Download als PDF - Büro für Internationale Kulturprojekte
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ik news<br />
Dezember 2008<br />
Rossini al dente<br />
Balthasar Neumann<br />
Akademie<br />
Dresdner Schätze<br />
Portrait Heike Heilmann<br />
Luc Bondys Idomeneo<br />
in Paris
Liebe Leserinnen, liebe Leser<br />
Wir freuen uns, Ihnen in Form unserer „bik news“<br />
wieder einen kleinen Überblick über die Projekte<br />
von Balthasar-Neumann-Chor, Balthasar-Neumann-Ensemble<br />
und Thomas Hengelbrock geben<br />
zu können.<br />
Ein mit wunderbaren Kulturgenüssen erfülltes Jahr<br />
geht zu Ende, und wir möchten die Gelegenheit<br />
nutzen, zu danken: Unseren Veranstaltern, die<br />
mit großem Engagement Kunst möglich machen<br />
und den Finanzkrisen trotzen; unseren Musikern,<br />
die bei jedem Projekt aufs neue ihr Herz öffnen,<br />
ihr großes Können damit verbinden und jeden<br />
Weg mit uns gehen; Thomas Hengelbrock, ohne<br />
den dies alles nicht möglich wäre und dessen<br />
Wirken uns Welten eröffnet hat, die wir zuvor so<br />
nicht kannten; unseren Freunden und Förderern,<br />
die uns in vielerlei Hinsicht unverzichtbar zur Seite<br />
stehen, uns unterstützen und damit eine tragende<br />
Säule unserer Aktivitäten sind; den Pressevertretern,<br />
die kompetent und unermüdlich Bericht<br />
erstatten. Herzlichen Dank!<br />
Mit den besten Wünschen <strong>für</strong> eine schöne<br />
Weihnachtszeit und einen guten Start in ein<br />
glückliches neues Jahr<br />
Ihr BIK-Team<br />
3
Neapolitanische Kirchenmusik<br />
des Settecento<br />
Giovanni Battista Pergolesi<br />
(1710 – 1736)<br />
Confitebor in C<br />
Alessandro Scarlatti<br />
(1660 – 1725)<br />
Concerto grosso in f<br />
Francesco Durante<br />
(1684 – 1755)<br />
Miserere in c<br />
Emanuele d'Astorga<br />
(1680 – 1757)<br />
Stabat mater<br />
Balthasar-Neumann-Chor<br />
Balthasar-Neumann-Ensemble<br />
Leitung: Thomas Hengelbrock<br />
4<br />
Neapolitanische Schule in Salzburg<br />
Die Salzburger Pfingstfestspiele hatten zu<br />
einer musikalischen Auseinandersetzung mit<br />
der Kulturmetropole Neapel geladen – und<br />
Balthasar-Neumann-Chor und -Ensemble<br />
folgten dieser Einladung gern. Doch nicht<br />
die Präsentation der berühmten Opernszene<br />
Neapels stand auf dem Programm, vielmehr<br />
ging es Thomas Hengelbrock und seinen<br />
Musikern darum, die geistliche<br />
Musik Neapels im 18. Jahrhundert<br />
vorzustellen. Neben Werken<br />
von Alessandro Scarlatti und<br />
Giovanni Battista Pergolesi belebten<br />
sie daher auch Psalmvertonungen<br />
der weniger bekannten<br />
Komponisten Emanuele d’Astorga<br />
und Francesco Durante wieder.<br />
Sie „zeigten ein differenziertes<br />
Panorama vom Reichtum und<br />
der Vielfalt neapolitanischer Musikkultur“<br />
(Salzburger Nachrichten) und „hinterließen<br />
damit einen überwältigenden Eindruck“ im<br />
Mozarteum (FAZ). Was diese Zeitreise so eindrücklich<br />
machte, war das Bestreben, den<br />
speziellen Klang der Capella Reale von Neapel<br />
heraufzubeschwören. Dazu gehörte sowohl<br />
die Besetzung des Continuo mit Theorbe,<br />
Harfe und Orgel <strong>als</strong> auch ein transparenter<br />
Chorklang, der den besonderen Schwung der<br />
Musik spürbar machte.<br />
Alessandro Scarlatti<br />
Die Presse honorierte: „Um es wirklich klingen<br />
zu lassen, bedarf es eines so genau disponierenden<br />
Dirigenten wie Hengelbrock und<br />
seines Chores, der zu den kleinsten und damit<br />
größten Nuancierungen fähig ist und eine<br />
höchst ungewöhnliche Qualität hat: Von den<br />
rund 20 Sängern trat mehr <strong>als</strong> die Hälfte auch<br />
solistisch in Erscheinung, ohne dass insgesamt<br />
der Eindruck entstanden<br />
wäre, dass hier ein Chor von<br />
Solistenstimmen am Werk gewesen<br />
wäre“. Dem Balthasar-<br />
Neumann-Ensemble gelang es,<br />
durch sein Spiel „mit federnden<br />
Bögen, hauchzarten Piani,<br />
spritzig-entschlossenen Einsätzen<br />
und makellos genauer Intonation<br />
jenen spirituellen Geist ins Mozarteum<br />
zu locken, der irgendwie<br />
augenzwinkernd wirkt, auf schmückendes Beiwerk<br />
nicht verzichtet und nicht ganz so bigott<br />
verinnerlicht klingt wie so manches Meisterwerk<br />
nördlich der Alpen“. Nachdem dieses<br />
„Gänsehaut-Konzert“ in Salzburg erklungen<br />
war, sorgten „die ergiebigsten Entdeckungen<br />
dieser Pfingstfestspiele“ auch südlich der Alpen<br />
<strong>für</strong> Begeisterung: Langanhaltender Applaus<br />
krönte das fesselnde Anschlusskonzert in<br />
der Basilica di Santa Maria dei Servi beim<br />
Bologna-Festival.
Christoph W. Gluck<br />
(1714 – 1787)<br />
Orpheus und Eurydike<br />
Opéra dansé von Pina Bausch<br />
Thomas Hengelbrock Leitung<br />
Pina Bausch Choreographie,<br />
Regie<br />
Rolf Borzik Bühne, Kostüme<br />
Orpheus<br />
Eurydike<br />
Amor<br />
Maria Riccarda<br />
Wesseling/<br />
Yann Bridard<br />
Svetlana Doneva/<br />
Marie-Agnès Gillot<br />
Sunhae Im/<br />
Miteki Kudo<br />
Les Étoiles, les Premiers Danseurs<br />
et le Corps de Ballet Paris<br />
Balthasar-Neumann-Chor<br />
Balthasar-Neumann-Ensemble<br />
Eine Reise nach Griechenland<br />
Im Sommer dieses Jahres wurden an mehreren<br />
Orten in Europa gleichzeitig die Koffer<br />
gepackt: In Paris machten sich das Ballett-<br />
Ensemble der dortigen Oper nebst großer<br />
Technikercrew mit Kostümen und dem<br />
Bühnenbild auf, in Wuppertal versammelte<br />
sich das Team<br />
um Pina Bausch<br />
und schnürte<br />
die Pläne zusammen,<br />
während<br />
sich am Frankfurter<br />
Flughafen<br />
die Mitglieder von Balthasar-Neumann-Chor<br />
und -Ensemble versammelten, um gemeinsam<br />
nach Athen zu fliegen. Ausgepackt wurde auf<br />
der Halbinsel Peloponnes im Antiken Theater<br />
Epidaurus, wo man gemeinsam auf den Spuren<br />
des Orpheus-Mythos wandelte. Das Hellenic<br />
Festival hatte geladen, diese gefeierte Pina-<br />
Bausch-Interpretation von Glucks „Orpheus<br />
und Eurydike“ zu zeigen – und dies in einer<br />
ganz besonderen Kulisse: unter freiem Himmel,<br />
in einem Theater aus dem 3. Jahrhundert mit<br />
phänomenaler Akustik und wunderbarem<br />
Blick auf die Berglandschaft von Argolis, umgeben<br />
von Zedern und Zikaden. Bereits die<br />
Proben gestalteten sich anders <strong>als</strong> gewöhnlich,<br />
denn aufgrund der hohen Temperaturen<br />
konnte erst nach Sonnenuntergang – aber<br />
da<strong>für</strong> bis tief in die Nacht – geprobt werden.<br />
Zu den Vorstellungen im 14.000 Zuschauer<br />
fassenden Theater versammelte sich ein in<br />
bunte Sommerkleider gewandetes Publikum.<br />
Anfänglich war eine intime Atmosphäre bei der<br />
lautstark hereinströmenden Publikumsmasse<br />
kaum vorstellbar. Umso beeindruckender war<br />
die atemberaubende Stille, <strong>als</strong> zu Beginn der<br />
Vorstellung die Lichter ausgingen. Pina Bausch<br />
variierte das Bühnenbild, indem sie den hinteren<br />
Bühnenraum öffnete und den Blick auf<br />
Bäume und Berge freigab. So verschmolz das<br />
Geschehen auf eindrückliche Weise mit dem<br />
Ort. Nicht nur die Mitwirkenden der Produktion<br />
hatten das Gefühl, dass diese in den<br />
1970er Jahren entstandene Inszenierung nun<br />
ihren Weg „nach Hause“ gefunden hatte.<br />
5
„Im Graben saß das Balthasar-Neumann-Ensemble, und Thomas Hengelbrock am Pult garantierte exquisite musikalische Qualität. Zum<br />
Auftakt der Saison wurde <strong>als</strong>o Oper auf einem Niveau angeboten, wie es hierzulande nur ganz selten anzutreffen ist. [...] Grandios das<br />
Orchester. Hengelbrock servierte einen Rossini „al dente“: mit Biss und allen Finessen. So dargeboten, riss einen diese Musik förmlich vom<br />
Stuhl.“<br />
KÖLNISCHE RUNDSCHAU
Gioacchino Rossini<br />
(1792 –1868)<br />
Il barbiere di Siviglia<br />
Dramma comico in due atti<br />
Libretto von Cesare Sterbini<br />
Thomas Hengelbrock Leitung<br />
Bartlett Sher Regie<br />
Michael Yeargan Bühne<br />
Catherine Zuber Kostüme<br />
Christopher Akerlind Licht<br />
Anna Bonitatibus<br />
Lawrence Brownlee<br />
Maurizio Muraro<br />
Franco Vassallo<br />
Reinhard Dorn<br />
Manuela Bisceglie<br />
Rob Besserer<br />
Roman Grübner<br />
Balthasar-Neumann-Chor<br />
Balthasar-Neumann-Ensemble<br />
Eine Produktion der<br />
Metropolitan Opera New York<br />
im Festspielhaus Baden-Baden<br />
Rosina<br />
Almaviva<br />
Bartolo<br />
Figaro<br />
Basilio<br />
Berta<br />
Ambrogio<br />
Fiorello/Ufficialo<br />
Rossini al dente<br />
Pfeifen, Zwischenrufe und Johlen erntete<br />
Rossinis „Il Barbiere di Siviglia“ bei seiner Uraufführung<br />
in Rom 1816. Ähnlich lautstarke<br />
Kommentare waren im Oktober dieses Jahres<br />
auch in Baden-Baden zu hören, doch kamen<br />
sie hier nicht von entrüsteten Zuschauern,<br />
sondern erklangen vielmehr begeistert aus dem<br />
Orchestergraben: Das Balthasar-Neumann-<br />
Ensemble mischte sich in der berühmten<br />
Selbstvorstellung Figaros („Figaro qua,<br />
Figaro là...“) ins Bühnengeschehen ein und<br />
untermalte durchaus stimmkräftig, dass<br />
dieser Figaro überall gefragt und beliebt ist,<br />
eben auch im Orchestergraben. Es kam aber<br />
auch Musik aus dem Graben: „Thomas<br />
Hengelbrock wischte mit seinem Balthasar-<br />
Neumann-Ensemble allen Staub von der<br />
Partitur. Die Vielfalt der Tempi beeindruckte<br />
ebenso wie die Durchsichtigkeit des Klangbildes<br />
und die lautmalerische Suggestivkraft“,<br />
schrieb die Heilbronner Stimme. Und<br />
auch sonst wurde dem üblichen „big sound,<br />
dem harmonisch verrundeten, traditionell in<br />
Opernhäusern realisierten Klangbild eben<br />
gründlich der Garaus gemacht. Die wie<br />
Dampflokomotiven abzischenden Crescendi<br />
und Accelerandi, die Rossinis Musik unaufhörlich<br />
ins Kreiseln und Taumeln bringen, die<br />
pointiert eingesetzten instrumentalen Effekte<br />
entfachten irre Turbulenzen bei umwerfender<br />
Motorik“. Feinsinnig und unterstützend<br />
agierte das Orchester, „indem es den hervorragenden<br />
Sängerinnen und Sängern auch<br />
Raum <strong>für</strong> ihre fein gestalteten Melodien ließ“,<br />
bemerkten die Badischen Neuesten Nachrichten.<br />
„Die stehenden Geiger mit viel Bogenfreiheit<br />
und Sichtkontakt zu den Sängern, die<br />
locker und betörend parlierenden Holzbläser,<br />
die gepfefferten Naturtrompeten und Hörner<br />
sorgten <strong>für</strong> ein unerhört lebendiges und farbenreiches<br />
Spiel mit der Bühne“. Das enge<br />
Miteinander aller Beteiligten wurde durch die<br />
besondere Anordnung der Bühne ermöglicht:<br />
Eine stegartige Passerelle umgab das Orchester,<br />
das damit ein Teil des Bühnengeschehens<br />
wurde.<br />
7
Regisseur Bartlett Sher verhalf mit dieser Anordnung den<br />
hochkarätigen Sängern dazu, <strong>als</strong> Einheit aufzutreten. „Wenn es<br />
eine Ensembleoper gibt, dann ist das der Barbiere. Die fünf<br />
Hauptrollen und auch die beiden kleineren müssen einander<br />
gegenseitig tragen und von einem Holze sein. Das waren sie<br />
hier: ein Hallodri von Barbier (Franco Vasallo), ein leidenschaftlicher<br />
Almaviva (Lawrence Brownlee), der quintessenzielle<br />
,alte Sack‘ Bartolo (Maurizio Muraro), der bräsige Don<br />
Basilio (Reinhard Dorn), nicht zu vergessen die in jeder<br />
Hinsicht attraktive Rosina (Anna Bonitatibus). Ein glänzendes<br />
Ensemble!“, schwärmte die Stuttgarter Zeitung. Und der<br />
8<br />
Chor? Für die Presse galt hier: „Die Herren des Balthasar-<br />
Neumann-Chores, einstudiert von Walther Zeh, sind <strong>als</strong><br />
Opernchor einfach nur luxuriös“ (Badische Neueste Nachrichten).<br />
Ein besonderes Highlight der Inszenierung war Rob<br />
Besserer in der stummen Rolle des Ambrogio. Der vielseitige<br />
Tänzer, Choreograph und Schauspieler begeisterte mit<br />
ausdrucksstarker Mimik, Gestik und intelligentem Witz.<br />
Erfrischend unterhaltsam und bewusst doppelbödig erzählte<br />
der Regisseur Bartlett Sher seinen Barbier in einer Inszenierung<br />
aus dem Jahr 2006 der New Yorker Metropolitan Opera. „Den<br />
Clou dieser Aufführung aber lieferten Thomas Hengelbrock,<br />
sein Balthasar-Neumann-Ensemble und die Herren des<br />
Balthasar-Neumann-Chors. Hengelbrocks akribisches Quellenstudium,<br />
das Können der Musiker, vor allem aber die Neugier<br />
und Spielfreude aller Beteiligten machten aus dem Rossini ein<br />
Hörvergnügen der anderen Art“, schrieb das Badische Tagblatt,<br />
und die Badische Zeitung erklärte das Besondere daran: „So<br />
paradox es klingen mag, das historische Instrumentarium, und<br />
natürlich der virtuose Umgang damit, macht die Modernität<br />
dieser Musik evident, etwa wenn das Finale I (,Mir scheint<br />
mein Kopf in einer furchtbaren Schmiede‘) <strong>als</strong> grandiose<br />
Vorahnung des bevorstehenden Maschinenzeitalters erklingt.<br />
Hengelbrock und das vorzügliche, im Klang perfekt gestaffelte<br />
Balthasar-Neumann-Ensemble machen die Vielschichtigkeit<br />
dieser Opernmusik greifbar, die eben weit über ,Schelmerei<br />
und Schalkhaftigkeit‘ hinausgeht“. Nach Verdis „Rigoletto“,<br />
„F<strong>als</strong>taff“ und Bellinis „Sonnambula“ führte Hengelbrock nun<br />
mit diesem Rossini erneut eine Oper des 19. Jahrhunderts auf<br />
historischen Instrumenten zu einem Erfolg, den man dem<br />
Komponisten auch <strong>für</strong> die eigene Uraufführung gewünscht<br />
hätte – in Baden-Baden waren die Pfiffe und Rufe des Publikums<br />
am Ende rein euphorisch-enthusiastischer Natur.
Balthasar Neumann Akademie<br />
So ein Theater!<br />
Rossinis: Il barbiere di Siviglia<br />
Juli – Oktober 2008<br />
mit Schülern der<br />
Abt-Columban-Schule, Münstertal<br />
Hauptschule Kollnau, Waldkirch<br />
in Kooperation mit der Musikschule<br />
Waldkirch<br />
gefördert durch die<br />
Thomas-Staebe-Stiftung, Freiburg<br />
mit freundlicher Unterstützung<br />
der Sparkasse Freiburg – Nördlicher<br />
Breisgau<br />
und des Freiburger Wochenberichts<br />
sowie dankenswerten Sachspenden<br />
und Engagement von:<br />
Sparkasse Staufen-Breisach<br />
Romantik-Hotel Spielweg, Münstertal<br />
Sutter Reisen, Münstertal<br />
Busunternehmen Rother, Waldkirch<br />
Bäckerei Ebner Begg, Münstertal<br />
und dem Festspielhaus Baden-Baden<br />
Rossini mit Biss – Schüler beißen an<br />
Keine Kunstform kann die menschliche Seele<br />
mit Liebe, Leid, Freude, Zorn, Mitleid, Furcht,<br />
Hoffen und Staunen mehr bewegen <strong>als</strong> die<br />
Musik. Was die barocke Affektenlehre bereits<br />
wusste, wird wieder modern und unmittelbar<br />
erfahrbar, wenn mit so kompromissloser Hingabe,<br />
mit Kenntnis und Charisma musiziert<br />
wird, wie es Thomas Hengelbrock und seine<br />
Musiker tun. Diese Leidenschaft <strong>für</strong> die<br />
Musik an nachfolgende Generationen weiterzugeben,<br />
ist Ziel und Aufgabe der Balthasar<br />
Neumann Akademie.<br />
Musik-Theater war das Thema der diesjährigen<br />
Balthasar Neumann Akademie. Rund um<br />
die Produktion von Rossinis Oper „Il Barbiere<br />
di Siviglia“, die Balthasar-Neumann-Chor<br />
und -Ensemble im Rahmen der Herbstfestspiele<br />
im Festspielhaus Baden-Baden aufführten,<br />
hatten Schüler zweier Hauptschulen<br />
aus der Region Freiburg die Möglichkeit, sich<br />
von ganz verschiedenen Seiten her Musik-<br />
Theater im Allgemeinen und der Rossini-Oper<br />
im Besonderen zu nähern. Die Akademie<br />
befasste sich über drei Monate mit unterschiedlichen<br />
Schwerpunkten und endete mit<br />
dem Besuch einer Aufführung in Baden-<br />
Baden. Mit Schülern aus der 6. und 8. Klasse<br />
der beiden Hauptschulen versammelten sich<br />
zwei Gruppen, die bisher keine direkte<br />
9
Erfahrung mit Musik-Theater gemacht hatten. Begonnen wurde<br />
mit Workshops in den jeweiligen Schulen, an denen die Schüler<br />
aktiv mitwirkten und „am eigenen Leib“ Musik gestalteten und<br />
in Szene setzten, sich mit Sprache (auch der italienischen) und<br />
Bewegung, Ausdruck, Gestik und Mimik auseinandersetzten<br />
und dabei mit viel Spielfreude unterschiedliche musiktheaterpraktische<br />
Techniken ausprobierten. Begleitet wurden sie<br />
dabei von der Musikpädagogin und Regisseurin Ute Kabisch,<br />
der New Yorker Schauspielerin und Theaterpädagogin Marla<br />
Levinstein, dem Musikschulleiter Stefan Göritz und dem italienischen<br />
Sprachcoach Dario Becci, der sonst dem Balthasar-<br />
Neumann-Chor die richtige italienische Aussprache beibringt.<br />
Ralf Ernst, selbst Sänger des Balthasar-Neumann-Chores,<br />
gestaltete Workshops zum Thema Stimme und Bewegung und<br />
verblüffte sein junges Publikum, indem er vorführte, wie bayrisch<br />
ein Schubertlied klingen kann. Er war zudem <strong>für</strong> die<br />
Schüler der „Informant“, der sie über jedes Detail der parallel<br />
verlaufenden Proben in Baden-Baden in einer Art Mailtage-<br />
10<br />
buch auf dem Laufenden hielt. Ihn später in Kostüm und<br />
Maske auf der Bühne wiederzuerkennen war gar nicht so einfach.<br />
Die Schüler erlebten, wie viel minutiöse Arbeit vieler<br />
Menschen hinter einer großen Opernproduktion und einer<br />
kleinen Opernszene steckt, wie eine andere Spielweise den<br />
Charakter einer Szene völlig verändern kann, wie unterschiedlich<br />
sich eine Musik anhört, je nachdem, wie man sich dazu<br />
bewegt, und umgekehrt: wie anders eine Figur wirkt, je nachdem<br />
von welcher Musik sie charakterisiert wird und vieles<br />
mehr. Ein Probenbesuch in Baden-Baden bot die Möglichkeit,<br />
einen Bick hinter die Kulissen zu werfen und mit dem Regisseur<br />
(der fleißig Autogramme mit kleinen „Lebenstipps“ verteilte),<br />
der Kostümbildnerin, den Sängern, dem Dirigenten, den<br />
Musikern und dem Technikteam zu sprechen. So gut vorbereitet<br />
machten sich die Schüler schließlich mit ihren Lehrern und<br />
Workshop-Leitern festlich gekleidet auf, um die festliche<br />
Premiere zu besuchen. Musiklehrer und Direktor der Abt-<br />
Columban-Schule schrieben später: „Augen und Ohren offen<br />
und die Herzen bereit, konnten unsere SchülerInnen sich auf<br />
diese neue Erfahrung einlassen. Viele waren einfach glücklich<br />
oder sogar hin und weg. Wir glauben, dass der Aufwand, so<br />
groß er auch war<br />
(und er war beträchtlich),<br />
den<br />
Kindern und Jugendlichen<br />
einen<br />
Zugang zu einem<br />
anderen Sehen<br />
und Hören, vielleicht<br />
zur Oper<br />
ebnen konnte –<br />
Bravo!“
Richard Wagner<br />
(1813 – 1883)<br />
Vorspiel zu „Der fliegende Holländer“<br />
(Erstfassung)<br />
Ludwig van Beethoven<br />
(1770 – 1827)<br />
Klavierkonzert Nr. 1 C-Dur op. 15<br />
Antonín Dvořák<br />
(1841 – 1904)<br />
Sinfonie Nr. 4 d-Moll op. 13<br />
Christian Zacharias, Klavier<br />
Radio-Sinfonieorchester Stuttgart<br />
Leitung: Thomas Hengelbrock<br />
Ansteckender Enthusiasmus – Hengelbrock und Zacharias in Stuttgart<br />
„Endlich sind im Beethovensaal wieder zwei<br />
Interpreten zusammengekommen, bei denen<br />
Musik noch aus dem Ton lebt, aus dem meditativ<br />
erfinderischen, strikt antivirtuosen,<br />
hochmusikalischen Ton voll spannungsvoller<br />
Ausdrucksgewalt. Die Stuttgarter Meisterkonzertreihe<br />
stellte die beiden Musiker vor<br />
das geradezu fröhlich überraschte Radio-<br />
Sinfonieorchester. Hörbares klangliches Glück<br />
war die Folge.“ So beschrieb<br />
die Eßlinger Zeitung<br />
das Zusammentreffen von<br />
Christian Zacharias und<br />
Thomas Hengelbrock mit<br />
dem RSO Stuttgart. Sowohl<br />
an ihrem Heimatort <strong>als</strong><br />
auch bei den Herbstlichen<br />
Musiktagen in Bad Urach<br />
waren die Künstler im<br />
Oktober zu hören. Die Stuttgarter Zeitung<br />
berichtete: „Hengelbrock hatte mit Zacharias<br />
einen Partner im Geiste: Beide vereinen Intellektualität<br />
mit hoher Sensibilität und Stilbewusstsein<br />
– sehr zum Vorteil von Beethovens<br />
Musik. Ein ähnlich inspiriertes Dialogisieren<br />
zwischen Soloinstrument und Orchester hört<br />
man selten: Hengelbrock animierte das RSO<br />
zu einem kammermusikalisch lichten, federnd<br />
agilen, rhetorisch beredten Spiel, Zacharias<br />
entsprach dieser Differenziertheit mit einem<br />
unerschöpflichen Spektrum an Anschlagsnuancierungen.<br />
Bezwingend die Ausformulierung<br />
der Kontraste im Kopfsatz, voll kantabler<br />
Glut das Largo, das Finale ein funkensprühendes<br />
Fest, das Beethovens bärbeißigen Witz ins<br />
beste Licht rückte.“ Wagners Ouvertüre zum<br />
„Fliegenden Holländer“ war in der Erstfassung<br />
von 1841 zu hören und „Hengelbrocks<br />
Interpretation ist vom ersten Takt an ein<br />
Krimi: Die Nerven sind zum<br />
Zerreißen gespannt, die<br />
Streicherfiguren schäumen<br />
ungestüm, der Holländer<br />
geistert ruhelos durch die<br />
Nacht auf dem Meer.<br />
Hengelbrock gelingt ein<br />
packendes, elektrisierendes<br />
Drama, das Naturschilderung<br />
und Spiegel menschlicher<br />
Emotion zugleich ist.“ Von Dvořáks<br />
Sinfonien findet die vierte eher selten den<br />
Weg auf die Konzertpodien – dies völlig zu<br />
Unrecht. „Das RSO ließ sich von Hengelbrocks<br />
Enthusiasmus ebenso anstecken wie<br />
von seiner Phrasierungskunst. Nicht nur die<br />
Violinen blühten auf wie lange nicht mehr<br />
und evozierten einen schlackenlosen romantischen<br />
Sehnsuchtston, im weiteren Verlauf<br />
offenbarte sich ein Stimmgeflecht von nahezu<br />
vollendeter Transparenz.“<br />
11
„Der Professionalismus Hengelbrocks und seines Balthasar-Neumann-Chores und -Orchesters in puncto Vokal- und Instrumentaltechnik ist<br />
beispielhaft, ihre Interpretationslinie ebenso. Die Transparenz, die sie dem Kontrapunkt angedeihen lassen, der luzide, niem<strong>als</strong> zu üppige Klang<br />
machen auch eine – oberflächlich gesehen – überroutinierte Barockmusik zum Ereignis. Dass die Werke [Zelenkas und Lottis] zu Recht dem<br />
Vergessen entrissen wurden, lässt dieser Abend in der dicht gefüllten Freiburger Christuskirche unschwer erkennen.“ BADISCHE ZEITUNG
Jan Dismas Zelenka<br />
(1679 –1745)<br />
Miserere in c-Moll ZWV 57<br />
Tanya Aspelmeier, Sopran<br />
Johann Sebastian Bach<br />
(1685 –1750)<br />
Kantate BWV 12<br />
„Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“<br />
Leipziger Fassung<br />
Marion Eckstein, Alt<br />
Julian Podger, Tenor<br />
Marek Rzepka, Bass<br />
Antonio Lotti<br />
(1667 –1740)<br />
Missa in e a tre cori<br />
Heike Heilmann, Sopran<br />
Bernhard Landauer, Alt<br />
Balthasar-Neumann-Chor<br />
Balthasar-Neumann-Ensemble<br />
Leitung: Thomas Hengelbrock<br />
Dieses Programm erscheint<br />
2009 auf CD.<br />
Dresdner Schätze<br />
Als Thomas Hengelbrock 1999 seine erste CD<br />
mit Werken Antonio Lottis, darunter das<br />
Requiem, vorstellte, war eine kleine Sensation<br />
perfekt. Seither hat der lange vergessene<br />
Komponist, der <strong>für</strong> einige Jahre auch am<br />
Dresdener Hof August des Starken wirkte,<br />
wieder einen festen Platz im Konzertleben.<br />
Mit der „Missa<br />
sapientiae“ führte<br />
Hengelbrock einige<br />
Jahre später<br />
eindrucksvoll vor,<br />
wie groß der Einfluss<br />
des Venezianers<br />
auf Komponisten seiner Zeit gewesen sein<br />
muss: Johann Sebastian Bach fertigte eigenhändig<br />
eine Abschrift dieser Messe an und<br />
ließ manche Anregung daraus in seine große<br />
h-Moll-Messe einfließen. In einem neuen<br />
Konzertprogramm stellten die „Balthasar-<br />
Neumänner“ mit der „Missa a tre cori“ nun<br />
die dritte große Messe Lottis vor, die sich in<br />
der Dresdner Hofbibliothek erhalten hat.<br />
Arien mit solistischer Begleitung bis hin zu<br />
groß angelegten dreichörigen Sätzen machen<br />
dieses durch und durch venezianische Werk zu<br />
einem besonderen Hörerlebnis. „Eine Polyphonie,<br />
die durch den ‚unbefleckten‘ Ton des<br />
Balthasar-Neumann-Chors aufblüht; kein<br />
Tremolo, keine Intonationsunsicherheit, kein<br />
Forcieren im Forte, das die Reinheit des<br />
Gesamtklangs und der Sprechdiktion gefährdete“,<br />
bemerkte die Badische Zeitung. Zu<br />
Beginn erklang eine packende Interpretation<br />
von Zelenkas Miserere, „kraftvoll-strömend<br />
und mit makelloser Homogenität sang der<br />
Balthasar-Neumann-Chor“ (Wiener Zeitung).<br />
Die Ruhr Nachrichten berichteten: „Hengelbrock<br />
ist ein Architekt des Klangs, der nichts<br />
dem Zufall überlässt, perfektionistisch bis ins<br />
kleinste Detail aus Lautstärken- und Klangfarben-Modulen<br />
Werke baut. So prächtig und<br />
prunkvoll, so inspiriert und farbenreich klingt<br />
Barockmusik auf historischen Instrumenten<br />
selten“. Mit seiner Interpretation der Bach-<br />
Kantate „begann die Musik plötzlich zu<br />
schweben, so leise Klänge kitzelte Hengelbrock<br />
aus den Ensembles heraus. Perfekter in Klangbalance<br />
und Ausdruck kann man das Werk<br />
kaum aufführen“. Die Ludwigsburger Kreiszeitung<br />
schrieb: „Wie Tropfen in einem Meer<br />
von Klagen tauchten die ersten Worte des<br />
Eingangschors auf, das Elend der irdischen<br />
Welt steigerte sich zur eindringlichen Kollektiverfahrung.<br />
Und plötzlich war da der Schlusschoral<br />
mit Emma Blacks Oboe und Paolo<br />
Bacchins Trompete in strahlendes Himmelslicht<br />
getaucht.“ Alexander Dick resümierte:<br />
„Wie gut, dass dieses Programm auf einer CD<br />
verewigt wird!“<br />
13
Wolfgang Amadeus Mozart<br />
(1756 – 1791)<br />
Sinfonie Nr. 25 g-Moll KV 183<br />
„Nehmt meinen Dank,<br />
ihr holden Gönner“ KV 383<br />
„Schon lacht der holde Frühling“<br />
KV 580<br />
„Ruhe sanft, mein holdes Leben“<br />
aus „Zaide“ KV 344<br />
Robert Schumann<br />
(1810 – 1856)<br />
Sinfonie Nr. 4 d-Moll op. 120<br />
(Urfassung 1841)<br />
Camilla Tilling, Sopran<br />
Essener Philharmoniker<br />
Leitung: Thomas Hengelbrock<br />
15. 01. 2009 Essen, Philharmonie<br />
16. 01. 2009 Essen, Philharmonie<br />
14<br />
Thomas Hengelbrock zu Gast in Essen<br />
„Da klingt nichts zufällig. Die sorgfältig erarbeiteten<br />
Tempi, die Transparenz der einzelnen<br />
Stimmen und die straffe Rhythmik erzeugten<br />
ein Emotionsgewitter, dem man sich schwer<br />
entziehen konnte. [...] Überwiegend sparsam<br />
und genau in der Gestik, zeigte Hengelbrock,<br />
der auswendig dirigierte, wohin er musikalisch<br />
wollte. Und die Philharmoniker folgten, man<br />
möchte fast sagen, lustvoll.“ So beschrieb die<br />
Westdeutsche Allgemeine Zeitung das erste<br />
Zusammentreffen des Dirigenten und der<br />
Essener Philharmoniker mit Beethovens<br />
„Eroica“ im vergangenen Jahr. Im Januar ist<br />
Thomas Hengelbrock erneut zu Gast in der<br />
künftigen Kulturhauptstadt und wird diesmal<br />
begleitet von der renommierten schwedischen<br />
Sopranistin Camilla Tilling. Die beiden<br />
Künstler haben sich bereits an der Pariser<br />
Oper intensiv mit Mozart auseinandergesetzt,<br />
<strong>als</strong> die Sopranistin dort die Idomeneo-Partie<br />
der Ilia in der Inszenierung von Luc Bondy<br />
gestaltete. An das Palais Garnier kehren beide<br />
im Februar mit dieser gefeierten Produktion<br />
zurück. Inzwischen widmen sie sich mit der so<br />
genannten „Kleinen g-Moll-Sinfonie“ und einer<br />
Arien-Auswahl auch in Essen Mozarts Werken.<br />
Eine äußerst selten aufgeführte Fassung der<br />
4. Sinfonie von Robert Schumann ist im<br />
zweiten Teil des Konzertes zu hören. Diese<br />
Urfassung wäre eigentlich in der Chronologie<br />
<strong>als</strong> seine „Zweite“ einzuordnen, da sie 1841<br />
nach der 1.Sinfonie entstand. Schumann wollte<br />
mit diesem Werk die Fesseln traditioneller<br />
sinfonischer Formen endgültig sprengen und<br />
nannte es folgerichtig auch „Symphonische<br />
Phantasie“. Sein avanciertes Vorhaben fiel<br />
beim Publikum allerdings durch, was den<br />
Komponisten dazu brachte, die Sinfonie erst<br />
10 Jahre später zu seiner Vierten umzuarbeiten<br />
– in jene Fassung, die bis heute meistens<br />
gespielt wird. Ein spannendes, hörenswertes<br />
Zeugnis der Musikgeschichte <strong>als</strong>o, das die<br />
Essener Philharmoniker interpretieren werden.
Frank Martin<br />
(1890 –1974)<br />
Polyptyque<br />
Six images de la passion du Christ<br />
und<br />
Johann Sebastian Bach<br />
(1685 –1750)<br />
Choräle<br />
W. A. Mozart<br />
(1756 –1791)<br />
Requiem d-Moll KV 626<br />
Chor und Solisten des<br />
Bayerischen Rundfunks<br />
Symphonieorchester des<br />
Bayerischen Rundfunks<br />
Leitung: Thomas Hengelbrock<br />
22.01.2009 München, Herkulessaal<br />
23.01.2009 München, Herkulessaal<br />
Live-Übertragung in Bayern 4 Klassik<br />
am 23.01.2009 um 20.05 Uhr<br />
Grenzgänge<br />
Thomas Hengelbrock, bekannt <strong>für</strong> Konzertprogramme<br />
mit dramaturgischem Tiefgang,<br />
hat bei seinem erneuten Gastauftritt mit dem<br />
BR-Symphonieorchester einen besonderen<br />
Abend zusammengestellt. Im Zentrum steht<br />
Frank Martins Werk „Polyptyque“, das sechs<br />
Bilder der Leidensgeschichte Christi nachzeichnet.<br />
Die Solovioline, <strong>für</strong> keinen geringeren<br />
<strong>als</strong> Yehudi Menuhin geschrieben, agiert hier<br />
<strong>als</strong> „primus inter pares“ mit zwei Streichorchestern<br />
und nicht im Sinn der klassischromantischen<br />
Konzertästhetik <strong>als</strong> dem<br />
Orchester gegenübergestellter Solist – <strong>als</strong>o<br />
so, „wie es noch bei Bach der Fall ist“, schrieb<br />
Martin an Menuhin. Martin fühlte sich der<br />
Tradition Bachs in vielerlei Hinsicht verpflichtet.<br />
Er beschrieb den Besuch einer Aufführung<br />
der Matthäuspassion <strong>als</strong> 13-jähriger Pfarrerssohn<br />
aus Genf später <strong>als</strong> „das größte musikalische<br />
Erlebnis meines Lebens“. Die Spannung<br />
zwischen innerlicher Christlichkeit und dem<br />
steten Interesse an der Moderne prägen das<br />
Schaffen Martins, in dem er um eine Synthese<br />
aus tonalem Komponieren und dodekaphonischen<br />
Prinzipien in der Nachfolge Arnold<br />
Schönbergs bemüht war. Diese Mischung aus<br />
Frömmigkeit und musikalischer Individualität<br />
verbindet Martin mit seinem 200 Jahre älteren<br />
Kollegen Bach. Und so erweist es sich <strong>als</strong><br />
sinnfällig, dass Hengelbrock Martins Klangbilder<br />
über einzelne Stationen des Passionsweges<br />
mit ausgewählten Choralvertonungen<br />
von Bach verwebt, die inhaltlich ebenfalls um<br />
das Thema Tod und Leiden kreisen. Martin<br />
schrieb „Polyptyque“ in seinem letzten<br />
Lebensjahr – das Konzert schließt mit einer<br />
nicht minder innigen und in ähnlicher<br />
Lebenslage entstandenen Komposition<br />
Mozarts, die den Blick weiter lenkt: sein<br />
Requiem. Auf eine gelungene Symbiose<br />
zwischen dem Dirigenten und den Musikern<br />
des BR darf man sich freuen, stellte der<br />
Donaukurier nach deren letztem Zusammentreffen<br />
begeistert fest: „Nur selten sind<br />
Konzerte in einer Intensität und Dichte zu<br />
erleben wie jenes: Was Hengelbrock vorgeführt<br />
hat, war gleichermaßen dramaturgisch<br />
und interpretatorisch ergreifend.“<br />
15
„The evening’s real hero, however, was conductor Thomas Hengelbrock. Very familiar with early instruments, he has infinitely class, depth, and<br />
musicality [...]. He is delicate without being finicky, subtle without exaggerating. The orchestra of the Opéra de Paris is astonishingly flexible.<br />
One sees faces that beam because they can play in the orchestra pit. And for the first time in ages one hears a conductor who knows how to<br />
conduct a chorus. Mozart finally sounds like Mozart in the Opéra de Paris.“<br />
LE MONDE
Wolfgang Amadeus Mozart<br />
(1756 –1791)<br />
Idomeneo<br />
Dramma per musica KV 366<br />
Libretto von Giambattista Varesco<br />
Thomas Hengelbrock<br />
Luc Bondy<br />
Erich Wonder<br />
Rudy Sabounghi<br />
Dominique Bruguière<br />
Arco Renz<br />
Paul Gorves<br />
Joyce DiDonato<br />
Camilla Tilling<br />
Mireille Delunsch<br />
David Kuebler<br />
Xavier Mas<br />
Ilya Bannik<br />
Orchestre et Choeurs<br />
de l’Opéra national de Paris<br />
Leitung<br />
Regie<br />
Bühne<br />
Kostüme<br />
Licht<br />
Choreographie<br />
Idomeneo<br />
Idamante<br />
Ilia<br />
Elettra<br />
Arbace<br />
Il sacerdote<br />
La voce<br />
Paris, Palais Garnier<br />
27. 02. 2009,<br />
3/5/8/11/14/17/20/22. 03. 2009<br />
Luc Bondys Idomeneo in Paris<br />
Zum Anlass des Mozart-Jubiläums 2006<br />
krempelte der Regisseur Luc Bondy seinen<br />
bereits an der Mailänder Scala in Szene gesetzten<br />
„Idomeneo“ noch einmal grundlegend<br />
um und brachte ihn erneut in Paris auf die<br />
Bühne. Für die aufgewühlten Seelenlandschaften<br />
der Protagonisten, die Mozart in<br />
einer <strong>für</strong> die Zeit revolutionären<br />
subjektiven<br />
Musiksprache zeichnet,<br />
haben Erich<br />
Wonder (Bühne) und<br />
Dominique Bruguière<br />
(Licht) eine beeindruckende<br />
Kulisse entworfen,<br />
und so endete das<br />
„das Mozartjahr mit<br />
einem Glücksfall“ (Les<br />
Echos). Dam<strong>als</strong> ebenso<br />
wie bei der nun im<br />
Februar anstehenden<br />
Wiederaufnahme übernimmt<br />
Thomas Hengelbrock die musikalische<br />
Leitung im Palais Garnier. Für den<br />
Dirigenten und das Orchester der Oper Paris<br />
war es die erste Zusammenarbeit – und es<br />
sollte nicht die letzte bleiben. „Es ist der deutsche<br />
Dirigent Thomas Hengelbrock, der an<br />
der Spitze des Orchestre de l’Opéra – das ihm<br />
am Schluss Ovationen brachte, was eine<br />
Seltenheit ist! –, einen Mozart mit perfektem<br />
Fluss und perfekter Frische gibt, in dem er mit<br />
Genauigkeit die kleinsten Akzente aus der<br />
Partitur herausholt und es versteht, in dieser<br />
Oper der Gewalt eine milde Note mitschwingen<br />
zu lassen, die ganz Mozart entspricht:<br />
die des Erbarmens“, berichtete Radio Notre<br />
Dame.„Ein wahres Vergnügen<br />
entsteigt dem<br />
Orchestergraben, in<br />
dem Thomas Hengelbrock<br />
die Pulte in<br />
Wallung bringt. Ganz<br />
offensichtlich gehen die<br />
Musiker eine Osmose<br />
mit dem gewissenhaften<br />
Enthusiasmus<br />
dieses feinsinnigen<br />
Mozartkenners ein.“<br />
(webthea.com). Und<br />
Le Figaro bemerkte:<br />
„Hengelbrock weiß mit<br />
Ausgeglichenheit in Tempo wie Artikulation,<br />
die auf sicherer Technik beruhen, ein gutes<br />
Gleichgewicht zwischen historischer Aufführungspraxis<br />
und modernem Instrumentarium<br />
zu finden. […] er gibt jedes Moment dieses<br />
geheimnisvollen Werkes wieder und beweist,<br />
dass er einer der großen Dirigenten seiner<br />
Generation ist.“<br />
17
Unser Prinzip Balthasar<br />
Balthasar Neumann (1687 – 1753) war<br />
der herausragende Architekt des Barock.<br />
Sein Schaffen war stets geprägt von<br />
einem Prinzip:<br />
Raum schaffen – Freiraum schaffen.<br />
Freunde und Förderer schaffen<br />
Freiräume <strong>für</strong> Balthasar-Neumann-Chor<br />
und -Ensemble. Sie bilden ein festes<br />
Fundament, eine tragende Säule,<br />
indem sie unsere künstlerischen Ideen<br />
(unter-)stützen.<br />
Freunden sei Dank!<br />
Balthasar-Neumann-Chor und Balthasar-<br />
Neumann-Ensemble feiern unter der Leitung<br />
ihres Gründers Thomas Hengelbrock seit mehr<br />
<strong>als</strong> 15 Jahren nationale und internationale<br />
Erfolge und treten mit ihren Konzert- und<br />
Opernprogrammen in Europa, Asien und<br />
Amerika auf. Die FAZ – um nur ein Beispiel<br />
zu nennen – bezeichnete den Balthasar-<br />
Neumann-Chor <strong>als</strong> den „besten Chor<br />
Deutschlands“.<br />
Dies wäre nicht möglich, wenn die Ensembles<br />
keine Freunde und Förderer hätten –<br />
Menschen und Unternehmen, die unsere<br />
Ideen und Projekte unterstützen und damit<br />
Musik in unserer Gesellschaft <strong>als</strong> ebenso<br />
notwendig erachten, wie wir es tun.<br />
Balthasar-Neumann-Chor und -Ensemble<br />
erhalten bislang eine geringe Zuwendung von<br />
staatlicher Seite und finanzieren sich seit<br />
ihrer Gründung durch umsichtige Wirtschaftlichkeit<br />
und einen treuen und engagierten<br />
Kreis an Förderern und Freunden. Sie ermöglichen<br />
es, Ideen in die Tat umzusetzen, die<br />
uns am Herzen liegen.<br />
Da<strong>für</strong> möchten wir allen Mitgliedern des<br />
Freundeskreises und allen Förderern herzlich<br />
danken.<br />
Für die außerordentliche Unterstützung im<br />
Jahr 2008 möchten wir besonders danken:<br />
• Inge und Werner Lehmann<br />
• Christine und Ernst-Herbert Pfleiderer<br />
• Karin und Thomas Staebe von der<br />
Thomas-Staebe-Stiftung<br />
• Sparkasse Freiburg – Nördlicher Breisgau<br />
und Albert Schultis<br />
• Freiburger Wochenbericht Verlags GmbH<br />
und den Geschäftsführern Steffen Weissbäcker<br />
und Martin Zenke<br />
• Landesstiftung Baden-Württemberg<br />
gGmbH und dem Geschäftsführer<br />
Herbert Moser<br />
Um die herausragende künstlerische Arbeit<br />
mit ihren anspruchsvollen und innovativen<br />
Musiktheater- und Konzertprojekten auch<br />
zukünftig auf internationalem Niveau durchführen<br />
zu können, benötigen wir auch weiterhin<br />
engagierte Freunde und Förderer. Zuwendungen<br />
an den Balthasar-Neumann-Chor und<br />
-Ensemble e.V. sind im Rahmen der steuerlichen<br />
Regelungen zur Gemeinnützigkeit<br />
abzugsfähig. Zögern Sie nicht, eine tragende<br />
Säule oder ein Baustein in unserem „Prinzip<br />
Balthasar“ zu werden.<br />
19
Ensembles in Residenz!<br />
Balthasar-Neumann-Chor und<br />
Balthasar-Neumann-Ensemble kehren<br />
an die Wirkungsstätte ihres Namensgebers<br />
zurück und werden Ensembles<br />
in residence beim Würzburger<br />
Mozartfest.<br />
Unter seinem neuen Intendanten<br />
Christan Kabitz erfährt das Mozartfest<br />
Würzburg ab 2010 eine umfassende<br />
inhaltliche Neuausrichtung. Dazu zählt<br />
auch die Verpflichtung von Balthasar-<br />
Neumann-Chor und -Ensemble <strong>als</strong><br />
ständige Gäste. Die Klangkörper werden<br />
pro Jahr an mindestens zwei Projekten<br />
mitwirken. Bereits 2009 geben sie unter<br />
ihrem Gründer und künstlerischen<br />
Leiter Thomas Hengelbrock erste Kostproben:<br />
Erstm<strong>als</strong> am 22. Juni 2009 mit<br />
Bachs h-Moll-Messe sowie am 1. und<br />
2. Juli gemeinsam mit der französischen<br />
Sängerin Véronique Gens.<br />
Und so werden sie nun öfter in den<br />
Hallen des Barock-Baumeisters<br />
Balthasar Neumann in der Würzburger<br />
Residenz zu hören sein.<br />
www.mozartfest-wuerzburg.de<br />
20<br />
Das BIK stellt sich vor<br />
Katrin Wolff<br />
Es weht eine Brise Berliner Luft im BIK, seitdem<br />
Katrin Wolff dort ihr Unwesen treibt.<br />
Nach dem Abitur zog es die Ur-Berlinerin in<br />
die Ferne: In Freiburg studierte sie Musikwissenschaft<br />
und Germanistik und widmete<br />
sich nebenher ambitionierten musikalischen<br />
Versuchen, die ebensolche blieben. In ersten<br />
Kontakt zu Balthasar-Neumann-Chor und<br />
-Ensemble trat sie <strong>als</strong> Regiehospitantin <strong>für</strong><br />
Regisseur und Dirigent Thomas Hengelbrock<br />
beim Feldkircher „Don Giovanni“. Es folgte<br />
eine Regie- und Produktionsassistenz bei „Il<br />
re pastore“ in Salzburg – ein einschneidendes<br />
Mozartjahr 2006. Angeregt durch diese intensive<br />
Beschäftigung mit dem Werk beendete<br />
sie mit einer Arbeit über „Il re pastore“-Vertonungen<br />
im Kontext ihrer Traditionen erfolgreich<br />
ihr Studium. Eine Verschnaufpause gab<br />
es kaum, denn schon kurz darauf engagierte<br />
sie das BIK <strong>als</strong> Projektmanagerin mit Musikwissenschafts-Spürnase;<br />
und Berlin… hat eine<br />
Berliner Schnauze weniger.<br />
Eine Serata musicale in Venedig<br />
Ein musikalischer Abend in Venedig – nicht<br />
ganz: Das Balthasar-Neumann-Ensemble verlegte<br />
Venedig kurzerhand ins österreichische<br />
Sankt Pölten. Auf Einladung des Festiv<strong>als</strong><br />
Musica Sacra gestalteten die Musiker gemeinsam<br />
mit der schwedischen Sopranistin<br />
Susanne Rydén eine musikalische Akademie<br />
mit Sonaten und Solo-Motetten wie sie in<br />
einem venezianischen Adelspalast des 17. Jahrhunderts<br />
stattgefunden haben könnte. Im Dom<br />
zu St. Pölten konnte ein fasziniertes Publikum<br />
einen der spannendsten Momente der Musikgeschichte<br />
nachvollziehen, der ab 1600 in<br />
Italien einsetzte und die Abgrenzung von der<br />
Mehrchörigkeit mit sich führte: den Prozess<br />
der musikalischen Individualisierung. Durch<br />
ihre eindrückliche Gestaltung zog Susanne<br />
Rydén das Publikum mit ihrer Interpretation<br />
geistlicher Vokalwerke von Claudio Monteverdi,<br />
Alessandro Grandi und Giovanni Legrenzi in<br />
Bann. Daneben führte das Balthasar-Neumann-Ensemble<br />
unter der Leitung von Daniel<br />
Sepec vor, inwiefern die neue interpretatorische<br />
Freiheit auch die Instrumentalmusik<br />
revolutionierte. Mit Kompositionen <strong>für</strong> Solo-<br />
Instrumente und Continuo von Dario Castello,<br />
Biagio Marini u. a. zeigten die Musiker ihre<br />
solistischen Qualitäten und bescherten den<br />
Zuhörern ein „Gesamtkunstwerk mit Seltenheitswert“.
Heike Heilmann – Sopran<br />
Die Partie der Zerbinetta aus der Strauss-<br />
Oper Ariadne zu singen – das ist einer<br />
der großen Träume der aus Wangen im<br />
Allgäu stammenden Sopranistin. Ein<br />
Traum, der sicher nicht lange einer bleiben<br />
wird. Gerade hat Heike Heilmann<br />
erfolgreich das Basler Opernstudio<br />
„Oper Avenir“ abgeschlossen, wo sie mit<br />
großer Resonanz u. a. die Mi in „Land<br />
des Lächelns“, die Ninfa in Monteverdis<br />
„Orfeo“ und die Gabi in „Die bitteren<br />
Tränen der Petra von Kant“ von Gerald<br />
Barry <strong>als</strong> deutschsprachige Erstaufführung<br />
sang. Unserem Publikum ist Heike<br />
Heilmann <strong>als</strong> Solistin bestens bekannt.<br />
Seit dem Studium der Musikpädagogik<br />
in Freiburg bei Prof. Markus Goritzki<br />
und anschließendem Aufbaustudium <strong>für</strong><br />
Oratorium und Lied in Frankfurt bei<br />
Prof. Heidrun Kordes ist sie freiberuflich<br />
<strong>als</strong> Konzertsängerin, Gesangspädagogin<br />
und Operndarstellerin unterwegs. Wenn<br />
Heike Heilmann nicht singt, dann werden<br />
die Karten auf den Tisch gelegt, und das<br />
im wahrsten Sinne des Wortes, denn<br />
Musik ist nicht das einzige, was ihr im<br />
Blut liegt: Wäre Doppelkopf in einem Gen<br />
verankert – sie hätte es! Katharina Götz<br />
traf sich mit der jungen Künstlerin im<br />
Rahmen einer Bach-Tournee des Balthasar-Neumann-Chor<br />
und -Ensembles.<br />
Heike, du bist eine Zockerin?<br />
Oh ja, du wirst lachen, es verbindet mich<br />
innigst mit dem Balthasar-Neumann-<br />
Chor. Ich habe das Doppelkopfspiel nämlich<br />
hier bei meiner ersten Tournee durch<br />
Italien gelernt – seither bin ich süchtig!<br />
Ich freue mich bei unseren Projekten <strong>als</strong>o<br />
nicht immer nur auf ’s Singen… Ich bin so<br />
gerne mit den Kollegen zusammen, dass<br />
ich dem Balthasar-Neumann-Chor tatsächlich<br />
auch manchmal hinterherreise,<br />
selbst wenn ich nicht mitsinge – so wie in<br />
Paris Anfang dieses Jahres während der<br />
Pina-Bausch-Produktion. Ich fühle mich<br />
dem Ensemble sehr verbunden, es hat<br />
<strong>für</strong> mich etwas sehr Familiäres und ich<br />
möchte weder das intensive, gemeinsame<br />
Musizieren, noch das gemeinsame<br />
Zocken missen.<br />
Du avancierst derzeit von einer Oratoriensängerin<br />
zur Operndarstellerin…<br />
Und das ist im Moment übrigens mein<br />
Dilemma. Ich hätte gerne alles: Oper,<br />
Ensemble und Soloabende… Ich würde<br />
gerne regelmäßig an Opernhäusern gastieren,<br />
aber das will natürlich jeder. Und<br />
<strong>als</strong> Sopran hat man es da doppelt schwer<br />
– vielleicht wäre es <strong>als</strong> Tenor einfacher.<br />
Aber in meinem intensiven Opernjahr in<br />
Basel habe ich die Arbeit mit den beiden<br />
Balthasar-Neumann-Ensembles wirklich<br />
21
sehr vermisst und habe mich auf unsere<br />
Bach-Tournee jetzt wahnsinnig gefreut.<br />
Hat denn Deine Karriere mit dem<br />
Opernstudio einen neuen Schwerpunkt<br />
bekommen?<br />
Ganz so neu ist es ja eigentlich nicht. Als<br />
ich nach Frankfurt ging, wo ich <strong>für</strong> das<br />
Oratorienfach die Aufnahmeprüfung<br />
gemacht habe, bin ich recht schnell gefragt<br />
worden, warum ich eigentlich nicht<br />
auch Oper mache. Ja aber herzlich gerne!<br />
Und so habe ich in der Opernklasse<br />
unter anderem Blondchen in Mozarts<br />
„Entführung“ und Sophie Scholl in „Die<br />
Weiße Rose“ von Udo Zimmermann gesungen.<br />
Und in der Spielzeit 2004/05 war<br />
ich dann <strong>als</strong> Gast in mehreren Produktionen<br />
an der Oper Frankfurt engagiert.<br />
Konnte Dir das Opernstudio dann noch<br />
Neues bringen?<br />
Das Jahr hat mir enorm viel gebracht.<br />
Wir waren quasi richtige Ensemblemitglieder<br />
des Basler Theaters, und es war<br />
extrem anspruchsvoll, anstrengend und<br />
toll zugleich. Ich war in dem einen Jahr<br />
an acht Produktionen mit über 70 Vorstellungen<br />
beteiligt. „Land des Lächelns“,<br />
zugleich Kinderoper, es liefen viele Proben<br />
parallel … Opernalltag pur. Sogar wie es<br />
ist, <strong>als</strong> Einspringer in einer laufenden Produktion<br />
auszuhelfen, durfte ich erleben.<br />
Das schult unglaublich. Eine besondere<br />
22<br />
Herausforderung war <strong>für</strong> mich das Auswendiglernen.<br />
Ich bin eher ein „Notengucker“<br />
und im Konzert gefährdet, viel<br />
reinzuschauen. Auf der Bühne geht das<br />
halt nicht, und es werden ganz andere<br />
Dinge, wie Gestik, Mimik, Schauspiel<br />
und Tanz wichtig.<br />
Singt sich Oper denn so viel anders <strong>als</strong><br />
ein Konzert?<br />
An sich singt man meines Erachtens eine<br />
Mozart-Oper nicht wirklich anders <strong>als</strong><br />
eine Mozart-Messe. Aber bei einem Konzert<br />
aus mir herauszugehen, finde ich viel<br />
schwieriger <strong>als</strong> in der Oper. Dort hat<br />
man eine ganz bestimmte Rolle, und die<br />
verkörperte Figur hat wiederum eine<br />
Geschichte, in die alles eingesponnen ist.<br />
Das fällt beim Konzert in der Regel weg,<br />
da steht man <strong>als</strong> man selber da. Das ist<br />
bei Liederabenden schon wieder anders.<br />
Die gestalte ich oft wie eine Aneinanderreihung<br />
vieler kleiner Opern. Man nimmt<br />
immer wieder eine neue Rolle ein, die man<br />
mit allen einem zur Verfügung stehenden<br />
Mitteln ausfüllen kann.<br />
Wie ist es, wenn das Publikum aus Kindern<br />
besteht?<br />
Das Publikum ist ein anderes, weniger<br />
diszipliniert, und das bedeutet wiederum,<br />
dass man viel mehr fesseln und die<br />
Aufmerksamkeit auf sich ziehen muss.<br />
Aber es macht auch besonderen Spaß
Kinderoper zu spielen, so wie ich es in<br />
Basel konnte. Ich musste <strong>für</strong> manche<br />
Rollen Tanzen lernen, was ich bisher<br />
nicht sonderlich mochte. Doch dort<br />
hatte ich eine wunderbare Tanzlehrerin.<br />
Sie arbeitet viel mit Laien und hat mich<br />
da abgeholt, wo ich stand. Die Bewegungen,<br />
die ich von selbst angeboten habe,<br />
hat sie dann verfeinert und zum Tanz<br />
ausgearbeitet.<br />
Da Du selbst Pädagogin bist, war dies<br />
sicherlich von besonderem Interesse <strong>für</strong><br />
Dich.<br />
Es ist unglaublich spannend, zu sehen,<br />
was man mit den wirklich sehr unterschiedlichen<br />
Schülern machen kann, wer<br />
sich auf was einlässt. Kinder sind da<br />
meist am flexibelsten, sie sind nicht so<br />
misstrauisch, sondern probieren einfach<br />
sorglos mal aus. Meine jüngste Schülerin<br />
war 7 und meine älteste 75. Bis ich nach<br />
Basel ging, habe ich regelmäßig unterrichtet.<br />
Ich hatte Privatschüler, gab<br />
Stimmbildung am Dom in Fulda mit<br />
bereits erfahrenen Sängern. Später hatte<br />
ich eine Stelle an der Musikschule, da<br />
brauchte man manchmal etwas mehr<br />
Geduld und kreative Ansätze.<br />
Wie gestaltete sich Deine eigene Musikerziehung?<br />
Ich habe zuerst Bratsche gelernt – direkt<br />
ohne Umweg über die Geige – dann kam<br />
Flöte und gesungen habe ich irgendwie<br />
immer schon. Mein Vater hat uns immer<br />
mit der Gitarre ins Bett gebracht. Er hat<br />
dann ein paar Lieder vorgesungen, und<br />
irgendwann habe ich angefangen, mitzusingen.<br />
Ich fand das schön, aber sein<br />
Einschlafplan hat natürlich nicht mehr<br />
geklappt. Und so durfte ich nur noch<br />
bei zwei Liedern mitsingen, dann hieß es<br />
still sein, lauschen und – hoffentlich –<br />
einschlafen. Später kamen Kinderchor,<br />
Musikschule, Schulchor. Die meisten<br />
dachten, ich hätte schon Gesangsunterricht,<br />
was aber nicht der Fall war.<br />
Eine so genannte Naturstimme <strong>als</strong>o?<br />
Möglich, meine Lehrerin sah das zumindest<br />
so. Wobei mir nie ganz klar war, was<br />
das eigentlich genau bedeutet. Ich hatte<br />
nicht die Riesenstimme, aber ich hatte<br />
zum Beispiel überhaupt keine Probleme<br />
mit der Höhe. Aber man muss auf jeden<br />
Fall ständig an und mit der Stimme<br />
arbeiten. Vielleicht kommt daher mein<br />
Interesse am Unterrichten…<br />
Soll denn Unterrichten Teil Deines<br />
Musiklebens bleiben?<br />
Theoretisch schon, aber praktisch ist<br />
das gerade nicht realisierbar. Es ist im<br />
Moment zu viel, ich bin ständig unterwegs.<br />
Wir haben jetzt Ende Oktober, ich<br />
war im Juli das letzte Mal zu Hause.<br />
Musikpädagogik, Lied, Oratorium und<br />
Oper ... Wie steht es mit Bereichen wie<br />
Pop und Jazz?<br />
Wenn Du wüsstest… Ich habe schon einmal<br />
einen Popsong aufgenommen. Zusammen<br />
mit dem Freiburger Schlagwerker<br />
Guillaume Chastell. Einen französischen<br />
Song. Man kann das Meisterwerk aber<br />
nicht käuflich erwerben, es war ein privates<br />
Weihnachtsgeschenk. Und im Fernsehen<br />
konnte man mich auch schon<br />
bewundern – <strong>als</strong> Backgroundgirl bei Anna<br />
Maria Kaufmann und den drei jungen<br />
Tenören. Die Veranstaltung hieß „Hessen<br />
lacht zur Fassenacht“! Mein wunderbarer<br />
Text war: „Wir legen Hamburg in den<br />
Süden, Berlin kommt an den schönen<br />
Rhein…“ Das war gleich im ersten<br />
Semester an der Hochschule in Frankfurt.<br />
Aber danach wurden wir nicht mehr<br />
angefragt. Komisch…<br />
23
Impressum<br />
Herausgeber<br />
<strong>Büro</strong> <strong>für</strong> <strong>Internationale</strong><br />
<strong>Kulturprojekte</strong> GmbH<br />
Redaktion<br />
Birgit Gantenberg<br />
Layout<br />
Herbert P. Löhle<br />
Druck<br />
Schwarz auf Weiss, Freiburg i. Br.<br />
Fotos<br />
Felix Broede: S. 27 (Erdmann)<br />
Ralf Ernst: S. 5<br />
Fritz-Wolfgang Etzold: S. 12<br />
Karl Forster: S. 26 (Hengelbrock)<br />
Simon Fowler: S. 27 (Hewitt)<br />
Evie Fylaktou: S. 3<br />
Ralf Grobe: S. 13<br />
Anna Hult: S. 14, 26 (Tilling)<br />
Stephan Korn: S. 9<br />
Andrea Kremper: S. 6, 7, 8, 10<br />
Benjamin Krieg: S. 18, 24<br />
Audra Melton: S. 26 (Larmore)<br />
Opéra national de Paris: S. 16, 17,<br />
26, 27<br />
Wolfgang Runkel: S. 22, 23<br />
Marion Schrade: S. 11<br />
Titelbild<br />
„Orpheus und Eurydike“<br />
im Antiken Theater Epidaurus<br />
Foto von Birgit Gantenberg<br />
24<br />
Gemeinsam <strong>für</strong> die Kunst<br />
Freunde sind wichtig. Freunde unterstützen,<br />
motivieren und begleiten. Für unsere Freunde<br />
besitzt Kunst einen hohen Stellenwert. In der<br />
Vergangenheit haben Balthasar-Neumann-<br />
Chor und -Ensemble mit Hilfe von Freunden<br />
und Förderern viele Ideen in die Tat umsetzen<br />
können. Dank der großzügigen finanziellen<br />
Zuwendung konnten zahlreiche musikalische<br />
Entdeckungsreisen angetreten werden.<br />
Möchten auch Sie die Arbeit des Balthasar-<br />
Neumann-Chores und -Ensembles fördern?<br />
Jede Zuwendung hilft. Und da Freundschaft<br />
<strong>für</strong> uns kein materieller Monolog ist, freuen<br />
wir uns, Ihnen auf unsere Weise Vieles geben<br />
zu können.<br />
Weitere Informationen zum Freundeskreis von<br />
Balthasar-Neumann-Chor und -Ensemble<br />
erhalten Sie bei:<br />
Balthasar-Neumann-Chor und -Ensemble e.V.<br />
Frau Katharina Götz<br />
Wallstraße 12<br />
79098 Freiburg<br />
info@kulturprojekte.com<br />
www.kulturprojekte.com
JOHANN SEBASTIAN BACH<br />
WEINEN, KLAGEN,<br />
SORGEN, ZAGEN<br />
BWV 12<br />
LEIPZIGER FASSUNG<br />
Partitur<br />
Edition Balthasar Neumann 27<br />
EBN 28<br />
Johann Sebastian Bach<br />
(1685 –1750)<br />
Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen<br />
BWV 12<br />
Leipziger Fassung<br />
Praktische Ausgabe vorgelegt<br />
von Thomas Krümpelmann und<br />
Wolfgang Berthold<br />
Besetzung:<br />
Soli ATB, Chor SATB<br />
Tr, Ob, Vl I/II, Va I/II, B.c.<br />
Partitur 10,– €<br />
Stimmen 3,– €<br />
Werkkatalog und Bestellung:<br />
www.kulturprojekte.com/edition<br />
Edition Balthasar Neumann<br />
Die von Thomas Hengelbrock herausgegebene<br />
Reihe „Edition Balthasar Neumann“ (EBN)<br />
macht Ergebnisse einer ursprünglich <strong>für</strong> die<br />
Konzertpraxis geleisteten Arbeit auch anderen<br />
Ensembles und interessiertem Publikum<br />
zugänglich.<br />
Johann Sebastian Bachs Kantate „Weinen,<br />
Klagen, Sorgen, Zagen“ BWV 12 erklang erstm<strong>als</strong><br />
1714 in der Weimarer Schlosskirche,<br />
kurz nachdem Bach am dortigen Hofe zum<br />
Konzertmeister ernannt worden war. Der<br />
vermutete Textdichter Salomon Franck legte<br />
seiner Dichtung die Abschiedsrede Jesu aus<br />
dem Johannesevangelium zugrunde, die den<br />
Jüngern die Verwandlung von Trauer in Freude<br />
ankündigt. Im Kirchenjahr <strong>für</strong> den dritten<br />
Sonntag nach Ostern bestimmt, ist damit<br />
thematisch ein Wandel der Passionstraurigkeit<br />
hin zur österlichen Freude vorgegeben.<br />
Bach überführte diese Entwicklung in die<br />
Musik, indem er durchgängig musikalischrhetorische,<br />
klangmalerische Mittel zur Verdeutlichung<br />
des theologischen Inhalts verwendete<br />
und damit ohne Zweifel ein Werk schuf,<br />
das sein kompositorisches Können und damit<br />
seine Eignung <strong>für</strong> das neue Amt unter Beweis<br />
stellte.<br />
Jahre später griff Bach auf die Kantate zurück:<br />
In Leipzig bearbeitete er „Weinen, Klagen,<br />
Sorgen, Zagen“ <strong>für</strong> eine Wiederaufführung in<br />
der Thomaskirche 1724. Im Unterschied zur<br />
früheren Fassung erklang die Kantate hier in<br />
g-Moll. In welcher Tonart das Werk zuvor in<br />
Weimar zu hören war, gilt nicht <strong>als</strong> gesichert,<br />
denn die Notation in einer bestimmten Tonart<br />
beweist aufgrund der Unterscheidung von<br />
Chorton (dem Stimmton der Orgel) und<br />
Kammerton zu Bachs Zeit noch nicht, dass<br />
ein Werk dann<br />
auch wirklich in<br />
der notierten Tonart<br />
erklungen war.<br />
Im Rahmen der<br />
„Edition Balthasar<br />
Neumann“ wird<br />
diese späte „Leipziger<br />
Fassung“ der<br />
Kanate nun – im<br />
Unterschied zur<br />
Fassung in der<br />
Bach-Gesamtausgabe<br />
<strong>als</strong> praktische Ausgabe in g-Moll veröffentlicht.<br />
Die Kantate wurde im Oktober von Balthasar-<br />
Neumann-Chor und -Ensemble unter Thomas<br />
Hengelbrock im Rahmen einer Tournee aufgeführt<br />
und erscheint 2009 zusammen mit<br />
geistlichen Werken von Antonio Lotti und Jan<br />
Dismas Zelenka auf CD.<br />
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01. 12. 2008, Paris, Opéra Bastille Mozart: Zauberflöte<br />
04., 07., 10., 13., Regie: La Fura dels Baus<br />
18., 20. und Shawn Mathey, Russell Braun, Maria Virginia<br />
23. 12. 2008 Savastano, Kristinn Sigmundsson, Maria<br />
Bengtsson, Erika Miklosa, José Van Dam u. a.<br />
Orchestre de l’Opéra national de Paris<br />
Leitung: Thomas Hengelbrock<br />
11. 01. 2009 Frankfurt, Alte Oper Haydn und Dvořák<br />
12. 01. 2009 Frankfurt, Alte Oper Haydn: Sinfonie Nr. 53 L’imperiale<br />
Haydn: Scena di Berenice<br />
Dvořák: 8. Sinfonie<br />
Jennifer Larmore, Mezzosopran<br />
Frankfurter Museumsorchester<br />
Leitung: Thomas Hengelbrock<br />
15. 01. 2009 Essen, Philharmonie Mozart und Schumann<br />
16. 01. 2009 Essen, Philharmonie Mozart: Sinfonie Nr. 25 g-Moll KV 183<br />
Mozart-Arien<br />
Schumann: Sinfonie Nr. 4 d-Moll op. 120<br />
Camilla Tilling, Sopran<br />
Essener Philharmoniker<br />
Leitung: Thomas Hengelbrock<br />
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22. 01. 2009 München, Herkulessaal Bach – Martin – Mozart<br />
23. 01. 2009 München, Herkulessaal Martin: Polyptyque<br />
Bach: Choräle<br />
Mozart: Requiem<br />
Chor und Symphonieorchester<br />
des Bayerischen Rundfunks<br />
Leitung: Thomas Hengelbrock
28. 02. 2009, Paris, Opéra Palais Garnier Mozart: Idomeneo<br />
03., 05., 08., 11., Regie: Luc Bondy<br />
14., 17., 20. und Paul Groves, Joyce DiDonato,<br />
22. 03. 2009 Camilla Tilling, Mireille Delunsch,<br />
David Kuebler, Xavier Mas u. a.<br />
Orchestre et Choeurs de l’Opéra national<br />
de Paris<br />
Leitung: Thomas Hengelbrock<br />
09. 03. 2009 Lissabon, Grande Auditório Rossini – Donizetti – Verdi<br />
Haydn: Sinfonie Nr. 104, D-Dur<br />
Rossini: Ouvertüren<br />
Donizetti, Verdi, Puccini: Arien<br />
Mojca Erdmann, Sopran<br />
Chamber Orchestra of Europe<br />
Leitung: Thomas Hengelbrock<br />
15. 03. 2009 Lyon, Oper Mozart<br />
Mozarts letzte drei Sinfonien<br />
Orchestre de l’Opéra de Lyon<br />
Leitung: Thomas Hengelbrock<br />
17. 04. 2009 Hamburg, Laeiszhalle Lutosĺawski – Mozart – Dvořák<br />
18. 04. 2009 Lübeck, Musikhalle Lutosĺawski: Novelette for orchestra<br />
Mozart: Klavierkonzert Nr. 18 B-Dur KV 456<br />
Dvořák: 9. Sinfonie<br />
Angela Hewitt, Klavier<br />
NDR Sinfonieorchester<br />
Leitung: Thomas Hengelbrock<br />
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