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Hereditäre Tubulopathien mit Diuretika-ähnlichem Salzverlust

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M E D I Z I N<br />

AKTUELL<br />

kum Infektionskrankheiten maskieren<br />

kann. Zusätzlich zur Therapie <strong>mit</strong><br />

COX-Inhibitoren ist in jedem Lebensalter<br />

auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr<br />

und Elektrolytsubstitution<br />

<strong>mit</strong> NaCl und gegebenenfalls auch KCl<br />

zu achten. In der Dauerbetreuung der<br />

FSLT-Patienten sind mindestens halbjährliche<br />

Verlaufskontrollen zur Therapieüberwachung<br />

(unter anderem renale<br />

Prostaglandin-Ausscheidung<br />

und Indometacin-Serumspiegel)<br />

erfor-<br />

Grafik 2<br />

derlich (49). Da die Nebenwirkungen<br />

einer lebenslangen<br />

Indometacinbehandlung,<br />

insbesondere<br />

in Hinsicht auf eine Analgetika-Nephropathie,<br />

bei<br />

FSLT-Patienten bisher<br />

nicht bekannt sind, sollte<br />

die Indometacindosis so<br />

niedrig wie möglich liegen<br />

und regelmäßig den individuellen<br />

Bedürfnissen angepaßt<br />

werden.<br />

Die Prognose einer<br />

FSLT hängt derzeit wesentlich<br />

vom Grad der<br />

Frühgeburtlichkeit und<br />

von der Optimierung des<br />

perinatalen Managements<br />

ab. Postpartale Entgleisungen<br />

des Salz- und Wasserhaushalts<br />

sowie allgemeine<br />

Probleme der extremen<br />

Frühgeburtlichkeit<br />

sind wahrscheinliche<br />

Ursachen für eine psychomotorische<br />

Retardierung<br />

bei einigen FSLT-Patienten<br />

(46, 47, 49). Bei Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen<br />

wurde vereinzelt<br />

über eine chronisch<br />

progrediente Niereninsuffizienz<br />

berichtet (2, 46, 60). Dabei<br />

bleibt allerdings unklar, ob diese durch<br />

die Langzeitbehandlung <strong>mit</strong> COX-<br />

Inhibitoren oder primär durch die<br />

Grunderkrankung verursacht wurde.<br />

Thiazid-Typ<br />

Prävention<br />

eines Hypotonus<br />

Der Thiazid-Typ (TSLT: Thiazide-like<br />

salt-losing tubulopathy) ist<br />

bisher unter den Bezeichnungen<br />

Gitelman-Syndrom, Hypokalziurisches<br />

Bartter-Syndrom oder familiäre<br />

Tubulärer Transportdefekt (NKCC2/ROMK)<br />

Verminderte Reabsorption von Chlorid, Natrium, Kalzium<br />

<strong>Salzverlust</strong><br />

TGF<br />

Volumenkontraktion<br />

Abfall von<br />

GFR RBF<br />

PGE 2<br />

Renin-Angiotensin-Aldosteron<br />

Korrektur der<br />

Hyponatriämie<br />

Hyperkaliurie<br />

Hypokaliämie<br />

Isosthenurie<br />

„ADH-Antagonist“<br />

hypokaliämische Hypomagnesiämie<br />

bekannt (Tabelle 1) (18, 42, 44, 59). Im<br />

Gegensatz zur FSLT wird die Erkrankung<br />

häufig erst im späten Kindesoder<br />

frühen Erwachsenenalter diagnostiziert<br />

und zeigt in der Regel einen<br />

milderen Verlauf. Die Patienten<br />

fallen durch Müdigkeit, Obstipation,<br />

Muskelschwäche oder -krämpfe, Gelenkbeschwerden<br />

(Chondrokalzinose)<br />

und gelegentlich durch einen Minderwuchs<br />

auf (49, 56). In anderen Fällen<br />

wird die Diagnose beispielsweise<br />

bei einer präoperativen Elektrolyt-<br />

Bestimmung oder im Rahmen einer<br />

Enuresis-Abklärung gestellt. Die typische<br />

Konstellation von Laborparametern<br />

liegt jedoch bereits im Säuglingsalter<br />

vor (Tabelle 2). Bei nur<br />

leichtem renalem Kochsalzverlust ist<br />

die tubuläre Konzentrationsfähigkeit<br />

fast vollständig erhalten. Die Diurese<br />

ist nur mäßig erhöht oder sogar normal.<br />

Pathognomonisch ist eine Hypokalziurie<br />

(< 0,1 mol/mol Kreatinin) in<br />

Kombination <strong>mit</strong> einer hypermagnesiurischen<br />

Hypomagnesiämie (5, 49).<br />

Letztere ist für das Auftreten muskulärer<br />

Symptome verantwortlich,<br />

kann aber selbst bei sehr niedrigen Serumkonzentrationen<br />

(Mg ++ ✜ 0,3<br />

mmol/l) asymptomatisch bleiben.<br />

Ähnlich wie bei der FSLT findet man<br />

auch hier eine sekundäre hypokaliämische<br />

Alkalose als Zeichen<br />

einer Stimulation<br />

des Renin-Angiotensin-<br />

Aldosteron-Systems. Dagegen<br />

ist die renale Prostaglandinexkretion<br />

bei<br />

der TSLT häufig nur<br />

leicht oder mäßig erhöht<br />

(19, 35).<br />

Als primärer Defekt<br />

konnten bei Patienten<br />

<strong>mit</strong> TSLT verschiedene<br />

Mutationen im Thiazidsensitiven<br />

Na + -Cl - -Kotransporter<br />

(NCCT-Gen<br />

auf Chromosom 16q13)<br />

identifiziert werden (55).<br />

Diese gehen <strong>mit</strong> einer gestörten<br />

Kochsalzresorption<br />

im distalen Tubulus<br />

einher. Im Detail basiert<br />

dieser epitheliale Transport<br />

auf folgenden Mechanismen<br />

(Grafik 3).<br />

Ähnlich wie in den<br />

übrigen Tubulusabschnitten<br />

hält die basolaterale<br />

Na + -K + -ATPase die intrazelluläre<br />

Na + -Konzentration<br />

niedrig und trägt<br />

zur Aufrechterhaltung des<br />

Membranpotentials bei.<br />

Nephrokalzinose<br />

Hyposthenurie<br />

Schematische Darstellung der pathophysiologischen Abläufe bei der FSLT. TGF: tubuloglomeruläres<br />

Feedback; GFR: glomeruläre Filtrationsrate; RBF: renaler Blutfluß; ADH:<br />

antidiuretisches Hormon.<br />

Der elektrochemische<br />

Gradient für Natrium von<br />

extra- nach intrazellulär<br />

ist wiederum Antriebskraft<br />

für die luminale Kochsalzaufnahme<br />

durch den Thiazid-sensitiven Na + -<br />

Cl - -Kotransporter (20). Ein Defekt<br />

dieses Kotransporters resultiert nicht<br />

nur in einer verminderten NaCl-Resorption,<br />

sondern immer auch in einer<br />

gesteigerten Kalziumresorption (16).<br />

Anders als in der Henleschen Schleife<br />

erfolgt die Kalziumresorption im distalen<br />

Tubulus transzellulär (Grafik 3).<br />

Kalzium strömt durch spannungsabhängige<br />

Ca ++ -Kanäle aus dem Lumen<br />

in die Zelle und wird basolateral im<br />

Austausch gegen Natrium in das Inter-<br />

A-1844<br />

(36) Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 30, 24. Juli 1998

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