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Dissoziative Anfälle: Eine Herausforderung für Neurologen und ...

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MEDIZIN<br />

ÜBERSICHTSARBEIT<br />

<strong>Dissoziative</strong> <strong>Anfälle</strong>:<br />

<strong>Eine</strong> <strong>Herausforderung</strong> <strong>für</strong> <strong>Neurologen</strong><br />

<strong>und</strong> Psychotherapeuten<br />

Kurt Fritzsche, Kathrin Baumann, Katrin Götz-Trabert, Andreas Schulze-Bonhage<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

Hintergr<strong>und</strong>: Die Prävalenz dissoziativer <strong>Anfälle</strong> liegt zwischen 2 <strong>und</strong> 33 Betroffenen<br />

pro 100 000 Personen. 70 % der Betroffenen sind Frauen. Die Lebensqualität<br />

ist erheblich beeinträchtigt. Die große äußerliche Ähnlichkeit zwischen<br />

epileptischen <strong>und</strong> dissoziativen <strong>Anfälle</strong>n macht die Diagnose schwierig.<br />

Methoden: Selektive Literaturrecherche in PubMed <strong>und</strong> PsycINFO.<br />

Ergebnisse: Menschen mit dissoziativen <strong>Anfälle</strong>n repräsentieren eine heterogene<br />

Patientenpopulation mit einer großen Bandbreite von disponierenden, auslösenden<br />

<strong>und</strong> aufrechterhaltenden Faktoren. Bei etwa 90 % der Patienten finden<br />

sich komorbide psychische Störungen wie Depression, Angststörung, somatoforme<br />

Störungen, Persönlichkeitsstörungen oder posttraumatische Belastungsstörung.<br />

Das Video-EEG-Monitoring erlaubt eine sehr zuverlässige Diagnose.<br />

Die psychotherapeutische Behandlung wird als Therapiemethode erster Wahl<br />

betrachtet. Unter psychotherapeutischer Behandlung kommt es in prospektiven<br />

Studien bei 50 bis 80 % der Patienten zur Anfallsfreiheit oder Anfallsreduktion<br />

um mindestens 50 %. <strong>Eine</strong> Kombination von verhaltenstherapeutischen, imaginativen<br />

<strong>und</strong> psychodynamischen Therapieansätzen, individuell auf den Patienten<br />

abgestimmt, scheint sinnvoll. Zur Behandlung der psychischen Komorbitität<br />

ist eine Kombination aus Psychotherapie <strong>und</strong> Psychopharmaka indiziert.<br />

Vorausgehen soll jedoch eine adäquate Vermittlung der Dia gnose <strong>und</strong> eines<br />

alternativen Krankheitsmodells, am besten gemeinsam durch Neurologe <strong>und</strong><br />

Psychotherapeut.<br />

Schlussfolgerung: Nach Diagnosestellung ist eine psychotherapeutische <strong>und</strong><br />

eventuell psychopharmakologische Behandlung im Rahmen einer langfristigen<br />

Zusammenarbeit zwischen Neurologe, Psychiater, Psychotherapeut <strong>und</strong> Hausarzt<br />

notwendig. Weitere randomisierte Studien sind erforderlich, um adäquate<br />

Behandlungsansätze <strong>für</strong> Subgruppen von Patienten zu entwickeln.<br />

►Zitierweise<br />

Fritzsche K, Baumann K, Götz-Trabert K, Schulze-Bonhage A: Dissociative<br />

episodes: a challenge for neurologists and psychotherapists.<br />

Dtsch Arztebl Int 2013; 110(15): 263−8. DOI: 10.3238/arztebl.2013.0263<br />

Klinik <strong>für</strong> Psychosomatische Medizin <strong>und</strong> Psychotherapie am Universitätsklinikum Freiburg:<br />

Prof. Dr. med. Fritzsche, Dr. med. Baumann, Dr. med. Götz-Trabert<br />

Sektion <strong>für</strong> Epileptologie am Neurozentrum des Universitätsklinikums Freiburg:<br />

Prof. Dr. med. Schulze-Bonhage<br />

<strong>Dissoziative</strong> <strong>Anfälle</strong> ähneln epileptischen <strong>Anfälle</strong>n,<br />

jedoch fehlen elektrophysiologische Korrelate.<br />

Symptome sind unter anderem Störungen des<br />

Bewusstseins, zum Beispiel Trance, Stupor oder Amnesie<br />

<strong>und</strong> hypermotorische <strong>Anfälle</strong> in Form von mehr oder<br />

weniger rhythmischen Bewegungen von Kopf oder<br />

Rumpf, Versteifungen der Muskulatur <strong>und</strong> tremorartige<br />

Bewegungen. In den gegenwärtigen diagnostischen<br />

Manualen (DSM-IV, ICD-10) werden diese Anfallsbilder<br />

als Manifestation einer dissoziativen oder Konversionsstörung<br />

diagnostiziert (e1). Das bedeutet, dissoziative<br />

<strong>Anfälle</strong> unterliegen nicht der bewussten Kontrolle<br />

der Patientin <strong>und</strong> werden als unfreiwillige Antwort auf<br />

emotionale Belastungen verstanden (1, e2, e3).<br />

Bei circa 90 % der Patientinnen mit dissoziativen<br />

<strong>Anfälle</strong>n wird eine psychiatrische Komorbidität dia -<br />

gnostiziert (2, 3) (Tabelle).<br />

Bei circa 10 % der Patientinnen mit dissoziativen <strong>Anfälle</strong>n<br />

bestehen zusätzlich epileptische <strong>Anfälle</strong>, die fast<br />

immer der Manifestation von dissoziativen <strong>Anfälle</strong>n vorausgehen<br />

(e4). Die Häufigkeit von dissoziativen <strong>Anfälle</strong>n<br />

liegt in den USA zwischen 2 <strong>und</strong> 33 Betroffenen von<br />

100 000 Personen (e5, e6), davon etwa 70 % Frauen.<br />

Die Prognose gilt als ungünstig. Bei etwa 40 % der Patientinnen<br />

treten die <strong>Anfälle</strong> auch noch nach zwei Jahren<br />

in unveränderter oder sogar zunehmender Frequenz auf<br />

(4). Etwa 20 % der Patientinnen hatten innerhalb von 18<br />

Monaten nach Erstdiagnose einen Suizidversuch unternommen<br />

(5).<br />

Methodik<br />

Die Autoren führten eine selektive Literaturrecherche<br />

in PubMed <strong>und</strong> PsycINFO durch. Als Datengr<strong>und</strong>lage<br />

dienten Übersichtsarbeiten sowie Originalarbeiten<br />

von 1966 bis Dezember 2011. Suchbegriffe<br />

waren „psychogenic non-epileptic seizures“,<br />

„dissociative disorder“, „conversion disorder“,<br />

„pseudo-seizures“, „psychopathology“, „treatment“,<br />

„treatment outcome“, „psychotherapy“, „psychosocial<br />

interventions“, „clinical trial“.<br />

Bei den Übersichtsarbeiten wurde ein systematisches<br />

Cochrane-Review von 2009 berücksichtigt (6).<br />

Die Ergebnisse von Studien zur Diagnosemitteilung<br />

<strong>und</strong> zu psychotherapeutischen Behandlungsansätzen<br />

stehen im Mittelpunkt dieser Übersicht.<br />

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 15 | 12. April 2013 263


MEDIZIN<br />

FALLBEISPIEL<br />

Die 57 Jahre alte Patientin, von Beruf Krankenschwester, wurde wegen unklarer <strong>Anfälle</strong> stationär in einem Epilepsiezentrum<br />

aufgenommen. Bei den <strong>Anfälle</strong>n liegt die Patientin auf dem Bauch <strong>und</strong> ruft nach ihrem Ehemann. Dabei gibt sie Geräusche<br />

wie Keuchen <strong>und</strong> Wimmern von sich. Vom Ehemann wurde ein Zucken in allen Extremitäten, hauptsächlich in den Armen,<br />

beobachtet. Sie sei durch Rufen ihres Namens, Schütteln <strong>und</strong> in den Arm kneifen nicht ansprechbar gewesen. Das Video-<br />

EEG-Monitoring ergibt keinen Hinweis <strong>für</strong> das Vorliegen einer Epilepsie. Es besteht der dringende Verdacht auf dissoziative<br />

<strong>Anfälle</strong>. Die Patientin wurde von der biologischen Mutter nach der Geburt weggegeben <strong>und</strong> mit sechs Monaten adoptiert.<br />

Sie wuchs dann in einem „sehr guten“ Ersatzmilieu auf. Im Alter von 12 Jahren kam es durch den Wechsel auf eine Internatsschule<br />

zu einer erneuten Trennung. Vier Jahre vor Beginn der <strong>Anfälle</strong> wechselte sie nach 14 Jahren Arbeit in der Kinderklinik<br />

(„wie ihre Familie“) in eine Onkologieambulanz. Dort war sie hohen seelischen Belastungen ausgesetzt: Sie hatte<br />

sich von Patienten zu Hause anrufen lassen, war auf Beerdigungen gegangen <strong>und</strong> konnte sich innerlich nicht abgrenzen.<br />

Ständig musste sie den Tod ihrer Patienten verkraften. Dies führte zu fortwährender Aktualisierung ihres frühkindlichen Trennungsstresses.<br />

In dieser Zeit nahm die Patientin über 10 kg an Gewicht ab <strong>und</strong> entwickelte depressive Zustände mit sozialem<br />

Rückzug, Verlust des Antriebs <strong>und</strong> der Lebensfreude. Die „<strong>Anfälle</strong>“ traten etwa einmal pro Woche auf, hauptsächlich<br />

dann, wenn eine Trennung von ihrem Ehemann bevorstand, zum Beispiel morgens, bevor er einige Tage beruflich verreiste<br />

oder am Abend davor.<br />

Ergebnisse<br />

Zwischen 20 <strong>und</strong> 30 % der Patientinnen, die wegen<br />

refraktärer Epilepsie in ein Epilepsiezentrum eingewiesen<br />

werden, erhalten die Diagnose dissoziativer<br />

<strong>Anfälle</strong> (e7). Es vergehen im Durchschnitt sieben<br />

Jahre, bis die richtige Diagnose einer dissoziativen<br />

Störung gestellt wird (e8). <strong>Eine</strong> verschleppte Dia -<br />

gnosestellung kann Komplikationen haben: unerwünschte<br />

Nebenwirkungen von antiepileptischer<br />

Medikation, iatrogene Komplikationen zum Beispiel<br />

durch Verletzung der Stimmbänder bei einer Intubation<br />

oder ein Pneumothorax bei Anlage eines zentralvenösen<br />

Zugangs während der intensivmedizinischen<br />

Behandlung eines sogenannten pseudoepileptischen<br />

Status (e9), Ges<strong>und</strong>heitskosten, die aus unnötiger<br />

Krankenhausbehandlung beziehungsweise<br />

Krankschreibung resultieren, verzögerte Überweisung<br />

in eine psychotherapeutische Behandlung <strong>und</strong><br />

Probleme <strong>und</strong> Einschränkungen im Berufsleben <strong>und</strong><br />

privaten Bereich (e10).<br />

Diagnostisches Vorgehen<br />

Der Verdacht einer dissoziativen Störung wird zunächst<br />

auf der Basis der Anamnese, klinischen Untersuchung<br />

<strong>und</strong> durch orientierende psychopathologische<br />

Exploration insbesondere chronischer <strong>und</strong> aktueller<br />

Belastungsfaktoren gestellt. Die wichtigsten<br />

Differenzialdiagnosen sind epileptische <strong>Anfälle</strong> <strong>und</strong><br />

Synkopen. Wichtige Punkte in der Anamnese sind:<br />

spezifische Trigger <strong>für</strong> die Anfallsauslösung wie<br />

„Stress“ <strong>und</strong> „Aufregung“, Schmerzen, bestimmte<br />

Bewegungsmuster wie schüttelnde Kopfbewegungen<br />

oder irreguläre, asynchrone Extremitätenbewegungen,<br />

Geräusche <strong>und</strong> Licht. Auffällig sind auch die<br />

Umstände, unter denen sich ein Anfall ereignet, zum<br />

Beispiel im Wartezimmer des Hausarztes, der Klinik,<br />

oder während der klinischen Untersuchung (e11).<br />

Linguistische Studien zeigen, dass die Analyse der<br />

Anfallsschilderung, eine Unterscheidung zwischen<br />

epileptischen <strong>und</strong> dissoziativen <strong>Anfälle</strong>n ermöglicht<br />

(7, e12).<br />

Die folgenden Verhaltensweisen <strong>und</strong> Zeichen lassen<br />

dissoziative <strong>Anfälle</strong> vermuten:<br />

● Beginn oder Ende sind sehr allmählich<br />

● Pseudoschlaf (eine länger anhaltende Areaktivität<br />

mit geschlossenen Augen, die an Schlaf erinnert,<br />

aus der der Patient jedoch nicht durch<br />

äußere Stimuli erweckbar ist <strong>und</strong> bei dem bei<br />

Registrierung des EEG keine Schlafmuster vorliegen)<br />

● diskontinuierliche (pausierende), irreguläre<br />

oder asynchrone Bewegungen mehrerer Extremitäten,<br />

Kopfschütteln, Vorschieben des Beckens,<br />

Krampf in der Streckmuskulatur des Rückens<br />

mit starker Rückwärtsneigung des Kopfes<br />

<strong>und</strong> Überstreckung von Rumpf <strong>und</strong> Extremitäten<br />

(Ophistotonus), Weinen<br />

● während des Anfalls forcierter Augenschluss<br />

● Modifikation des Verhaltens durch einen Untersucher<br />

(zum Beispiel Abwendung)<br />

● erhaltenes Bewusstsein <strong>und</strong> Interaktion mit<br />

dem Untersucher trotz bilateraler motorischer<br />

Aktivität<br />

● nach dem Anfall Flüstern <strong>und</strong> fortgeführte umschriebene<br />

motorische Phänomene<br />

In einer prospektiven Studie (8) konnten sechs Anfallsmerkmale<br />

identifiziert werden, die dissoziative von<br />

epileptischen <strong>Anfälle</strong>n unterschieden. Die Merkmale <strong>für</strong><br />

dissoziative <strong>Anfälle</strong> waren: erhaltenes Bewusstsein während<br />

des Anfalls, Augenflattern <strong>und</strong> die Möglichkeit von<br />

Dabeistehenden die Intensität des Anfalls zu beeinflussen.<br />

Die Merkmale <strong>für</strong> epileptische <strong>Anfälle</strong> waren: ein<br />

abrupter Beginn, geöffnete oder erweiterte Augenlider<br />

<strong>und</strong> Schlaf oder Verwirrung nach dem Anfall.<br />

Kein einzelnes Merkmal ist pathognomonisch <strong>für</strong><br />

dissoziative <strong>Anfälle</strong>, zum Beispiel sind erhaltenes Bewusstsein<br />

<strong>und</strong> Interaktion mit dem Untersucher bei<br />

Frontallappen-Epilepsien durchaus auch möglich.<br />

264 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 15 | 12. April 2013


MEDIZIN<br />

EEG-Diagnostik<br />

Die Fehlinterpretation physiologischer Varianten<br />

oder Artefakte im EEG ist ein wichtiger Gr<strong>und</strong>, warum<br />

dissoziative <strong>Anfälle</strong> häufig als Epilepsie fehl -<br />

diagnostiziert werden (e13, e14). Das Video-EEG-<br />

Monitoring (VEEG) erlaubt die Diagnose mit einem<br />

sehr hohen Grad von Zuverlässigkeit <strong>und</strong> ist der<br />

Goldstandard <strong>für</strong> die Diagnose von dissoziativen <strong>Anfälle</strong>n<br />

(e15, e16). Das Video-EEG-Monitoring dient<br />

der simultanen Aufzeichnung klinischer Anfallsepisoden<br />

mit Video <strong>und</strong> EEG zur detaillierten Analyse<br />

des Anfallsverlaufes <strong>und</strong> zum Ausschluss unterliegender<br />

epileptischer Entladungen im EEG. <strong>Eine</strong> besondere<br />

<strong>Herausforderung</strong> stellt die Koexistenz von<br />

epileptischen <strong>und</strong> dissoziativen <strong>Anfälle</strong>n dar (9).<br />

Diagnosemitteilung<br />

Die große äußerliche Ähnlichkeit zwischen epileptischen<br />

<strong>und</strong> dissoziativen <strong>Anfälle</strong>n <strong>und</strong> die oft schon viele<br />

Jahre bestehende Diagnose einer Epilepsie mit meist<br />

erfolgloser Behandlung machen die Diagnosemitteilung<br />

von dissoziativen <strong>Anfälle</strong>n <strong>für</strong> Ärztin <strong>und</strong> Patient<br />

schwierig. Der Anfall selbst wird von Patientinnen als<br />

etwas Beängstigendes <strong>und</strong> sehr Beschämendes erlebt.<br />

Viele Patientinnen können nur sehr <strong>und</strong>ifferenziert über<br />

das Anfallsgeschehen berichten <strong>und</strong> haben, wenn überhaupt,<br />

nur bruchstückhafte Erinnerungen. Oft berichten<br />

sie von bestimmten flashbackartigen Erlebnissen oder<br />

alptraumartigen Szenarien, die sie während des Anfalls<br />

durchmachen.<br />

Verwirrung, Ärger, Verleugnung <strong>und</strong> Suizidgedanken<br />

werden als Reaktionen auf die Diagnosemitteilung<br />

berichtet (5, e17–e20). Dazu kommt, dass Patientinnen<br />

oft nur sehr widerstrebend akzeptieren<br />

können, dass emotionaler Stress, zum Beispiel verursacht<br />

durch interpersonelle Probleme, dissoziative<br />

<strong>Anfälle</strong> verursachen kann (e21). Ein gemeinsames,<br />

umfassendes Verständnis der Diagnose aus neurologischer,<br />

psychiatrischer <strong>und</strong> psychotherapeutischer<br />

Sicht ist notwendig (10, 11, e22, e23).<br />

<strong>Eine</strong> kompetente Kommunikation über die Art der<br />

<strong>Anfälle</strong> reduziert die Anfallshäufigkeit um über<br />

50 % (12) <strong>und</strong> führt zu geringerer Inanspruchnahme<br />

des Ges<strong>und</strong>heitswesens (4, 13, 14, e19, e24–e26).<br />

<strong>Eine</strong> direkte Überweisung in eine psychotherapeutische<br />

Behandlung ist jedoch schwierig <strong>und</strong> wird von<br />

den Patientinnen selten akzeptiert (15). Zwischenschritte,<br />

die auf einer Kooperation zwischen <strong>Neurologen</strong><br />

<strong>und</strong> Psychotherapeuten beruhen, sind notwendig.<br />

<strong>Eine</strong> adäquate Mitteilung der Diagnose kann die<br />

Akzeptanz einer psychotherapeutischen Behandlung<br />

erleichtern (12, e27).<br />

Hierzu liegen mehrere Manuale vor (14, 16, 17).<br />

Die Schritte der Diagnosemitteilung sind in Kasten 1<br />

aufgeführt.<br />

Das Thema sexualisierte Gewalt wird nicht aktiv<br />

erfragt, weil die Erfahrung zeigt, dass das unvor -<br />

bereitete Explorieren traumatischer Geschehnisse<br />

manchmal zu nicht steuerbaren <strong>und</strong> belastenden<br />

emotionalen <strong>und</strong> dissoziativen Zuständen führen<br />

TABELLE<br />

Psychische Komorbidität bei dissoziativen <strong>Anfälle</strong>n*<br />

Art der Störung<br />

somatoforme Störungen<br />

andere dissoziative Störungen<br />

posttraumatische Belastungsstörung<br />

depressive Störungen<br />

Angststörungen<br />

Persönlichkeitsstörungen<br />

*modifiziert nach (2, 3)<br />

12-Monats-<br />

Prävalenz<br />

22–84 %<br />

22–91 %<br />

35–49 %<br />

57–85 %<br />

11–50 %<br />

25–67 %<br />

kann. Vom <strong>Neurologen</strong> ist Feinfühligkeit <strong>und</strong> Flexibilität<br />

gefordert, wenn es bei der Patientin zu verbaler<br />

oder nonverbaler Abwehrhaltung <strong>und</strong> Skepsis gegenüber<br />

einer psychotherapeutischen Mitbehandlung<br />

kommt.<br />

Dieses Vorgehen bewirkte in einer nichtkontrollierten<br />

Studie (16) bei den teilnehmenden Patientinnen<br />

<strong>und</strong> Patienten (n = 50) nach drei Monaten folgende<br />

Effekte: 14 % der Patientinnen waren anfallsfrei,<br />

63 % hatten eine mehr als 50%-ige Reduktion<br />

ihrer Anfallshäufigkeit. Nur 4 % waren nach der<br />

Diagnosemitteilung verärgert. 86 % konnten akzeptieren,<br />

dass möglicherweise psychische Faktoren bei<br />

der Anfallsauslösung eine Rolle spielen. Zusätzlich<br />

bekamen die Teilnehmer noch eine circa 20-seitige<br />

Informationsbroschüre, <strong>und</strong> die <strong>Neurologen</strong> standen<br />

<strong>für</strong> weitere Fragen zur Verfügung, was von den Teilnehmern<br />

ebenfalls überwiegend (95 %) als positiv<br />

bewertet wurde. Ähnliche Ergebnisse fanden Aboukasm<br />

et al. 1998 (12) nach der Anwendung des Dia -<br />

gnosemitteilungsprotokolls von Shen et al. 1990<br />

(14), bei einer allerdings retrospektiven Analyse von<br />

61 ambulanten Patientinnen.<br />

Zukünftige Studien sollten folgende Fragen untersuchen:<br />

● Wer soll die Diagnose mitteilen (13, e28)?<br />

● Hat die Terminologie, zum Beispiel nichtepileptischer<br />

<strong>Anfälle</strong> versus dissoziativer <strong>Anfälle</strong><br />

eine Auswirkung auf den Verlauf (e29–e32)?<br />

● Wann sollte die antiepileptische Medikation abgesetzt<br />

werden (e33)?<br />

Die Langzeitergebnisse zeigten, dass die Anfalls -<br />

häufigkeit nach manualisierter Diagnosemitteilung<br />

zwar abnimmt, aber im Langzeitverlauf wieder zunimmt.<br />

<strong>Eine</strong> anschließende Psychotherapie ist die<br />

Behandlung der Wahl (4, 18).<br />

Psychotherapeutische Behandlungsansätze<br />

Unterschiedliche Faktoren sind bei der Entstehung<br />

<strong>und</strong> Aufrechterhaltung der <strong>Anfälle</strong> beteiligt. Die Unterschiede<br />

betreffen:<br />

● das Geschlecht (18)<br />

● das Alter (e34)<br />

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 15 | 12. April 2013 265


MEDIZIN<br />

KASTEN 1<br />

Vorgehen zur Diagnosemitteilung <strong>und</strong> zur<br />

Veränderungsmotivation*<br />

● Diagnosemitteilung<br />

– Ernstnehmen der <strong>Anfälle</strong> als bedrohlich <strong>und</strong> einschränkend<br />

– eventuell gemeinsames Anschauen der <strong>Anfälle</strong> auf Video<br />

– Benennung der <strong>Anfälle</strong> als dissoziative <strong>Anfälle</strong><br />

– betonen, dass es auch andere Patienten mit dissoziativen <strong>Anfälle</strong>n gibt<br />

● Psychoedukation<br />

– es handelt sich nicht um epileptische <strong>Anfälle</strong><br />

– antiepileptische Medikamente wirken nicht <strong>und</strong> können abgesetzt werden<br />

– auslösende Faktoren <strong>für</strong> die <strong>Anfälle</strong> können belastende emotionale Ereignisse<br />

oder anderer Stress sein<br />

– Entwicklung eines individuellen, auch aktuelle psychosoziale Faktoren einschließenden<br />

Krankheitsmodells<br />

● Veränderungsmotivation<br />

– psychotherapeutische Behandlung ist wirksam<br />

– Hinzuziehung eines Psychotherapeuten<br />

– Vermittlung von Hoffnung auf Sistieren oder Reduktion der <strong>Anfälle</strong><br />

*modifiziert nach (14, 16, 17)<br />

KASTEN 2<br />

Psychotherapeutische Interventionen<br />

● Kognitiv-behaviorale Interventionen (20)<br />

– Erarbeiten von Frühwarnzeichen auf der Ebene der Gedanken, der Gefühle,<br />

des Körpers <strong>und</strong> des Verhaltens durch Führen eines Symptomtagebuches<br />

– Erhöhung der Kontrolle über Dissoziation durch Aufmerksamkeitslenkung<br />

auf starke Sinnesreize<br />

– Senken der emotionalen Verw<strong>und</strong>barkeit durch ges<strong>und</strong>e Ernährung, ausreichend<br />

Bewegung <strong>und</strong> Schlaf<br />

– Verbesserung der Gefühlsregulation durch Erlernen von Strategien zur Gefühls-<br />

<strong>und</strong> Spannungsregulation<br />

– Vermittlung von Problemlösetechniken <strong>und</strong> Trainieren sozialer Kompetenz<br />

– Exposition <strong>und</strong> Reizdiskrimination zum Abbau von Vermeidungsverhalten<br />

● Psychodynamische Interventionen (21–23)<br />

– Bearbeitung unbewusster, interpersoneller, vergangener <strong>und</strong> aktueller Konflikte<br />

– therapeutische Arbeit an strukturellen Beeinträchtigungen<br />

– spezifische Bearbeitung der Traumaerlebnisse zum Beispiel durch psycho -<br />

dynamisch imaginative Traumatherapie (23)<br />

– Erarbeiten <strong>und</strong> Verändern von dysfunktionalen interpersonellen Beziehungsmustern<br />

aus Vergangenheit <strong>und</strong> Gegenwart<br />

– Herstellung von Zusammenhängen zwischen dem Auftreten unangenehmer<br />

Gefühle in der Gegenwart mit negativen Erfahrungen in der Vergangenheit<br />

– Aufklärung der Zusammenhänge zwischen dysfunktionalen Beziehungsmustern<br />

<strong>und</strong> der Anfallssymptomatik<br />

– Nutzung der therapeutischen Beziehung (Übertragung <strong>und</strong> Gegenübertragung)<br />

– Förderung der Übertragung bei neurotischer Genese, Begrenzung der<br />

Übertragung bei traumatischer Genese<br />

● sexualisierte Gewalterfahrung (e35)<br />

● kognitive Einschränkungen (e35)<br />

● die Ursachenzuschreibung <strong>und</strong><br />

● das Krankheitsverhalten (e23, e36–e38).<br />

Einige Patientinnen werden regelmäßig wegen der<br />

<strong>Anfälle</strong> hospitalisiert, vor allem im pseudoepileptischen<br />

Status, andere entwickeln nur gelegentliche<br />

<strong>Anfälle</strong>, zum Beispiel in Phasen von besonders konflikthaften<br />

beziehungsweise stressbeladenen Lebenssituationen.<br />

Die Heterogenität der Ursachen legt nahe,<br />

Behandlungsziele <strong>und</strong> Behandlungsmethoden an<br />

die Problematik des einzelnen Patientinnen anzupassen<br />

(19). Es liegen Erfahrungen mit kognitiver Verhaltenstherapie,<br />

psychodynamischer Psychotherapie<br />

<strong>und</strong> Hypnose vor (Kasten 2).<br />

Studienübersicht zur Wirksamkeit von Psychotherapie<br />

Aufgenommen wurden nur randomisiert kontrollierte<br />

Studien oder zumindest prospektive Studien, auch<br />

ohne Kontrollgruppe (24–33) (eTabelle 1). Unter<br />

psychotherapeutischer Behandlung kommt es in prospektiven<br />

Studien bei 50 bis 80 % der Patienten zur<br />

Anfallsfreiheit oder Anfallsreduktion um mindestens<br />

50 %. Kognitiv-behaviorale Behandlungsansätze im<br />

Rahmen eines multidisziplinären Teams scheinen gemäß<br />

der aktuellen Studienlage am ehesten wirksam.<br />

Nur zwei Studien weisen ein kontrolliert randomisiertes<br />

Design auf (24, 28). In der Studie von Ataoglu<br />

et al. 2003 (24) fand sich zwar eine signifikante<br />

Abnahme der Anfallshäufigkeit in der Interventionsgruppe<br />

im Vergleich zur Kontrollgruppe, aber es bestehen<br />

methodische Mängel: zum Beispiel kleine<br />

Anzahl (n = 15) von Patienten in jedem Therapiearm,<br />

die Interventionsgruppe wurde stationär behandelt,<br />

die Kontrollgruppe nur ambulant.<br />

In der Studie von Goldstein et al. (28), die methodisch<br />

von hoher Qualität ist, fand sich nach Therapieende<br />

eine signifikante Anfallsreduktion (p =<br />

0,002) in der Interventionsgruppe von 12,0 auf 2,0<br />

pro Monat (Kontrollgruppe von 8,00 auf 6,75 pro<br />

Monat) mit einer mittleren bis hohen Effektstärke (d<br />

= 0,75). Nach sechs Monaten betrug die Anfallshäufigkeit<br />

in der Behandlungsgruppe 1,5 <strong>Anfälle</strong> <strong>und</strong> in<br />

der Kontrollgruppe 5,0 pro Monat. Dieser Unterschied<br />

war nicht mehr signifikant.<br />

Es gibt Hinweise, dass Patienten, die die Diagnose<br />

akzeptieren (2, 5), <strong>und</strong> bei denen ein akut durch äußere<br />

Stressbelastung ausgelöster Anfall auftrat, bei<br />

einer ansonsten guten psychischen <strong>und</strong> körperlichen<br />

Lebensqualität ohne manifeste Psychopathologie am<br />

meisten von einer psychotherapeutischen Behandlung<br />

profitieren (2, 4, 28, e10).<br />

Psychopharmakologische Behandlung<br />

Die psychische Komorbidität erfordert sehr häufig<br />

den Einsatz von Psychopharmaka. Folgende Empfehlungen<br />

können gegeben werden (e39): Bei Panikstörungen<br />

sind selektive Serotonin-Reuptake-Hemmer<br />

(SSRI) beziehungsweise selektiven Serotonin-<br />

Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, zum Bei-<br />

266 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 15 | 12. April 2013


MEDIZIN<br />

spiel Venlafaxin-Substanzen, die erste Wahl. Bei<br />

Schlafstörungen können neben niedrig potenten Antipsychotika<br />

auch Antidepressiva wie zum Beispiel<br />

Trimipramin oder Mirtazapin eingesetzt werden. Die<br />

längerfristige Gabe von Benzodiazepinen verstärkt<br />

die dissoziative Symptomatik (34). Bei depressiver<br />

Symptomatik sind SSRI, zum Beispiel Sertralin, bei<br />

Nichtansprechen Venlafaxin oder Mirtazapin wirksam.<br />

Auch Trizyklika oder MAO-Inhibitoren können<br />

zur Pharmakotherapie der Depression eingesetzt<br />

werden. Bei Patientinnen mit Borderline-Störung,<br />

bei denen erhebliche Affektinstabilität zu Selbstverletzungen<br />

führt, werden atypische Antipsychotika<br />

wie zum Beispiel Olanzapin (35, 36, e40) oder Aripiprazol<br />

(37, e41), auch in Kombination mit SSRI oder<br />

Stimmungsaufhellern, zum Beispiel Lamotrigin oder<br />

Valproat, empfohlen. Der Einsatz von Psychopharmaka<br />

sollte nur in Kombinationsbehandlung mit<br />

Psychotherapie <strong>und</strong> in genauer Abstimmung mit dem<br />

Gesamtbehandlungskonzept erfolgen (e39).<br />

Empfehlungen<br />

Auch wenn erst wenige systematische kontrollierte<br />

Therapiestudien vorliegen, besteht doch gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

Einigkeit darüber, dass Psychotherapie das Mittel<br />

der Wahl ist (2, 22, 38). Die Behandlung sollte in<br />

drei Stufen erfolgen (38, e42):<br />

● Diagnosemitteilung mit Entwicklung eines alternativen<br />

Krankheitsmodells <strong>und</strong> Motivierung<br />

<strong>für</strong> eine psychosomatische Exploration <strong>und</strong> anschließende<br />

psychotherapeutische Behandlung<br />

● Kognitiv-behaviorale Interventionen zur Anfallsunterbrechung<br />

● Auseinandersetzung mit inneren Konflikten,<br />

abhängig von den zugr<strong>und</strong>eliegenden Ursachen,<br />

zum Beispiel Gewalterfahrung in der<br />

Kindheit, akut belastende Lebensereignisse <strong>und</strong><br />

der psychischen Belastbarkeit der Patientin.<br />

● Erkennung <strong>und</strong> Behandlung komorbider psychischer<br />

Störungen<br />

Es können zurzeit jedoch keine evidenzbasierten<br />

Aussagen über Indikationskriterien <strong>für</strong> differenzielle<br />

psychotherapeutische Vorgehensweisen, über prä -<br />

diktive Faktoren des Behandlungsverlaufs <strong>und</strong> andere<br />

wichtige Prozessaspekte gemacht werden. Angesichts<br />

der Heterogenität der zugr<strong>und</strong>eliegenden<br />

Genese (psychodynamisch wirksamer unbewusster<br />

neurotischer Konflikt, Trauma, konditionierende<br />

Lernvorgänge) <strong>und</strong> der oft bestehenden psychischen<br />

Komorbidität überrascht dies nicht. Wahrscheinlich<br />

sind verschiedene Formen von psychotherapeu -<br />

tischer Behandlung, angepasst an das aktuelle Problem<br />

<strong>und</strong> die individuelle Ätiologie des Patienten,<br />

am besten geeignet, eine langfristige Anfallsreduk -<br />

tion, verb<strong>und</strong>en mit besserem emotionalem Befin -<br />

den <strong>und</strong> besserer Lebensqualität zu erreichen (e43,<br />

e44).<br />

Zukünftige Studien sollten ein kontrolliert randomisiertes<br />

Studiendesign aufweisen. Weiterhin sollte<br />

geprüft werden, welche spezifischen Interventionen<br />

<strong>für</strong> welche Patientengruppe (akut versus chronisch,<br />

mit <strong>und</strong> ohne Trauma, mit <strong>und</strong> ohne geistige Behinderung)<br />

am besten geeignet sind (Differenzialindikation).<br />

Primäre Endpunkte sollten sein: Anzahl <strong>und</strong><br />

Intensität der <strong>Anfälle</strong> <strong>und</strong> Lebensqualität. Sek<strong>und</strong>äre<br />

Endpunkte können sein: psychische Komorbidität<br />

wie Angst <strong>und</strong> Depressivität, soziale Integration, Arbeitsfähigkeit,<br />

Anzahl der Krankenhausbehandlungen,<br />

Motivation <strong>für</strong> Psychotherapie <strong>und</strong> Zufriedenheit<br />

mit der Behandlung.<br />

KERNAUSSAGEN<br />

● <strong>Dissoziative</strong> <strong>Anfälle</strong> ähneln epileptischen <strong>Anfälle</strong>n, jedoch<br />

fehlen elektrophysiologische Korrelate.<br />

● Patienten mit dissoziativen <strong>Anfälle</strong>n leiden häufig auch<br />

unter weiteren psychischen Störungen.<br />

● <strong>Eine</strong> adäquate Diagnosemitteilung hat Einfluss auf die<br />

Anfallshäufigkeit <strong>und</strong> den weiteren Krankheitsverlauf.<br />

● Die Heterogenität in den Ursachen dissoziativer <strong>Anfälle</strong><br />

erfordert die psychotherapeutische Behandlung an die<br />

Problematik des einzelnen Patienten anzupassen.<br />

● Kognitiv-behaviorale Behandlungsansätze im Rahmen<br />

eines multidisziplinären Teams scheinen am ehesten<br />

wirksam.<br />

Interessenkonflikt<br />

Prof. Schulze-Bonhage erhielt Fördermittel <strong>und</strong> ein Honorar <strong>für</strong> die Erstellung<br />

einer DVD über <strong>Dissoziative</strong> <strong>Anfälle</strong> von Novartis.<br />

Die restlichen Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.<br />

Manuskriptdaten<br />

eingereicht: 26. 9. 2012, revidierte Fassung angenommen: 14. 1. 2013<br />

LITERATUR<br />

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Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 15 | 12. April 2013 267


MEDIZIN<br />

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225–8.<br />

Anschrift <strong>für</strong> die Verfasser<br />

Prof. Dr. med. Kurt Fritzsche<br />

Abteilung <strong>für</strong> Psychosomatische Medizin <strong>und</strong><br />

Psychotherapie am Universitätsklinikum Freiburg<br />

Hauptstraße 8<br />

79104 Freiburg<br />

kurt.fritzsche@uniklinik-freiburg.de<br />

Zitierweise<br />

Fritzsche K, Baumann K, Götz-Trabert K, Schulze-Bonhage A: Dissociative<br />

episodes: a challenge for neurologists and psychotherapists.<br />

Dtsch Arztebl Int 2013; 110(15): 263−8. DOI: 10.3238/arztebl.2013.0263<br />

@<br />

Mit<br />

„e“ gekennzeichnete Literatur:<br />

www.aerzteblatt.de/lit1513<br />

The English version of this article is available online:<br />

www.aerzteblatt-international.de<br />

268 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 15 | 12. April 2013


MEDIZIN<br />

eTABELLE<br />

Übersicht Behandlungsstudien<br />

Studie/Land/<br />

Setting<br />

Ataoglu et al.<br />

2003;<br />

(24)<br />

Türkei<br />

psychiatrische<br />

Universitätsklinik<br />

stationär<br />

Betts et al.<br />

1992<br />

(25)<br />

England<br />

psychiatrische<br />

Klinik<br />

stationär<br />

Buchanan et al.<br />

1993 (26)<br />

Australien<br />

Epilepsie -<br />

zentrum<br />

ambulant<br />

Goldstein et al.<br />

2004 (27)<br />

England<br />

neuro -<br />

psychiatrische<br />

Abteilung<br />

Allgemein -<br />

krankenhaus<br />

ambulant<br />

Goldstein et al.<br />

2010 (28)<br />

England<br />

neuro -<br />

psychiatrische<br />

Abteilung<br />

Allgemeinkrankenhaus<br />

ambulant<br />

psychische<br />

Diagnosen<br />

kein psychodiagnostisches<br />

Interview<br />

kein psychodiagnostisches<br />

Interview<br />

kein psychodiagnostisches<br />

Interview<br />

klinische Diagnosen in der<br />

Gruppe mit chronischen<br />

<strong>Anfälle</strong>n (N = 32):<br />

Persönlichkeitsstörungen<br />

N = 14,<br />

Angststörungen N = 7,<br />

Major Depression N = 4,<br />

somatoforme Störungen<br />

N = 2,<br />

artifizielle Störung N = 1<br />

Anpassungs störung N = 1,<br />

intellektuelle Retardierung<br />

N = 1<br />

N = 3 PS;<br />

davon N = 2<br />

Major Depression<br />

etwa 50 % komorbide<br />

psychische Diagnose<br />

Studiendesign<br />

Anzahl der<br />

Patienten<br />

Interventionsgruppe<br />

Alter M (SD)<br />

Geschlecht<br />

weiblich<br />

randomisiert/<br />

kontrolliert<br />

N = 15<br />

23 (16–30)<br />

100 %<br />

prospektiv<br />

N = 82<br />

davon N = 46<br />

mit zusätzlicher<br />

Epilepsie<br />

keine sozio -<br />

demografischen<br />

Daten<br />

prospektiv<br />

N = 50<br />

(Erwachsene<br />

<strong>und</strong> Kinder)<br />

23,5 (10,5)<br />

72 %<br />

prospektiv<br />

N = 16<br />

87,5 %<br />

randomisiert<br />

kontrolliert<br />

N = 33<br />

37,4 (12,6)<br />

73 %<br />

Behandlung<br />

in der<br />

Interventionsgruppe<br />

Dosis<br />

3 Wochen stationäre<br />

Psychotherapie<br />

2 Sitzungen pro Tag<br />

paradoxe Intention<br />

(PI)<br />

(Logotherapie<br />

nach V. Frankl)<br />

kombinierte<br />

psychotherapeutische<br />

Behandlung mit CBT,<br />

psychotherapeutischer<br />

Beratung,<br />

Familientherapie <strong>und</strong><br />

Tranquilizern<br />

in einem multidisziplinären<br />

Setting<br />

keine Angaben<br />

zur Dosis<br />

akute Gruppe<br />

(N = 18): direkte<br />

Kommunikation<br />

der Diagnose,<br />

psychothera peutische<br />

Unterstützung,<br />

Familientherapie<br />

chronische Gruppe (N<br />

= 32):<br />

Diagnosemitteilung,<br />

supportive<br />

Psychotherapie<br />

12 Einzelsitzungen<br />

CBT einmal<br />

wöchentlich,<br />

2 St<strong>und</strong>en <strong>für</strong> die erste<br />

Sitzung<br />

12 Einzelsitzungen<br />

CBT<br />

einmal wöchentlich,<br />

2 St<strong>und</strong>en<br />

<strong>für</strong> die erste Sitzung<br />

Kontroll -<br />

gruppe<br />

ja/nein<br />

Behandlung<br />

in der<br />

Kontroll -<br />

gruppe<br />

N = 15<br />

Diazepam<br />

5–15 mg<br />

ambulant<br />

nein<br />

nein<br />

nein<br />

N = 33<br />

Standard -<br />

behandlung<br />

mit neuropsychiatrischer<br />

Betreuung,<br />

keine<br />

CBT-Interventionen<br />

Zielvariable<br />

Instrumente<br />

primärer<br />

Endpunkt:<br />

Angstscore in<br />

der HRSA<br />

Sek<strong>und</strong>ärer<br />

Endpunkt:<br />

Anfallshäufigkeit<br />

Anfalls häufigkeit<br />

Anfalls häufigkeit<br />

psychische<br />

Symptome<br />

Arbeitsfähigkeit<br />

bzw.<br />

Schulbesuch<br />

Lebensqualität<br />

Anfalls häufigkeit<br />

WASAS<br />

Fear<br />

Questionnaire<br />

HADS<br />

MHLC<br />

IPQ<br />

Primärer<br />

Endpunkt:<br />

Anfalls häufigkeit<br />

Sek<strong>und</strong>äre<br />

Endpunkte:<br />

WASAS<br />

HADS<br />

Client Service<br />

Receipt<br />

Intentory<br />

Ergebnisse<br />

Follow-up<br />

Follow-up 6 Wochen:<br />

signifikante (z = 2,34; p= 0,015)<br />

Verbesserung des Angstscores<br />

in der PI-Gruppe im Vergleich<br />

zur Kontrollgruppe<br />

signifikante (t = 2,27; p = 0,034)<br />

Abnahme der Anfallshäufigkeit<br />

in der Interventionsgruppe im<br />

Vergleich zur Kontrollgruppe<br />

bei Entlassung: 63 % ohne <strong>Anfälle</strong>,<br />

24 % Abnahme der Häufigkeit<br />

<strong>und</strong> Dauer,<br />

13 % keine Veränderung oder<br />

Verschlechterung.<br />

Follow-up 2 Jahre: 31 % anfallsfrei,<br />

14 % teilweise Besserung,<br />

34 % keine Veränderung oder<br />

Verschlechterung im Vergleich<br />

zu vor der Behandlung,<br />

13 % fehlende Daten,<br />

bei 8 % Diagnose einer Epilepsie<br />

Follow-up 3,1 Jahre (SD 2,3)<br />

akute Gruppe 15/18<br />

(83 %) anfallsfrei, N = 3 deutliche<br />

Anfallsreduktion<br />

chronische Gruppe: 9/32 anfallsfrei,<br />

11/32 deutliche Anfallsreduktion,<br />

8/32 keine Veränderung<br />

Follow-up 6 Monate<br />

81 % mindestens 50 % <strong>und</strong> mehr<br />

Reduktion der Anfallshäufigkeit<br />

44 % anfallsfrei<br />

Verbesserung in den<br />

psychosozialen Variablen<br />

Follow-up 6 Monate,<br />

signifikant höhere Anfallsreduktion<br />

in der Interventionsgruppe<br />

nach Therapieende<br />

(Interventionsgruppe von 12,0 auf<br />

2,0, Kontrollgruppe von 8,00 auf<br />

6,75 pro Monat, p = 0,002) <strong>und</strong> mit<br />

Trend (p = 0,082) nach 6 Monaten.<br />

Beide Gruppen verbesserten sich in<br />

sozialen Parametern <strong>und</strong> hatten<br />

weniger Ges<strong>und</strong>heitskosten.<br />

Keine Veränderung im emotionalen<br />

Befinden<br />

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 15 | 12. April 2013 9


MEDIZIN<br />

Studie/Land/<br />

Setting<br />

Kuyk et al.<br />

2008 (29)<br />

Niederlande<br />

Epilepsiezentrum<br />

stationär,<br />

außer<br />

Wochenende<br />

la France et al.<br />

2009 (30)<br />

USA<br />

neuro -<br />

psychiatrische<br />

Klinik in<br />

Epilepsiezentrum<br />

ambulant<br />

Mayor et al.<br />

2010 (31)<br />

England<br />

Neurologie<br />

am Allgemeinkrankenhaus<br />

ambulant<br />

McDade et al.<br />

1992 (32)<br />

England<br />

Epilepsiezentrum<br />

stationär<br />

Rusch et al.<br />

2001 (33)<br />

USA<br />

Epilepsie -<br />

zentrum,<br />

ambulant<br />

psychische<br />

Diagnosen<br />

kein psycho diagnostisches<br />

Interview<br />

SCID<br />

SID-P<br />

Affektive<br />

Störungen 66,7 %<br />

Angststörungen 52,4 %<br />

Somatoforme<br />

Störungen<br />

(außer dissoziative<br />

Störungen) 14,3 %<br />

Zwanghafte<br />

Persönlichkeitsstörung<br />

(Cluster C) 28,6 %<br />

Impulsivität<br />

(Cluster B) 4,8 %<br />

kein psycho diagnostisches<br />

Interview<br />

kein psycho diagnostisches<br />

Interview<br />

kein psycho diagnostisches<br />

Interview klinisch:<br />

Depression,<br />

Angststörungen,<br />

Substanzabusus<br />

Studiendesign<br />

Anzahl der<br />

Patienten<br />

Interventionsgruppe<br />

Alter M (SD)<br />

Geschlecht<br />

weiblich<br />

prospektiv<br />

N = 24<br />

30,6 (10,8)<br />

77,3 %<br />

prospektiv<br />

N = 21,<br />

davon N = 3<br />

mit Epilepsie<br />

36 (10,4)<br />

81 %<br />

prospektiv<br />

N = 47<br />

45 (20–68)<br />

70,2 %<br />

N = 18,<br />

davon N = 9<br />

mit Epilepsie<br />

34,1<br />

38 %<br />

prospektiv<br />

N = 26<br />

33,8 (11,7)<br />

78 %<br />

Behandlung<br />

in der<br />

Interventionsgruppe<br />

Dosis<br />

4 Wochen<br />

diagnostische Phase<br />

Multidisziplinäre<br />

Behandlung:<br />

kognitive<br />

Restrukturierung,<br />

Trauma behandlung,<br />

Stimulusdifferenzierung,<br />

Coping Skills,<br />

Stressmanagement,<br />

Einzel- <strong>und</strong><br />

Gruppentherapie,<br />

Familientherapie<br />

N = 12<br />

Einzelsitzungen CBT<br />

20 Sitzungen<br />

psychodynamische<br />

interpersonelle Therapie<br />

(PIT)<br />

Individuelle,<br />

supportive<br />

Psychotherapie mit<br />

kognitivbehavioralem<br />

Schwerpunkt<br />

Kunst/<br />

Musiktherapie<br />

Physiotherapie<br />

Einbeziehung<br />

der Familie<br />

Mittlere<br />

Behandlungsdauer<br />

12 Wochen,<br />

max. 6 Monate<br />

Anzahl der<br />

Sitzungen: 9,5<br />

(SD 7,8, Range:<br />

2–30) CBT mit<br />

Expositionstraining,<br />

Verhaltens strategien<br />

im Umgang mit den<br />

<strong>Anfälle</strong>n, Einbeziehung<br />

der Familie,<br />

einsichtsorientierte Interventionen<br />

Kontroll -<br />

gruppe<br />

ja/nein<br />

Behandlung<br />

in der<br />

Kontroll -<br />

gruppe<br />

nein<br />

nein<br />

nein<br />

nein<br />

nein<br />

Zielvariable<br />

Instrumente<br />

Anfalls häufigkeit<br />

Antiepileptika<br />

SCL-90<br />

BDI<br />

STAI<br />

UCL<br />

DISQ<br />

Anfalls häufigkeit<br />

BDI<br />

MHRSD<br />

DTS<br />

DES<br />

BIS<br />

FAD<br />

SCL-90<br />

GAF<br />

OHS<br />

LIFE-RIFT<br />

WoC<br />

QOLIE<br />

Anfalls häufigkeit<br />

Ges<strong>und</strong>heitskosten<br />

PHQ<br />

(CORE-OM)<br />

SF-36<br />

Anfalls häufigkeit<br />

BDI<br />

Anfalls häufigkeit<br />

Ergebnisse<br />

Follow-up<br />

Follow-up 6 Monate,<br />

81 % Anfallsreduktion,<br />

von über 50 %,<br />

davon N = 16 (44 %) anfallsfrei,<br />

Abnahme der psychischen<br />

Belastung <strong>und</strong> Zunahme<br />

der Lebensqualität<br />

Follow-up<br />

nach 4, 8 <strong>und</strong> 12 Monaten<br />

bei N = 16 Reduktion<br />

der <strong>Anfälle</strong> um 50 %,<br />

Verbesserung in allen<br />

psychosozialen Variablen<br />

Follow-up 12 bis 65 Monate<br />

25,5 % anfallsfrei<br />

40,4 % Anfallsreduktion von > 50 %<br />

Berufstätigkeit einziger Prädiktor<br />

<strong>für</strong> Anfallsfreiheit<br />

Ges<strong>und</strong>heitskosten nahmen ab<br />

Follow-up bis 1 Jahr<br />

N = 8 anfallsfrei<br />

N = 3 gelegentliche <strong>Anfälle</strong><br />

N = 5 unverändert<br />

21/26 anfallsfrei<br />

am Ende der Behandlung<br />

5/26 Reduktion der Anfallshäufigkeit<br />

Follow-up 6 Monate:<br />

N = 3 Patienten der Anfallsfreien<br />

hatten erneute <strong>Anfälle</strong>,<br />

die nach 2–3 Sitzungen<br />

wieder sistierten<br />

BDI: Beck Depression Inventory, BIS: Barret Impulsivity Scale, CBT: Cognitive Behavioral Therapy, CORE-OM: Clinical Outcome in Routine Evaluation, DES: Dissociative Experiences Scale,<br />

DISQ: Dissociation Questionnaire, DTS: Davidson Trauma Scale, FAD: Family Assessment Device, GAF: Global Assessment of Functioning, HADS: Hospital Anxiety Depression Scale,<br />

HRSA: Hamilton Rating Scale for Anxiety, IPQ: Illness Perception Questionnaire, LIFE-RIFT: Longitudinal Interval Follow-Up Evaluation Range of Impaired Functioning, MHLC: Multidimen -<br />

sional Health Locus of Control, MHRSD: Modified Hamilton Rating Scale for Depression, OHS: Oxford Handicapped Scale, PHQ: Patient Health Questionnaire, PS: Persönlichkeitsstörungen,<br />

QOLIE: Quality of Life in Epilepsie-31, SCID: Structured Clinical Interview for DSM-IV ACIS-I, SCL-90: Symptom Checklist 90, SF-36: Self-Perceived Health Related Quality of Life, SID-P:<br />

Structured Interview for DSM-IV Personality Disorder, STAI: State-Trade-Inventory, UCL: Utrecht Coping List, WASAS: Work and Social Adjustment Scale, WoC: Ways of Coping<br />

10 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 15 | 12. April 2013


MEDIZIN<br />

ÜBERSICHTSARBEIT<br />

<strong>Dissoziative</strong> <strong>Anfälle</strong>:<br />

<strong>Eine</strong> <strong>Herausforderung</strong> <strong>für</strong> <strong>Neurologen</strong><br />

<strong>und</strong> Psychotherapeuten<br />

Kurt Fritzsche, Kathrin Baumann, Katrin Götz-Trabert, Andreas Schulze-Bonhage<br />

eLITERATUR<br />

e1. Dilling H, Mombour W, Schmidt MH: Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation.<br />

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