Gründen (uergl. Ann«. «) kann ich mich anch diesmal<br />

lei<strong>der</strong> nnr an den Text <strong>der</strong> Publikation <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lausitzer Gesellschaft für Anthropologie<br />

nnd Altnmskunde halten l es wäre höchst wi'mschcnsluert, wenn in dm<br />

Niedellansitzcr Mitteilungen noch einmal eine tadellose, <strong>der</strong> wertvollen Abhandlung<br />

von Herrn Prof. Dr. Ientsch entsprechende, Abbildung <strong>der</strong> Güldener Schale erschiene.<br />

") Vgl. 0l.Reimers: Handbuchs, d. Denkmalpflege, Hannover(1911^, Fig.55i)b.<br />

'-') .siisa a.a.O. S. 3?^)flg.<br />

' ) Als Werk eines ungebildelen Metallarbeiters möchte ich unsere Schale<br />

nicht ansprechen; hätte nicht anch solche Massenfabrikation weit mehl mit <strong>der</strong> Punze<br />

als mit dein Grabstichel gearbeitet?<br />

") Sie ist interessant genug, um näher behandelt zu werden, nmsomehr als<br />

dies in den Balt. Stud. meines Wissens bisher nirgend geschehen ist.


Eine neue „Hansaschüssel".<br />

!^,»<br />

Excnlplare nachweislich ans einer Kirche o<strong>der</strong>einem Kloster stammelt. Weniger<br />

schon fällt dagegen ins Gewicht, daß sich ans so vielen dieser Schalen<br />

profane Motive finden, da daran die mittelalterliche Kirche anf ihren<br />

Kirchengerätcn bekanntlich wenig Anstoß nahm;^) zndem wnrden ia oft<br />

anch wertvollere Stnckc des Hansratcs mit weltlichen Darstellungen nachträglich<br />

in Kirchen gestiftet. Gewöhnliches dicbranchsgcrät waren aber<br />

selbst die ganz flüchtig gravierten Zchalen wenigstens zn Anfang keinesfalls,<br />

dagegen spricht entschieden die fast regelmäßige ^crgoldnng, die allen den<br />

Charakter des ^nxnsgcrätes gibt. Erst späterhin, wenn dann eine solche<br />

öchale nach Mnntznng <strong>der</strong> Bcrgoldnng etwa unscheinbar o<strong>der</strong> gar deselt<br />

geworden, mag man sie anch wohl ^n profanen Zwecken verwandt haben.<br />

") Ich erinnere nur an den sogenannten (>0l^lll^-^chrein im Domschnyc<br />

.^<br />

.^


Opeiundslkbzigster Jahresbericht<br />

Gesellschaft für Pommersche Geschichte und<br />

<strong>der</strong><br />

Npril lglß — Npril lgll.<br />

^Vorgetragen in <strong>der</strong> Generalversammlung am ll). Mai<br />

Für die pommerschc Geschichtsforschung ist das abgelauscilc Berichtsjahr<br />

insofern von nicht geringer Bedrutuug. als in ihm <strong>der</strong> Gvnud zu<br />

einer hist ori s ch cn K o in m ission f n r P o ni ni e r n gelegt<br />

worden ist. Sie hat sich vor lvcnigen Tagen am 13. Mai, nnter dein<br />

Vorsitze des Herrn O<strong>der</strong>präsidenten l>. Freiherr von Maltzatm-Gültz<br />

förmlich konstituiert nlit dem Zwecke, die Erforschung imo Bearbeitung <strong>der</strong><br />

hellniläieli Geschichte zn för<strong>der</strong>n nno zn unterstützen. Als eine ihrer<br />

wichtigsten Aufgaben galt von Ansang an die Inventarisation <strong>der</strong> sogenannten<br />

steinen Archine, nnd es ist damit sofoU <strong>der</strong> Ansang gemacht<br />

wordcn. Herr Archivar l)i-. Gr o lesend hat im Sommer v. Is. den<br />

Kreis Oreifswald bereist und die dort ansgesuudenen, geschichtlich wertvollen<br />

Archivalicn ver^elchllct. Das Ergebnis seiner Arbeit ist in einem Aufsähe<br />

mitgeteilt, <strong>der</strong> in dem XI. Bande <strong>der</strong> Pommerschen Jahrbücher zum<br />

Abdrucke gekommeil ist. In diesem Sommer soll die Arbeit fortgesetzt<br />

werden.<br />

Unsere Gesellschaft begrüsit die Begrüudung <strong>der</strong> historischen Kommission,<br />

die <strong>der</strong> Anregnng des Herrn Oberpräsidenten zn verdanken ist, mit großer<br />

Frende, znmal da sie berufen ist, dnrch einen ständigen Vertreter in ihr<br />

mitzuarbeiten. Sie erhofft von ihr eine energische planmäßige För<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Arbeiten, die sie nnn schon seit bald W Jahren betreibt, und namentlich<br />

eine recht umfangreiche Erschließung neuer Quelleil. Auch taun durch<br />

die Kommission die Tätigkeit <strong>der</strong> beiden großen Geschichtsvereine und <strong>der</strong>


192 Drmmdsiebzlflstrv Jahresbericht.<br />

zahlreichen kleinerm Vereinignngcu znr Pflege heimatlicher Forschung<br />

zusammengefaßt nnd in einheitliche Bahnen gelenkt werden. Unsere Bestrebungen<br />

können nnr Nützen haben, wenn das Interesse an heimatsgeschichtlichcr<br />

Forschnng in weiteren Kreisen wachst. Für die nns bisher<br />

bewiesene Teilnahme nnd die Unterstützung, die wir voll leiten <strong>der</strong> Be.<br />

Horden des Staates und <strong>der</strong> Provinz, <strong>der</strong> Kreise, Städte nsw. erfahren,<br />

sind wir sehr dankbar, bitten aber herzlichst, anch ferner nm'ere Gesellschaft<br />

in ihren Arbeiten zu unterstützen.<br />

Nencn, bisher von uns wenig gepflegten Aufgaben hoffen wir nns<br />

in <strong>der</strong> nächsten Zeit widmen zn können, wenn die Verwaltung unseres<br />

Mnscnms von <strong>der</strong> Stadt Stettin übernommen sein wird. Gewiß gibt die<br />

Gesellschaft anch durch die leihweise Überlassung ihrer Sammlung, die durch<br />

mühsame Arbeit vieler Jahre geschaffeu worden ist, etwas höchst Wertvolles<br />

auf, aber die Freude über die schönen Nänme, die ihr im neugebauten<br />

Stadtmuseum überwiesen werden, läßt eilten Schmerz über dieses<br />

Aufgebeu nicht aufkommeu. Wir hoffen vielmehr, daß durch dell Vertrag,<br />

<strong>der</strong> l'u diesel! Tageu zwischeu <strong>der</strong> Stadt uud <strong>der</strong> Gesellschaft geschlosseu<br />

wird, dem Altcrtumsinuseum reicher Gewinn und Vorteil erwachsen werden.<br />

Die Satzungen, die voll <strong>der</strong> vorjährigen Generalversammlnng beschlossen<br />

worden waren, haben dic Genehmigung noch nicht erhallen nnd<br />

bedürfen einiger geringfügiger Än<strong>der</strong>ungen.<br />

Die Zahl <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> betrng nach dem letzten Jahresberichte 737.<br />

Sie hat sich lei<strong>der</strong> wie<strong>der</strong> etwas verringert und belauft sich jctzt aus 72l>.<br />

Es gehören <strong>der</strong> Gesellschaft an:<br />

Ehrenmitglie<strong>der</strong><br />

i^<br />

korrespondierende Mitglie<strong>der</strong> 2<br />

lebenslängliche Mitglie<strong>der</strong><br />

ordentliche Mitglie<strong>der</strong> . . . . . . 683<br />

Summa 72»)<br />

Ausgeschiedeu siud 52, gestorben 12 Mitglie<strong>der</strong>. Von den lebenslänglichen<br />

Mitglie<strong>der</strong>n schied aus dem ^eben Oberlehrer a. D. Haber<br />

in Worbis bei Erfurt, eiu alter Freund <strong>der</strong> Gesellschaft, <strong>der</strong> namentlich<br />

unserer Biblothel zahlreiche Geschenke znkommcn ließ nnd sich früher anch an<br />

den Arbeiten lebhaft beteiligte. In Stettin wnrden lins dnrch den Tod<br />

entrissen Kaufmann P. Bernhardt, Kaufmann C. F. Brann. Obcringenieur<br />

Brennhausen, Negieruugspräsident Günther, Kaufmann<br />

W. Kuhk, Oberbaurat Todi en, <strong>der</strong> einige Zeit nnserm Vorstande<br />

angehörte, Kaufmann Weiß, ferner Superintendent Bartholdy in<br />

Stolp, Dr. med. F. Matz in Neubrandcnburg, Iustizrat Pagels in<br />

Pascwalk, Pastor Thomsen in Löcknitz. Ehre sei ihrem Andenken!


Lingetrctcll sind 5.'5 ^Ilitgliedcr. Zllm Ehrcltnlitgliede wurde dei<br />

seinem Schcidcll volt Stellili dcr Vandrat a. D. v. Brnning crllannt,<br />

<strong>der</strong> die voli ihm erworbene sehr wertvolle Schnmannsche Sammlung<br />

prähistorischer Fllndstncke <strong>der</strong> Gesellschaft geschenkt hat.<br />

Ill <strong>der</strong> l^cncralversammlllnq am 7. Mai UM) wnrdcn<br />

glie<strong>der</strong>n des Borstandes gewählt die Herren:<br />

(Hey. Negiernng5rat Prof. Dl'. Vemcke, Borsiycn<strong>der</strong>,<br />

Professor l> Wehrnninn, stellvcrtr. Vorsitzen<strong>der</strong>,<br />

Professor l>. Walter,<br />

3chriftsnhrer,<br />

Geh. Illstizrat Magnnna, slellvertr. Zchristfnhrer,<br />

.ssonsnl W. Ahrens,<br />

Zchalzlneistcr,<br />

Llrchivdirettor l^ed. Aränvrat Prof. ! 'r. D. friede nc> d llrg.<br />

Geh. Vanrat Hintze, Äeisiftr.<br />

Ill dell Beirat<br />

wnrdcn gelvählt die Herren:<br />

Geh. KommerMnrat<br />

Ttadirat<br />

Professor lir<br />

Kolisnl<br />

Äclim.<br />

Karow,<br />

Konsnl Kist er,<br />

Haas,<br />

)ll^el,<br />

Archiurat l)r. v. Petersdorfs,<br />

Manrermeister A.<br />

Schrö<strong>der</strong>.<br />

Änrgermeislcr l>r. Thodc.<br />

Der in <strong>der</strong> Generalversammlung uorgetragelle ^alzrevln-licht fnr<br />

lW'.j/N) ist ill dell Baltischen ötlldien ')c. ^-. X!V,<br />

3. l


194 DrenmdsicbziFter Jahresbericht.<br />

Herr Dr. N. Petsch: Vehördenwesen in Hinterpommcrn unter<br />

dem Großen Kurfürsten.<br />

Herr Archiurat Di-, v. Petcrsdorff: Änlow'Lnmnlcrow, ein<br />

Agrarpolitik^ <strong>der</strong> ersten Hälfte des 11). Jahrhun<strong>der</strong>ts.<br />

Ein Ans fing fand am 1^. Juni nach Da<strong>der</strong> statt, wo die zahlreichen<br />

Teilnehmer die freundlichste Aufnahme bei Herrn Generalleutnant<br />

o. Di est-Da <strong>der</strong> fanden. Die Acsichtignng <strong>der</strong> Zchloßrnine, <strong>der</strong> kirchlichen<br />

Knnstjchätze, sowie des Änrgwallcs und <strong>der</strong> Pfahlbanstelle erregten allgemeines<br />

Interesse. Anch <strong>der</strong> kurze Aufenthalt in Nangard bot manches<br />

Sehenswerte. Bei Gelegenheit uon Ansflugen, die von an<strong>der</strong>er Scile<br />

unternommen wnrocn, ist ausgesprochen luordeu, daß uon Stettin ans zu<br />

wenig geschehe, um die Bewohner <strong>der</strong> pommcrschcn Hanptsiadl lnit dcn<br />

landschaftlichen Schönheiten o<strong>der</strong> interessanten Bau- und Nnnstdenkmälern<br />

<strong>der</strong> Provinz bekannt zn machen. Wir wollen nur darauf hinweisen, dai;<br />

Ullsere Gesellschaft seit dein Jahre 1.^0 regelmäßig solche Ausflüge veranstaltct.<br />

Vei ihnen sind folgende Orte besncht worden: Vöckuiy, Fiddicholo,<br />

Stargard, Wollilt, Pafewalk, Pren^an, Anklanl nnd Svantetolv, Gartz a. O.,<br />

Nellbrandcllbnrg, Treptolv a. T., ^andskron, Greifrn!)agen, <strong>Greifswald</strong><br />

nnd Eldena, Gollliow, Königsdclc; i. d. Nu!., Stralilllld. Wildcnbruäi.<br />

Kolbatz, Pyritz, Palisin, Da<strong>der</strong>. Wir hadcn demnach nnscren Niitglicdcrn<br />

Gelegenheit gcdotcll, eine ganze Anzahl näher o<strong>der</strong> weiter gelegener, historisch<br />

interessanter Orte kennen zn lernen. Anch in Zntnnft werden wir gerne<br />

solche Ansflngc veranstalten nnd bitten nnr nm recht rege Äetciliguug.<br />

sind auch für die Mitteiluug uou Wimscheu je<strong>der</strong>zeit dankbar.<br />

Eilinahllle:<br />

Iahresrechnung für 19 lO.<br />

Aus ^orjahreu<br />

Ausgabe:<br />

17.'^,^) Äi.<br />

Verwaltung<br />

Mitglic<strong>der</strong>beiträge<br />

Verlag<br />

Kapilaltonto<br />

Äibliothck 1074,70 ..<br />

Mnscnm<br />

,^) M. 10181,01 M.<br />

Mehrausgabe 2565,15> M.<br />

^) Einschließlich Mk. 500.-, die von <strong>der</strong> Provinz für die Ortsgruppe des<br />

Heiluatsschlltzcs in Nügen bereitgestellt sind.<br />

") Einschließlich Mk. 840.-, außerordentliche Beiträge.


Dlrnmdsiel'ziastcr<br />

Cinnahlnc<br />

ans 1909 30^),^> M.<br />

an-? N>ll)<br />

Bestand _'7_'l,l.^ M.<br />

Bon deil Bal tischen Stndlell ist Band XlV <strong>der</strong><br />

voll dell MonatSblatlern <strong>der</strong> ^'4. Jahrgang erschiellell. An Arbeiten<br />

und Mitteilungen, die ,^llr Ailsliahme yccl^llct lvlncu. l)at cs liic<br />

haben llnr ineln'erc vccht tnclttigc Doktordlncrtati^ncil in<br />

vcrösselltllchen tünncn. Olc ^äti^lcit ans 5cm d'icdiclc <strong>der</strong><br />

l^cicinchtsfovjchllng ltt lx^l.', die '^ahl i^'r lNliaMllä<br />

n nicht gering, wie die Blblwgrapl>'e ln den<br />

o<strong>der</strong> nni'erc Anzeigen tn den ^lonal^dlallerll<br />

Bon dein ^«ventar <strong>der</strong> ^an- und Hi nnsl dent maler des<br />

Negicrnngc-de^lrlc' Kö^llll wird da5 H^ft 5) l-Ureiie Vntow nlld<br />

Vaneillillrg) dcnnlächst crichclnen.<br />

erheblich gefor<strong>der</strong>t.<br />

i i<br />

'?l!lch die '.'lll'euen für loeitere Hefle slnd<br />

Dic Bibliothek bat regelniaßigell ^ilu'achs dllrch dell Anctansch nut<br />

lllehr als 16() allslvnrllgell wissensäzailllä^n ^ereillell lllld ^olperjchajtcn<br />

erfahrcll. Wir haben aber anch fllr '.a!i'.ielä,e


Meilasse.<br />

Ueber<br />

lltertüme? und Ausgrabungen in Hommern<br />

im Fahre 1319.<br />

Von Professor Di'. E.<br />

Walter.<br />

Es ist keine völlig neue Erscheinung, das; einmal in einem Berichtsjahre<br />

die Zahl <strong>der</strong> eingegangenen Altertümer nicht beson<strong>der</strong>s groß ist uud<br />

vielleicht nnter dein üblichen Durchschnitt sogar erheblich zurückbleibt, und<br />

darum braucht aus diesem Umstände mcht ohne weiteres ans eine Abnahme<br />

<strong>der</strong> Ergiebigkeit des Pommerschen Äodcus o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Werbekrnft unseres<br />

Museums geschlossen zu werden: tut doch <strong>der</strong> glückliche Zufall uud die<br />

Aufmerksamkeit uuserer Freunde in <strong>der</strong> Provinz nebelt <strong>der</strong> Gebelauuc<br />

Eiuzelmr hier eben das meiste. Und gerade deshalb müssen wir es nut<br />

beson<strong>der</strong>er Freude begrüs;eu, weun vorwiegend die ^audbevö'lt'cruua. über<br />

den Wert unserer Oodcualtertümer aufgetlärt wird lind sich entschließ,<br />

etwaige Fundstellen nur durch Sachkuudige ulltersucheu zu lasscu o<strong>der</strong><br />

Eiuzelfuudc vor <strong>der</strong> Zerstöruug zu bewahren uud sic unsrer grohcll, seit<br />

87 Jahren gepflegten Prouiuzialsammlung zu überweisen. Freilich ist selbst<br />

ill städtischen Kreisen nencrdings wie<strong>der</strong> das Bestreben lebhafter gewmdeu,<br />

im Zusallllllenhailg mit dem Heimatschuß hier llud da kleinere Votalsanllnlullgcu<br />

zlt bcgrüudeu llnd ihnen nicht nllr historisch Denkwürdiges,<br />

son<strong>der</strong>n anch vorgeschichtliche Fuudstücke zuzuführen. Wer jedoch die Eutwickelilng<br />

dieser schon früher wie<strong>der</strong>holt angelegten Lanunlilngen verfolgt<br />

hat, wird bei dell meisten lei<strong>der</strong> uur vorübergeheudcu Eifer uud iehr<br />

wcchselude Sorgfalt iu <strong>der</strong> Führltug <strong>der</strong> Fuudberichtc lllld Pflege <strong>der</strong><br />

Oegcustäude fcststclleu töuileli, sodaß schließlich die Abgabe au das Ztetliucr<br />

Museum sich vou selbst wüuschellslvert erwies, uachdcm iuzwijcheu luauchcs<br />

Stllck zerbrochen o<strong>der</strong> verlorcu war.<br />

Ich habe die ganz eigenartige, auf Zufall, Gescheute lllld Kauf<br />

augewieseuc Eutwickclung unserer Saniullullg jnngst Nllr in Äeziehnng auf


W altcv, Ulier Altert inner und Ausgrabungen «n Pommern 19U).<br />

l '.j?<br />

die lctzlcn zehn Jahre zn schil<strong>der</strong>n versucht^ und dabei S. 14-1 hervorgehoben,<br />

lvie es em sehr wichtiger Zweig <strong>der</strong> Bcrcinclätigtcit ist. auf dic<br />

oorhaudrneu Sammlungen iiu Gebiet fortwährend zu achten und keine<br />

Gelegenheit zu ihrer Erwerbung vorüberzulassen, es ist aber anch nicht<br />

verschwiegen, das: solche lokale Sammeltätigkeit meistenteils nur kleine Vaustciuc<br />

für die Gcsamlwisscnschnft zusanllncnznbriugcn vermag uud uicht<br />

einmal imstande ist, schon vorhandenes Material auch uur zu erhalten.<br />

So sind auch die Bcrhältuissc <strong>der</strong> frühercu Kösliucr SannlllnNl-; im vorletzten<br />

Jahresbericht S. ^^)7 znm Teil nach eigener Erfahrllllg besprochen uud<br />

musueu iu ihrclu Ergebuis als wcuig för<strong>der</strong>lich für die Wissenschaft<br />

bezeichnet werden. Wenu trotzdem ausser au cinigcu an<strong>der</strong>en Qrlcu Hinterponinierus<br />

auch iu M5lin dcln Vcrnchnieu nach wie<strong>der</strong> ein eigenes ^iusculu<br />

begründet n^erdcu soll, so wäre wohl zu wuujcheu, das; die früheren Erfahrungen<br />

begründete Bedenken gegen diesen Plan in die Wagschalc geworfen<br />

hätten. Somit habcu wir doppelte Vcranlassnng, auch diesmal wie<strong>der</strong><br />

ciucr gauzcu Reihe läudlichcr Besitzer für Überweisung <strong>der</strong> aus ihrem<br />

Gruud uud Bodeu geinachten Fnnde zu daulcu, sei es das^ sie durch<br />

Geistliche uud Lehrer über ihre Wichtigteit belehrt o<strong>der</strong> voil selbst zu <strong>der</strong><br />

richtigen Überzeugung gelangt waren, daß Einzelheiten nilr in ciucr grosseu<br />

Samiuluug zur wahren Geltung kommen küuncu. Cs hat iu diesem Jahre<br />

die Köuiglichc Negicruug auch wie<strong>der</strong> dic Hauvtmassc <strong>der</strong> bei Aulage des<br />

Gros;schissahrt5weges gcinachteu Bnggerfnudc dcui Stcttiucr Museum zngeheu<br />

lasscu, dallu habcu außer deu Herrcu Pastor Scheibe rt iu Karuitz,<br />

Lehrer Spllhrnlauu iu Hammiu. Balluuleruchlucr Kuuz iu Stettin,<br />

Knstos Baschiu iu Berliu auch die Besitzer Abrahani s^übsow), Albrecht<br />

i^chwcriustal), ^^ohucusteugcl (Wartcubcrg), Gehrickc (Ämz) ilnd<br />

z?eipert lDrainbnrg) sich um ^ermchrnug uliscrer Sanlnilnng verdient<br />

gemacht; schlicsilich ist alll.1) Herr Spiclbcrg in Hiöslin wie<strong>der</strong> mit Erfolg<br />

sur uujcrc ^lvecke tätig gewesen.<br />

Wenn nur uuu im einzelnen wie<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> öleinzeit bcgluucu,<br />

so ist die auch schou früher beobachtete Erschciuuug auch dieslnal zu erwähueu,<br />

das> bcini ^iachlnsseu iu dcr Zahl ueucr Fuudgegenstäudc dic wissenschaftliche<br />

llutm'uchnug sich dein bisherigen Material mtt nm so größerem Eifcr zuwendet.<br />

Währeud also iu ocu letzteu Iahrcsberichtcu cm stctcr Fortschritt<br />

iu <strong>der</strong> geologischen Erkenntnis <strong>der</strong> llrgeschichtc Ponliuerno zu verzeichucu<br />

lvar, scheint jetzt ein gewisser Stillstaud ciugetrelen nltd über die geologische<br />

uud klimatologische ^age zur ^cit <strong>der</strong> ersteu Vrsiedcluug <strong>der</strong> baltljchcll Knsttu<br />

ini allgemeinen Nbercinsummnng zu herrschen. Nob. Nnd. Schlllidt,<br />

<strong>der</strong> beste Kenner dieser Verhältuisse, findet in unseren Breiten ohne Hiams<br />

') Walter, Die Entwicklung des Stettiner Museums in den letzten zehn<br />

Jahren. Mannus III, 140. Vgl. Beltz, Zentralblatt für Anthropologie N>N, i^.


1 l.jN W aller, lll»cr Altertume, und Ausnrabungeu ill Poninierli l!»W.<br />

einen Zusammenhang mit dem Magdak'nien Westeuropas, beson<strong>der</strong>s in<br />

dem baltischen Frühneolithitum ernn'escn, das wir bekanntlich uiit den pustglazialen<br />

baltischen Landhebuugeu nnd Selltllllgeu in Einklang bringen<br />

könnten^).<br />

Sonlit bleibt für jetzt die Beschaffung wettern Beweismalerials<br />

wünschenswert, nnd wenn ich im vorlebten Jahresbericht schon ?1 Gelale<br />

ans Knochen nnd Geweih anwählen tonnte, zn dcucu inl letzten noch ^vei<br />

hinznknmen, die alle mit Wahrjchcilllichtcit <strong>der</strong> Alicyluszeit hinzugerechnet<br />

werden dürften, so kann ich anch diesmal zu dieicr ^iste lvulttigc Zusätze<br />

bringen.<br />

Iiu Zwingermmeum in Dresden fand ich nämlich zwei sicherlich<br />

hierher gehörige Gegenstände; im Pnltschrank „Küstenlän<strong>der</strong> <strong>der</strong> Ostsee"<br />

liegen zwei mcißclartlgc Anochengerätc, slach, anl dicken Ende abgearbeitet<br />

nnd roh dnrch Striche verziert, mit <strong>der</strong> Aufschrift „Rügen". Herr Gcheimrat<br />

Deichmüller konnte inir nnr mitteilen, dah ein Privatianiuller sie ohne<br />

Angabe <strong>der</strong> Fnndnniständc ani Rügen gctanft nnd dein ^insculu geschenkt<br />

habe, bestätigte indeo, dast skandinavische Forscher sie als älteste Stücke <strong>der</strong><br />

Sannnlnilg angesehen hätten. Das Material konnte ich nicht feststellen,<br />

doch zweifle ich nicht, dati wir zu drin Inventar <strong>der</strong> Ancnlnszeit anhcr<br />

Äz.-ten, Harpnnell nnd Angelhaken nnn nnch pommerschc Beispiele dei<br />

charakteristischen falzbelnart,gen Geräte kennen, die Kossinna<br />

nut an<strong>der</strong>n<br />

jetzt als Abhäute- o<strong>der</strong> Zchnppellincsser dentri). A?lndestens verwandt<br />

sind die Geräte, die Pfeiffer<br />

jüngst als Tchner o<strong>der</strong> Iellstrccker beschrieben<br />

hat, wobei er die Nlllelwer^icrnng ans praktische Grnnde znrückfnhrt, da sie<br />

vielleicht ein Abgleiten vermeiden solltet.<br />

Rügen<br />

War als Fnndort dieicr Slncke<br />

angegeben, so ergab eine Nachprüfung <strong>der</strong> älteren ^iteratnr, dasi<br />

in <strong>der</strong> Tat ans;cr <strong>der</strong> einen in meiner ersten Serie schon mitgerechneten<br />

Spitze, <strong>der</strong>en Nachweis nur Deeckc verdanken, schon früher noch drei dnrch:<br />

bohrte Hirschhämmer von Nngen o<strong>der</strong> seiner Nachbarschaft genannt werden^,<br />

sodaß wir nnn bereits 5^ Gerate dieser Art ans Pommern nachweisen<br />

können.<br />

Anch bei den letzten sind die Fnndumstände nicht unwichtig, denn<br />

Bai er berichtet, daß ein Hammer ans Hirsch- o<strong>der</strong> Elchgcwcih bei <strong>der</strong><br />

Ansbaggernng des Nl)ck mit Karrenladnngcn<br />

von Knochen geborgen, <strong>der</strong><br />

zweite ini Torfmoor zu Franfental ans Nügen nebelt Hörnern des 1^)5<br />

^l'imiß?llnl5, <strong>der</strong> dritte 8 Fuß ticf am Meeresnfcr ans dem Dänholm bei<br />

Stralsnnd gesnndcn sei; er stellt ausdrücklich fest, daß sie nur in Torf'<br />

mooren, Teichen o<strong>der</strong> in nächster Nahe von Wasseiflächen vorkämen, erwähm<br />

anch noch mehrere aus <strong>der</strong> Pcenc.<br />

das Material<br />

Diese 5Drtlichkeitcn passeil ebenso wie<br />

durchaus zn unserer bisherigen Kenntnis voll <strong>der</strong> A<br />

") Schmidt, Korrespondenz^, <strong>der</strong> Gesellsck. f. Anthropologie. IU!0, Nr. 9/12.<br />

°) Kossinna, Urfillnen n. Urindogclmal,eli, Manuus l, 30.<br />

') Pfeiffer, Eteinzeitl Fellbeardeitung, Zeitschr. f. Ethnol. 1910, 682.<br />

^ Äaier. Die vorgesch. Altort, des Mus f. Neuvorp. u. Rügen (l)<br />

1. 42. Die Insel Rügen (II) 1886, 47.


Walter, Ilbcr Altertümer und ^lusssraliuuqen in Pommern !9w.<br />

^s^^<br />

knltnr, ilt <strong>der</strong> das Neu selten, dagegen Elch und Edelhirsch hänfig, zuweilen<br />

nnch <strong>der</strong> llrstier vorkommt. 9iechncn nur schließlich anch den Hirschhornhanlincr<br />

hinzn, <strong>der</strong> jüngst unter <strong>der</strong> bunten Menge von Gegenständen ans<br />

<strong>der</strong> O<strong>der</strong> bei Stettin ausgebaggert ist"), so dürfen wir die Ancylnoperiodc<br />

nnninehr bei nns gewis; als gnt nnd einheitlich vertreten ansehen.<br />

Auster <strong>der</strong> Znsammenbringnng uon zerslrentem Viatcrial gibt es aber<br />

noch an<strong>der</strong>e Wege, in das Verständnis <strong>der</strong> Steinzeit noch besser cinzndrmgrn,<br />

nnd wir sehen sie gerade im letzten Jahre mit Erfolg bcschritlcn. Einmal<br />

kann das bedauerliche Fehlen gesicherter slratigraphijcher Beobachtungen bei<br />

nnserin Steinmatcrial einigermaßen dnrch Berglcichung <strong>der</strong> Verhältnisse<br />

wettgemacht werden, d,e alidcrswo eine cinwandssreic ^agernng zeigen,<br />

wobei schließlich typologische Untersuchungen zur Erkenntnis eine? etwa<br />

bestehenden Zusammenhangs snhrcn müssen. An<strong>der</strong>erseits kann eine eingehende<br />

Beschäftigung mit <strong>der</strong> Technik nnd mit dell Instrumenten uuserer<br />

mo<strong>der</strong>nen Handwerke wichtige Rückschlüsse auf dcu vermutlichen Gebrauch<br />

maucher uur theoretisch benannten o<strong>der</strong> bisher unuerständlichcn prähistorischen<br />

Geräte gestatten.<br />

Den ersten Weg sahen wir Herrn Gchcimrat Engen Bracht bei<br />

einem Bcsnch nnserer Zammlnng nnt bewun<strong>der</strong>nswerter Sicherheit einschlagen.<br />

Unter unseren stcinzritlichen Gcsamtfnnden lwhnl seit Ialncn <strong>der</strong><br />

uon ^ictzow ans Gingen eine wichtige Stelle ein, aber lnehr dnrch die fast<br />

unerschöpfliche Menge <strong>der</strong> einzelnen Stucke als dnrch gesiegelte Scheidung<br />

Der Typen uud annehmbare chronologische Eiurcihnng. Naclidem hagcnow<br />

schon IK'^tt bci Vletzolv auf Iasmuud eine Fcnerstcinwcrtnättc mit Hnndeitcll<br />

von Geräten entdeckt hatte. ") die er für unvollendet, nnr roh geformt o<strong>der</strong><br />

direkt verunglückt hielt, hat man dieie Snicke langezeit so ertlärt, daß sie<br />

nnr nnbianchbarc Neste enthielten, aus dcueu die regellnäßigen und<br />

vollcndeteu Geräte bereits ausgesucht wäreu; uud doch halte ,'chou <strong>der</strong> erste<br />

Entdecker die Vlclzower Steinsachen >n den merkwürdigeren und selteneren<br />

seiner Tammlnng gezählt, anch war ihn! anfgcfallen, daß man solche nie<br />

in einem Grabe antreffe, wo nnr vollendete Formen wie in sonstigen<br />

Einzclfundeu vorkämcu. In den verschiedenen Schriften Baiers lann<br />

man dann verfolgen, wie eine unterscheidende Klassifizierung immer mehr<br />

hervortritt.^) Zuerst werden neben Abfällen nud uuvollcudcteu Sluckeu<br />

fchüchteru ciuigc als so beabsichtigt anertnum, dauu uach Forulgelnlug<br />

plumpere uud feinere unterschieden, bei ersteren anch schon <strong>der</strong> Nwmblschc<br />

Durchschnitt festgestellt, daneben technisch die erste Alasse als durch Spaltung,<br />

") Momüsblätter 1910, Nr. 6, S. 95. Inu. Nr. 6177.<br />

') Dritter Jahresbericht 18^, E. 102. Vai er I, 5. II, :;0.<br />

''i Bai er I. 5. II, 36. Znr volgesch. Altertumskunde <strong>der</strong> Insel<br />

(Ili) I8!)g. 68.


20s) Walter, Übel Allfitnmrl. ni,d AllsftvaliMMü in Pmlllllern i'.'lo.<br />

die zweite durch Mnschelnng o<strong>der</strong> Schliff entstanden erklärt. Aber jedec<br />

zeitliche Verhältnis nnd jede Benrtellnng <strong>der</strong> technischen Absicht fehlt, ja<br />

es wird sogar je<strong>der</strong> Versnch für unmöglich nnd überflüssig erklärt, die Zeit<br />

zu bestimmen, wann sich jüngere von älteren Altertnmeru geschieden hätten,<br />

statt dessen nnr eine ganz allmähliche Hebung des Kulturzustandes nnd<br />

größere Geschicklichkeit in <strong>der</strong> Bearbeitung dcs Fencrstcins angellonunen.<br />

Zwar wird znletzt ein höher nnd ein tiefer gelegener Teil Rügens<br />

unterschieden,<br />

aber die geologische Vehrc von gewaltigen Senkungen bat noch<br />

keine Verwendung zur Erklärung <strong>der</strong> beiden Klassen von Alttrlnmcru gefunden.<br />

Da wnrde 1^96 dnrch Herrn Professor Haas, getrennt von <strong>der</strong><br />

erwähnten Fundstelle und numiltelbar ani Strande in min Kiesgrube, cm<br />

weit ergiebigeres Vager von gleichartigen Stciugeräten aufgeschlossen, ans<br />

dem er und <strong>der</strong> Konservator Stübenranch gegen -1600 Stück in das<br />

Stettiner Mnsenm überführten. Der Entdecker hat anch diese reiche<br />

Sammlnng nnserer Gesellschaft vorgelegt") nnd darüber an die Berliner<br />

Gesellschaft für Anthropologie berichtet;'", es wird die Vage <strong>der</strong> stellifnhrenden<br />

Kicsschicht nnter V^ Fllß dlckeln Multerboden beschrieben bis zn<br />

einer Tiefe von 5 Fusi, in <strong>der</strong> sich Wasser gesammelt hatte, und die rot^<br />

braune Farbe <strong>der</strong> unten im Wasser liegenden Steine gegenüber <strong>der</strong> helleren<br />

in den oberen Schichten hervorgehoben. Die Quantität <strong>der</strong> Fuudobjektc<br />

ist mit Recht als<br />

im eiuzelueu erörtert,<br />

einzig in ihrer Art bezeichnet nnd <strong>der</strong> Formenreichtum<br />

aber schließlich wird dem erwähnten Urteil Baiers<br />

beigetreten, daß wir Zeit nnd Verhältnis <strong>der</strong> roheren Geräte zu den<br />

unzweifelhaft neolithi'cheu mit<br />

den gegenwärtigen Mitteln nicht bestimmen<br />

können, daß aber hoffentlich die Wissenschaft diese Frage noch einmal werde<br />

beantworten können.<br />

Und doch war schon von Anfang an eine Ähnlichkeit<br />

mit belgischen Formen, z. B. von Spiennes, sowie deutliche Analogici,<br />

mit deu dänischen Ksöttennlüdding« nnd schwedischen Küstenfnnden anfge<br />

fallen, aber mau wagte doch uicht, sie lediglich <strong>der</strong> Gestalt wegen mit den<br />

letzteren gleichzeitig zn seyen, trotzdem man all <strong>der</strong> Aesiedeluug Rügens vou<br />

den Iuselu<br />

her, uicht vom Pommerschcit Festlande, das durchsumpft gewesen<br />

sei, festhielt.<br />

Hand ein.<br />

Hier ebeu griff Bracht im wahrstcu Sinne des Wortes mit kräftiger<br />

Der Vietzower Gcsamtfund lag aus Platzmangel nnd <strong>der</strong> bevor<br />

stehenden Ubcrfnhrnng in das neue Muscnm wcgeu uoch nngeordnct anf<br />

einem Hänfen, dell die ^aicu sogar mit Spott betrachteten:<br />

mit Stannen<br />

sah man sich aber nun ans <strong>der</strong> wüsten Masse Reihen gleichartig gefärbter<br />

Stücke nnd deutlich erkennbare Serien mit bestimmter Formgebung abson<strong>der</strong>n.<br />

Bracht hat außerdem die Fnndstelle selbst mehrmals uulersucht<br />

") Mmmtsblätter 1896, Nr. 12, S. 182.<br />

") Zeitschrift für Ethnologie 1897, S. 291.


Allcrtülncv Nlld Ausgradun^'u in PonllllkVll l'.!l0 20!<br />

Nlld das Angc für die Crtelilltllis dcr nichtigen llntcrschcidnllgsnlcrtlllale<br />

geschärft, sodast cv beson<strong>der</strong>s bcrllicn war, als (5'rstcr nolle Allfschlüssc über<br />

dicsc bisher iillsichcrcn Bcrhältllisse zil gebeli. Er Hat ans dcr Tllbiilger<br />

^clsammlnng cincll Vortrag über die ciltcslcn Tpilrcn dcs 'ütcolithitlllll<br />

allf Nügcn gehaltcil, dcr illl Drnä' noch nicht vorliegt; lnit größter Vicbenslvnrdigtcit<br />

Hat cr mir indessen dell C'lltwnrf znr Kcnlltlnc-llahllle übcrlassm<br />

lllld selbst elllell Anszn^ von dein qcc^cbcll, wac> er bei Sichtung dcs<br />

ts iil nnjerm 'Il^lscllln nilr llliilldlich erörterte. Ohnc dell wcitercll<br />

oor^lgreifcn, tann läi darllm ljicr nltt dcm Allsdrllä verdilldlichslen<br />

Dalltcs bereits folgendes nlittcilcll. Im Vicyolver Material erblickt<br />

cr drei slnunologiich getrennte .^intcrlasjcnschaitcn, nällllich cillc czall^ primitive<br />

Periode mit Mnsteln loie etwa ans dem Strömen, dcr Vorpcriode des<br />

Cl)ell(':cll. ^icill ist dicic atypische Illdlislric allj dclll ^ilm beobachtet, ill<br />

^ietzow silld nnr einige Stlläc vorhanden, die nmcrgctancht silld, danli<br />

gebränllt llnd abgerollt wie<strong>der</strong> angcspnlt wordell silid. Naä» eillcr sonst<br />

nicht inllllcr tonlinnierlich lwrhalldellcll ^wischcnstnsc liebt sich wie<strong>der</strong> eine<br />

zweite Industrie gan.^ klar ab al« ^olstllsc ,'>.ll dcr dem eigentlichen<br />

Neo1ltl)itllm vorangehendell Sännalbcilpcrlode, dclll (5alllpigllicll <strong>der</strong> Franzoscn,<br />

das allch ill Arllcbllrg nnd Kalbe vorlolllNlt illld in Dänemark nnd<br />

Norwegen dcr Kjölkelllllöddillger Knltnr elltspricht. Dicsc ji'iligcrcll Stnäe<br />

erscheinen lloch ill prilllärcr ^agcrllllg, smd nllr bei ljohenl Wasserstalld<br />

Nlltergetculcht lllld nnr leicht tantcllgcrllndet nnd blänlich gcsärbt. ^lls<br />

fi'lhrcllde Typen mit rhombischem ^ncrschnitl lvcrdcli Tpallcr illld Schlllalbcil<br />

allgciehcn; erstere in kllr,crcr ^<strong>der</strong> ,ä,lalltcr^r ^orm, aber slcto Abschläge<br />

voil Scheiben o<strong>der</strong> ^ncrabspllsscn, wie sic Sophia ?)iilllcr bcschrcibl, ":<br />

lcl^tcrc gerade m Vicl^olo ill illlcressalttcll Prululypeil vertreten illld dann<br />

mit Oriss weitergebildet i^'l


202 Walter, Über Altertümer und Ausgrabungen in Pommern 11«lo.<br />

Es springt ohne weiteres in die Augen, wie sich durch diele<br />

Grnftpiernng das nmfaugreiche Material unserer Sammluug<br />

g.uiz an<strong>der</strong>s<br />

präsentiert: man sieht eine fortschreitende (5'ntwiäelnng von den prilnilivsleu<br />

Formen bis zn den vollendeten des Neolithitnms, und aufler dc,u (tlgcbuis<br />

von etwa 14 beobachteten Typen laßt sich nnn anch ans Färbnng nnd<br />

^agernng <strong>der</strong> (Aerate ein Zusammenhang mit den geologischen Perioden<br />

ermitteln.<br />

Daß unsere Sleinindnstricn in ihren Ansaugen ans Belgien nnd<br />

Frankreich hinweisen, wo Vracht die Verhältnisse selbst eingehend stndiert<br />

hattet) ist niHs mehr zn bezweifeln, wie an<strong>der</strong>erseits sich anch für nmerc<br />

Küsten die Vermntnng zn erfüllen beginnt, „daß einmal noch ein alleräliesler,<br />

vor die Mnschelhanfcn und Küstensundc fallen<strong>der</strong> Abschnitt menschlichen<br />

Daseins im Norden entdeckt werden wird".^)<br />

land Mecklenburg cutschiedcu überflügelt<br />

Rügen hat jetzt das Zwischen^<br />

uud ganze Werkstätten einer Zeit<br />

auszuweisen, von <strong>der</strong> sich dort nnr Emzelsuude gezeigt haben, die sich nach<br />

Veltz den Typen <strong>der</strong> dänischen Altertümer ans <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Muschelhauscu<br />

anschließen;") ans diesem Grnndc wird hier wie<strong>der</strong> die Ansiedelung Nügeus<br />

von den dänischen Inseln her für wahrscheinlich erklärt.<br />

Hatte Bracht ans diesem Wege die Erteuntuis <strong>der</strong> Aufäuge uuserer<br />

Ponnnerscheu Steinzeit nicht unwesentlich geför<strong>der</strong>t, so töuueu an<strong>der</strong>erseits<br />

die schon erwähnten Versuche, die Pfeiffer in <strong>der</strong> Fellbcarbeitung uud<br />

Korbflechterei mit alten Geräten unter<br />

Zuziehung praktischer Handwerker<br />

vorgeuommcn hat, anch nicht ohne Folgen für das bessere Verständnis<br />

mancher Steiugeräte bleiben.") 2ic allgemein nnr Messer, Schaber,<br />

Bohrer n. a. genannten Stücke erscheinen nnn in ganz spezieller Verwendung<br />

nnd in sehr verschiedener Tchästnng, z. B. köuneu die sog. Koinniaudo^<br />

ftäbe aus Genieihstücten als Äiegcr iu <strong>der</strong> Korbluacherei, die Spalier b


W altlv . llde^ Allcitiuiler lilch Ans^nalmn^en in Pommern 1'.»!0.<br />

2l^^<br />

sogar eigene Czpcrimelltc gestaltet.'")<br />

^iit halbmondförmigen Messern sind<br />

Versuche an Fischen in Sasmitz angestellt, nnter dem Material in Weimar<br />

ist natürlich das reiche Nngen vertreten, dabei gerade nnch die ^nstcnfnnde.<br />

Wenn die Steinzeit also gerade in diesem Jahre in wissenschaftlicher<br />

Bcziehnng eine grosse Bereicherung erfahren hat, so werden die Ncurrwerbuugeu<br />

delligegellübcr tanni bcdcllteild erscheinen.<br />

Und doch ist nicht<br />

zlt nnterschaden, das; Ponilncrn allch ohne direktes Snchcn nock) alljährlich<br />

eine verhältnismäßig große Ansaht von Ein^elfnndell liefert, denn es konnten<br />

nicht weniger als .",6 Beile angelanst werden, nnd zwar znmeist ans den<br />

vorpommerschen Kreisen. Darunter defand sich anch ein ncnes Beispiel<br />

für die noch iniiner nicht allzu hänsigeil Depotfunde, bei denen schwer zn<br />

entscheiden ist, ob sie alc- vergrabene öchal>e eines wertvollen Besitzes o<strong>der</strong><br />

als abergläubische Opfcrgaben anzusprechen sind. Diesnial lagen bei<br />

Neuendors nördlich von Stettin drei gleichmäßige Beile unter cillclll Ttein<br />

versteckt l^uv il^lO). Gesll,cukt wurde ein sclwn geschlifselies<br />

bcil voli rechteckigen! Dnrchschnitl ails <strong>der</strong> Blntezctt des<br />

dac> in Nieth ani Nenlvarper Scc gefunden ist (Ino. l^


Walter, Über AltcUi'uner und AilsMibnunM ili Pulmncin<br />

Mitteilung, das; bei Virchow, Kreis Drainburg, <strong>der</strong> sog. Areitc Stein<br />

ohne Kenntnis <strong>der</strong> Behörden zerschlagen sei und 77 (l»n, Ztcillschlag .,nul<br />

Chausseebau geliefert linde; nnler lhill bade sich ein Pflaster auc' über:<br />

greifenden 3teillplatte»l bcflllldcll, von an<strong>der</strong>en Platten sargwrlllig llnlstellt,<br />

das ein geschliffenes Fcucrstciubeil nnd cllle Un»e cnll)alten habe, '^on<br />

einer Nestattnng nnd dein Verbleib <strong>der</strong> Beigaben ucrlantet nichts. Diese<br />

Zerftörtlng ist nm so bcdanerliän'r, al^ <strong>der</strong> Stein nicht nnr seiner Dimenò<br />

sionen wegen ,zn den größten l^eichicb^n PoliiUlerns gehörte, iondcrn anch<br />

längst dnrch Sagen voll Unterirdischen dctannt lr>ar, die niltcr ihm wohnen<br />

sollten, nnd seldsl als Deinem cincs Grabes gegolten halien nlns,, une<br />

ans einer ^)liltcilllllg von ö tnbcnrainli an Dccckc in dessen AnsMlnng<br />

<strong>der</strong> großen (^icschieoc in Pommern dellwrMgchen isl»eint.'"l<br />

Fnr die Zironzezeit nnd ilnc ^lleüntnls wnrde in ähnlicher Weise<br />

wie oben geschil<strong>der</strong>t cin ^ieinch von Herrn Professor >lossinna ans<br />

Berlin beson<strong>der</strong>s anregend, ^n seiner Illllerslnl)nng nl'er die Hcrtllnfl<br />

<strong>der</strong> Ocrlnancn"") das Material m nnier«.r 3anlmlnng nallwrnsend, faild<br />

er gerade für die zweüc Periode dcl Bion.^e^it, <strong>der</strong>en Sicdellmgogcdictc<br />

die <strong>der</strong> Aohandlnng de,gegebene.^arlc darstellt, nicht nnr volle Venätignng<br />

seiner Ansicht, son<strong>der</strong>n anch mallll^ilcl in,^vischen nell lnn',nget0mnlcne<br />

Fllndokjckte. Wahrend nämlich in <strong>der</strong> ncolithiichen Pciiode nnd <strong>der</strong><br />

bcginilenden Bron'/zelt (aber nnr Periode ^l.l nnd !,) in den! Teile Norc»-<br />

dentschlandt-, .^n delll bei nns ^orronlNlcril gehört, llordindogerlnanische<br />

StälN'.nc archäologisch angcscl.U lverden. die sill) später weiter nach 2ndcn<br />

zogen, beginnt mit Periode le bel nns eine ^^eoclllng^lnä'c. ^nn erst<br />

zeigen sich dagegen mit nencn Tillen, dlc den italldlnavischen<br />

die erstell reinen Germanen in ^ordwcsldentiäUand, nnd dic»c<br />

werden dann während <strong>der</strong> II. Perlode dicht bewolmt. ^or^oznlnern dagcgcn<br />

nimnll nnr langsüln wie<strong>der</strong> .'^n, nn mcht ohilc Bccinslllssnna von seitclt<br />

eines nngcrmanischen. volt Zltoen bis .;nm re.ljtcn NlVr dcr nnlerell Q<strong>der</strong><br />

alts Ullgarll vorgedrnligeneit 3taniüleo. <strong>der</strong> 'Narpodater. Ans c^er 5iaue<br />

erscheint also das nnttre üDdcltal in i>er ^weilen Periode <strong>der</strong> Bronze;cit<br />

als Ostgrcllzc <strong>der</strong> ^erlnallcll, abcr in einer ^one gegenüber von Stettin<br />

etwa iil den heutigen ^rm'cn 3t,ngard, l>)re,fenhag^n nnd Nangard in i»l<br />

dell Fllnden <strong>der</strong> II. Periode dentliä) cillc Mischfnltnl >n beob.iättcll.<br />

Solche Äiisslillngcn haben schon die standillavislilcn ''lll^liologen und bei<br />

uns anch Schillnanll bcolmchtet, hier aber norden die Ansänge <strong>der</strong>selben<br />

ans genauer Kenntnis <strong>der</strong> ^amnUnngen aufgedeckt, und e>? war ungemein<br />

lehrreich, die Zuweisung des Einzelnen all westdeuiiche ^ornlell o<strong>der</strong> fremde<br />

'") Deecke, l^roße (^(schiebe ili Pmnmcnl. Xl. Jahrb. <strong>der</strong> Gco>n'. Gei'eUsch.<br />

in <strong>Greifswald</strong>, ^. 11. Haas, desgleichen 5. ^.<br />

2") Kolsinna, Manuus Bililiothct, ^lr.


W alter, N<strong>der</strong> Altertüiller Ulid Au^nünm^n in 'l.'onlineln<br />

karpodatische Typeli ^n vcrfolgell. Da jedoch .^ os s in na aitf l^vnlld seiner<br />

Feslüellllllgcii illl 3tcltiner ^inielllil diese ^erhaltilisse nächstens zn<br />

bcarbeiteii gedcntt, lväie ein ^orgreifcn lllid lveiterec- Eingeben allf Einzelheiten<br />

fnr lebt nl^t allgebracht. Daß sich dann die Westgermanen bis znr<br />

Schlltstperiodc <strong>der</strong> Bronzezeit von <strong>der</strong> nntcvcn O<strong>der</strong> ans dnrch Hintcvvoininern<br />

bis znr lmlcrcn Wcich'cl vci schoben ini>> .>n Äc^inn <strong>der</strong> (5'lmi.>clt langsam uon<br />

l^a wie<strong>der</strong> dnich die nnn einqveifendcll OslgerllttUlen ,^nvilä'gcdrängt wnrdeil,<br />

ist ans fl il l^crcn ^-oliänlngen Hv o js inn a'? schon .>nv Evtlävnng von Einzelcrscheinnnc^en<br />

c^clec^entlich devan'ie>0lvn nwvdcn.<br />

Der sncdischcn Hinlinr, di^. all Boltc-bnvgcn nnd lnanchein an<strong>der</strong>ll<br />

erkennbar, ihren Brennpnntl ill <strong>der</strong> Uart nnd Vansil.^ gelzabl l,ade, schreibt<br />

Schnchhardt'-lj dle Vitalität deo „Hellern Stadt<strong>der</strong>g^" bei Schöiüugcll<br />

an <strong>der</strong> O<strong>der</strong> ,^n, die ini lel.'lcn !)alnecb^vicht 2. l^'^ llnd 1W nut ihren<br />

Ziesten ane- allen Perioden erwähnt ist. Er will dort im Norden <strong>der</strong><br />

Hochfläche eine Herinaniichc Bollvbnry mit Wall nnd Graben erkennen nnd<br />

an5 Mlrciäien 3cherb^n den Spät'Vansil.;er Typ nachweisen. Eine spatere<br />

Untersuchung sano i>ic sieste <strong>der</strong> ^linln.iralningen noch oor, konnte aber<br />

im Wall lmle ^ei'chalnnq von V)ol'> mehr finden nnd die Scherben von<br />

dieser stelle nnr al^ nichlslaniich allertelilien. Dasi die 3ndccke slavische<br />

Anlage ist, darliber beslebt ans tciner Heile ein ^weisel.<br />

An Gräbern aii^ dn' Äroli>"^lt sind nnr nnuolllommenc Äeobachtliiigen<br />

Anlacht, da sie ohne ^achtenntnie geosfltet wareil. 3o faiid inail «n Äinz<br />

ailf :liilgcil clile Tänvalicilhalc-nadel ans Äroi^e niw eiiien Aruil.^enadeltopf<br />

nebst Urnenscherben, ^nv. )ir. «'»!?:-',. In Waneilberg, Kr. Pyrilz,<br />

haben Mischen ^Nliwsstellcn lV)väber gelegen, an5 delien allerlei elitliomnien,<br />

aber nnr noch em l',^^. Ein Stnä <strong>der</strong><br />

lpalcn solili <strong>der</strong> Vappeneelte ist in ^lönlebcrg, ^ir. Nckermnnde, als Elnzelfnnd<br />

geborgeii wmden, Inu. Nr. Nietcli befestigt war, während erstere ali belden<br />

Sciteli gezahnt in, Inv. Nr. l;l7.< Dazn tonlint eiii Vron^dolch älterer Forni<br />

Niit ^ ^chastnietcn, )iiv. :^r. lN'enln abgegebell lverden, doch wnrden für nnscrc<br />

SaiiiNilllllg gnle ^iachbildnilgcn dnrch da^ beiinislije Handwerk angefertigt.<br />

lie so eigeii geartete l^rnvpc <strong>der</strong> vollinicrellischen 6teilltistellgräbcr<br />

mit ^)eslcht5lirlleil o<strong>der</strong> spater lllit einfacheren Urnen, die den obell erwähnten<br />

-'> ^chuchl)ardt, Ansgrabnngen aiif drm heiligen ^tadtl'er^. Zeltschr. snr<br />

Ethuol. l!No, S. '.»7.^. Die ^itseczcnnnss v. i^tt. 'liov. l'.jlo wie<strong>der</strong>holt diese Notiz<br />

mit weiteren ^usalM iibcr die snebische


206 Walter, Über Altertümer und Ausgrabungen in Pollimern I'.'iu.<br />

Ostgermallell zugeschrieben werden, wohl anch als Wandilier bezeichnet,^)<br />

pflegt in nnscren Jahresberichten nnr selten ohne Zuwachs zn bleiben.<br />

Der Aan <strong>der</strong> Steinkisten in Reihen ist regelmäßig; sic liegen etwa I m<br />

tief mit ihrem sandigen, nicht gepflasterten Bodeu nnter <strong>der</strong> Oberfläche<br />

des Ackers, mit den großen Dccksteinen oft nnr 30—W


Walter, Über Altertümer und AllsgradlUil^ll ili Pmnmerli UN0. 20?<br />

laufen o<strong>der</strong> sich in Winkeln treffen. Daneben sind noch merkwürdige<br />

Eindrucke dadurch hergestellt, dast luau am Halse eine Ncihe perlcllartiger<br />

Berzieruligell durch ein :1iohrstabcheii herstellte, darüber nnd rings nm die<br />

Striche am Banche durch ciue Niatriyc, die nach Stnbenranch die<br />

Zeichllnng eines Kammeo niit dreieckigcul Griff wie<strong>der</strong>gibt. Solche Kämme<br />

siud in jcuer Periode bctallilt, nnd hier ist sogar bei dem zweiten Grabe<br />

ein Exemplar mltgefnnden, allerdings mit rnndem l^illff, aber diese Art<br />

<strong>der</strong> Verzierung ist bei uus in vieler Periode lwch uicht beobachtet und<br />

würde ulls ciuen nellen Beitrag für die Verziernugsweiie <strong>der</strong> röllllschcn<br />

Zeit licfcru. Ich glaube immerhin Ähullchcs in Meckleuburg"') hierher<br />

zicheu zu dürfeu, deuu iu dcu )!iöiuergräberu von Pritzier zeigen die Schalen<br />

ählülchc forili llud ähllltche Verz'erllug, lläullich StrichWelue uuter dem<br />

Halse solvie eingedruckte Perlen^ o<strong>der</strong> :)iosclleulnuster. Das an<strong>der</strong>e Gefäß<br />

war eine Mäan<strong>der</strong>nriic mit zwei Henkeln am Halse, schwarzer Iärbnug,<br />

eiuem erhabenen Zchuurnnllst unter dem Halse nnd Tttichmäan<strong>der</strong>uerziernlig<br />

am Aaueb; dariu lagell luit Veichenbraud Oronzefibcl, Perleli llnd eilt<br />

Knochenkamm. Dagegeu l)atte da^ erste l^efä's; teiue Brandreste, nur eine<br />

Eiseuschliallc cuthallen, und Ilbel lvie Perleu halten dauebru gclegcu. Die<br />

Perleu siud die ilblirlzcll doppelt^,llichell bläulichen Ola?- und bränlllichen<br />

Tonperlen, die ^ibel des Skelettgrade^ gleicin <strong>der</strong> Flgur l.


^OH<br />

Walter, über Altertümer luid Ausgrabungen in Pomluern l9l().<br />

Nr. l)192. Was llbrigens dell ill Schrnptow im ^eichcllbralid geftllldellen<br />

Kanilll betrifft, so habe ich zu meiner Freude bei Verglcichnng <strong>der</strong> römischen<br />

Kämme in an<strong>der</strong>en Sanllnlnngen feststellen können, das) die im letzten<br />

Jahresbericht S. 1^8 besprochene Form <strong>der</strong> Kamme recht wohl in die<br />

Wickingerzeit fallen kann, denn die Zahlreichen Kämme ans den Thermen<br />

in Trier gehören dem t. nnd 5). Iahrhnn<strong>der</strong>t an nnd gleichen doch dell<br />

merovingischen, sodaß eben die Kämme <strong>der</strong> Böllerwan<strong>der</strong>nngszeit den<br />

römischen nachgebildet sind. Interessant ist anch, daß <strong>der</strong> von mir noch<br />

vermißte Nachweis voll Fntteralcn wie bei nnscrm Hizower Exelllplar nur<br />

nllli in <strong>der</strong> Tat gelnngcn ist, denn bei jenen Kämmen in Trier sind<br />

mehrfach scholl dnrch Kreispnnktornamcnt geschmückte Fnttcrale lllitgeflllldeil<br />

worden^). Schließlich hat sich gerade fnr die römische Kaiscrzcit das<br />

Äiatcrial ill den letzten Jahren bei nns so vermehrt, daß E. Älnme iil<br />

Poseli llllll eill zusammenfassendes Werk llber die gerillanischcli Ställline<br />

und die Knltnren zwischen O<strong>der</strong> nnd Passargc zllr rönlischen Kaiserzoit<br />

anch bezüglich <strong>der</strong> Poillmerschell Verhältnisse lll Angriff llehlneil lonilte.<br />

Auch für diese Periode würde also die Mitarbeit <strong>der</strong> ill weiteren Bezirken<br />

tätigen Forscher nnscrm ellgell Gebiet belehrend nnd aufklärend znstatten<br />

kommen.<br />

Znlctzt pflegt die Mendenzeit nns in <strong>der</strong> Ncgcl nicht eben viel<br />

Neues zll bringen, doch ist gerade das letzte Jahr nicht anf blos;e Einzel--<br />

fünde beschrüllkt gcblicbcil. Ill Koppalin, Kreis Vallenburg, falld <strong>der</strong> Knstos<br />

des geologischen Institnts in Berlin, Herr Aaschill, cill^' Anzahl <strong>der</strong><br />

bekannten wendischen TongefäsMerben, aber sie sind dadnrch belllcrkcllswcrt,<br />

daß sie ill eine Wan<strong>der</strong>düne eingebettet waren, Inv. ')lr. 624!^. Ein im<br />

ganzen wohlerhaltcncs wclldischcs Gesäß stammt voll (Hiegeilik anf^ingcil;<br />

es lag im Ackerboden nnd hatte sich bei seinem harten Brand nnvcrschrt<br />

gehalten, zeigt fünf Riefelnngen am weitesten Umfange nlld vcrlnehrt die<br />

nicht allzn große Zahl dieser keramischen Produkte ill erwünschter Weise,<br />

Inu. Nr. l)^4l). Ob wir dell Netzsenker ans graner Tonmasse voll 15 ein<br />

Dnrchschllitt an <strong>der</strong> flachen Nnndnng altch dieser Periode znrcchnen sulleil,<br />

bleibt nur wahrscheinlich; er fand fich in 2lcttin lllltcl deli Fl<br />

eines Hauses am Paradcplatz nnd würde dnrchans glcichzcitigell<br />

elltsprechen, die bci Ulltcrgrlllldarbeitcll ilt Stelt ill hanfig sind lllld l)ie<br />

starke wendische Besudelung angcnfälllg dartllil, Illv. Nr. l'»^4l). Aber<br />

neben diesen Einzelheiten sind die großen Anlagen <strong>der</strong> Wcndenzeit jüngst<br />

anch wie<strong>der</strong> mehrfach in den Kreis <strong>der</strong> Erörtcrnngcn gczygen worden. Der<br />

schon mehrfach erwähnte Vnrgwall bei Schöllillgeil ist nach Alllage lllld<br />

Scherbenfnnden sicher von <strong>der</strong> wie immer gearteten an<strong>der</strong>en Ansiedelung<br />

auf dem dortigen Plateau zll unterscheiden, nnd schlich har dt hat wahr-<br />

2") Hettner, Führer dnrch das Museum in Trier, S. 7.'j m. Abbild.


Waller, Ülier Alletti'uner nnd Ails^rabnugen in Pommern IMO.<br />

2l)^)<br />

schciulich gemacht, daß liier ^nbin .^u juchen sci, da^d von Otto von Aamberg<br />

I I'24 nebst Oarz besuchte wendische Kastruni, dessen Vage uou Schumann<br />

noch nicht festgestellt werden konnte."')<br />

Als eine weitere Gelegenheit zur<br />

Vertiesnng ullfercr Kenntnisse inlln <strong>der</strong> Anflug nach Daber angesehen<br />

werden, den misere Gesellschaft an, 1^. Inni I'.Nl) nntcrnahm; dclln obwohl<br />

die dortigen slavischen Anlagen icholl längst bekannt waren, liat doch <strong>der</strong><br />

größte Teil <strong>der</strong> zahlreiche»! Teilnehmer dieicr Fahrt dadllrch .^um ersten<br />

N^al die nnifangreichstcn Zieste dieser Art in Poinnlern erst besichtigen<br />

tonnen.<br />

Wie Herr von Diest-Daber schon früher dargetan hatte,'") mit<br />

welchem Eifer nnd welchem Erfolg er die Ergebnisse <strong>der</strong> Furschnng fn'r<br />

seine Heilnat zu verevenden verstand, so eruiögli»l)te er dnrch lveilgeliende<br />

Gastfrenndschast nnd Stellung eines reichen Wagenpart^ die interessante<br />

Untersuchung <strong>der</strong> beiden Änrgwälle mit ^orwall, ringslinlgebenden<br />

Pfahlballten nnd einer fnr Znzng o<strong>der</strong> Nnckzng verwendbaren Pfahlbrnckc,<br />

Einzelheiten, die auf Karte ll seines Werken tresflilii .^nr Anichannng<br />

konlinen.<br />

Der Hanptivall .^eigt mit seiner plateailartigcn Oberfläche nichtslavischen<br />

Lharatlel', doch hat eine Dopvelichichtigteit ilicht sicher nachgewiesen<br />

werden können. Endlich hat A. Haa5 die rngcnschen Blirglvälle<br />

illl letzten Vande <strong>der</strong> baltischen Slndien<br />

ciller ncnell Ilnteisnchnng llnterzogcn.^)<br />

(5's !var zil erwarten, das; dcr beste ^'eilner ))tngells nn'er<br />

Wissell hierüber lvesentlich veruolltonllNllen wnrde, .^llllal seil l


'<br />

üliel. die<br />

Tätigkeit 5er Kommission zur Erforschung und Erhaltung<br />

<strong>der</strong> Denkmäler in 5er Wrovinj Wommern<br />

vom I. Ottober >Vl0 bis 30. TcVicmber l9ll.<br />

l. Zusammellschulll; <strong>der</strong> Kommission.<br />

Am Vchlnsse des Aerichlsiahrs gelarteli <strong>der</strong> Kollllllission an als<br />

Mitglie<strong>der</strong>:<br />

!. <strong>der</strong> Kaiserliche Wirkliche ^''elieime Nat nlld ^)berpräsidcnt voll<br />

Ponilnern l)i-. ^rcidcrr von Maltzalin-lNiilk in 3tctnn,<br />

'^. <strong>der</strong> Vcmdeshanptiiialin dc'r Pic^vill^ ^onlnicrn uon Eisenhart-<br />

:)iotl)e ill Stettin, BorslMl^cr <strong>der</strong> .^oniliussioil,<br />

3. <strong>der</strong> ''DberdürgerlM'lfter l)l'. Ackerinalln in Ttcltlll, stellvertreten<strong>der</strong><br />

^)orsimi<strong>der</strong>,<br />

4. <strong>der</strong> NiltergntcchesiM' Kolde ln Älcsewil^,<br />

s). <strong>der</strong> Pastor Ps'afs in >3el^l)0lu.<br />

6. <strong>der</strong> Kammcrherr (^)raf oon ^itzcwitz in ^ezcilolu,<br />

als Stell Vertreter:<br />

1. <strong>der</strong> Vnperintendent Gercke in lhinqst.<br />

2. <strong>der</strong> ^iilterglllöbesitzer von Gamete in Krallig,<br />

^. <strong>der</strong> Oberbürgermeister stolde iil 3targaid,<br />

4. <strong>der</strong> Hcheilnc Inlll.^rat l^'. Vangeniat in Ttralsnnd.<br />

5. <strong>der</strong> Erste Onrgernleistcr Zachse in Köslill.<br />

zial'Konieroalor war <strong>der</strong> (Hclicime 'liegierllngsrat Professor<br />

Dr. ^emä'e in Stettin.


— II —<br />

2. Sitzung <strong>der</strong> Aommisfion.<br />

Die Sitzung <strong>der</strong> Kommission fand unter dem Vorsitze des Landeshauptmanns<br />

von Eisenhart-Rothe am «>. Dezember 1910 statt: anwesend<br />

waren außer ihm <strong>der</strong> Oberbürgermeister D». Ackermann, <strong>der</strong> Nitttr.<br />

gutsbcsitzer Kolbe, <strong>der</strong> Geheime Instizrat Vangenlak, <strong>der</strong> Provinzial-<br />

Konservator Dr. ^emcke.<br />

Der ^audcshauptmann eröffnete die Sltznllg nut einem Nachrnfe filr<br />

dell am 29. Juni 1910 verstorbenen Vorsitzenden, ^andcsdirektor a. D.<br />

Frei Herrn von <strong>der</strong> Goltz; die Anwesenden hatten sich zn Ehren des<br />

Verstorbenen von ihren Sitzen erhoben.<br />

Ausgelegt waren die seit <strong>der</strong> letzten Sitznng von dell Kommissionen<br />

an<strong>der</strong>er Provinzen und Regierungsbezirke eingegangenen Drnäschrlften:<br />

1. ans Schleswig-Holstein, Bericht dcs Direktors des Thanlom.<br />

Mnscums, des Landesbibliothekars, <strong>der</strong> Prouin^ial-Kommlssion für Knust.<br />

Wissellschaft nnd Denkmalpflege nnd des Prouinzial-Konscroalors fnr 190^:<br />

'^. alls Westfaleli, Bericht <strong>der</strong> Provinzial-Kommilsion znlil Schnye<br />

nnd zur Erhaltung <strong>der</strong> Denkmäler für 1909;<br />

3. aus Brandenbnrg, Die Knnstoenkmüler <strong>der</strong> Provinz Bralldenbnrg,<br />

Band V, Teil I, Kreis ^cbns;<br />

4. alts Posen, Bericht über die Denkmalpflege im Jahre 1909;<br />

5. alls Westpreußcn, Bericht <strong>der</strong> Provinzial-Kumlniiswn zllr Verwaltnng<br />

<strong>der</strong> Provinzial-Mllseell für 1909;<br />

6. alls Hannover, Bericht über die Wirksamkeit <strong>der</strong> Denkmalpflege<br />

im Jahre 1909/10 nnd Heft 10 <strong>der</strong> Knnstdcnkmäler;<br />

7. alls Wiesbaden, Jahresbericht <strong>der</strong> Bezirkslommiision zur C'rforschllng<br />

lllld Erhaltung <strong>der</strong> Denkmäler innerhalb des Ncgicrnngsbe^ills<br />

für das Jahr 1909;<br />

8. aus Ostpreußen, Jahresbericht des Komeroators für 19l)'.j;<br />

9. aus Kassel, Band IV <strong>der</strong> Knnsloenkmaler des Negiernligsbc^rks<br />

Kassel;<br />

10. alls Wiesbaden, Band IV <strong>der</strong> Ball- und Knnstdcnkmäler des<br />

Regierungsbezirks, Kreise Biedenkopf Dill Obcrwcstcrwald und Westcrbnrg.<br />

Vorgetragen wurde von dem Prouinzial-Konseruater <strong>der</strong> voll ihm<br />

verfaßte Entwnrf des XVI. Jahresberichts über die Denkmalpflege in<br />

Pommern, <strong>der</strong> die Zeit vom 1. Oktober 1909 bis Ende September 1910<br />

nmfaßt. Der Bericht fand die Zustimmnng <strong>der</strong> Kommiision und ist ver-,<br />

öffentlich: in <strong>der</strong> Zeitschrift „Baltische Studien" <strong>der</strong> Gesellschaft für Pommcrsche<br />

Geschichte nnd Altertnmskuude, N. F. XI V außerdem in Son<strong>der</strong>drucken<br />

verbreitet, anch deli sämtlichen Pfarrämtern Pommerns im Wege<br />

des Umlanfs zngcgangen; er wird allen, die sich dafür interessieren, voll<br />

dem Provinzial-Konseroator unentgeltlich zugesandt.


- Ili -<br />

Im Anschluß an den Jahresbericht wnrde ans die ausgelegten<br />

Schriften hingen'icscn, nntcr denen cmch diesmal die Veröffenllichnng des<br />

Negicrnngobeznls Kassel durch ihrell Umfang nnd den ^leichtnm <strong>der</strong><br />

Ancstattnng beson<strong>der</strong>e Bcachtnng fand.<br />

3. Erhaltung und Miedcrhclstcllunss von T>cnkmälcrn.<br />

Wie<strong>der</strong>herstellungen von größeren! Umfange nnd in Städten-<br />

Zwei beson<strong>der</strong>s wichtige nnd nmfangreiche Arbeiten sind nach mehrjähriger<br />

Tätigkeit im Berichtsjahre endlich zum Abschlüsse gediehen, die<br />

Erneuerung <strong>der</strong> Marienkirchen in Greifen berg nnd Stargard, die<br />

beide zu den bedeutendsten mittelalterlichen Bantcn llnscrer Provinz gehören<br />

nnd beide weniger dnrch den Zahn <strong>der</strong> Zeit gelitten hatten, als durch die<br />

Hand <strong>der</strong> Meuschcn arg entstellt waren. Die Grelscnbcrgcr konnte am<br />

11. Februar, die Stnrgardcr am ^l). August 1911 nen gelveiht nnd dem<br />

kirchlichen Gebrauche zurnckgegeben werden. Die Weihe in Stargard<br />

gestaltete sich beson<strong>der</strong>s festlich dadnrch, das; die Kaiserlichen Majestäten<br />

nnd mehrere Mitglie<strong>der</strong> des Kaiserlichen Hauses <strong>der</strong> Feier beiwolnllen.<br />

Beide Majestäten besichtigten nach Beendigung des Gottesdienstes die Kirche<br />

im Innern wie im -Än<strong>der</strong>n nnd sprachen wie<strong>der</strong>holt Ihre Befriedigung<br />

nbcr das Geschaffene ans. In Giclfeuberg wie in Stnrgard hat neben<br />

vielen privaten Stiftern anch die Sladlgemeinde als solche wesentlich znm<br />

l^clingen des Weite beigetragen. Die Wie<strong>der</strong>herstellung nn einzelnen zu<br />

bcschrcibeu nlld zu würdigen, sowie dnrch Abbildungen znr Anschallnllg zn<br />

bringrli, n.>iro die nahe bevorstehende Herausgabe <strong>der</strong> Bandcnkmälcrinvcntare<br />

dc'3 Irenes Greifenberg nnd des Stadtkreises Stargard willkommene<br />

Gelegenheit bieten. Die Bantosten sind in beiden Fällen recht bedentcnd<br />

gewesen, sie betrugen in Greifcuberg ^1>i7^8 Mk., iu Stargard rnnd<br />

4'i


— IV —<br />

<strong>der</strong> auch geschichtlich wertvollen Heiligengeist-Kapetle, von <strong>der</strong> bisher ilnr<br />

<strong>der</strong> Straßengiebel wie<strong>der</strong>hergestellt war, genehnligt. In Pasewalt ist<br />

<strong>der</strong> Ausbau <strong>der</strong> Nitolaikirche zwar in Aussicht genommen, aber noch wenig<br />

gefor<strong>der</strong>t, eine sachgemäße Ausgestaltung dcr schönen Nordkapellc an <strong>der</strong><br />

Marienkirche angeregt; die Äemalnng <strong>der</strong> Blenden des Straßcngicbels des<br />

Heiligengeist-Hospitals hat eine stil- und sachgemäße Lrucuerung nnd<br />

Ergällzung ilnter Mitlvirtilng des Proviu^ial-Konseivalors crsahren. Die<br />

mehrfach angeregte Ausmalung <strong>der</strong> Kirche in Nichte üb erg hat Fortschritte<br />

nicht geluacht, cbeusowcuig <strong>der</strong> Ausball <strong>der</strong> Alillcllttipcllc an <strong>der</strong><br />

Marienkirche in Greisswald. Die Fertigstellung <strong>der</strong> Iohauuietirche in<br />

Stettin für den kirchlichen Gebrauch steht nuch immer aus. Inzwischen<br />

hat sich eine neue Agitation gegell das Kirchengcbände von seilen eines<br />

Vezirksvereius geltend gcinacht, <strong>der</strong> keinen an<strong>der</strong>en Grund fnr die Zerstörung<br />

<strong>der</strong> Kirche ins Feld führt, alo die Hoffnung, durch dcn Verkauf<br />

des Geläudes aus dem sie steht, eiueu solchcu l^cwiuu zil erzieleil, daß die<br />

Gemeiude vor Velastuug durch Steuern gesichert werden töuue. Diese<br />

Agitatimi vcraulnßtc dcu Proviu^ial>.^ouservator zweiiual in öffentlicher<br />

Versammlung für deu hohcu Dcliklllallvcrt <strong>der</strong> Kirche, ihre mu Uni echt<br />

angezweifelte Aailbcstäudigkcit ulld die srühcr uicinals beinängeltc, praktische<br />

Brauchbarkeit einznttelcu. Trotzdcul nahiu lu dieser Verlammluug eill<br />

höherer Geistlicher das Wort, um auf Grund längst wi<strong>der</strong>legter Angaben<br />

die Kirche als baufällig zu dezelchueu llild so die Gemüter vou neucln<br />

ängstlich zu machen. Obwohl nun alle höheren Iuslauzeu daö Gutachten<br />

<strong>der</strong> Stcttincr Äallftolizei, allf dao hm uor l^i Iabrell die Schließung <strong>der</strong><br />

Kirche verfügt lvuldc, für unzutreffend eNlärt habclt, odlvohl <strong>der</strong> weiter<br />

des Städtischeu Hochbauamtc' iu eiuer VcrsaniUilllllg de^ Acziltt'vl.'reius<br />

sich dahiu ällßerte. er ll'eioc kein Äedeukeu lragcll, sillz sciu Nachtlager an<br />

<strong>der</strong> als am meisten gefährdet bezeichneten Stelle dcr Kirchc bereltell zu<br />

lassen, ohllc daß er deswegen für Vcben uno Gemudheit da^ Geringste<br />

fürchte, wird doch die Kirche von ihreu Gegnern nie an<strong>der</strong>s, alv „unsere<br />

baufällige Iohaililiskirche" bczeichllcl. Es ist darum uul großer Frellde<br />

zu begrüßell, daß iu dem kürzlich von den Städtischen Vchör^m augeuommcueu<br />

iDrtsstatutc die Iohaunistirchc itl die Zahl <strong>der</strong> Gebäude aufgenommen<br />

ist, die zu schützen sind. Die Kirche ist Städtischen Patronat?,<br />

die Gemeinde klein an Zahl und nicht beson<strong>der</strong>s leistunge-fäliig, aber mit<br />

Rücksicht auf den hohen Tcukmalwert hat die Piovinz schon vor längerer<br />

Zeit eine namhafte Äeihnlfc von ^


- V —<br />

vorjährigen Berichte besprochenen Ausmalllng nichts nennenswertes geschehen-<br />

über die weitere Verwendung <strong>der</strong> Katharilienkirche, die früher als<br />

Zcnghans diente, soll noch entschieden werden. Die Denkmalpflege mnß<br />

in erster Vinie für eine Vern'endnng als Golteshnns eintreten, wird aber,<br />

da es in Stralsnnd an Kirchelnanlneu niätt gebricht, sich anch nicht gegen<br />

die Bennynng fiir das jcl)t »ehr Geengte Älnsenni aussprechen können,<br />

sofern nnr <strong>der</strong> Bestand des Ocbäudes nnd seine Forinen nicht darunter<br />

leiden.<br />

In <strong>der</strong> Stell incr Schlositirche sind ini Vanfe des Sommers nnn<br />

ancl) die Altarbil<strong>der</strong> nnd die übrigen ^lgemälde sachgenläsi gereinigt nnd<br />

zeigen sich in emer Sälöllheit, die man vorher kanm ahnen tonnte; lei<strong>der</strong><br />

hängen manche nntcr il)nen so nnuorteilhast, daß sie fnr den ganzen Raum<br />

nicht anoreni'cnd znr l^ellnng lommen. Die Arbeit ist mit Vorsicht nnd<br />

Sorgfalt voll Vöschei-. Stettin geleistet. Derselbe hat die alten Stadtbil<strong>der</strong><br />

in Vancnbnrg nnd Viltolv m gleicher Weise von Ilberlnalnng nnd<br />

^crdnnfelnng befreit, so das^ sie loie nen erscheillen. Das Stcintor in<br />

Tridsecs hat sich mtt elller Herslellnllg des letzten Bestandes begnügen<br />

müssen, das Nöslinel Tor ili Schlawc hat allch dicfe lloch nicht erfahren.<br />

Wie<strong>der</strong>herstellung nnd Verän<strong>der</strong>ungen in Vandtirchen.<br />

Fertig gestellt ist <strong>der</strong> Ansban <strong>der</strong> verfallenen Kapelle in Äonin,<br />

Hir. Köslin, die von deli Anwohnern sehr mit Unrecht für das älteste<br />

kirchliche l^cbände dco gali.^'ll Äe.^irtev gehalten wilrde; ferner die Kirchen<br />

in Bntow, Dahlow nlld Seeseld, ^r. Snlüg, Köselitz. Kr. Kammin,<br />

TcäNipp, Kl', ^illlnlnelcchlirg-, in Angriff genoininen ist <strong>der</strong> Ansball in<br />

Voltin, Kr. ^iellsletiin, P ll ill p t o lv, Kr. Pyritz. Woitzel, Kr. Negenwaldc;<br />

Aiiobcsscriiilgen sind vorgellonlineli ohlle voihcr den Konservator znzll^iehcn<br />

an dein tresslichen Qna<strong>der</strong>ban des I.5. Jahrhun<strong>der</strong>ts in 2chöneberg,<br />

^^. Satzig. an dem gerade ein ganz beson<strong>der</strong>s vorsichtiges Borgchen<br />

geboten war; znm (Alnck ,st bisher nnr eilt Teil <strong>der</strong> Ansieitfläche, nicht die ganze<br />

in stllwidrigcr Behandlung in Arbeit genommen, so das; ali den übrigen<br />

Teilen einem gleichen Fehler vorgebeugt werden konnte Der seit längerer<br />

Zeit vorbereitete An?ban <strong>der</strong> Kirche in Aahrenbnsch, Kr. Nenstcttm (vgl.<br />

die Abbildungen im XVI. Jahresbericht), harrt noch <strong>der</strong> Ansführnng.<br />

In Vorbcivitling befindet sich die Wie<strong>der</strong>herstellung in Schmolsiu, Kr.<br />

Stolp, Waasc, Kr. Nngeu, Jassen, Kr. Äntow, des Wcstgiebels ill<br />

A ltcnkirchen, Kr. Nilgcn. eilizelner Teile <strong>der</strong> Kirche,i in Kemni^z, Kr.<br />

l^rcifslvald, ulld Gingst, Kr. Nngen. Erweiterungeli sind geplant in<br />

Dessin, Kr. Kolberg, nnd Wisniar, Kr. )iangard. wo die Gemeinde sich<br />

zur Anlage eines Sciteujchisss j^och noch inimcr nicht verstehen will;<br />

Nenban voii Türmen ist eingeleitet in Güstow, Kr. ^liandow. lind<br />

Ncilikcnhagcn, Kr. Grimmen, Wie<strong>der</strong>herstellung mittelalterlicher Altar-


— VI —<br />

schreinc in Middelhagen nnd Pal)ig, Kr. Nügen. Sehr zii bcdancrn<br />

ist, daß es bisher nicht möglich war, ausreichende Mittel zu gewinnen für<br />

den Ausbau des Kirchleins in Kloster ans Hiddensö, Kr. Nilgen. Negere<br />

Baulust, die sich vielfach iu deu Gemeinden geltend macht, hat den<br />

Abbruch älterer, meist in Fachtvcrt erbauter Kirchen znr Folge gehabt,<br />

so in Ncblin nnd Klotzen, Kr. Ncnsteltin, Vcbbin, Kr. Demmin,<br />

Karvin, Kr. Kolbcrg, Podewils, Kr. Belgard, Wel jchenbnrg, Kr.<br />

Drambnrg; sie waren alle nnamchnlich llnd teils verfallen, teils von<br />

altersher verwahrlost; die Kirchen in Binow, Kr. Wreifeuhagen, nnd<br />

Kaseburg, Kr. Usedonl-Wollin, crselnenen einer Ausbesserung nicht mehr<br />

wert uud werden dnrch Vicubantell erjelzt werden mnsscn; ill Ainow sollen<br />

Forinen des Mittelalters erhalten bleiben. Dem Neubau eiuer 5iirche ill<br />

Damshagcn, Kr. Schlawe, konnte nicht zugestimmt werden. In Äresin,<br />

Kr. ^aueuburg, ist <strong>der</strong> Neubau vollendet, Ansstaltuugstilcke <strong>der</strong> allcil Kirche<br />

werden in ihn übernommen.<br />

Die Ausmaluug <strong>der</strong> Kircheu ist vou dein Herril Viiuister ausdrücklich<br />

als eine Verän<strong>der</strong>ung bezeichnet, die <strong>der</strong> Zustimmung <strong>der</strong> Aufsichten<br />

behörde bedarf, sie ist eine <strong>der</strong> wichtigsten nnd wirtsamsten Maßnahmen,<br />

die dem Kirchcnrnnme ein kirchliches Gepräge verleihen. Gleichwohl wnd<br />

die Mltwirkuug des Konservators nur in den seltensten Fällen von dell<br />

Gemeinden nachgesucht, wie es in Benz, .Nr. Kammin, Gr. Schönfcld,<br />

Kr. Pyritz, Gornow, Uchtdorf, Gr. 3chöufeld ulld Thällsdorf, Kr.<br />

Grcisenhagelt, geschehen ist; in den meisten Fällen wird <strong>der</strong> Kirchcnraum<br />

dem Anstreicher <strong>der</strong> Nachbarstadl überlassen, <strong>der</strong> ihn nach <strong>der</strong> allen<br />

Schablone behandelt. Ausnahmen davon sind selten nnd Meister, die sich<br />

die Kirchcnmalcrei anch in Vandkirchen zw' ^ebcnsaufgabe geinacht haben,<br />

sind noch seltener. Nühmliche Ausnahme macht die Lluomaluug <strong>der</strong><br />

Kirche ill Gr. Schönfcld, Kr. Piiril;, desgleichen in Seefeld, Kr. Salzig.<br />

Altere Wandgemälde sind bloßgelegt in Veucnhagen, itr. Grcif?-<br />

wald; die Wie<strong>der</strong>herstellung solcher in Darqitz, die in Aussicht genommen<br />

ist, ließ sich noch nicht ins Werk setzen. Hervorzuheben ist, auf Gruud<br />

<strong>der</strong> gemachten Erfahrungen, daß es ani besten ist, neu allsgedeckte alle<br />

Malereien zuuächst auf längere Zeit dnrch eine lose vorgehängte Veinwand,<br />

die zurückgeschlagen werden kaun, zn bedecken; an eine Wie<strong>der</strong>herstellung<br />

ist unter allen Umständen erst dann zu geheu, weuu ciue Kraft gewouueu<br />

ist, die durch Studium und Erfahrnug für diese Arbeit gehörig vorgebildet ist.<br />

Gleiche Zurückhaltung ist für gemalte Fenster dringend zu<br />

empfehlen,<br />

Kirchenhcizungen werden in Städten nnd auf dem Vande vielfach<br />

eingerichtet, ohne daß die von dem Königlichen Konsistorium angeordnete<br />

Befragung des Provmzial-Konservators erfolgt wäre. Es erscheint deshalb


- VII -<br />

angebracht die betr. Verfügung hier noch einmal ans dem Kirchlichen<br />

Amtsblatts zn wie<strong>der</strong>holen.<br />

Königliches Konsistorillln <strong>der</strong> Provinz Pommern.<br />

Ionrn.-Nr. l^.^i>7. Stettin, den !4. Septeinber 1^i)l».<br />

In, Anschlnsi an nnjere Actanntmachnng von! N). Inni d. I.<br />

(Kirchl. Alutsblatl S. 7^j weisen lvir darauf hin, daß nach <strong>der</strong> ilt<br />

einem Spezialfallc ergangcncil (Hntschcidllng des Herrn Ministers <strong>der</strong><br />

geistlichen Angelegenheiten anch die Anlagen von Heizvorrichtungen in<br />

Kirchen, welche einen Denlmalwen besten, nnlcr die Acsliuiulllng de«?<br />

^ l Nr. 5(^ des Knchcugelcdcs von, 1^. Juli l«9.> sallen nnd das;<br />

dal^er, ln'uor die l^ellehlnigllng zn <strong>der</strong> Anlage dcl lin^ iiachgcsllcht llnrd,<br />

eine yiltachlllche ^nßcrnnss dcc' Prouin,^ìal ^konierualors ein^nl)oll.'n ist.<br />

Der Herr Mininn N'nnicht jeldslvclstündlich, das, die Vchciznng alter<br />

Kirchen ans Nnäsicht auf die Denkmalpflege nicht verhin<strong>der</strong>t werde,<br />

macht alier daranf anfmeilsam, das; es wohlbewährte Syslelne gebe,<br />

welche geeignet seien, allen praktischen Anfor<strong>der</strong>ungen zn entsprechen,<br />

ohne dcn Dcnkmalwcrt <strong>der</strong> Klichc ,^n beeinträchtigen.<br />

gez. Nichter.<br />

Königliches Konsistorium <strong>der</strong> Provinz Pommern.<br />

Ionrn.^Nr. 1450V. Stettin, den N>. Scplember 1^.10.<br />

Da die Genielndekirchenräte in den meisten Fällen nicht in <strong>der</strong><br />

^agc sein werden, bcnrteilen zn können, ob ein.^irchcngebändc Delllmalwcrt<br />

besitzt o<strong>der</strong> nicht, so haben dieselben lncinlxr in allen Fällen<br />

vor Ansführnng d^r Aillage die Entscheidnng des ProvinMl-Konservators<br />

llalii^nsncheil. VeNterer hat slch gnii bereit eitlart, in jedem<br />

Falle sein llneil abzugeben.<br />

gez. Nicht er.<br />

Da sich ans den bei dem Konservator eingehenden Entwürfen nnd<br />

Anschlägen zn Kirchenhe^nngen nicht immer ein klares Urleil über die<br />

Sachlage gewinnen lästt nnd deshalb oft wie<strong>der</strong>Holle Nnckfragen nötig<br />

werden o<strong>der</strong> die Sache nnr dmch eine örtliche Besichtigung geklärt werden<br />

kann, wird hier nochmals <strong>der</strong> Wnnsch ausgesprochen, d.iß die belr. Anfragen<br />

schon im Ansänge des Iahrcs an den Konseivator gerichtet werden, damit<br />

er sie nötigenfalls bei <strong>der</strong> Ansstellnng seines Planes fnr die Sommerrcisen,<br />

die ihn dnrch die ganze Provinz fuhren, beizeiten berücksichtigen kann.<br />

Nachgesncht lvnrdc die Älltnurkung des Konservators im Äeriäitsjahrc nllr<br />

für die Kirchen in Ärnsenfelde, Kr. Grelsenhag'li, Coprieben, Kr. Nenstellill,<br />

Sidcllbollentlll, Kr. Dcniniill. die Stadttirchen in Altdamm, Sällawc<br />

und den Dom in Kammin.<br />

Zur Beräusiernug eines spätmittelalterlichen, beschädigten Altar:<br />

schreins <strong>der</strong> Kirche in Naddnhu, Kr. (hrclfenberg, ist die staatliche Genehmigung<br />

nicht erteilt.


— vili —<br />

Der Umguß gesprnngencr Glocken wnrdc für die Kirchen in<br />

Barth, Eixen, Kr. Franzbnrg, Gesow, Kr. Randow, nnter den nblichen<br />

Bedingungen genehmigt.<br />

Die Kirchen Pommerns zeichnen sich ans dein ^ande namentlich im<br />

östlichen Teile <strong>der</strong> Provinz ans durch den sie nmgebenden stattlichen, oft<br />

Jahrhun<strong>der</strong>te altcu Banmwnchs; malerische Wirlnngen ersten Nanges<br />

werden durch ihn hervorgebracht; es sei beispielsweise erinnert an die in dem<br />

vorigen Jahresberichte enthaltenen Abbildungen <strong>der</strong> Kirche in Bahrcnbnsch,<br />

denen sich, aus <strong>der</strong> großen Menge heransgegrisfen, die dem vorliegenden<br />

Berichte beigegebenen aus Or. Tucheu und Sommin, Kr. Äntow, Schönebeck,<br />

Kr. Satzig, und Wismar, Kr. Nangard, anschließen (Fig. 1 — 4). Mit tiefem<br />

Bedauern mnß die Denkmalpflege berichten, daß in Wlsmar heilte von allen dell<br />

Vänmcn, die einst die wnndcrbar schölte Dorfkirchc umschließend das Orls^<br />

bild so reizvoll gestalteten, auch nicht einer mehr steht. In Podcwlls, Kr-<br />

Belgard, hatte ein Baum, den man iu zu großer Nahe des Geballtes halte<br />

emporstreben lassen, das Kirchelldach beschädigt; gegen seine Vcscitignng<br />

war nichts einznwenden, aber man hat mit ihm sämtliche Vänme des<br />

Friedhofs, dessen schönste Zierde sie waren, als wären sie Mitschuldige all<br />

<strong>der</strong> Zerstörung des Daches, mitleidlos nie<strong>der</strong>gelegt. Es lommt ja vor,<br />

daß <strong>der</strong> Baumwuchs eine Kirche samt ihrem Turme vollständig überragt<br />

nnd jedem Blicke entzieht; aber dann genügt es einen o<strong>der</strong> deli an<strong>der</strong>n<br />

jener Niesen fortzunehmen nnd Durchblicke zu schaffen, die stehengebliebenen<br />

werden dadurch zugleich schöner nnd tonnen sich fieicr entfallen. Das<br />

Allshülfsmittel, zu dem man ili diesen! Falle selbst in Städten wie Nangard<br />

uud Lanenbnrg gegriffen hat, macht die Sache nnr noch schlimmer; dort<br />

hat man den Bänmcn allen in gleicher .^>öhe die Krolle genommen, so<br />

daß jetzt die kahlen Stämme, dicht nebeneinan<strong>der</strong>stehend wie vorher, einen<br />

wi<strong>der</strong>wärtigen Eindruck machen nnd später, wenn sie wie<strong>der</strong> begrünt sind,<br />

sich gegenseitig Licht und ^uft nehmen und vertümmern mnssell, dagegen<br />

sind richtig verteilte Anpflanzungen sehr wohl geeignet, die Wlrtnng cinrs<br />

Gebäudes zu hcbeu und zn mehren.<br />

4. Zchutz <strong>der</strong> Denkmäler.<br />

Das Gesetz vom 15. Juli 1907 gegen die Vcrnnstaltnng voll Ortschaften<br />

und landschaftlich Hervorragelldell Gegenden gibt dell 2ladlgemeinden<br />

das Recht, ihre Denkmäler durch Orts statilt e zu schüneli.<br />

Aber zu dell vier im vorigen Berichte aufgeführten Städten Pommerns,<br />

die voll diesem Rechte Gebrunch gemacht haben, Treptow a. N., Kammin,<br />

Nngenwalde und Stolp ist im laufeuden Jahre nnr Stettin lünzugetreten;<br />

seine Stadtverordneten haben aber die betr. Vorlage dcs Magi-,<br />

strats nur für die Daner von w Jahren angenommen und in den beiden


— IX —<br />

die noch mehr Deukmalschälze besitzeu, als Stettin, nänllich<br />

StraUnnd llnd Stargard, hat luall sich nicht einmal zu diesctn beschränkten<br />

Statut entschlossen.<br />

llnd doch hat Stralsund gerade in diesen Tagen eine Venchandeluug<br />

scincs bcrühniten Alten Marktes erlebt, die dnrch ein solches Statnt leicht<br />

zll verhin<strong>der</strong>n gewesen wäre. Die Fassade des östlich an das Nathans<br />

grenzenden Hanscs ist von seinem Besitzer in einer Weise behandelt, die<br />

nicht nnv das Nathans mitentstellt, son<strong>der</strong>n anch den ganzen Markt vernnstaltct.<br />

Das; in <strong>der</strong> alten, ehrwürdigen Hansasladt so etwas möglich<br />

war, darf billig Wnn<strong>der</strong> nehmen. Freilich hat anch die Stadtverwaltung<br />

selbst, wie schon im vorigen Berichte erwähnt, kein Bedenken getragen, das<br />

malerische Stadtbild <strong>der</strong> Nordscne dnrch das dieser vorgebaute Feuerwchrgebände<br />

seines besten Ncizcs zll vcranbcn. Anch Kol berg entbehrt noch<br />

des Statuts; lvenn es dort anch nicht so vieles gibt, das des Schlitzes<br />

bedürfte wie in <strong>der</strong> ehemals größten und reichsten Stadt Pommerns, so<br />

gilt es doch geschichtliche Erinnerungen ans einer rnhmreichcn Zeit hochzuhalten<br />

nnd sich <strong>der</strong> wenigen älteren Hauser anzunehmen, die alle Ae<br />

lagernngen <strong>der</strong> Festung glücklich überstanden haben und jetzt schwere Einbnl)e<br />

zn erleiden in Gefahr sind dnrch Verän<strong>der</strong>ungen ihres An<strong>der</strong>en, wie<br />

sie dein v. Arauuschweigscheu Hause nnd den beiden Apotheken drohen.<br />

Ill Pyritz, dessen Stadtmauer und wohlcrhalteue Wehrbauteu die Stadt<br />

vor allen an<strong>der</strong>n pommerschen Qrteu auszeichnen, ist man sich dieses Vorzuges<br />

so wenig bcwnsu, dah noch mnner, m lc^lcr Zcil uamcntlich dnvch<br />

Ilmbnuuug <strong>der</strong> Aus;euselte eiuer schlies;lichen Zerstörung uud Veseitiguug<br />

vorgearbeitet uud Vorschub geleistet wird. Stargaro, das uächst Pyritz<br />

au, uieisten Gillud Halle auf die ^eslc <strong>der</strong> mittelalterlichen Wehr stolz zu<br />

sein, sieht auch duich die Veruachlassigung früherer Zeiten, jetzt ciu Stück<br />

nach dem audcrn aus dieseui Schatze <strong>der</strong> Vergaugeuheit schwiudelt. Nachdem<br />

uächst dem Walltore eiu grönerec- Slück <strong>der</strong> Nl'aucr eiugefalleu war<br />

und uicht lvicd.r errichtet werdeu kollute, ist ihlli auch das uahe gelegelle<br />

Wiekhalls gcsolgl, das ciu wesentliches Stück des gerade hier nugemein<br />

nlalerijchcn Niaiierzilgeg bildete. lHcgcu cillell Äiiallerdurchbrllch all dem<br />

Utermannschen l^rlllldstücke, das bereits einen ausreichenden Zugang zur<br />

Strafe an an<strong>der</strong>er Stelle hat, musste <strong>der</strong> Konservator Einspruch erheben.<br />

Schloß Spyker ans ^iügeil konllte lei<strong>der</strong> vor <strong>der</strong> Beseitigung des<br />

Schmuckes <strong>der</strong> Barockhuubeu aus seiuen vier Eckturmen ulä)t belvahrt<br />

wcrdcll; sie wurocu durch Zinnclttlällzc alls Kllllststcill ersetzt, die ihm cm<br />

nnwahres Gepräge verleihen (.Fig. .')).


- X -<br />

Der diesjährige Tag für Denkmalpflege wnrde abgehalten in<br />

Gemeinschaft mit dem Vereine für Heimatschuß am IZ. bis 1


- XI —<br />

Allgell berilht und das; sie ihren Schöpfer und Meister selten überleben.<br />

An<strong>der</strong>s steht es mit den <strong>der</strong> eigentlichen Ortsgeschichtc angehörigen Denkmälern<br />

dcr geschichtlichen Zeit, sie bleiben am bestell an dem Orte, <strong>der</strong><br />

sie geschaffen hat, die vorgeschichtlichen gehören <strong>der</strong> Gesamtheit.<br />

. Socuoerop bearbeltctc geologische Karte einer Ergänzung<br />

bedurfte, während <strong>der</strong> Korrektur des Blattes aber erkrankte <strong>der</strong> Herausgeber.<br />

Doch ist Aussicht, das; die so lange mit vieler Mnhe gepflegte<br />

Arbeit in absehbarer Zeit abgeschlossen wird.<br />

Znr Bücherei des Konservators gingen ein:<br />

Jahresberichte <strong>der</strong> Denkmalpflege des Großherzogtums Hessen<br />

19 Fortsctzllng; Geschellt des Herrn Kultusministers.<br />

7. Beihülfen <strong>der</strong> Provinz für die Zenkmalpstege.<br />

Der Prouinzial-^andtag bewilligte im Jahre 1911 als Beihülfen für<br />

die Denkmalpflege in Pommern


— XIl .-<br />

<strong>der</strong> Kirche in Gr. Zicker auf Rügen l 850 M.<br />

<strong>der</strong> Kirche in Middelhagen auf Rügen 500 „<br />

<strong>der</strong> Kirche in Liepen, Kr. Anklam 400 „<br />

<strong>der</strong> Kirche in Teefeld, Kr. Satzig 2 600 .,<br />

<strong>der</strong> Marienkirche in Greifenberg 15 000 .,<br />

<strong>der</strong> Heiligengeistkapelle in Treptow a. R 4 000 ,.<br />

<strong>der</strong> Stadt Grimmen für das Stralsnn<strong>der</strong> Tor . . . 500 .,<br />

<strong>der</strong> Stadt Grcifswald, für die Anncnkapelle 2. Rate . . ^000 ..<br />

<strong>der</strong> Kiche in Altefähr auf Rügen ! 500 ..<br />

Snmma: 2tt:;50 W.<br />

ferner zur Anschaffung von Schränken für die Sammlung <strong>der</strong><br />

Gesellschaft für Pommcrsche Geschichte nnd Altertumskuudc<br />

iu Stettiu 5)


— Xlll -<br />

Seit <strong>der</strong> Qffnuug des Grabes wareil scholl mehrere Tage verstrichen,<br />

ehe ich znr Stelle kam. Ich fand eine fast noch megalithifch zu<br />

nennende Kammer vor, <strong>der</strong>en Pflaster und Seitenwändc ans geradlinig<br />

gespaltenen Steinen sorgfältig nnd anf das sanberstc anfgebant waren.<br />

In und neben <strong>der</strong> 1,30 in langen, 90 cm tiefen nnd 66 cm breiten<br />

Kammer, die nnr oben lind an einer Schmalseite geöffnet, im übrigen<br />

aber ganz unversehrt war, lagen die Brnchstücke voll zwei Urnen verschiedener<br />

Form verstreut, eiucr zierlich ornamentierten, dünnwandigen<br />

Nnndnrne nnd einer großen, viereckigen Hansnrne von sehr dickem, teilweise<br />

bis zu 3 cm starken Gewände, liebst den zu ihr gehörigen 7 cm langen,<br />

säulenförmigen Füßen, anf denen sie nach Aussage <strong>der</strong> Fiu<strong>der</strong> wie auf<br />

Pfählen gestanden hatte. Beide Gefäße waren bei voreiligem, unvorsichtigem<br />

Versuche sie herausznhcben, zerfallen nnd mall hatte sich begnügt, ihren<br />

Inhalt an zerkleinerten Knochen, Kohlenresten nnd Sand zn dnrchsuchen<br />

und nach Beigaben zu forschen, aber nichts weiter gefunden als einige vom<br />

Fener nnd Nost zerstörte und formlos gewordene Neste von Schmnckstückcu<br />

ans Eisen nnd Bronze, die zum Teil voll Fibelu und schmalen Armringen<br />

herrühren mögen. Diese Mctallreste waren geborgen, die Urnentrnmmer<br />

hat man liegen lassen; sie hatten scholl mehrere Tage, dem Negen<br />

und Nachtfrost ausgesetzt, unter freiem Himmel gelegen, aber da sie in<br />

<strong>der</strong> Mehrzahl noch Formen erkennen ließen, schien es ausführbar, die Gefäße<br />

ill ihren Hauptformeu zu bestimmen nnd zusammenzusetzen; die<br />

Trümmer wurden daher sorgfältig verpackt und nach Stettin beför<strong>der</strong>t.<br />

Herr von Nexin erbot sich auch, eiue photographische Aufnahme <strong>der</strong> Grabkammer<br />

zn bewirken nnd die Steine, ans dellen sie gebildet ist, im<br />

Frühjahr znm Wie<strong>der</strong>aufban im Mnsenm nach Stettin schaffen zn lassen.<br />

Die zerbrochene Hausurne soll nach <strong>der</strong> Schätzung <strong>der</strong> Fin<strong>der</strong> eine scinge<br />

von mehr als oll cm nnd eine Höhe von mehr als 35 ein gehabt haben.<br />

Das dritte Gefäß, ebenfalls Hausurne (Fig. 6. 7), war bis<br />

aus einen unwesentlichen Teil des Daches heil und wurde dem Grabe<br />

unversehrt entnommen; sie ist wesentlich kleiner als die zerfallene Schwester<br />

nnd mißt in ihrer größten Länge 32 cm, in <strong>der</strong> Höhe, die Füße eingerechnet,<br />

24 cm, ill <strong>der</strong> Breite 24 cm. Sie hat die Form eines anf 7 Pfählen<br />

stehenden Hanfes; von den 3,5 cm langen Pfählen sind je 3 anf die<br />

Langseiten verteilt, <strong>der</strong> 7. befindet sich nnter dem Schnittpunkte <strong>der</strong><br />

Diagonalen <strong>der</strong> rechteckigen Unterfläche. Die Wände sind nicht geltau<br />

geradlinig, son<strong>der</strong>n ill <strong>der</strong> Mitte etwas bauchig vortreteud. An <strong>der</strong> hintereu<br />

^angseite tritt in <strong>der</strong> Mitte eine starke Nippe senkrecht vor; an <strong>der</strong> vor<strong>der</strong>en<br />

ist <strong>der</strong> Hauseingang angeordnet; er war geschlossen durch eiue von<br />

<strong>der</strong> Innenseite vorgeschobene und dnrch eine Nute gezogene Tür; anch<br />

diese Tür ist bis auf eiucu geringen Teil gut erhalteu. Beson<strong>der</strong>s


- XIV —<br />

bemerkenswert ist, daß alt beiden Giebelenden des start betonten Dachfirstes<br />

Nachahmungen des dekannten Pscrdckopf'Gicbelschmucks wohlerhalicn und<br />

unzweifelhaft erkennbar zn sehen sind. Die Füße o<strong>der</strong> Pfähle haben kreisförmigen<br />

Querschnitt, am oberen und unteren Ende einen Durchmesser<br />

von etwa 3,5 om und sind in <strong>der</strong> Mitte, durch tiefe Auskehlung profiliert,<br />

etwa um die Hälfte schwächer gebildet; mit dein Noden des Gesäßes sind<br />

sie iu festem Zusammenhange. Der mit größter Vorsicht entfernte Inhalt<br />

bestand hier ohne metallene Beigaben nur aus Kuocheuteileu. Kohleu und<br />

Sand. Die uicht geuau die Mitte <strong>der</strong> Waud halteudc Türöffnung ist<br />

7,5 cm breit nnd 8 cm hoch, die Ecken etwas abgerundet, namentlich am<br />

Sturz; die ebenfalls aus Tou gebildete, etwas beschädigte Türplatte hat<br />

bei gleicher Höhe voll N cm eine ^äuge von N cm, ihre Dicke beträgt nur<br />

5 — 6 mm; die Wandstärke geht außer im Boden nicht über 7 mm hinaus.<br />

Das Dach steht wie am Schwcn.crhause ziemlich wett, au d^n Fangseilen<br />

L bis 2,5 cm, an deli Giebeln A c^m vor. Der bräuuliche Tou ist mit<br />

kleinen Qnarzstückcn, zuweilen auch mit etwas größeren durchsetzt.<br />

Die Urne ist die erste in Pommern in heilem Zustande<br />

und vollem Zusammenhange aller Teile geborgelle Hansurne.<br />

Eine 1893 bei Obliwitz, Kr. ^auenburg. gefundeuc gelangte uur iu Trum-,<br />

merli zntagc; sie ist ans dem Museum iu Stettin nach Maßgabe <strong>der</strong> vorhandenen<br />

Neste ergänzt und im !4. Jahresberichte über die Denkmalpflege<br />

in Pommern (Baltische Stndien N. F. XII) veröffentlicht uud abgebildet<br />

vou A. Stubenrauch, im Auszüge wie<strong>der</strong>holt m deli Baudenkmälern dcr<br />

Kreise ^auenbnrg und Bütow, Seite 29.'). In <strong>der</strong> Urne voli Obliwitz<br />

wareu besser erhaltcuc Beigaben gefunden, die es ermöglichten, ihre Zeit<br />

genau zu bestimmen; wir werden indeß auch ohue diese hülfe das Grab<br />

von Wocdtke ili den Zeilraum des Übergaugs oou <strong>der</strong> Brou^ezcit zur<br />

Eisenzeit setzen müssen, d. h. in die Mitte des letzten Jahrtausends vor<br />

Christo. Vor den Fnndeu voli Obliwitz und Woedlkc kannte mall in<br />

Deutschland nur wenige Graburmn in Hansform und diese waren meist<br />

in Mitteldeutschland, namentlich in <strong>der</strong> Hnrzgcgeud gcfuudeu. Die<br />

sanenburger Hausuruen stelleu eiucn von diesen abweichenden Typus dar;<br />

sie siud Zeitgenossen <strong>der</strong> Gesichtsurncu, die seit Jahrzehnten ili großer Zahl<br />

auch aus dem Lancuburger Kreise bckauut gewordeu siud uud diescll<br />

östlichsten Teil Pommerns neben dem angrenzenden Westprenßen in den<br />

Vor<strong>der</strong>grund des vorgeschichtlichen Interesses gerückt haben. Die Hausurne<br />

voli Woedtke vcrauschnulicht, wenn sie auch uur Nachbildung des zn ihrer<br />

Zeit üblichen Hausbaues ist, doch die älteste uns bekannte Bauweise <strong>der</strong><br />

vorgeschichtlichen Zeit Pommerns uud bietet vielleicht auch iu ihrer Giebelverzierung<br />

einen Hinweis auf die Nationalität <strong>der</strong> damaligen Bewohner<br />

des Landes.<br />

H. Genicke.


Fig. 1. Katholische Kirche in Gr. Tuchen.


Fig. 2. Kirche in Sommin.<br />

Fig. 3. Kirche in Schönebeck.


Fig. 4. Kirche in Wismar.


Fig. 6. 7.<br />

Hmlsunie von Woedtke


lt'<strong>der</strong> Gesellschaft für Uommersche Geschichte und Altertums'<br />

MHMwerden herausgegeben:<br />

Diventar <strong>der</strong> Vauöenkmäler Hommerns.<br />

Teil I:<br />

MBauöenkmaler des Aegievungs-Vezivks Mralsund.<br />

Bearbeitet von O. von Haselberg.<br />

M^Erschienen sind: Heft 1: Kreis Frangburg, Heft ^i- Kreis Grcifs-<br />

"UMald, Heft 3: Kreis Grimmen, Heft 4: Kreis Nilgen, Heft 5>:<br />

MWtadtkreis Stralsnnd.<br />

Teil II:<br />

>ie Vau- und Kunstdenkmäler des Regierungs-<br />

Vezirks Stettin.<br />

Bearbeitet von

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