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Lebenszeiten_2011_04 (PDF) - Hospiz Wuppertal Lebenszeiten eV

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Nr.<br />

32<br />

<strong>Lebenszeiten</strong><br />

Zeitschrift <strong>04</strong> ⁄ <strong>2011</strong><br />

<strong>Hospiz</strong>dienst <strong>Lebenszeiten</strong> e.V.<br />

Thema Mit Bäumen leben


02 LZ <strong>04</strong> ⁄ <strong>2011</strong> An unsere Leserinnen und Leser<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

»Wer möchte leben ohne den Trost der Bäume!« Günter Eich,<br />

von dem diese Gedichtzeile stammt, ist sich der Zustimmung<br />

so sicher, dass er diesen Satz nicht als Frage, sondern als Ausruf<br />

formuliert.<br />

Seit biblischen Zeiten sind Bäume beständige und standhafte<br />

Begleiter der Menschen. Diese orientieren sich an Bäumen, in<br />

der Natur und bei der Reflexion ihres Lebens: »Ich lebe mein<br />

Leben in wachsenden Ringen …« (Rainer Maria Rilke) Der<br />

Stammbaum, die Darstellung der Generationenfolge und Verzweigung<br />

einer Familie, dient der Tradition und der Sinnstiftung.<br />

Der Baum ist ein Sinnbild des Lebens – ist Lebensbaum.<br />

Im Naturschauspiel des Frühlingserwachens spielen Bäume<br />

eine prominente Rolle und demonstrieren kraftvoll den Sieg<br />

des Werdens über das Vergehen. Der Baum ist ein Hoffnungsträger,<br />

in manchen Kulturen gar ein Symbol der Unsterblichkeit.<br />

Bäume können unsere begrenzte menschliche Lebensspanne<br />

um ein Vielfaches überleben. Die ältesten Bäume sind mehrere<br />

hundert, manche über tausend Jahre alt.<br />

Kein Wunder, dass Bäume von Menschen auf der ganzen<br />

Welt verehrt werden, dass ihnen Macht und Magie zugetraut<br />

und Wünsche anvertraut werden. Wunschbäume, an deren<br />

Zweigen persönliche Botschaften angebracht werden, sind in<br />

den Ländern des Fernen Ostens und in Afrika fest in der Tradition<br />

verwurzelt und gewinnen auch bei uns an Bedeutung.<br />

Und viele Menschen möchten auch im Tod nicht den tröstlichen<br />

Beistand der Bäume missen wie der rastlose Wanderer<br />

der »Winterreise«. Der Lindenbaum am »Brunnen vor dem<br />

Tore« ist ihm Sehnsuchtsort bis zuletzt: »Du fändest Ruhe dort!«<br />

(Heinrich Müller) Durch die Bestattungskultur der Friedwälder<br />

lässt sich der Wunsch, im Wurzelsystem eines Baums beigesetzt<br />

zu werden, seit einigen Jahren realisieren.<br />

<strong>2011</strong> ist das »Internationale Jahr der Wälder«, auch dies ein<br />

Beitrag zur Bedeutung von Bäumen für menschliches Leben.


An unsere Leserinnen und Leser LZ <strong>04</strong> ⁄ <strong>2011</strong> 03<br />

Wir wissen: Wälder sind bedroht.<br />

Mythen und Märchen<br />

erzählen: Wälder sind auch<br />

bedrohlich. Gerade in der<br />

deutschen Kulturgeschichte<br />

war der Wald nicht nur Forst,<br />

sondern immer auch Seelenlandschaft.<br />

Bei intensiver Beschäftigung<br />

mit dem Phänomen<br />

Wald werden wir konfrontiert<br />

mit uralten Kinderängsten,<br />

laufen Gefahr, uns im<br />

Unterholz unseres Bewusstseins<br />

zu verstricken. Freistehende<br />

Bäume hingegen er-<br />

Foto: Privat<br />

scheinen uns als Himmelsstürmer, die unseren Blick nach oben<br />

lenken und uns aufrichten.<br />

Im <strong>Hospiz</strong>dienst <strong>Lebenszeiten</strong> herrscht passend zur Jahreszeit<br />

Aufbruchstimmung. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des<br />

im vergangenen Jahr begonnenen Ausbildungskurses werden<br />

bis Ende März für ihren Einsatz als <strong>Hospiz</strong>helferin oder -helfer<br />

befähigt. Nach Abschluss ihrer Ausbildung können sie auch in<br />

den Städtischen Alten- und Pflegeheimen eingesetzt werden.<br />

Damit wird das von langer Hand vorbereitete Projekt realisiert.<br />

Zeitgleich wird ein neuer Kurs vorbereitet.<br />

Die <strong>Hospiz</strong>bewegung will dem Sterben wieder einen angemessenen<br />

Raum im Leben einräumen – Lebensraum. Menschen,<br />

die in der <strong>Hospiz</strong>arbeit tätig sind, Ehrenamtliche wie Hauptamtliche,<br />

beherzigen die Aufforderung des <strong>Wuppertal</strong>er Theologen<br />

und Musikers, Erhard Ufermann, aus seinem Lied »Wie Bäume«:<br />

»Dient mit euren Gaben dieser Welt, wie jeder Baum uns<br />

Lebensraum erhält.«<br />

Ihre<br />

Titelfoto: Renate Roolf<br />

PS: Wir freuen uns über Ihre Post!<br />

redaktion@hospizwuppertal.de


<strong>04</strong> LZ <strong>04</strong> ⁄ <strong>2011</strong> Inhalt<br />

Inhalt<br />

02 An unsere Leserinnen und Leser<br />

06 Im Gespräch mit Katja Ballsieper und Susanne Augustin<br />

vom Johanniter-Stift <strong>Wuppertal</strong>-Vohwinkel, einem der<br />

Kooperationspartner des <strong>Hospiz</strong>diensts <strong>Lebenszeiten</strong><br />

Thema »Mit Bäumen leben«<br />

10 Zweites Leben – Wie Bäume zu Skulpturen werden<br />

Der <strong>Wuppertal</strong>er Bildhauer Hans-Jürgen Hiby arbeitet<br />

vorzugsweise mit dem organischen Werkstoff Holz.<br />

Gedichte zum Thema<br />

Johann Wolfgang von Goethe: Wandrers Nachtlied (Seite 9)<br />

Ina Seidel: Trost (Seite 13)<br />

Die nächste Ausgabe<br />

der Zeitschrift »<strong>Lebenszeiten</strong>«<br />

erscheint im August <strong>2011</strong>.


Inhalt LZ <strong>04</strong> ⁄ <strong>2011</strong> 05<br />

Aus dem Verein<br />

15 Gut eingestimmt Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />

des Befähigungskurses 2010 / <strong>2011</strong> sind vorbereitet auf<br />

ihren Einsatz als ehrenamtliche <strong>Hospiz</strong>helfer.<br />

17 Neuer Befähigungskurs <strong>2011</strong> Im Mai beginnt ein<br />

neuer Befähigungskurs für ehrenamtliche <strong>Hospiz</strong>helfer.<br />

19 Neujahrsempfang <strong>2011</strong><br />

Information über das Vereinsgeschehen, künstlerische<br />

Darbietung und geselliges Beisammensein – das bot wieder<br />

einmal das traditionelle Ereignis zum Jahresbeginn.<br />

Rubriken<br />

21 Internet-Tipp<br />

Ansprechende Website mit thematisch geordneten Buch-<br />

Tipps und wertvollen Informationen zum Titel-Thema<br />

21 Termine Trauercafé <strong>Lebenszeiten</strong><br />

Auf den Weg gegeben<br />

22 Von Ute Nolden-Seemann Die Försterin kann sich<br />

ein Leben ohne Wald nicht vorstellen.


06 LZ <strong>04</strong> ⁄ <strong>2011</strong> Im Gespräch<br />

Katja Ballsieper &<br />

Susanne Augustin<br />

Im Gespräch vor Ort im Johanniter-Stift Vohwinkel<br />

Die Fragen stellte Betty Schmidt / Redaktion • Das Johanniter-Stift<br />

in <strong>Wuppertal</strong> ist einer der Kooperationspartner des <strong>Hospiz</strong>diensts<br />

<strong>Lebenszeiten</strong> (www.johanniter-stift.de). Katja Ballsieper, die jüngste<br />

Heimleiterin in <strong>Wuppertal</strong>, und Susanne Augustin, Leitung des<br />

Sozialen Dienstes, sprechen über Angebote für die Bewohner und<br />

würdigen die Kooperation mit dem <strong>Hospiz</strong>dienst <strong>Lebenszeiten</strong>.<br />

Sie sind Kooperationspartner des <strong>Hospiz</strong>diensts <strong>Lebenszeiten</strong>,<br />

wie gestaltet sich die Zusammenarbeit, und worin liegen Ihrer<br />

Meinung nach die Vorteile dieser Kooperation?<br />

Katja Ballsieper: Die Idee, eine Kooperation mit einem <strong>Hospiz</strong>dienst<br />

einzugehen, kam bald nach Eröffnung des Hauses. Sterbende<br />

Bewohner und auch ihre Angehörigen konnten zusammen<br />

mit den ehrenamtlichen <strong>Hospiz</strong>helfern intensiver<br />

betreut werden. Wir entschieden uns für <strong>Lebenszeiten</strong> e.V. Mit<br />

dem <strong>Hospiz</strong>dienst <strong>Lebenszeiten</strong> hat sich über die Jahre hinweg<br />

eine sehr angenehme, zufriedenstellende Zusammenarbeit<br />

entwickelt. Frau Herzog, eine bei uns tätige ehrenamtliche Kraft,<br />

absolvierte beim <strong>Hospiz</strong>dienst <strong>Lebenszeiten</strong> den Befähigungskurs<br />

und ist seitdem vorwiegend im Demenzwohnbereich als<br />

<strong>Hospiz</strong>helferin eingesetzt.<br />

Susanne Augustin: Den Wunsch einer Sterbebegleitung gibt<br />

bei uns die Info der Bezugspflegekraft. Dann nehme ich Kontakt<br />

mit der Koordinatorin von <strong>Lebenszeiten</strong> auf. Wir freuen uns<br />

sehr, dass zwei weitere Mitarbeiter des Johanniter-Stifts die<br />

Ausbildung zum <strong>Hospiz</strong>helfer machen wollen, so dass wir bald<br />

in diesem Bereich gut aufgestellt sind.


Im Gespräch LZ <strong>04</strong> ⁄ <strong>2011</strong> 07<br />

Ihr Haus ist im November 2005 eröffnet worden und bietet<br />

seitdem als Altenpflegeeinrichtung für Seniorinnen und<br />

Senioren Schutz und ein neues Zuhause, besonders auch für<br />

demente Bewohner. Worin liegt der Schwerpunkt Ihrer Arbeit?<br />

Katja Ballsieper: Unser Haus verfügt über 82 Pflegeplätze, dazu<br />

sind 33 Servicewohnungen angegliedert. Ein fachlicher Schwerpunkt<br />

ist die Demenzwohngemeinschaft, wo die Senioren mit<br />

fortgeschrittener Demenz wie in einer Großfamilie betreut<br />

leben. Dort geben die Mitarbeiter der Pflege und Betreuung<br />

die Tagesstrukturen vor, z.B. wird um 12.30 Uhr gemeinsam<br />

Mittag gegessen. Im übrigen Haus können flexible Essenzeiten<br />

angeboten werden. Auch gibt es für diesen Demenzwohnbereich<br />

spezielle Betreuungsangebote.<br />

Susanne Augustin: Dem Sozialdienst wird bei den Johannitern<br />

eine große Rolle beigemessen. Wir sind als Team insgesamt drei<br />

Kolleginnen, dazu gibt es in jedem Wohnbereich eine Betreuungsassistentin.<br />

Wir erstellen den Angebotsplan, machen Besuche<br />

und Gruppenangebote, z.B. Gymnastik, Kegeln, Ko- ><br />

Foto: Privat


08 LZ <strong>04</strong> ⁄ <strong>2011</strong> Im Gespräch<br />

chen, Backen und bieten ein Gedächtnistraining an. Wenn bei<br />

uns ein neuer Bewohner einzieht, wird er natürlich willkommen<br />

geheißen, das geschieht auch durch den Bewohnerbeirat. Der<br />

neue Gast erhält in seinem Wohnbereich einen festen Ansprechpartner,<br />

der Soziale Dienst klärt Fragen des Bewohners und<br />

seiner Angehörigen. Wir machen mit der Biografiearbeit und<br />

den sonstigen Angeboten des Hauses bekannt. Diese Eingewöhnungsphase<br />

ist in der Regel nach sechs Wochen abgeschlossen.<br />

Um einen besonders gelungenen Einzug ging es bei unseren<br />

regelmäßigen Fallbesprechungen mit den Bezugspflegekräften.<br />

Ein neuer Bewohner erhielt durch seine Familie ein sehr persönliches<br />

neues Zuhause. Im Zimmer hatten sie seine Pokale und<br />

die Ehrenurkunden der alten Firma aufgehängt, sogar ein Plakat<br />

entworfen mit den Autos, die er in seinem Leben gefahren hat.<br />

Dies ist ein gelungenes Beispiel für Biografiearbeit gemeinsam<br />

mit der Familie des Bewohners.<br />

Wenn bei uns ein Bewohner verstorben ist, besteht die Möglichkeit<br />

des Abschiednehmens an einem zentralen Ort. Dort<br />

steht eine Vase mit getrockneten Rosen und auf den Etagen<br />

liegt ein Kondolenzbuch aus. Diese Möglichkeit ist für die<br />

Bewohner wichtig, auch für die Menschen aus dem Stadtteil,<br />

die mit den Verstorbenen verbunden oder bekannt waren.<br />

Beide berichten zum Schluss über das Netzwerk aller wichtiger<br />

Kooperationspartner ihres Hauses: Dreimal im Jahr treffen<br />

wir uns mit dem <strong>Hospiz</strong>dienst <strong>Lebenszeiten</strong>, mit Ärzten, Sanitätshäusern,<br />

Vertretern der Krankenkasse, einem Apotheker<br />

und einem Physiotherapeuten sowie weiteren Kooperationspartnern.<br />

Durch diese Vernetzung kommt ein reger Austausch<br />

zustande. So können wir ausmachen, wohin die Reise gehen<br />

kann.<br />

Frau Augustin, Frau Ballsieper, ich bedanke mich für das Gespräch!<br />


Thema<br />

Leben mit Bäumen<br />

Wandrers Nachtlied<br />

Über allen Gipfeln<br />

Ist Ruh’,<br />

In allen Wipfeln<br />

Spürest du<br />

Kaum einen Hauch;<br />

Die Vögelein schweigen im Walde.<br />

Warte nur! Balde<br />

Ruhest du auch.<br />

Johann Wolfgang von Goethe<br />

(1749–1832)


10 LZ <strong>04</strong> ⁄ <strong>2011</strong> Zweites Leben<br />

Zweites Leben<br />

Wie aus Bäumen Skulpturen entstehen – Ein Besuch<br />

im Atelier von Hans-Jürgen Hiby in Nächstebreck<br />

Von Renate Elamin / Redaktion • Der <strong>Wuppertal</strong>er Bildhauer,<br />

Maler und Kunsterzieher (www.hiby-skulpturen.de), beschäftigt<br />

sich seit längerem künstlerisch mit dem Thema Leben und Tod als<br />

untrennbare Einheit. Zu Bäumen hat er eine enge und kenntnisreiche<br />

Beziehung.<br />

Rötlich, golden, gelblich schimmern die Skulpturen in Hans-<br />

Jürgen Hibys Atelier. Ich denke an Honig. Die Hand gleitet<br />

über weiche, glatte, runde Formen, trifft plötzlich auf Raues,<br />

Körniges, Schrundiges, auf Scharfkantiges – im Kontrast<br />

erschließt sich uns die Welt. Anfassen ist erlaubt, ja erwünscht.<br />

Seine Skulpturen seien, so Hiby, auch eine ideale Kunst für<br />

Blinde.<br />

»Weiches Splint- und hartes Kernholz, ausgefaulte Stellen<br />

und Verwachsungen erzählen die Geschichte eines Baumes mit<br />

seiner unverwechselbaren Struktur und geben erste Anregungen<br />

für die Arbeit«, erklärt der Künstler. Er versteht sich als organischer<br />

Bildhauer, der seine Motive aus der Vielfalt der Formen<br />

in der Natur schöpft und da sei ein organisches Material auch<br />

am besten als Werkstoff geeignet.<br />

Bäume als Sinnbilder<br />

»Kein Bereich der bildenden Kunst ist so sehr vom Werden und<br />

Vergehen geprägt wie die Holzbildhauerei. Ein Baum wird<br />

gepflanzt, wächst heran, wird gefällt oder stirbt aus Altersgründen<br />

ab. Der Holzbildhauer verhilft ihm dann zu neuem Leben.<br />

So kann Kunst zum Sinnbild für Lebensenergie werden«, schreibt<br />

Hans-Jürgen Hiby in der Vorstellung seiner Skulptur »Der letzte<br />

Tanz«, die er Pina Bausch widmete. Bei der Arbeit ließ er sich<br />

von der natürlichen Struktur eines Kirschbaumes mit Dreh-


Zweites Leben LZ <strong>04</strong> ⁄ <strong>2011</strong> 11<br />

wuchs inspirieren. Drehwuchs entstehe zum Beispiel, wenn<br />

sich die Baumkrone im Lauf vieler Jahre bei wechselnden<br />

Lichtverhältnissen immer wieder zur stärksten Lichtquelle hindreht.<br />

»Was empfinden Sie, wenn Sie einen Baum sehen?« Hans-<br />

Jürgen Hiby überlegt kurz: »Zunächst denke ich an Verwurzelung,<br />

an Beständigkeit im Wandel und Treue, wie sie auch in<br />

der antiken Sage von Philemon und Baucis zum Ausdruck<br />

kommt«. Zur Erklärung: Die beiden waren ein greises Ehepaar,<br />

dem der Göttervater Zeus als Dank für gastfreundliche Aufnahme<br />

erlaubte, sich am Ende ihres Lebens in zwei beieinander<br />

stehende Bäume zu verwandeln. Auch das Wort Stamm- ><br />

Foto: Privat


12 LZ <strong>04</strong> ⁄ <strong>2011</strong> Zweites Leben<br />

baum habe viel mit Herkunft und Beständigkeit zu tun. Hans-<br />

Jürgen Hiby hat auch »Stammbäume« gemacht, seine Skulptur<br />

»Stammbuch mit Matrix« kann man im Fußgängerbereich in<br />

Haan sehen.<br />

Werkstoff Holz<br />

Seine ersten Skulpturen hat Hiby aus den Ahornbäumen im<br />

Garten seines Elternhauses am Bruch 8 gefertigt. Dort, in den<br />

Räumen einer aufgelassenen Riemendreherei, die seine Mutter<br />

bis zum Jahr 1983 aktiv betrieben hat, befindet sich auch sein<br />

Atelier.<br />

Zu Beginn des Arbeitsprozesses rückt er einem Stamm zunächst<br />

einmal mit groben Werkzeugen zu Leibe, mit der Kettensäge,<br />

der Axt und dem Holzbeitel. Die verführerische Glätte<br />

der gerundeten Oberflächen erreicht er mit feinstem Polierwerkzeug.<br />

Das Arbeiten in großem Maßstab hat Hans-Jürgen<br />

Hiby während seiner Zeit in der Meisterklasse des Wiener Bildhauers<br />

Fritz Wotruba gelernt. Dort traf er auf ausgezeichnete<br />

Studienbedingungen und konnte aus dem Vollen schöpfen.<br />

Ton für lebensgroße Modelle stand den Studierenden fast<br />

unbegrenzt zur Verfügung. So hat sich seine Vorliebe für große<br />

Formen entwickelt. »Außerdem entspricht die harte körperliche<br />

Arbeit meinem Temperament. Wenn ich nicht Bildhauer<br />

geworden wäre, wäre ich vermutlich Leistungssportler geworden«,<br />

sagt Hans-Jürgen Hiby mit einem Augenzwinkern.<br />

Wie kommt der Künstler an sein Material? Gelegentlich bietet<br />

ein Sägewerk geeignetes Holz an, oder es rufen Baufirmen<br />

oder auch Privatpersonen an, wenn ein Baum gefällt werden<br />

muss, oft ist das Obstbaumholz. »In einem Fall habe ich aus<br />

diesem Holz dann eine Art Denkmal für den gefällten Baum<br />

gemacht«, erzählt Hans-Jürgen Hiby.<br />

Die Arbeit eines Bildhauers ist mit großem Aufwand verbunden.<br />

Allein die Kosten für den Transport mit dem Tieflader,<br />

das Sperren von Straßen für die Anlieferung, die Statik für die<br />

Aufstellung einer tonnenschweren Skulptur, die Sicherung vor<br />

Ort stellen große Anforderungen. Hans-Jürgen Hiby zeigt seine<br />

Arbeiten daher lieber in seinem Atelier. Rund alle zwei Jahre


Trost LZ <strong>04</strong> ⁄ <strong>2011</strong> 13<br />

veranstaltet er Ausstellungen unter dem Titel »Zusammenbruch«<br />

gemeinsam mit dem Maler Kurt Luhn, dessen Atelier sich gleich<br />

nebenan befindet.<br />

Hans-Jürgen Hiby arbeitet nicht nur mit Holz. Für Steinskulpturen<br />

bevorzugt er meist Hartgestein wie Marmor, Granit<br />

oder Diabas, auch Grünstein genannt. Doch Holz, der wohl<br />

älteste Werkstoff des Menschen, spreche das Wärmeempfinden<br />

an und bleibe auch in totem Zustand lebendig. »Ohne Holz<br />

wäre meine Arbeit und damit mein Leben als Künstler ärmer!«,<br />

sagt Hans-Jürgen Hiby. •<br />

Foto: Renate Elamin<br />

Trost<br />

Unsterblich duften die Linden –<br />

Was bangst du nur?<br />

Du wirst vergehn, und deiner Füße Spur<br />

wird bald kein Auge mehr im Staube finden.<br />

Doch blau und leuchtend wird der Sommer stehn<br />

und wird mit seinem süßen Atemwehn<br />

gelind die arme Menschenbrust entbinden.<br />

Wo kommst du her? Wie lang bist du noch hier?<br />

Was liegt an dir?<br />

Unsterblich duften die Linden –<br />

Ina Seidel (1885–1974)


Aus dem Verein


Gut eingestimmt LZ <strong>04</strong> ⁄ <strong>2011</strong> 15<br />

Gut eingestimmt<br />

<strong>Hospiz</strong>helferinnen und -helfer<br />

des Befähigungskurses 2010 ⁄ <strong>2011</strong><br />

Von Christine Schlegel • Dieser Befähigungskurs wurde gefördert<br />

von der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung für den<br />

Aufbau der hospizlichen Begleitungen in den städtischen Altenheimen<br />

<strong>Wuppertal</strong>s durch den <strong>Hospiz</strong>dienst <strong>Lebenszeiten</strong> e.V. Die<br />

Koordinatorinnen Reinhild Behrendt und Christine Schlegel leiteten<br />

den Kurs.<br />

Am 8. Oktober des vergangenen Jahres startete der <strong>Hospiz</strong>helfer-<br />

Befähigungskurs mit dreizehn Teilnehmerinnen und einem<br />

Teilnehmer. Menschen unterschiedlichen Alters und mit verschiedensten<br />

beruflichen Hintergründen kamen zusammen,<br />

um sich kennenzulernen, miteinander zu arbeiten und Sichtweisen<br />

und Erfahrungen auszutauschen.<br />

Etwas Sinnvolles für Andere tun<br />

Allen gemeinsam ist der Wunsch, etwas Sinnvolles für andere<br />

Menschen zu tun. Jede und jeder Einzelne bringt seine persönliche<br />

Motivation aus seinem Erfahrungsfeld mit, die ihn oder<br />

sie dazu gebracht hat, sich mit dem Thema Sterben und Tod<br />

zu beschäftigen.<br />

Die Fragen nach der Motivation, nach dem Bezug zum<br />

eigenen Erleben, nach den Abschieden im Leben standen im<br />

Mittelpunkt des ersten Wochenendes. Die Teilnehmer waren<br />

sehr schnell vertraut miteinander und konnten sich gut darauf<br />

einlassen, sehr offen von ihren persönlichen Erlebnissen zu<br />

erzählen.<br />

Foto: Christine Schlegel<br />

Curriculum und Kreativität<br />

Das Curriculum des Basiskurses umfasst die Themen Sterben,<br />

Verlusterfahrungen, kulturelle Unterschiede, Kommunikation,<br />

das Leben in einer Altenpflegeeinrichtung und<br />

Demenz. Darüber hinaus wurden viele praktische Übun- >


16 LZ <strong>04</strong> ⁄ <strong>2011</strong> Gut eingestimmt<br />

gen zum Teil in Kleingruppen angeleitet, um das eigene Wahrnehmen<br />

und Erspüren von Nähe und Distanz zu erproben. Es<br />

wurde gemalt, gesungen, Filmmaterial angeschaut und immer<br />

wieder die eigene Wahrnehmung getestet und geschult.<br />

Die Wochenenden waren für alle Beteiligten anstrengend,<br />

aber auch Gewinn bringend, besonders die lebhaften, kontroversen<br />

Diskussionen, die den Blick weiteten. Uns auf die anderen<br />

Menschen einzulassen, trotzdem aber die eigenen Grenzen<br />

nicht zu überschreiten, ist ein wichtiges Übungsfeld für die<br />

hospizliche Begleitung. Als willkommene Abwechslung galt das<br />

Mittagessen am Samstag. Eine Gruppe hatte schnell ein »Stammlokal«<br />

am Ölberg gefunden, andere ließen sich die Suppenabwechslung<br />

im Lutherstift schmecken. Dort wurden wir sehr<br />

nett bewirtet und während des Tages mit Getränken, Obst und<br />

Keksen versorgt.<br />

Der WDR und andere Gäste<br />

Für eine kleine Turbulenz sorgten die Aufnahmen des WDR<br />

für die Ausstrahlung in der Lokalzeit <strong>Wuppertal</strong> an einem<br />

Freitagabend. Aber auch das Gewusel des Filmteams haben<br />

Foto: Christine Schlegel


Neuer Befähigungskurs <strong>2011</strong> LZ <strong>04</strong> ⁄ <strong>2011</strong> 17<br />

Teilnehmer und Kursleiterin mit Geduld und einer Portion<br />

Gelassenheit gemeistert. Eine kleine Begleiterin namens »Lillith«<br />

kam regelmäßig zum Tagesabschluss. Lillith ist eine Katze und<br />

begleitete die Gruppe auf ganz besondere Weise … (Hubert<br />

Böke: Lillith und die Sternenstraße, Eschbach Verlag)<br />

Bereit zum Einsatz<br />

Mittlerweile sind die Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer<br />

seit Ende November in den ersten Praktikumseinsätzen. Der<br />

seit Januar <strong>2011</strong> laufende Aufbaukurs mit interessanten Beiträgen<br />

zu fachbezogenen Themen wie Palliativmedizin, Psychoonkologie,<br />

Validation nach Naomi Feil, Patientenverfügung, Bestattung<br />

etc. endet im März <strong>2011</strong>. Bereits ab April <strong>2011</strong> können<br />

die ersten Einsätze für diese sehr engagierten, hoch motivierten<br />

<strong>Hospiz</strong>helferinnen und -helfer beginnen.<br />

•<br />

Ehrenamtliche <strong>Hospiz</strong>helferin<br />

⁄ ehrenamtlicher<br />

<strong>Hospiz</strong>helfer werden<br />

Sterbebegleitung bedeutet Lebenshilfe – Hilfe für alles, was<br />

zur Bewältigung von Leben und Tod in dieser letzten Zeit<br />

notwendig ist. Es gilt diese besondere Lebenssituation ganz<br />

individuell zu gestalten, unterschiedlichste Wünsche und<br />

Bedürfnisse zu erfüllen oder zu berücksichtigen.<br />

Der ambulante <strong>Hospiz</strong>dienst <strong>Lebenszeiten</strong> e.V. hat es sich seit<br />

1995 zur Aufgabe gemacht, mit ehrenamtlichen <strong>Hospiz</strong>helferinnen<br />

und -helfern schwerkranke, sterbende Menschen und<br />

deren Angehörige einfühlsam zu unterstützen. Wir begleiten<br />

Menschen in ihrem Zuhause, im Krankenhaus oder in einer<br />

Pflegeeinrichtung.


Um den Ehrenamtlichen hierfür das nötige Rüstzeug zu geben,<br />

führen wir ab Mai <strong>2011</strong> erneut ein Seminar zur Befähigung für<br />

diese anspruchsvolle Tätigkeit durch.<br />

Kursbeginn: Freitag, 20.05.<strong>2011</strong><br />

Ort:<br />

Seniorenzentrum Lutherstift<br />

Schusterstr. 15, <strong>Wuppertal</strong><br />

Inhalte des Seminars sind unter anderem:<br />

• der eigene Umgang mit Sterben, Tod, Verlust und Trauer<br />

• Kommunikation und Gesprächsführung<br />

• psychosoziale, medizinische, pflegerische, und rechtliche<br />

Aspekte im Umfeld Sterbender und Trauernder<br />

Während der Ausbildung wird ein Praktikum in einer Einrichtung<br />

der Alten- und Krankenhilfe empfohlen.<br />

Grundkurs: 20.05. bis 02.07. <strong>2011</strong><br />

Aufbaukurs: 07.09. bis 15.10.<strong>2011</strong><br />

Die Ausbildung findet an mehreren Samstagen ganztägig sowie<br />

freitags bzw. mittwochs abends statt. Die genauen Termine teilt<br />

Ihnen die Geschäftsstelle gerne mit.<br />

Informationen und Anmeldung in der Geschäftsstelle:<br />

<strong>Hospiz</strong>dienst <strong>Lebenszeiten</strong> e.V.<br />

Schusterstraße 1<br />

42105 <strong>Wuppertal</strong><br />

Tel. 0202 ⁄ 4 59 88 19<br />

Mail: info@hospizwuppertal.de<br />

HOSPIZ<br />

DIENST<br />

WUPPERTAL<br />

LEBENSZEITEN e.V.


Neujahrsempfang <strong>2011</strong> LZ <strong>04</strong> ⁄ <strong>2011</strong> 19<br />

Neujahrsempfang <strong>2011</strong><br />

Von Edgar Bach / Vorstand • Das gesellige Ereignis mit literarischmusikalischem<br />

Programm war auch ein Forum für Rückblick und<br />

Ausblick auf das Vereinsgeschehen.<br />

Am 30. Januar, einem strahlend schönen Wintertag, fanden<br />

sich etwa fünfzig Gäste – Mitglieder, ehrenamtliche <strong>Hospiz</strong>helferinnen<br />

und -helfer sowie Vorstand – zum inzwischen traditionellen<br />

Neujahrsempfang des <strong>Hospiz</strong>diensts <strong>Lebenszeiten</strong> im Lutherstift<br />

ein.<br />

Erika Bräuer, stellvertretende Vorsitzende, begrüßte die<br />

Anwesenden mit vielen guten Wünschen zum Neuen Jahr und<br />

stellte ihre Ausführungen unter das Motto »Neues im alten und<br />

im neuen Jahr«. Joachim Schau wurde 2010 zum neuen Ersten<br />

Vorsitzenden gewählt. Im Sommer 2010 stellte der <strong>Hospiz</strong>dienst<br />

Reinhild Behrendt als zweite Koordinatorin ein mit der Schwerpunktaufgabe,<br />

die <strong>Hospiz</strong>arbeit in den städtischen Altenpflegeheimen<br />

mit dem Zieljahr <strong>2011</strong> vorzubereiten, zu realisieren<br />

und zu begleiten. Besonders für dieses Projekt beginnt noch<br />

im Frühjahr dieses Jahres ein neuer <strong>Hospiz</strong>helferkurs.<br />

Um die öffentliche Wahrnehmung zu verbessern, beabsichtigt<br />

<strong>Lebenszeiten</strong> im Lauf dieses Jahres die Neugestaltung der Internetpräsenz<br />

und den Einstieg in internetbasierte Informationsund<br />

Kommunikationsstrukturen. Gesucht werden auch ><br />

Foto: Renate Elamin


20 LZ <strong>04</strong> ⁄ <strong>2011</strong> Neujahrsempfang <strong>2011</strong><br />

zentraler liegende und barrierefreie Räume für die Geschäftsstelle,<br />

damit unser <strong>Hospiz</strong>dienst für Menschen, die im direkten<br />

Kontakt Information, Rat und Beratung suchen, besser zugänglich<br />

wird. Erika Bräuer wies hier aber auch auf die Kostenfrage<br />

hin.<br />

Zum Schluss dankte sie den beiden Koordinatorinnen und<br />

den Ehrenamtlichen für ihr Engagement sowie den Mitgliedern,<br />

die die <strong>Hospiz</strong>arbeit mit ihrer Beteiligung und ihrem finanziellen<br />

Beitrag erst ermöglichen. Sie bilden gleichsam das Fundament<br />

von <strong>Lebenszeiten</strong>. Es fehlte auch nicht der Hinweis auf die sehr<br />

erfreuliche Zusammenarbeit im Vorstand und zwischen Vorstand<br />

und Koordinatorinnen.<br />

Reinhild Behrendt stellte dann sich und ihr Aufgabenfeld<br />

vor und äußerte sich zuversichtlich, die konkrete Zusammenarbeit<br />

mit den Städtischen Alten- und Pflegeheimen bald beginnen<br />

zu können.<br />

Christine Schlegel blickte zurück auf ihr erstes Jahr als Koordinatorin<br />

und befand, sie sei inzwischen innerlich bei <strong>Lebenszeiten</strong><br />

»angekommen und zu Hause«. Sie wies auf das im Jahr<br />

2010 eingerichtete Trauercafé hin. Eindrucksvoll waren die<br />

vielen Informationen zu der Vernetzung und Kooperation von<br />

<strong>Lebenszeiten</strong> mit Kliniken und anderen relevanten sozialen<br />

Einrichtungen. Die Themen Migrantenarbeit und Demenz<br />

werden im <strong>Hospiz</strong>dienst neue Akzente setzen.<br />

Im Mittelpunkt der anschließenden literarisch-musikalischen<br />

Collage, die Dorothee und Ulrich Maiwald mit Mario Radisic<br />

präsentierten, standen Texte aus Antoine de Saint Exupérys<br />

Buch »Nachtflug« (erschienen 1931). Zwischen den einfühlsam<br />

gelesenen Abschnitten, die in das Reich von Nacht und Traum,<br />

Bewusstem und Unbewusstem, Zeit und Unendlichkeit entführten,<br />

waren kongeniale Gedichte u.a. von Eichendorff, Goethe<br />

und Mörike eingeschoben, in denen die Verse Bilder von großer<br />

Weite schaffen. Mario Radisic begleitete die Lesung gekonnt<br />

mit schöner Gitarrenmusik. Mit herzlichem Applaus bedankten<br />

sich die aufmerksamen Zuhörer beim Künstlertrio. Bei Getränken,<br />

einem kleinen Imbiss und Kuchen klang der lohnende<br />

Vormittag mit vielen Gesprächen und persönlichen Begegnungen<br />

aus.<br />


Rubriken<br />

Foto: Renate Roolf<br />

Internet-Tipp<br />

www.wunschbaum.de: Die einzige Kritik, die man an dieser<br />

vorzüglichen Website üben kann, ist, dass ihr Name ihr<br />

Potenzial nicht erahnen lässt. Denn hier erfahren Sie nicht<br />

nur etwas über Wunschbäume, sondern finden Informationen<br />

zur Kulturgeschichte des Baumes, können Gedichte<br />

nachlesen und erhalten zahlreiche kommentierte Buch-<br />

Tipps. Schauen Sie selbst! sz<br />

Termine<br />

der <strong>Hospiz</strong>bewegung in <strong>Wuppertal</strong>: Trauercafé <strong>Lebenszeiten</strong><br />

/ Jeden 1. Montag im Monat 17–18.30 Uhr / Ort:<br />

Städtisches Altenzentrum <strong>Wuppertal</strong>er Hof, Winklerstraße<br />

5, <strong>Wuppertal</strong> Barmen; Veranstalter: <strong>Hospiz</strong>dienst <strong>Lebenszeiten</strong><br />

e.V. Das kostenfreie Angebot kann von Trauernden<br />

ganz spontan und unangemeldet wahrgenommen werden.


22 LZ <strong>04</strong> ⁄ <strong>2011</strong> Auf den Weg gegeben<br />

Auf den Weg gegeben<br />

Von Ute Nolden-Seemann<br />

Die Försterin des Landesbetriebes Wald und Holz NRW leitet das<br />

Waldpädagogische Zentrum (WPZ) Burgholz und ist zuständig<br />

für die fremdländischen Baumarten im Arboretum Burgholz in<br />

<strong>Wuppertal</strong>-Cronenberg.<br />

Vor nicht ganz einer Woche<br />

stand ich in Ephesus, einem Ort,<br />

der mir aus der Bibel bekannt<br />

war. Der Apostel Paulus gründete<br />

dort auf seiner dritten Missionsreise<br />

die erste Christengemeinde<br />

dieser Region. Die<br />

Historie des Ortes, umgeben von<br />

Hügeln, an deren Hängen Schafe<br />

und Ziegen weiden, hat mich<br />

sehr beeindruckt. Trotzdem hat<br />

mir etwas gefehlt.<br />

Was ich unbewusst in dieser<br />

durchaus grünen Landschaft,<br />

geprägt von Oliven- und Feigenbaumplantagen,<br />

vermisst hatte,<br />

wurde mir nach meiner Rückkehr<br />

beim ersten Spaziergang<br />

durch den heimischen Buchenwald<br />

klar. So gerne ich sowohl<br />

Oliven als auch Feigen esse, bilden<br />

sie keine Landschaft, in der<br />

ich mich auf Dauer heimisch<br />

fühlen würde. Offensichtlich<br />

benötige ich für mein Wohlbefinden<br />

auch eine bestimmte Art<br />

von Wald. Am liebsten den Buchenwald,<br />

der, wenn man ihn<br />

alt genug werden lässt, schon<br />

einmal an eine grüne Kathedrale<br />

erinnern kann.<br />

Durch meinen Beruf habe ich<br />

sehr verschiedene Zugänge zum<br />

Wald. Der Teil, den man nicht<br />

messen, wiegen oder verkaufen<br />

kann, hat dabei einen besonderen<br />

Stellenwert. Der Wald mit<br />

seinem eigenen Duft, seinen<br />

speziellen Geräuschen, seinem<br />

Spiel mit Licht und Schatten<br />

strahlt auf mich eine Ruhe aus,<br />

in der ich mich gut aufgehoben<br />

fühle.<br />

Gerade alte Buchen vermitteln<br />

eine ungeheure Kraft und<br />

Würde. Wenn sie im bewirtschafteten<br />

Wald mehr als 160<br />

Jahre stehen, haben sie vom<br />

ersten Lebensjahr an den Kampf<br />

um Standraum und Licht geführt,<br />

den Verbiss von Rehwild<br />

überstanden und mindestens<br />

sieben Generationen an Forstleuten,<br />

die über ihr Wohl und<br />

Wehe entschieden haben. Die<br />

Buche spendet nicht nur Schat-


Auf den Weg gegeben LZ <strong>04</strong> ⁄ <strong>2011</strong> 23<br />

Foto: Renate Elamin<br />

ten, sie kann selbst auch lange<br />

und ausdauernd im Schatten<br />

verharren, um im geeigneten<br />

Moment ihre Reserven auszuspielen<br />

und das Versäumte<br />

nachzuholen.<br />

Sie sind Staubfilter, Wasserspeicher,<br />

Humusbildner, Klimaregler,<br />

Lebensraum für zahlreiche<br />

Tier- und Pflanzenarten und<br />

produzieren den lebenswichtigen<br />

Sauerstoff.<br />

Aus Selbstschutz verlieren<br />

sie jeden Herbst die Blätter und<br />

beginnen im Frühjahr wieder<br />

mit dem Laubaustrieb ihr<br />

Wachstum – ein jährlicher<br />

Lebenskreislauf. An unwegsamer<br />

Stelle durch den Wind<br />

gefällt, verbleiben einzelne<br />

Stämme im Wald. Pilze, Bakterien<br />

und andere Kleinstorganismen<br />

zersetzen den Holzkörper<br />

und bereiten den Nährboden für<br />

die nächste Baumgeneration.<br />

Die Übergänge zwischen Tod<br />

und Leben sind im Wald fließend.<br />

Es gibt keine starren Grenzen,<br />

und es geht nichts verloren.<br />

Neben all den Phänomenen, die<br />

sich wissenschaftlich analysieren<br />

und beschreiben lassen,<br />

bleibt im Wald immer Raum für<br />

Geheimnisvolles so wie in der<br />

Religion oder der Philosophie.<br />

Ich persönlich mag ohne Wald<br />

nicht sein. •


HOSPIZ<br />

DIENST<br />

WUPPERTAL<br />

LEBENSZEITEN e.V.<br />

Unser Angebot:<br />

Sprechen Sie uns an,<br />

• Begleitung schwerkranker<br />

und sterbender Menschen<br />

sowie ihrer Angehörigen<br />

• Individuelle Beratung<br />

in Krisensituationen<br />

• Informationen u.a. zu<br />

Möglichkeiten der Schmerztherapie,<br />

Palliativpflege und<br />

Patientenverfügung<br />

• Trauerbegleitung<br />

für Einzelne<br />

• Befähigungskurse<br />

für Ehrenamtliche<br />

wenn Sie<br />

• unsere Hilfe brauchen,<br />

• mehr über den <strong>Hospiz</strong>dienst<br />

erfahren möchten,<br />

• sich für eine Mitarbeit<br />

bei uns interessieren,<br />

• uns ideell oder materiell<br />

unterstützen wollen.<br />

Bürozeiten: montags bis freitags von 9 bis 12 Uhr<br />

Schusterstraße 1 • 42105 <strong>Wuppertal</strong><br />

Tel.: 02 02 ⁄ 4 59 88 19 • Fax: 02 02 ⁄ 7 58 55 45<br />

E-Mail: info@hospizwuppertal.de<br />

Internet: www.hospizwuppertal.de<br />

Impressum<br />

»<strong>Lebenszeiten</strong>« wird herausgegeben vom <strong>Hospiz</strong>dienst <strong>Wuppertal</strong><br />

<strong>Lebenszeiten</strong> e.V. • Redaktion (redaktion@hospizwuppertal.de):<br />

Renate Elamin, Betty Schmidt, Saskia Zierold • Schlussredaktion:<br />

Juliane Dinn • Verantwortl.: Saskia Zierold • Gestaltung: Anni Roolf<br />

Druck: Börje Halm • Auflage: 4000 Stück

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