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<strong>thun</strong><br />
dasmagazin<br />
spezial<strong>wasser</strong><br />
Kander – Die praktisch «Unzähmbare» aus dem Gasterntal 19<br />
Wasserregulierung – Spezialisten regeln von Bern aus den Seespiegel 22<br />
Segeln – Flavio Marazzi kehrte an den Thunersee zurück 37
EDITORIAL 3<br />
WIR HEIZEN<br />
MÄCHTIG EIN –<br />
DEN GANZEN<br />
TAG!<br />
Wasser – mehr wert als Gold!<br />
«Das Wort ‹Wasser› leitet sich vom althochdeutschen wazzar, ‹das<br />
Feuchte, Fliessende›, ab. Und Wasser besteht aus Molekülen, die<br />
aus zwei Wasserstoffatomen und einem Sauerstoffatom gebildet<br />
werden.» Diese Beschreibung findet man im Web bei Wikipedia<br />
unter dem Begriff Wasser.<br />
Ohne Wasser kein Leben! Dass wir jeden Tag Wasser in genügender<br />
Quantität und Qualität zur Verfügung haben und nutzen können,<br />
ist für uns völlig normal. Doch so selbstverständlich ist das<br />
nicht mehr – es gibt bereits mehrere Regionen auf dieser Welt, die<br />
am Austrocknen sind oder bereits ausgetrocknet sind.<br />
In dieser Sonderausgabe von «<strong>thun</strong>!das magazin» wollen wir<br />
Ihnen einige der Gewässer vorstellen, die unsere natürliche Umgebung<br />
so wunderschön gestalten und unsere Region bereichern.<br />
Und wir zeigen auf, wie Wasser in einigen Bereichen unseres<br />
Lebens genutzt wird. Wir hoffen, dass damit der Respekt gegenüber<br />
dem unschätzbar wertvollen Gut «Wasser» wieder zunimmt.<br />
Denn Wasser ist wertvoller als Gold!<br />
Doch Wasser ist viel mehr als ein Begriff! Wasser ist eine der zentralen<br />
Lebensgrundlagen für die Menschheit auf dieser Erde:<br />
Philippe Haeberli<br />
Leiter Stadtmarketing Thun<br />
Fleisch, Fisch & vegetarisch – aus der Region.<br />
Das Grillrestaurant am Rathausplatz.<br />
Brunnstube Hüniboden: Hier wird Trink<strong>wasser</strong> für die Stadt Thun gefasst.<br />
Bilder: Stadtmarketing/Energie Thun<br />
Krone Grill · Rathausplatz · CH-3600 Thun · www.krone-<strong>thun</strong>.ch<br />
IMPRESSUM ISSN 1662-0992 HERAUSGEBER: Stadtmarketing der Stadt Thun, Obere Hauptgasse 74, 3602 Thun, Tel. 033 225 82 24, E-Mail stadtmarketing@<strong>thun</strong>.ch VERLAG, KONZEPT, REALISATION: Weber AG, Werbeagentur und Verlag, Gwattstrasse 125,<br />
3645 Gwatt, Tel. 033 336 55 55, Fax 033 336 55 56, E-Mail <strong>thun</strong>@weberag.ch LEITUNG: Philippe Haeberli und Tanja Look, Stadt Thun INSERATE: Bernhard Hunziker, Weber AG REDAKTION: Stadt Thun; Marco Oswald, Textcube; Beat Straubhaar, Weber AG;<br />
Heinz Schürch, Schükom TITELBILD: Adrian Aellig, Weber AG AUFLAGE: 60000 Exemplare DRUCK: Swissprinters AG, 4800 Zofingen PAPIER: 100 g/m 2 , holzfrei ungestrichen VERTEILUNG: Stadt Thun, Aeschlen, Allmendingen, Amsoldingen, Bleiken,<br />
Blumenstein, Buchen, Eriz, Fahrni, Forst, Gunten, Gwatt, Heiligenschwendi, Heimberg, Heimenschwand, Hilterfingen, Höfen, Homberg, Horrenbach-Buchen, Hünibach, Innereriz, Längenbühl, Merligen, Oberhofen, Pohlern, Ringoldswil, Schwanden Sigriswil,<br />
Schwarzenegg, Schwendibach, Sigriswil, Steffisburg, Süderen, Teuffenthal, Thierachern, Tschingel, Uebeschi, Uetendorf, Unterlangenegg und Zwieselberg. ERSCHEINUNGSDATUM: August <strong>2013</strong>. Mit freundlicher Unterstützung von innoBE.
4<br />
Inhalt<br />
3 EDITORIAL/IMPRESSUM<br />
6 Bill Haueter: Abtauchen in eine mystische Unter -<br />
<strong>wasser</strong>welt<br />
9 Der Uebeschisee: Ein richtiger Hecht<br />
10 Thuner- und Brienzersee: Traumhafte Kulisse<br />
12 Natur und Flüsse: Aare, Zulg, Simme, Glütschbach …<br />
15 Dittligsee: Natürliches Kleinod wird renaturiert<br />
16 Wasservögel: Bestände auf dem Thunersee werden<br />
kleiner<br />
19 Kander: Die praktisch «Unzähmbare» aus dem<br />
Gasterntal<br />
22 Wasserregulierung: Spezialisten regeln von Bern aus<br />
den Seespiegel<br />
25 Erlebnis: Badeparadies am Thunersee<br />
28 Wassersport: Freizeitaktivitäten im oder auf dem<br />
Wasser<br />
31 Events: Fischerstechen, Jumpen, Wakeboarden<br />
33 Wasserstadt Thun: Stadt an der Aare … und am See<br />
34 Ausflugsziele: «Des Menschen Seele gleicht dem<br />
Wasser»<br />
37 Segeln: Flavio Marazzi kehrte an den Thunersee zurück<br />
39 Boote: Schiffe für kleine und grosse Kapitäne<br />
42 Technik: Wasserkraft aus Thun<br />
45 Wasserversorgung: Von Quellen und riesigen Grund<strong>wasser</strong>pumpen<br />
Wussten Sie,<br />
… dass in Thun täglich etwa 10700 m 3 Trink<strong>wasser</strong> verbraucht werden?<br />
… dass der Mensch zu etwa 60% aus Wasser besteht?<br />
… dass ca. 97% des Wassers auf der Erde salzhaltiges Meer<strong>wasser</strong> ist und nur die restlichen 3% als Süss<strong>wasser</strong><br />
vorkommen?<br />
… dass ein Hektar Waldboden täglich bis zu rund 400 000 Liter Wasser speichern kann?<br />
... dass die grösste Dichte von Wasser nicht, wie zu erwarten wäre, bei seinem Gefrierpunkt, also bei null Grad<br />
Celsius liegt, sondern bei ca. plus 4 Grad?<br />
… dass der Thunersee der grösste ganz in einem Kanton liegende See der Schweiz ist?<br />
… dass nur 0,03% der weltweiten Wasservorkommen als Trink<strong>wasser</strong> nutzbar sind?<br />
… dass das meiste Trink<strong>wasser</strong> im Haushalt für die Toilettenspülung verbraucht wird?<br />
… dass der Rotmoos-Bach zwischen Amsoldinger- und Uebeschisee in beide Richtungen fliessen kann?<br />
… dass eine ausgewachsene Rotbuche zwischen 900 und 1300 Liter Wasser am Tag aufnimmt und verdunstet?<br />
… dass die Schweiz über 6% der Süss<strong>wasser</strong>vorräte Europas verfügt?<br />
… dass in Thun schon seit mehr als 100 Jahren Strom mit Wasser produziert wird?<br />
… dass in der Schweiz der durchschnittliche Wasserverbrauch im Haushalt 162 Liter pro Person und Tag beträgt?<br />
… dass es in Deutschland noch eine andere Kander gibt, die im Schwarzwald entspringt?<br />
Wasser ist eines der erstaunlichsten Elemente in unserem Universum. Neben dem Sauerstoff das wohl lebens -<br />
notwendigste Element.
UNTERWASSERWELT<br />
7<br />
Abtauchen in eine mystische Unter<strong>wasser</strong>welt<br />
Berufstaucher und U-Boot-Besitzer Bill Haueter aus Spiez kennt den Grund des Thunersees wie kein Zweiter. In seiner langen Karriere<br />
hat er bis heute einige Geheimnisse gelüftet – doch sorgt der See beim 65-Jährigen immer wieder für Aha-Erlebnisse.<br />
Die Checks im Boot sind gemacht, es kann losgehen.<br />
Bill Haueter bei einem Tauchgang mit seinem zurzeit stillgelegten U-Boot «Sea Rover».<br />
Herr Haueter, Sie blicken auf 48 Jahre als Berufstaucher<br />
zurück. Würden Sie sich wieder für diesen Beruf entscheiden?<br />
Ja klar! Wenn ich wiederkomme, sowieso. Vielleicht in einer anderen,<br />
wissenschaftlichen Richtung. Da hat man mehr Möglichkeiten,<br />
spezielle Geräte zu entwickeln, um die Ressourcen des<br />
Wassers sinnvoll zu nutzen. Heute wird die harte Taucharbeit oftmals<br />
schon von Robotern gemacht. Aber es ist so, ich habe seit<br />
48 Jahren Spass am Tauchen.<br />
Führten Sie Buch über Ihre Arbeit? Wie oft waren Sie bis heute<br />
auf Tauchgang?<br />
Das sind 8500 bis 9000 Tauchgänge, jeder zwischen zehn Minuten<br />
und drei Stunden. Gesamthaft sind es über 10 000 Tauchstunden<br />
in der Schweiz und im nahen Ausland – etwa so wie ein Pilot<br />
Flugstunden hat, habe ich Tauchstunden. Von jedem Tauchgang<br />
wird Buch geführt, früher auf Papier, später habe ich für die Logbuch-Nachführung<br />
ein spezielles Programm geschrieben. Heute<br />
werden die Tauchcomputer via PC ausgelesen.<br />
Das heisst, Sie kennen den Grund des Thunersees mit seinen<br />
fast 50 Quadratkilometern Fläche wie Ihren Hosensack?<br />
Nicht ganz. Ich habe einen vagen Überblick, im Detail aber kenne<br />
ich vielleicht 20 Prozent. Jeder Tauchgang, ob auf 30 oder 100 Meter,<br />
ist punktuell. Aus einem Haufen kleiner Rosinen ergibt sich<br />
dann ein wahrscheinliches Gesamtbild. Drei Viertel des Thunersees<br />
sind bis auf wenige Punkte noch unbekannt. Der Seegrund<br />
bietet mir geologisch immer wieder neue Aha-Erlebnisse. Der<br />
See besteht seit der letzten Eiszeit und hat in dieser Zeit vielschichtige<br />
Wandlungen durchgemacht. Diese sind heute immer<br />
noch sichtbar.<br />
Birgt der See auch für Sie noch Geheimnisse?<br />
Die Frage ist, was man als Geheimnis ansieht. Sind es gesunkene<br />
oder vergessen gegangene Objekte oder eher die geheimnisvolle<br />
Natur? Gerade diese bietet zum Beispiel mit den Höhlensystemen,<br />
die Wasser aus dem Hohgant- und Schrattenfluhgebiet in<br />
den See führen, gewaltige Geheimnisse.<br />
Im Winter 1991/92 haben Sie das Wrack der «Bellevue» entdeckt.<br />
Bald sind es 150 Jahre her, seit sie gesunken ist … ein<br />
Grund, sie zu heben?<br />
Mit einem Protonen-Magnetomaten, den Daten der Masse des<br />
Schiffes und mit Hilfe der Universität Neuenburg haben wir die<br />
«Bellevue» geortet. Einmal hört aber der Idealismus auf; die Bergung<br />
und anschliessende Konservierung über mehrere Jahre<br />
würde eine Unsumme Geld kosten. Das ist nun wirklich etwas,<br />
das unten bleiben und die Fantasie der Menschen anregen soll.<br />
Wie sieht die Landschaft da unten aus? Wie gross ist die Müllhalde<br />
an Munition auf dem Grund wirklich?<br />
Kleinkalibrige Geschosse sind mit Schlick überdeckt. Vereinzelte<br />
grosskalibrige Artillerie-Geschosse könnten noch herausragen.<br />
Wir haben eine Sedimentationsrate von acht bis zehn Millimeter<br />
pro Jahr. In den späten 60er-Jahren wurde die letzte Munition
8 UNTERWASSERWELT<br />
NATUR<br />
9<br />
Sie haben technische Hilfsmittel entwickelt wie etwa die Sea<br />
Box, den Schleppfisch zum Sonargerät, und natürlich das<br />
U-Boot «Sea Rover». Haben sich Ihre Entwicklungen gelohnt?<br />
Nicht alle, aber es war auch nie der Gedanke, das wirtschaftlich<br />
auszunutzen. Es war ein Versuch des Machbaren. Ich wollte<br />
schauen, ob es technisch möglich ist, ein Boot nach neustem<br />
Konzept zu planen, ohne dass man Schiffsbau-Ingenieur ist. Der<br />
Bau des «Sea Rover» brauchte sehr viel Zeit.<br />
Der Uebeschisee: Ein richtiger Hecht<br />
Der eigentliche Hecht am Uebeschisee ist der Fisch selber: Im Uebeschisee wimmelt es von Raubfischen. Der See selber ist in Privatbesitz<br />
– baden dürfen nur Einheimische.<br />
Das See<strong>wasser</strong> ist in den letzten Jahren klarer, der Fisch -<br />
bestand kleiner geworden. Haben Sie als Taucher diese Entwicklung<br />
verfolgen können?<br />
Der Thunersee war eigentlich immer klar, im Gegensatz zum<br />
Brienzersee, der heute trübe ist. Im Winter mit Sichtweiten von<br />
zehn bis zwanzig, im Sommer mit vier bis sieben Metern. Wir<br />
müssen aber Trübung und Nährstoffeintrag unterscheiden. Die<br />
enorme Besiedelung hat zu gewaltigen Überdüngungen geführt.<br />
Der Thunersee ist ursprünglich ein nährstoffarmer Gebirgssee,<br />
der mit den Kläranlagen nun wieder zu dem wird, was er einmal<br />
war. Zum Leidwesen der Fischer.<br />
Bill Haueter in voller Montur nach einem Tauchgang im Thunersee.<br />
Sie waren aber nicht nur im Thunersee auf Tauchgang.<br />
Welches sind Ihre schönsten Karriere-Erinnerungen?<br />
Es gibt eigentlich keine herausragenden. Für mich war der Erfolg<br />
da, wenn ich jemandem ein Resultat liefern konnte. Als Taucher bin<br />
ich nur Bindeglied zwischen Seeboden und Auftraggeber. Emotionen<br />
sind dabei nicht ideal, man kann den Auftrag nicht korrekt erfüllen.<br />
Das gilt auch bei der Bergung von Leichen. Aber ich musste<br />
noch nie jemanden holen, den ich persönlich gekannt habe.<br />
Die «spiegelglatte» Oberfläche des Uebeschisees mit grünem Ufer und weisser Stockhornkette.<br />
versenkt – die ist heute 30 bis 60 Zentimeter überdeckt. Die Geschosse<br />
sind in einem stabilen Zustand und dicht. Problematisch<br />
würde es beim Heben, der Innendruck würde so gross, dass die<br />
Munition sich zerlegen könnte und das Wasser verschmutzt<br />
würde. Der ökologische Schaden wäre grösser, als wenn die<br />
Munition im Sediment liegen bleibt.<br />
ARCHÄOLOGISCH GESCHÜTZTE FUNDE<br />
Vor wenigen Jahren hat Bill Haueter mit seinem Sonargerät<br />
an unter Verschluss gehaltenen Orten zwei gesunkene Boote<br />
entdeckt. Mit einem noch ausstehenden Tauchgang will der<br />
Spiezer eines der Boote nach allfälliger Ladung untersuchen<br />
und ihm eine Holzprobe entnehmen. Mit den Hinweisen<br />
auf die Ladung und der Holzdatierung könnte man eines der<br />
gesunkenen Schiffe einem Besitzer zuordnen. In einem<br />
Kirchenrodel Anfang des 19. Jahrhunderts stehen zwei Namen<br />
von ertrunkenen Schiffsführern. Einem von ihnen muss das<br />
Objekt gehört haben.<br />
Sie sagten einmal, die Zeit bei einem Tauchgang sei für Sie<br />
«eine Art Meditation».<br />
Das ist so, aber man darf dabei die wichtigsten Funktionen nicht<br />
vernachlässigen. Und es darf nicht getaucht werden, um zu<br />
meditieren. Es kann gefährlich sein, wenn man Tauchen zum Abschalten<br />
vom Alltagsstress braucht.<br />
DER PICCARD VOM THUNERSEE<br />
Text: Beat Straubhaar, Weber AG<br />
Bilder: Beat Straubhaar, Weber AG, Peter Knutti<br />
Eigentlich ist er pensioniert, doch hat er das Zurücklehnen<br />
aufgeschoben. «Tauchen kann man bis Siebzig oder länger»,<br />
meint Bill Haueter. Für ihn wäre es schön, die Grenze von<br />
50 Berufsjahren zu erreichen. Seine dreijährige Lehre zum<br />
Berufstaucher hat er in Deutschland abgeschlossen. Das<br />
zurzeit stillgelegte U-Boot, die «Sea Rover», hat der Tüftler<br />
selber geplant. Ebenfalls gehören ein Video-Roboter sowie ein<br />
Schleppfisch zu einem Sonargerät zu den Eigenentwicklungen,<br />
mit denen Bill Haueter seine Arbeiten optimal unterstützt.<br />
Für den Uebeschisee gilt ein generelles Badeverbot. Einzig die<br />
Einheimischen aus den Gemeinden Uebeschi, Höfen und Amsoldingen<br />
dürfen auf eigenes Risiko in den Privatsee steigen. Dies<br />
jedoch nur vom bestehenden Badeplatz aus – via Steg. Da keine<br />
Badeaufsicht besteht und auch keine regelmässigen Bade -<br />
<strong>wasser</strong>kontrollen stattfinden, lehnen die Grundeigentümerin als<br />
auch die Anstössergemeinden jede Haftung ab. Ebenfalls ist es<br />
verboten, mit Schlauchbooten auf den 14 Hektar grossen See zu<br />
gehen. Nach dem Amsoldingersee ist der Uebeschisee der zweitgrösste<br />
Gürbetal-See. Hauptzufluss des Uebeschisees ist der<br />
Rotebach, der Abfluss erfolgt über den Rotmoosbach in den 500<br />
Meter südlich gelegenen Amsoldingersee. Seefläche und Uferzone<br />
sind Naturschutzgebiet. Der See liegt auf 641 Metern über<br />
Meer, ist 375 Meter lang und 350 Meter breit. Die maximale Seetiefe<br />
beträgt 15 Meter.<br />
Der Amsoldinger- und der Uebeschisee sowie die angrenzenden<br />
Moore bei Amsoldingen sind Zeugen der Eiszeit. Als die Gletscher<br />
sich nach der letzten Eiszeit vor rund 10 000 Jahren zurückzogen,<br />
blieben im Alpenvorland Moränen und feuchte Mulden zurück.<br />
Dieses spezielle Relief führte vielerorts im Mittelland zur Bildung<br />
von kleinen Seen und Moorlandschaften. Von diesen einst weit<br />
verbreiteten Landschaften sind nur noch wenige intakt erhalten.<br />
Das perfekte Beispiel sind der Uebeschi- und der Amsoldingersee.<br />
Seenlandschaft beherbergt alle Flachmoortypen der Schweiz und<br />
bietet Lebensraum für zahlreiche Vogelarten. Im Uebeschisee<br />
wimmelt es zudem von Hechten. Der langgestreckte, walzen -<br />
förmige Fisch mit seinem relativ langen Kopf und dem entenschnabel-ähnlichen<br />
Maul ist im Uebeschisee weit verbreitet. Der<br />
Standfisch bevorzugt Schilfränder und ähnliche Deckungsmöglichkeiten<br />
– wovon es am Uebeschisee rundherum jede Menge<br />
gibt. Der Uebeschisee-Hecht ernährt sich von anderen Fischen –<br />
zu seinem Beutespektrum gehören auch Frösche, Vögel und<br />
kleine Säugetiere.<br />
Im Winter ist der Uebeschisee – je nach Kälte – jeweils komplett<br />
zugefroren. Auch Eislaufen ist möglich; jedoch nur auf eigenes<br />
Risiko.<br />
Text: Marco Oswald, TEXTCUBE Bild: Beat Straubhaar, Weber AG
NATUR<br />
Traumhafte Kulisse: Blick auf Thuner- und Brienzersee.<br />
Thunersee: Juwel, Munitionslager und Geschichten<br />
Für die Region Thun und das Berner Oberland ein Juwel. Doch der See ist weit mehr als einfach nur See…<br />
Brienzersee: Lust auf 35 Kilometer rund um den See?<br />
Mal türkis, mal grün, mal blau: Der Brienzersee überzeugt aber nicht nur durch seine atemberaubende Farbe.<br />
558 Meter über dem Meeresspiegel. 17,5 Kilometer lang. Im<br />
Schnitt 2,5 Kilometer breit; an der breitesten Stelle sogar 3500<br />
Meter. Am tiefsten Punkt ragt er 217 Meter in die Tiefe. Und mit<br />
48,3 Quadratkilometern Fläche gilt er schweizweit als grösster<br />
ganz in einem Kanton liegender See. Als Trink<strong>wasser</strong>speicher<br />
versorgt er zudem über 400 000 Menschen.<br />
Umgeben von einer traumhaften Bergkulisse – mit dem Drei -<br />
gestirn Eiger, Mönch und Jungfrau – ist der Thunersee das Postkarten-Sujet<br />
schlechthin. Fährt noch das Dampfschiff Blümlisalp<br />
vor Schloss Oberhofen vor, klicken die Cams der wartenden Touristen<br />
an der Ländte im Sekundentakt. Für die Tourismus-Region<br />
ist der See wie ein Lotto-Sechser. Die Sportler lieben ihn wegen<br />
des glasklaren Wassers, die Segler für den tollen Wind und die<br />
Schifffahrt für glückliche Gäste.<br />
Im Millenniumsjahr gab der See Rätsel auf, weil den Berufs -<br />
fischern vermehrt Felchen (Coregonus lavaretus) mit morpho -<br />
logisch veränderten Gonaden auffielen. Die Berichterstattung<br />
schoss in der Folge nicht nur ins Kraut, sondern bis tief runter ins<br />
Seegras. Denn dort «lagert» alte Kriegsmunition. Zudem wurden<br />
Emissionen von Bauchemikalien vom NEAT-Tunnelbau am<br />
Lötschberg ausgemacht. Das Thema erlangte gesellschaftliche<br />
Relevanz und politisch nationale Brisanz. Das Rätsel konnte nie<br />
abschliessend gelöst werden. Noch heute wird hüben und drüben<br />
gerätselt, ob denn die Felchen tatsächlich wegen alter Kriegsbomben<br />
deformiert und die Eglis infolge Inhalierens von<br />
Schwarzpulver schwimmmüde geworden seien. Bewiesen ist<br />
nichts, ebenso wie die immer wieder aus dem Rausch der Tiefe<br />
auftauchende Räubergeschichte über ein angebliches Seeungeheuer.<br />
Text: Marco Oswald, TEXTCUBE Bild: zvg<br />
Der 29,8 Quadratkilometer grosse, türkis-grünfarbene Brienzersee,<br />
welcher von der Aare durchflossen wird, ist 14 Kilometer<br />
lang und rund 2,8 Kilometer breit. Gefüllt ist der See mit 5,2 Kubikkilometer<br />
Wasser, an seiner tiefsten Stelle misst er 260 Meter.<br />
Bei normalem Wasserstand liegt der Seespiegel auf 564 Metern<br />
über Meer.<br />
250 Meter vor Iseltwald liegt die einzige Insel, die Schnecken -<br />
insel. Sie gehört der Gemeinde Iseltwald und beherbergt eine<br />
Kapelle sowie einen Grillplatz. Am Südostufer stürzen über 14<br />
Stufen die Giessbachfälle 500 Meter tief in den Brienzersee hinunter.<br />
Unmittelbar daneben steht das historische Grandhotel<br />
Giessbach, welches wie ein Märchenschloss über dem See<br />
thront. Die älteste Standseilbahn Europas führt von der Schiffstation<br />
Giessbach direkt zum Hotel und zu den imposanten Wasserfällen.<br />
Beliebt ist bei den Touristen und Einheimischen auch die<br />
Wanderung entlang des Südufers des Brienzersees von Bönigen<br />
über Iseltwald bis Giessbach.<br />
Auf dem Brienzersee verkehren seit 1839 Kursschiffe. Heute zählt<br />
die BLS-Flotte fünf Schiffe, darunter das renovierte Dampfschiff<br />
Lötschberg. Die Kursschiffe verbinden auf ihren Routen zwischen<br />
Interlaken und Brienz fast alle Ortschaften rund um den See. Die<br />
Schifffahrten auf dem typischen Alpenrandsee mit seinen steilen<br />
Ufern sind bei Touristen überaus beliebt.<br />
Von Brienz führt zudem die älteste Dampfzahnradbahn der<br />
Schweiz, die Brienz-Rothorn-Bahn, hinauf auf das Brienzer Rothorn<br />
(2350 Meter über Meer). Nebst einem einmaligen Panorama<br />
auf Bergkette und See ist das Brienzer Rothorn auch ein perfekter<br />
Ausgangspunkt für tolle Wanderungen, nicht zuletzt über den<br />
Grat zum Brünigpass. Wer es ganz sportlich mag, hat am Brienzersee<br />
jedes Jahr eine besondere Gelegenheit: Der älteste Langstreckenlauf<br />
der Schweiz führt nämlich um den Brienzersee.<br />
35 Kilometer weit (seit 1986, davor 34,6 Kilometer). Das nächste<br />
Mal, zum 57. Mal überhaupt, findet der Brienzerseelauf am<br />
12. Oktober <strong>2013</strong> statt.<br />
Mehr auch unter www.brienzerseelauf.ch<br />
Text: Marco Oswald, TEXTCUBE
NATUR UND FLÜSSE 13<br />
Aare, Zulg, Simme, Glütschbach…<br />
Wussten Sie, dass die Aare 288,2 Kilometer lang ist, 18 Nebenflüsse hat, durch drei Seen und sechs Stauseen fliesst, bei Koblenz in den<br />
Rhein mündet und in der Nordsee ins Meer strömt?<br />
Idylle pur: der Glütschbach bei den Tropfsteinhöhlen.<br />
Die Zulg bei Steffisburg: rechter Zufluss der Aare.<br />
Kein Fluss der Schweiz ist länger als die Aare. Zugleich ist sie der<br />
grösste Nebenfluss des Rheins und führt mehr Wasser als Mosel<br />
und Main zusammen. Was am Ober- und Unteraargletscher im<br />
Grimselgebiet entspringt, durch Brienzer-, Thuner- und Bielersee<br />
fliesst, mit linken Nebenflüssen wie Lütschine, Kander,<br />
Glütschbach, Gürbe, Saane, Zihl und Dünnern sowie rechten<br />
Nebenflüssen wie Zulg, Emme, Önz, Murg, Pfaffneren, Wigger,<br />
Suhre, Bünz, Reuss, Limmat und Surb, sowie durch die Stauseen<br />
Oberaarsee, Grimselsee, Räterichsbodensee, Wohlensee, Stausee<br />
Niederried und Klingnauer Stausee bei Koblenz in den Rhein<br />
fliesst, hat ein Einzugsgebiet von 17 620 Quadratkilometern. Entlang<br />
der 288,2 Kilometer langen Aare befinden sich auch die<br />
Schweizer Kernkraftwerke Mühleberg, Gösgen und Beznau.<br />
Zahme Zulg, böse Zulg<br />
Der rechte Nebenfluss der Aare ist 23 Kilometer lang. Die Zulg<br />
entwässert einen Abschnitt der Voralpen östlich des Aaretals.<br />
Das Einzugsgebiet der Zulg hat eine Fläche von rund 90 Quadratkilometern.<br />
Das Quellgebiet der Zulg befindet sich zwischen dem<br />
Sigriswilergrat, dem Hohgant und der Honegg auf Erizer Gemeindeboden.<br />
Die Zulg entsteht bei Innereriz (1140 Meter über Meer)<br />
durch den Zusammenfluss der drei Quellbäche Sulzibach, Fallbach<br />
und Kaltbach. Der Sulzibach entspringt im Sulzigraben<br />
zwischen dem Sigriswilergrat und den Sieben Hengsten. Der<br />
Fallbach entspringt im Talkessel Grüenenberg zwischen den<br />
Kalkstöcken der Sieben Hengste und des Hohgant. Der Kaltbach<br />
seinerseits entspringt am Ostabhang der Honegg und durchquert<br />
das Naturschutzgebiet Rotmoos. Ab Innereriz fliesst die Zulg<br />
westwärts durch ein breites Tal mit flachem Talboden und einem<br />
mittleren Gefälle. Unterhalb des Weilers Linden senkt sie sich in<br />
ein unwegsames, tiefes Kerbtal, den Zulggraben, ein und wird<br />
von steilen Felswänden flankiert. Von Süden erhält die Zulg Zufluss<br />
durch die ebenfalls tief eingeschnittenen Bäche aus dem<br />
Hutgraben und dem Prässerental. Das teilweise bis 300 Meter<br />
tiefe Zulgtal öffnet sich kurz vor Steffisburg. Hier tritt die Zulg<br />
nördlich von Thun in das Aaretal ein. Nordwestlich von Thun<br />
mündet sie auf 550 Metern über Meer schliesslich in die Aare.<br />
Bei Hoch<strong>wasser</strong> führt die Zulg jeweils eine grosse Menge Geschiebe<br />
mit sich. Besonders dramatisch war die Lage am 4. Juli<br />
2012, als sich über dem Eriz eine massive Gewitterwolke entlud.<br />
Innerhalb von 80 Minuten verwandelte sich die sonst so zahme
NATUR UND FLÜSSE<br />
NATUR 15<br />
Zulg, welche in der Regel rund 2,7 Kubikmeter Wasser pro<br />
Sekunde führt, in einen reissenden Wildbach – und führte urplötzlich<br />
190 Kubikmeter Wasser pro Sekunde. Die Abflussmenge<br />
hatte sich an diesem geschichtsträchtigen 4. Juli 2012 versiebzigfacht.<br />
Die Folge: Eine gewaltige Flutwelle bahnte sich ihren Weg<br />
über Steffisburg nach Heimberg, wo die Wassermassen schliesslich<br />
in die Aare mündeten und den Fluss zwei Stunden später in<br />
Bern bedrohlich ansteigen liessen.<br />
Dittligsee: Natürliches Kleinod wird renaturiert<br />
Der Dittligsee ist heute fast komplett von Schilf umgeben. Nun soll das Kleinod unweit des Hotels und Restaurants Grizzlybär renaturiert<br />
werden.<br />
Alte Schleuse, grüne Aare.<br />
Simme fällt 200 Meter<br />
Exakt 55 Kilometer lang ist die Simme, deren Flussname auf ihre<br />
Form zurückgeht – «sumina», was auf indoeuropäisch tröpfeln<br />
bzw. rinnen bedeutet. Die Simme entspringt im Siebenbrunnen,<br />
einer Felsspalte mit sieben Quellen, auf der Rezlialp am Westfuss<br />
des Wildstrubels. Auf der Rezlialp nimmt die Simme den Trüebbach<br />
auf, der vom Glacier de la Plaine Morte gespeist wird, einem<br />
Gletscher auf dem Gebirgskamm zwischen dem Simmental und<br />
dem Rhonetal.<br />
Unterhalb der Rezlialp überwinden die Simmenfälle eine Höhe<br />
von 200 Metern und stürzen Richtung Lenk hinunter. Südlich an<br />
der Lenk erreicht die Simme den flachen Talgrund und fliesst von<br />
dort in Richtung Nord-Nordwest meist begradigt durch das Obersimmental.<br />
Im weiten Talkessel von Zweisimmen mündet von<br />
Westen die Kleine Simme, ein etwa 10 km langer Bach, der sein<br />
Quellgebiet im Berggebiet bei Saanenmöser hat. Danach rücken<br />
die beidseitigen Hänge wieder zusammen – und mit einer<br />
Talstufe wird südlich von Boltigen das Niedersimmental erreicht.<br />
Hier wendet sich die Simme allmählich in Richtung Osten; im<br />
Norden wird sie jetzt von der Gantrisch- und der Stockhornkette<br />
begleitet. Unterhalb von Wimmis mündet die Simme in die Kander.<br />
Natur pur am Glütschbach<br />
Der 26 Kilometer lange Glütschbach ist Natur pur. Auf 1700<br />
Metern Höhe entspringt der Feusibach an der Nordflanke der<br />
Stockhornkette. Dieser fliesst durch die Bachalp hinunter ins<br />
Stockental. Unterhalb von Niederstocken nimmt er den Lubbach<br />
auf, kurz danach den Wildbach aus dem Lindental. Nach der<br />
Vereinigung des Feusibachs mit dem von der Stockenfluh her<br />
kommenden Fluhbach, auf dem Gebiet der Gemeinde Reutigen,<br />
wird der Wasserlauf zum Glütschbach. Nach dem Zusammenfluss<br />
fliesst der Bach durch das Reutigenmoos und wendet sich<br />
nach Norden gegen den zu Zwieselberg gehörenden Weiler<br />
Glütsch. Er fliesst am Kanderdurchstich vorbei, wo ein Teil seines<br />
Wassers in die Kander geleitet werden kann, und folgt sodann<br />
dem ehemaligen Kandertal zwischen Zwieselberg und dem<br />
Strättlighügel. Bei Allmendingen fliesst der Glütschbach auf die<br />
Thuner Allmend, danach durch Thierachern und Uetendorf, wo er<br />
den vom Amsoldingersee her kommenden Amletenbach aufnimmt.<br />
Nach exakt 26 Kilometern mündet der Glütschbach bei<br />
Uttigen in die Aare.<br />
Text: Marco Oswald, TEXTCUBE Bilder: Marco Oswald<br />
Natur pur: Blick auf den Dittligsee in Forst-Längenbühl.<br />
Der kleine Dittligsee in Forst-Längenbühl im Thuner Westamt ist<br />
für Maler und Fotografen ein beliebtes Motiv. Das natürliche<br />
Kleinod auf 652 Metern über Meer, nahe der Mündung des Fallbachs<br />
in die Gürbe, an der Grenze zum flachen unteren Gürbetal,<br />
liegt in einer Talmulde am Alpenrand und ist fast komplett von<br />
Schilf umgeben. Einen Uferweg entlang des 430 mal 170 Meter<br />
kleinen Sees sucht man vergebens. Wer es trotzdem ans Ufer<br />
wagt, riskiert via Moorwiese nasse Füsse. Aufgrund der hohen<br />
Nährstoffeinträge, insbesondere Phosphor, ist der Dittligsee sehr<br />
eutroph.<br />
Untersuchungen des Gewässerschutzamtes des Kantons Bern<br />
haben 2003 ergeben, dass die Gesamtphosphorbelastung und als<br />
Folge davon im Sommer das Sauerstoffdefizit in den unteren<br />
Wasserschichten überdurchschnittlich hoch ist. Das Tiefen<strong>wasser</strong><br />
ist dadurch belastet. Kein Wunder, forderte der Kanton die<br />
Gemeinde Forst-Längenbühl auf, den See zu renaturieren. Ab<br />
2009 leisteten Freiwillige Arbeit: 35 Pappeln wurden gefällt, die<br />
dem Moor das Wasser entzogen, zudem wurde das Flachmoor<br />
von Büschen befreit. Die Gemeinde beauftragte Experten, um Lösungen<br />
zu präsentieren.<br />
Ab Herbst <strong>2013</strong> ist geplant, den Seeeinlauf zu verbessern. Da das<br />
landwirtschaftlich belastete Drainage<strong>wasser</strong> aus dem Netz direkt<br />
ins Flachmoor und damit in den See fliesst, sollen ein Regulierungsbecken<br />
und Rohre das nährstoffreiche Wasser künftig entlang<br />
des Ufers verteilen. Damit soll verhindert werden, dass das<br />
verschmutzte Wasser direkt in den See fliesst. Damit wird die<br />
Biodiversität im Moor gefördert und verbessert so die Qualität<br />
des Wassers. Auch der Seeauslauf soll aufgewertet werden. Ziel:<br />
ein Übergang von Nass- zu Trockenzone. Der See endet abrupt<br />
beim Auslaufkanal. Künftig soll auf der Westseite des Sees eine<br />
ausgedehnte Flach<strong>wasser</strong>zone entstehen. Um diese umzugestalten,<br />
wird an den Ufern Terrain abgetragen. Später sollen<br />
Tümpel angelegt werden, die Amphibien Raum zum Laichen bieten.<br />
Der Bereich des Seeauslaufs soll auch für die Besucher des<br />
Dittligsees attraktiver werden. So ist ein neuer Schilfpfad geplant.<br />
Er soll zum Teil über einen Holzsteg bis zum See führen. Dort ist<br />
eine kleine Plattform mit Informationen zu Flora und Fauna des<br />
Dittligsees geplant. Forst-Längenbühl ist eine der sogenannten<br />
Eingangsgemeinden des Regionalen Naturparks Gantrisch. Der<br />
Verein bildet deshalb zusammen mit der Gemeinde die Trägerschaft<br />
des Projekts zur Sanierung des Dittligsees. In diesem Rahmen<br />
möchte sich der Verein unter anderem gegen das Aussterben<br />
bedrohter Tierarten einsetzen. Auch Pro Natura unterstützt<br />
die Renaturierung des Dittligsees auf der Amsoldinger Platte. Die<br />
Kosten für das gesamte Renaturierungsprojekt werden auf rund<br />
eine Million Franken geschätzt.<br />
Text: Marco Oswald, TEXTCUBE Bild: Marco Oswald
WASSERVÖGEL 17<br />
Majestätisch zieht dieser Haubentaucher seine Spur, um im nächsten Augenblick auf Tauchgang zu gehen.<br />
Bestände auf dem Thunersee werden kleiner<br />
Der grösste Teil der Wasservögel am Thunersee hat sein Winterquartier im Frühjahr verlassen. Das Geschnatter und Gequake ging aber<br />
nicht nur saisonal bedingt zurück. Die Bestände aller Arten sind in den letzten Jahren kleiner geworden.<br />
Der Thunersee ist eines der Schweizer Gewässer, die für zahl -<br />
reiche Wasservögel von internationaler Bedeutung sind. Wie viele<br />
den See als Winterquartier nutzen, hängt vom hiesigen Nahrungsangebot<br />
und vom Wetter im hohen Norden ab. In Nord- und<br />
Osteuropa sind die strengen Winter seltener geworden, während<br />
seit dem Bau der Ab<strong>wasser</strong>-Reinigungsanlagen der See nährstoffärmer<br />
geworden ist. Diese Entwicklung führte zu einem<br />
Rückgang der schnatternden Wintergäste.<br />
Jährliche Zählungen<br />
Seit über 60 Jahren werden unter der Regie der Vogelwarte Sempach<br />
von rund 500 Helfern an je einem Stichtag im November und<br />
Januar an allen grösseren Seen und Flüssen die Wasservögel<br />
gezählt. Am Thunersee waren es diesen Winter 15 Personen<br />
unter der Koordination von Martin Gerber. Dazu wird jeweils das<br />
Ufer rund um den See in Abschnitte eingeteilt, in denen Zweiergruppen<br />
freiwillig ihre Arbeit mit Fernglas und Kennerauge ausführen.<br />
In diesem Winter registrierten sie 31 Arten und total 4146<br />
Wasservögel. Diese Zahl liegt leicht höher als die der letzten drei<br />
Jahre, aber massiv unter jenen der 70er-Jahre (1974 total 12 725).<br />
Dank der internationalen Koordination der Zählung können offene<br />
Fragen zur Bestandesentwicklung geklärt werden. Das Rätsel,<br />
weshalb in der Schweiz nur rund die Hälfte der üblichen Reiher -<br />
enten gezählt werden konnten, löste eine Meldung aus Skandinavien.<br />
«Dort haben fast doppelt so viele überwintert als in anderen<br />
Jahren», erklärt Martin Gerber.<br />
Grösster Teil verlässt den See<br />
Sehr viele der Vogelarten brüten im Norden und verlassen deshalb<br />
den Thunersee im Frühjahr. Von den meisten bleibt ein kleines<br />
«Sommer-Team» auf dem See. Dazu gehört vor allem die<br />
Lachmöwe, die seit Jahren bei den Zählungen den Rekord aufweist.<br />
Von den 1342 im Winter gezählten wird nur ein kleiner Teil<br />
als Fotosujet beim Begleiten der Thunersee-Schiffe dienen. Das<br />
Gleiche gilt für die Gänsesäger, Reiher- und Tafelenten sowie für<br />
die Blässhühner. Die Reiherente belegte bei der Zählung im<br />
Winter hinter Lachmöwe und Stockente den dritten Platz (586 Exemplare).<br />
Das Männchen mit seinem kontrastreichen Gefieder<br />
und dem Federschopf ist kaum zu verwechseln.<br />
Verschwindet die Kolbenente wieder?<br />
Die seltenere Kolbenente tauchte in den 70er-Jahren erstmals<br />
am Thunersee auf und erreichte im Jahr 2000 einen Rekord von<br />
224 Stück. Sie ernährt sich vor allem von Armleuchteralgen, die<br />
nur in sauberem Wasser gedeihen. Doch in den letzten Jahren<br />
erlitt der Kolbenenten-Bestand am Thunersee einen massiven<br />
Einbruch. Zurzeit können noch zwei Männchen, vorwiegend im<br />
Auslauf des Sees, beobachtet werden. Mit ihrem leuchtend<br />
orange-rostroten Kopfgefieder und dem roten Schnabel sind sie<br />
ein prächtiger Anblick. Der Kolbenente fehlen zum Brüten wohl<br />
grössere, unverbaute Uferbereiche mit dichter Vegetation und<br />
breitem Schilfgürtel.<br />
Schwäne, Enten, Blässhühner<br />
Eine der auffälligsten und bekanntesten Vogelarten ist der Hö -<br />
ckerschwan. Immer wieder können Schwanenpaare beim Bau<br />
ihres Nestes aus Schilfrohr und Schwemmholz beobachtet werden.<br />
Ihr Bestand am Thunersee schwankt seit 1976 zwischen 71<br />
und 152 Tieren. Die verbreitetste Entenart am Thunersee ist mit<br />
Abstand die Stockente. Als heimische «Gründelente» hält sie<br />
sich, im Gegensatz zu den Tauchenten, zur Nahrungssuche vorwiegend<br />
im Uferbereich auf. Im Sommer sind sich Männchen und<br />
Weibchen farblich recht ähnlich, nur die Schnabelfarbe verrät<br />
dann das Geschlecht. Die Nahrung der Schwimmenten sind<br />
Samen, Wasserpflanzen und wirbellose Tiere, die entweder von<br />
der Wasseroberfläche oder gründelnd aus dem Gewässergrund<br />
geholt werden. Im Sommer sollen Schwäne, Enten und Blässhühner<br />
auf keinen Fall mit Brotresten gefüttert werden, denn sie<br />
finden derzeit genügend natürliche Nahrung.<br />
«Fischfresser» werden weniger<br />
Der Kormoran hat als Fischfresser schon oft für Aufregung<br />
gesorgt. Mit anderen Vogelarten kann man ihn nicht verwechseln.<br />
Er wird gegen einen Meter gross und sein überwiegend schwarzes<br />
Gefieder glänzt metallisch grün. Es ist nicht ganz <strong>wasser</strong>dicht,<br />
weshalb der Kormoran oft beobachtet werden kann, wie er<br />
auf dem Ruheplatz seine Flügel ausbreitet und sie von Wind und<br />
Sonne trocknen lässt. Der aussergewöhnliche Fischer ist im<br />
Rückzug, noch acht Stück konnten gezählt werden. Dafür ist er<br />
mehr auf den Seen im Thuner Westamt präsent. Ebenfalls Fisch<br />
als Haupternährungsquelle hat der Gänsesäger. Seine Grösse<br />
liegt zwischen der Ente und der Gans, sein gezähnter Schnabel<br />
weist an der Spitze einen scharf gebogenen Nagel auf. Der<br />
Bestand des Gänsesägers, mit den langen, gespreizten Federn<br />
am Hinterkopf, ist gegenüber der Jahrtausendwende um rund die<br />
Hälfte zurückgegangen.<br />
Text und Bilder: Beat Straubhaar, Weber AG<br />
Reiherente<br />
Kolbenente<br />
Tafelente<br />
Gänsesäger
Programm <strong>2013</strong><br />
September<br />
06.09. 18.00 Uhr Arena Fest Thun – Afterparty im KKThun – Band «Das wilde Tigerensemble aus St. Pauli», Konzert / Afterparty<br />
Veranstalter: Arena Thun in Zusammenarbeit mit All About Music<br />
07.09. 16.00 Uhr Arena Fest Thun – Afterparty im KKThun – Band «Red Shoes», Konzert / Afterparty<br />
Veranstalter: Arena Thun in Zusammenarbeit mit All About Music<br />
08.09. 17.00 Uhr Frank Peter Zimmermann, Violine & Enrico Pace, Klavier – mit Werken von Johann Sebastian Bach, Konzert (Klassik)<br />
Veranstalter: Bachwochen Thun<br />
14./15.09. 19.30/17.00 Uhr 1. Sinfoniekonzert – mit Werken von C. Reinecke und R. Schumann, Solist: Kaspar Zehnder, Querflöte, Konzert (Klassik)<br />
Veranstalter: Thuner Stadtorchester<br />
19.09. 08.45 Uhr Valuation Congress <strong>2013</strong> – Jahreskongress der Immobilienbewertung, Kongress<br />
Veranstalter: Schweiz. Schätzungsexperten-Kammer SEK/SVIT<br />
Oktober<br />
19.10. 21.00 Uhr Björn Again – Die «ABBA-Show», Konzert Veranstalter: All About Music<br />
30.10. 20.00 Uhr Los Van Van, Konzert (Salsa) Veranstalter: All About Music<br />
November<br />
02.11. 19.30 Uhr Die Marquise von O., Schauspiel Veranstalter: Kunstgesellschaft Thun<br />
03.11. 18.30 Uhr Pepe Lienhard – Big Band – mit «It’s Swing Time» auf Schweizer Tournee, Konzert Veranstalter: Freddy Burger Management in<br />
Zusammenarbeit mit All About Music<br />
07.11. 20.00 Uhr SEAT Music Session – begeistert mit einem einzigartigen 360°-Bühnenerlebnis, Konzert Veranstalter: SEAT<br />
08.11. 19.30 Uhr Die Vermessung der Welt, Schauspiel Veranstalter: Kunstgesellschaft Thun<br />
09.11. 21.00 Uhr Stefanie Heinzmann – Album «Stefanie Heinzmann», Konzert Veranstalter: All About Music<br />
10.11. 17.00 Uhr PHENOMEN «We Embrace Souls» Albumtournee – Pop-Klassik Quartett, Konzert (Pop-Klassik) Veranstalter: Phenomen<br />
14.11. 20.00 Uhr Kulturpreisverleihung – «Thun preist die Kultur», Preisverleihung Veranstalter: Stadt Thun / Kulturabteilung<br />
16.11. 20.00 Uhr König Ödipus – Bodo Wartke, Solo-Theater Veranstalter: Kultursoufflé<br />
23.11. 21.00 Uhr Tomazobi – «Affehuus», Konzert Veranstalter: All About Music<br />
23.11. 19.30 Uhr Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm, Komödie Veranstalter: Kunstgesellschaft Thun<br />
26.11. 19.30 Uhr II Turco in Italia, Rossini, Oper Veranstalter: Kunstgesellschaft Thun<br />
29.11. 21.00 Uhr Philipp Fankhauser – 25 YEARS – THE ANNIVERSARY TOUR, Konzert Veranstalter: Lions Club Thunersee in Zusammenarbeit mit All About Music<br />
30.11. 19.30 Uhr Licht im Dunkel, Schauspiel Veranstalter: Kunstgesellschaft Thun<br />
Dezember<br />
05.12. 20.00 Uhr Voices of Gospel – Echte schwarze Gospelmusik aus den USA, Konzert (Gospel) Veranstalter: Blue Whale Services GmbH<br />
06.12. 21.00 Uhr Baschi – Album «Endstation. Glück. Tour. <strong>2013</strong>.», Konzert Veranstalter: All About Music<br />
06.12. 20.00 Uhr Cosmophon – Martin O., KleinKunst Veranstalter: Kultursoufflé<br />
07.12. 21.00 Uhr Anna Rossinelli – Album «Marylou», Konzert Veranstalter: All About Music<br />
08.12. 19.00 Uhr A Christmas Story – Das Weihnachtsgeheimnis, Konzert (Gospel) Veranstalter: Voice Affair<br />
11./12.12. 20.00 Uhr Musical & Christmas <strong>2013</strong> – ein besonderes Erlebnis, Konzert Veranstalter: Thuner Seespiele AG<br />
14.12. 20.00 Uhr Weihnacht der Volksmusik, Konzert Veranstalter: Weihnacht der Volksmusik<br />
14.12. 21.00 Uhr Christina Stürmer, Konzert Veranstalter: All About Music<br />
Kultur- und Kongresszentrum Thun, Seestrasse 68, Postfach 2299, CH-3601 Thun, Tel. 033 334 99 00, info@kk<strong>thun</strong>.ch<br />
www.kk<strong>thun</strong>.ch<br />
KANDER 19<br />
Die praktisch «Unzähmbare» aus dem Gasterntal<br />
Kraftvoll fliesst die Kander in ihrem Flussbett talwärts und muss dabei nicht weniger als 16 Zuflüsse schlucken: Die respektvolle<br />
Begegnung mit einem besonderen Fluss.<br />
Ganz hinten im Gasterntal: Das Bild der Quelle am Kanderfirn ist noch idyllisch. Dann nimmt die Flusskraft stetig und rasch zu.<br />
Der Kanderdurchstich vor 300 Jahren war zwar eine echte Pionierleistung<br />
– doch weiter oben im Kandertal ist sie auch heute<br />
noch nicht gezähmt, geht überraschend eigene Wege und hält die<br />
Ingenieure ständig auf Trab. So geschehen am 10. Oktober 2011,<br />
als sie sich eigensinnig den Weg im Kandertal suchte und unter<br />
anderem grossen Schaden in der Blausee-Anlage anrichtete.<br />
Sofortmassnahmen waren die Folge, welche eigentlich erst im<br />
Rahmen des Projektes Kander 2050 vorgesehen waren.<br />
Zurück zum Ursprung, respektive nach Kandersteg. Dort, ganz<br />
hinten, fliesst sie mit voller Wucht via «Chluse» aus dem Gasterntal<br />
ins Dorf. Altpfarrer und Dorfhistoriker Ulrich Junger kennt die<br />
Geschichte mit der unberechenbaren Kander bestens. «Früher<br />
gab es in Kandersteg nur Häuser ohne Keller und Hausinschriften<br />
warnten vor der Unberechenbarkeit», sagt er während des<br />
Rundgangs durch Kandersteg. Dies war auch nötig, denn der Ort<br />
war früher ein wichtiger Durchgangsort, um über den Gemmipass<br />
ins Wallis zu gelangen.<br />
Unterhalb von Frutigen geschieht es: Die Engstligen aus Adel -<br />
boden vereint sich mit der Kander. Das bedeutet noch mehr Kraft<br />
– die Flussverbauungen gleich unterhalb beweisen es. «Durch -<br />
atmen» ist nach ein paar hundert Metern weiter angesagt. In der<br />
Schwandi-Ey wurde für die Kander mehr Raum geschaffen. Fast<br />
etwas wie idyllisch ist es hier geworden. Doch wie immer trügt<br />
der Kanderschein – denn wieder muss sie im gezähmten Flussbett<br />
kräftig talwärts fliessen und bekommt bei Reichenbach zusätzlich<br />
Auftrieb durch die Chiene aus dem Kiental, welche von<br />
rechts hinzukommt.<br />
Angelangt im Tal, hat der Fluss von Kandersteg herkommend bereits<br />
beachtliche 300 Höhenmeter bewältigt. Und das bedeutet<br />
Fliesskraft, die Stärke des Flusses nimmt zu. Wenn das Wetter zu<br />
lange unpassend ist, dann passt es auch der Kander nicht mehr.<br />
Ein Augenschein gleich neben dem Mitholz-Strassentunnel zeigt<br />
die Folgen und die sofortigen Massnahmen: Die Kander wurde<br />
mit Verbauungen gezähmt – doch die Gefahr ist nicht gebannt. Zur<br />
Sicherheit wird mit einer Tafel vor Überschwemmungen gewarnt.<br />
Die neue Warntafel im Kandertal in der Nähe des Mitholz-Autotunnels weist<br />
auf die Gefahren der Kander hin.
KANDER<br />
21<br />
Die Kanderreise geht weiter: Legendär und notwendig sind die<br />
Verbauungen bei Hondrich. Dies ist auch nötig, um den Fluss zu<br />
bremsen, denn zu guter Letzt darf die Kander auch noch die<br />
Simme bei Reutigen schlucken, bevor sie direkt in den Thunersee<br />
fliesst. Jetzt endlich kommt die 46 Kilometer lange Kander zur<br />
Ruhe. Viel Geschiebe bringt sie mit – seit dem legendären Durchstich<br />
ist das Kanderdelta ein jahrhundertealter Zeuge davon.<br />
Vereint zu noch mehr Kraft: Hier schluckt die Kander die von Adelboden<br />
herkommende Engstligen .<br />
Aufatmen vor der nächsten Zähmung: In der Schwandi-Ey Richtung<br />
Reichenbach wurde mehr Platz geschaffen.<br />
Kander 2050: Ingenieure befassen sich aktuell mit der Kander<br />
und möchten nach Genehmigung des Kander-Gewässerschutzrichtplanes<br />
(KGRP) mit gesamtheitlich-nachhaltigen Verbau -<br />
ungen beginnen. Denn der Fluss ist ein komplexes ökologisches<br />
Sys tem. Seit Jahren ist ihr Flussbett auf mehreren Abschnitten<br />
relativ stark verbaut worden. Gegenüber dem ursprünglichen<br />
Zustand konnte dadurch zwar ein Schutz erreicht werden, die<br />
Einengung hat jedoch dazu geführt, dass sich die Kander an verschiedenen<br />
Stellen eintieft. Man hofft jetzt, dass die Genehmigung<br />
des KGRP möglichst rasch erfolgt, so dass mit den neuen<br />
Massnahmen bereits 2014 begonnen werden kann. Sicher wird es<br />
der Kander gut tun – doch hören wir trotzdem auf die Worte von<br />
Altpfarrer Ulrich Junger aus Kandersteg: «Ein Fluss sucht sich<br />
trotzdem immer seinen eigenen Weg.» Die Kander beschäftigt<br />
seit Jahrhunderten und auch in der Zukunft.<br />
KANDERDURCHSTICH<br />
Wenn nach Gewittern oder Föhneinbrüchen die Kander anschwellte,<br />
führte sie so viel Geschiebe mit sich, dass sie das<br />
Flussbett auffüllte, über die Ufer trat und Allmendingen,<br />
Thierachern und Uetendorf überschwemmte. Unterhalb von<br />
Thun stauten Zulg und Kander die Aare, sodass im Schwäbis<br />
«das Wasser schwebte» und die Thuner nasse Füsse be -<br />
kamen.<br />
Samuel Bodmer, Mühlenbesitzer, seit 1695 Schlossherr<br />
in Amsoldingen, schlug vor, die Kander in den Thunersee<br />
abzuleiten. Damit könnte die Kander ihr Geschiebe im See<br />
ablagern und der Weg für die Aare in Richtung Bern würde<br />
frei.<br />
Die Berner Regierung folgte dem Antrag Bodmers. 1711<br />
wurde damit begonnen, die Moräne oberhalb des Strättligturms<br />
abzugraben. Der Villmergerkrieg zwang zur Einstellung<br />
der Arbeiten. Das war die Stunde für Architekt Samuel<br />
Jenner, Alt-Spitalmeister. Er schlug vor, den geplanten<br />
Einschnitt durch einen Stollen zu ersetzen, was schneller und<br />
günstiger wäre. Im Frühjahr 1713 begann der Stollenvortrieb.<br />
Auf bergmännische Art wurde die Moräne durchstossen.<br />
Am 2. Dezember 1713 floss zum ersten Mal ein Teil des<br />
Kander<strong>wasser</strong>s durch den Stollen in den See. Rasch frass<br />
sich der Fluss in das lockere Gestein ein. Am 18. August 1714<br />
brach das Gewölbe über dem Stollen ein. Da der Ausfluss aus<br />
dem Thunersee die doppelten Wassermassen nicht schnell<br />
genug schluckte, häuften sich die Hoch<strong>wasser</strong> in Thun. Nun<br />
wurde Emanuel Gross, in Italien zum Ingenieur ausgebildet,<br />
zu dieser Zeit Landvogt in Lugano, beigezogen. Im Bereich<br />
Bächimatt wurde das Aarebett abgegraben. Der Stadtgraben<br />
wurde geflutet und zur Äusseren Aare. Zwischen 1726 und<br />
1730 wurden regulierbare Schleusen gebaut, die ersten in<br />
einer Schweizer Stadt.<br />
Text: Guntram Knauer<br />
Die Kander: Kraftvoll und eigensinnig.<br />
Text und Bilder: Heinz Schürch, Schükom
WASSERREGULIERUNG 23<br />
Spezialisten regeln von Bern aus den Seespiegel<br />
Seit 1869 stieg der Pegel des Thunersees in 41 Jahren über die heute gültige Hoch<strong>wasser</strong>grenze – 1999 und vor allem 2005 massiv. Mit dem<br />
anschliessend erbauten Hoch<strong>wasser</strong>-Entlastungsstollen können Überschwemmungen nicht verhindert, aber massgeblich entschärft werden.<br />
Bernhard Schudel in der Regulierzentrale mit allen digitalen Wasserstandsanzeigen des Einzugsgebiets.<br />
Bei der Scherzligschleuse wird die Aare wieder zum Fluss.<br />
Bernhard Schudel, Chef der bernischen Gewässerregulierung,<br />
blickt gespannt auf die digitalen Anzeigen in der Regulierzentrale<br />
in den Räumen des Amtes für Wasser und Abfall in Bern. Von hier<br />
aus werden die Mühle- und Scherzligschleuse und der Hoch -<br />
<strong>wasser</strong>stollen in Thun gesteuert. Es ist Mai, in den Bergen liegt<br />
relativ viel Schnee und die Meteorologen warnen vor grösseren<br />
Niederschlagsmengen. Seit 2010, nach Inbetriebnahme des<br />
Hoch<strong>wasser</strong>stollens in Thun, reagiert das Regulierteam auf<br />
solche Szenarien etwas gelassener. «Die Stadt Thun, der Kanton<br />
Bern und die Eidgenossenschaft haben das Hoch<strong>wasser</strong>problem<br />
mit dem Stollen massgeblich entschärft, aber weg ist es nicht»,<br />
meint Schudel. Das Schutzziel liegt bei einer Seepegelhöhe von<br />
558,80 m ü. M. – selbst Hoch<strong>wasser</strong> wie jene vom Mai 1999 und<br />
August 2005 sollen künftig diese Kote nicht übersteigen.<br />
Ursprung liegt beim Kanderdurchstich<br />
Obschon etliche Seeanlieger davor warnten, wurde vor 300<br />
Jahren mit der Umleitung der Kander in den Thunersee die Hoch<strong>wasser</strong>-Problematik<br />
am Thunersee verschärft. Zum Aare<strong>wasser</strong><br />
aus dem Haslital kamen auf einen Schlag die Einzugsgebiete aus<br />
dem Kander- und Simmental dazu. Geplante Korrekturmass -<br />
nahmen beim Seeausfluss in Thun wurden immer wieder<br />
verschoben. Im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts wurden<br />
Korrektionsmassnahmen vorgenommen, um die ungünstigen<br />
Abflussverhältnisse zu verbessern. Dazu gehörte auch der Bau<br />
der beiden Aareschleusen. Trotzdem traten Ereignisse mit gravierenden<br />
Folgen regelmässig auf – innerhalb der letzten 150<br />
Jahre überschritt der Pegel des Thunersees in 41 Jahren die<br />
heute gültige Hoch<strong>wasser</strong>grenze.<br />
Ungenügende Abflussmenge<br />
Die Analysen der beiden Hoch<strong>wasser</strong> in den Jahren 1999 und<br />
2005 zeigten deutlich auf, dass die Schäden nicht zu vermeiden<br />
waren. Vom 12. bis 15. Mai 1999 stieg der Wasserstand aufgrund<br />
der Schneeschmelze und der Niederschläge um einen halben<br />
Meter. Zeitweise strömten 700 Kubikmeter pro Sekunde in den<br />
See. Die beiden vollständig offenen Schleusen liessen aber lediglich<br />
einen begrenzten Abfluss zu. Heftig debattiert wurde über die<br />
Frage, ob eine frühere Öffnung der Schleusen zu einem tieferen<br />
Maximalpegel geführt hätte. Simulationen zeigten, dass dies aufgrund<br />
der begrenzten Abflusskapazität oberhalb der Schleusen<br />
nicht der Fall gewesen wäre. Nur sechs Jahre später, diesmal im<br />
August, stieg der See erneut rasant schnell auf eine neue Rekordmarke.<br />
Eine Modellrechnung hat ergeben, dass bei diesem<br />
Hoch<strong>wasser</strong> ohne Kanderzufluss der Pegelstand des Thunersees<br />
um 90 Zentimeter tiefer und somit unter der Hoch<strong>wasser</strong>grenze<br />
geblieben wäre. Bekanntlich hat damals ein grosses Unwetter<br />
Milliardenschäden in der ganzen Schweiz verursacht.<br />
Seefläche zum Einzugsgebiet<br />
Bernhard Schudel nimmt seine Vorgänger in Schutz. «Sie waren<br />
machtlos, denn die Abflusskapazität war wegen der ungünstigen<br />
Topografie des Aarebettes zu gering», meint er. Der Thunersee<br />
sei ein dynamisches System, dessen Abflussmenge bei geöffneten
24 WASSERREGULIERUNG<br />
ERLEBNIS<br />
25<br />
Badeparadies am Thunersee<br />
Wo plantscht es sich am besten? Diese Frage ist am Thunersee nicht einfach zu beantworten, denn zahlreiche Strandbäder und Hallenbäder<br />
machen die Region um den Thunersee zum Badeparadies.<br />
1<br />
Strandbad Thun<br />
10<br />
Neuhaus<br />
50-m- und 25-m-Becken, Kleinkinderbecken,<br />
10-m-Sprungturm<br />
Beachanlage, grosse Grünfläche, Spielplatz<br />
www.<strong>thun</strong>.ch/strandbad<br />
Vier verschiedene Badestrände<br />
Wassersportzentrum, Beachvolleyball, Pedalovermietung<br />
11<br />
Seebad Därligen<br />
2 Flussbad Schwäbis<br />
Zwei abgegrenzte Schwimmzonen<br />
Tischtennis<br />
www.<strong>thun</strong>.ch/flussbad<br />
Seebad<br />
Liegewiese<br />
www.hafenpintli.ch<br />
12<br />
Strandbad Leissigen<br />
Die Mechanik der Mühleschleuse an der Inneren Aare, erbaut im Jahre 1788.<br />
60 Jahre nach der Scherzligschleuse.<br />
Schleusen alleine von der Höhe des Seespiegels abhängig ist.<br />
Wegen des hohen Sohlenniveaus im Bereich Schadau–Scherzligschleuse<br />
sei die Abflusskapazität beschränkt und vergrösserte<br />
sich erst bei hohem Wasserstand. Ebenfalls stehe die Seefläche<br />
zur Fläche des Einzugsgebiets (seit dem Kanderdurchstich) in<br />
einem sehr ungünstigen Verhältnis. Die Seefläche beträgt knapp<br />
50 Quadratkilometer, das Einzugsgebiet ist aber rund 2500 Quadratkilometer<br />
gross, womit die Seefläche nur rund zwei Prozent<br />
des gesamten Einzugsgebiets ausmacht. Bei den meisten grossen<br />
Schweizer Seen ist dieses Verhältnis weniger problematisch.<br />
Messstellen im Einzugsgebiet<br />
Damit eine automatische Steuerung der Regulieranlagen möglich<br />
ist, müssen zahlreiche Messwerte vorhanden sein. Im Einzugsgebiet<br />
sind elf automatische Niederschlagsmessstationen<br />
installiert. Dazu kommen Abflussmessstationen bei den entscheidenden<br />
Zuflüssen in den See sowie zwei automatische Seepegelmessstationen.<br />
Die Daten dieser Messungen werden aufgezeichnet<br />
und in die Zentrale nach Bern übermittelt. Wenn sich<br />
daraus Risikosituationen abzeichnen und wenn die Tore der<br />
Mühle- und Scherzligschleuse bereits vollständig geöffnet sind,<br />
kann auch der Hoch<strong>wasser</strong>-Entlastungsstollen zum Einsatz<br />
kommen. «Mit ihm kann der See vor einem Hoch<strong>wasser</strong> kurzfris -<br />
tig 10 bis 20 Zentimeter abgesenkt werden», erklärt Bernhard<br />
Schudel. Die sogenannte «Vorabsenkung» schaffe das nötige<br />
Rückhaltevolumen, um übermässige Zuflüsse aufzufangen. In<br />
einer umfassenden Studie über den Hoch<strong>wasser</strong>schutz am<br />
Thunersee hat der Kanton auch einen speziellen Blick auf den<br />
Abfluss der Aare unterhalb des Sees geworfen. Die Verantwort -<br />
lichen sind dabei zum Schluss gekommen, dass der Stollen<br />
Auswirkungen auf die Aare zwischen Thun und Bern haben wird,<br />
dadurch aber die Situation der Unterlieger nicht zusätzlich ver-<br />
Tiefer Wasserstand im Eisweier im Gwatt. Die Tafel hält die extremen Werte<br />
der Hoch<strong>wasser</strong> 1999 und 2005 in Erinnerung.<br />
schärft werde. Das Schutzziel für den Thunersee könne erreicht<br />
werden, ohne dass sich die bei einem extremen Hoch<strong>wasser</strong> auftretende<br />
Abflussspitze der Aare erhöhe und dadurch die Situation<br />
in der Stadt Bern nachteilig verändern werde.<br />
UNTERSCHIEDLICHE ANSPRÜCHE<br />
Text und Bilder: Beat Straubhaar, Weber AG<br />
Die Verantwortlichen der bernischen Gewässerregulierung<br />
müssen ganz unterschiedlichen Ansprüchen gerecht werden:<br />
– Bevölkerung und Wirtschaft erwarten einen verlässlichen<br />
Schutz vor Überschwemmungen.<br />
– Fauna und Flora am und im Thunersee sollen nicht durch unnatürlich<br />
schwankende Wasserstände beeinträchtigt werden.<br />
– Die Aare soll vom Thunersee her möglichst gleichmässig<br />
gespeist werden.<br />
– Die kommerzielle Schifffahrt auf dem Thunersee braucht<br />
auch in zuflussarmen Zeiten ausreichend hohe Wasserstände.<br />
3 Strandbad Hünegg<br />
Seebad, Kinderschwimmbecken,<br />
1-m- und 3-m-Sprungturm,<br />
Tischtennis, Floss<br />
www.strandbadhuenegg.ch<br />
4 Hallenbad Oberhofen<br />
25-m-Becken, Lehrschwimmbecken<br />
www.fitnesspark.ch/hallenbad-oberhofen<br />
5 Seebad Oberhofen<br />
Seebad, Kneippbecken<br />
Grosse Spiel- und Liegewiese<br />
www.fitnesspark.ch/hallenbad-oberhofen<br />
6 Solbad Sigriswil<br />
Solbad, Whirlpool, Kneippbecken, Aussensprudelbad,<br />
Saunalandschaft, SPA<br />
www.solbadhotel.ch<br />
7 Solbad Merligen<br />
Frei-Solbad, Sprudelliegen, Stehwhirlpool, Strömungskanal,<br />
Unter<strong>wasser</strong>massagedüsen, Hallenbad,<br />
Saunapark, SPA<br />
www.beatus.ch/solbad<br />
8 Schwimm- und Seebad Merligen<br />
Seebad, 25-m-Schwimmbecken, Kinderschwimmbecken<br />
Bistro, Sandkasten, Tischtennis<br />
www.merligen.ch/strandbad<br />
9 Panorama Hallenbad Beatenberg<br />
Hallenbad<br />
Sauna, Dampfbad<br />
www.beatenberg.ch<br />
Seebad, Nichtschwimmerbereich, Kleinkinderbecken,<br />
Floss mit Sprungbrett<br />
Sandkasten, Tischtennis, Pedalovermietung<br />
13 Seebad Lido Krattigen<br />
Seebad<br />
Grosse Liegewiese, Badesteg, WC, Duschen, Umkleide<br />
14 Hallenbad Aeschi<br />
25-m-Becken, Lehrschwimmbecken, Therapiebecken<br />
Liegewiese<br />
www.hallenbad-aeschi.ch<br />
15 Seebad Faulensee<br />
Seebad<br />
Floss, WC, Duschen, Umkleide<br />
16 Freibad Spiez<br />
Seebad, 50-m-Becken, Nichtschwimmerbecken,<br />
Kinderplanschbecken,<br />
Sprunganlage<br />
Tischtennis, Beachvolleyball<br />
www.freibadspiez.ch<br />
17 Hallenbad Heimberg<br />
25-m-Becken, Nichtschwimmerbecken, Planschbecken,<br />
Sprungbucht<br />
Im Sommer Liegewiese, Aussenbecken mit Rutschbahn,<br />
Kinderspielplatz, Gartenbeizli<br />
www.sportzentrum-heimberg.ch<br />
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INFOS ZU WIND,<br />
WETTER & WASSER-<br />
TEMPERATUREN<br />
Golf<br />
Golf<br />
18-Loch<br />
18-Loch<br />
www.<strong>thun</strong>erseewind.ch<br />
www.<strong>thun</strong>erwetter.ch<br />
www.meteoschweiz.ch<br />
www.meteonews.ch<br />
www.scni.ch<br />
www.segelschule-<strong>thun</strong>ersee.ch<br />
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© Weber AG Verlag, Thun/Gwatt<br />
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Tourist-Info<br />
Schiffländte<br />
Feuerstellen<br />
Sturmwarndienst<br />
WASSERSPORT<br />
Freibad<br />
Hallenbad<br />
Segelschule<br />
und/oder Yachtclub<br />
Bootsvermietung<br />
Wasserski- und<br />
Wakeboardschule<br />
Windsurfschule<br />
Stand Up Paddling<br />
Kanu<br />
Tauchplätze<br />
Angelplätze<br />
WELLNESS<br />
Solbad<br />
WEGE & BEREICHE<br />
Kanuweg<br />
Wander-Routen<br />
Strand-/Uferwege<br />
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Panorama-Rundweg<br />
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28<br />
WASSERSPORT<br />
Freizeitaktivitäten im oder auf dem Wasser<br />
Der Thunersee und seine Zu- und Abflüsse bieten viele tolle Möglichkeiten für eine aktive und spannende Freizeitgestaltung. Ob Wakeboarden<br />
oder Stand-Up-Paddling, Canyoning oder Riverraften, fast jeder Wassersport kann am Thunersee ausgeübt werden.<br />
Riverrafting.<br />
Riverrafting<br />
Ob auf der Lütschine oder der Simme. Gemütlich über Wellen<br />
schaukeln oder mit Wucht durch die Gischt paddeln. Riverrafting<br />
ist ein tolles Abenteuer im Schlauchboot. Dabei wird die Kraft des<br />
Wassers erlebbar gemacht. Immer mit an Bord ist ein erfahrener<br />
Guide, der das Boot durch das Wild<strong>wasser</strong> führt.<br />
www.outdoor-interlaken.ch<br />
www.alpinraft.ch<br />
Tauchen<br />
Für was in die Ferne schweifen, wenn man auch im Thunersee<br />
tauchen kann. Es gibt vieles zu entdecken: Schwefelquellen, imposante<br />
Steilwände, Wasserpflanzen, Moostierchen und natürlich<br />
Fische wie Egli, Felchen und viele mehr. Auch im Winter lässt es<br />
sich im Thunersee gut tauchen, die Sicht im See ist viel klarer.<br />
Rund um den See gibt es viele Tauchplätze. Für Interessierte bieten<br />
die Tauchschulen Schnupperkurse und weiterführende Kurse an.<br />
Tauch Treff Thunersee www.tt-<strong>thun</strong>ersee.ch<br />
Tauch Club Thunersee www.tc-<strong>thun</strong>ersee.ch<br />
Crazy Divers www.tec-diving.ch<br />
Kanu<br />
Fast rund um den Thunersee werden Kanus vermietet. Um sich damit<br />
auf dem See fortzubewegen und die Natur zu geniessen, sind<br />
keine Vorkenntnisse notwendig. Eine tolle Möglichkeit, den See im<br />
Kanu zu entdecken, bietet der Kanuweg Thunersee. Zum Beispiel:<br />
das Kanu in Spiez entgegennehmen und Richtung Faulensee paddeln.<br />
Unterwegs bietet sich Gelegenheit, beim Rast- und Badeplatz<br />
am Strandweg einen Erholungshalt einzuschalten. Das Kanu kann in<br />
Faulensee oder wieder in Spiez abgegeben werden. Es besteht auch<br />
die Möglichkeit, sich ein SUP-Board für diese Strecke zu mieten.<br />
www.kanuweg<strong>thun</strong>ersee.ch<br />
«Aareböötle»<br />
Auf der Aare vermag jeder sein eigener Flusskapitän zu sein. Mit dem<br />
eigenen oder gemieteten Schlauchboot ist die Fahrt vom Schwäbis<br />
Thun ins Eichholz Bern ein Erlebnis. An heissen Tagen kann man<br />
sich schwimmend neben dem Boot treiben lassen und sich herrlich<br />
erfrischen. Für Unerfahrene gibt es auch geführte Touren.<br />
www.aarebootsvermietung.ch (Vermietung)<br />
www.alpinraft.ch (Touren)<br />
www.outdoor-interlaken.ch (Touren)<br />
Wakeboard<br />
Es gibt nichts Schöneres für einen Wakeboarder als einen flachen<br />
See, ein starkes Boot und eine grosse Heckwelle, über die sich<br />
springen lässt. Aber auch Anfänger kommen schnell in den Genuss,<br />
über den See zu gleiten. Geduldig zeigen die Instruktoren<br />
Schritt für Schritt, wie man zu seiner ersten Fahrt auf dem Wakeboard<br />
kommt. Die Schwimmweste hält jeden über Wasser, denn<br />
auch die Könner stürzen mal. Natürlich besteht auch die Möglichkeit,<br />
sich auf den Wasserskis hinter dem Boot herziehen zulassen.<br />
www.wakeboardschule.ch<br />
www.mountainsurf.ch<br />
Wakeboard: Ein Hoochie Glide von Lokalmatador Phil Hodler. ©Etien Photography
30<br />
WASSERSPORT<br />
EVENTS 31<br />
Stand-Up-Paddling SUP<br />
Auf einem SUP-Board steht der Sportler aufrecht und benutzt zur<br />
Fortbewegung ein Paddel. SUP ist für jedermann einfach zu erlernen.<br />
Mit ein wenig Gleichgewicht gleitet fast jeder ganz einfach<br />
über das Wasser. SUP ist ein naturnahes Sporterlebnis und verspricht<br />
viel Spass. Kurse bietet die Windsurfschule Badhuus in<br />
Gunten an.<br />
www.badhuus-gunten.ch (Kurse)<br />
www.naishsupcenter.ch (Mietstation)<br />
www.mountainsurf.ch (Mietstation)<br />
Wakesurfen<br />
Für alle, die nicht für das Wellenreiten ans Meer können: Auch<br />
auf dem Thunersee wird gesurft. Die Welle hinter dem Motorboot<br />
ist quasi unendlich. So lange das Boot fährt, so lange steht die<br />
Welle. Und wer das noch nie gemacht hat, wird ganz leicht wie<br />
beim Wakeboarden mit der Leine starten, sich in die Welle ziehen<br />
lassen und diese spüren lernen.<br />
www.mountainsurf.ch<br />
www.wakeboardschule.ch<br />
Windsurfen<br />
Ein leichter Bergwind am Morgen und ein stärkerer Thermikwind<br />
am Nachmittag. Der Thunersee zieht Windsurfer immer wieder<br />
in seinen Bann. Für alle, die das Gleiterlebnis selbst ausprobieren<br />
möchten, bietet die Windsurfschule Badhuus in Gunten Schnupperkurse.<br />
Packt einen das Surfen, werden in der Surfschule auch<br />
weitere Kurse angeboten. Wer keine eigene Ausrüstung besitzt,<br />
kann sämtliches Material vor Ort mieten. Kenner wie auch Anfänger<br />
treten mit Vorteil dem Windsurfclub Thun oder Gunten bei<br />
und profitieren so z.B. von Materiallagermöglichkeiten oder Rabatten.<br />
www.badhuus-gunten.ch (Kurse und Club)<br />
www.wsct.ch (Club)<br />
Canyoning<br />
Über Wasserfälle abseilen, ausgewaschene Felsen hinunter rutschen<br />
und in natürliche Pools springen: das ist Canyoning. Angeboten<br />
werden Familientouren wie auch anspruchsvolle Touren<br />
mit hoher Intensität. Gut ausgebildete und qualifizierte Guides<br />
bieten die perfekte Balance zwischen Spass und Sicherheit.<br />
www.alpinraft.ch<br />
www.outdoor-interlaken.ch<br />
Text: Tanja Look<br />
Bilder: Etien Photography/zvg/Windsurfschule Badhuus Gunten<br />
Fischerstechen, Jumpen, Wakeboarden<br />
No Limit: Am und auf dem Thunersee ist (fast) alles möglich.<br />
Das Freienhof Fischerstechen fand am 17. August <strong>2013</strong> zum<br />
9. Mal statt. Beim Fischer- oder Schifferstechen auf dem Aare -<br />
abschnitt (Wettkampfplatz) zwischen Göttibachsteg und Hotel<br />
Freienhof handelt es sich um eine mittelalterliche Kampfsportart,<br />
die den ritterlichen Lanzenturnieren nachgebildet ist. Das Grundprinzip<br />
des Turniers ist einfach: Auf zwei Booten, an der Aare «Weidlinge»<br />
genannt, die parallel oder gegeneinander gerudert werden,<br />
wird je ein Lanzenkämpfer postiert, der versuchen muss, seinen<br />
Kontrahenten mit der Lanze ins Wasser zu stossen. Das Boot wird<br />
vom Steuermann und drei Ruderern gerudert. In der Regel kämpfen<br />
beim Freienhof Fischerstechen 24 Teams mit je vier Mann aus<br />
Thun und Umgebung um den Titel «Bester Fischerstecher».<br />
Mehr auch unter www.fischerstechen.ch<br />
Einfach cool springen…<br />
Wer springt am coolsten in den Thunersee? Skifahrer, Snow boarder<br />
oder Biker? Der Lake Jump hat bereits Traditionscharakter und<br />
lockt seit dem Jahr 2008 Jumper aus der ganzen Schweiz an den<br />
Thunersee. Im Strandbad Hünegg «jumpen» Wagemutige über<br />
eine acht Meter hohe Rampe in den Thunersee – oder katapultieren<br />
sich auf ihren kreativen Vehikeln spektakulär ins kühle Nass.<br />
Dieses Jahr traf sich die Freestyle-Szene am 13. und 14. Juli zum<br />
Happen ing. Jedes Jahr platzt das Hüneggbad Hilterfingen beim<br />
Szene-Treffen aus allen Nähten. Nebst Jump-Spektakel wird<br />
auch sonst viel geboten – an kühlen Drinks und heissem Sound<br />
fehlt es nicht.<br />
Yes, we can: We Wake!<br />
Am 24. und 25. August <strong>2013</strong> organisierte die Wakeboardschule<br />
Gunten auf der Du-Lac-Wiese das «We Wake». Die Wasserskiund<br />
Wakeboardschule Thunersee um Schulleiter und OK-Präsident<br />
Alain Rickli hat den Wakeboard-Top-Event mit vielen Freiwilligen<br />
bereits zum sechsten Mal durchgeführt. Das «We Wake» in<br />
Gunten ist jeweils Bestandteil der Come-&-Ride-Tour. Sie ermöglicht<br />
Amateuren, sich mit Profis zu messen, und ist eine Art<br />
Sprungbrett in Richtung Teilnahme an nationalen und internationalen<br />
Wettkämpfen. Ziel ist zudem, dass die (noch) jungen Sportarten<br />
auch einem breiten, interessierten Publikum zugänglich<br />
gemacht werden. Neben Showfahren und Public-Wakeboarding<br />
gab es auch DJs, die für coolen Sound sorgten. «We Wake» geht<br />
im Sommer 2014 in die nächste Runde.<br />
Mehr dazu auch unter www.wakeboardschule.ch oder direkt bei<br />
der Wakeboard- und Wasserskischule Gunten am Thunersee.<br />
© zvg<br />
© Manuel Lopez, liveit.ch<br />
Text: Marco Oswald, TEXTCUBE<br />
© Etien Photography
WASSERSTADT THUN 33<br />
Ab<strong>wasser</strong> reinigen – Gewässer schützen –<br />
Energie erzeugen: Wir tun es, rund um die Uhr.<br />
Thun, Stadt an der Aare … und am See<br />
Die Stadt Thun gab dem See den Namen, ist aber ursprünglich eine Stadt am Fluss.<br />
Marquard Wocher (1760–1830), Blick vom alten Friedhof auf Freienhof, Aare<br />
und Alpen, 1804.<br />
Die Stadt Thun heute mit Anstoss an den See.<br />
«Wo ein Fluss den See verlässt, liegt ein strategisch wichtiger<br />
Punkt. Hier wurde gewöhnlich eine Brücke geschlagen (und<br />
durch Befestigungsanlagen gesichert), hier befand sich auch der<br />
Umschlagplatz zwischen Seeschifffahrt und Flussschifffahrt.<br />
Kein Wunder, ist manche Stadt am unteren Ende von Seen gegründet<br />
worden – Zürich, Luzern, Genf … und auch Thun.»<br />
So schreibt Franz auf der Maur in seinem 1987 erschienenen<br />
SILVA-Buch über die Aare.<br />
Thun ist eine Stadt an der Aare. Nach der Ableitung der Kander in<br />
den Thunersee 1714 verdoppelten sich dessen Zuflüsse. Eine<br />
Aare – heute die Innere Aare – reichte nicht mehr aus, um die<br />
Wassermassen abzuleiten. Der Stadtgraben wurde geflutet und<br />
zur Äusseren Aare. Seither liegt Thun an zwei Aareläufen. Das<br />
Bälliz wurde zur <strong>wasser</strong>umströmten «Einkaufsinsel».<br />
Mit dem Ausbau des Waffenplatzes und der Gründung der eidgenössischen<br />
Betriebe (Munitionsfabrik und Konstruktionswerkstätte)<br />
vor 150 Jahren wurde Thun zur eidgenössischen Stadt und<br />
wuchs stetig. 1913 kam mit der Eingemeindung von Goldiwil das<br />
Quartier Hofstetten mit seinen Hotels dazu. 1920 folgten mit der<br />
Eingemeindung von Strättligen die Dörfer und Quartiere Allmendingen,<br />
Buchholz, Dürrenast, Gwatt, Neufeld, Scherzligen und<br />
Schoren. Seit den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts entwi -<br />
ckelt sich Thun auch zur Stadt am See. Das Strandbad, das Stadion<br />
Lachen und die Lachenhalle entstanden. Seit der Eröffnung<br />
des Uferweges Bahnhof – Schadau vor zwei Jahren kann (fast)<br />
das ganze Seeufer bis zum künftigen Delta-Park (ehemalige<br />
Heimstätte Gwatt) begangen werden.<br />
Text: Guntram Knauer Bilder: Kunstmuseum Thun/Hans Mischler<br />
Wir reinigen das Ab<strong>wasser</strong> von 38 Gemeinden<br />
und ihren 118ʼ000 Einwohnern für 20 Rappen pro<br />
Einwohner und Tag. Dabei erzeugen wir einen<br />
Stromüberschuss und erneuerbare Fernwärme.<br />
So geht nachhaltiger Gewässerschutz.<br />
www.ara<strong>thun</strong>ersee.ch
34<br />
AUFGLUGSZIELE<br />
35<br />
«Des Menschen Seele gleicht dem Wasser»<br />
Die Täler im Berner Oberland bieten viele Ausflugsziele, bei denen Wasser die Hauptrolle spielt. An heissen Sommertagen wirken<br />
solche Orte kühlend und beruhigend für Körper und Geist. Auch Dichter und Maler wurden davon seit jeher inspiriert.<br />
Wie aus dem Nichts entspringt die Simme oberhalb des Rezlibergs.<br />
Die alten Römer mussten im Schweisse ihres Angesichts<br />
Aquädukte bauen, um das lebenswichtige Wasser in ihre Städte<br />
zu leiten. Diese Herausforderung kannten unsere Vorfahren<br />
nicht, das Wasser floss ihnen talwärts entgegen. Meistens sauber<br />
und gurgelnd in kleinen oder grossen Bächen zu Brunnstuben<br />
oder Wasserreservoirs, deren Inhalt mit Pumpen aus Grund -<br />
<strong>wasser</strong> gespeist wurden. Glücklicherweise ist das auch heute<br />
noch so.<br />
Nie versiegender Quell<br />
Am Anfang dieser wunderbaren Wasserkette stehen Gletscher<br />
und Quellen. Ein nie versiegender Quell, dies die lange vorherrschende<br />
Meinung. Doch heute sind sich die Spezialisten nicht<br />
mehr so sicher. Tröstlich ist die Tatsache, dass die meisten kleineren<br />
Quellen in unserem Berggebiet auch bei längeren Trockenperioden<br />
nicht versiegen. Noch werden Zeiten der Dürre mit zusätzlichem<br />
Schmelz<strong>wasser</strong> unserer klimatisch bedingt leidenden<br />
Gletscher ausgeglichen.<br />
Vielfältige Schauspiele<br />
Das Berner Oberland ist reich an Wasser. Es bietet vielfältige<br />
Schauspiele: sprudelnde Quellen, schäumende Bergbäche, stiebende<br />
Wasserfälle, tiefblaue Bergseen als Rückhaltebecken, tiefe<br />
Schluchten und mystische Höhlen. Ein faszinierendes Zusammenspiel,<br />
geprägt vom Element Wasser als Hauptdarsteller. Fast<br />
das gesamte Nass aus dem Einzugsgebiet fliesst über Aare,<br />
Simme und Kander in den Thunersee und durch Thun hindurch<br />
Der Seebergsee im Diemtigtal – vielbesuchtes Ausflugsziel.<br />
bernwärts. Einzelne Orte sind attraktive, teilweise sogar mystische<br />
Anziehungspunkte, die an heissen Sommertagen auch Abkühlung<br />
versprechen.<br />
Sieben und mehr Brunnen<br />
Ein faszinierendes Schauspiel bietet die Karstquelle der Simme.<br />
Aus einer horizontalen Felsspalte stürzen sieben Hauptstrahle<br />
und geben der jungen Simme erstmals Schwung für ihre 55 Kilometer<br />
lange Reise. Das Wasser stammt vom höher gelegenen<br />
Rezligletscher am Fusse des Wildstrubels.<br />
Stiebende Wasserfälle<br />
Im Lauterbrunnental stürzen sich nicht nur Menschen in Spezialanzügen<br />
aus Spass von den Felsen, auch das Wasser folgt dem<br />
Gesetz der Schwerkraft. Im «Tal der 72 Wasserfälle», wie das<br />
Trogtal mit seinen glatten Felswänden etwa genannt wird, hat<br />
einer eine spezielle Bekanntheit: Der knapp dreihundert Meter<br />
hohe Staubbachfall inspirierte bereits Johann Wolfgang von<br />
Goethe zum Schreiben. «Des Menschen Seele gleicht dem Wasser:<br />
Vom Himmel kommt es, zum Himmel steigt es, und wieder<br />
nieder zur Erde muss es, ewig wechselnd.» Einen speziellen<br />
Einblick in kraftvolle Wasserwirbel bieten die nahegelegenen<br />
Trümmelbachfälle. Sie gelten als Europas grösste unterirdische<br />
Wasserfälle. Wer einmal einen Wasserfall im Aufstieg und sehr<br />
nahe erleben möchte, steigt auf dem Saumpfad entlang dem<br />
Engstligenfall auf die Engstligenalp. Der Bergbach stürzt spektakulär<br />
in zwei Etappen über rund 370 Höhenmeter ins Tal.<br />
Bergbäche und Wild<strong>wasser</strong><br />
Im Berner Oberland gibt es viele Möglichkeiten, die klare Morgenfrische<br />
an einem Bergbach geniessen zu können. Der Wild<strong>wasser</strong>weg<br />
auf die Griesalp, dem Gamchibach folgend, ist eine<br />
eindrückliche Variante. Wer es gemütlicher haben will, spaziert<br />
dem Suldbach entlang zum Pochtenfall oder über den 14 Kilo -<br />
meter langen Talweg dem Filderich und Chirel entlang von Oey-<br />
Diemtigen nach Schwenden. Dort, im Naturpark Diemtigtal, steht<br />
ebenfalls der Wasserspielplatz «Gwunder<strong>wasser</strong>» für die ganze<br />
Familie bereit.<br />
Tiefblaue Bergseen<br />
Wer kennt sie nicht, die Aushängeschilder der Oberländer Touris -<br />
tiker, der viel fotografierte, malerische Bachalpsee oberhalb<br />
Grindelwald First, mit Schreck- und Finsteraarhorn im Hintergrund?<br />
Oder den viel besungenen Lauenensee, den Engstlensee<br />
mit seinem flachen Ufer, den Tiefblick auf den Oeschinensee am<br />
Weg zum Hohtürli? Viel besucht sind auch die beiden Stockenseen<br />
im Wanderparadies am Stockhorn, der in unberührte Natur<br />
eingebettete Seebergsee im Diemtigtal oder im Kandertal der<br />
mystische, glasklare Blausee mit seinem Forellenbestand. Wer<br />
etwas weg vom Touristenstrom kleine Kleinode besuchen<br />
möchte, sucht das Elsigseeli auf, dessen Grösse vom Schmelz<strong>wasser</strong><br />
abhängig ist. Oder wandert im Diemtigtal an der Niesenflanke<br />
zum Meienfallseeli.<br />
Der Hünibach zieht malerisch seinen Weg durch die Cholerenschlucht …<br />
Schluchten und Höhlen<br />
Gletscherschluchten sind wilde Schönheiten mit einem grossen<br />
Kühlfaktor. Zum Beispiel die Schlucht des unteren Grindelwaldgletschers<br />
ist ein beeindruckendes Wanderziel mit beidseitig bis<br />
hundert Meter hohen Wänden. Ein ähnlicher Zeuge von der Kraft<br />
des Wassers ist die Aareschlucht in Meiringen. Dank Stegen kann<br />
sie bequem durchwandert werden. Ein berauschendes und erfrischendes<br />
Naturereignis bietet ebenfalls die Gletscherschlucht<br />
Rosenlaui, am Weg zur Grossen Scheidegg. Nicht vergleichbar,<br />
aber ebenso faszinierend ist der Besuch der Cholerenschlucht<br />
zwischen Heiligenschwendi und Hünibach. Der Wanderweg<br />
schlängelt sich zwischen hohen Nagelfluhwänden hindurch.<br />
Für Höhlenfans sind der sicherste und eindrücklichste Ort die<br />
St. Beatus-Höhlen auf der rechten Thunerseeseite. Der einen<br />
Kilometer lange Höhlenrundgang ist beleuchtet und führt durch<br />
gewaltige Tropfsteinformationen, weite Hallen und Schluchten.<br />
Hier zeigt sich eindrücklich, wie Wasser nicht nur Steine ver -<br />
setzen, sondern in Form von Tropfsteinen auch aufbauen kann.<br />
Text und Bilder: Beat Straubhaar, Weber AG<br />
… derweil der Fluhsee wesentlich dynamischer entwässert wird.
SEGELN<br />
37<br />
AUS ERFAHRUNG<br />
WACHSEN.<br />
Flavio Marazzi kehrte an den Thunersee zurück<br />
Er ist auf den Meeren der Welt einer der erfolgreichsten Segler der Schweiz und der bekannteste vom Thunersee: Flavio Marazzi.<br />
Der 35-Jährige nahm viermal an olympischen Spielen teil und<br />
verpasste die Medaillen äusserst knapp. In seinem Palmarès stehen<br />
zahlreiche Welt-, Europa- und Schweizermeistertitel. Wie<br />
Roger Federer und Fabian Cancellara verlieh ihm Swiss Olympic<br />
den Titel «Swiss Olympic Top Athlete». Bei allem Erfolg blieb er<br />
im Herzen ein bescheidener Seebueb vom Thunersee. Diesen<br />
Sommer kehrte er mit einem brandneuen und brandheissen Projekt<br />
an seinen Thunersee zurück: Flavio Marazzi, Vater zweier<br />
Mädchen, Profisegler und Charakterkopf.<br />
VERLOBUNG<br />
Flavio Marazzi, Sie sind auf den Weltmeeren zuhause – was ist<br />
Ihre erste Erinnerung an den Thunersee?<br />
«Wunderbare Ferien. Meine Eltern nahmen uns schon als kleine<br />
Kinder an den See mit. Als Sechsjähriger segelte ich mit meinem<br />
Vater die erste Regatta – als Vorschoter auf dem Star. Der Virus<br />
zum Regattasegeln und zu diesem Bootstyp war damit eingepflanzt!»<br />
KADERSTELLE<br />
Und was ist denn für Sie das Besondere am Thunersee?<br />
«Der Thunersee ist kein langweiliger See. Mit den Bergen rundherum<br />
und den Bahnen darauf kann man viel unternehmen. Und<br />
auf dem See dampfschifffahren – und natürlich segeln! Der Thunersee<br />
ist ein speziell schöner See. Letzten Herbst war ich mal<br />
mit dem Surfbrett ganz nahe unter dem Spiezberg. Das Wasser<br />
war leuchtend azurblau wie in der Karibik – und im Hintergrund<br />
die Schneeberge!»<br />
EINSAME INSEL<br />
Was, mit dem Surfbrett?<br />
«Ja, ich mache Stand-Up-Paddling. Da steht man auf einem<br />
Surfbrett und paddelt. Das ist eine wunderbare Methode zum Abschalten<br />
und dazu ein hervorragendes Ganzkörpertraining. Und<br />
man schaut vorwärts und nicht rückwärts wie beim Rudern, das<br />
ich früher auch betrieb. Ich kenne den See auch als Schwimmer<br />
und bin oft von der Hünibach-Ländte zum Strämu geschwommen.»<br />
Der Katamaran «GC32» in Aktion.<br />
Über Generationen<br />
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Und was ist der Unterschied zwischen dem Segeln auf dem See<br />
und dem Meer?<br />
«Im Meer hat es Strömungen. Die Welle ist viel länger – der<br />
Schwell. Und auf dem Meer hat es in der Regel mehr Wind. Leider<br />
ist der Wind auf dem Thunersee nicht mehr so konstant wie<br />
früher, wohl auch wegen der Verstädterung seiner Umgebung.»<br />
Seine seglerischen Erfolge hat Flavio Marazzi auf dem Meer und<br />
auf dem Thunersee geholt. 2002 wurde er in Helsinki erstmals<br />
Weltmeister – in der früheren Olympiaklasse 5,5 m, zusammen<br />
mit seinem Vater Bruno und seinem jüngeren Bruder Renato.<br />
«Das war ein erstes Highlight meiner Karriere – und der erste<br />
WM-Titel einer Familiencrew», sagt er. 2004 verpasste er in Athen<br />
mit dem 4. Platz eine Olympiamedaille nur knapp. Vier Jahre<br />
später vor Peking das gleiche Ergebnis: 5. Rang, punktegleich mit<br />
dem Viertplatzierten. «Meine schönsten olympischen Erinnerungen<br />
sind aber meine ersten Spiele in Sydney. Das war ein ein -<br />
maliges Erlebnis!» Das Gegenteil erlebte er letzten Sommer<br />
vor London. Als Vizeweltmeister zählte er zu den Medaillen -<br />
anwärtern. Doch mit viel Pech und Zwischenfällen reichte es nur<br />
zu Platz 13.
BOOTE AUF DEM THUNERSEE<br />
39<br />
Schiffe für kleine und grosse Kapitäne<br />
Mehr als ein Drittel aller im Kanton Bern immatrikulierten Schiffe verkehren auf dem Thunersee. Und hier geht der Trend in Richtung<br />
immer grösserer Motorboote. Der See ist aber auch bei den ambitionierten Seglern sehr beliebt.<br />
Flavio und Anouk Marazzi: Schweizer Meisterschaft der Starbootklasse 2011 auf dem Thunersee.<br />
Das war ein Tiefschlag für Sie. Haben Sie ihn verarbeitet?<br />
«Nein. Ich bin immer noch am Abarbeiten. Man fokussiert sich<br />
jahrelang auf diese wenigen Tage und Stunden. Und wenn der Erfolg<br />
ausbleibt, kommt eine grosse Leere auf. Um die Sieger reissen<br />
sich alle. Die Verlierer sind sich selbst überlassen.»<br />
Ein ganz spezieller Sieger wurde er 2011 auf dem Thunersee: Er<br />
gewann mit seiner Frau Anouk an der Vorschot gegen eine starke<br />
Konkurrenz den Schweizermeistertitel auf dem Star. Flavio<br />
Marazzi ist ein Familienmensch. Er ist stolz auf seine beiden<br />
Töchter Julie (4) und Eline (2). «Beide sind grosse Wasserratten.<br />
Diesen Sommer kommen sie mit aufs Segelboot. Vorher müssen<br />
sie aber noch schwimmen lernen!»<br />
Stichwort Familie: Was sagen Sie zur Bemerkung, Sie könnten<br />
diesen grossen Aufwand nur dank der Unterstützung Ihres<br />
Vaters betreiben?<br />
«Mein Vater ist mein grösster Fan und hat mich auch finanziell<br />
unterstützt. Aber ich will bei meinen künftigen Projekten möglichst<br />
unabhängig sein und die Finanzierung über das Sponsoring<br />
sicherstellen.»<br />
Künftige Projekte: Schielen Sie auch zum Americas Cup, den<br />
Ernesto Bertarelli zweimal für die Schweiz gewann?<br />
«Er könnte ein Thema werden, wenn die Boote wieder kleiner und<br />
damit budgetverträglicher für Teams mit Sponsoren würden.<br />
Zurzeit ist der Americas Cup nur etwas für Milliardäre. Auch die<br />
olympischen Segelregatten sind für mich abgehakt: Das Starboot<br />
ist 2016 in Brasilien nicht mehr Olympiaklasse.»<br />
Kürzlich lancierte Marazzi mit Partnern eine neue internationale<br />
Regattaserie mit Einheits-Katamaranen namens «GC32» auf<br />
Binnenseen und auf dem Meer. GC steht für Great Cup, 32 für 32<br />
Fuss (ca. 10 Meter) lange und 6 Meter breite Katamarane (Zweirumpfboote).<br />
Die schnellen Rennboote, die in Dubai gebaut<br />
werden, werden von einer Viermann-Besatzung gesegelt. Flavio<br />
Marazzi trat mit dieser Rennmaschine erstmals am 7. Mai auf<br />
dem Traunsee (Österreich) an, dann starteten diese Boote auf<br />
dem Zürichsee, am berühmten Bol d’Or auf dem Lac Léman und<br />
am 6. Juli an der Langstreckenregatta auf dem Thunersee. Später<br />
sind Starts auf dem Meer, so bei der Cowes Week vor England,<br />
geplant. Der Seebueb und international erfolgreiche Segler Flavio<br />
Marazzi ist also zurück – auch am Thunersee.<br />
Mehr unter: www.thegreatcup.com/flaviomarazzi@gmail.com<br />
Text: René E. Gygax, TEXTCUBE Bilder: Jürg Kaufmann/zvg<br />
FLAVIO MARAZZI IN KÜRZE<br />
Geboren: 2. Februar 1978, verheiratet mit Anouk, Juristin/<br />
Anwältin. Töchter: Julie (2008) und Eline (2010). Beruf: Profisegler,<br />
Unternehmer. Club: Thunersee Yachtclub, Thun.<br />
Wohnort: Bern. Erste Regatta als Sechsjähriger auf Star.<br />
Palmarès: Vier Olympiateilnahmen auf Star (2000 Sydney/<br />
15. Rang, 2004 Athen/4. Rang, 2008 Peking/5. Rang, 2012<br />
London/13. Rang). 1× Europameister, 2× Vizeweltmeister und<br />
mehrfacher Schweizer Meister im Star, 5× Weltmeister und<br />
mehrfacher Schweizer Meister in der 5,5-m-Klasse.<br />
Pferdestärken lassen das Wasser stieben, die Möwe hält mit.<br />
Eine Seefahrt, die ist lustig – ob bei einer Sonnenuntergangsfahrt<br />
der BLS Schiffsflotte, ob auf einer schnittigen Yacht hart am Wind<br />
oder auf einer schaukelnden «Nussschale», die auf dem Autodach<br />
ans Ufer gekarrt wird. Die Nutzer und Geniesser des Thunersees<br />
haben viele Gesichter und Ansprüche. Das an einem schönen Sommerwochenende<br />
zu verzeichnende Schiffsaufkommen machts<br />
deutlich: Der Thunersee ist als Wassersportzentrum sehr beliebt.<br />
Kursschiffe haben Vortritt<br />
An Tagen, an denen der See stark frequentiert ist, sind Disziplin<br />
und Kenntnis der Regelwerke gefragt – und auch gegenseitige<br />
Rücksichtnahme. Da treffen die unterschiedlichsten Wassersportler<br />
aufeinander: Badende im Schlauchboot, Geniesser auf<br />
dem Drachensegelbrett, dem Aqua-Scooter oder Jet-Bike, Paddelnde<br />
im Kanu, Kajak, Kanadier oder Faltboot. Sie treffen auf<br />
Wasserskifahrer, Kursschiffe, Pedalos, Segelschiffe usw. Grundsätzlich<br />
gelten als besondere Regeln, dass Schiffe, die kürzer als<br />
2,50 m sind, sowie Strandboote und dergleichen nur in der inneren<br />
Uferzone (150 m) oder im Abstand von höchstens 150 m um<br />
sie begleitende Schiffe herum verkehren dürfen und Kursschiffe<br />
per Gesetz immer Vortritt haben. In dieser inneren Uferzone dürfen<br />
Motorschiffe nur fahren, um an- oder abzulegen. Parallelfahrten<br />
zum Ufer sind nicht erlaubt. Die Geschwindigkeit ausserhalb<br />
der Uferzone ist frei, sie muss jedoch den Gegebenheiten<br />
und den Sichtverhältnissen angepasst werden.<br />
Stärkere Motorboote im Trend<br />
Bei den auf dem Thunersee immatrikulierten und zur Prüfung<br />
aufgebotenen Schiffen sind jene mit Motorantrieb weitaus am<br />
verbreitetsten. Rund 2500 Motorboote und 1100 Segelschiffe mit<br />
Maschinenantrieb geben ein Bild eines nicht überaus aktiven<br />
Hobby-Kapitänen-Clubs ab – wobei zur Ehrrettung der 1100 Segelschiffbesitzer<br />
der Hilfsmotor oftmals nur zur Ein- und Ausfahrt<br />
im Hafen oder als «Flautenschieber» genutzt wird. Beim für<br />
den See zuständigen Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des<br />
Kantons Bern ist eine Tendenz festgestellt worden. Die Anzahl<br />
der Schiffe auf dem Thunersee ist eher abnehmend, dafür werden<br />
die Motoren grösser.<br />
Traditionelle Segelcenter<br />
Sportlicher unterwegs sind rund 700 Besitzer von Segelschiffen<br />
und 300 Ruderbooten oder Pedalos. Die Segler halten die Tradi-
BOOTE AUF DEM THUNERSEE<br />
41<br />
Der Thunersee verfügt über viele gute Bootshäfen, wie jenen in der Spiezer<br />
Bucht.<br />
Bootsbauer René Schenk baut zurzeit im Auftrag ein Solarboot mit acht<br />
Metern Länge. Im Vordergrund das Modell dazu.<br />
Genussvolles Segeln bei leichtem Wind und Abendsonne.<br />
tion auf dem Thunersee hoch. Bereits 1935 wurde die Segelschule<br />
Thunersee als erste ihrer Art als gemeinnütziger Verein<br />
zur Förderung des Segelsports gegründet. Heute ist die in Hilterfingen<br />
und Spiez arbeitende Segelschule die grösste in der ganzen<br />
Schweiz. Gegen 50 Segelschiffe unterschiedlicher Art und Grösse<br />
stehen für Ausbildungszwecke zur Verfügung. Auf der andern<br />
Seeseite, im wunderbar gelegenen Werftareal in Dürrenast mit<br />
eigenem Clubhaus, ist der arrivierte Thunersee-Yachtclub beheimatet.<br />
Mit 750 Mitgliedern gehört der 1920 gegründete Club zu<br />
den grösseren seiner Art. Entsprechend sind viele Regatten vom<br />
TYC organisiert, unter anderen die legendäre Langstreckensowie<br />
die Tag-und-Nacht-Regatta, die Star-Segler kämpfen jeweils<br />
um die Rostige Kanne, die Finn-Segler um die Niederhorn-<br />
Kanne. In der schönsten Bucht der Schweiz ist der Yacht-Club<br />
Spiez beheimatet. Er wird im nächsten Jahr 50-jährig. Auch er ist<br />
ein sehr aktiver Regatta-Organisator. Wie der TYC kann der YCSp<br />
WARNZEICHEN BEI STURMGEFAHR<br />
Der Sturmwarndienst auf dem Thunersee ist gut organisiert.<br />
Die optischen Signale stehen in Thun, Faulensee, Leissigen,<br />
Neuhaus und Gunten. Es werden zwei Stufen unterschieden:<br />
Die Vorsichtsmeldung (orangefarbenes Blinklicht, das pro<br />
Minute ungefähr 40-mal aufleuchtet) macht auf die Gefahr<br />
des Aufkommens von Sturmwinden ohne nähere Zeitangabe<br />
aufmerksam. Sie wird möglichst frühzeitig ausgegeben.<br />
Die Sturmwarnung (orangefarbenes Blinklicht, das pro Minute<br />
ungefähr 90-mal aufleuchtet) kündet unmittelbare Sturm -<br />
gefahr an. Die Schiffsführer haben unverzüglich alle notwendigen<br />
Sicherheitsmassnahmen zu treffen.<br />
auf viele erfolgreich durchgeführte Welt-, Europa-, Schweizerund<br />
internationale Klassenmeisterschaften zurück blicken.<br />
Bootsbau ist Vertrauenssache<br />
Der Schweizerische Bootsbauer-Verband zählt über 200 Mitgliedbetriebe,<br />
darunter auch acht am Thunersee (s. Kasten). Die<br />
Werften kümmern sich fachmännisch um die Pflege, die Wartung,<br />
die Reparaturen und den Unterhalt von Arbeits- und Sportbooten.<br />
Sie importieren und exportieren Boote und Motoren, handeln mit<br />
nautischem Zubehör und Trailern für den Bootstransport und<br />
führen selber Bootstransporte durch. Gemäss Angaben des Verbandes<br />
werden jährlich in der Schweiz über 500 Bootseinheiten in<br />
Einzelanfertigungen und Kleinserien konstruiert und gebaut. Die<br />
meisten Werften und Bootsbauer am Thunersee bilden Bootsbauer<br />
(Lehrzeit vier Jahre) und Bootsfachwarte (Lehrzeit drei Jahre) aus.<br />
Bootsbauer/innen bauen, reparieren und restaurieren alle Bootstypen<br />
aus Kunststoff, Holz und Metall. Heute kommen immer häufiger<br />
glasfaserverstärkte Kunstharze oder High-Tech-Verbundwerkstoffe<br />
zum Einsatz.<br />
Text und Bilder: Beat Straubhaar, Weber AG<br />
VERBANDS-WERFTEN UND BOOTSBAUER AM SEE<br />
Aquamarine GmbH, Bootbau und Yachtservice, Därligen<br />
Archimedes Bootbau AG, Wimmis<br />
Berger GmbH, Bootswerft Wassersport, Spiez<br />
Hächler Bootbau AG, Oberhofen<br />
Marco Blickenstorfer, Boote + Motoren, Thun<br />
Müller AG, Yacht- und Bootswerft, Einigen<br />
Schenk Bootbau GmbH, Thun<br />
Tauscheck M. GmbH, Boots- und Motorenwerft, Gwatt/Thun
TECHNIK<br />
Aus Bewegung wird Strom: Mit den beiden AAREwerken produziert die Energie Thun AG umweltfreundlichen Ökostrom.<br />
Wasserkraft aus Thun<br />
In Thun wird seit über 100 Jahren die Wasserkraft zur Stromproduktion genutzt. Heute produziert die Energie Thun AG mit den beiden<br />
AAREwerken sowie den Trink<strong>wasser</strong>kraftwerken Brändlisberg und Lauenen Ökostrom: einheimisch und fischfreundlich.<br />
Schon vor 5000 Jahren erkannten die Menschen in China und im<br />
ehemaligen Mesopotamien, dass sie sich die Strömungsenergie<br />
des Wassers zunutze machen konnten, und bauten die ersten<br />
Wasserräder. Auch im alten Rom und in Griechenland verwendete<br />
man Wasserräder zum Mahlen von Getreide und zur Bewässerung.<br />
1880 entstand in Nordengland das erste Wasserkraftwerk<br />
zur Gewinnung von elektrischer Energie – 16 Jahre später<br />
kam die Wasserkraft nach Thun: 1896 wurde am Gewerbekanal<br />
das erste Elektrizitätswerk der Stadt Thun in Betrieb genommen.<br />
Woher kommt das Wasser im See?<br />
Der Thunersee hat ein Einzugsgebiet von rund 2500 Quadratkilometern.<br />
Das Wasser im See stammt hauptsächlich aus den Flüssen<br />
Aare, Kander, Simme und Lombach. Hauptzufluss ist die<br />
Aare: Sie wird vom sechs Meter höher gelegenen Brienzersee gespeist.<br />
Aus diesen Quellen stammt das Wasser, mit dem in den<br />
AAREwerken Strom produziert wird – allerdings nicht irgendwelcher<br />
Strom: Die zwei modernen AAREwerke der Energie Thun AG<br />
liefern pro Jahr rund 38 Millionen Kilowattstunden umweltfreundlichen<br />
Ökostrom aus Wasserkraft. Sie befinden sich an der<br />
Scheibenstrasse in Thun, manchen besser bekannt als das<br />
«Selve-Areal». Rund ein Fünftel des Thuner Strombedarfs<br />
stammt aus den AAREwerken.<br />
Aus Bewegung wird Strom<br />
Die AAREwerke sind so genannte Laufkraftwerke. Sie wandeln<br />
die potenzielle Energie des Wassers in eine mechanische Drehbewegung<br />
und schliesslich in Strom um. Mit dem Klappenwehr<br />
wird das Wasser im Schwäbis aufgestaut, damit das Gefälle gesteigert<br />
werden kann. Das grössere der beiden Kraftwerke ist das<br />
AAREwerk62. Es ging 1962 ans Netz und produziert rund 30 Millionen<br />
Kilowattstunden Ökostrom. 1994 erhielt es Verstärkung in<br />
Form des AAREwerks94 mit einer Jahresproduktion von zirka 8<br />
Millionen Kilowattstunden.<br />
Wenn Fische wandern<br />
Beide Kraftwerke sind nach «naturmade star» zertifiziert. Damit<br />
erfüllen sie strenge und umfassende ökologische Auflagen. Eine<br />
davon war die Errichtung einer Fischtreppe. Diese ist nötig, damit<br />
die Fische in der Aare ungestört wandern und verschiedene<br />
Lebensräume nutzen können. Die Fischtreppe ermöglicht den<br />
flussaufwärts und -abwärts ziehenden Tieren, die Wehre der<br />
Kraftwerke zu umgehen. Diejenige bei den AAREwerken wird<br />
jährlich von rund 800 Fischen passiert; 75 Prozent davon sind<br />
Barben. Als weitere Massnahme zum Schutz der Umwelt wird<br />
Schwemmgut gesammelt, getrennt und umweltgerecht entsorgt.<br />
Gummischürzen schützen Jungvögel vor dem Wehr.<br />
Die Gegendruck-Peltonturbine im Reservoir Brändlisberg produziert<br />
ökologischen Strom.<br />
Strom aus Trink<strong>wasser</strong>kraftwerken<br />
Mit den beiden Trink<strong>wasser</strong>kraftwerken Brändlisberg und Lauenen,<br />
die seit gut einem Jahr in Betrieb sind, kann die lokale Stromproduktion<br />
weiter gesteigert werden. Quell<strong>wasser</strong> aus höheren<br />
Lagen fliesst durch Leitungen in die tiefer liegenden Reservoirs.<br />
Durch diesen Höhenunterschied entsteht Druck, welcher ausgenutzt<br />
wird, um die Turbinen anzutreiben. Die beiden Trink<strong>wasser</strong>kraftwerke<br />
produzieren jährlich etwa 193 000 Kilowattstunden<br />
Strom – das reicht für zirka 40 Haushalte mit einem Stromverbrauch<br />
von 4500 Kilowattstunden pro Jahr.<br />
«Darfs es bitzeli meh sy?»<br />
Thunerinnen und Thuner beziehen übrigens ganz automatisch<br />
Strom aus Wasserkraft – allerdings nicht «diä vo hie», sondern<br />
die von weiter weg: Die Energie Thun AG liefert allen Kundinnen<br />
und Kunden standardmässig das Produkt «Blaustrom». Es besteht<br />
zu 95 Prozent aus Schweizer Wasserkraft aus der Grande<br />
Dixence und einem kleinen (2,5 %) Teil AAREstrom. Wer mehr für<br />
die Umwelt und für den Ausbau der erneuerbaren Energien in<br />
Thun machen möchte, wählt ein anderes Stromprodukt, zum Beispiel<br />
den «Thuner AAREstrom» oder einen Mix aus AARE- und<br />
Solarstrom. Pro Kilowattstunde verkauftem Ökostrom fliesst<br />
1 Rappen in einen Ökofonds, der Projekte zur Erhaltung von Naturparadiesen,<br />
Verbesserungen an Gewässern oder zu natur -<br />
nahen Gestaltung von Lebensräumen in Thun und Umgebung<br />
fördert.<br />
Text und Bilder: Energie Thun
WASSERVERSORGUNG IN THUN 45<br />
Trinken Sie<br />
mindestens<br />
1,2 Liter<br />
Wasser pro Tag!<br />
Von Quellen und riesigen Grund<strong>wasser</strong>pumpen<br />
Wenn Nico Trachsel (Kadettenhauptmann) am Thuner Ausschiesset einen Schluck Wasser ab dem Rathausbrunnen trinkt, dann weiss<br />
er genau, woher es kommt.<br />
Thuner Wasser.<br />
Qualitativ einwand frei<br />
und gesund.<br />
Wussten Sie, dass der Tagesbedarf an<br />
Wasser in unserem Versorgungsgebiet<br />
245 Liter pro Person beträgt, einschliesslich<br />
Gewerbe, Industrie und öffentliche<br />
Zwecke?<br />
Wir garantieren die Wasserversorgung<br />
der Gemeinden Thun, Schwendibach und<br />
Homberg – selbstverständlich in einwandfreier<br />
Qualität.<br />
www.energie<strong>thun</strong>.ch/<strong>wasser</strong><br />
werbelinie.ch<br />
Frisches Wasser ab dem Thuner Rathausbrunnen – die letzte Station von Nico Trachsel auf dem Weg von der Quelle bis zum Brunnen.<br />
Hier entspringt es: entweder aus einem der beiden Grund<strong>wasser</strong>pumpwerke<br />
im Lerchenfeld oder aus einer der Quellen rund<br />
um die Stadt Thun. Etwas präziser bedeutet es, dass rund 15 Prozent<br />
des Thuner Wassers aus Quellen stammen und 85 Prozent<br />
werden aus dem Boden gepumpt. Das Wassernetz Thun besteht<br />
aus 234 Kilometer Haupt- und 114 Kilometer Zuleitungen. In verschiedenen<br />
Reservoirs wird es gespeichert. Die Thunerinnen und<br />
Thuner verbrauchen jährlich rund 5,6 Millionen m 3 Wasser.<br />
Der lange Wasserweg<br />
Genug der Zahlen. Wir wollen den langen Weg des Wassers sichtbar<br />
machen: Was sieht man, bevor es aus dem Rathausbrunnen<br />
sprudelt, und was geschieht damit, wenn es zum Beispiel nach<br />
dem Abwaschen hinuntergespült wird? Auch Nico Trachsel wollte<br />
es ganz genau wissen und hat deshalb den Brunnen meister<br />
Daniel Richner der Energie Thun AG auf dem Weg des Thuner<br />
Wassers begleitet. Ganz am Schluss besuchte er auch noch die<br />
Ab<strong>wasser</strong>reinigungsanlage in Uetendorf.<br />
THUNER WASSER – DIE FACTS<br />
Das Thuner Wasser stammt aus Quellen und aus Grund -<br />
<strong>wasser</strong>. 340 km Rohrleitungen stellen die Versorgung sicher.<br />
Im Versorgungsgebiet der Energie Thun AG werden jährlich<br />
etwa 4 000 000 m³ Trink<strong>wasser</strong> verbraucht. Das ergibt einen<br />
Tagesbedarf von ca. 245 Liter pro Person, einschliesslich<br />
Gewerbe, Industrie und öffentliche Zwecke. 100 Liter Thuner<br />
Wasser kosten 13 Rappen. Nach dem Gebrauch wird das<br />
Wasser gereinigt. Die Ara Thunersee ist verantwortlich für<br />
38 Gemeinden und ihre 118 000 Einwohner. Denn Ab<strong>wasser</strong><br />
reinigen bedeutet auch Gewässer schützen.
46<br />
WASSERVERSORGUNG IN THUN<br />
WASSERVERSORGUNG IN THUN<br />
47<br />
Quellgebiet<br />
Homberg<br />
Winteregg<br />
Reservoirs<br />
Melli<br />
Druckzone<br />
5<br />
oberes<br />
Goldiwil<br />
Quelle<br />
Hüniboden<br />
Reservoir<br />
Ahorni<br />
H'schwendi<br />
Quellen<br />
Barmettlen/Schlatti<br />
1<br />
2<br />
Pumpwerk<br />
Dreiligasse<br />
Reservoir<br />
Brändlisberg<br />
Reservoir<br />
Ried H'fingen<br />
Druckzone<br />
4<br />
Goldiwil<br />
Pumpwerk<br />
H'schwendi<br />
Quellen<br />
Multenegg<br />
Quellgebiet<br />
Kohleren<br />
Pumpwerk<br />
Burgerguet<br />
(NetZulg AG)<br />
Druckzone<br />
2<br />
Brändlisberg<br />
Reservoir<br />
Lauenen<br />
Das Thuner Wasser hat eine lange Leitung – es kommt aus der ganzen Region. Die nummerierten Stationen haben wir besucht.<br />
Er ist um die hohe Qualität des Thuner Wassers bemüht: Der 46-<br />
jährige Daniel Richner arbeitet seit 2010 bei der Energie Thun AG<br />
als Brunnenmeister. Was wie «Kontrolleur» klingt, ist bei weitem<br />
viel komplexer. Denn die Wasserqualität muss uneingeschränkt<br />
stimmen, die Anlagen müssen rund um die Uhr laufen und wenn<br />
zum Beispiel das Reservoir Lauenen renoviert wird, dann muss<br />
das Wasser einen anderen Weg gehen, ohne etwas zu beeinträchtigen.<br />
Das leere Reservoir in Lauenen – welches unmittelbar neben<br />
dem Haus der Familie von Nico Trachsel steht – haben wir<br />
zuerst besucht. Beeindruckend ist die Grösse – hier hat es insgesamt<br />
Platz für 7200 Kubikmeter Wasser.<br />
Frisch ab Quelle ins Reservoir<br />
Nächste Station – wir fahren zur Quelle Barmettlen/Schlatti bei<br />
Schwendibach. Unscheinbar hinter einer verschlossenen Türe<br />
sprudelt es aus grossen Röhren und fliesst in ein Becken und<br />
dann in die grosse Leitung, welche unterirdisch in Richtung<br />
Reservoir Brändlisberg führt.<br />
Zweiter Halt im Reservoir Brändlisberg. Leicht versteckt liegen<br />
die zwei Kammern auf 715 Metern über Meer. Doch nicht nur<br />
das Wasser wird gespeichert: Man produziert hier ebenfalls<br />
3<br />
Pumpwerk<br />
Lauenen<br />
Druckzone 1, Stadt<br />
Grund<strong>wasser</strong> Pumpwerke<br />
Lerchenfeld I + II<br />
Druckzone<br />
3<br />
Ried<br />
Reservoirs<br />
Gwattegg I + II<br />
Stufen-Pumpwerk<br />
Holzmätteli<br />
H'fingen<br />
Strom, denn von der Quelle bis ins Reservoir hat das Wasser<br />
einen hohen Druck und der wird ausgenützt, um Energie zu produzieren.<br />
Also Strom und Wasser «frisch ab dem Brändlisberg»<br />
bei Steffisburg.<br />
Vom Reservoir Brändlisberg kommt das Wasser in die Druckzone,<br />
das heisst auch direkt in die Zuleitungen zur Verteilung in<br />
der Stadt Thun. Doch die Quellen der Thuner Wasserversorgung<br />
würden bei weitem nicht reichen, um die Stadt mit genügend<br />
Wasser zu versorgen. Deshalb hat es im Lerchenfeld ein riesiges<br />
Grund<strong>wasser</strong>pumpwerk, welches pro Minute 180 000 Liter Wasser<br />
fördern kann. Beeindruckt wirft Nico Trachsel einen Blick auf<br />
die grossen Glasfenster. Die beiden Rohre führen 18 Meter in die<br />
Tiefe. Man sieht eigentlich nicht, dass der Brunnen bis zum Rand<br />
mit Wasser gefüllt ist: «Da siehst du, welch reine Qualität unser<br />
Thuner Wasser hat», sagt Daniel Richner zu Nico und schenkt<br />
ihm einen Becher Wasser aus, direkt abgezapft aus dem Brunnen.<br />
Mit dem Grund<strong>wasser</strong>pumpwerk und den Quellen schliesst<br />
sich der Kreis des weiten Weges mit frischem Thuner Wasser:<br />
Jetzt braucht man nur noch den Hahn anzudrehen oder es genüsslich<br />
direkt ab dem Rathausbrunnen zu trinken.<br />
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Nico Trachsel schöpft frisches Wasser direkt ab der Quelle<br />
Barmettlen/Schlatti.<br />
Wieder sauber machen<br />
Nicht nur ein Durstlöscher: Ein grosser Teil des Thuner Wassers<br />
wird auch für andere Zwecke gebraucht, nämlich zum Ab -<br />
waschen, für die tägliche Reinigung oder im industriellen<br />
Bereich. Und dann ist es logischerweise nicht mehr sauber und<br />
muss gereinigt werden. Deshalb fahren wir zum Schluss in die<br />
Reinigungsanlage Ara Thunersee in Uetendorf. Dort wird nicht<br />
nur das Ab<strong>wasser</strong> aus Thun gereinigt, sondern auch das von<br />
weiteren 37 Gemeinden. Bei der Reinigung wird ebenfalls Strom<br />
erzeugt und es entsteht erneuerbare Fernwärme. Damit die<br />
3<br />
Beeindruckend: Aus 18 Metern Tiefe werden im Lerchenfeld bis zu<br />
18 000 Liter Wasser pro Minute gefördert.<br />
2<br />
Wasser ist das eine – Strom das andere: Die Turbine im Brändlisberg<br />
nutzt die Wasserkraft zur Energieherstellung.<br />
Gewässer jederzeit geschützt sind und in die Aare auch einwandfrei<br />
gereinigtes Thuner Ab<strong>wasser</strong> fliesst: Die Ara Thunersee<br />
schaut rund um die Uhr für gereinigtes Wasser.<br />
Text und Bilder: Heinz Schürch, Schükom<br />
In Uetendorf wird das Ab<strong>wasser</strong> umfassend gereinigt – der letzte Weg, bevor<br />
das Thuner Wasser wieder frisch in die Aare fliesst.