Die aeltesten Urkunden fur St. Stephan in Strassburg

Die aeltesten Urkunden fur St. Stephan in Strassburg Die aeltesten Urkunden fur St. Stephan in Strassburg

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8 Wiegand. Beginnen wir zunächst mit den Abweichungen der neuen Überlieferung. Den veränderten Abtissinnamen können wir vorläufig bei Seite lassen, da er schwer kontrollierbar erscheint. Dagegen ist die Einschaltung der Datierungszeile: in Italia, wie ich schon hervorhob, kanzleigerecht, sie fügt sich vortrefflich in die seit dem Oktober 840 beginnende neue Datierungsweise der Urkunden Lothars'), sie spricht für eine bessere Überlieferung. Wie aber steht es mit den Ergänzungen der Recognitionszeile? Die kanzleigemässe Formel würde lauten: Rinadus notarius ad vicem Hulduini recognovi et subscripsi. Schon das allen Kopien gemeinsame völlig anormale confirmavi ist sehr -verdächtig, denn ein confirmatum in Verbindung mit actum kommt wohl in der Datierung von Privaturkunden des 11. und 12. Jahrhunderts vor 2), niemals aber erscheint das Wort, soviel ich weiss, in der Recognition von Königsurkunden. Nicht minder bedenklich ist der der neuen Überlieferung eigentümliche Zusatz: archicancellarii nostri. nostri ist wohl ebenso anormal wie confirmavi. Ferner führen die Kanzleivorsteher Lothars in den Unterschriften keinen Titel, nur im Oontext zweier Urkunden wird Agilmar als sacri palatii archicancellarius bezeichnet.) Ob der Name des Notars Rinadus oder Rinaldus lautete oder ob hier nur eine verderbte Form von Hrodmundus vorliegt, wie Mühibacher will'), da der erstere Name sonst gar nicht überliefert ist, ist gleichgütig gegenüber der Thatsache, dass die neue Version eine völlig unmögliche Recognitionszeile bringt. Dass im übrigen das Protokoll von Lo. einer echten Vorlage entnommen ist, hat Mühlbacher bereits in den Regesta imperii hervorgehoben. 5) Kanzleigemäss sind die Invocatio, die lntitulatio mit der Devotionsformel, die Signuinszeile, die Datierung mit Ausnahme des Actum und die Apprecatio, die allerdings um in dci nomine gekürzt ist. Was das Monogramm anbelangt, so ist es, wie mir Mühlbacher schreibt), in den wesentlichen Zügen dem Lothars nachgezeichnet. Zur Ver- ') Mülilbacher i. Wiener St 85, 510ff. .- 2) Ficker, Beiträge zur Urkundenlehre 1, 71 ff. - 3) Mühlbacher a. a. 0. S.506, Anm. 5. - 4) MüThibacher a. a. 0. S. 507, Anm. 5. - 5) itegesta Imperii 1, No. 1086. - 6) In einem Briefe vorn 15. Juli 1893. Ich bin Mühlbacher für die darin enthaltenen Bemerkungen und Anregungen zu lebhaftem Dank verpflichtet.

Die ältesten Urkunden für St. Stephan in Strassburg. 9 gleichung ziehe ich die vier aus guten Facsimiles mir zugängliehen Monogramme Lothars von Urkunden der Jahre 825, 839, 841 und 848 heran. i) Die Abweichungen in G. bestehen darin, dass das A nicht über oder unter dem Querbalken eingezeichnet, sondern an den linken Arm des II links unten angeschlossen ist, dass ferner das 0 links unten in die Beugung des L ganz klein eingetragen ist, statt sich unter oder über dem Querbalken zu befinden, und dass endlich das J senkrecht diesen Querbalken durchschneidet, anstatt in die obere Rundung des II eingezeichnet zu sein. Dieselbe Gestalt wie in G. bringen auch die Kopien A. B. und C. sowie der Guilliman'sche Druck. Ich erwähne diese Einzelnbeiten nur, weil es mir darnach doch zweifelhaft erscheinen will, ob hier Nachzeichnung eines Originals vorliegt und nicht vielmehr einer Kopie, doch haben allezeit die Abschreiber gerade das Monogramm mit ziemlicher Willkür behandelt. Was schliesslich das Actum anbetrifft, so passt die Ortsangabe Argentoraco gar nicht in das Itinerar, da Lothar sich fast das ganze Jahr 845 hindurch in Aachen aufgehalten - er urkundet u. a. dort am 21. März und am f3. Juni, während Lo. auf den 15. Mai fällt - und nur im Spätsommer einen Zug in die Provence unternommen hat. Man wird annehmen dürfen, dass die Datierung der echten Vorlage lautete: Aquisgrani palatio regio, um so mehr, als die drei Urkunden Lothars, die von Strassburg datiert sind, 840 Juli 24, 25 und 292), die Ortsangabe Strazburc oder Strazbur civitate bringen. Der Zusatz: cum iremus in Italiain ist allerdings nicht schablonenhaft, darin hat Fritz Recht, aber so singulär, dass er den schlimmsten Verdacht erwecken muss. In Urkunden Lothars kommt eine derartige zeitliche Nebenangabe niemals vor, sie dürfte überhaupt für jene Zeiten sehr schwer nachweisbar sein. 5) Weshalb übrigens der Fälscher gerade das Actum nicht verschonte, lässt sich immerhin begreifen. Er glaubte die Wahri) Dipiemi Imperiali e Reali delle oancellerie d'Jtalia Fase. 1, Ne. 6 u. 7, Kaiserurkunden in Abbildungen Lief. 1, Ne. 8, Mabillon, De re diplomatica p, 402 mb. XXX (Reg. Imp. 1, No. 989, 1026, 1058 u. 1098). - 2) Reg. Imp. 1, Ne. 1034-1036. - 5) Häufig sind solche Nebenangaben in Staufischen Diplomen. Eine sehr ähnliche findet sich in der Datierung Heinrichs V. von 1116; cum in procinctu sumus in Italinm ituri. 5. Stumpf, Acta imp. inedita S. 468, Ne. 328,

8 Wiegand.<br />

Beg<strong>in</strong>nen wir zunächst mit den Abweichungen der neuen<br />

Überlieferung. Den veränderten Abtiss<strong>in</strong>namen können wir<br />

vorläufig bei Seite lassen, da er schwer kontrollierbar ersche<strong>in</strong>t.<br />

Dagegen ist die E<strong>in</strong>schaltung der Datierungszeile: <strong>in</strong> Italia,<br />

wie ich schon hervorhob, kanzleigerecht, sie fügt sich vortrefflich<br />

<strong>in</strong> die seit dem Oktober 840 beg<strong>in</strong>nende neue Datierungsweise<br />

der <strong>Urkunden</strong> Lothars'), sie spricht für e<strong>in</strong>e bessere<br />

Überlieferung. Wie aber steht es mit den Ergänzungen der<br />

Recognitionszeile? <strong>Die</strong> kanzleigemässe Formel würde lauten:<br />

R<strong>in</strong>adus notarius ad vicem Huldu<strong>in</strong>i recognovi et subscripsi.<br />

Schon das allen Kopien geme<strong>in</strong>same völlig anormale confirmavi<br />

ist sehr -verdächtig, denn e<strong>in</strong> confirmatum <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />

mit actum kommt wohl <strong>in</strong> der Datierung von Privaturkunden<br />

des 11. und 12. Jahrhunderts vor 2), niemals aber ersche<strong>in</strong>t<br />

das Wort, soviel ich weiss, <strong>in</strong> der Recognition von Königsurkunden.<br />

Nicht m<strong>in</strong>der bedenklich ist der der neuen Überlieferung<br />

eigentümliche Zusatz: archicancellarii nostri. nostri<br />

ist wohl ebenso anormal wie confirmavi. Ferner führen die<br />

Kanzleivorsteher Lothars <strong>in</strong> den Unterschriften ke<strong>in</strong>en Titel,<br />

nur im Oontext zweier <strong>Urkunden</strong> wird Agilmar als sacri palatii<br />

archicancellarius bezeichnet.) Ob der Name des Notars<br />

R<strong>in</strong>adus oder R<strong>in</strong>aldus lautete oder ob hier nur e<strong>in</strong>e verderbte<br />

Form von Hrodmundus vorliegt, wie Mühibacher will'),<br />

da der erstere Name sonst gar nicht überliefert ist, ist gleichgütig<br />

gegenüber der Thatsache, dass die neue Version e<strong>in</strong>e<br />

völlig unmögliche Recognitionszeile br<strong>in</strong>gt.<br />

Dass im übrigen das Protokoll von Lo. e<strong>in</strong>er echten Vorlage<br />

entnommen ist, hat Mühlbacher bereits <strong>in</strong> den Regesta<br />

imperii hervorgehoben. 5) Kanzleigemäss s<strong>in</strong>d die Invocatio,<br />

die lntitulatio mit der Devotionsformel, die Signu<strong>in</strong>szeile, die<br />

Datierung mit Ausnahme des Actum und die Apprecatio, die<br />

allerd<strong>in</strong>gs um <strong>in</strong> dci nom<strong>in</strong>e gekürzt ist. Was das Monogramm<br />

anbelangt, so ist es, wie mir Mühlbacher schreibt), <strong>in</strong><br />

den wesentlichen Zügen dem Lothars nachgezeichnet. Zur Ver-<br />

') Mülilbacher i. Wiener <strong>St</strong> 85, 510ff. .- 2) Ficker, Beiträge<br />

zur <strong>Urkunden</strong>lehre 1, 71 ff. - 3) Mühlbacher a. a. 0. S.506, Anm. 5.<br />

- 4) MüThibacher a. a. 0. S. 507, Anm. 5. - 5) itegesta Imperii 1,<br />

No. 1086. - 6) In e<strong>in</strong>em Briefe vorn 15. Juli 1893. Ich b<strong>in</strong> Mühlbacher<br />

für die dar<strong>in</strong> enthaltenen Bemerkungen und Anregungen zu lebhaftem<br />

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