Tennis-Lehrplan Band 2.pdf - WTV
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TENNIS-LEHRPLAN<br />
Deutscher /S^<br />
<strong>Tennis</strong> Bund ISP BAND 2
TENNIS-LEHRPLÄIi<br />
Deutscher<br />
BAND 2<br />
<strong>Tennis</strong> Bund<br />
Unterricht & Training
Bibliografische Information<br />
Der Deutschen Bibliothek<br />
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet<br />
diese Publikation in der Deutschen<br />
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische<br />
Daten sind im Internet<br />
über http://dnb.ddb.de abrufbar<br />
Bearbeitet von<br />
Rüdiger Bornemann<br />
Hartmut Gabler<br />
Gerhard Gläsbrenner<br />
Jock Reetz<br />
Richard Schönborn<br />
Peter Scholl<br />
Karl Weber<br />
Bildnachweis<br />
Archiv Deutsche <strong>Tennis</strong> Zeitung: S. 213<br />
Baader: S. 9, 92, 95, 102, 182, 197 re., 216<br />
Collmann: S. 64<br />
Exler: S. 2/3, 21, 22 (2x), 41, 49, 52, 53 (2x), 108, 111, 122, 123 (2x), 125, 127, 128,<br />
129, 130, 151, 160/161, 191, 192, 197 li., 198, 200, 208, 220, 247, 249<br />
Jakobs: S. 172 (3x), 173 (2x), 174, 175 (3x), 176 (3x), 177 (3x), 178 (3x), 179 (3x),<br />
180 (8x)<br />
Reetz: S. 12, 31, 56, 57, 68, 69, 74, 75, 115<br />
Weber: S. 232<br />
Zeichnungen: Jörg Mair<br />
Umschlagfoto: Thomas Exler<br />
Umschlaggestaltung: Werbeagentur Sander & Krause<br />
Layout: Bücherwerkstatt A. v. Ertzdorff<br />
BLV Verlagsgesellschaft mbH<br />
München Wien Zürich<br />
80797 München<br />
8., durchgesehene Auflage<br />
© BLV Verlagsgesellschaft mbH, München 2004<br />
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist<br />
urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung<br />
außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes<br />
ist ohne Zustimmung des Verlages<br />
unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere<br />
für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen<br />
und die Einspeicherung und Verarbeitung<br />
in elektronischen Systemen.<br />
Druck und Bindung: Stalling GmbH, Oldenburg<br />
Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier<br />
Printed in Germany • ISBN 3-405-16833-3
Vorwort<br />
Der Deutsche <strong>Tennis</strong> Bund (DTB)<br />
umfaßt zur Zeit ca. 2,3 Millionen<br />
Mitglieder. Von diesen Mitgliedern<br />
betreiben fast alle ihren Sport aktiv<br />
und mit Begeisterung, denn der<br />
<strong>Tennis</strong>sport ist eine faszinierende<br />
Sportart. Doch für viele ist er zugleich<br />
auch unerwartet schwierig.<br />
Auf allen Leistungsebenen - von<br />
der einfachen Übungsstunde über<br />
die Clubmeisterschaften und Verbandsspiele<br />
bis hin zum Spitzentennis<br />
- besteht deshalb ein<br />
großes Interesse daran, diese<br />
schwierige Sportart zu verbessern,<br />
um noch erfolgreicher spielen zu<br />
können und dadurch mehr Freude<br />
am <strong>Tennis</strong> zu haben. Der Deutsche<br />
<strong>Tennis</strong> Bund hat daher seine Lehrarbeit<br />
in den letzten Jahren stark<br />
intensiviert und auf eine breite<br />
Basis gestellt. In diesem Rahmen<br />
ist auch diese Ausgabe des auf den<br />
neuesten Erkenntnissen beruhenden<br />
<strong>Tennis</strong>-<strong>Lehrplan</strong>s »Unterricht<br />
& Training« zu sehen. Er ergänzt<br />
den <strong>Tennis</strong>-<strong>Lehrplan</strong> <strong>Band</strong> 1<br />
»Technik & Taktik«. Diese beiden<br />
Bände sollen jedoch nicht nur die<br />
Grundlage für die Lehrarbeit der<br />
C-, B- und A-Trainer darstellen,<br />
sondern auch allen Interessierten -<br />
vom Anfänger über den Fortgeschrittenen<br />
bis zum Turnierspieler-,<br />
helfen, mehr vom <strong>Tennis</strong> zu verstehen<br />
und ihr Spiel zu verbessern.<br />
Der <strong>Lehrplan</strong> wurde von Autoren<br />
erstellt, die nicht nur den Ausschuß<br />
für Lehrarbeit und den<br />
Ausschuß für Sportwissenschaft<br />
des Deutschen <strong>Tennis</strong> Bundes vertreten,<br />
sondern auch in der <strong>Tennis</strong>lehrer-<br />
und Trainer-A-Ausbildung<br />
mitwirken und somit Praxis<br />
und Theorie gut miteinander<br />
verbinden.<br />
Der erste Teil dieses neu konzipierten<br />
<strong>Band</strong>es, der den Unterricht<br />
thematisiert, beantwortet die<br />
Frage, wie die im <strong>Tennis</strong>-<strong>Lehrplan</strong><br />
<strong>Band</strong> 1 »Technik & Taktik« dargestellte<br />
Technik gelehrt und gelernt<br />
werden kann. Deshalb soll dieser<br />
<strong>Lehrplan</strong> Hilfe und Anregung für<br />
die Unterrichtspraxis, aber auch<br />
für die Ausbildung im Bereich<br />
des Deutschen <strong>Tennis</strong> Bundes<br />
darstellen.<br />
Im Hinblick auf den zweiten Teil<br />
des <strong>Band</strong>es, der das Training thematisiert,<br />
sollten wir uns immer<br />
wieder vergegenwärtigen, daß das<br />
hohe Niveau des deutschen <strong>Tennis</strong>sports<br />
auf der Grundlage einer<br />
jahrelangen soliden Arbeit der<br />
Trainer beruht. Ein zentrales Ziel<br />
des Deutschen <strong>Tennis</strong> Bundes besteht<br />
deshalb darin, die Nachwuchsförderung<br />
so zu intensivieren,<br />
daß die derzeitigen Erfolge bis<br />
zum Jahr 2000 und darüber hinaus<br />
fortgesetzt werden können.<br />
Ich wünsche deshalb gerade auch<br />
diesem Buch eine gute Resonanz,<br />
hoffe, daß es zur Fortsetzung des<br />
derzeitigen hohen Leistungsstandards<br />
beiträgt und danke dem<br />
Verlag sowie insbesondere den<br />
Autoren für das große Engagement,<br />
das sie bei der vorliegenden<br />
völligen Neubearbeitung aufgebracht<br />
haben.<br />
Dr. Claus Stauder<br />
Präsident des<br />
Deutschen <strong>Tennis</strong> Bundes
Inhalt<br />
5 Vorwort<br />
8 Einleitung<br />
10 Merkmale des<br />
<strong>Tennis</strong>spiels als<br />
Grundlage für<br />
Unterricht und<br />
Training<br />
13 Grundlagen des<br />
<strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
Faktoren des<br />
Unterrichtsgeschehens 14<br />
Lernen 16<br />
Lehren 25<br />
Methodische Konzeptionen 27<br />
Unterrichtsmaßnahmen 30<br />
Planung und Durchführung<br />
des <strong>Tennis</strong>unterrichts 41<br />
Lernen und trainieren in<br />
Gruppen 46<br />
50 <strong>Tennis</strong>unterricht<br />
mit verschiedenen<br />
Zielgruppen<br />
Anfängertennis - Kleinfeldtennis -<br />
Kindertennis 50<br />
Allgemeines zum <strong>Tennis</strong>unterricht<br />
mit Anfängern 51<br />
Elementarschule 56<br />
Fortgeschrittene Erwachsene<br />
im Freizeittennis 60<br />
Schultennis 64<br />
<strong>Tennis</strong> mit Behinderten 66<br />
70 Konzept der<br />
trefforientierten<br />
Methode<br />
Das Konzept der funktionalen<br />
Bewegungsanalyse 70<br />
75 Anwendung<br />
der methodischen<br />
Reihen<br />
Grundschlag -<br />
Vorhand und Rückhand 76<br />
Aufschlag 78<br />
Aufschlag mit Drall 79<br />
Schmetterball 80<br />
Schmetterball<br />
aus dem Sprung 82<br />
Flugball -<br />
Vorhand und Rückhand 83<br />
Lob-<br />
Vorhand und Rückhand 84<br />
Topspin -<br />
Vorhand und Rückhand 86<br />
Slice -<br />
Vorhand und Rückhand 87<br />
Stop-<br />
Vorhand und Rückhand 89<br />
Halbflugball -<br />
Vorhand und Rückhand 90<br />
93 Leistungsanforderungen<br />
als Grundlage<br />
des Trainings<br />
Physikalische und biomechanische<br />
Analyse der <strong>Tennis</strong>technik 94<br />
Leistungsphysiologische Aspekte 96<br />
Psychische Anforderungen 97<br />
Analysen von Weltklassespielern<br />
99<br />
103 Leistungsentwicklung<br />
und Leistungsprognose<br />
Talentbestimmung 103<br />
Talentsuche 105<br />
Talentförderung 106<br />
112 Allgemeine<br />
Trainingsgrundlagen<br />
Belastung und Anpassung 112<br />
Belastung und Erholung 114<br />
Überbelastung und Übertraining<br />
115<br />
117 Koordinationstraining<br />
Definition und Systematik 117<br />
Koordinative Fähigkeiten 117<br />
Prinzipien des<br />
Koordinationstrainings 120<br />
Qualitätsmerkmale des<br />
Koordinationstrainings 121
131 Techniktraining<br />
Bedeutung der Technik 131<br />
Technikarten 131<br />
<strong>Tennis</strong>technische<br />
Entwicklung 131<br />
Individuelle<br />
Voraussetzungen 133<br />
Einführung in die<br />
Trainingspraxis 133<br />
Dosierung der Belastung 134<br />
Methodische Hinweise<br />
zum Techniktraining 135<br />
145 Taktiktraining<br />
Taktik erlernen 145<br />
Taktik trainieren 146<br />
Aufschlagtraining 148<br />
Returntraining 149<br />
Grundlinienspiel 149<br />
Netzspiel 150<br />
152 Konditionstraining<br />
Ausdauer 153<br />
Kraft 159<br />
Schnelligkeit 164<br />
Beweglichkeit 170<br />
Heimprogramm 173<br />
181 Psychologische<br />
Grundlagen/<br />
Psychologisch<br />
orientiertes Training<br />
Auffallende<br />
psychologische Phänomene<br />
und Probleme 181<br />
Psychologische<br />
Trainingsformen 182<br />
Psychologisches oder psychologisch<br />
orientiertes Training? 193<br />
Abschließende Bemerkungen 198<br />
201 Trainingsund<br />
Wettkampfplanung<br />
Periodisierung 201<br />
Steuerung des Trainings 203<br />
Trainingseinheit 203<br />
Training mit verschiedenen<br />
Zielgruppen 205<br />
Talentierte Kinder und<br />
Jugendliche 206<br />
Training mit Frauen 211<br />
Training im Senioren-Wettkampftennis<br />
212<br />
214 Wettkampfbetreuung<br />
Einführung 214<br />
Betreuung im Wertkampf 216<br />
Betreuung<br />
nach dem Wettkampf 219<br />
Betreuung bei mehreren<br />
Wettkämpfen an einem Tag 221<br />
Weiterführende Betreuung 221<br />
222 Sportmedizinische<br />
Aspekte<br />
Sportmedizinische<br />
Betreuung 222<br />
Verletzungen im <strong>Tennis</strong> 223<br />
Leistungskontrolle und<br />
Leistungstest 232<br />
<strong>Tennis</strong> unter extremen<br />
Bedingungen 238<br />
Ernährung<br />
des <strong>Tennis</strong>spielers 243<br />
250 Zur pädagogischen<br />
Verantwortung des<br />
Trainers
Einleitung<br />
Der vorliegende <strong>Tennis</strong>-<strong>Lehrplan</strong><br />
<strong>Band</strong> 2 »Unterricht & Training«<br />
stellt eine Überarbeitung und<br />
Zusammenfassung der beiden bisherigen<br />
Bände »Methodik« (1993)<br />
sowie »Training und Wettkampf«<br />
(1993) dar. Er ergänzt den <strong>Lehrplan</strong><br />
<strong>Band</strong> 1 »Technik & Taktik«,<br />
der 1995 neu überarbeitet<br />
erschien.<br />
Hauptziel des ersten Teils dieses<br />
<strong>Band</strong>es, der den Unterricht im<br />
<strong>Tennis</strong> thematisiert, ist, nützliche<br />
Hilfen, Empfehlungen und<br />
Informationen für die Praxis des<br />
<strong>Tennis</strong>unterrichts zu geben. Die<br />
methodischen Aussagen zu den<br />
einzelnen Problemen und Fragen<br />
des Lernens und Lehrens basieren<br />
auf praktischen pädagogischen<br />
und methodischen Erfahrungen<br />
sowie auf sportwissenschaftlichen<br />
Erkenntnissen.<br />
Adressaten sind alle diejenigen,<br />
die sich in irgendeiner Weise direkt<br />
oder indirekt mit dem Lehren und<br />
Lernen von <strong>Tennis</strong> befassen. Das<br />
können <strong>Tennis</strong>lehrer und Trainer in<br />
den Vereinen, Verbänden oder<br />
<strong>Tennis</strong>schulen sein, aber auch<br />
Lehrkräfte und Studenten an<br />
Schulen und Hochschulen sowie<br />
schließlich <strong>Tennis</strong>anfänger oder<br />
Fortgeschrittene, die sich selbst<br />
oder anderen im <strong>Tennis</strong> weiterhelfen<br />
wollen. Nicht zuletzt ist auch<br />
an die Eltern gedacht, die ihren<br />
Kindern beim Erlernen des <strong>Tennis</strong>spiels<br />
konkrete Hilfen geben wollen.<br />
Das <strong>Lehrplan</strong>werk des Deutschen<br />
<strong>Tennis</strong> Bundes ist so konzipiert,<br />
daß die einzelnen Bände einerseits<br />
spezielle Aspekte des <strong>Tennis</strong><br />
behandeln, andererseits aber auch<br />
aufeinander aufbauen und sich<br />
ergänzen. So bildet der <strong>Lehrplan</strong><br />
<strong>Band</strong> 1 »Technik & Taktik« eine<br />
Grundlage für diesen <strong>Band</strong>, in ihm<br />
werden die <strong>Tennis</strong>techniken in<br />
Wort und Bild dargestellt und<br />
begründet. Mit Hilfe des ersten<br />
Teils dieses <strong>Band</strong>es können diese<br />
Techniken nun im <strong>Tennis</strong>unterricht<br />
gelehrt und gelernt werden.<br />
Dieser methodische Teil kann und<br />
will keine Patentrezepte anbieten,<br />
dafür sind die Situationen im <strong>Tennis</strong>unterricht<br />
aufgrund sich ständig<br />
ändernder Bedingungen zu vielfältig<br />
und verschieden. Er skizziert<br />
aber Methoden und Verfahren,<br />
die sich bewährt haben und gibt<br />
praktische Beispiele.<br />
In der Praxis des <strong>Tennis</strong>sports wird<br />
noch vielfach die Auffassung vertreten,<br />
das beste Training zur Vorbereitung<br />
auf Wettkämpfe bestehe<br />
darin, Trainingsspiele durchzuführen<br />
und an möglichst vielen<br />
Wettkämpfen teilzunehmen.<br />
Demgegenüber zeigt die Entwicklung<br />
der Spitzenleistungen im <strong>Tennis</strong><br />
und in anderen Sportarten, die<br />
in starkem Maße auch von der<br />
Entwicklung der Trainingswissenschaft<br />
beeinflußt wird, daß ein<br />
gezieltes und systematisches Training<br />
von Technik und Koordination,<br />
Taktik, Kondition und Psyche,<br />
verbunden mit einer langfristigen<br />
Trainingsplanung, regelmäßiger<br />
sportmedizinischer Betreuung und<br />
einer intensiven Wettkampfbetreuung,<br />
zu einer wesentlichen<br />
Steigerung der allgemeinen und<br />
individuellen Leistungsfähigkeit<br />
führt.<br />
Diese Themen werden im zweiten<br />
Teil dieses <strong>Band</strong>es hauptsächlich<br />
behandelt. Die Auswahl der Themen<br />
und ihr Umfang orientieren<br />
sich vor allem an den praktischen<br />
Erfordernissen und am Stand des<br />
Wissens.<br />
Aus Platzgründen konnte einiges,<br />
was den einen oder anderen sicher<br />
interessiert hätte, nicht aufgenommen<br />
oder erschöpfend behandelt<br />
werden; hier wird auf die Buchreihe<br />
»DTB-Trainerbibliothek« verwiesen.<br />
Lehrpläne dieser Art sind vor allem<br />
durch das Problem gekennzeichnet,<br />
Theorie und Praxis angemessen<br />
zu verbinden. Im folgenden<br />
wird versucht, die theoretischen<br />
Zusammenhänge nur so weit darzustellen,<br />
daß die praktischen Beispiele<br />
begründet werden können<br />
und somit auch eine Basis dafür<br />
gegeben ist, daß jeder Trainer<br />
eigene Übungsformen entwickeln<br />
kann. Die angeführten Beispiele<br />
stellen deshalb keine Rezepte dar,<br />
sie sollen vielmehr als exemplarische<br />
Anregungen aufgefaßt werden,<br />
die in der Praxis des Trainings
mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen<br />
unter besonderer<br />
Berücksichtigung des Leistungsniveaus<br />
und geschlechtsspezifischer<br />
Gesichtspunkte flexibel umgesetzt<br />
werden sollen. Eine weitere<br />
Schwierigkeit eines solchen <strong>Lehrplan</strong>s<br />
besteht auch darin, daß<br />
nicht alle Erkenntnisse der allgemeinen<br />
Trainingslehre ohne weiteres<br />
auf den <strong>Tennis</strong>sport übertragen<br />
werden können. Deshalb wird im<br />
folgenden versucht, so weit wie<br />
möglich von einer spezifischen<br />
Analyse der Struktur der Sportart<br />
<strong>Tennis</strong> auszugehen.<br />
Hauptadressaten des zweiten Teils<br />
dieses <strong>Band</strong>es sind Trainer und<br />
Sportlehrer. Aber auch für jeden<br />
am Training und Wettkampf Interessierten<br />
soll dieser <strong>Band</strong> Informationen<br />
und Anregungen vermitteln.<br />
Die Anregungen sollen auch<br />
so verstanden werden, daß sie kritisch<br />
überprüft und in der Praxis<br />
weiterentwickelt werden können.<br />
Denn nicht nur das Spiel unterliegt<br />
ständigen Veränderungen, das<br />
gleiche gilt auch für die allgemeine<br />
und sportartspezifische Trainingslehre.<br />
Schließlich soll noch darauf hingewiesen<br />
werden, daß dieser <strong>Lehrplan</strong><br />
als Handbuch im Sinne eines<br />
Nachschlagewerkes gedacht ist.<br />
Man kann ihn zu bestimmten<br />
Themenbereichen und Einzelfragen<br />
von Unterricht und Training<br />
gezielt zu Rate ziehen, ohne ihn<br />
von vorne bis hinten studieren zu<br />
müssen.<br />
Rüdiger Bornemann<br />
Hartmut Gabler<br />
Gerhard Glasbrenner<br />
Jock Reetz<br />
Richard Schönborn<br />
Peter Scholl<br />
Karl Weber<br />
9
Merkmale des <strong>Tennis</strong>spiels<br />
als Grundlage für Unterricht<br />
und Training<br />
Gruppierung von<br />
Sportarten<br />
nach Leistungsanforderungen<br />
Die einzelnen Sportarten unterscheiden<br />
sich u.a. durch die unterschiedliche<br />
Ausprägung der leistungsbeeinflussenden<br />
Faktoren.<br />
Betrachtet man die Sportarten<br />
unter diesem Aspekt, lassen sie<br />
sich in Gruppen zusammenfassen.<br />
So kann man z. B. fünf Gruppen<br />
voneinander unterscheiden:<br />
• Kampfsportarten (z.B. Boxen,<br />
Ringen)<br />
• Kraft- und Schnellkraftsportarten<br />
(z.B. Gewichtheben,<br />
Sprünge, Sprint)<br />
• Ausdauersportarten (z. B.<br />
Langstreckenlauf, Rudern)<br />
• Kompositorische Sportarten<br />
(z.B. Geräteturnen, Eiskunstlaufen)<br />
• Sportspiele (z.B. Fußball,<br />
<strong>Tennis</strong>)<br />
D. h., in jeder dieser Gruppen sind<br />
bestimmte Faktoren (z. B. Ausdauer<br />
oder Schnelligkeit) in besonderem<br />
Maße notwendig, um hohe<br />
Leistungen erzielen zu können.<br />
Trotzdem gibt es innerhalb jeder<br />
Gruppe noch viele Besonderheiten,<br />
wie unterschiedliche Ausprägungen<br />
einzelner Faktoren und<br />
deren Zusammenhänge untereinander.<br />
Um internationales Spitzenniveau<br />
zu erreichen, benötigt ein Spieler<br />
ca. 8 bis 10 Jahre. Ist dieses Niveau<br />
erreicht, was nur wenigen<br />
gelingen kann, dauert es noch ca.<br />
2 bis 4 Jahre, bis der Spieler seine<br />
individuelle Höchstleistung erreicht.<br />
Diese relativ lange Zeitspanne<br />
(ca. 10 bis 14 Jahre) macht<br />
deutlich, daß die Entwicklung der<br />
leistungsbestimmenden Faktoren<br />
im <strong>Tennis</strong> insgesamt viel Zeit in<br />
Anspruch nimmt.<br />
Bedenkt man, daß im <strong>Tennis</strong> eine<br />
Vielzahl von leistungsbestimmenden<br />
Faktoren von Bedeutung ist,<br />
was später im einzelnen noch ausgeführt<br />
wird, dann wird deutlich,<br />
wie schwierig diese Sportart auch<br />
auf niedrigeren Leistungsstufen ist.<br />
Spezifische<br />
Kennzeichen<br />
des <strong>Tennis</strong>spiels<br />
Ball und Schläger<br />
Beim <strong>Tennis</strong> muß man nicht nur<br />
ein, sondern zwei Objekte beherrschen<br />
- den Ball und den Schläger.<br />
Dabei muß über das eine (Schläger)<br />
das zweite Objekt (Ball) gesteuert<br />
werden. Hinzu kommen<br />
spezifische Besonderheiten wie<br />
enorme Ballgeschwindigkeiten (bis<br />
über 200 km/h) und Schlägergeschwindigkeiten<br />
(bis 150 km/h)<br />
sowie das Schlägergewicht.<br />
Rückschlagspiel<br />
Die Besonderheit dieses Rückschlagspiels<br />
besteht darin, daß die<br />
Spielpartner/Gegner durch ein<br />
Netz voneinander getrennt sind<br />
und daß es dadurch zu keinem<br />
Körperkontakt kommen kann, wie<br />
dies z.B. bei Mannschaftssportspielen<br />
der Fall ist. Wie auch bei<br />
anderen Schläger-Rückschlagspielen<br />
ist beim <strong>Tennis</strong> im Vergleich zu<br />
Mannschaftsspielen wie Fußball<br />
o.a. (auch Volleyball) ein wesentlicher<br />
Unterschied darin zu sehen,<br />
daß der Ball jeweils hin- und hergespielt<br />
wird.<br />
Unterschiedliche Zählweise<br />
und Regeln<br />
Die traditionelle Zählweise des<br />
<strong>Tennis</strong>sports findet man in keiner<br />
anderen Sportart wieder. Die Besonderheit<br />
der Zählweise und der<br />
Regeln besteht vor allem darin,<br />
daß jedes Spiel in jedem Satz von<br />
neuem beginnt und daß deshalb<br />
ein Spieler auch bei sehr hoher<br />
Führung im Satz oder Match seines<br />
Sieges noch keineswegs sicher<br />
sein kann.<br />
10
Merkmale des <strong>Tennis</strong>spiels<br />
Keine Zeitbegrenzung eines<br />
Matches<br />
Die meisten Sportarten haben eine<br />
festgelegte oder zumindest eine<br />
ziemlich genau absehbare Zeitabgrenzung.<br />
Ein <strong>Tennis</strong>match kann<br />
beim Spiel über zwei Gewinnsätze<br />
zwischen ca. 30 Minuten und 3 1 / 2<br />
Stunden dauern; ein Match über<br />
fünf Sätze überschreitet u. U. die 5<br />
Stunden. Schon diese unterschiedliche<br />
Matchdauer fordert von den<br />
Spielern eine Reihe von Eigenarten,<br />
die bei anderen Sportarten<br />
gar nicht oder nur begrenzt in dieser<br />
Qualität und in diesem Umfang<br />
auftreten.<br />
Intervallartige Belastung<br />
Die Ballwechsel erstrecken sich<br />
über 20 bis 25% der Spieldauer<br />
(auf Sand). Der Rest des Matches<br />
besteht aus Pausen.<br />
Turniercharakter und<br />
ganzjährige Saison<br />
Das Wettkampftennis besteht aus<br />
Turnieren und aus Mannschaftswettkämpfen.<br />
Die Turniere werden in der Regel<br />
in Form von Ausscheidungswettbewerben<br />
(K.-o.-System) gespielt.<br />
Der Spieler muß hierbei im allgemeinen<br />
pro Tag mindestens ein<br />
Match absolvieren. Die internationalen<br />
Turniere dauern meistens<br />
eine Woche, die »Grand-Slam-<br />
Turniere« sogar zwei Wochen. Es<br />
gibt aber auch dreitägige Veranstaltungen<br />
(Freitag bis Sonntag),<br />
bei denen ein Spieler sogar mehrere<br />
Spiele am Tag spielen muß.<br />
Bei fast allen Turnieren kommen<br />
noch Doppelkonkurrenzen hinzu.<br />
Das hat besondere Anforderungen<br />
an die Spieler zur Folge. Oft werden<br />
ganze Turnierserien gespielt,<br />
bei denen für die einzelnen Veranstaltungen<br />
sogar von Kontinent zu<br />
Kontinent gewechselt wird oder<br />
bei denen sich Turniere im Freien<br />
und in der Halle abwechseln.<br />
Die zunehmende Professionalisierung<br />
des Turniertennis und die<br />
damit verbundene Abhängigkeit<br />
der Spieler von Ranglistenergebnissen<br />
führt zu einer nahezu<br />
ganzjährigen Spielsaison für die<br />
Besten.<br />
Spiel- und Wettkampftätigkeit<br />
auf verschiedenen Alters- und<br />
Leistungsstufen<br />
Im Gegensatz zu den meisten<br />
anderen Sportarten kann man organisiertes<br />
Wettkampftennis in<br />
nahezu jedem Alter und auf jeder<br />
Leistungsebene ausüben. Viele<br />
ehemalige Spitzensportler aus anderen<br />
Sportarten steigen nach der<br />
Beendigung ihrer Karriere auf <strong>Tennis</strong><br />
um und versuchen sogar bis ins<br />
hohe Alter, <strong>Tennis</strong> wettkampfmäßigzu<br />
spielen. In kaum einer<br />
anderen Sportart gibt es so viele<br />
aktive Sportler jeden Alters wie im<br />
<strong>Tennis</strong>.<br />
Der <strong>Tennis</strong>sport<br />
aus breitensportlicher<br />
Perspektive<br />
Der <strong>Tennis</strong>sport ist in erster Linie<br />
Breitensport. <strong>Tennis</strong> kann man mit<br />
Freunden, Bekannten, Familienangehörigen,<br />
mit Jungen, mit Älteren,<br />
zu zweit, zu viert und beim<br />
Unterricht in der Gruppe spielen.<br />
<strong>Tennis</strong> kommt vielfältigen Motiven<br />
entgegen, z.B. dem<br />
• Geselligkeits- und Kommunikationsbedürfnis,<br />
• Leistungsmotiv,<br />
• Bedürfnis nach sozialer Anerkennung,<br />
• Gesundheits- und Fitneßmotiv,<br />
• Bedürfnis nach Spannung und<br />
Entspannung,<br />
• Bedürfnis nach sportlichem<br />
Ausgleich,<br />
• Wunsch nach Selbsterfahrung.<br />
<strong>Tennis</strong> kann im Freien und in der<br />
Halle als Ganzjahressport gespielt<br />
werden - und dies ein Leben lang.<br />
<strong>Tennis</strong> ist in diesem Sinne eine<br />
sog. Lifetime-Sportart: Dies hängt<br />
auch damit zusammen, daß der<br />
persönliche Aufwand im Spiel<br />
leicht dosierbar ist. <strong>Tennis</strong> kann<br />
man mit geringer Anstrengung<br />
spielen, man kann es mit einem<br />
weit schwächeren Partner aufrechterhalten,<br />
und man kann das<br />
Spiel zeitlich stark verkürzen. Man<br />
kann sich aber auch mit totalem<br />
Engagement in einem Hitzematch<br />
gegen einen etwa gleich starken<br />
Gegner völlig verausgaben.<br />
Schließlich bietet der <strong>Tennis</strong>sport<br />
auch deshalb günstige Bedingungen,<br />
weil er einen geringen Organisationsgrad<br />
aufweist. Im Vergleich<br />
zu manch anderen Sportarten<br />
kann man dem <strong>Tennis</strong>sport als<br />
Hobbysport terminlich relativ flexibel<br />
nachgehen, zumal nur ein<br />
Spielpartner notwendig ist.<br />
Diese Merkmale des <strong>Tennis</strong>spiels -<br />
seine spezifischen Leistungsanforderungen,<br />
seine strukturimmanenten<br />
Kennzeichen (Ball und Schläger,<br />
Rückschlagspiel, Regeln u.a.)<br />
und seine breitensportlichen<br />
Merkmale - beeinflussen im übergeordneten<br />
Sinne den Unterricht<br />
und das Training im <strong>Tennis</strong>.<br />
11
Grundlagen des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
12
Grundlagen<br />
des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
<strong>Tennis</strong>unterricht ist (wie jeder Unterricht)<br />
eine Veranstaltung geplanten<br />
und organisierten Lernens,<br />
die mit pädagogischen Zielen verbunden<br />
ist.<br />
Die Pädagogik befaßt sich mit der<br />
Frage, wie vor allem die Entwicklung<br />
heranwachsender Menschen<br />
(Kinder und Jugendliche) durch Erziehung<br />
sinnvoll beeinflußt werden<br />
kann. In zunehmendem Maße<br />
befaßt sie sich aber auch mit der<br />
Lebensgestaltung erwachsener, älterer<br />
und behinderter Menschen.<br />
Die Sportpädagogik ist ein Teilgebiet<br />
dieser allgemeinen Erziehungswissenschaft<br />
und ein Teilgebiet<br />
der Sportwissenschaft. Sie<br />
bemüht sich um die Zusammenhänge<br />
von Sport und Erziehung.<br />
Auf den <strong>Tennis</strong>unterricht bezogen,<br />
liefert sie zum einen die theoretische<br />
und möglichst wissenschaftlich<br />
abgesicherte Grundlage für<br />
die Praxis des Unterrichts und gibt<br />
zum anderen dem Unterrichtenden<br />
(also dem Lehrer) Hilfen<br />
dafür, sein Unterrichtsverhalten<br />
pädagogisch verantworten zu<br />
können. Die pädagogische Verantwortung<br />
des Lehrers besteht<br />
darin, daß er all seine unterrichtlichen<br />
Maßnahmen vorwiegend an<br />
der Entwicklung seines Schülers<br />
ausrichtet, und nicht etwa, wie<br />
man es im <strong>Tennis</strong> leider immer<br />
wieder erlebt, z. B. am Ehrgeiz von<br />
Funktionären und Eltern. Pädagogische<br />
Verantwortung zu tragen<br />
heißt auch, sich um die Gesamtentwicklung<br />
des Schülers zu sorgen<br />
und nicht nur den Erfolg im<br />
<strong>Tennis</strong> im Auge zu haben. Dieses<br />
Problem stellt sich für den Trainer<br />
besonders, wenn es z.B. um die<br />
Entscheidung geht, ob sein Schüler<br />
frühzeitig die Schullaufbahn<br />
zugunsten einer Profitenniskarriere<br />
aufgeben soll.<br />
Einleitend wurde schon gesagt,<br />
daß der <strong>Tennis</strong>unterricht eine Veranstaltung<br />
geplanten und organisierten<br />
Lernens ist, die mit pädagogischen<br />
Zielen verbunden ist.<br />
Von diesem Ansatz lassen sich drei<br />
Merkmale ableiten, die den<br />
<strong>Tennis</strong>unterricht kennzeichnen:<br />
• Lernziele und Inhalte des<br />
Unterrichts (Didaktik)<br />
• Bedingungen des Unterrichts<br />
• Planen, Organisieren und<br />
Durchführen des Unterrichts<br />
(Methodik)<br />
Die Didaktik befaßt sich vor allem<br />
mit den Zielen und Inhalten des<br />
Unterrichts. Lernziele sind technische,<br />
taktische, konditionelle und<br />
psychische Fertigkeiten, aber auch<br />
Kenntnisse über Regeln und Strukturen<br />
des <strong>Tennis</strong>sports sowie soziale<br />
Kompetenzen wie z.B. Fairneß<br />
und Kameradschaftlichkeit.<br />
Die Inhalte des Unterrichts bestehen<br />
dementsprechend aus Übungen<br />
im Technik-, Taktik-, Konditionsbereich<br />
usw. Es können aber<br />
auch Gespräche sein, um bestimmte<br />
Einstellungen des Schülers<br />
kennenzulernen und zu entwickeln.<br />
Im Zentrum der Inhalte<br />
des Unterrichts steht die <strong>Tennis</strong>technik<br />
(Schlagtechniken, Beinarbeit)<br />
mit ihren verschiedenen<br />
Lösungsmöglichkeiten für taktische<br />
Aufgaben - unabhängig davon,<br />
in welchem Rahmen der <strong>Tennis</strong>unterricht<br />
(ob im Verein, in der<br />
Schule oder in einer kommerziellen<br />
Einrichtung) stattfindet. Denn<br />
das oberste didaktische Ziel ist<br />
stets, die Spielfähigkeit zu erreichen<br />
und zu verbessern, sowohl<br />
im Sinne des Miteinander- als<br />
auch des Gegeneinanderspielens.<br />
Es ist deshalb wichtig, daß der<br />
Lehrer die <strong>Tennis</strong>technik gemäß<br />
ihrer Struktur angemessen vermittelt,<br />
d.h. beispielsweise besonderen<br />
Wert auf das richtige Treffen<br />
des Balles (im Zusammenhang mit<br />
Beinarbeit, Ausholen, Gewichtsverlagerung<br />
und Ausschwung)<br />
legt.<br />
Die Bewegungslehre als wichtiges<br />
Teilgebiet der Sportwissenschaft<br />
liefert hierzu die Grundlage (siehe<br />
<strong>Tennis</strong>-<strong>Lehrplan</strong> <strong>Band</strong> 1, Technik &<br />
Taktik). Je mehr die Ziele im <strong>Tennis</strong>unterricht<br />
nicht nur am Erlernen<br />
des <strong>Tennis</strong>spiels, sondern auch an<br />
Leistungssteigerungen ausgerichtet<br />
werden, desto mehr ergeben<br />
sich Überschneidungen mit dem<br />
Bereich der Trainingslehre, die<br />
hierfür die Grundlage liefert.<br />
In jedem Unterricht muß berücksichtigt<br />
werden, welche Bedingun-<br />
13
Grundlagen des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
gen dem Unterricht zugrunde<br />
liegen. So macht es einen Unterschied,<br />
ob der Unterricht unter<br />
schlechten oder unter günstigen<br />
institutionellen (räumlichen, personellen<br />
und finanziellen) Bedingungen<br />
stattfindet. Unterschiede ergeben<br />
sich z. B. auch beim Vergleich<br />
des Unterrichts in einem<br />
Verein oder in einer kommerziellen<br />
<strong>Tennis</strong>anlage bzw. im Rahmen<br />
eines <strong>Tennis</strong>kurses im Urlaub. Aktuelle<br />
Unterrichtsbedingungen ergeben<br />
sich durch die Person des<br />
Schülers und des Lehrers sowie<br />
durch die Beziehungen zwischen<br />
Lehrer und Schüler bzw. Schüler<br />
und Schüler: Wie sind die Schüler<br />
motiviert? Wie lernfähig sind sie?<br />
Ist die Gruppe homogen? Welchen<br />
Führungsstil bevorzugt der<br />
Lehrer? Wie können die Lerneffekte<br />
kontrolliert werden? Mit solchen<br />
und anderen Fragen befaßt<br />
sich die Sportpsychologie.<br />
Die Methodik des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
stellt nun die Lehre von den<br />
Vermittlungs- und Aneignungsverfahren<br />
(Methoden) dar, das »Wie«<br />
der Gestaltung der unterrichtlichen<br />
Lehr- und Lernprozesse.<br />
Während die allgemeine Methodik<br />
das behandelt, was für alle Sportarten<br />
gültig ist, z.B. das Prinzip<br />
»vom Leichten zum Schweren«,<br />
versucht die spezielle Methodik,<br />
die Erkenntnisse der allgemeinen<br />
Methodik auf einzelne Sportarten,<br />
in diesem Fall auf das <strong>Tennis</strong>spiel,<br />
zu übertragen.<br />
Nach den bisherigen Ausführungen<br />
wird deutlich, daß sich die<br />
Methodik des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
vor allem auf die Sportpädagogik,<br />
Bewegungslehre, Sportdidaktik,<br />
Trainingslehre und Sportpsychologie<br />
stützt. Sie befaßt sich also mit<br />
der Frage, wie einzelne konkrete<br />
Lernschritte schnell erreichbar<br />
sind, wie übergreifende Fähigkeiten<br />
langfristig zu entwickeln sind,<br />
wie Unterrichtsstunden aufgebaut<br />
werden können, wie der Unterricht<br />
zu organisieren und der Ablauf<br />
zu optimieren ist und wie die<br />
Lernkontrolle durchgeführt werden<br />
kann. Als Grundlage des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
werden behandelt:<br />
• Faktoren des Unterrichtsgeschehens<br />
(im Sinne eines<br />
Überblicks)<br />
• Lernen (des Schülers)<br />
• Lehren (durch den Unterrichtenden)<br />
• Unterschiede von Einzel- und<br />
Gruppenunterricht<br />
• Methodische Konzeptionen (als<br />
grundlegende Konzepte des<br />
methodischen Vorgehens)<br />
• Einzelne Unterrichtsmaßnahmen<br />
(wie z.B. Korrigieren, Vormachen,<br />
Zuspielen)<br />
• Planung und Durchführung des<br />
<strong>Tennis</strong>unterrichts (auf der<br />
Grundlage der vorangegangenen<br />
Punkte)<br />
Faktoren des<br />
Unterrichtsgeschehens<br />
Nach diesen einführenden begrifflichen<br />
Erläuterungen läßt sich der<br />
<strong>Tennis</strong>unterricht als ein Geschehen<br />
auffassen, in dem der Lehrer auf<br />
der Grundlage didaktischer Zielvorstellungen<br />
versucht, dem<br />
Schüler (den Schülern) bestimmte<br />
Inhalte mit entsprechenden Methoden<br />
zu vermitteln, wobei der<br />
Schüler im Zentrum der pädagogischen<br />
Bemühungen des Lehrers<br />
steht. Anders formuliert: Der Unterricht<br />
ist auch als ein interaktives<br />
Geschehen zwischen Lehrer und<br />
Schüler(n) zu verstehen, in dem<br />
sich beide mit den weiteren Faktoren<br />
des Unterrichtsgeschehens,<br />
den Zielen, Inhalten und Methoden<br />
auseinandersetzen, wobei sich<br />
alle diese Faktoren gegenseitig bedingen.<br />
Die Faktoren können zur<br />
Verdeutlichung noch weiter differenziert<br />
werden. Zu den einzelnen<br />
wesentlichen Faktoren werden im<br />
folgenden verschiedene Bedingungen<br />
und Eigenschaften aufgeführt.<br />
Der (die) Schüler<br />
• Allgemein-sportliche Voraussetzungen<br />
• <strong>Tennis</strong>spezifisches Können<br />
• Lernbereitschaft<br />
• Lernfähigkeit<br />
• Interessen<br />
Jeweils in Abhängigkeit vom Entwicklungsstand<br />
Die Ziele<br />
• Fertigkeiten wie Aufschlag,<br />
Vorhand, Lob erwerben und<br />
verbessern<br />
• Taktische Kenntnisse und Verhaltensregeln<br />
erwerben und<br />
verbessern<br />
• Fähigkeiten wie Kraft, Schnelligkeit,<br />
Ausdauer verbessern<br />
• Wissen z. B. über Regeln, Wettspielordnung<br />
aneignen<br />
• Einstellungen, Motivationen<br />
entwickeln<br />
• Wettkämpfe auf bestimmtem<br />
Niveau spielen können u.a.<br />
Inhalt/Stoff<br />
Übungs-, Spiel- und Trainingsformen<br />
• Technischer Aspekt<br />
• Taktischer Aspekt<br />
• Konditioneller Aspekt<br />
• Psychologischer Aspekt<br />
Lehrer<br />
• Äußere Erscheinung<br />
• Auftreten<br />
• Pädagogisches Geschick<br />
• <strong>Tennis</strong>spezifisches Wissen und<br />
Können<br />
• Motivations- und Begeisterungsfähigkeit<br />
14
Faktoren des Unterrichtsgeschehens<br />
Abb. 1 Erleichterte Aufschlagbewegung:<br />
Hochnehmen des Schlägers vor<br />
dem Körper (links), Schlagen nach vorne<br />
oben (rechts)<br />
Der konkrete Ablauf des Unterrichts<br />
hängt von all diesen Bedingungen<br />
ab, also vom Schüler, den<br />
Zielen, den Inhalten und dem Lehrer.<br />
Daß sich diese Bedingungen<br />
gegenseitig beeinflussen, soll an<br />
zwei Beispielen deutlich gemacht<br />
werden:<br />
Beispiel 1: Ein erwachsener Anfänger<br />
möchte gerne das <strong>Tennis</strong>spiel<br />
so schnell und gut erlernen, daß er<br />
mit seinen Bekannten spielen<br />
kann. Zunächst paßt der Lehrer<br />
die Lernziele den Interessen und<br />
Lernvoraussetzungen des Schülers<br />
an. Dann wird der Stoff so strukturiert,<br />
daß er den Lernzielen angemessen<br />
ist. Beim Aufschlag z.B.<br />
könnte das Lernziel vor allem auf<br />
Sicherheit ausgerichtet werden.<br />
Dies führt dazu, daß Hauptaktion<br />
und Hilfsaktionen des Aufschlages<br />
(vgl. <strong>Tennis</strong>-<strong>Lehrplan</strong> <strong>Band</strong> 1) wesentlich<br />
vereinfacht werden, indem<br />
der Schüler den Schläger mit<br />
dem Vorhandgriff faßt, ihn vor<br />
dem Körper aufwärts führt und<br />
ihn schließlich kontrolliert gegen<br />
den Ball beschleunigt (Abb. 1).<br />
Diese Technik ist schnell zu erlernen<br />
und bietet eine relativ große<br />
Sicherheit. Sie ermöglicht allerdings<br />
kaum schnelle und mit Drall<br />
geschlagene Bälle, was im Wettkampf<br />
auf mittlerer und höherer<br />
Leistungsstufe jedoch erforderlich<br />
wäre, und ist deshalb keine allgemein<br />
(sondern nur ganz speziell)<br />
zu empfehlende Technik.<br />
An der Strukturierung dieses Stoffes<br />
richtet sich der Lehrer auch<br />
aus, wenn er seine Methoden der<br />
Stoffvermittlung wählt. So entscheidet<br />
er sich in diesem Falle<br />
z. B. für die Ganzheitsmethode<br />
und bevorzugt die methodischen<br />
Maßnahmen des Anweisens, Erklärens<br />
und Korrigierens.<br />
Beispiel 2: Ein 9jähriger talentierter<br />
Junge möchte das <strong>Tennis</strong>spiel so<br />
gut erlernen, daß er gegebenenfalls<br />
einmal ein guter Turnierspieler<br />
werden kann. Somit ergeben sich<br />
spezifische Ziele, die vor allem an<br />
den Strukturen des Wettkampftennis<br />
orientiert sind. Der Lehrer<br />
berücksichtigt in besonderem<br />
Maße den körperlichen und psychischen<br />
Entwicklungsstand seines<br />
Schülers, um ihn angemessen zu<br />
fordern (allerdings auch nicht zu<br />
überfordern). Er strukturiert den<br />
Stoff so, daß ihn der Schüler (Jahre<br />
später) optimal im Wettkampf einsetzen<br />
kann, d.h., daß er beispielsweise<br />
einen Aufschlag lehrt,<br />
bei dem der Schläger mit Rückhandgriff<br />
in der Hauptaktion steil<br />
aufwärts-vorwärts bis zum Treffpunkt<br />
des Balles optimal beschleunigt<br />
wird (Abb. 2). Dies ermöglicht<br />
schnelle und mit Drall geschlagene<br />
Bälle. Dazu sind allerdings bestimmte<br />
Hilfsaktionen zweckmäßig,<br />
wie Schwingen des Schlägers<br />
in einen tiefen Punkt der<br />
Schleife hinter dem Rücken, Bo-<br />
Abb. 2 Optimale Aufschlagbewegung:<br />
Beschleunigen des Schlägers aus einer<br />
tiefen Schleife (links) steil aufwärts-vorwärts<br />
zum Treffpunkt in größtmöglicher<br />
Reichhöhe (rechts)<br />
genspannung u.a. Eine solche<br />
Technik ist schwerer zu erlernen<br />
und bedarf ausgeprägter motorischer<br />
Grundeigenschaften. Der<br />
Lehrer wird also diesen Stoff im<br />
Sinne einer langfristigen Planung<br />
vermitteln und dementsprechend<br />
Übungsreihen anbieten, Bewegungsaufgaben<br />
stellen usw. Die<br />
Ziele und Voraussetzungen des<br />
Schülers sowie die gewählten Methoden<br />
der Stoffvermittlung wirken<br />
sich schließlich wiederum auf<br />
seinen Unterrichtsstil aus.<br />
An diesen beiden Beispielen zeigt<br />
sich also, daß für den konkreten<br />
Unterricht keine Patentrezepte gegeben<br />
werden können. Vielmehr<br />
muß der Lehrer die verschiedenen<br />
Faktoren in ihrer prinzipiellen Wirkung<br />
kennen und auf die konkrete<br />
Unterrichtssituation anwenden.<br />
An dieser Stelle muß deshalb auch<br />
darauf hingewiesen werden, daß<br />
sich die im <strong>Lehrplan</strong> <strong>Band</strong> 1 behandelten<br />
Techniken nur auf allgemeine<br />
Grundsituationen beziehen.<br />
Individuelle Bedingungen und spe-<br />
15
Grundlagen des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
•^v-'^fl«a<br />
zielle Zielsetzungen konnten nur<br />
vereinzelt berücksichtigt werden,<br />
denn die Vielfalt der möglichen<br />
Techniken, die sich ergeben, wenn<br />
man Ziele, Situationen und individuelle<br />
Bedingungen stark variiert,<br />
hätte nicht in übersichtlicher Form<br />
dargestellt werden können.<br />
Da der Ablauf des Unterrichts<br />
von den verschiedenen Faktoren<br />
des Unterrichtsgeschehens<br />
(Schüler, Lehrer, Ziele u.a.) abhängt,<br />
werden diese Faktoren im<br />
nächsten Kapitel im einzelnen<br />
behandelt. Zunächst wird auf das<br />
Lernen der Schüler und auf ihre<br />
individuellen Lernvoraussetzungen<br />
eingegangen. Dann folgt eine Beschreibung<br />
allgemeiner Anforderungen<br />
an den <strong>Tennis</strong>lehrer.<br />
Der nächste Abschnitt ist je nach<br />
den Unterrichtszielen den unterschiedlichen<br />
methodischen Konzeptionen<br />
(spielorientierte oder<br />
technikorientierte Konzeption,<br />
Ganzheits- oder Teilmethode, deduktives<br />
oder induktives Vorgehen)<br />
gewidmet. Dann folgt eine<br />
Beschreibung der konkreten Unterrichtsmaßnahmen,<br />
wie z.B.<br />
Vormachen, Zuspielen, Korrigieren<br />
.und Organisieren. Zum Abschluß<br />
dieser Grundlagen werden<br />
Gesichtspunkte der Planung<br />
und Durchführung des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
beschrieben. Dieser<br />
Abschnitt beginnt mit der Gegenüberstellung<br />
der Vor- und Nachteile<br />
des Einzel- bzw. Gruppenunterrichts.<br />
Lernen<br />
Ein <strong>Tennis</strong>lehrer, der mit einer<br />
Gruppe von Kindern, Jugendlichen<br />
oder Erwachsenen einen <strong>Tennis</strong>kurs<br />
durchführt, wird nach einiger<br />
Zeit Änderungen im Verhalten seiner<br />
Schüler erkennen können. Eine<br />
ursprünglich nicht gekonnte Bewegung<br />
(z.B. ein Topspinschlag<br />
mit Vorhand), ein angemessenes<br />
taktisches Verhalten (z.B. Angriffsschlag<br />
mit der Rückhand) oder<br />
aber das Verlieren-Können werden<br />
sichtbar. Man sagt in diesem Falle<br />
dann: Die Schüler haben etwas<br />
gelernt.<br />
Lernen stellt ein zentrales Ziel des<br />
Unterrichts dar. Dabei ist zunächst<br />
zu klären, was unter Lernen verstanden<br />
wird und welche Formen<br />
des Lernens sich unterscheiden<br />
lassen. Anschließend wird versucht,<br />
den Vorgang des Lernens<br />
zu erklären und Phasen des Lemvorgangs<br />
zu beschreiben. Im letzten<br />
Teil dieses Kapitels werden individuelle<br />
Voraussetzungen des<br />
Lernens behandelt.<br />
Was heißt Lernen?<br />
Unter Lernen versteht man einen<br />
Vorgang, der aufgrund der Aufnahme<br />
und Verarbeitung von Informationen<br />
zu relativ dauerhaften<br />
Veränderungen des Verhaltens,<br />
der Einstellungen, der Gewohnheiten<br />
und des Könnens<br />
führt.<br />
Kurzfristige Verhaltensänderungen,<br />
die durch Ermüdung, Verletzung,<br />
Alkoholkonsum, Drogeneinwirkung<br />
oder Motivationsschwankungen<br />
zustande kommen, werden<br />
nicht als Lernen bezeichnet.<br />
Lernen ist ebenfalls zu unterscheiden<br />
von Verhaltensänderungen,<br />
die durch Vorgänge wie Reifen,<br />
Wachsen und Altern bedingt sind.<br />
Während es sich bei Reifungs-,<br />
Wachstums- oder Alterungsprozessen<br />
vorwiegend um endogen<br />
(von innen) gesteuerte Vorgänge<br />
handelt, werden Verhaltensänderungen<br />
im Rahmen von Lernvorgängen<br />
primär durch äußere Informationen<br />
bzw. durch Erfahrungen<br />
hervorgerufen.<br />
Was ist der Unterschied<br />
zwischen Lernen<br />
und Trainieren?<br />
Den Unterschied von Lernen und<br />
Trainieren kann man sich wie folgt<br />
klarmachen:<br />
Lernen bezieht sich vor allem auf<br />
den (Neu-)Erwerb von Kenntnissen,<br />
Einstellungen, motorischen<br />
Fähigkeiten oder taktischen<br />
Grundmustern.<br />
Training bezieht sich auf die planmäßige<br />
und systematische Erhaltung,<br />
Förderung oder Wiederherstellung<br />
der sportlichen Leistungsfähigkeit.<br />
Technik lernen<br />
Einen Vorhand-Topspin zu erlernen<br />
bedeutet z. B., die Grundform<br />
dieser Technik neu zu lernen und<br />
anzuwenden. Anwenden heißt,<br />
mit dieser neuen Technik eine taktische<br />
Aufgabe (z. B. den Ball so zu<br />
schlagen, daß er schnell und hoch<br />
vom Boden abspringt) lösen zu<br />
können und sie im »Spiel miteinander«<br />
einzusetzen.<br />
Taktik lernen<br />
Analog zu den einzelnen Techniken,<br />
die als Grundmuster zur Lösung<br />
von Bewegungsaufgaben zu<br />
betrachten sind, heißt Taktik erlernen,<br />
taktische Grundmuster erlernen<br />
und durchspielen. Taktische<br />
Grundmuster sind typische und erfolgversprechende<br />
Lösungen für<br />
bestimmte Situationen, wie z. B.<br />
ein Angriffsschlag longline mit<br />
Rückhand-Slice und abschließendem<br />
Flugball cross. Voraussetzung<br />
für diesen taktischen Spielzug ist<br />
allerdings, daß die Gelegenheiten<br />
(mögliche Position für den Angriffsschlag<br />
longline und Treffpunkthöhe<br />
für den Flugball cross)<br />
gegeben sind. Der Spieler muß<br />
also die Situation wahrnehmen,<br />
16
Lernen<br />
beurteilen und entscheiden, ob die<br />
Voraussetzungen gegeben sind,<br />
und dann entsprechend handeln.<br />
Beim Erlernen der Taktik (Durchspielen<br />
und Festigen taktischer<br />
Grundmuster) spielt das Gegnerverhalten<br />
noch keine Rolle.<br />
Technik trainieren<br />
Technik trainieren bedeutet nun,<br />
die erlernte Technik unter erschwerten<br />
Bedingungen anzuwenden<br />
und im »Spiel gegeneinander«<br />
einzusetzen. Dies bedeutet<br />
nicht, daß kein Lernen mehr stattfindet;<br />
denn Lernen bedeutet immer<br />
auch Änderung des Verhaltens<br />
im Sinne der Anpassung an<br />
neue Situationen. Allerdings steht<br />
beim Trainieren das Lernen als Ziel<br />
nicht im Vordergrund, vielmehr die<br />
Anwendung der Technik unter erschwerten<br />
Bedingungen.<br />
Techniktraining Vorhand-Topspin<br />
• Auf die Rückhand zugespielte<br />
Bälle werden umlaufen und mit<br />
Vorhand-Topspin in unterschiedliche<br />
Zielfelder (longline,<br />
cross) gespielt.<br />
• Relativ hoch zugespielte Bälle<br />
sollen nach dem Aufsprung<br />
zunächst im abfallenden, dann<br />
im aufsteigenden Ast getroffen<br />
werden.<br />
Bei diesen Formen des Techniktrainings<br />
ist die Situation (Schlagart,<br />
Schlagrichtung etc.) weitgehend<br />
vorgegeben. Obwohl immer eine<br />
taktische Zielsetzung gegeben ist,<br />
konzentrieren sich Spieler und<br />
Trainer hauptsächlich auf die Technik.<br />
Korrekturen beziehen sich auf<br />
die zweckmäßige und »richtige«<br />
Ausführung der Bewegungen.<br />
Taktik trainieren<br />
Taktik trainieren heißt, die erlernten<br />
taktischen Grundmuster unter<br />
erschwerten Bedingungen in<br />
matchähnlichen Situationen anzuwenden.<br />
Das Können und die Position<br />
des Gegners werden in die<br />
Wahmehmungs-, Beurteilungsund<br />
Entscheidungsprozesse mit<br />
einbezogen. Der Spieler kann auch<br />
aus verschiedenen Möglichkeiten<br />
(Richtung, Schlagtechnik etc.) auswählen,<br />
je nachdem, welche Lösung<br />
für die Situation günstig erscheint<br />
und dem Können des Spielers<br />
entspricht. Analog zum »Technik<br />
trainieren« geht es nunmehr<br />
auch hier um das »Spiel gegeneinander«.<br />
Taktiktraining des Angriffsschlages<br />
mit abschließendem Flugball<br />
• Spieler B erhält die Aufgabe, A<br />
so unter Druck zu setzen, daß<br />
er selbst mit einem Rückhandschlag<br />
angreifen kann. Nunmehr<br />
ist er allerdings in seiner<br />
Entscheidung frei, cross oder<br />
longline anzugreifen und den<br />
Flugball cross, longline oder als<br />
Flugballstop zu spielen. Dies<br />
hängt vor allem auch von der<br />
angemessenen Wahrnehmung<br />
und Beurteilung des Verhaltens<br />
des Gegners im Blick auf seine<br />
eigenen Möglichkeiten, also<br />
von der Interaktionssituation,<br />
ab.<br />
Die bisherigen Formen des Erlernens<br />
und Trainierens haben<br />
sich auf den einzelnen Ballwechsel<br />
bezogen. Im <strong>Tennis</strong> erfolgreich<br />
zu sein bedeutet jedoch,<br />
viele Ballwechsel in ein<br />
übergeordnetes taktisches Konzept<br />
und in eine Matchstrategie<br />
einzuordnen. Taktik trainieren<br />
heißt also auch, solche Strategien<br />
im Matchtraining oder in<br />
matchähnlichen Trainingsformen<br />
zu trainieren.<br />
Was heißt Üben?<br />
Von Üben spricht man, wenn bereits<br />
Gelerntes durch wiederholte<br />
Ausführung oder durch Anwendung<br />
unter verschiedenen äußeren<br />
Bedingungen (z.B. Variation<br />
von Höhe und Geschwindigkeit<br />
des ankommenden Balles) stabilisiert<br />
wird. Üben erfolgt sowohl im<br />
Rahmen von Lern- als auch von<br />
Trainingsprozessen; demnach sind<br />
Übungsformen sowohl dem Lernen<br />
als auch dem Trainieren zuzuordnen.<br />
Einerseits sollten die Unterschiede<br />
zwischen Lernen und Trainieren<br />
sowie die gleichzeitige Zuordnung<br />
des Übens zu Lernen und Trainieren<br />
beachtet werden; andererseits<br />
ist aber auch noch einmal darauf<br />
hinzuweisen, daß die Übergänge<br />
zwischen Lernen und Trainieren<br />
fließend sind. Die aufgezeigten<br />
Unterschiede sollen dazu helfen,<br />
in der Praxis von Unterricht und<br />
Training die mit den einzelnen<br />
Übungen verfolgten Ziele deutlich<br />
zu machen, damit die Schüler<br />
auch bewußter lernen können. Da<br />
es in der Praxis z. B. auch zwischen<br />
dem Technik- und dem Taktiktraining<br />
fließende Übergänge gibt,<br />
empfiehlt es sich, den Schülern<br />
klarzumachen, welcher Schwerpunkt<br />
in der Trainingseinheit (eher<br />
Technik oder eher Taktik) angestrebt<br />
wird.<br />
Formen des Lernens<br />
Lernvorgänge im <strong>Tennis</strong> beziehen<br />
sich häufig auf das Erlernen von<br />
Bewegungsfertigkeiten (motorischen<br />
Fertigkeiten), wie z.B. auf<br />
das Erlernen des Aufschlags. Motorische<br />
Lernformen stellen ein<br />
zentrales Ziel des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
dar. Zum Erwerb einer umfassenden<br />
Spielfähigkeit im <strong>Tennis</strong> sind<br />
jedoch neben motorischen Fertigkeiten<br />
weitere Fähigkeiten zu erlernen<br />
(vgl. Tab. 1, S. 18): Das<br />
Entwickeln einer erfolgversprechenden<br />
Taktik ist nur dann möglich,<br />
wenn der Spieler gelernt hat,<br />
17
Grundlagen des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
Allgemein<br />
Motorische<br />
Lernformen<br />
Gehen,<br />
Laufen,<br />
Radfahren<br />
Kognitive<br />
Lernformen<br />
Rechnen,<br />
Lesen<br />
Emotionale<br />
Lernformen<br />
sich beherrschen<br />
Soziale<br />
Lernformen<br />
Toleranz<br />
<strong>Tennis</strong>spezifisch<br />
(bzw. sportartspezifisch)<br />
Schlagtechniken,<br />
Beinarbeit<br />
Regeln, taktisches<br />
Verhalten<br />
Niederlagen<br />
verarbeiten<br />
mit Partner<br />
kooperieren<br />
Fairneß<br />
Tab. 1 Beispiele für Lemformen<br />
wie er sich in bestimmten Spielsituationen<br />
zu verhalten hat, d.h.,<br />
wie er sich zwischen verschiedenen<br />
Spielmöglichkeiten zu entscheiden<br />
hat und welche strategischen<br />
Pläne angemessen sind. Solche<br />
Lernvorgänge beziehen sich<br />
auf Wahmehmungs-, Vorstellungs-,<br />
und Denkleistungen und<br />
werden als kognitive Lernformen<br />
bezeichnet.<br />
Die richtige Taktik führt erst dann<br />
zum Erfolg, wenn der Spieler - neben<br />
den entsprechenden motorischen<br />
Voraussetzungen - über<br />
emotionale/motivationale Fähigkeiten<br />
verfügt. Der Spieler muß<br />
z.B. lernen, sich beharrlich anzustrengen,<br />
sich bei Ärger zu beherrschen<br />
und gegenüber äußeren<br />
Einflüssen stabil zu sein.<br />
Solche Formen des Lernens werden<br />
als emotionales Lernen bezeichnet.<br />
Ein Spiel gegen- oder miteinander<br />
ist nur dann sinnvoll, wenn gewisse<br />
soziale Umgangsformen eingehalten<br />
werden. Hierzu zählen<br />
das Einhalten von Spiel- und<br />
Wettkampfregeln, von informellen<br />
Regeln (Fairneß), von Kameradschaftlichkeit<br />
u.a.<br />
Die aufgeführten Lernformen lassen<br />
sich nur theoretisch voneinander<br />
trennen. In der Unterrichtspraxis<br />
sind sie eng miteinander verbunden.<br />
So kann das Erlernen<br />
einer bestimmten Schlagtechnik<br />
auch an emotionales, kognitives<br />
und soziales Lernen geknüpft sein.<br />
Der Schüler versucht während des<br />
Lernprozesses, sich ein Bild von<br />
der Struktur der betreffenden<br />
Schlagtechnik zu machen, er benötigt<br />
die Fähigkeit, sich zu konzentrieren<br />
und ausdauernd zu<br />
üben, und er sollte in der Lage<br />
sein, sich innerhalb einer Gruppe<br />
zurechtzufinden. Schließlich sei<br />
darauf hingewiesen, daß Lernen<br />
nicht immer geplant und in einer<br />
gezielt herbeigeführten Lernsituation<br />
stattfindet (sondern auch so<br />
nebenbei erfolgen kann), und daß<br />
Lernergebnisse nicht immer positiv<br />
sein müssen. So werden häufig<br />
unökonomische Bewegungen<br />
erlernt und stabilisiert, oder es<br />
werden negative emotionale<br />
Reaktionen (z.B. Schläger wegwerfen)<br />
von Spitzenspielern nachgeahmt.<br />
Wie kommt Lernen<br />
zustande?<br />
Die Vielfalt der Lernformen, der<br />
Lernsituationen und der individuellen<br />
Voraussetzungen der Lernenden<br />
deutet an, daß Lernen auf<br />
vielfältige Art und Weise zustande<br />
kommt. Deshalb verwundert es<br />
nicht, daß es derzeit keine allgemeine<br />
Lerntheorie gibt, aus der erkennbar<br />
wäre, was sich während<br />
des Lernprozesses abspielt.<br />
Statt dessen gibt es zahlreiche<br />
Lernmodelle mit einem mehr oder<br />
weniger engen Erklärungswert. Im<br />
folgenden werden vier der bekanntesten<br />
Lernmodelle kurz beschrieben<br />
und ihre Bedeutung für<br />
die <strong>Tennis</strong>praxis aufgezeigt.<br />
Lernen am Erfolg<br />
Beim Lernen am Erfolg (das auch<br />
mit Lernen nach Versuch und Irrtum,<br />
Verstärkungslernen oder Lernen<br />
durch operantes Konditionieren<br />
bezeichnet wird) wird von folgender<br />
Annahme ausgegangen:<br />
Folgt einer Reaktion (einem Verhalten)<br />
ein verstärkender Reiz (Erfolg),<br />
so resultiert daraus eine Erhöhung<br />
der Wahrscheinlichkeit,<br />
daß diese Reaktion später unter<br />
ähnlichen Umständen wieder auftritt.<br />
Gelingt es z. B. einem <strong>Tennis</strong>spieler,<br />
mit einer bestimmten Griffhaltung<br />
den Topspinschlag mit der<br />
Vorhand häufig nach seinen Vorstellungen<br />
erfolgreich zu spielen,<br />
so wird er wahrscheinlich diese<br />
Griffhaltung beibehalten. Hat er<br />
dagegen mit einer bestimmten Bewegungsausführung<br />
häufig keinen<br />
Erfolg, so wird er Versuchen, seine<br />
Technik zu verändern. In der Unterrichtspraxis<br />
liegt Lernen am Erfolg<br />
beispielsweise auch dann vor,<br />
wenn der <strong>Tennis</strong>lehrer bestimmte<br />
Schlagausführungen oder soziale<br />
Verhaltensweisen (Reaktionen)<br />
seiner Schüler lobt oder tadelt<br />
(verstärkender Reiz).<br />
Eine erweiterte Form des Lernens<br />
am Erfolg stellt das sogenannte<br />
Shaping dar. Beim Shaping wird<br />
jede Verhaltensweise verstärkt, die<br />
in die Richtung des gewünschten<br />
Zielverhaltens weist; es wird also<br />
nicht gewartet, bis das gesamte<br />
Zielverhalten auftritt. Damit ist es<br />
möglich, auch komplexere Verhaltensweisen,<br />
die in der Regel nicht<br />
spontan gelernt werden, durch<br />
18
schrittweise Annäherung zu erlernen.<br />
Allerdings beschränkt sich der<br />
Anwendungsbereich des Shaping<br />
(und erst recht der des »einfachen«<br />
Lernens am Erfolg) auf eher<br />
einfache Lernvorgänge. Es kann<br />
kaum erwartet werden, daß die<br />
komplexen Anforderungen im<br />
<strong>Tennis</strong> und hierbei insbesondere<br />
die Gesamtheit aller Schlagtechniken<br />
nur über das Lernen am Erfolg<br />
entwickelt werden könnten. Zur<br />
Erklärung solcher Lernvorgänge<br />
bedarf es deshalb weiterer Theorien<br />
des Lernens.<br />
Lernen am Modell<br />
Hinter der Theorie des Lernens am<br />
Modell (Beobachtungslernen)<br />
steht die Annahme, daß neue Verhaltensweisen<br />
durch Beobachtung<br />
des Verhaltens anderer entstehen.<br />
Diese im Zusammenhang mit dem<br />
Phänomen des sozialen Lernens<br />
entwickelte Modellvorstellung<br />
wird häufig auch in der Praxis des<br />
Lernens von Bewegungen sichtbar.<br />
Insbesondere Kinder sind in der<br />
Lage, allein durch das Beobachten<br />
fremden Verhaltens (z.B. einer<br />
sportlichen Bewegung) relativ<br />
schnell zu lernen (man spricht in<br />
diesem Zusammenhang auch<br />
von »Lernen auf Anhieb«). Dabei<br />
wird ein beobachtetes Verhalten<br />
nicht einfach kopiert, sondern vielmehr<br />
bewertet und anschließend<br />
nachgeahmt oder nicht. So werden<br />
im Bereich des motorischen<br />
Lernens in der Regel nur Bewegungen<br />
von erfolgreichen Sportlern<br />
oder anerkannten Trainern<br />
nachgemacht.<br />
Im Unterricht wird versucht, der<br />
Theorie des Lernens am Modell<br />
dadurch gerecht zu werden, daß<br />
der Lehrer die gewünschten Verhaltensweisen<br />
(z.B. richtige Technik)<br />
selbst demonstriert oder mit<br />
Hilfe von Medien (Filme, Reihenbilder)<br />
zeigt.<br />
Kognitives Lernen<br />
Bei den kognitiven Lerntheorien<br />
(z.B. Lernen durch Einsicht) überwiegen<br />
Wahrnehmungs-, Vorstellung-,<br />
Gedächtnis- und Denkprozesse.<br />
Während des Lernprozesses<br />
wird versucht, durch die Verknüpfung<br />
vorliegender Erfahrungen<br />
und Kenntnisse mit aktuellen Gegebenheiten<br />
ein bestehendes Problem<br />
zu lösen, d.h., das Problem<br />
wird vor allem auf gedanklicher<br />
Ebene angegangen. Setzt sich z.B.<br />
ein <strong>Tennis</strong>spieler zum Ziel, einen<br />
Ball mit starkem Vorwärtsdrall zu<br />
spielen, und orientiert sich nicht<br />
wesentlich an Vorbildern, dann<br />
kann er sich, sofern er über die<br />
nötigen Erfahrungen und Kenntnisse<br />
verfügt, klarmachen, daß<br />
eine steile vorwärts-aufwärts gerichtete<br />
Bewegung des Schlägerkopfes<br />
nötig ist. Dies wiederum<br />
ermöglicht ihm, einen geeigneten<br />
(an taktischen Konzepten/Strategien<br />
orientierten) Handlungsplan<br />
zu entwerfen und diesen gezielt<br />
auszuführen. Da zur Strukturierung<br />
von Problemsituationen<br />
mehr oder weniger umfangreiche<br />
Vorerfahrungen notwendig sind,<br />
sind kognitive Lerntheorien insbesondere<br />
für ältere Jugendliche und<br />
Erwachsene von Bedeutung. Dies<br />
wirkt sich auch auf den Unterricht<br />
aus, in dem häufig Bewegungserklärungen<br />
gezielteres und schnelleres<br />
Lernen ermöglichen.<br />
Lernen als »inneres Spiel«<br />
Neuerdings wird vor allem empfohlen,<br />
das Lernen nicht so sehr<br />
am Erfolg, über Vorbilder und mit<br />
Hilfe von kognitiven Prozessen<br />
aufzubauen, sondern mehr Prozesse<br />
des Erlebens, des Erfühlens,<br />
des Spielen-Lassens zu betonen.<br />
Dabei wird davon ausgegangen,<br />
daß Gedanken z. B. an die einzelnen<br />
Teile der Bewegung oder an<br />
Dinge, die mit der Aufgabe nichts<br />
zu tun haben, den Bewegungsablauf<br />
stören und demnach auszuschalten<br />
sind. Man sollte sich vielmehr<br />
auf das »Hier und Jetzt« in<br />
entspanntem Zustand konzentrieren.<br />
Es wird angenommen, daß<br />
die Verbindung von Wahrnehmung<br />
und Handlung als Einheit zu<br />
erleben ist, welche durch keine<br />
willentlichen Eingriffe in einzelne<br />
Abschnitte des Bewegungsablaufs<br />
gestört werden sollte, vielmehr soll<br />
der gesamte Bewegungsablauf als<br />
in sich stimmig erlebt werden. Ein<br />
wichtiges Merkmal dieser Lern-,<br />
Übungs- und Spielform ist das<br />
»Geschehen-Lassen«.<br />
Phasen des Lernens<br />
sportlicher<br />
Bewegungen<br />
Der Prozeß der Aneignung sportlicher<br />
Bewegungen wird häufig in<br />
charakteristische Phasen unterteilt.<br />
So wird im Verlaufe des Lernprozesses<br />
zwischen drei Lernphasen<br />
unterschieden:<br />
- Erste Lernphase - Entwicklung<br />
der Grobkoordination (Grobform)<br />
- Zweite Lernphase - Entwicklung<br />
der Feinkoordination<br />
(Feinform)<br />
- Dritte Lernphase - Stabilisierung<br />
der Feinkoordination<br />
(Stabilisierung)<br />
Der Lernende durchläuft diese<br />
Phasen in der angegebenen Reihenfolge.<br />
Andererseits stellen<br />
diese Phasen kein starres Schema<br />
dar. Die Übergänge sind fließend,<br />
der zeitliche Umfang der einzelnen<br />
Phasen ist individuell und dem<br />
Schwierigkeitsgrad der Aufgabe<br />
gemäß recht unterschiedlich.<br />
Erste Lernphase - Grobform<br />
Die erste Lernphase umfaßt den<br />
Lernverlauf vom ersten näheren<br />
19
Grundlagen des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
Bekanntwerden mit der neuen Bewegung<br />
bis zu einem Stadium, in<br />
dem der Lernende die Bewegung<br />
bei günstigen Bedingungen in der<br />
Grobform ausführen kann. In dieser<br />
Phase besteht noch kein oder<br />
nur ein undeutliches Bewegungsgefühl.<br />
Die Verbesserung des<br />
Bewegungsablaufs bei den wiederholten<br />
Bewegungsversuchen<br />
erfolgt vorwiegend über die Orientierung<br />
am Ergebnis der Bewegungshandlung<br />
und selbstverständlich<br />
auch über neue Informationen<br />
des Lehrers.<br />
Kennzeichen der Grobform<br />
• Grundtechnik ist sichtbar<br />
• Überflüssige Mitbewegungen<br />
• Hastige Ausführung<br />
• Verkrampfte Ausführung<br />
• Mangelhafte Verbindung der<br />
Teilbewegungen<br />
• Hoher Konzentrationsaufwand<br />
• Hoher Energieaufwand (Ermüdung)<br />
Konsequenzen für die Lehrpraxis<br />
• Häufiges und deutliches Demonstrieren<br />
• Kurze erläuternde Informationen,<br />
damit der erste Versuch<br />
gelingt<br />
• Anknüpfen an bekannte Bewegungen<br />
(z.B. Aufschlagbewegung<br />
vom Wurf ableiten)<br />
• Hauptaugenmerk liegt auf der<br />
Hauptaktion<br />
• Konzentriertes, aber zeitlich begrenztes<br />
Üben der vereinfachten<br />
Gesamtbewegung<br />
• Erste Versuche unter erleichterten<br />
Bedingungen (z.B. Schlagen<br />
eines ruhenden Balles)<br />
Zweite Lernphase - Feinform<br />
Die zweite Lernphase umfaßt den<br />
Lernverlauf von der Grobform bis<br />
zu einem Stadium, in dem der Lernende<br />
die Bewegung unter günstigen<br />
Bedingungen annähernd fehlerfrei<br />
(Feinform) ausführen kann.<br />
In dieser Phase wird allmählich ein<br />
besseres Bewegungsgefühl aufgebaut.<br />
Dadurch verbessert sich die<br />
Selbstkontrolle während des Bewegungsablaufs.<br />
Das verbesserte<br />
Bewegungsgefühl ist außerdem<br />
mit der eigenen bildlichen Vorstellung<br />
von der Bewegung verbunden.<br />
Durch neue Informationen<br />
und Korrekturen des Lehrers wird<br />
diese bildliche Vorstellung umfassender<br />
und genauer. Dies hat zur<br />
Folge, daß der Bewegungsablauf<br />
in seiner räumlich-zeitlichen Abstimmung<br />
ständig genauer wird.<br />
In zunehmendem Maße soll in<br />
dieser Phase dem Übenden die<br />
Bedeutung des Bewegungsablaufs<br />
als Teil einer übergreifenden Spielhandlung<br />
klarwerden. Das bedeutet,<br />
daß seine Aufmerksamkeit<br />
vermehrt auf die Beobachtung<br />
von Partner und Ball gelenkt wird<br />
und die Bereitschaft zur flexibleren,<br />
situationsangepaßten Anwendung<br />
der gelernten Bewegungsabläufe<br />
größer wird. Das Verständnis<br />
für die taktische Bedeutung der<br />
neuen Techniken kann dadurch<br />
gefördert werden. Da das Üben<br />
zeitlich weiter ausgedehnt wird<br />
und ungewohnte Bewegungsabläufe<br />
mit den gegebenen körperlichen<br />
Voraussetzungen nicht immer<br />
bewältigt werden können, ist<br />
im Übergang vom Üben zum Trainieren<br />
für eine angemessene<br />
Berücksichtigung von Kraft-,<br />
Schnelligkeits-, Ausdauer-, Beweglichkeits-<br />
und Koordinationsübungen<br />
zu sorgen.<br />
Kennzeichen der Feinform<br />
• Genaue Ausführung<br />
• Sichere Ausführung<br />
• Gute Verbindung von Teilbewegungen<br />
• Angemessener Konzentrationsaufwand<br />
• Angemessener Energieaufwand<br />
• Allerdings noch Unsicherheit<br />
und Ungenauigkeit bei extremen<br />
Änderungen äußerer Bedingungen<br />
Konsequenzen für die Lehrpraxis<br />
• Intensive und vielseitige Bildinformationen<br />
über den Bewegungsablauf<br />
(Vormachen,<br />
Video, Bildreihe)<br />
• Genaue Beschreibung<br />
• Intensives Üben unter weitgehend<br />
konstanten Bedingungen<br />
• Systematische Korrekturen (von<br />
groben zu feinen Fehlern)<br />
• Mentales Üben<br />
• Bei Beschreibung von Teilbewegungen<br />
auf das Bewegungsgefühl<br />
hinweisen (Muskelspannung,<br />
Schwunggefühl usw.)<br />
• Teilbewegungen beim Schlagen<br />
bewußt beobachten lassen (z.B.<br />
Kontrollieren des Winkels zwischen<br />
Hand und Schläger beim<br />
Ausschwingen!)<br />
• Teilbewegungen, die normalerweise<br />
nicht im Gesichtsfeld liegen,<br />
beim Üben ohne Ball<br />
wahrnehmen lassen (Absenken<br />
des Schlägerkopfes beim Übergang<br />
von der Aushol- zur<br />
Schlagphase beobachten)<br />
• Überprüfung der gespeicherten<br />
Bewegung, d. h. gezieltes Abfragen<br />
von Einzelheiten<br />
• Verabredete Variationen des<br />
Zuspiels hinsichtlich Ballflughöhe,<br />
-richtung, -länge und<br />
-geschwindigkeit in Verbindung<br />
mit genauer Beobachtung der<br />
Bewegungen des Zuspielers,<br />
Beobachtung des Ballfluges und<br />
seines Auf- und Absprunges<br />
• Üben in spielnahen Situationen<br />
(Taktik)<br />
• Taktikunterricht<br />
• Arbeit mit Film- und Videomaterial<br />
(Strukturierung der Wahrnehmung<br />
von Spielsituationen)<br />
• Techniknahe Konditions- und<br />
Koordinationsübungen<br />
20
Lernen<br />
Dritte Lernphase -<br />
Stabilisierung<br />
Die Spielhandlung stabilisiert sich,<br />
wenn es dem Übenden gelingt,<br />
die ßewegungsfertigkeit immer<br />
besser an die sich ständig ändernde<br />
Spielsituation anzupassen.<br />
Das bedeutet, daß er schließlich<br />
• seine Fertigkeiten taktisch bewußt<br />
zur Bewältigung der<br />
Spielsituation einsetzen kann,<br />
also die Aktion erfolgreich wie<br />
zuvor durchführen oder völlig<br />
neu planen kann,<br />
• den ankommenden Ball genau<br />
berechnen kann,<br />
• die automatisierte Fertigkeit in<br />
ihrem zeitlich-dynamischen Ablauf<br />
an den Ballflug und<br />
-absprung anpassen kann.<br />
Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf<br />
es nur noch punktueller,<br />
selbstverständlich funktionaler Informationen<br />
und Korrekturen des<br />
Lehrers.<br />
Kontrolle und Berichtigung des<br />
Bewegungsablaufes erfolgen jetzt<br />
überwiegend über den inneren<br />
Rückmeldekreis (»Bewegungsgefühl«).<br />
Die so verbesserte Stabilisierung<br />
erlaubt, die Aufmerksamkeit<br />
auf die Veränderung der<br />
Spielsituation und nur noch auf<br />
persönlich wichtige Knotenpunkte<br />
der Bewegung zu richten. Damit<br />
sind zunehmend schnellere und<br />
genauere Reaktionen auf wechselnde<br />
äußere Bedingungen und<br />
plötzliche Störungen möglich.<br />
Wenn in gleicherweise die motorischen<br />
Grundeigenschaften<br />
(Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer und<br />
Beweglichkeit) verbessert werden,<br />
ist der Bewegungsablauf nun auch<br />
mit optimaler Bewegungsdynamik<br />
und über längere Zeiträume ausführbar.<br />
Kennzeichen der Stabilisierung<br />
• Sichere und genaue Ausführung<br />
(auch bei sehr schnellem<br />
Ablauf)<br />
• Optimale Verbindung von Teilbewegungen<br />
• Stabile Ausführung bei wechselnden<br />
äußeren Bedingungen<br />
• Stabile Ausführung bei plötzlichen<br />
Störungen<br />
• Geringer Konzentrationsaufwand<br />
Konsequenzen für die Lehrpraxis<br />
• Erklären von Einzelheiten<br />
• Feinkorrektur von Einzelheiten<br />
• Üben unter wechselnden Bedingungen<br />
(z.B. Returnübungen<br />
bei ständig variierten Aufschlägen)<br />
• Mentales Üben von Knotenpunkten<br />
der Bewegung (z. B.<br />
gedankliches Training des oberen<br />
Bogens beim Ausholen zum<br />
Topspin mit Vorhand)<br />
• Hinweise auf das Bewegungsgefühl<br />
(Beispiele: siehe Feinform)<br />
• Beobachtungstraining<br />
(Video/Film)<br />
Abb. 3<br />
Kinder sind mit Eifer bei der Sache<br />
• Taktiktraining (Theorie und<br />
Praxis)<br />
• Spezielle Konditions- und Koordinationsübungen<br />
Individuelle Voraussetzungen<br />
des<br />
Lernens, Übens und<br />
Train ierens<br />
Die beschriebenen Lernvorgänge<br />
verlaufen nicht bei jedem Schüler<br />
gleich schnell. Auch ergeben sich<br />
auf dem Weg zu den verschiedenen<br />
Zielen individuell unterschiedliche<br />
Lernergebnisse. Dies liegt<br />
auch an den unterschiedlichen<br />
Voraussetzungen, die die einzelnen<br />
Schüler mitbringen. Die wichtigsten<br />
individuellen Voraussetzungen,<br />
die der Lehrer im Unterricht<br />
berücksichtigen sollte, sind:<br />
• Konstitutionelle Merkmale (wie<br />
Größe, Gewicht und Körperproportionen)<br />
• Konditionelle Merkmale (wie<br />
Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit<br />
und Beweglichkeit)<br />
21
Grundlagen des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
• Koordinative Fähigkeiten (s. Kapitel<br />
Koordinationstraining)<br />
• Motorische Lernfähigkeit<br />
• Intellektuelle Fähigkeiten (z.B.<br />
Antizipationsfähigkeit und<br />
Spielintelligenz)<br />
• Motivationale Merkmale (wie<br />
Leistungsmotivation und Bedürfnis<br />
nach sozialer Anerkennung)<br />
• Vorerfahrungen, die der einzelne<br />
Schüler im Hinblick auf<br />
den Unterrichtsstoff bereits erworben<br />
hat<br />
Diese individuellen Voraussetzungen<br />
sind in den verschiedenen<br />
Entwicklungsabschnitten unterschiedlich<br />
ausgeprägt.<br />
Abb. 4<br />
Ein Vorhand-Flugball wird auf Anhieb gelernt<br />
Ausprägung von Persönlichkeitsmerkmalen<br />
in verschiedenen<br />
Entwicklungsabschnitten<br />
Im folgenden werden einzelne<br />
Merkmale, eingeschränkt auf konstitutionelle<br />
und konditionelle<br />
Merkmale sowie auf motorische<br />
Lernfähigkeit, je nach besonderer<br />
Ausprägung, in sieben Entwicklungsabschnitten<br />
(beginnend im<br />
Alter von 6 bis 7 Jahren bis zum<br />
späten Erwachsenenalter mit 60<br />
bis 70 Jahren) kurz beschrieben.<br />
Es sollte allerdings berücksichtigt<br />
werden, daß das kalendarische<br />
Alter nicht stets mit dem biologischen<br />
Alter gleichzusetzen ist.<br />
Vielmehr ist von einer relativ großen<br />
Streubreite des Entwicklungsgeschehens<br />
auszugehen, d.h. beispielsweise,<br />
daß die einen Kinder<br />
im Vergleich zum Durchschnitt<br />
eher akzeleriert sind (ihre Entwicklung<br />
ist beschleunigt), die anderen<br />
dagegen eher retardiert (ihre Entwicklung<br />
ist verlangsamt).<br />
Jüngere Schulkinder<br />
(etwa von 6 bis 10 Jahren)<br />
Während des Grundschulalters<br />
kommt es sowohl bei den Jungen<br />
als auch bei den Mädchen zu ei-<br />
nem verstärkten Breitenwachstum<br />
und damit zu einer günstigen Veränderung<br />
der Körperproportionen,<br />
insbesondere zu einer Verbesserung<br />
des Last-Kraft-Verhältnisses.<br />
Diese Veränderungen bewirken in<br />
Verbindung mit einer deutlichen<br />
Erhöhung des Lerneifers eine<br />
schnelle Zunahme der motorischen<br />
Lernfähigkeit. Die Kinder<br />
lernen eher ganzheitlich und in<br />
spielerischer Form. Ausführliche<br />
Bewegungserklärungen sind wentg<br />
zweckmäßig, eher dagegen<br />
vielfältige Bewegungsaufgaben<br />
und häufiges Vormachen, da die<br />
Kinder Bewegungsabläufe zumeist<br />
durch Beobachten (Lernen am<br />
Modell) bzw. Ausprobieren (im<br />
Sinne von Lernen am Erfolg) erlernen.<br />
Hinsichtlich der Leistungsfaktoren<br />
Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit,<br />
Beweglichkeit und Koordination<br />
sind die Kinder in diesem<br />
Alter unterschiedlich belastbar. So<br />
sollten Maximalkraft und anaerobe<br />
Ausdauerbeanspruchungen<br />
vermieden werden, während aerobe<br />
Ausdauerbelastungen sowie<br />
Anforderungen an Schnelligkeit,<br />
Beweglichkeit und Koordination in<br />
der Regel unbedenklich sind.<br />
Im Hinblick auf die Trainierbarkeit<br />
kann von besonders günstigen<br />
Voraussetzungen bezüglich Beweglichkeit<br />
und vor allem Koordination<br />
ausgegangen werden,<br />
während Kraft und Ausdauer noch<br />
nicht optimal gefördert werden<br />
können.<br />
Abb. 5 Gleiches Alter, aber unterschiedliche<br />
körperliche Entwicklung<br />
22
Lernen<br />
Dies hat zur Folge, daß vorrangig<br />
(aber nicht ausschließlich) vielfältige<br />
koordinative Bewegungsaufgaben<br />
gestellt werden sollten, so<br />
daß sowohl im tennisspezifischen<br />
als auch im allgemeinen sportmotorischen<br />
Bereich eine breite<br />
Grundlage an Bewegungsfertigkeiten<br />
gelegt werden kann.<br />
Ältere Schulkinder (etwa von 10<br />
bis 12/13 Jahren)<br />
Etwa bis zum 10. Lebensjahr haben<br />
sich die konstitutionellen<br />
Merkmale soweit verändert, daß<br />
von harmonischen Körperproportionen<br />
und einem sehr guten Last-<br />
Kraft-Verhältnis ausgegangen<br />
werden kann. Die Kinder zeichnen<br />
sich durch einen hohen Bewegungsdrang<br />
und hohen Lerneifer<br />
aus. Die motorische Lernfähigkeit<br />
ist in diesem Alter ausgezeichnet.<br />
Man spricht von der Phase der besten<br />
motorischen Lernfähigkeit.<br />
Einfachere Bewegungen werden in<br />
diesem Alter ganzheitlich und<br />
häufig auf Anhieb gelernt (Lernen<br />
am Modell). Darüber hinaus kann<br />
auch zunehmend - und dies ist<br />
besonders für das Erlernen schwieriger<br />
Bewegungsabläufe wichtig -<br />
von kognitiven Lernprozessen ausgegangen<br />
werden. Das späte<br />
Schulkindalter ist demnach sowohl<br />
dafür geeignet, neue Bewegungsabläufe<br />
zu erlernen, als auch bereits<br />
in der Grobform gekonnte<br />
Bewegungen zu verfeinern. Die<br />
für die jüngeren Kinder im Blick<br />
auf die Belastbarkeit und Trainierbarkeit<br />
gemachten Aussagen gelten<br />
im wesentlichen auch für die<br />
10- bis 12-/13jährigen. Es empfiehlt<br />
sich daher, auch im späten<br />
Schulkindalter schwerpunktmäßig<br />
koordinative Fähigkeiten in vielfältiger<br />
Weise (allgemeiner und tennisspezifischer)<br />
zu fördern. Ziel<br />
von Unterricht und Training in diesem<br />
Alter sollte also der Ausbau<br />
der allgemeinen Motorik und die<br />
Verfeinerung der vielseitigen (tennisspezifischen)<br />
technischen und<br />
taktischen Grundlagen sein. Maßnahmen<br />
zur Verbesserung der<br />
physischen Leistungsfaktoren<br />
Kraft und Ausdauer vervollständigen<br />
den Unterricht, sie sollten allerdings<br />
überwiegend in spielerischer<br />
Form durchgeführt werden.<br />
Jüngere Jugendliche (Mädchen<br />
etwa von 12 bis 14 Jahren, Jungen<br />
etwa von 13 bis 15 Jahren)<br />
In dieser ersten puberalen Phase,<br />
deren Beginn, Verlauf und Ende<br />
erheblichen geschlechtsspezifischen<br />
und auch individuellen Unterschieden<br />
unterliegen, ist ein<br />
deutlich verstärktes Längenwachstum<br />
zu beobachten; unharmonische<br />
Größenverhältnisse zwischen<br />
Rumpf und Extremitäten sind die<br />
Folge. Die Bewegungskoordination<br />
von Schülern, die im Kindesalter<br />
nur geringe, insbesondere<br />
noch nicht stabilisierte Vorerfahrungen<br />
im motorischen Bereich<br />
sammeln konnten, wird in dieser<br />
Phase der Pubertät labil. Die besonders<br />
günstigen Lernvoraussetzungen<br />
der vorangegangenen<br />
Phase sind nicht mehr gegeben.<br />
Das Erlernen neuer Bewegungsabläufe<br />
bereitet größere Probleme.<br />
Ganzheitliches Lernen tritt weniger<br />
häufig auf. Ziel des Unterrichts<br />
sollte deshalb vor allem sein, die<br />
im Kindesalter erlernten Bewegungsfertigkeiten<br />
zu wiederholen<br />
und zu festigen. Trotz dieser mehr<br />
oder weniger großen Einschränkungen<br />
im koordinativen Bereich<br />
sollte nicht von einer Krisen- oder<br />
Schonzeit gesprochen werden.<br />
Vielmehr nimmt die Trainier- und<br />
Belastbarkeit im konditionellen Bereich<br />
zum Teil erheblich zu. Hormonelle<br />
Veränderungen bewirken<br />
in diesem Alter eine bessere Trainierbarkeit<br />
der Ausdauer und der<br />
Kraft, wobei aufgrund noch nicht<br />
verknöcherter Wachstumsfugen<br />
auf ein Maximalkrafttraining verzichtet<br />
werden sollte. Berücksichtigt<br />
man die Entwicklungsvoraussetzungen<br />
der jüngeren, pubertierenden<br />
Jugendlichen, dann könnte<br />
man folgende Leitlinie für den Unterricht<br />
ableiten: Stabilisierung und<br />
Verfeinerung von bereits Gelerntem<br />
im koordinativen Bereich und<br />
vermehrtes Training konditioneller<br />
Merkmale, insbesondere Kraft und<br />
Ausdauer.<br />
Ältere Jugendliche (Mädchen<br />
etwa von 14 bis 17 Jahren, Jungen<br />
etwa von 15 bis 18 Jahren)<br />
In der zweiten Phase der sogenannten<br />
Reifezeit (Adoleszenz)<br />
verlangsamt sich das Längenwachstum,<br />
und es setzt ein verstärktes<br />
Breitenwachstum ein.<br />
Diese Veränderungen wirken sich<br />
positiv auf die Körperproportionen<br />
(insbesondere auf das Verhältnis<br />
von Rumpf und Extremitäten) und<br />
auf das Last-Kraft-Verhältnis aus,<br />
womit wieder günstigere Voraussetzungen<br />
für neue koordinative<br />
Anforderungen und motorische<br />
Lernprozesse vorliegen.<br />
Es wird zwar seltener als im späten<br />
Schulkindalter ganzheitlich und<br />
auf Anhieb gelernt, andererseits<br />
sind die Jugendlichen nun eher in<br />
der Lage, Lernvorgänge auch auf<br />
gedanklicher Ebene zu unterstützen<br />
(kognitives Lernen), wodurch<br />
das Erlernen komplexerer Bewegungsabläufe<br />
begünstigt wird.<br />
Die Belastbarkeit für physische Beanspruchungen<br />
jeder Art ist in hohem<br />
Maße gegeben, wobei allerdings<br />
bei der Anwendung intensiver<br />
Trainingsbelastungen (z.B. für<br />
anaerobe Ausdauer und Maximalkraft)<br />
darauf zu achten ist, daß ein<br />
entsprechend guter Trainingszustand<br />
bereits vorliegt. Die Trainierbarkeit<br />
aller konditioneller Merk-
Grundlagen des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
male ist gut ausgeprägt (allerdings werden in diesem Alter die höchbei<br />
den Jungen vor allem im Be- sten Leistungen erzielt. Dies gilt<br />
reich von Kraft und Schnelligkeit sowohl für den koordinativen als<br />
deutlich besser als bei den Mäd- auch für den konditionellen Bechen),<br />
so daß ein hohes physi- reich. Bei Ungeübten bzw. Untraisches<br />
Leistungsniveau erreicht nierten kann in diesem Alter zwar<br />
werden kann. Diese Voraussetzun- von einer stabilen Alltags- und Argen<br />
wirken sich positiv auf das Er- beitsmotorik ausgegangen werlernen<br />
bestimmter schwieriger Be- den, im sportmotorischen Bereich<br />
wegungsabläufe aus (z. B. Rück- sind aber bereits um das 30. Lehand-Schmetterball),<br />
die nicht nur bensjahr nicht unerhebliche Leiein<br />
hohes Maß an koordinativen stungseinbußen, insbesondere<br />
Fähigkeiten, sondern auch an kon- durch ßewegungsmangel im Allditionellen<br />
Fähigkeiten erfordern, tag hervorgerufen, zu verzeichund<br />
somit im Kindesalter nur be- nen. Dennoch kann durch intensidingt<br />
erlernt werden können. ves Üben auch von Anfängern<br />
(insbesondere von sog. Spätein-<br />
Junge Erwachsene (etwa von steigern, die von anderen Sportar-<br />
17/18 bis 30/35 Jahren) ten kommen) noch ein relativ ho-<br />
Bei Erwachsenen ist noch stärker hes technisches Niveau erreicht<br />
zwischen Geübten bzw. Trainier- werden, wobei kognitive Lernproten<br />
und Personen, die keinen zesse im Vordergrund stehen. Das-<br />
(<strong>Tennis</strong>-)Sport betreiben oder erst selbe gilt für den konditionellen<br />
damit beginnen wollen, zu diffe- Bereich, wo in allen Bereichen<br />
renzieren als bei Kindern und Ju- (insbesondere bei der Ausdauer)<br />
gendlichen.<br />
von einer sehr guten Trainierbar-<br />
Im Leistungssport kann das frühe keit und Belastbarkeit ausgegan-<br />
Erwachsenenalter als Phase der gen werden kann,<br />
vollen Ausprägung der motorischen<br />
Leistungsfähigkeit angesehen<br />
werden. In den meisten<br />
Sportarten, so auch im <strong>Tennis</strong>,<br />
Erwachsene im mittleren Alter<br />
(etwa von 30/35 bis 45/50<br />
Jahren)<br />
In diesem Entwicklungsabschnitt<br />
treten noch stärkere Unterschiede<br />
im sportmotorischen Bereich zwischen<br />
sportlich aktiven und sportlich<br />
inaktiven Personen auf.<br />
Bei Geübten bzw. Trainierten kann<br />
das mittlere Erwachsenenalter als<br />
ein Zeitraum der Erhaltung noch<br />
relativ hoher motorischer Leistungen<br />
angesehen werden. Die Leistungen<br />
liegen sowohl im koordinativen<br />
als auch im konditionellen<br />
Bereich im allgemeinen nicht wesentlich<br />
unter denen im Höchstleistungsalter.<br />
Dabei ist allerdings zu<br />
beachten, daß nicht alle Leistungsfaktoren<br />
im gleichen Maße altersstabil<br />
sind (besonders altersstabil<br />
ist die Ausdauer), so daß das absolute<br />
Leistungsniveau entsprechend<br />
sinkt.<br />
Zwar kann auch bei Ungeübten<br />
bzw. Untrainierten im Bereich der<br />
Alltagsmotorik von einem Altersabschnitt<br />
der relativen Erhaltung<br />
ausgegangen werden, bei sportmotorischen<br />
Anforderungen zeigen<br />
sich jedoch zunehmend deutlichere<br />
Leistungseinbußen, sowohl<br />
Tab. 2<br />
Charakteristische Entwicklungsabschnitte (in modifizierter Anlehnung an WINTER)<br />
Entwicklungsabschnitt Charakterisierung Altersspanne<br />
Jüngere Schulkinder<br />
Ältere Schulkinder<br />
Jüngere Jugendliche<br />
Ältere Jugendliche<br />
Junge Erwachsene<br />
Erwachsene im mittleren Alter<br />
Ältere Erwachsene<br />
Die Phase schneller Fortschritte in der<br />
motorischen Lernfähigkeit<br />
Die Phase der besten motorischen Lernfähigkeit<br />
in der Kindheit<br />
Die Phase der Umstrukturierung von<br />
motorischen Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />
Die Phase der sich ausprägenden geschlechtsspezifischen<br />
Differenzierung, der fortschreitenden<br />
Individualisierung und der zunehmenden<br />
Stabilisierung<br />
Die Jahre der relativen Erhaltung der<br />
motorischen Leistungsfähigkeit<br />
Die Jahre der allmählichen motorischen<br />
Leistungsminderung<br />
Die Jahre der verstärkten motorischen<br />
Leistungsminderung<br />
etwa von 6 bis 10<br />
etwa von 10 bis 12/13<br />
Mädchen - etwa von 12 bis 14<br />
Jungen - etwa von 13 bis 15<br />
Mädchen - etwa von 14 bis 17<br />
Jungen -etwa von 15 bis 18<br />
etwa von 17/18 bis 30/35<br />
etwa von 30/35 bis 45/50<br />
etwa ab 45/50<br />
24
Lehren<br />
in koordinativer als auch in konditioneller<br />
Hinsicht. Die motorische<br />
Lernfähigkeit nimmt deutlich ab,<br />
so daß das Neu-Erlernen vielfältiger<br />
Bewegungsformen zunehmend<br />
schwieriger wird. Bevorzugt<br />
werden bereits automatisierte<br />
Handlungen. Die motorische Aktivität<br />
läßt ebenfalls nach. Eine zunehmende<br />
Tendenz zur Sparsamkeit,<br />
Zweckmäßigkeit und Ökonomie<br />
der Motorik ist zu beobachten.<br />
Dennoch ist auch in diesem<br />
Alter, trotz stärker eingeschränkter<br />
Lernfähigkeit, durch entsprechendes<br />
Üben für den Anfänger noch<br />
ein mittleres Niveau in technischer<br />
und konditioneller Hinsicht erreichbar.<br />
Ältere Erwachsene (etwa von<br />
45/50 bis 60/70 Jahren)<br />
Mit zunehmendem Alter treten<br />
immer größere Unterschiede zwischen<br />
regelmäßig sportlich aktiven<br />
und sportlich inaktiven Personen<br />
auf.<br />
Sowohl im koordinativen als auch<br />
im konditionellen Bereich gelingt<br />
es regelmäßig trainierenden Personen<br />
dieses Alters, ein zwar allmählich<br />
immer mehr abnehmendes,<br />
aber im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung<br />
und zu nicht<br />
mehr regelmäßig trainierenden<br />
Personen hohes Leistungsniveau<br />
zu halten. Defizite in der Alltagsmotorik<br />
sind bei diesem Personenkreis<br />
kaum festzustellen.<br />
Dagegen wird der motorische Leistungsrückgang<br />
bei sportlich inaktiven<br />
Personen nun auch im Bereich<br />
der Alltagsmotorik spürbar.<br />
Charakteristisch ist eine starke Beschränkung<br />
auf bereits automatisierte<br />
Handlungen, während das<br />
Erlernen neuer Bewegungen<br />
größere Schwierigkeiten bereitet.<br />
Dennoch können auch in diesem<br />
Alter durch entsprechendes Üben<br />
tennisspezifische Bewegungsfertigkeiten<br />
noch über die Grobform<br />
hinaus erlernt werden, wenngleich<br />
dies längerfristige Übungsprozesse<br />
erfordert. Ebenso kann durch ein<br />
geeignetes Training der altersbedingte<br />
konditionelle Leistungsabfall<br />
erheblich verlangsamt werden.<br />
Hinsichtlich der Belastbarkeit im<br />
physischen Bereich sollte besonders<br />
in diesem Alter berücksichtigt<br />
werden, daß häufig bereits bestehende<br />
Erkrankungen ein erhöhtes<br />
Risiko bei sportlichen Aktivitäten<br />
bedingen und daß die Belastungen<br />
sowohl in qualitativer als auch in<br />
quantitativer Hinsicht altersangepaßt<br />
sein sollten. Deshalb sollte<br />
der <strong>Tennis</strong>lehrer darauf achten,<br />
daß sich seine »Schüler«, vor allem<br />
in diesem Altersabschnitt, regelmäßig<br />
sportmedizinisch untersuchen<br />
lassen.<br />
Lehren<br />
Was macht einen guten <strong>Tennis</strong>lehrer<br />
aus? Diese Frage ist sehr<br />
schwierig zu beantworten, weil<br />
Beobachtungen zeigen, daß sich<br />
viele <strong>Tennis</strong>lehrer recht unterschiedlich<br />
verhalten und doch<br />
ähnliche Erfolge aufweisen, wobei<br />
sich der Erfolg vor allem darin<br />
zeigt, ob die Unterrichtsziele erreicht<br />
werden und der Unterricht<br />
den Schülern mehr oder weniger<br />
gefällt.<br />
Fragt man Schüler nach Merkmalen<br />
eines guten <strong>Tennis</strong>lehrers,<br />
dann erhält man z.B. folgende<br />
Antworten:<br />
- »Er kann gut erklären.«<br />
- »Er spielt gut zu.«<br />
- »Er kann gut korrigieren.«<br />
- »Er versteht es, mich zu motivieren.«<br />
- »Er ist geduldig.«<br />
- »Ich kann ihm vertrauen.«<br />
- »Er kümmert sich um alle<br />
gleich.«<br />
Eher negative Urteile der Schüler<br />
lauten z.B.:<br />
- »Er kritisiert nur.«<br />
- »Er ist launisch.«<br />
- »Er strengt sich kaum an.«<br />
- »Er überfordert mich.«<br />
- »Er sagt überhaupt nichts.«<br />
- »Er ist ungerecht.«<br />
- »Er kommt oft zu spät.«<br />
- »Er hat keinen Plan.«<br />
Anforderungen an den<br />
<strong>Tennis</strong>lehrer<br />
Solche eher positiven und eher<br />
negativen Urteile zeigen, daß<br />
<strong>Tennis</strong>lehrer verschiedene Aufgaben<br />
haben, d.h. auch, verschiedenen<br />
Erwartungen entsprechen<br />
sollten. Solche Verhaltenserwartungen<br />
werden als soziale Rollen<br />
bezeichnet.<br />
Unter einer sozialen Rolle wird die<br />
Gesamtheit der Verhaltenserwartungen<br />
verstanden, die an Inhaber<br />
bestimmter Positionen (z.B. Positionen<br />
in einem Verein wie Vorsitzender,<br />
Geschäftsführer, Wirt,<br />
<strong>Tennis</strong>lehrer) innerhalb eines gegebenen<br />
sozialen Systems (wie in<br />
unserem Beispiel im Vereinswesen)<br />
herangetragen werden. Demnach<br />
wird nicht davon ausgegangen,<br />
daß es dje Persönlichkeit des <strong>Tennis</strong>lehrers<br />
gibt, genauso wenig,<br />
wie es dje Persönlichkeit des <strong>Tennis</strong>spielers<br />
gibt. Vielmehr ist es<br />
sinnvoller, die soziale Rolle des<br />
<strong>Tennis</strong>lehrers zu beschreiben. Von<br />
diesem Ansatz aus kann man auch<br />
nach Rollenkonflikten fragen, also<br />
nach Unterschieden zwischen den<br />
an den <strong>Tennis</strong>lehrer herangetragenen<br />
Erwartungen und seinen<br />
eigenen Erwartungen bzw. Fähigkeiten.<br />
Welches sind nun solche<br />
Rollenerwartungen? Faßt man die<br />
wichtigsten Erwartungen zusammen,<br />
dann ergeben sich vor allem<br />
vier Rollen.
Grundlagen des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
Der <strong>Tennis</strong>lehrer als<br />
Fachmann<br />
Der <strong>Tennis</strong>lehrer sollte nicht nur<br />
über fachliches Wissen, sondern<br />
auch über praktisches Können verfügen.<br />
Das fachliche Wissen bezieht<br />
sich vor allem auf die Bewegungslehre,<br />
Methodik und Trainingslehre.<br />
Das praktische Können<br />
und die eigenen Erfahrungen ermöglichen<br />
es, schülergemäß zu<br />
demonstrieren, angemessen zuzuspielen,<br />
ab und zu mitzuspielen<br />
und sich in die Situation seiner<br />
Schüler hineinzuversetzen. Nicht<br />
zuletzt wird er vom Schüler vor<br />
allem auch aufgrund seines praktischen<br />
Könnens akzeptiert.<br />
Der <strong>Tennis</strong>lehrer als<br />
Pädagoge<br />
Vor allem im Kinder- und Jugendtraining<br />
hat der <strong>Tennis</strong>lehrer nicht<br />
nur die Aufgabe, <strong>Tennis</strong> zu vermitteln,<br />
sondern auch erzieherisch zu<br />
wirken. Auf das <strong>Tennis</strong>spiel bezogen<br />
muß er motivieren können<br />
und dazu beitragen, daß Siege<br />
und Niederlagen angemessen verarbeitet<br />
werden sowie Selbstbeherrschung,<br />
Verantwortung für die<br />
Gesundheit, Fairneß und kameradschaftliches<br />
Verhalten hoch bewertet<br />
werden. Über das <strong>Tennis</strong>spiel<br />
hinaus erstreckt sich die<br />
pädagogische Verantwortung auf<br />
die Gesamtentwicklung des jungen<br />
Menschen. Dabei sind all jene<br />
Erwartungen und Anforderungen<br />
zu berücksichtigen, mit denen sich<br />
junge <strong>Tennis</strong>spieler in Training und<br />
Wettkampf sowie außerhalb des<br />
Sports auseinandersetzen müssen.<br />
Solche Erwartungen und Anforderungen<br />
kommen vor allem von Eltern,<br />
anderen <strong>Tennis</strong>lehrern und<br />
Trainern, Vereins- und Verbandsfunktionären,<br />
gegebenenfalls von<br />
Sponsoren und Medienvertretern<br />
und schließlich von der Schule. Sie<br />
treffen auf Kinder und Jugendliche,<br />
die ganz allgemeine Bedürfnisse<br />
haben: z.B. das Bedürfnis<br />
• nach vielfältigen Erfahrungen<br />
und Erlebnissen,<br />
• nach angemessenem Lob und<br />
Anerkennung,<br />
• nach emotionaler Wärme,<br />
• nach eigener Verantwortung<br />
(mit zunehmendem Alter).<br />
Neben den Beziehungen zwischen<br />
Lehrer und Schüler ist auch zu berücksichtigen,<br />
daß sich - vor allem<br />
im Verlauf des Gruppenunterrichts<br />
- relativ stabile Beziehungen zwischen<br />
den Schülern herausbilden.<br />
Die Schüler lernen sich nicht nur<br />
kennen, sondern entwickeln auch<br />
emotionale Beziehungen untereinander.<br />
Solche Beziehungen machen<br />
die Struktur der Gruppe aus.<br />
In dieser Struktur hat der einzelne<br />
Schüler seine Position, z. B. als<br />
»Star«, »Außenseiter« oder »Mitläufer«.<br />
Manche Gruppenmitglieder<br />
nehmen besondere Rollen ein,<br />
z.B. der »Sprecher«, »Führer«<br />
oder »Spaßmacher«. Zur Frage<br />
der Gruppenstruktur gehört auch,<br />
ob die Gruppe insgesamt eher homogen<br />
(gleiches Leistungsniveau)<br />
oder heterogen (deutliche Leistungsunterschiede)<br />
ist, ob es Cliquen<br />
und Konflikte u.a. gibt. Alle<br />
diese Gesichtspunkte machen die<br />
Gruppendynamik aus. Für den<br />
Lehrer ist es also nicht nur wichtig<br />
zu wissen, welche Beziehungen<br />
die Schüler zu ihm haben (und<br />
umgekehrt), sondern auch welche<br />
Beziehungen die Schüler untereinander<br />
haben, damit er dies in seinen<br />
Unterrichtsplanungen berücksichtigen<br />
kann.<br />
Der <strong>Tennis</strong>lehrer als<br />
Betreuer<br />
Oft kommt auf den <strong>Tennis</strong>lehrer<br />
auch die Aufgabe zu, bei Turnieren,<br />
Reisen oder im Trainingslager<br />
Betreuungsfunktionen für seine<br />
Schüler zu übernehmen.<br />
Der <strong>Tennis</strong>lehrer als<br />
Organisator<br />
Schließlich wird vom <strong>Tennis</strong>lehrer<br />
auch erwartet, daß er z. B. ein Gesamtkonzept<br />
für das Jugendtraining<br />
entwirft und realisiert, ein<br />
Turnier vorbereitet und durchführt<br />
sowie ein Trainingslager organisiert<br />
und leitet.<br />
Führungsstile (Lehrer-<br />
Schüler-Verhältnis)<br />
Aus der Pädagogik werden häufig<br />
auch für den <strong>Tennis</strong>unterricht drei<br />
verschiedene Führungsstile, der<br />
autokratische, der Laissez-faireund<br />
der demokratische Führungsstil<br />
theoretisch abgeleitet.<br />
Je mehr der <strong>Tennis</strong>lehrer in der<br />
Gruppe unterrichtet, desto mehr<br />
kann sein Verhalten im Unterricht<br />
auch unter dem Gesichtspunkt des<br />
Führungsstils betrachtet werden.<br />
Beim autokratischen Führungsstil<br />
dominiert der Lehrer. Er bestimmt<br />
das Unterrichtsgeschehen, erklärt,<br />
demonstriert, beurteilt, gibt Anweisungen<br />
und Befehle, tadelt<br />
und lobt vor allem jene, die sich<br />
voll dem Unterricht anpassen.<br />
Beim Laissez-faire-Führungsstil<br />
wird das Geschehen vorwiegend<br />
den Schülern überlassen. Dieses<br />
Lehrerverhalten ist im engen Sinne<br />
nicht als »Führungs«-Stil zu bezeichnen<br />
und ist in der Praxis des<br />
<strong>Tennis</strong>unterrichts unbedeutend.<br />
Beim demokratischen Führungsstil<br />
wird das Unterrichtsgeschehen<br />
partnerschaftlich zwischen Lehrer<br />
und Schülern gemeinsam diskutiert<br />
und entschieden. Der Lehrer<br />
regt an, die Schüler sollen jedoch<br />
so weit wie möglich selbst die Lösungen<br />
für ihre Aufgaben finden.<br />
Dieser Unterrichtsstil ist also ge-<br />
26
:>Mrdth-*im><<br />
Methodische Konzeptionen<br />
kennzeichnet durch offene Aufgabenstellungen<br />
und verständnisvolles<br />
Eingehen des Lehrers auf die<br />
einzelnen Schüler.<br />
In der Praxis ist es nicht sinnvoll,<br />
sich zwischen dem autokratischen<br />
und dem demokratischen Führungsstil<br />
zu entscheiden. Vielmehr<br />
kommt es auf die jeweilige Situation<br />
an. So kann es im Verlauf des<br />
Unterrichts (vor allem mit Kindern<br />
oder beim Training mit Jugendlichen)<br />
durchaus angemessen sein,<br />
einen relativ strengen Unterricht<br />
(autokratisch) zu praktizieren. Der<br />
demokratische Führungsstil dagegen<br />
ist vor allem dann zweckmäßig,<br />
wenn der Unterricht gemeinsam<br />
geplant wird und am<br />
Rande des Unterrichts Probleme<br />
erörtert werden.<br />
Das Verhalten des Lehrers im Unterricht<br />
sollte auch nicht allein<br />
nach der Wahl des Führungsstils<br />
beurteilt werden. Vielmehr kommt<br />
es auch darauf an, daß er durch<br />
sein eigenes, vorbildliches Auftreten<br />
und Verhalten die Kriterien erfüllt,<br />
die vor allem bei der Funktion<br />
des <strong>Tennis</strong>lehrers als Pädagoge<br />
beschrieben wurden. Dazu<br />
gehören:<br />
• Äußeres Erscheinungsbild (Kleidung,<br />
Körperpflege)<br />
• Verhalten beim eigenen <strong>Tennis</strong>spiel<br />
(gegenüber sich selbst,<br />
dem Partner/Gegner, dem<br />
Schiedsrichter)<br />
• Verhalten (Sprache, Mimik und<br />
Gestik) gegenüber seinen<br />
Schülern, das im Prinzip wohlwollend<br />
sein sollte, d.h. im Detail<br />
hilfsbereit, gerecht, zuverlässig<br />
und vor allem auch engagiert<br />
Methodische<br />
Konzeptionen<br />
Ist sich der <strong>Tennis</strong>lehrer über Lernziele<br />
und Lerninhalte seines Unterrichts<br />
klargeworden, dann muß er<br />
sich die Frage nach dem methodischen<br />
Vorgehen stellen. Insbesondere<br />
gilt es zu entscheiden,<br />
• in welcher Reihenfolge und in<br />
welchem Umfang die Inhalte<br />
(Technik, Spiel usw.) angeboten<br />
werden,<br />
• welche Unterrichtsmaßnahmen<br />
(Vormachen, Erklären, Hilfsmittel,<br />
Organisationsformen) geeignet<br />
sind, die angestrebten<br />
Ziele zu erreichen.<br />
Wahl des richtigen<br />
methodischen Vorgehens<br />
Unabhängig von möglichen ergänzenden<br />
pädagogischen oder<br />
sozialen Lernzielen des Unterrichts<br />
soll immer Spielfähigkeit vermittelt<br />
werden. Für die Vermittlung gibt<br />
Abb. 6 Methodische Konzeptionen und Verfahren<br />
es zwei grundsätzliche Konzeptionen:<br />
sie sind eher spielorientiert<br />
oder eher technikorientiert<br />
(Abb. 6).<br />
Wie stark der Schwerpunkt der<br />
einen oder anderen Konzeption<br />
ausgeprägt ist, hängt von der Person<br />
des <strong>Tennis</strong>lehrers, den Schülern<br />
und den äußeren Bedingungen<br />
und Umständen ab. Ein einseitiges<br />
Vorgehen entsprechend<br />
der spiel- oder technikorientierten<br />
Konzeption ist nicht zu empfehlen<br />
(s. auch S. 28).<br />
Spielorientierte<br />
Konzeption<br />
Im Mittelpunkt steht die Verwirklichung<br />
des Spielgedankens. Es wird<br />
von Anfang an gespielt. Dabei<br />
kann das Spielgeschehen zunächst<br />
sehr vereinfacht werden. Diese<br />
Vereinfachungen beziehen sich<br />
auf das Spielfeld (Kleinfeld), die<br />
Geräte (Kurzschläger, Schaumstoffball)<br />
und die Regeln (Ball<br />
springt zu Anfang zweimal, kein<br />
Aufschlagfeld usw.). Durch den<br />
schrittweisen Verzicht auf die ge-
Grundlagen des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
nannten Vereinfachungen im Rahmen<br />
eines angemessenen<br />
Übungsprozesses wird die Spielfähigkeit<br />
zunehmend besser. Technik<br />
und Taktik entwickeln sich im<br />
Spiel. Die vereinfachten Spiele<br />
nähern sich immer mehr dem regelgerechten<br />
<strong>Tennis</strong>spiel an. Sie<br />
stellen in ihrer Gesamtheit eine<br />
Spielreihe dar. Der Lehrer kann dabei<br />
eher deduktiv oder eher induktiv<br />
vorgehen.<br />
Deduktiv bedeutet im Rahmen der<br />
spielorientierten Konzeption, daß<br />
der Lehrer Spiele und Spielformen<br />
genau vorschreibt, induktiv dagegen,<br />
daß er die Schüler im Rahmen<br />
der vorgegebenen äußeren<br />
Gegebenheiten Spiele ausprobieren<br />
und selbst finden und variieren<br />
läßt.<br />
Technikorientierte<br />
Konzeption<br />
Im Mittelpunkt steht hier die<br />
schrittweise Vermittlung von Teilen<br />
des Spiels, also vor allem von<br />
technischen Fertigkeiten (diese jedoch<br />
auch unter taktischen Gesichtspunkten).<br />
Es wird davon ausgegangen, daß<br />
sich durch die schrittweise Einführung,<br />
Verbesserung und Erweiterung<br />
der einzelnen Techniken<br />
auch die Qualität des Spiels verbessert.<br />
Die Vermittlung der notwendigen<br />
Fertigkeiten kann ganzheitlich<br />
oder teilorientiert erfolgen (vgl.<br />
Abb. 6, S. 27).<br />
Von einer Ganzheitsmethode<br />
spricht man dann, wenn eine<br />
Technik ohne Zwischenschritte als<br />
Ganzes erlernt wird. Das bedeutet<br />
für den <strong>Tennis</strong>lehrer, daß er entweder<br />
- die zu erlernende Technik als<br />
Ganzes vormacht und sie danach<br />
vom Schüler in einer angemessenen<br />
Übungsphase<br />
nachvollziehen läßt und ggf.<br />
korrigiert,<br />
- die Technik wiederholt vormacht<br />
und jeweils in kürzeren<br />
Abständen (10-20 Sek.) vom<br />
Schüler nachmachen läßt<br />
(Imitationslernen, Lernen auf<br />
Anhieb, s.S. 18/19) oder<br />
- ohne vorherige Demonstration<br />
eine Aufgabenstellung vorgibt<br />
und den Schüler die Technik<br />
ganzheitlich in einer angemessenen<br />
Übungsphase herausfinden<br />
läßt.<br />
Unter Teilmethode versteht man<br />
ein Verfahren, bei dem der <strong>Tennis</strong>lehrer<br />
das Erlernen einer Fertigkeit<br />
über eine Reihe von Zwischenschritten<br />
organisiert und vermittelt.<br />
Es werden zunächst Einzelteile<br />
der Zielform erlernt und diese<br />
anschließend zusammengesetzt.<br />
Idealtypisches methodisches Mittel<br />
eines solchen Verfahrens stellt die<br />
Übungsreihe dar.<br />
Sowohl die ganzheitliche Fertigkeit<br />
als auch Teilbewegungen können<br />
den Schülern vorschreibend (deduktiv)<br />
oder ausprobierend (induktiv)<br />
angeboten werden.<br />
Am Beispiel einer Übungsreihe<br />
zum Erlernen des Aufschlags ist<br />
das Vorgehen nach der Teilmethode<br />
dargestellt:<br />
1. Hochwerfen des Balles mit der<br />
linken Hand:<br />
Mit der linken Hüfte nahe an<br />
eine Wand oder einen Zaun<br />
stellen. Die Wurfhöhe ist durch<br />
eine Markierung angedeutet.<br />
Der Ball soll mit der linken<br />
Hand bis zur Markierung steil<br />
nach oben geworfen werden.<br />
Vor der linken Fußspitze ist im<br />
Abstand von ca. 30 cm eine<br />
kleine Zielfläche markiert (Zeitung,<br />
Reifen, <strong>Tennis</strong>schläger,<br />
Schlägerhülle). Auf diese Fläche<br />
soll der Ball nach dem Hochwerfen<br />
auftreffen.<br />
2. Bewegungsablauf des rechten<br />
Armes ohne Schläger:<br />
Den Ball aus der Ausgangsstellung<br />
mit der rechten Hand über<br />
das Netz bzw. in das gegenüberliegende<br />
Aufschlagfeld<br />
werfen.<br />
3. Bewegungsablauf des rechten<br />
Armes mit Schläger:<br />
Der Schüler steht in Ausgangsstellung<br />
hinter einer Linie<br />
(T-Linie oder Grundlinie)<br />
und übt in flüssiger und<br />
rhythmischer Folge mit dem<br />
Schläger in der rechten Hand<br />
die Aushol-, Schlag- und<br />
Ausschwungbewegung.<br />
4. Koordination von Wurf- und<br />
Schlagbewegung:<br />
Den Ball mit der linken Hand<br />
hochwerfen und ihn in der<br />
oben beschriebenen Form mit<br />
dem Schläger nach vorne-oben<br />
wegschlagen.<br />
Spielorientierte oder<br />
technikorientierte<br />
Konzeption<br />
In der Regel sollten die gegensätzlichen<br />
Konzeptionen miteinander<br />
kombiniert werden, sich also gegenseitig<br />
ergänzen. Für die konkrete<br />
Unterrichtssituation müssen<br />
diese Kombinationen in Abhängigkeit<br />
von Gruppe, Zielstellung und<br />
Leminhalt festgelegt werden. Da<br />
jeder <strong>Tennis</strong>unterricht am Ende<br />
Spielfähigkeit anstrebt, ob wettkampforientiert<br />
oder nicht, sollten<br />
immer wieder tennisähnliche<br />
Spiele angeboten werden. Diese<br />
Spiele müssen dem Niveau der<br />
Schüler angepaßt sein, d. h., sich<br />
folgerichtig an den vorher erlernten<br />
Techniken ausrichten. Die zunehmend<br />
komplexer werdenden<br />
tennisähnlichen Spiele stellen also<br />
die Spielreihe dar, bilden aus der<br />
28
Methodische Konzeptionen<br />
• Die zu erlernende Technik ist<br />
für einen einzelnen Schüler zu<br />
schwierig (z. B. Aufschlag).<br />
• Der <strong>Tennis</strong>lehrer hat Schüler mit<br />
Lernschwierigkeiten, denen ein<br />
ganzheitliches Lernen auch im<br />
Kleinfeld und mit Lerngeräten<br />
nicht gelingt.<br />
• In ganzheitlich probierten Techniken<br />
gelingen dem Schüler<br />
Teilbewegungen nicht, so daß<br />
diese in besonderem Maße geschult<br />
und verbessert werden<br />
müssen (z.B. Schlinge hinter<br />
dem Rücken beim Aufschlag).<br />
Deduktives oder<br />
induktives Vorgehen<br />
Abb. 7 Möglichkeit für eine kombinierte Spielkonzeption für die Einführung von<br />
<strong>Tennis</strong> mit Kindern<br />
Sicht der spielorientierten Konzeption<br />
gleichsam die »Hauptstraße«<br />
des Unterrichts. In diesem Fall<br />
müssen jedoch auf »Nebenstraßen«<br />
stets auch technische und<br />
taktische Fertigkeiten vermittelt<br />
werden (Abb. 7). Andererseits<br />
sollte der Lehrer, der eher technikorientiert<br />
vorgeht, auch daran<br />
denken, die erlernten Techniken in<br />
Spielformen anwenden zu lassen.<br />
Nur in den folgenden Ausnahmefällen<br />
sollte sich der <strong>Tennis</strong>lehrer<br />
für eine rein spiel- oder rein technikorientierte<br />
Konzeption entscheiden:<br />
• Ein Schüler wünscht ausdrücklich,<br />
daß ihm der Lehrer nur bestimmte<br />
Techniken vermittelt<br />
oder verbessert (technikorientiert).<br />
• Ein Schüler wünscht, daß der<br />
Lehrer ausschließlich mit ihm<br />
spielt (spielorientiert).<br />
• Lernschwache Schüler sind über<br />
längere Zeit noch nicht in der<br />
Lage, Erlerntes im Spiel anzuwenden<br />
(technikorientiert).<br />
• Schüler haben stabile Techniken,<br />
deren taktische Anwendung<br />
im Spiel verbessert werden<br />
soll (spielorientiert).<br />
Ganzheits- oder<br />
Teilmethode<br />
Der <strong>Tennis</strong>lehrer sollte bei der Vermittlung<br />
von Techniken vorrangig<br />
ganzheitlich vorgehen. Allerdings<br />
bietet sich in folgenden Fällen eine<br />
Teilmethode an:<br />
Die Entscheidung für die eine oder<br />
die andere Verfahrensform (s. Tab.<br />
3) ist abhängig von<br />
• der zur Verfügung stehenden<br />
Übungszeit,<br />
• dem Alter der Schüler,<br />
• dem Schwierigkeitsgrad der zu<br />
erlernenden Fertigkeit,<br />
• der Wichtigkeit übergeordneter<br />
(nichtmotorischer) Lernziele.<br />
Es ist offenkundig, daß ein induktives<br />
Darbieten und Erlernen länger<br />
dauert und nicht immer zum<br />
gewünschten Ziel führt. Es ist daher<br />
normalerweise ein deduktives<br />
Vorgehen vorzuziehen.<br />
Trotzdem sollte der <strong>Tennis</strong>lehrer<br />
in seinem Unterricht gelegentlich<br />
induktiv vorgehen, um Selbständigkeit,<br />
Kreativität und Einsicht<br />
seiner Schüler zu entwickeln und<br />
zu fördern:<br />
• Insbesondere Kinder könnte<br />
man hin und wieder induktiv<br />
lernen lassen. Selbständiges<br />
Ausprobieren regt die Phantasie<br />
an und motiviert besonders<br />
zum Üben.<br />
• Bei der Einführung von neuen<br />
Techniken könnte man induktiv<br />
beginnen und nach angemesse-<br />
29
Grundlagen des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
Arbeitsschritte<br />
Kennzeichen<br />
Beispiel:<br />
Einführung des Schmetterballs<br />
Deduktives Verfahren: Lehrergibt vor<br />
1. Bewegungsbeschreibung und<br />
Demonstration<br />
2. Bewegungsanweisung (Übungsorganisation<br />
3. Ggf. Bewegungshilfe<br />
4. Bewegungskorrektur<br />
5. Ggf. weitere Bewegungsanweisungen<br />
6. Situative Anwendung<br />
- Ziel im Vordergrund<br />
- Lenkendes Vorgehen des Lehrers<br />
- Konkrete Bewegungsvorstellung<br />
- schnelles Erreichen des Zieles durch<br />
ökonomisches Vorgehen<br />
- Motivation oft nur von außen durch<br />
den Lehrer möglich<br />
1. Erläuterung von Situation und<br />
Absicht<br />
2. Demonstration<br />
3. Bestimmung des Treffpunkts<br />
(Ballangel)<br />
4. Strecken des Schlagarms zum Treffpunkt<br />
5. Einnehmen der seitlichen Schlagstellung<br />
6. Anwerfen des Balles durch den Lehrer<br />
- Wegschlagen über das Netz mit<br />
einer sehr kurzen Schlagbewegung<br />
(nur Hauptaktion)<br />
7. Ggf. Korrekturen<br />
Tab. 3 Gegenüberstellung von deduktivem und induktivem Verfahren<br />
Induktives Verfahren: Schüler probiert aus<br />
1. Bewegungsaufgabe<br />
2. Lenken der Versuche und des Erprobens<br />
3. Herausstellen günstiger Lösungsmöglichkeiten<br />
4. Demonstration günstiger Lösungen<br />
und Bewegungserklärung<br />
- Lernprozeß im Vordergrund<br />
- Selbständiges Erproben<br />
- Konkrete Aufgabenstellung<br />
- Zielerreichung auf Umwegen<br />
- Schüler meistens durch die Aufgabe<br />
motiviert<br />
1. Schüler am Netz aufstellen. Lob zuspielen,<br />
Aufgabenstellung: »Ball ins<br />
Feld spielen«<br />
2. »Versuch, den Ball schnell und seitlich<br />
herauszuspielen«<br />
3. »Schaut, wie Monika den Ball spielt -<br />
versucht das nachzumachen«<br />
4. »Ich zeige und erkläre euch nochmals,<br />
wie Monika den Ball geschmettert<br />
hat«<br />
5. »Dieter, du hast Probleme, den Ball<br />
gut zu treffen, wir machen nochmals<br />
folgende Vorübungen ...«<br />
ner Zeit deduktiv weiterarbeiten.<br />
Bei vereinfachten Aufgabenstellungen<br />
erkennen die<br />
Lernenden die taktische Notwendigkeit<br />
der Technik und<br />
den möglichen Fortschritt.<br />
Zusammenfassung<br />
Es lassen sich insgesamt folgende<br />
Empfehlungen geben:<br />
1. Spiel- und technikorientiertes<br />
Vorgehen im <strong>Tennis</strong>unterricht<br />
sollte möglichst miteinander<br />
kombiniert, d.h. erlernte Techniken<br />
anschließend immer in<br />
Spielformen erprobt und angewendet<br />
werden.<br />
2. Unterrichtet der <strong>Tennis</strong>lehrer im<br />
Kleinfeld und verwendet Lernschläger<br />
und -balle, sollte spielorientiertes<br />
Vorgehen Vorrang<br />
haben, d.h., es sollte überwiegend<br />
gespielt und Techniken<br />
und Taktik oft im Spiel erarbeitet<br />
werden.<br />
3. Schlagtechniken sollten vorwiegend<br />
ganzheitlich vermittelt<br />
werden.<br />
4. Induktives Vorgehen ist insbesondere<br />
bei Kindern vorzuziehen.<br />
Der <strong>Tennis</strong>lehrer könnte<br />
oft induktiv beginnen und bei<br />
Lernschwierigkeiten deduktiv<br />
weiterarbeiten.<br />
Diese Hinweise sind selbstverständlich<br />
nur Empfehlungen. Auch<br />
hier führen viele Wege nach Rom.<br />
Das bedeutet, es wird manche Situation<br />
geben, wo ein anderes<br />
Vorgehen sinnvoll ist. Das wurde<br />
zuvor im Text in einer Reihe von<br />
Ausnahmen deutlich gemacht.<br />
Entscheidend ist, daß die Schüler<br />
vom Unterricht begeistert sind.<br />
Unterrichtsmaßnahmen<br />
Die konkreten Maßnahmen des<br />
<strong>Tennis</strong>lehrers im Unterricht sind:<br />
• Vormachen<br />
• Bewegungen beschreiben<br />
• Bewegungen erklären<br />
• Bewegungen anweisen<br />
• Bewegungsaufgaben stellen<br />
• Bewegungen korrigieren<br />
• Zuspielen<br />
• Organisieren<br />
• Verwenden von Medien und<br />
Hilfsmitteln<br />
Vormachen<br />
Das Vormachen (Demonstration)<br />
durch den Lehrer ist zunächst die<br />
wichtigste und in der Regel immer<br />
die erste Informationsquelle für<br />
30
Unterrichtsmaßnahmen<br />
Grundsatz Begründung Beispiel<br />
Auf optimale Stellung zum Schüler<br />
achten<br />
Technisch richtig vormachen<br />
Der zu beobachtende Teil der Bewegung<br />
muß deutlich zu sehen sein<br />
Schaffen einer optimalen Bewegungsvorstellung<br />
für den Schüler<br />
Mit dem Rücken zum Schüler stehen,<br />
um die Schlägerbewegung in<br />
der Schleife beim Aufschlag demonstrieren<br />
zu können<br />
Deutliches Beibehalten der seitlichen<br />
Schlagstellung beim Rückhand-Flugball<br />
Schwerpunkt für die Beobachtung<br />
angeben<br />
Unmittelbaren Nachvollzug der<br />
Demonstration ermöglichen<br />
Demonstration häufig wiederholen<br />
Schülergerecht demonstrieren<br />
Demonstration als begleitende<br />
Information zum taktischen<br />
Zusammenhang geben<br />
Auch ohne Ball demonstrieren<br />
(Trockendemonstration)<br />
Erforderlichenfalls Teilbewegungen<br />
angemessen vormachen<br />
Lenkung der Aufmerksamkeit auf<br />
bestimmte Bewegungsteile<br />
Information bleibt innerhalb von<br />
etwa 20 Sekunden gegenwärtig und<br />
kann sofort umgesetzt werden<br />
Schaffung einer vollständigen und<br />
genaueren ßewegungsvorstellung<br />
Anpassen der räumlichen und zeitlichen<br />
Struktur an den Leistungsstand<br />
der Schüler<br />
Bewußtmachen von Situationen und<br />
Zielen für die Anwendung der<br />
Schlagarten<br />
Ablenkung des Schülers durch den<br />
Ballflug vermeiden<br />
Herausstellen wesentlicher Bewegungsdetails<br />
Beobachten der linken Hand beim<br />
Rückhand-Grundschlag<br />
Technik des Flugballs auf Zuspiel<br />
durch die Ballmaschine sofort nachvollziehen<br />
lassen<br />
Schlagbewegung beim Vorhand-<br />
Flugball mehrfach hintereinander<br />
und mehrfach zwischendurch zeigen<br />
Räumlich: starkes Kniebeugen zum<br />
Halbflugball. Zeitlich: verlangsamte<br />
Aufschlagbewegung<br />
Wann und wohin spielt man einen<br />
Stop?<br />
Vorhand-Grundschlag als Gesamtbewegung<br />
vormachen<br />
Ausholbewegung zum Schmetterball<br />
vormachen<br />
Tab. 4<br />
Grundsätze und Formen für eine optimale Demonstration<br />
den Schüler. Sie erfüllt folgende<br />
wichtige Funktionen:<br />
• Die Lernenden bekommen auf<br />
schnelle und zugleich genaue<br />
Weise eine erste Information<br />
über das, was sie lernen sollen<br />
und wollen.<br />
• Der Lehrer zeigt mit seiner Demonstration,<br />
daß er das, was er<br />
vermitteln will, ernst nimmt und<br />
selbst beherrscht.<br />
• Der Lehrer motiviert die Lernenden<br />
durch sein persönliches<br />
Vorbild.<br />
• Die Schüler können unter Umständen<br />
ganzheitlich lernen.<br />
• Durch gleichzeitiges Mitvollziehen<br />
der gezeigten Bewegung<br />
(Imitation) ist ein direktes Lernen<br />
möglich.<br />
Einordnung des Vormachens<br />
in den Lernprozeß<br />
Die zu erlernende Technik sollte<br />
zunächst in ihrem taktischen Zusammenhang<br />
erläutert und ggf.<br />
gezeigt werden. Dadurch können<br />
die Lernenden die entsprechende<br />
Fertigkeit in ihrer Bedeutung für<br />
das Spiel einordnen und deren<br />
Stellenwert für ihre eigene Spielfähigkeit<br />
abschätzen.<br />
Anschließend erfolgt die eigentliche,<br />
schülergerechte Demonstration,<br />
um eine erste räumliche,<br />
ggf. auch zeitlich-dynamische Bewegungsvorstellung<br />
als bildlichen<br />
Eindruck zu erreichen. Tabelle 4<br />
faßt die wichtigsten Grundsätze<br />
und Formen für eine optimale<br />
Demonstration zusammen.<br />
Abb. 8<br />
Lehrerdemonstration<br />
31
Grundlagen des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
—•••••—••B—Bwamtai^ ••,. u ; ,;.'<br />
Sprache und Sprechen<br />
im Unterricht<br />
Die Sprache im Unterricht umfaßt<br />
alle Äußerungen des Lehrers, mit<br />
denen er das Lernen anleitet und<br />
organisiert. Es umfaßt aber auch<br />
die Äußerungen der Schüler sowie<br />
das Gespräch zwischen Lehrer und<br />
Schüler.<br />
Mit Sprechen kann der Lehrer<br />
• Bewegungen beschreiben<br />
• Bewegungen erklären<br />
• Bewegungen anweisen<br />
• Bewegungsaufgaben stellen<br />
• Bewegungen korrigieren<br />
Wesentliche Anforderungen an die<br />
Sprache des Lehrers sind in Tabelle<br />
5 zusammengefaßt.<br />
Anpassung der Sprache<br />
an die Schüler<br />
Benutzt der <strong>Tennis</strong>lehrer die Sprache<br />
der Lehrpläne, dann ist sicher<br />
die sachliche Richtigkeit gegeben.<br />
Allerdings wird diese Sprache den<br />
Schülern oft nicht verständlich<br />
sein. Nun sind die Lehrpläne in erster<br />
Linie für den Lehrer geschrieben<br />
worden. Für ihn haben sie<br />
eine Wissensfunktion.<br />
Demgegenüber soll die Sprache im<br />
Unterricht für die Schüler eine<br />
handlungsanregende Funktion besitzen.<br />
Sie soll die Bewegungsvorstellungen<br />
und Handlungspläne<br />
der Schüler entwickeln und verbessern<br />
helfen sowie motivierend<br />
wirken. Insofern muß sich Unterrichtssprache<br />
sehr oft von <strong>Lehrplan</strong>ssprache<br />
unterscheiden. So<br />
kann man z.B. den Schülern beim<br />
Üben des Grundschlages mit der<br />
Vorhand sagen, sie mögen den<br />
Ball mit dem Schläger lange in<br />
Schlagrichtung »führen«, obwohl<br />
der Kontakt zwischen Ball und Besaitung<br />
nur wenige Tausendstel<br />
Sekunden beträgt. Trotzdem wird<br />
diese Information in vielen Fällen<br />
den Schülern helfen, genauer zu<br />
treffen, weil sie während der<br />
Schlagphase das Gewicht nach<br />
vorne verlagern und den Oberkörper<br />
mitdrehen.<br />
Die Sprache im Unterricht muß<br />
sich also ausrichten:<br />
• an der Struktur des zu vermittelnden<br />
Stoffes,<br />
• am Auffassungs- und Vorstellungsvermögen<br />
der Schüler, das<br />
durch deren Alter, Intelligenz<br />
und bisherige Ausbildung bestimmt<br />
wird.<br />
Insbesondere ist es wichtig zu<br />
wissen, daß der Lehrer zumeist die<br />
Bewegung anspricht, die er als<br />
Betrachter sieht, also die Außenperspektive<br />
der Bewegung. Er orientiert<br />
sich vornehmlich am räumlich-zeitlichen<br />
Ablauf der Bewegung.<br />
Seine Sprache ist deshalb an<br />
der visuellen Wahrnehmung orientiert.<br />
Die Schüler dagegen nehmen<br />
die Bewegung eher über die Innenperspektive<br />
(sog. kinästhetische<br />
Wahrnehmung) wahr. Sie<br />
»fühlen«, daß der Ball zu spät getroffen<br />
wurde und »spüren«, daß<br />
sie sich in Rücklage befanden und<br />
den Schläger zu wenig geschwungen<br />
hatten usw. Sie brauchen deshalb<br />
vom Lehrer auch Informationen,<br />
die diese Innenperspektive<br />
ansprechen. Dies ist nicht immer<br />
leicht, da sich manche Phänomene<br />
der Innenperspektive der Bewegungshandlungen<br />
sprachlich nur<br />
teilweise fassen lassen, was sich<br />
auch darin äußert, daß die Schüler<br />
ihre inneren Erlebnisse häufig<br />
sprachlich nicht konkretisieren<br />
können.<br />
Der Lehrer muß bei seinen Äußerungen<br />
auch berücksichtigen, ob<br />
er die Schüler vor, während oder<br />
nach der Handlung anspricht.<br />
• Vor der Handlung sollte der<br />
Lehrer sich hauptsächlich fragen,<br />
wie er den Schülern beim<br />
Aufbau ihres Handlungsplanes<br />
helfen kann; dabei sollte er<br />
nicht zu viele Informationen<br />
geben, um die Schüler nicht zu<br />
überfordern.<br />
• Während die Schüler handeln,<br />
können sie kaum ausführliche<br />
Informationen aufnehmen und<br />
verarbeiten; deshalb müssen<br />
sich die sprachlichen Äußerungen<br />
auf Akzentuierungen des<br />
Bewegungsablaufs oder auf<br />
Rhythmisierung beschränken.<br />
Tab. 5 Anforderungen an die Sprache (verbale Information) des Lehrers<br />
• Nach der Handlung muß der<br />
Lehrer berücksichtigen, daß<br />
auch die Schüler ihre Bewegung<br />
wahrgenommen haben und<br />
verarbeiten. Es kommt also darauf<br />
an, diese Verarbeitung so<br />
zu unterstützen oder zu korrigieren,<br />
daß sie den Aufbau der<br />
nächsten Handlungspläne verbessert.<br />
Sachliche Günstiger Verständlichkeit Akustisches Klang Übereinstimmung<br />
Richtigkeit<br />
Informationsfluß<br />
Verstehen<br />
mit<br />
Körpersprache<br />
- Übereinstimmung - Sprech - Gliederung/Ordnung, - Anpassung - Lautstärke - Modulierung - Freundlichkeit<br />
mit <strong>Lehrplan</strong> tempo - Einfachheit an Alter und - Deutlichkeit - Tonhöhe - angemessene<br />
technik (biomecha - Sprech - Kürze/Prägnanz Vorkenntnisse - Klangfülle Gestik<br />
nisch und situativ pausen - Stimulanz/Anregung der Schüler - Sympathie<br />
ermittelt)<br />
der Sprache<br />
- methodisch richtig<br />
32
Unterrichtsmaßnahmen<br />
Bewegungen<br />
beschreiben<br />
Die Bewegungsbeschreibung dient<br />
zur Vorbereitung und Ergänzung<br />
der visuellen Informationen und<br />
damit zur Verbesserung der Bewegungsvorstellung<br />
des Lernenden.<br />
Sie ist eine geordnete Darstellung<br />
des räumlichen, zeitlichen und<br />
dynamischen Ablaufs der entsprechenden<br />
Fertigkeit.<br />
Die Bewegungsbeschreibung hat<br />
folgende Funktionen:<br />
• Sie präzisiert die Zielangabe<br />
(z.B. beim Aufschlag: »Der<br />
Schläger wird hinter dem<br />
Rücken zunehmend beschleunigt«),<br />
• Sie kann die Aufmerksamkeit<br />
der Lernenden auf Wesentliches<br />
lenken (z.B. beim Topspin:<br />
»Achtet auf die steile und<br />
schnelle Aufwärtsbewegung<br />
des Schlägers«).<br />
• Sie kann an Bekanntem anknüpfen<br />
(»Nehmt den Schläger<br />
so zurück wie beim Ausholen<br />
zum Flugball« als Beschreibung<br />
der Ausholbewegung beim<br />
Rückhandreturn auf einen<br />
Twist-Aufschlag).<br />
Die Bewegungsbeschreibung dient<br />
zur Begleitung und Ergänzung des<br />
Vormachens. Das bedeutet:<br />
• Sie kann Ordnung in die Bewegungsvorstellung<br />
der Lernenden<br />
bringen (z.B. beim Aufschlag:<br />
»Das linke Knie streckt<br />
sich bereits, wenn der Schlägerkopf<br />
noch nach unten zum<br />
Wendepunkt hinter dem<br />
Rücken schwingt«).<br />
• Sie kann Wesentliches deutlich<br />
von Unwesentlichem trennen<br />
(z. B. beim Topspin mit der Vorhand:<br />
»Es ist wichtig, daß der<br />
Schläger schnell und steil nach<br />
oben geschwungen wird, egal<br />
dagegen wohin und wie weit<br />
ihr ausschwingt«).<br />
Bewegungen<br />
erklären<br />
Die Bewegungserklärung kann der<br />
Ergänzung und Begründung der<br />
Bewegungsbeschreibung dienen,<br />
soweit sie für nötig erachtet oder<br />
von den Schülern verlangt wird.<br />
Mit der Bewegungserklärung sollen<br />
vor allem funktionale Zusammenhänge<br />
vermittelt werden. So<br />
kann den Schülern deutlich gemacht<br />
werden, welche Funktion<br />
die Hauptaktion einer Technik bei<br />
der Lösung einer taktischen Aufgabe<br />
hat, inwieweit bestimmte<br />
Ausprägungen der Hilfsaktionen<br />
vorbereitend, unterstützend oder<br />
behindernd wirken. Damit hilft die<br />
Bewegungserklärung, Einsicht und<br />
Überzeugung für das Gelernte zu<br />
vermitteln.<br />
Die gegebenen Bewegungserklärungen<br />
sollten<br />
• kurz und bündig sein, wenn sie<br />
unmittelbar am <strong>Tennis</strong>platz<br />
erfolgen,<br />
• in Gespräch und Diskussion<br />
nach dem Unterricht münden,<br />
wenn die Lernenden dies wünschen<br />
oder der Lehrende es für<br />
erforderlich hält,<br />
• gegebenenfalls durch eine<br />
gleichzeitige Demonstration<br />
unterstützt werden.<br />
Bewegungen<br />
anweisen<br />
Mit einer Bewegungsanweisung<br />
organisiert der Lehrer das Üben<br />
und leitet die Lernenden an. Er<br />
gibt in der gebotenen Kürze, aber<br />
so genau wie möglich an, wie der<br />
jeweils nächste Lernschritt und die<br />
entsprechende Organisationsform<br />
aussehen sollten. Damit ist die Bewegungsanweisung<br />
vor allem ein<br />
Merkmal des deduktiven Unterrichts<br />
(s. S. 29).<br />
Bewegungsaufgaben<br />
stellen<br />
Die Bewegungsaufgabe stellt im<br />
Gegensatz dazu den wesentlichen<br />
Teil eines induktiven Vorgehens<br />
dar (s. S. 29). Wird dabei der Lösungsspielraum<br />
der Übenden nicht<br />
eingeschränkt, spricht man von einer<br />
»freien Bewegungsaufgabe«.<br />
Wird, um ein Ziel schneller zu<br />
erreichen oder um die Einsicht der<br />
Lernenden zu fördern, vorher eine<br />
Information zur Orientierung<br />
gegeben, so handelt es sich um<br />
eine »gebundene Bewegungsaufgabe«.<br />
Bewegungen<br />
korrigieren<br />
Beim Erlernen von neuen Fertigkeiten<br />
entstehen zwangsläufig<br />
auch Fehler. Bewegungen werden<br />
korrigiert, wenn sie<br />
• direkt zu Fehlern (Ball nicht<br />
getroffen, im Netz oder Aus)<br />
führen,<br />
• zu taktisch ungünstigen Situationen<br />
(z.B. Ball zu kurz)<br />
führen,<br />
• langfristig die Weiterentwicklung<br />
des Lernenden<br />
(z. B. Mittelgriff verhindert<br />
extremen Vorwärtsdrall)<br />
behindern.<br />
Feststellen des Fehlers<br />
Entsprechend der funktionalen Bewegungsanalyse<br />
(s. <strong>Band</strong> 1, Seite<br />
20ff.) sollte der <strong>Tennis</strong>lehrer seine<br />
Korrektur an der Erreichung des<br />
taktischen (Bewegungs-)Ziels<br />
orientieren. Das bedeutet, daß er<br />
beurteilt, inwieweit die entsprechende<br />
Technik geeignet und der<br />
Spieler in der Lage ist, die taktische<br />
Aufgabe zu erfüllen.<br />
Insofern empfiehlt sich für den<br />
Lehrer beim Feststellen von Feh-
Grundlagen des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
lern grundsätzlich folgendes Vorgehen:<br />
• Beobachten der betreffenden<br />
Technik möglichst im Spiel oder<br />
unter bei spielnahen Bedingungen<br />
oder entsprechendem Zuspiel<br />
• Feststellen, ob<br />
- der Ball nicht getroffen<br />
wurde<br />
- der Ball im Netz oder Aus<br />
landete<br />
- die taktische Aufgabe nicht<br />
erfüllt wurde<br />
• Beurteilen der Hauptaktion der<br />
Technik in bezug auf die genannten<br />
Fehlerarten<br />
• Beurteilen der Hilfsaktionen -<br />
ggf. als Ursache für eine fehlerhafte<br />
Hauptaktion (Fehler/<br />
Folgefehler)<br />
• Beurteilen der Spielräume der<br />
Hilfsaktionen in Abgrenzung zu<br />
Fehlern und Mängeln<br />
• Beurteilen der Bewegungen des<br />
Kopfes, des linken Armes oder<br />
der Beinarbeit als Komponenten,<br />
die häufig nicht als Hilfsaktionen<br />
beschrieben werden<br />
Ursachen für Fehler<br />
Fehler entstehen zunächst aufgrund<br />
von Koordinationsproblemen<br />
beim Erlernen neuer Techniken.<br />
Weil Gesehenes und Gehörtes<br />
in unterschiedlicher Weise in<br />
Bewegung umgesetzt wird, können<br />
bei verschiedenen Schülern<br />
ganz unterschiedliche Fehler entstehen.<br />
Ist der Lehrer geduldig,<br />
das heißt, wiederholt er seine<br />
Informationen und gibt ausreichend<br />
Zeit zum Erproben, verschwinden<br />
manche Fehler von<br />
selbst. Darüber hinaus gibt es eine<br />
Reihe von weiteren Ursachen:<br />
• Fehler als Folge von Fehlern in<br />
der Ballberechnung (Timing,<br />
Abstand)<br />
• Fehler als Folge unangemessener<br />
Absichten (z.B. Ball wird<br />
viel zu schnell gespielt) und taktischer<br />
Fehleinschätzungen<br />
• Konditionelle Schwächen<br />
• Allgemeine koordinative<br />
Schwächen (auch Mangel an<br />
sportlichen Vorerfahrungen)<br />
• Mangelndes Ballgefühl<br />
• Fehlende Motivation<br />
Bevor der Lehrer diese Mängel<br />
nicht durch geeignete Vorübungen,<br />
ergänzende Übungsprogramme<br />
und spezifische Maßnahmen<br />
ausgeglichen hat, werden<br />
seine Bewegungskorrekturen relativ<br />
unwirksam bleiben.<br />
Grundsätze für Bewegungskorrekturen<br />
Bei den Korrekturen sind folgende<br />
Grundsätze zu beachten:<br />
• Fehlerursache ergründen.<br />
• Der Lehrer soll zunächst einmal<br />
abwarten, bevor er korrigiert;<br />
der Schüler muß Zeit „haben, '<br />
sich mit der Bewegung vertraut<br />
zu machen, so daß falsche Bewegungen<br />
beim Üben unter<br />
Umständen von selbst abgestellt<br />
werden oder der Schüler<br />
sich bewußt selbst korrigiert.<br />
• Erfolgt diese Selbstkorrektur<br />
nicht, dann soll die Korrektur<br />
möglichst sofort nach der<br />
falschen Bewegungsausführung<br />
erfolgen.<br />
• Zuerst Korrekturen, die helfen,<br />
den Ball zu treffen und ins<br />
Spielfeld zu schlagen; d.h. in<br />
der Regel, Fehler in der Hauptaktion<br />
oder in den Hilfsaktionen,<br />
die die Hauptaktion negativ<br />
beeinflussen, korrigieren.<br />
• Die Notwendigkeit einer Korrektur<br />
sollte sich zunächst an<br />
der taktischen Aufgabe, und<br />
nicht am Bewegungsablauf<br />
orientieren, d.h., sie sollte erst<br />
einsetzen, wenn die Funktion<br />
der entsprechenden Technik in<br />
der Spielsituation nicht erfüllt<br />
werden kann.<br />
• Nur einen Fehler und nicht<br />
mehrere gleichzeitig ansprechen.<br />
• Korrekturen selten mit Kritik,<br />
sondern eher mit Ermunterung<br />
verbinden.<br />
• Korrekturen nicht negativ formulieren<br />
(z.B. »zu später Treffpunkt«),<br />
sondern möglichst als<br />
Hilfestellung anbieten (z.B.<br />
»früher vorschwingen«).<br />
• Schülergerecht, d.h. dem Leistungsstand<br />
entsprechend korrigieren<br />
(keine Feinkorrektur im<br />
Stadium der Grobform).<br />
• Kein Beharren auf Korrekturhilfen,<br />
wenn diese nicht zum<br />
Erfolg führen; andere Hilfe anbieten,<br />
sonst wird der Schüler<br />
entmutigt.<br />
• Teilbewegungen gegebenenfalls<br />
auch isoliert bearbeiten<br />
und dann die richtige Teilbewegung<br />
in die Gesamtbewegung<br />
einbauen (z.B. nur Ausholbewegung<br />
zum Flugball schulen).<br />
• Vorsicht mit der Demonstration<br />
von Fehlerbildern (Störung der<br />
richtigen Bewegungsvorstellung).<br />
Korrekturmaßnahmen<br />
Um auftretende Fehler zu korrigieren,<br />
bieten sich die folgenden<br />
Maßnahmen an:<br />
• Bewegungs-Anweisung; z. B.<br />
»Strecke deinen Arm beim<br />
Zuschlagen« oder »Spiele länger<br />
an die Grundlinie«<br />
• Erneute Demonstration von<br />
Teilen der Technik oder der<br />
Gesamtbewegung, auch durch<br />
Video, Bildreihe u.a.<br />
• Aufgabenstellung:<br />
- Günstige taktische Lösung<br />
durch entsprechende Aufgabenstellung<br />
erreichen (z.B.:<br />
»Spiele höher« und damit<br />
länger)<br />
- Vereinfachte Aufgaben; z.B.<br />
mit weniger Schwung über<br />
34
kürzere Entfernung spielen<br />
- Aufgaben mit bildhafter Vorstellung;<br />
z.B. Gewichtsverlagerung<br />
beim Flugball, so als<br />
ob man eine Stufe hinuntersteigen<br />
wollte<br />
- Aufgaben, die das Gefühl<br />
ansprechen; z.B. Ausführung<br />
der Schlagbewegung mit<br />
einem schweren <strong>Tennis</strong>schläger,<br />
so daß der<br />
Schwung beim Aufschlag<br />
verspürt wird<br />
- Aufgaben mit einem Vergleich;<br />
z.B. Aufschlagbewegung<br />
wie eine Wurfbewegung<br />
durchführen<br />
- Aufgaben mit bewußter<br />
»Übertreibung«; z.B. bei zu<br />
großer Schleife beim Grundschlag-Vorhand<br />
die Ausholbewegung<br />
geradlinig nach<br />
hinten-unten beginnen<br />
• Korrektur durch Zuspiel; z. B.<br />
kann ein kurzes Zuspiel einen<br />
frühen Treffpunkt erzwingen<br />
• Korrektur durch Lernhilfen<br />
(s. S. 38)<br />
• Korrektur durch rhythmische<br />
Zurufe zur Unterstützung der<br />
Bewegung<br />
Zuspielen<br />
Ein genaues Zuspiel erleichtert es<br />
den Lernenden,<br />
• den Ball unter konstanten oder<br />
systematisch variierten Bedingungen<br />
und<br />
• im idealen Treffpunkt zu<br />
schlagen.<br />
Dieses Zuspiel des Balles kann<br />
durch einen Lehrer, einen Partner<br />
oder auch durch eine Ballmaschine<br />
erfolgen.<br />
Gegenüber dem Zuspiel der Ballmaschine<br />
hat das Lehrerzuspiel<br />
den Vorteil, daß es schneller an<br />
den (die) Schüler angepaßt werden<br />
kann und so ein besseres Eingehen<br />
auf das unterschiedliche<br />
Leistungsniveau der Teilnehmer<br />
möglich ist. Außerdem ermöglicht<br />
die Ballmaschine für den Schüler<br />
keine spieltypische Vorausberechnung<br />
des Ballfluges. Allerdings<br />
kann die Ballmaschine den Lehrer<br />
stark entlasten.<br />
Abb. 10 Zuwurf von oben<br />
Abb. 9 Zuwurf von unten und leicht diagonal zum Treffpunkt, Lehrer steht dem Schüler genau gegenüber
Grundlagen des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
Das Zuspiel des Lehrers (auch Zuwurf)<br />
soll in der Regel von unten<br />
erfolgen (Abb. 9, S. 35), damit<br />
sich der Schüler besser auf seinen<br />
Schlag vorbereiten kann.<br />
Verfolgt man jedoch die Absicht,<br />
daß der Schüler den Ball im Aufsteigen<br />
schlagen soll (Slice, Stop),<br />
kann auch von oben zugeworfen<br />
werden (Abb. 10, S. 35).<br />
Folgende Punkte sind beim Zuspiel<br />
zu beachten:<br />
• Richtung<br />
• Länge<br />
• Höhe<br />
• Geschwindigkeit<br />
• Frequenz<br />
• Drallart<br />
Richtung des Zuspiels<br />
Der »stehende« Ball<br />
Der Ball wird genau senkrecht<br />
über dem beabsichtigten Treffpunkt<br />
fallengelassen (Abb. 11)<br />
bzw. angeworfen (Abb. 12); er<br />
springt dann vom Boden so hoch,<br />
daß sein Umkehrpunkt (Kulminationspunkt)<br />
genau in Treffpunkthöhe<br />
liegt; der Ball »steht« also im<br />
Treffpunkt.<br />
Das Anwerfen des Balles durch<br />
den Lehrer schult beim Schüler das<br />
Erkennen des Ballflugrhythmus<br />
und fördert das Gefühl für einen<br />
entsprechenden Schlagrhythmus.<br />
Ein bloßes Fallenlassen des Balles<br />
stellt erhöhte Anforderungen an<br />
die Reaktion und Koordination des<br />
Schülers, ist also nicht so günstig.<br />
Der Ball kann auch vom Schüler<br />
selbst angeworfen werden. Beim<br />
Anwurf zum Grundschlag Rückhand<br />
wird in der Schlagstellung<br />
der Schläger mit der linken Hand<br />
am Schlägerhals gehalten, mit der<br />
rechten Hand (Schlaghand) wird<br />
der Ball angeworfen und anschließend<br />
der Schläger mit der rechten<br />
Hand mit Rückhandgriff gefaßt<br />
und der Schlag ausgeführt.<br />
Zuspiel genau aus Schlagrichtung<br />
des Schülers<br />
Der Zuspieler steht genau gegenüber<br />
dem Treffpunkt, der Schüler<br />
darf aber aus Sicherheitsgründen<br />
den Ball nur so weich zurückspielen,<br />
daß ihn der Zuspieler ohne<br />
Schwierigkeiten fangen kann<br />
(Abb. 13). Bei diesem Zuspiel haben<br />
Anfänger den größten Erfolg.<br />
Zuspiel aus seitlich leicht<br />
versetzter Richtung<br />
Der Schüler soll schlagen können,<br />
ohne Angst haben zu müssen, den<br />
Zuspieler mit dem Ball zu treffen<br />
(Abb. 14, S. 37). Es muß gewährleistet<br />
sein, daß der Schüler keine<br />
Schwierigkeiten bekommt, den<br />
seitlichen Abstand zum Treffpunkt<br />
einzuhalten; der Ball darf also weder<br />
auf den Körper des Spielers<br />
zufliegen noch aus zu diagonaler<br />
Richtung zugespielt werden.<br />
Zuspiel von hinten<br />
Der Zuspieler steht hinter dem<br />
Schüler (Abb. 15, S. 37) und wirft<br />
den Ball in Schlagrichtung. Beim<br />
<strong>Tennis</strong>spielen kommt diese Situation<br />
zwar nicht vor, man kann<br />
aber einen deutlich vor dem Körper<br />
liegenden Treffpunkt und eine<br />
gute Gewichtsverlagerung in<br />
Schlagrichtung schulen.<br />
Abb. 11 Ball wird über dem geplanten Treffpunkt<br />
fallengelassen<br />
Abb. 12 Ball wird über dem geplanten Treffpunkt senkrecht<br />
nach oben geworfen<br />
36
Unterrichtsmaßnahmen<br />
Abb. 13 Zuwurf erfolgt genau aus der<br />
Schlagrichtung des Schülers<br />
Abb. 14 Zuwurf erfolgt aus zur<br />
Schlagrichtung seitlich versetzten<br />
Position, Ball springt nach dem Aufsprung<br />
auf dem Boden vom Schüler<br />
weg<br />
Abb. 15<br />
Zuwurf von hinten<br />
Länge des Zuspiels<br />
Es soll so zugespielt werden, daß<br />
der Schüler den Ball möglichst<br />
leicht im idealen (gewünschten)<br />
Treffpunkt schlagen kann. Das bedeutet,<br />
daß der Ball weder zu lang<br />
noch zu kurz zugespielt werden<br />
darf.<br />
Höhe des Zuspiels<br />
Je nach Schlagart bzw. entsprechender<br />
Situation liegt der Treffpunkt<br />
unterschiedlich hoch, z.B.:<br />
• in Kniehöhe beim tiefen Flugball,<br />
• in Brusthöhe beim Topspin-Lob,<br />
• über Kopfhöhe beim Schmetterball.<br />
Der Ball muß so zugespielt werden<br />
(direkt oder indirekt), daß er in der<br />
gewünschten Höhe geschlagen<br />
werden kann.<br />
Bei unterschiedlichen Körpergrößen<br />
in einer Gruppe hat das<br />
Zuspiel mit der Ballmaschine hier<br />
Nachteile, weil keine individuelle<br />
Anpassung möglich ist.<br />
Geschwindigkeit und Frequenz<br />
des Zuspiels<br />
Sowohl Geschwindigkeit als auch<br />
Frequenz müssen so gewählt werden,<br />
daß die Schüler ihrem Leistungsniveau<br />
entsprechend ausreichend<br />
Zeit für die Schlagvorbereitung<br />
und -durchführung<br />
haben.<br />
Drall des Zuspiels<br />
Beim Zuspiel des Balles mit Vorwärts-<br />
oder mit Rückwärtsdrall<br />
müssen Flugkurve sowie Absprungverhalten<br />
einkalkuliert und<br />
den Schülern bewußt gemacht<br />
werden, um sie nicht zu überfordern.<br />
Die Bälle sollten nicht nur einzeln<br />
zugespielt, sondern, sobald<br />
methodisch sinnvoll, auch vom<br />
Lehrer zurückgespielt werden<br />
(Ballwechsel).<br />
Der Erfolg im <strong>Tennis</strong>unterricht<br />
hängt weitgehend von einem<br />
guten, schülerangepaßten Zuspiel<br />
ab.<br />
Organisieren<br />
Die Planung der einzelnen Unterrichtseinheiten<br />
muß unter der<br />
gegebenen Zielstellung auch<br />
jeweils die Auswahl sinnvoller und<br />
geeigneter Organisationsformen<br />
einschließen.<br />
Vom <strong>Tennis</strong>lehrer muß vorher festgelegt<br />
werden,<br />
• wo die Lernenden stehen und<br />
üben sollen (etwa dicht am<br />
Netz, hinter der T-Linie, hinter<br />
der Grundlinie, eventuell vor<br />
einer Wand usw.) - abhängig<br />
von der jeweiligen Aufgabenstellung<br />
und vom Könnensstand<br />
der Schüler,<br />
• wie sich die Lernenden aufstellen<br />
sollen (Aufstellungsformen)<br />
- abhängig von dem zur Verfügung<br />
stehenden Platz und dem<br />
geplanten Ablauf,<br />
• in welcher Reihenfolge die geforderten<br />
Aufgaben erfüllt werden<br />
sollen (Verfahren des<br />
Übungsablaufs).
Grundlagen des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
Übliche Aufstellungsformen für größere Gruppen<br />
Freie Aufstellung mit jeweils entsprechend großem<br />
Abstand zwischen den Partnern<br />
Kreisaufstellung mit entsprechendem Abstand zu den<br />
Nebenleuten<br />
Halbkreisaufstellung<br />
Linienaufstellung, auch zwei Linien hintereinander,<br />
ggf. versetzt<br />
Rundlaufaufstellung; Spieler verteilen sich gleichmäßig<br />
auf beiden Seiten des Netzes<br />
Spieler verteilen sich gleichmäßig auf beiden Seiten des<br />
Netzes und bilden dort zwei oder drei Untergruppen, die<br />
hinter zugeordneten Positionen (Linien, Markierungen) stehen<br />
Gassenaufstellung<br />
Reihenaufstellung (nur bei zwei bis höchstens vier Teilnehmern)<br />
Anwendungsmöglichkeiten<br />
Übungen zur Gewöhnung an Ball und Schläger,<br />
Gymnastik, Stretching<br />
Übungen zur Gewöhnung an Ball und Schläger, einfache<br />
Spielformen wie Nummernspiel, Wanderball, etc.<br />
Gymnastik, Stretching, Ansagen, Erklärungen für alle<br />
Gymnastik, Stretching, Laufen, Sprints, Schlagbewegungen<br />
ohne Ball, Beinarbeit (Schrittkombinationen, Laufrhythmus)<br />
Rundlauf; bei ungerader Teilnehmerzahl bringt die<br />
Gruppe den Ball ins Spiel, die einen Teilnehmer mehr<br />
hat; Schlagrichtung vorgegeben<br />
Rundlauf mit zwei oder drei Bällen gleichzeitig, bei vorgegebener<br />
Schlagrichtung<br />
Zuwurf und Zuspiel partnerweise<br />
Spiel gegen die Wand, Schläge auf Zuspiel durch den<br />
Lehrer oder die Ballmaschine; nach einem oder mehreren<br />
Schlägen, auch von verschiedenen Positionen aus, stellt sich<br />
der Spieler wieder am Ende der Reihe an<br />
Tab. 6 Aufstellungsformen und Verfahren für den Übungsablauf<br />
Aufstellungsform und Verfahren<br />
des Übungsablaufs (Tab. 6) müssen<br />
gewährleisten, daß<br />
• der Lehrer alle Schüler gut<br />
beobachten kann,<br />
• alle Schüler sinnvoll beschäftigt<br />
sind,<br />
• keine längeren Pausen entstehen,<br />
• die Sicherheit der Schüler<br />
garantiert wird.<br />
Verwenden von<br />
Medien und<br />
Bewegungshilfen<br />
Wenn Ziele und Methoden des<br />
Unterrichts festliegen, wenn der<br />
<strong>Tennis</strong>lehrer weiß, wo sein Unterricht<br />
stattfindet (Freiplatz oder<br />
Halle), dann kann er entscheiden,<br />
ob der Einsatz von Medien und<br />
Lernhilfen sinnvoll ist. Das bedeutet,<br />
daß er abwägen muß, ob der<br />
Nutzen für den Lernfortschritt den<br />
notwendigen Aufwand für den<br />
Einsatz sowie gegebenenfalls für<br />
Auf- und Abbau der Geräte lohnt.<br />
Medien<br />
Darunter versteht man:<br />
• Bildmedien:<br />
- Einzel- und Reihenbilder,<br />
- Film, Video,<br />
• gedruckte Medien:<br />
- Lernkarten und Lernprogramme.<br />
Die wichtigsten Vorteile von<br />
Medien (s. Tab. 7) sind:<br />
• Bestmögliche Information<br />
• Besondere Motivierung<br />
• Verstärkte selbständige Arbeit<br />
der Lernenden<br />
• Entlastung des Lehrers für individuelle<br />
Betreuung<br />
Bewegungshilfen<br />
Bewegungshilfen dienen der Erleichterung<br />
und Unterstützung des<br />
Lernens sowie zur Motivierung der<br />
Schüler. Man unterscheidet Gerätehilfen<br />
(Tab. 8, S. 39) und personale<br />
Hilfen ( Tab. 9, S. 39).<br />
Bewegungshilfen, die nur eine gewünschte<br />
Lösung zulassen, führen<br />
zu einerzwingenden Situation:<br />
z.B. Einschränken der Ausholweite<br />
beim Flugball durch Hinhalten<br />
eines Schlägers (Abb. 18, S. 40).<br />
Im einzelnen verfolgt der Einsatz<br />
von Bewegungshilfen folgende<br />
Ziele:<br />
• Bewußtmachen des Bewegungsablaufs<br />
• Erleichterung der Unterrichtsorganisation<br />
• Gewährleistung von Sicherheit<br />
und Genauigkeit<br />
• Unterstützung der Konstanz der<br />
Bedingungen<br />
• Unterstützung der Motivation<br />
Bewegungshilfen zum Bewußtmachen<br />
der Bewegung<br />
Der räumliche Verlauf der Bewegung<br />
und das Bewegungsgefühl<br />
sollen bewußt gemacht werden,<br />
insbesondere sollen Hauptaktion<br />
und Lage des Treffpunkts herausgestellt<br />
werden.<br />
Beispiele:<br />
Hauptaktion Flugball:<br />
• Erzwingen der Schlagrichtung<br />
mit Hilfe einer am Netz befestigten,<br />
durch die Besaitung des<br />
Schlägers geführten und gespannten<br />
Schnur<br />
Treffpunkt bei allen Schlagarten:<br />
• Ball an einer Angel wird in den<br />
idealen Treffpunkt gehalten<br />
38
Unterrichtsmaßnahmen<br />
Stehende Bilder<br />
Bewegte Bilder<br />
Tab. 7<br />
Technische Möglichkeiten Vorteile Nachteile<br />
Gezeichnete Bildreihe<br />
Fotografierte Bildreihe<br />
Einzelbilder<br />
(Foto/Zeichnung)<br />
Video<br />
(Normalgeschwindigkeit)<br />
Video<br />
(Zeitlupe)<br />
Bildmedien<br />
- Beschränkung auf wesentliche<br />
Informationen<br />
- beliebig langes und häufiges Hinschauen<br />
möglich<br />
- geeignete methodische Übertreibungen<br />
möglich<br />
- Wie oben, Motivierung durch<br />
Vorbild<br />
- Konzentration auf wesentliche<br />
Schwerpunkte (hervorgehoben)<br />
möglich<br />
- Optimaler Gesamteindruck mit genauem<br />
zeitlich-dynamischem Ablauf<br />
(Sollwert)<br />
- Möglichkeit der Analyse der aufgezeichneten<br />
Schülerleistung<br />
(Istwert)<br />
- Geringe Informationsdichte, Detailinformationen<br />
- Unpersönlich (Motivierung durch<br />
Vorbild fehlt)<br />
- zeitlich-dynamischer Ablauf fehlt<br />
- Methodische Übertreibungen kaum<br />
möglich<br />
- zeitlich-dynamischer Ablauf fehlt<br />
- Bedeutung des Einzelbilds für die<br />
Ganzheit des Bewegungsablaufs<br />
wird nicht deutlich<br />
- Viele Informationen in kurzer Zeit<br />
(hohe Informationsdichte)<br />
- organisatorischer und zeitlicher Aufwand<br />
- Schüler-Fehlerbilder stören den<br />
Lernprozeß<br />
- Zeitlich-dynamischer Ablauf verzerrt<br />
Geräte<br />
Schläger:<br />
Bälle:<br />
Ballwurfmaschine:<br />
Ballwand:<br />
»Schlagentwickler«:<br />
Zielstangen, Reifen,<br />
Hütchen, Schnüre, Leinen<br />
Holzbrett, Kobaschläger, Lernschläger,<br />
Lochschläger, Kescher<br />
Softbälle, Lernbälle<br />
Parabolwände aus Stein oder<br />
Holz, gerade Steinwände, schräge<br />
Steinwände, Schaumstoff-, Netz-,<br />
Trampolinwände<br />
Ballangel, Ballpendel, fest fixierte<br />
Bälle<br />
Einsatzmöglichkeiten<br />
Lern- und Spielgeräte zur Technikschulung (besonders<br />
»Treffpunktschulung« in Anpassung an Lernstadium,<br />
Körpergröße und Kraft der Schüler<br />
Genaues Zuspielen des Balles mit der Möglichkeit,<br />
Frequenz, Geschwindigkeit, Flughöhe, Flugweite,<br />
Richtung und Drall einzustellen<br />
Technikschulung, Zielgenauigkeits- und Reaktionstraining<br />
Technikschulung<br />
Training von Ballflughöhe und Zielgenauigkeit,<br />
Orientierungshilfen für Laufwege<br />
Tab. 8 Die wichtigsten Gerätehiifen für den <strong>Tennis</strong>unterricht (s. auch Abb. 20, S. 41)<br />
Tab. 9<br />
Taktile<br />
Hilfe<br />
Akustische<br />
Hilfe<br />
Optische<br />
Hilfe<br />
Beispiele für personale Hilfen im <strong>Tennis</strong>unterricht<br />
Beschreibung der Hilfe<br />
Vorschleudern des Oberarmes durch Stoßen<br />
am Ellenbogen beim Einschwung des Schlägers<br />
in die Kehre des Aufschlags<br />
Festhalten und leicht nach hinten ziehen des linken Armes<br />
beim Rückhandschlag<br />
Führen der Schlaghand des Lernenden durch den Lehrer<br />
beim Halbflugball (Abb. 17, S. 40)<br />
Zuruf: »Beug - und - hopp« (»Beug« für Kniebeugen<br />
bei Pendel, Kniestrecken bei »und«,<br />
Ellenbogenstrecken bei »hopp«)<br />
Zuruf: »und jetzt«<br />
Beinarbeit gleichzeitig mitmachen lassen<br />
Schüler beginnt mit der Ausholbewegung,<br />
wenn der Schläger des Lehrers beim Zuspiel vorschwingt<br />
Funktion der Hilfe<br />
Vermittlung der beschleunigen den Dynamik beim Aufschlag,<br />
Abbau möglicher Pausen oder Verzögerungen<br />
Fixierung der seitlichen Stellung<br />
Bewußtmachen und Erfühlen<br />
der Bewegung<br />
Verbesserung der aufeinanderfolgenden Bewegungskopplung<br />
von Knie- und Armstreckung beim Aufschlag<br />
Unterstützung des Beginns des Vorschwungs, um den Ball<br />
rechtzeitig zu treffen<br />
Imitation des Lehrervorbilds (»Schattenübung«)<br />
Unterstützung des richtigen Timings
Grundlagen des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
Abb. 16<br />
Lehrer führt den linken Arm des Schülers beim Rückhandschlag zur Beibehaltung der seitlichen Schlagstellung<br />
Abb. 18<br />
Ausholbewegung zum Vorhand-Flugball endet am Schläger des Lehrers<br />
Abb. 17<br />
Lehrer führt den Schlagarm<br />
40
Planung und Durchführung<br />
Schwunggefühl Aufschlag:<br />
• Erzwingen einer schwunghafter<br />
Aufschlagbewegung mit Ballpendel<br />
am Schläger (Abb. 19,<br />
S. 40) - Ball darf den Schläger<br />
nicht berühren<br />
Hilfen zur Erleichterung<br />
der Organisation<br />
Hütchen, Schlägerhüllen, Sprungseile<br />
usw. dienen zur Markierung<br />
von Ausgangspositionen und<br />
Laufwegen und unterstützen so<br />
den organisatorischen Ablauf des<br />
Unterrichts.<br />
Hilfen für Sicherheit und<br />
Genauigkeit<br />
Gerätehilfen werden zur Zielorientierung<br />
eingesetzt.<br />
Beispiele:<br />
• Erhöhtes Netz (Sicherheit von<br />
Schlägen; Flugkurve von Topspin<br />
und Twistaufschlag)<br />
• Über das Netz gehängtes<br />
Handtuch (Kontrolle der<br />
Schlagrichtung)<br />
• Reifen, Schlägerhüllen, Seile als<br />
Hilfslinien usw. (Markierung<br />
von Treffzonen)<br />
Hilfen zur Konstanz der<br />
Bedingungen<br />
Mit Hilfe von Ballwurfmaschinen<br />
oder <strong>Tennis</strong>wänden können vorübergehend<br />
nahezu konstante<br />
Ballflugkurven geschaffen werden.<br />
Damit können Lernen von neuen<br />
Techniken und Umlernen erleichtert<br />
werden.<br />
Hilfen zur Motivierung<br />
Gerätehilfen, Ballwurfmaschinen<br />
usw. schaffen Abwechslung und<br />
lockern damit das Unterrichtsgeschehen<br />
auf. Dadurch kann der<br />
Lehrer seine Schüler erforderlichenfalls<br />
zusätzlich motivieren.<br />
Allerdings ist darauf zu achten,<br />
daß der Einsatz von Gerätehilfen<br />
nicht übertrieben wird.<br />
Abb. 20<br />
Gerätehilfen für <strong>Tennis</strong>unterricht<br />
Planung und<br />
Durchführung<br />
des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
Im vorangegangenen Kapitel sind<br />
die Bedingungen des Lehrens und<br />
die möglichen Unterrichtsmaßnahmen<br />
für den <strong>Tennis</strong>unterricht dargestellt<br />
worden. Im folgenden sollen<br />
auf der Grundlage dieser Darstellung<br />
die notwendigen Arbeitsschritte<br />
für die Planung konkreten<br />
Unterrichts zusammengefaßt<br />
werden.<br />
Die Planung von Unterricht, also<br />
die Vorbereitung auf die jeweilige<br />
Unterrichtssituation, soll sicherstellen,<br />
daß die Schüler am Schluß<br />
tatsächlich etwas gelernt haben<br />
und daß schließlich jene Ziele angesteuert<br />
und möglichst erreicht<br />
worden sind, die sich Schüler und<br />
Lehrer zu Anfang gesetzt haben.<br />
Einzel- und Gruppenunterricht<br />
Neben dem traditionellen Einzelunterricht<br />
(der früher die häufigste<br />
Unterrichtsform war) hat sich in<br />
zunehmendem Maße auch der<br />
Gruppenunterricht etabliert. An<br />
Schulen und Hochschulen wurde<br />
aus personellen und räumlichen<br />
Gründen immer schon vorwiegend<br />
in Gruppen unterrichtet. Die meisten<br />
in diesem <strong>Band</strong> beschriebenen<br />
Spiel-, Übungs- und Wettkampfformen<br />
eignen sich besonders<br />
für den Gruppenunterricht.<br />
Die Erfahrung hat gezeigt, daß<br />
sowohl Einzel- wie auch Gruppenunterricht<br />
Vor- und Nachteile<br />
haben, deren wichtigste im Anschluß<br />
an diesen Abschnitt aufgezählt<br />
werden.<br />
Insgesamt gesehen, hat der Gruppenunterricht<br />
jedoch mehr Vor- als<br />
Nachteile. Er hat sich auch deshalb<br />
in der Praxis bewährt und durch-<br />
41
Grundlagen des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
gesetzt, weil alle Lerngruppen -<br />
Anfänger, Fortgeschrittene, Turnierspieler,<br />
Kinder, Jugendliche<br />
und Erwachsene - ihn gerne praktizieren<br />
und davon profitieren. Es<br />
muß jedoch darauf hingewiesen<br />
werden, daß dem Gruppenunterricht<br />
Grenzen gesetzt sind, wenn<br />
die Teilnehmerzahl zu groß oder<br />
die Gruppe in der Leistung zu<br />
unterschiedlich ist (Heterogenität).<br />
Das wichtigste Ziel aller Unterrichtsmaßnahmen<br />
ist die Vermittlung<br />
und Optimierung von Spielfähigkeit.<br />
Für den Gruppenunterricht<br />
kommen dabei selten technikorientierte,<br />
sondern vorrangig<br />
spielorientierte Konzepte zum<br />
Tragen.<br />
Der <strong>Tennis</strong>lehrer muß so organisieren<br />
können, daß alle beteiligten<br />
Schüler ihrem individuellen<br />
Könnensstand entsprechend das<br />
<strong>Tennis</strong>spielen partnerschaftlich<br />
erlernen können. Die Schüler übernehmen<br />
gegenseitig Verantwortung<br />
für das Vorankommen und<br />
erwerben mit Hilfe des <strong>Tennis</strong>lehrers<br />
Kontroll- und Korrekturkompetenz.<br />
Der Lehrer hat für optimale Unterrichtsbedingungen<br />
zu sorgen<br />
(Spielfelder, Lernhilfen und Organisation)<br />
und fördert die Eigeninitiative<br />
der Schüler. Der Gruppenunterricht<br />
stellt an den <strong>Tennis</strong>lehrer<br />
in organisatorischer und<br />
methodischer Hinsicht hohe<br />
Ansprüche.<br />
Im Vergleich zum Einzelunterricht<br />
muß der Lehrer bei seiner Unterrichtsplanung<br />
und -durchführung<br />
zusätzlich folgende<br />
Voraussetzungen berücksichtigen:<br />
• Anzahl der Schüler und Plätze<br />
• Homogenität bzw. Heterogenität<br />
der Gruppe<br />
• Struktur der Gruppe (Alter,<br />
Geschlecht usw.)<br />
• Unterschiedliche Interessen<br />
innerhalb der Gruppe<br />
Um auch im Gruppenunterricht<br />
die Lernziele zu erreichen und den<br />
Lernerfolg jedes einzelnen Schülers<br />
zu sichern, sollten folgende<br />
Prinzipien beachtet werden bzw.<br />
gewährleistet sein:<br />
• Effektivität: optimale Platzausnutzung,<br />
ausreichende Anzahl<br />
von Bällen, individuelle Betreuung<br />
und Korrektur<br />
• Intensität: häufigen Ballkontakt<br />
und angemessene Belastung<br />
• Sicherheit: geeignete Organisationsformen,<br />
Orientierungshilfen<br />
und Kontrolle des<br />
Lehrers<br />
• Variabilität: Partner- und Aufgabenwechsel<br />
• Funktionalität: Übertragung<br />
bestimmter Aufgaben wie Zuspieler,<br />
»Balljunge«, Schiedsrichter<br />
o.a.<br />
• Schülergemäßheit: schülergerechte<br />
Spiel- und Übungsformen<br />
sowie differenzierte Maßnahmen<br />
Vorteile des Einzelunterrichts<br />
• Der Lehrer kann intensiv auf die<br />
Individualität des Schülers eingehen<br />
• Der Schüler hat einen Partner,<br />
Zuspieler bzw. Gegner, mit dem<br />
er auch alle taktischen Situationen<br />
des Einzels durchspielen<br />
und trainieren kann<br />
• Der Schüler hat in der Person<br />
des Lehrers ein Vorbild<br />
Nachteile des Einzelunterrichts<br />
• Der direkte Leistungsvergleich<br />
mit Gleichaltrigen und Gleichstarken<br />
fehlt<br />
• Einige wichtige Lernziele können<br />
nicht realisiert werden (z.B.<br />
Gruppenarbeit, Fairneß, Toleranz,<br />
Hilfsbereitschaft)<br />
• Das Lernen, Spielen und Üben<br />
mit demselben Lehrer bzw.<br />
Partner kann auf die Dauer einseitig<br />
und monoton werden, so<br />
daß die Lernmotivation nachläßt<br />
• Das Doppelspiel wird nicht<br />
geübt<br />
• Die Unterstützung und Bestärkung<br />
durch andere Mitglieder<br />
einer Gruppe entfällt<br />
• Der Einzelunterricht ist in der<br />
Regel teurer als der Gruppenunterricht<br />
• Besonders für Anfänger und<br />
Neulinge wird die soziale Integration<br />
in den Verein erschwert<br />
Vorteile des Gruppenunterrichts<br />
• Durch Partnerwechsel und<br />
differenzierte Aufgaben entsteht<br />
mehr Abwechslung und<br />
neue Lernmotivation<br />
• Der Schüler gewöhnt sich von<br />
vornherein an verschiedenartige<br />
Partner, Technik- und Spielarten<br />
• Der direkte Leistungsvergleich<br />
mit Gleichaltrigen und Gleichstarken<br />
ist gegeben<br />
• Viele tennisspezifische Spiel-,<br />
Übungs- und Wettkampfformen<br />
lassen sich nur in kleinen<br />
Gruppen durchführen (z.B. das<br />
sog. »Drilltraining« oder Aufstellungsformen<br />
und Schlagkombinationen<br />
für das Doppelspiel)<br />
• In der Gruppe lernt sich häufig<br />
leichter, weil man sich mit<br />
seinen Mitspielern identifizieren<br />
kann und immer einen<br />
passenden Partner oder Gegner<br />
findet<br />
• Der einzelne Schüler steht nicht<br />
ständig unter der Kontrolle und<br />
Beobachtung des Lehrers<br />
• Die <strong>Tennis</strong>anlage kann bezüglich<br />
des Platzbedarfs intensiver<br />
genutzt werden<br />
• Es entwickeln sich positive soziale<br />
Eigenschaften, wie Teamgeist,<br />
Kameradschaft, Toleranz,<br />
Hilfsbereitschaft und Selbständigkeit<br />
42
Planung und Durchführung<br />
• Für Anfänger und Neulinge<br />
wird die Integration in den Verein<br />
erleichtert<br />
• Der Gruppenunterricht ist in der<br />
Regel preiswerter als der Einzelunterricht<br />
Nachteile des Gruppenunterrichts<br />
• Die individuelle und intensive<br />
Betreuung durch den Lehrer ist<br />
selten möglich<br />
• Ein guter Zuspieler fehlt manchmal<br />
• Das Matchspiel kommt teilweise<br />
zu kurz<br />
Stufen der<br />
Unterrichtsplanung<br />
Es ist sinnvoll, jede einzelne Unterrichtseinheit<br />
innerhalb eines größeren<br />
Zeitraums unter Berücksichtigung<br />
der festen äußeren Vorgaben<br />
zu planen. Daraus ergeben<br />
sich folgende Stufen der Unterrichtsplanung<br />
(Abb. 21).<br />
• Erhebung der allgemeinen<br />
Vorbedingungen<br />
• Gesamtplanung<br />
• Planung der einzelnen Unterrichtseinheiten<br />
Abb. 21<br />
Stufen der Planung von <strong>Tennis</strong>unterricht, modifiziert nach HEYMEN/LEUE<br />
Erhebung der Vorbedingungen<br />
In der Regel ist die einzelne Unterrichtseinheit<br />
Teil eines Gesamtkonzepts.<br />
Das bedeutet, daß zunächst<br />
die für eine Gesamtplanung zutreffenden<br />
Vorbedingungen erhoben<br />
werden sollten. Es geht dabei<br />
um Voraussetzungen der Schüler<br />
und äußere Gegebenheiten.<br />
Die Analyse des Lerngegenstandes<br />
muß bei der Konzeption einer Gesamtplanung<br />
nicht immer wieder<br />
vorgenommen werden.<br />
Kenntnis der leistungsbestimmenden<br />
Faktoren im Zusammenhang<br />
mit den technischen und taktischen<br />
Anforderungen des <strong>Tennis</strong><br />
und ihrer sachgerechten Vermittlung<br />
im Unterricht ist sozusagen<br />
»stillschweigende« Voraussetzung<br />
jeder Unterrichtsplanung.<br />
Voraussetzungen der Schüler<br />
Aufgrund dieser Voraussetzungen<br />
können sowohl die Lernziele den<br />
<strong>Tennis</strong>schülern angepaßt als auch<br />
die Belastung und die möglichen<br />
Reaktionen der Schüler besser vorausgeschätzt<br />
werden.<br />
Allgemeine Voraussetzungen<br />
• Alter<br />
• Körpergröße<br />
• Motorische Lernfähigkeit<br />
• Motorische Grundeigenschaften<br />
• Motivation, Interessen<br />
• Soziales Verhalten (Kooperationsfähigkeit,<br />
Selbständigkeit)<br />
<strong>Tennis</strong>spezifische<br />
Voraussetzungen<br />
• Analyse des tennisspezifischen<br />
Könnens<br />
Äußere Voraussetzungen<br />
Äußere Voraussetzungen beeinflussen<br />
insbesondere die Organisa-<br />
43
Grundlagen des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
tionsformen, aber auch den Einsatz<br />
von Lernhilfen. Sie können<br />
unter Umständen auch die Zielfestsetzung<br />
einschränken. Es geht<br />
im einzelnen um die Berücksichtigung<br />
folgender Voraussetzungen:<br />
Räumliche Gegebenheiten<br />
• Hallen- oder Freiplätze<br />
• Anzahl, Größe, Lage der Plätze<br />
• Medienraum, Stromanschluß<br />
Gerätepark<br />
• Anzahl der Bälle, Ballkörbe<br />
• Leih,- Lern-, Ersatzschläger<br />
• Hilfsgeräte, Medien<br />
Organisatorische<br />
Voraussetzungen<br />
• Gesamtzahl und Verteilung der<br />
Unterrichtseinheiten<br />
• Länge der einzelnen Einheit<br />
• Anzahl der Schüler<br />
Gesamtplanung<br />
Nach Feststellung der Vorbedingungen<br />
kann eine Gesamtplanung<br />
erfolgen.<br />
Es geht auf der Grundlage der<br />
Analyse des Lerngegenstandes<br />
<strong>Tennis</strong> um die Formulierung einer<br />
umfassenden Zielstellung, der<br />
Festlegung einer methodischen<br />
Konzeption und entsprechender<br />
Teilziele und Inhalte.<br />
Festlegung der Lernziele<br />
Da der Unterricht über einen längeren<br />
Zeitraum läuft, müssen<br />
Lernziele für die Gesamtplanung<br />
festgelegt werden. Sie sind auf der<br />
Grundlage der äußeren Bedingungen<br />
abhängig von den Voraussetzungen<br />
der Lernenden und deren<br />
Interessen und Wünschen auszusuchen.<br />
Ausgehend von der umfassenden<br />
Zielstellung sowie den<br />
zeitlichen und räumlichen Voraussetzungen,<br />
muß die Entscheidung<br />
für eine eher spiel- oder eher technikorientierte<br />
Konzeption erfolgen.<br />
Damit können dann für die<br />
einzelnen Unterrichtseinheiten in<br />
der entsprechenden Reihenfolge<br />
sowohl Teilziele (Elemente von<br />
Spielfähigkeit und übergeordnete<br />
Lernziele) als auch Inhalte (Techniken,<br />
Spielreihe) festgelegt werden.<br />
Planung der einzelnen<br />
Unterrichtseinheit<br />
Kern der Unterrichtsplanung stellt<br />
die Vorbereitung der jeweiligen<br />
Unterrichtsstunde dar, an deren<br />
Ende ein schriftlich oder gedanklich<br />
festgehaltener Unterrichtsentwurf<br />
stehen sollte.<br />
Festlegung der Lernschritte<br />
Der <strong>Tennis</strong>lehrer entscheidet, ob<br />
Fertigkeiten und Spielformen<br />
ganzheitlich oder teilorientiert,<br />
deduktiv oder induktiv dargeboten<br />
werden.<br />
Davon abhängig müssen dann die<br />
für die Erreichung der festgelegten<br />
Teil-Lernziele notwendigen Lernschritte<br />
festgelegt werden. Das<br />
können sein:<br />
• Stufen einer methodischen<br />
Reihe<br />
• Informationen zu einer ganzheitlich<br />
darzubietenden Fertigkeit<br />
• Spielformen im Wechsel mit<br />
Übungsformen<br />
Lehrerinformationen<br />
Der <strong>Tennis</strong>lehrer sollte sich auf das<br />
Verhältnis zwischen Vormachen<br />
und Sprechen sowie auf die Korrekturen<br />
zu erwartender typischer<br />
Fehler vorbereiten.<br />
Das muß geschehen unter Berücksichtigung<br />
• der geplanten methodischen<br />
Verfahren,<br />
• der Schwierigkeiten der zu vermittelnden<br />
Fertigkeiten bzw.<br />
Fähigkeiten,<br />
• des Alters und der Lernstufe der<br />
Lernenden.<br />
Medien und Lernhilfen<br />
Die Notwendigkeit einer Ergänzung<br />
durch Lernhilfen oder<br />
Medien hängt im wesentlichen<br />
ab von<br />
• der Schwierigkeit des Lerngegenstands,<br />
• dem Motivationsbedürfnis der<br />
Lernenden,<br />
• der verfügbaren Zeit.<br />
Zuspiel<br />
Überlegungen zum Zuspiel oder<br />
Zuwurf durch Lehrer oder Schüler<br />
als methodische Hilfe sind abhängig<br />
von<br />
• der Größe der Gruppe,<br />
• der zu lernenden Technik bzw.<br />
Taktik,<br />
• der Lernstufe der Schüler.<br />
Organisationsformen<br />
Der <strong>Tennis</strong>lehrer muß Aufstellung,<br />
Wechsel, Lauf- und Ballwege festlegen<br />
in Abhängigkeit von<br />
• der Größe der Gruppe,<br />
• dem vorhandenen Raum,<br />
• den Leistungsschwankungen in<br />
der Gruppe (gleiche oder unterschiedliche<br />
Aufgaben),<br />
• der Selbständigkeit der<br />
Lernenden,<br />
• den Sicherheitsüberlegungen<br />
(fliegende Bälle usw.).<br />
Lernzielkontrollen<br />
Lemzielkontrollen sollten unter<br />
zeitökonomischen Überlegungen<br />
immer dann eingeplant werden,<br />
• wenn ein neuer Lernschritt<br />
stark von der Qualität des vorangegangenen<br />
abhängt,<br />
• wenn die Lernenden eine Rückmeldung<br />
über ihren Lernfortschritt,<br />
auch zur neuen Motivierung<br />
benötigen,<br />
• wenn der Erfolg der gesamten<br />
Lerneinheit festgestellt werden<br />
soll, um die Planung zu bestätigen<br />
oder gegebenenfalls zu<br />
verändern.<br />
44
Planung und Durchführung<br />
Dabei gibt es folgende Möglichkeiten:<br />
• Kontrolle durch Ziele: über<br />
Markierungen, in Treffzonen<br />
usw. spielen (ggf. normiertes<br />
Zuspiel durch Ballwurfmaschine)<br />
• Kontrolle der Bewegungsausführung<br />
(ggf. auch mit Video)<br />
• Überprüfung im Wettkampf:<br />
Spielbeobachtung und Matchanalyse<br />
• Bewertung durch Konditionstests:<br />
Überprüfung der motorischen<br />
Grundeigenschaften<br />
• Durchführung eines Unterrichtsgesprächs:<br />
feststellen, ob<br />
die Schüler alles verstanden<br />
haben, Wünsche erfüllt<br />
wurden, sie sich angemessen<br />
gefordert fühlten usw.<br />
Unterrichtsentwurf<br />
Der geplante Ablauf des Unterrichts<br />
sollte in der Reihenfolge der<br />
Lernschritte möglichst schriftlich in<br />
einem Unterrichtsentwurf festgehalten<br />
werden. Dies kann eine<br />
umfassende Ausarbeitung, aber<br />
auch eine kurze Ablaufskizze sein.<br />
Mögliche Alternativen zur Planung<br />
könnten in den Entwurf eingeschlossen<br />
werden.<br />
In Abhängigkeit von Zeitvorgaben<br />
werden die Lernschritte geordnet<br />
und gegebenenfalls didaktischmethodisch<br />
begründet. Ergänzend<br />
können Angaben zum Zuspiel, zu<br />
Medien und Lernhilfen, Organisationsformen,<br />
möglichen Hauptfehlern<br />
und deren Korrekturen sowie<br />
zu Lernkontrollen festgehalten<br />
werden (vgl. Tab. 10).<br />
Durchführung des<br />
<strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
Der <strong>Tennis</strong>lehrer hat seine Unterrichtseinheit<br />
gewissenhaft geplant,<br />
eventuell skizziert und nochmals in<br />
Gedanken durchgespielt. Es geht<br />
nun darum, diese Planung in die<br />
Tat umzusetzen. Dabei gilt es, folgende<br />
Punkte zu beachten:<br />
Vor Unterrichtsbeginn:<br />
• Anwesenheit des Lehrers rechtzeitig<br />
vor Beginn<br />
• Kontrolle von Platz, Geräten<br />
usw.<br />
• Gegebenenfalls Beschäftigung<br />
zu früh erscheinender Schüler<br />
Bei Unterrichtsbeginn:<br />
• Begrüßung, gegebenenfalls<br />
Vorstellung (Lehrer-Schüler,<br />
Schüler-Schüler)<br />
• Gegebenenfalls Anwesenheit<br />
feststellen<br />
• Unterrichtsziele vorstellen<br />
• Eventuelle Wünsche der Schüler<br />
feststellen, deren Fragen beantworten<br />
(u.U. Plan ändern)<br />
• Aufbau von Geräten/Einrichtungen<br />
organisieren<br />
• Eindringlich auf Sicherheitsgewährleistung<br />
hinweisen (Bälle,<br />
Geräte, Ballmaschine usw.)<br />
Unterrichtsverlauf:<br />
• Realisierung des geplanten<br />
Ablaufs<br />
• Aufmerksame Kontrolle des<br />
Ablaufs, um erforderlichenfalls<br />
- Veränderungen vorzunehmen<br />
(etwa bei Über- oder<br />
Unterforderung, Lernproblemen,<br />
Konzentrationsschwächen,<br />
Wetteränderungen),<br />
- unterschiedliche Aufgaben in<br />
Gruppen zu stellen (Differenzierung),<br />
- bei Sicherheitsproblemen<br />
schnell reagieren zu können.<br />
• Ansagen und Demonstrationen<br />
in der Regel für alle gemeinsam<br />
geben<br />
• Organisationsformen nicht nur<br />
erklären, sondern mit einer Teilgruppe<br />
zeigen<br />
• Wenn nötig, immer wieder zum<br />
konzentrierten Mitmachen motivieren<br />
• Schwache Schüler ermutigen,<br />
ihnen gegebenenfalls besondere<br />
Hilfe geben<br />
Unterrichtsende:<br />
• Pünktlich schließen, möglichst<br />
letzte Übungsform oder Gespräch<br />
nicht abrupt abbrechen<br />
• Gegebenenfalls »Hausaufgaben«<br />
stellen: Was sollte bis zur<br />
nächsten Stunde geübt werden?<br />
• Am Ende sollte möglichst ein<br />
positives Erlebnis stehen<br />
• Verabschiedung mit kurzem<br />
Resümee und Ausblick auf die<br />
nächste Stunde<br />
Tab. 10 Ausschnitt aus einen -<br />
ausführlichen Unterrichtsentwurf zum Thema »Einführung des Vorhand-Grundschlages«<br />
Zeit Lernschritt Did.-meth.<br />
Anmerkung<br />
Medien/<br />
Lernhilfen<br />
Mögl. Fehler/<br />
Korrektur<br />
Organisationsform<br />
Lernkontrolle<br />
15' Wegspielen<br />
eines »stehenden«<br />
Balles<br />
TOM, ganzheitlich-deduktiv<br />
Zeitung als<br />
Ziel<br />
Zweiergruppen<br />
Schläger<br />
nicht vorwärts<br />
- aufwärts:<br />
hinten absenken<br />
T-Bereich<br />
hinter Netz<br />
treffen<br />
45
Grundlagen des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
Nachbereitung<br />
Die Nachbereitung des Unterrichts,<br />
also die weitgehend subjektive<br />
Einschätzung von Verlauf und<br />
Erfolg des Unterrichts, dient dazu,<br />
• die längerfristige Unterrichtsplanung<br />
zu bestätigen oder zu<br />
verändern,<br />
• die eigene Unterrichtsfähigkeit<br />
zu verbessern.<br />
Seine eigenen Beobachtungen<br />
sollte der <strong>Tennis</strong>lehrer gelegentlich<br />
durch gezielte Befragung seiner<br />
Schüler überprüfen oder auch<br />
Kollegen bitten, den Unterricht zu<br />
beobachten und zu kommentieren.<br />
Zur Beurteilung seines Unterrichts<br />
könnte sich der Lehrer folgende<br />
Fragen stellen:<br />
• Sind die Ziele erreicht worden?<br />
• War die Inhaltswahl angemessen?<br />
• Waren die Schüler motorisch<br />
bzw. physisch über- oder auch<br />
unterfordert?<br />
• Sind die Demonstrationen<br />
gelungen?<br />
• Sind die sprachlichen Äußerungen<br />
verstanden worden?<br />
• Waren Standorte für Anweisungen<br />
und Demonstrationen<br />
immer günstig?<br />
• Waren Korrekturen überwiegend<br />
erfolglos/erfolgreich?<br />
• Haben Bewegungshilfen funktioniert?<br />
• Sind die Medien angenommen<br />
worden, haben sie nicht zu Verzögerungen<br />
des Unterrichts<br />
geführt?<br />
• Ist das Zuspiel gelungen?<br />
• Haben die Schüler gut zugespielt/zugeworfen?<br />
• Ermöglichten die Organisationsformen<br />
einen reibungslosen<br />
Ablauf?<br />
• Wurde der Raum gut ausgenutzt?<br />
• Ist ausreichend, zu wenig oder<br />
zu viel gespielt worden?<br />
• Konnten Leistungsunterschiede<br />
gut aufgefangen werden?<br />
• Konnten unerwartete Probleme<br />
aufgefangen werden?<br />
• Konnten Wünsche der Schüler<br />
berücksichtigt werden?<br />
• Haben Lernzielkontrollen<br />
gemessen, was sie messen<br />
sollten?<br />
• Waren die Schüler motiviert,<br />
gerne mitzumachen?<br />
Lernen und<br />
trainieren<br />
in Gruppen<br />
An früherer Stelle (s. S. 41) wurden<br />
die wesentlichen Voraussetzungen,<br />
Vor- und Nachteile des<br />
Gruppenunterrichts gegenüber<br />
dem Einzelunterricht beschrieben.<br />
Im folgenden werden Lern-,<br />
Übungs- und Trainingsformen<br />
vorgestellt, die in Gruppen mit<br />
unterschiedlicher Schülerzahl sinnvoll<br />
anwendbar sind und die<br />
Freude am Lernen, Üben und<br />
Trainieren erhöhen.<br />
Gruppenunterricht<br />
mit großen Gruppen<br />
Gruppenstärke<br />
8 bis 24 Schüler auf einem <strong>Tennis</strong>platz.<br />
Die Gruppengröße orientiert<br />
sich immer am Könnensstand der<br />
Schüler und den geplanten Unterrichtsinhalten.<br />
In der Großgruppe<br />
werden die Grundlagen für die<br />
Spielfähigkeit gelegt, was sich<br />
normalerweise im Kleinfeld erschöpft.<br />
Anwendungsbereiche<br />
Schultennis, Anfängerbereich.<br />
Voraussetzungen<br />
Die Schüler haben bereits Erfahrungen<br />
im Umgang mit Ball und<br />
Schläger gemacht, durch Übungen<br />
zur Ballgewöhnung und zur Verbesserung<br />
der Koordination und<br />
der Geschicklichkeit.<br />
Zielsetzung des Gruppenunterrichts<br />
Die Schüler sollen (und wollen)<br />
auf einfache Weise mit der Grobform<br />
der <strong>Tennis</strong>technik vertraut<br />
gemacht werden. Da der Lehrer<br />
nicht alle Schüler im Auge behalten<br />
kann, findet die Erfolgskontrolle<br />
stets über die jeweilige eindeutige<br />
Aufgabenstellung statt,<br />
deren Erfolg vom Schüler selbst<br />
oder gegebenenfalls von seinem<br />
Partner bewertet werden kann.<br />
Die Möglichkeiten günstiger Aufstellungsformen<br />
werden im entsprechenden<br />
Kapitel dieses <strong>Band</strong>es<br />
ausführlich beschrieben (s. S. 38).<br />
Von Übungen mit Ballwänden,<br />
Ballmaschinen und anderen Hilfsgeräten<br />
wird an dieser Stelle abgesehen,<br />
weil nur von Voraussetzungen<br />
ausgegangen wird, die überall<br />
zur Verfügung stehen.<br />
Erlernen einfacher Schlagtechniken<br />
für Vorhand,<br />
Rückhand und Flugball<br />
Die Reihenfolge zum Erlernen<br />
dieser drei Grundschlagarten ist<br />
völlig beliebig, da sie eine elementare<br />
Grundeinheit in der Anfängerschulung<br />
darstellt.<br />
Organisatorisch sollte das »Teamteaching«<br />
stark in den Vordergrund<br />
gerückt werden, bei dem<br />
die Schüler jeweils auch als Hilfslehrer,<br />
Ballanbieter und Bewerter<br />
eingesetzt werden. Als Aufstellungsform<br />
empfiehlt sich zuerst<br />
die Gassenaufstellung, bei der sich<br />
die Partner gegenüberstehen und<br />
dazwischen gegebenenfalls Hindernisse<br />
stehen, über die gespielt<br />
wird (Linien, gespannte Schnüre,<br />
Netze ...). Die trefforientierte<br />
Methode kommt voll zum Tragen,<br />
da zuerst immer nur die Haupt-<br />
46
Lernen und trainieren in Gruppen<br />
aktion erlernt wird und der Umfang<br />
der Schlagbewegung mit der<br />
Schlagdistanz wächst. Die Ballberechnung<br />
aus der Bewegung<br />
und die entsprechende Beinarbeit<br />
zu unterschiedlichen Treffpunkten<br />
sollten als wichtigstes Kernstück<br />
zur Erlangung von Spielfähigkeit<br />
im Mittelpunkt des Gruppenunterrichts<br />
stehen.<br />
Methodisches Vorgehen<br />
1. Die Hauptaktion wird vom Lehrer<br />
gezeigt und von den<br />
Schülern zuerst als Trockenbewegung,<br />
später mit Ball nachvollzogen.<br />
Zuerst wird aus seitlicher<br />
Stellung auf den stehenden<br />
Ball (Selbstanwurf) gespielt,<br />
später wirft der Partner von<br />
unten frontal auf den idealen<br />
Treffpunkt zu. In beiden Fällen<br />
ist die Aufgabe erfüllt, wenn<br />
der Ball dem Partner in Brusthöhe<br />
zugespielt wird und dieser<br />
den Ball auffangen kann. Wird<br />
der ankommende Ball vom<br />
Schüler mit dem Schläger zuerst<br />
leicht nach oben gespielt<br />
(Selbstzuspiel) und erst anschließend<br />
zum Partner zurückgespielt,<br />
so sprechen wir von<br />
einem »Kontrollschlag« zur<br />
Ballberechnung. Das Miteinanderspielen<br />
steht anfangs im<br />
Vordergrund, die Anzahl der<br />
gelungenen Versuche oder der<br />
einwandfreien Ballkontakte<br />
wird gezählt und verglichen.<br />
2. Wenn aus Schlag- und Ausgangsstellung<br />
mit einer hohen<br />
Erfolgsquote gespielt wird, gilt<br />
es, die Schlagstellung aus verschiedenen<br />
Platzpositionen und<br />
auf unterschiedliche Zuspiele zu<br />
erreichen. Das gelingt in Partnerarbeit<br />
sehr gut, wenn die<br />
Variation des Zuwurfs systematisch<br />
erweitert wird (bezüglich<br />
Richtung, Länge, Höhe und Geschwindigkeit).<br />
Wenn die Schüler darüber hinaus<br />
auch noch aus verschiedenen<br />
Platzpositionen die Zuwurfbzw.<br />
Zuspielvariationen bewältigen<br />
und in verschiedene Zielmarkierungen<br />
zurückspielen<br />
können, ist der Grundstein für<br />
das <strong>Tennis</strong>spielen gelegt, was in<br />
entsprechenden Anwendungsformen<br />
überprüft werden kann.<br />
Anwendungsbeispiele:<br />
Beim Rundlauf mit einem Ball ist<br />
die Laufrichtung im bzw. gegen<br />
den Uhrzeigersinn, um ein Netz<br />
herum, nahe beim Netz mit Entfernungsvergrößerungen<br />
bis zur<br />
T-Linie, je nach Leistungsvermögen<br />
der Gruppe. Ein Aufteilen der<br />
Großgruppe auf mehrere Kleinfelder<br />
(bis zu acht Kleinfeldnetze<br />
pro Platz) kommt dem Lerneffekt<br />
besonders zugute.<br />
Variationsmöglichkeiten durch<br />
Vorgabe verschiedener vorgeschriebener<br />
Ballwege (gerade,<br />
diagonal, über Hindernisse).<br />
Bei Rundläufen mit zwei oder drei<br />
gleichzeitig im Spiel befindlichen<br />
Bällen wird im T-Feld je ein Ball<br />
über die zwei äußeren Seitenlinien<br />
und ein Ball über die Mittellinie<br />
gespielt (ggf. auch zweimal cross<br />
und über die Mitte gerade).<br />
Nach jedem Ballkontakt wird um<br />
eine Position im oder gegen den<br />
Uhrzeigersinn gewechselt. Mögliche<br />
Erleichterungen für Anfänger<br />
durch leichtere und langsamere<br />
Bälle, kurze und leichte Schläger<br />
und individuelle Aufgabenstellungen,<br />
wie z.B. Kontrollschlag bei<br />
jedem Ballkontakt. Bei Rundlaufformen<br />
sollte ein Ausscheiden<br />
von Schülern vermieden werden,<br />
denn es trifft meist die schwachen<br />
Schüler zuerst, für die das Üben<br />
besonders wichtig ist. Es ist günstiger,<br />
Punkte zu zählen und alle<br />
Schüler im Wettbewerb zu belassen.<br />
Man kann auch Partnerschafts-<br />
und Teamwertungen<br />
durchführen, in denen die Punkte<br />
von Besseren und Schwächeren<br />
addiert werden. Weiterhin ist es<br />
oft sinnvoll, für bessere Schüler<br />
Handicaps einzuführen (linke<br />
Hand in der Hosentasche, Rucksack<br />
oder Tasche tragen, oder<br />
ähnliches).<br />
Bei Ziehharmonikaformen findet<br />
ein ständiger Wechsel statt von<br />
kurzen zu größeren Entfernungen<br />
und wieder zurück, mit und ohne<br />
Kontrollschlag. Nach erfolgreichem<br />
Miteinanderspielen einer<br />
vorgegebenen Zahl von Ballkontakten<br />
wird der Abstand jeweils<br />
um eine bestimmte Entfernung<br />
(z. B. 1 m) vergrößert. Welches<br />
Paar erreicht zuerst die Grundlinie?<br />
Die Partner können gewechselt<br />
werden, bis jeder mit jedem<br />
gespielt hat und sich am Ende der<br />
beste Zuspieler herausgestellt hat.<br />
Die Schläge Vorhand, Rückhand<br />
und Flugball können variabel<br />
kombiniert werden. Alle aufgeführten<br />
Anwendungsformen beinhalten<br />
die Grundbausteine des<br />
<strong>Tennis</strong>spiels, zu denen dann nur<br />
noch der Aufschlag fehlt.<br />
Erlernen des Aufschlags<br />
In der Partnerarbeit einer <strong>Tennis</strong>gruppe<br />
ist der Aufschlag nach folgendem<br />
Vorschlag leicht und effizient<br />
erlernbar. Das Hauptproblem<br />
beim Aufschlag liegt in der Koordination<br />
der Bewegung von<br />
Schlagarm und Wurfarm. Die<br />
Schlagbewegung wird vom Lehrer<br />
zuerst langsam, anschließend mit<br />
richtigem Timing vorgezeigt und<br />
kann von allen Schülern fast auf<br />
Anhieb als Trockenbewegung gut<br />
nachvollzogen werden. Manche<br />
Schüler sind sofort in der Lage, die<br />
Schlagbewegung mit der Bewegung<br />
der ballführenden Hand zu<br />
kombinieren, vor allem dann,<br />
wenn Vorerfahrungen aus anderen<br />
Sportarten vorhanden sind (z.B.
Grundlagen des <strong>Tennis</strong>unterrichts<br />
Volleyball). Wenn das nicht der<br />
Fall ist, kann Partnerhilfe zu überraschenden<br />
Erfolgen führen. Der<br />
Ball wird vom Partner zum richtigen<br />
Zeitpunkt in den idealen Treffpunkt<br />
senkrecht hochgeworfen<br />
und vom Lernenden diagonal in<br />
die Aufschlagfelder gespielt. Dabei<br />
steht der Partner seitlich vor dem<br />
Lernenden und wirft den Ball zuerst<br />
mit seiner Wurfhand, später<br />
mit der anderen Hand hoch und<br />
übt somit schon das Anwerfen des<br />
Balles mit der Nichtschlaghand für<br />
seine nachfolgenden eigenen Aufschlagversuche.<br />
Der Schüler kann<br />
sehr bald den Ball zuerst von der<br />
T-Linie, später von der Grundlinie<br />
in das gegenüberliegende Aufschlagfeld<br />
spielen. Die Schlagbewegung<br />
des Lernenden und das<br />
Hochwerfen des Balles durch den<br />
Partner beginnen gleichzeitig nach<br />
einem akustischen Signal (Auftakt)<br />
mit anschließender Bewegungsbegleitung,<br />
z.B. »und rück und vor«<br />
oder »und eins und zwei«. Nach<br />
mehreren erfolgreichen Versuchen<br />
mit Partnerhilfe wird dem Schüler<br />
ein Ball zum Selbsthochwerfen so<br />
übergeben, daß er (ohne ans<br />
Hochwerfen zu denken) im vorher<br />
geübten Rhythmus aufschlagen<br />
kann. Im Wechsel von geglückten<br />
Versuchen mit Partnerhilfe und<br />
direkt nachfolgenden Selbstversuchen<br />
läßt der Erfolg nicht lange<br />
auf sich warten. Die Begeisterung<br />
über den ersten gelungenen Aufschlag<br />
gibt dem Schüler dann so<br />
viel Selbstvertrauen, daß der richtig<br />
koordinierte Aufschlag bald<br />
beherrscht wird.<br />
Als Übungs- und Spielform eignet<br />
sich Prellball, wobei sich die Partner<br />
in Gegenüberstellung Bälle mit<br />
dem Schläger zuprellen, die jeweils<br />
über dem Kopf (Aufschlagtreffpunkt)<br />
getroffen werden sollen<br />
und zwischen den beiden Partnern<br />
aufspringen (Ballwechsel zählen).<br />
Bei Übungs- und Spielformen zum<br />
Aufschlag und Überkopfschlägen<br />
sind in besonderer Weise Sicherheitsvorkehrungen<br />
zu treffen, und<br />
große Aufmerksamkeit der Schüler<br />
ist auf fliegende Bälle zu richten.<br />
Das bedeutet, daß entweder<br />
• alle Übenden auf gleicher Höhe<br />
in nur eine Richtung schlagen,<br />
oder<br />
• bei Partnerübungen, wo beide<br />
gegenüberstehen, die seitlichen<br />
Abstände groß genug sein<br />
müssen.<br />
Spielfähigkeit<br />
Mit der Grobform der Schlagbewegungen<br />
von Vor- und Rückhand,<br />
Flugball und Aufschlag und<br />
der jeweils zuzuordnenden Ballberechnung<br />
und Beinarbeit sind alle<br />
grundlegenden Voraussetzungen<br />
für die Spielfähigkeit gelegt. Über<br />
das Spiel auf Kleinfeldern (s. Kap.<br />
Kleinfeldtennis, S. 53), halben und<br />
ganzen T-Feldern und ein schrittweise<br />
Zurückgehen von der T-Linie<br />
bis zur Grundlinie erfolgt eine<br />
methodische und systematische<br />
Entwicklung des individuellen<br />
Spielvermögens bis zum normalen<br />
<strong>Tennis</strong>wettspiel.<br />
Der Übergang zum Großfeld kann<br />
in Gruppengrößen bis zu 6<br />
Schülern stattfinden.<br />
Gruppenunterricht<br />
mit kleinen Gruppen<br />
(3 bis 6 Schüler)<br />
In der kleineren Gruppe kommt<br />
auf den Lehrer in verstärktem<br />
Maße die Aufgabe des Zuspielers<br />
zu. Mit Geschick und Fingerspitzengefühl<br />
muß es dem Lehrer<br />
auch gelingen, kleine Unterschiede<br />
in der Leistungsfähigkeit<br />
der Schüler auszugleichen und individuell<br />
angepaßte Aufgaben zu<br />
stellen.<br />
Da anfangs die Präzision und der<br />
Rhythmus des Lehrerzuspiels viel<br />
zum Erfolg und zur Motivation des<br />
Schülers beitragen, kommt zunächst<br />
dem Zuspiel aus der Hand<br />
größere Bedeutung zu. Oberstes<br />
Ziel für Lehrer und Schüler ist aber<br />
immer der Ballwechsel, den es zu<br />
erarbeiten gilt. Das kann mit einzelnen<br />
Schlagarten geschehen,<br />
aber auch mit vielfältigen Variationen<br />
verschiedener Schlagarten bis<br />
hin zu taktischen Spielzügen. Die<br />
Auswahl der einzelnen Lern- und<br />
Übungsformen läßt der Lehrerphantasie<br />
freien Lauf und ergibt<br />
eine große Auswahl an Möglichkeiten.<br />
Variiert werden können<br />
• Schülerlaufwege (nach beiden<br />
Seiten, nach vorne und hinten,<br />
schräg vor und zurück in zwei<br />
Richtungen und aneinandergereiht<br />
und kombiniert)<br />
• Lehrerzuspiel (Geschwindigkeit,<br />
Richtung, Drall, Frequenz und<br />
Abwechslung)<br />
• Schlagarten (einfach, in regelmäßigem<br />
und unregelmäßigem<br />
Wechsel, kombiniert unter dem<br />
Aspekt von Sicherheit, Genauigkeit,<br />
Geschwindigkeit, Drall<br />
und Rhythmus)<br />
• Individuell verschiedene Aufgabenstellungen<br />
innerhalb<br />
einer Gruppe<br />
Der gut vorbereitete Gruppenunterricht<br />
kann bezüglich der Belastung<br />
des einzelnen Schülers dem<br />
Einzelunterricht nahekommen,<br />
weist aber deutliche Vorteile auf<br />
durch die Wirkung der Gruppendynamik,<br />
der Motivation und des<br />
Wetteifers der Schüler untereinander.<br />
Aus Kosten- und Platzgründen<br />
wird dem Unterricht in der<br />
Gruppe sicherlich die Zukunft<br />
gehören. Das Lernen und Üben<br />
der Elemente des <strong>Tennis</strong>spiels<br />
stehen hier eindeutig im Vordergrund.<br />
48
Lernen und trainieren in Gruppen<br />
Gruppentraining<br />
(3 bis 4 Spieler)<br />
Das Gruppentraining auf dem<br />
Großfeld macht letztendlich nur<br />
mit 3 oder 4 Spielern einen Sinn,<br />
was auf die doppelte Anzahl von<br />
Trainierenden (z. B. Mannschaft<br />
und Ersatzspieler) erhöht werden<br />
kann, wenn 2 <strong>Tennis</strong>felder zur<br />
Verfügung stehen.<br />
Der Übergang zum Gruppentraining<br />
vollzieht sich fließend, wobei<br />
es hier vorrangig um die Anwendung<br />
von Technik und Taktik unter<br />
Belastungsgesichtspunkten<br />
geht. Gruppentraining ist besonders<br />
sinnvoll und effektiv in Vierergruppen<br />
oder in Dreiergruppen,<br />
bei denen sich dann der Lehrer<br />
oder Trainer als 4. Spieler ggf. in<br />
die Gruppe integrieren kann.<br />
Abb. 22<br />
Gruppenunterricht mit Anfängern<br />
49
<strong>Tennis</strong>unterricht mit<br />
verschiedenen Zielgruppen<br />
Hier werden methodische Gesichtspunkte<br />
behandelt, die sich<br />
konkret auf verschiedene Gruppen<br />
im <strong>Tennis</strong> beziehen, d. h. auch,<br />
daß Themen, die im vorangegangenen<br />
Teil eher in allgemeiner<br />
Weise erörtert wurden, nun an<br />
unterschiedlichen Adressatengruppen<br />
konkret dargestellt werden<br />
sollen.<br />
Die Auswahl von Adressaten kann<br />
erfolgen aufgrund der Kriterien<br />
Alter, Können, Zielvorstellungen<br />
und Rahmenbedingungen. Danach<br />
ergeben sich folgende Kapitel:<br />
• Anfängertennis: Kleinfeld- und<br />
Kindertennis.<br />
• Elementarschule: Sie richtet sich<br />
an <strong>Tennis</strong>anfänger vom Kindesalter<br />
bis ins Alter.<br />
• <strong>Tennis</strong>unterricht mit fortgeschrittenen<br />
Erwachsenen im<br />
Freizeittennis: Hier sind Erwachsene<br />
gemeint, die über mehr<br />
oder weniger umfangreiche<br />
<strong>Tennis</strong>erfahrungen verfügen.<br />
Sie wollen zwar ihr <strong>Tennis</strong>spiel<br />
verbessern, haben jedoch keine<br />
leistungssportlichen Ambitionen<br />
im organisierten Wettkampfsystem.<br />
• <strong>Tennis</strong>unterricht mit talentierten<br />
Kindern und Jugendlichen: Methodische<br />
Hinweise orientieren<br />
sich hier an dem Ziel, ein hohes<br />
Leistungsniveau im Turniertennis<br />
zu erreichen.<br />
• Schultennis: Um <strong>Tennis</strong> in der<br />
Schule zu unterrichten, müssen<br />
im besonderen didaktische und<br />
organisatorische Gegebenheiten<br />
berücksichtigt werden.<br />
• <strong>Tennis</strong>unterricht mit Behinderten:<br />
Dieses abschließende Kapitel<br />
betrifft sicherlich nur einen<br />
kleinen Adressatenkreis, allerdings<br />
einen bislang vernachlässigten,<br />
aber aus sozialen Gründen<br />
sehr wichtigen.<br />
Anfängertennis -<br />
Kleinfeldtennis -<br />
Kindertennis<br />
Die Zielgruppe <strong>Tennis</strong>-Anfänger<br />
(Einsteiger, Beginner) erstreckt sich<br />
heute auf jedes Lebensalter. Es<br />
gibt 3- bis 4jährige Kinder, aber<br />
auch ältere Menschen, die schon<br />
bzw. noch mit <strong>Tennis</strong> beginnen;<br />
trotz unterschiedlicher individueller<br />
Lernvoraussetzungen können<br />
sie aufgrund günstiger äußerer<br />
Voraussetzungen (Schläger, Bälle,<br />
Spielfeldgröße, Netzhöhe u.a.)<br />
bald in der Lage sein, einfache<br />
Ballwechsel durchzuführen.<br />
So kann man heute fast ohne<br />
Einschränkung sagen, daß <strong>Tennis</strong>spielen<br />
in jedem Alter erlernbar<br />
ist. Entscheidend für den Start<br />
sind Lust am Umgang mit Schläger<br />
und Bällen sowie Spaß und<br />
Freude am Erlernen des <strong>Tennis</strong>spiels.<br />
Dabei wird der <strong>Tennis</strong>lehrer bei<br />
seinen Schülern nicht nur Bewegungsabläufe<br />
der Techniken, sondern<br />
insbesondere auch die Spielfähigkeit<br />
zu entwickeln haben.<br />
Dabei kommt der Schulung von<br />
Wahrnehmungsfähigkeit eine<br />
besondere Bedeutung zu. Das<br />
bedeutet, daß seine Schüler<br />
lernen müssen,<br />
• zunächst die Geschwindigkeit,<br />
die Flugkurve und das Absprungverhalten<br />
des Balles zu<br />
berechnen,<br />
• ihre Beinarbeit und Schlagbewegungen<br />
daran anzupassen<br />
(Timing),<br />
• später aber auch die Schlagbewegung<br />
ihrer Spielpartner zu<br />
beobachten und in ihren Wirkungen<br />
vorauszuschätzen (Antizipation).<br />
Die Verschiedenartigkeit der Gruppen<br />
der <strong>Tennis</strong>anfänger war noch<br />
nie so groß wie heute. Es stellt sich<br />
die Frage, ob man in allen Gruppen<br />
beiderlei Geschlechts (Kinder,<br />
Jugendliche, jüngere Erwachsene<br />
und Senioren) nach ähnlichen<br />
Lehr- und Lernmustern verfahren<br />
kann oder ob spezifische Differenzierungen<br />
notwendig sind.<br />
Noch vor wenigen Jahren spielten<br />
z. B. <strong>Tennis</strong>lehrer mit erwachsenen<br />
Schülern fast ausschließlich im Einzelunterricht.<br />
Gruppenunterricht<br />
50
wurde hauptsächlich aus Kostenersparnisgründen<br />
für Kinder und<br />
Jugendliche in Schule und Verein<br />
sowie in kommerziellen <strong>Tennis</strong>anlagen<br />
angeboten.<br />
Inzwischen haben sich die Auffassungen<br />
geändert, und <strong>Tennis</strong> wird<br />
heute in allen aufgeführten Zielgruppen<br />
vorwiegend in der Gruppe<br />
gelehrt und gelernt. Unbestritten<br />
ist die Tatsache, daß sich der<br />
gut organisierte Gruppenunterricht<br />
für ajje <strong>Tennis</strong>-Anfänger bewährt<br />
hat, vor allem deshalb, weil Lernen<br />
in der Gruppe mehr Spaß<br />
macht und sich die Beteiligten gegenseitig<br />
motivieren.<br />
Allgemeines<br />
zum<br />
<strong>Tennis</strong>unterricht<br />
mit Anfängern<br />
Zielsetzungen<br />
vermitteln<br />
Jeder Teilnehmer will wissen,<br />
warum er was machen soll. Der<br />
Sinn bzw. die Absicht, die mit der<br />
Aufgabe verfolgt wird (taktischer<br />
Hintergrund), muß immer bewußt<br />
gemacht werden. Es gibt unterschiedliche<br />
technische Lösungen<br />
für gleiche Situationen. Der Unterrichtende<br />
sollte in der Lage sein,<br />
Situation und Lösung der Aufgabe<br />
jeweils aus dem Blickwinkel der<br />
Teilnehmer zu sehen.<br />
Sicherheit<br />
Bei allen Übungen, besonders in<br />
größeren Gruppen, ist auf die<br />
Sicherheit der Teilnehmer zu<br />
achten (Position und Einsatz von<br />
Hilfsgeräten, herumliegende Bälle,<br />
Laufwege und Schlagrichtungen,<br />
Abstand zu anderen Spielern). Im<br />
Zweifelsfall muß die Übung immer<br />
unterbrochen werden.<br />
Unterricht bei<br />
unterschiedlichem<br />
Leistungsniveau<br />
Bei größeren Gruppen findet man<br />
meistens ein unterschiedliches Leistungsniveau.<br />
Da jeder Teilnehmer<br />
vom Unterricht profitieren will,<br />
wird es oft notwendig sein, unterschiedliche<br />
Aufgaben, Ziele oder<br />
Zählweisen anzubieten, um sich<br />
der jeweiligen Könnensstufe der<br />
Teilnehmer anzupassen. Besonderes<br />
Augenmerk ist auf das entsprechende<br />
Zuspiel zu legen.<br />
Der Unterricht ist für den Lehrer in<br />
diesen Fällen besonders schwer,<br />
aber um so befriedigender, wenn<br />
er die Situation gemeistert hat.<br />
Organisation<br />
Die Teilnehmer müssen den Ablauf<br />
der Aufgabe verstehen.<br />
Bei jeder neuen Übung muß eine<br />
gewisse Zeit eingerechnet werden,<br />
die die Teilnehmer brauchen, um<br />
ihre persönliche Aufgabe (zuspielen,<br />
schlagen, zurückspielen, Bälle<br />
fangen) zu verstehen.<br />
Bei der Einführung von neuen Regeln<br />
oder anderer Zählweise muß<br />
man sicher sein, daß die Teilnehmer<br />
alles verstanden haben,<br />
bevor die Übung beginnt.<br />
Nachfragen der Teilnehmer sind<br />
immer ein Zeichen dafür, daß die<br />
Erklärungen unklar oder unvollständig<br />
waren.<br />
Für den Unterricht mit Anfängern<br />
gilt grundsätzlich:<br />
1. Die Reihenfolge der zu lösenden<br />
Aufgaben ist bei jeder<br />
Schlagtechnik:<br />
- Ball treffen<br />
- Ball über das Netz spielen<br />
(relativ hoch)<br />
- Ball plazieren (links-rechts,<br />
lang)<br />
- Ball mit Geschwindigkeit<br />
spielen<br />
2. Am Anfang stehen Bewegungen<br />
mit geringem Bewegungsumfang<br />
beim Ausholen und<br />
Schlagen:<br />
- Variation des Treffpunktes<br />
bezogen auf den Abstand<br />
zum Körper (nah-weit)<br />
- Variation des Treffpunktes<br />
bezogen auf den Abstand<br />
zum Boden (tief-hoch)<br />
- Variation des Treffpunktes<br />
bezogen auf die Schlagrichtung<br />
(vorne-hinten)<br />
Hinweis: - Bei allen Bewegungen<br />
ist immer der gesamte<br />
Körper beteiligt.<br />
3. Die Entfernung und die Richtung,<br />
aus der der Ball angeworfen/zugespielt<br />
wird, wird<br />
vergrößert:<br />
- Variation der Zuspielrichtung<br />
bei festgelegter Schlagposition<br />
- Variation des Beginns der<br />
Vorbereitung/des Ausholens<br />
(früh-spät) auf die Länge<br />
des Ballflugs abgestimmt) bei<br />
festgelegter Schlagposition<br />
- Variation der Schlagposition<br />
(Beinarbeit)<br />
- Variation der Geschwindigkeit<br />
bei der Schlagbewegung<br />
Hinweis: - Wenig mit dem »stehenden«<br />
Ball arbeiten.<br />
- Kleiner Bewegungsumfang<br />
beim Ausholen<br />
und Schlagen bleibt.<br />
- Ausschwungrichtung<br />
(und -weite) kann angesprochen<br />
werden.<br />
51
<strong>Tennis</strong>unterricht mit verschiedenen Zielgruppen<br />
4. Erst wenn von T-Linie zu T-Linie<br />
gespielt wird, sollte der Abstand<br />
zwischen den Spielern<br />
(Lehrer/Schüler) vergrößert<br />
werden.<br />
Hinweis: - Wenn bei gewünschtem<br />
kleinem Bewegungsumfang<br />
der Ball<br />
nicht über das Netz<br />
gespielt werden kann,<br />
dann muß zunächst<br />
die Zuspielgeschwindigkeit<br />
und dann die<br />
Geschwindigkeit der<br />
Schlagbewegung gesteigert<br />
werden.<br />
5. Die Vergrößerung des Umfangs<br />
der Aushol- und Schlagbewegung<br />
erfolgt auf langsam<br />
(weich) zugespielte Bälle.<br />
Hinweis: - Die Vergrößerung des<br />
Bewegu ngsu mf angs<br />
ist<br />
sinnvoll bei:<br />
Vorhand, Rückhand,<br />
Lob, Schmetterball,<br />
Aufschlag<br />
nicht sinnvoll bei:<br />
Flugball, Halbflugball,<br />
Stop.<br />
Eine wichtige Voraussetzung für<br />
den Erfolg im Anfängertennis ist<br />
auch, daß Spielgeräte (Schläger,<br />
Bälle), Spielfeldgröße und Netzhöhe<br />
individuell angepaßt werden<br />
und mit dem Spielvermögen der<br />
Lernenden wachsen. Einem ausgebildeten<br />
<strong>Tennis</strong>lehrer sollte es<br />
dann nicht schwerfallen, Anfänger<br />
in allen Altersgruppierungen individuell<br />
richtig zu fördern und entsprechend<br />
zu motivieren. Die<br />
nachfolgenden konkreten Empfehlungen<br />
beziehen sich auf alle<br />
<strong>Tennis</strong>-Anfänger.<br />
<strong>Tennis</strong>schläger<br />
(Lernschläger)<br />
Die Größe des besaiteten Schlägerkopfes<br />
entspricht dem Normalschläger,<br />
das Schlägergewicht ist<br />
jedoch bedeutend geringer. Die<br />
Schlägerschäfte sind kürzer und<br />
die Schlägerlänge ist somit insgesamt<br />
geringer. Die Schläger sind<br />
handlicher und mit weniger Anstrengung<br />
(Kraftaufwand) zu spielen;<br />
trotzdem erlauben sie eine<br />
sichere Ballkontrolle. Schlägergewicht<br />
und Schlägerlänge wachsen<br />
mit dem Lernfortschritt und sind<br />
immer mit den körperlichen Voraussetzungen<br />
der Lernenden in<br />
Einklang zu bringen. Stehen nur<br />
normale Schläger zur Verfügung,<br />
so kann man diese notfalls entsprechend<br />
kürzer greifen.<br />
<strong>Tennis</strong>bälle<br />
Günstige Lern-<strong>Tennis</strong>bälle sind<br />
leichter als Normalbälle und fliegen<br />
langsamer. Bei gleicher Größe<br />
sehen die Spezialbälle wie Normalbälle<br />
aus und werden von den<br />
Abb. 23<br />
Kinder spielen mit entsprechend kleineren Schlägern<br />
Lernenden eher akzeptiert als<br />
optisch deutlich unterschiedliche<br />
Lern balle.<br />
Der langsame Flug der empfohlenen<br />
Lernbälle erlaubt den Anfängern<br />
eine bessere Ballberechnung<br />
und gibt ihnen mehr Zeit zur<br />
Schlagvorbereitung und -durchführung.<br />
Stehen allerdings keine Lernbälle<br />
zur Verfügung, so sind auch<br />
weiche, abgespielte Normalbälle<br />
geeignet.<br />
<strong>Tennis</strong>feld -<br />
Größe und Netzhöhe<br />
Jeder Anfänger möchte so schnell<br />
wie möglich zum <strong>Tennis</strong>spielen,<br />
d.h., zu regelmäßigen Ballwechseln<br />
kommen. Dies gelingt ihm am<br />
besten in einem kleineren <strong>Tennis</strong>feld<br />
mit niedrigerem Netz. Man<br />
kann solche Felder auf allen ebenen<br />
Flächen einzeichnen und über<br />
gespannte Zauberschnüre, Leinenoder<br />
Behelfsnetze spielen (s. Schultennis,<br />
S. 64). Sobald aber einfachste<br />
Zähl- und Spielformen<br />
52
Kleinfeldtennis -<br />
Spielfelder und Netzanlagen<br />
Abb. 24<br />
Kleinfeld für Kinder unter Einbezug vorhandener Spielfeldmarkierungen<br />
sowie Wettkämpfe durchgeführt<br />
werden, ist es vorteilhaft, nach<br />
festen Spielregeln auf gleichgroßen,<br />
deutlich markierten Spielfeldern<br />
mit gleichhohen und festgespannten<br />
<strong>Tennis</strong>netzen zu spielen.<br />
Deshalb sollte dann ein Kleinfeld<br />
von der Optik und den Abmessungen<br />
her eine echte Kleinausgabe<br />
des normalen <strong>Tennis</strong>feldes<br />
darstellen.<br />
Das auf jedem <strong>Tennis</strong>platz vorhandene<br />
Kleinfeld zwischen Einzel-<br />
Seitenlinie, T-Linie und Mittellinie<br />
entspricht diesen Vorstellungen<br />
nur teilweise und kann deshalb<br />
nur als Behelf gelten. Besonders<br />
empfehlenswert und praktikabel<br />
ist eine mobile <strong>Tennis</strong>-Kleinfeldanlage,<br />
die einen normalen <strong>Tennis</strong>platz<br />
unter Einbezug der vorhandenen<br />
Spielfeldmarkierungen in<br />
zwei Kleinfelder teilt.<br />
Die zusätzlich anzubringenden<br />
seitlichen Begrenzungslinien der<br />
Kleinfelder können nach dem Spiel<br />
problemlos entfernt und wiederverwendet<br />
werden. Höhenverstellbare<br />
Netzanlagen sind in kürzester<br />
Zeit auf- und abgebaut und können<br />
auch nach dem Gebrauch zur<br />
Seite gerollt werden.<br />
Auf den so entstehenden Kleinfeldern<br />
kommen die Lernenden sehr<br />
schnell zum <strong>Tennis</strong>spielen und zu<br />
einfachen Wettkampfformen. Wer<br />
im Kleinfeld die <strong>Tennis</strong>-Spielidee<br />
richtig erfahren und begriffen hat,<br />
kann ohne Schwierigkeiten leicht<br />
zum Spiel auf dem großen Feld<br />
geführt werden.<br />
Abb. 25 Aufbau mehrerer Kleinfelder<br />
Entsprechend den Vorstellungen<br />
des DTB wird eine Netzanlage<br />
von 6,10 m Breite und einer Netzhöhe<br />
von 80 bis 85 cm empfohlen.<br />
Durch Zusammenstellen von<br />
2 Mininetzen mit je 3,05 m Breite<br />
kann die geforderte Spielfeldbreite<br />
von 6,10 m ebenfalls erreicht werden.<br />
Solche Mininetze werden<br />
vorwiegend zu Hause (Garage,<br />
Hof, Garten ...) verwendet und<br />
dienen dem Hometraining von<br />
allen Lernenden in jedem Alter.<br />
Sie gewinnen aber auch immer<br />
mehr Bedeutung im <strong>Tennis</strong>unterricht<br />
mit Großgruppen (Schule,<br />
Breitensport ...), weil hierdurch<br />
die Spielidee <strong>Tennis</strong> von der ersten<br />
<strong>Tennis</strong>stunde an zum Tragen<br />
kommt.<br />
Kleinfelder können auf allen<br />
<strong>Tennis</strong>plätzen, aber auch auf allen<br />
halbwegs ebenen Hartplätzen<br />
(Schulhöfe, Parkplätze) installiert<br />
werden. Stellt man die Netze quer
<strong>Tennis</strong>unterricht mit verschiedenen Zielgruppen<br />
zum Normaltennisfeld auf, so<br />
können die vorhandenen Spielfeldmarkierungen<br />
sinnvoll genutzt<br />
werden, und man muß nur noch<br />
wenige Zusatzlinien ziehen. Auf<br />
einem <strong>Tennis</strong>feld kann man 4<br />
große oder 8 kleine Netze aufstellen<br />
und somit 4 x 6 = 24 Schüler<br />
oder 8 x 4 = 32 Schüler sinnvoll in<br />
das <strong>Tennis</strong>spiel einführen. Soll auf<br />
anderen Sand-, Hart- oder Kunststoffplätzen<br />
(also auf Plätzen, die<br />
nicht für <strong>Tennis</strong> eingerichtet sind)<br />
<strong>Tennis</strong> gespielt werden, so braucht<br />
man pro Minifeld eine Fläche von<br />
3,05 x 10 m und für ein Wettkampfkleinfeld<br />
6,10x11 m.<br />
Die Spielfeldmarkierungen können<br />
dann je nach Belag mit Kreide,<br />
Klebebändern, Seilen oder »mobilen«<br />
Linien gekennzeichnet<br />
werden.<br />
Grundüberlegungen zum<br />
Kleinfeldtennis<br />
Die <strong>Tennis</strong>technik entwickelt sich<br />
spielerisch mit dem Erfolgserlebnis<br />
beim Erfüllen der verschiedenen<br />
gezielten, aber spielerischen Aufgabenstellungen.<br />
Dies entspricht<br />
der spielorientierten Konzeption.<br />
Der <strong>Tennis</strong>lehrer achtet darauf,<br />
daß die Grobform einer akzeptablen<br />
<strong>Tennis</strong>technik durch alle<br />
Spieleinheiten erhalten bleibt und<br />
sich zunehmend zur Feinform entwickelt.<br />
Es gibt kein »Falsch« und<br />
kein »Richtig«, sondern nur Vorschläge<br />
zur Lösung der gestellten<br />
Aufgaben und Erfolgskontrollen,<br />
die der Lernende in den meisten<br />
Fällen auch selbst durchführen<br />
kann.<br />
Der schnelle Schlag spielt im Kleinfeldtennis<br />
eine völlig untergeordnete<br />
Rolle gegenüber dem gefühlvollen,<br />
gezielten und sicheren<br />
Schlag. Deshalb kommt zuerst<br />
auch dem Miteinanderspielen die<br />
wichtigste Bedeutung zu, verbunden<br />
mit dem Ziel, häufige Ballkontakte<br />
innerhalb der verschiedenen<br />
Ballwechsel zu haben. Das übergeordnete<br />
Motto lautet dann immer:<br />
Wer schafft mit wem die<br />
meisten Ballkontakte innerhalb der<br />
Ballwechsel?<br />
Wenn mit den Schlagtechniken,<br />
Vorhand, Rückhand, Flugball und<br />
Aufschlag genügend Ballsicherheit<br />
erreicht worden ist, macht auch<br />
das Gegeneinanderspielen richtig<br />
Spaß. Erst dann ist es möglich,<br />
technische und taktische Finessen<br />
zum Einsatz zu bringen und spielerisch<br />
zu nutzen. Auf dem Kleinfeld<br />
wird lebendiges, vielseitiges <strong>Tennis</strong><br />
gespielt. Der <strong>Tennis</strong>lehrer kann<br />
sich bei allen Spielformen als Mitspieler<br />
integrieren, er kann aber<br />
auch von außen gut beobachten<br />
und Tips geben, wenn die Kinder<br />
schon untereinander spielen können.<br />
Als Pädagoge wird der <strong>Tennis</strong>lehrer<br />
immer den Schwächeren<br />
helfen und die Besseren fordern.<br />
Das kann er durch entsprechend<br />
variiertes Zuspiel bewerkstelligen.<br />
Nachfolgender Aufbau von<br />
Spielreihen wird für Kleinfeldtennis<br />
empfohlen<br />
Miteinanderspielen<br />
1. Der Lehrer spielt mit der<br />
Gruppe die Grundschläge Vorhand,<br />
Rückhand und Flugball<br />
mit Tips für die Schlägerhaltung,<br />
Schlagstellung, Treffpunkt,<br />
Timing.<br />
Die Schüler spielen aus dem<br />
Stand und aus der Bewegung<br />
zum Lehrer zurück und kommen<br />
schnell zu einem regelmäßigen<br />
Ballwechsel (z.B.<br />
Rundläufe). Die Aufgaben können<br />
vielfältig variiert und kombiniert<br />
werden (Laufwege, Art<br />
und Zahl der Ballkontakte, Zuspiel,<br />
Zielräume etc.).<br />
2. Der Lehrer spielt nacheinander<br />
• mit jedem Schüler der Gruppe<br />
frontal im halben Kleinfeld<br />
möglichst lange Ballfolgen mit<br />
Vorhand, Rückhand und Flugball.<br />
Er lernt dabei jeden Schüler<br />
kennen, mit dessen Stärken,<br />
Schwächen und Eigenheiten.<br />
Wenn die Ballwechsel mit dem<br />
Lehrer klappen, wird es nicht<br />
lange dauern, bis die Schüler<br />
untereinander spielen können<br />
und möglichst lange Ballwechsel<br />
zustande bringen wollen.<br />
3. Der Lehrer spielt nacheinander<br />
mit jedem Schüler diagonal von<br />
der linken in die rechte (oder<br />
von der rechten in die linke)<br />
Kleinfeldhälfte. Dabei werden<br />
die Schlagarten Lob, Schmetterball<br />
und Stop sowie das taktisch<br />
wichtige Winkelspielen eingeführt<br />
und geübt. Die Aufgabe<br />
für den Schüler könnte dann<br />
zum Beispiel lauten, es darf nur<br />
mit Vorhand, oder nur mit<br />
Rückhand gespielt werden.<br />
Dabei bleibt der längstmögliche<br />
Ballwechsel aber immer oberstes<br />
Gebot.<br />
Gegeneinanderspielen<br />
Wenn genügend lange Ballwechsel<br />
in den verschiedenen Schlagarten<br />
und Schlagkombinationen zustande<br />
gebracht werden (Ziel: 10<br />
Ballkontakte), sind die erforderlichen<br />
Grundkenntnisse für das<br />
Gegeneinanderspielen gelegt. Eine<br />
Einführung über ein Doppel Lehrer/Schüler<br />
gegen Schüler/Schüler<br />
hat sich beim Kleinfeldtennis als<br />
sehr vorteilhaft erwiesen.<br />
In der einfachsten Form ist jeder<br />
Spieler nur für seine Spielfeldhälfte<br />
verantwortlich, darf seine Bälle<br />
aber beliebig in die gegnerische<br />
Hälfte spielen. Der Ball wird diagonal<br />
von unten ins Spiel gebracht<br />
und es wird numerisch gezählt.<br />
Der Lehrer spielt zuerst mit dem<br />
schwächsten Schüler, um diesen<br />
zu motivieren.<br />
54
Anfängertennis<br />
<strong>Tennis</strong>-Doppel<br />
Der Lehrer spielt anfangs wieder<br />
mit, vor allem als Unterstützung<br />
der schwächeren Spieler. Später<br />
spielen die Schüler untereinander,<br />
und der Lehrer gibt nur Tips von<br />
außen. Es wird ein normales <strong>Tennis</strong>-Doppel<br />
mit Aufschlag von unten<br />
gespielt. Die Ballkontakte der<br />
Beteiligten sind jetzt beliebig, und<br />
dementsprechend entwickeln sich<br />
schon bald spielerische Standardsituationen<br />
und verschiedenartig<br />
taktische Lösungsmöglichkeiten.<br />
Alle zuvor erprobten Schlagarten<br />
können jetzt situationsangepaßt<br />
eingesetzt werden. Das vielseitige,<br />
variable Spiel gewinnt sehr an Bedeutung.<br />
Tischtennis-Doppel<br />
Als Vorbereitung für das Einzelspiel<br />
kommt dieser Form eine<br />
wichtige Bedeutung zu. Gespielt<br />
wird zuerst mit dem Lehrer - später<br />
nur mit Schülerbeteiligung.<br />
Die Ballkontakte der Doppelpartner<br />
wechseln regelmäßig nach<br />
jedem Schlag, wie beim Tischtennis;<br />
jeder Spieler muß sich jetzt in<br />
der ganzen Spielfeldhälfte zurechtfinden.<br />
Die Raumaufteilung<br />
und die Spielübersicht werden<br />
geschult.<br />
Doppel mit Schlägerwechsel<br />
Jeder Spieler muß jetzt unter Zeitdruck<br />
(Schlägerwechsel) konzentriert<br />
den Ball verfolgen und wird<br />
von seinem Mitspieler kaum mehr<br />
entlastet. Auf beiden Seiten wird<br />
jeweils nur mehr mit einem<br />
Schläger gespielt, der nach jedem<br />
Ballkontakt vom Mitspieler übernommen<br />
wird (s. Abb. 24, S. 53).<br />
Jeder Spieler übernimmt innerhalb<br />
des Doppels auch den Part eines<br />
Einzelspielers. Diese Spielform<br />
eignet sich hervorragend zur<br />
Schulung von Reaktion und Koordination.<br />
Vom Doppel- zum Einzelspiel<br />
Im Einzel ist jeder Spieler nur noch<br />
auf sich alleine angewiesen, und<br />
es gilt, die eigenen Fähigkeiten<br />
und Möglichkeiten behutsam zu<br />
erproben.<br />
Deshalb sollte das erste Einzel immer<br />
zwischen Lehrer und Schüler<br />
stattfinden. Der Lehrer kann den<br />
Schwächeren aufbauen und den<br />
Vorwitzigen in den richtigen<br />
Schranken halten.<br />
Von der numerischen Zählweise<br />
kann zu den normalen <strong>Tennis</strong>regeln<br />
übergegangen werden,<br />
wobei im Kleinfeld vielfach Tiebreak-Regeln<br />
und Zeitspiele sinnvoll<br />
angewendet werden können.<br />
Der Aufschlag kann weiterhin von<br />
unten ausgeführt werden. Wenn<br />
Aufschläge von oben erlaubt<br />
werden, so darf nur ein Versuch<br />
gewährt werden, damit keine Aufschlagdominanz<br />
entsteht. Im<br />
Kleinfeldtennis sollen möglichst<br />
lange Ballwechsel stattfinden, und<br />
nicht schnell (Bum-Bum-<strong>Tennis</strong>),<br />
sondern gefühlsbetont gespielt<br />
werden.<br />
Kleinfeldtennis-Turniere<br />
Wenn <strong>Tennis</strong>schüler Spaß an <strong>Tennis</strong>wettkämpfen<br />
gefunden haben,<br />
sollte es auch Möglichkeiten für<br />
sie geben, an Kleinfeldtennis-Turnieren<br />
teilzunehmen. Dabei sollte<br />
darauf geachtet werden, daß alle<br />
Beteiligten oft zum Zuge kommen<br />
und lieber die Spieleinsätze der<br />
Beteiligten kurz ausfallen. Sehr<br />
vorteilhaft wäre ein Spielplan nach<br />
Zeit, wie etwa bei einem Gong-<br />
Turnier mit Spielzeiten von 10 bis<br />
15 Minuten.<br />
Wenn anfangs in kleine Gruppen<br />
eingeteilt wird, in denen jeder<br />
gegen jeden (4er-Gruppen) spielt<br />
und je nach Gruppenplatz weiter<br />
eingeteilt wird, haben alle Beteiligten<br />
ein gleiches Maß an Spielzeit,<br />
Anstrengung und Spaß gehabt.<br />
Darauf sollte die Absicht des<br />
Wettkampfs im Kleinfeld vorrangig<br />
abzielen und eine gute Voraussetzung<br />
bieten für eine erstrebenswerte<br />
Einstellung für den<br />
Übergang zum <strong>Tennis</strong>wettkampf<br />
auf dem großen <strong>Tennis</strong>feld. Ballund<br />
Körperbeherrschung bringen<br />
Spaß und Freude beim <strong>Tennis</strong>spiel.<br />
Auf dem Kleinfeld lernt man beides<br />
am leichtesten.<br />
Übergang zum<br />
Normaltennis auf dem<br />
Großfeld<br />
Je nach Spielvermögen und Ambitionen<br />
der Lernenden erfolgt eine<br />
allmähliche Steigerung zum normalen<br />
Großfeldtennis durch stufenweisen<br />
Abbau aller zuvor gewährten<br />
Erleichterungen. Die<br />
Anforderungen in bezug auf<br />
Schläger, Bälle, Netzhöhe und Spielfeldgröße<br />
werden entsprechend<br />
der sich verbessernden Spielfähigkeit<br />
in individuell angepaßten<br />
Dosierungen erhöht. Die persönlichen<br />
Ambitionen der Lernenden<br />
sollten dabei in jedem Falle berücksichtigt<br />
werden. So könnte<br />
es durchaus sein, daß ein Teil der<br />
Anfänger (z.B. ältere Menschen)<br />
gar nicht bis zum »Normaltennis«<br />
kommen und mehr Spaß beim<br />
Spiel mit Erleichterungen durch<br />
Gerät und Spielfeld findet. So gibt<br />
es heute im Zuge des Breiten- und<br />
Freizeitsports auch schon Veranstaltungen,<br />
die <strong>Tennis</strong> nur im<br />
Kleinfeld vorsehen, als Selbstzweck<br />
und ohne weitere Steigerung.<br />
Anders ist es im <strong>Tennis</strong> mit<br />
Kindern von 4 bis 6 Jahren; hier<br />
dient Kleinfeldtennis als wichtige<br />
Vorstufe zur Talentsichtung und<br />
als spielerische Grundlage zur<br />
sinnvollen Entwicklung des Großfeldtennis.
<strong>Tennis</strong>unterricht mit verschiedenen Zielgruppen<br />
Die Entwicklung des Spielgedankens<br />
und eine frühzeitige taktische<br />
Schulung und Ausbildung stehen<br />
hier im Vordergrund aller Überlegungen.<br />
<strong>Tennis</strong>lernen im Anfängerbereich<br />
findet in vielfältigerweise und<br />
unter sehr unterschiedlichen äußeren<br />
Gegebenheiten statt: im Verein,<br />
in derSchule, auf Mietplatzanlagen,<br />
in Ferien-Camps oder in speziellen<br />
<strong>Tennis</strong>schulen. In allen Fällen<br />
bietet der Unterricht in einer<br />
Gruppe Vorteile gegenüber dem<br />
traditionellen Einzelunterricht.<br />
Im Gruppenunterricht spornen<br />
sich die Lernenden gegenseitig an,<br />
unterstützen und motivieren sich<br />
untereinander und erleben <strong>Tennis</strong><br />
in einer entspannten Atmosphäre.<br />
Kindertennis sollte vorrangig induktiv<br />
über Aufgabenstellungen<br />
und Spielreihen in Kleinfeldern<br />
eingeführt und entwickelt werden.<br />
Ball indirekt diagonal über das Netz spielen<br />
Elementarschule<br />
Unter dem Leitgedanken »vom<br />
Kleinfeld (kurze Entfernung) zum<br />
Großfeld (große Entfernung)«<br />
stellt die Elementarschule einen<br />
möglichen Weg für das Anfängertennis<br />
dar.<br />
Nach Abschluß eines systematisch<br />
aufgebauten 10-Stunden-Programms<br />
sollen die Teilnehmer<br />
(relativ unabhängig vom Alter)<br />
folgendes können:<br />
- miteinander im Kleinfeld<br />
spielen,<br />
- auf Zuspiel des Lehrers von der<br />
Grundlinie und vom Netz<br />
zurückspielen,<br />
- aufschlagen und schmettern.<br />
Die Konzeption dieser Elementarschule<br />
hat folgende Schwerpunkte:<br />
• Gruppenunterricht von vorzugsweise<br />
4 Personen auf<br />
einem Platz.<br />
• Sowohl technik- als auch spielorientierte<br />
Vorgehensweise<br />
kommen zur Anwendung.<br />
• Als methodische Maßnahmen<br />
stehen Demonstration und<br />
geschickte Aufgabenstellung<br />
im Vordergrund.<br />
• Bilaterales <strong>Tennis</strong> hat eine hohe<br />
Bedeutung, d.h. das Spielen sowohl<br />
mit der rechten als auch<br />
mit der linken Hand ebenso wie<br />
das beidhändige Spielen auf<br />
beiden Seiten. Die allgemeine<br />
Koordination wird besser<br />
geschult, die Körperausbildung<br />
erfolgt auf beiden Seiten gleichmäßig,<br />
und es kommt nicht so<br />
leicht zu Überlastungsschäden.<br />
Ein gewisser positiver Lerntransfer<br />
in der <strong>Tennis</strong>technik ist<br />
sicherlich vorhanden, d.h., das<br />
Üben eines Schlages mit der linken<br />
Hand kann die Schlagausführung<br />
mit der rechten Hand<br />
verbessern. Schließlich macht<br />
gerade Kindern der vielseitige<br />
Umgang mit dem Schläger<br />
Spaß, so daß Bewegungsaufgaben<br />
im <strong>Tennis</strong>unterricht im<br />
Sinne des bilateralen <strong>Tennis</strong><br />
auch zur Auflockerung des<br />
Unterrichts beitragen.<br />
• Die Aufgaben können zunächst<br />
mit kürzeren und leichteren<br />
<strong>Tennis</strong>schlägern (gegebenenfalls<br />
mit kurzgefaßten Normalschlägern)<br />
und mit langsam<br />
fliegenden Spezial-Lernbällen<br />
durchgeführt werden.<br />
• Geübt wird weitgehend mit<br />
Partnerhilfe. Der Partner übernimmt<br />
die Aufgabe des Ballanbietens,<br />
und anschließend<br />
erfolgt ein Rollentausch.<br />
• Beim Spielen über größere Entfernungen<br />
übernimmt zunächst<br />
der Lehrer die Aufgabe des<br />
Zuspiels.<br />
56
Elementarschule<br />
Das 10-Stunden-Programm im Überblick<br />
1. Stunde Indirektes, senkrechtes<br />
Hochspielen<br />
des Balles<br />
2. Stunde"| Indirektes Hochspielen<br />
des Balles<br />
über größer werdende<br />
Entfernungen<br />
3. Stunde") Anwenden von<br />
Vorhand und Rückhand<br />
im T-Feld<br />
| 4. Stunde"! 1. Schwerpunkt:<br />
Flugball-Vorhand<br />
und -Rückhand<br />
2. Schwerpunkt:<br />
Vorhand und<br />
Rückhand im<br />
T-Feld als<br />
Wiederholung<br />
Ball indirekt knapp über das Netz spielen<br />
| 5. Stunde"] Anwenden von<br />
Vorhand, Rückhand<br />
und Flugball im<br />
T-Feld<br />
| 6. Stunde" 1. Schwerpunkt:<br />
Schmetterball<br />
2. Schwerpunkt:<br />
Vorhand und Rückhand<br />
bei variabler<br />
Distanzvergrößerung<br />
in Richtung<br />
Grundlinie<br />
| 7. StundeH 1 • Schwerpunkt:<br />
Aufschlag<br />
2. Schwerpunkt:<br />
Vorhand und Rückhand<br />
bei variabler<br />
Distanzvergrößerung<br />
in Richtung<br />
Grundlinie, Flugball<br />
auf Zuspiel aus<br />
unterschiedlichen<br />
Entfernungen<br />
| 8. Stunde Kombination der<br />
bekannten Schlagtechniken<br />
| 9. Stunde 7 ] Wiederholung aller<br />
Techniken und Vorbereitung<br />
auf den<br />
Abschlußtest<br />
|10. Stunde | Abschlußtest<br />
57
<strong>Tennis</strong>unterricht mit verschiedenen Zielgruppen<br />
^^^<br />
fcf^jfosfefr*<br />
^ Ifetu ricl^<br />
Aufgaben sollen sowohl mit der rechten<br />
und der linken Hand als auch<br />
beidhändig und jeweils mit der Vorhand-<br />
und Rückhandseite gelöst werden;<br />
alle Übungen beginnen mit dem<br />
Anwerfen des Balles.<br />
1. Alleine (Spiel mit sich selbst) den<br />
Ball indirekt senkrecht hochspielen<br />
2. Partnerweise abwechselndes,<br />
indirektes und senkrechtes Hochspielen<br />
des Balles<br />
- Ball springt im Korridor auf<br />
- Spieler stehen außerhalb des<br />
Korridors<br />
3. Ball indirekt über das Netz<br />
zuspielen<br />
- Ball soll hoch über das Netz<br />
fliegen<br />
- Ball soll knapp hinter dem Netz<br />
aufspringen<br />
- Ball soll in bedrängten Situationen<br />
zunächst sich selbst hochgespielt<br />
werden (Kontrollschlag)<br />
und dann erst über das<br />
Netz zum Partner<br />
a) Spieler stehen jrn Korridor<br />
(frontale Position zum<br />
Netz)<br />
b) Spieler stehen außerhalb<br />
der Einzel- bzw. Doppellinien<br />
(seitliche Position<br />
zum Netz)<br />
4. Spielerstehen im Kreis und spielen<br />
sich den Ball abwechselnd indirekt<br />
5. Spiel 2 gegen 2, abwechselnd<br />
schlagen<br />
Aufgaben sollen sowohl mit der rechten<br />
und der linken Hand als auch<br />
beidhändig und jeweils mit der Vorhand-<br />
und Rückhandseite gelöst<br />
werden; Ball kommt durch Zuwurf<br />
zum Partner oder Anwurf für sich<br />
selbst ins Spiel.<br />
1. Ball indirekt über das Netz zuspielen<br />
- Position nah am Netz, seitliche<br />
Schlagstellung zum Netz<br />
- Ball soll im Korridor aufspringen<br />
2. Ball indirekt diagonal über das<br />
Netz zuspielen (s.S. 56)<br />
- Position nah am Netz, frontale<br />
Stellung zum Netz<br />
- Ball soll innerhalb bzw. außerhalb<br />
der Einzellinie aufspringen<br />
(Empfehlung für Griffhaltungen)<br />
3. Partner bewegen sich parallel zum<br />
Netz, einer spielt diagonal, der andere<br />
longline<br />
4. Partner spielen diagonal über<br />
größere Entfernungen<br />
- Position nah am Netz, frontale<br />
Stellung zum Netz (in bezug<br />
auf die Schlagrichtung des Balles<br />
steht der Spieler in einer<br />
seitlichen Schlagstellung)<br />
- Ball auch sich selbst hochspielen<br />
(Kontrollschlag)<br />
5. Ball longline im Korridor über das<br />
Netz spielen<br />
- Spieler stehen außerhalb der<br />
Seitenlinien in seitlicher Schlagstellung<br />
- Abstand vergrößern und verkleinern<br />
6. Spiel 2 gegen 2, abwechselnd<br />
schlagen<br />
::ÄH^<br />
Aufgaben sollen vorrangig mit der<br />
gewohnten Schlaghand oder beidhändig<br />
gelöst werden; Ball durch Anwurf<br />
für sich selbst ins Spiel bringen.<br />
1. Im Aufschlagfeld miteinander über<br />
das Netz spielen (longline und<br />
cross)<br />
2. Schulung des seitlichen Abstands<br />
zum Treffpunkt<br />
- Partner steht auf der gleichen<br />
Seite des Netzes wie der Spieler<br />
und wirft den Ball auf einer<br />
Seitenlinie an<br />
a) Spieler schlägt aus vorgegebener<br />
Platzposition<br />
b) Schulung der Beinarbeit zur<br />
Seite zur Schlagposition<br />
(Cha-Cha-Cha-<br />
Rhythmus)<br />
3. Ballwechsel im Aufschlagfeld<br />
- Schulung des seitlichen Abstands<br />
(auch mit Kontrollschlag);<br />
nach dem Schlag zwei<br />
bis drei Seitstepschritte in Richtung<br />
Mitte des Aufschlagfeldes<br />
- nur cross oder nur longline<br />
spielen<br />
4. Ballwechsel im Aufschlagfeld<br />
- Schlagrichtung ändern<br />
- Ball auffangen und neu anspielen<br />
oder Ballwechsel mit bzw.<br />
ohne Kontrollschlag spielen<br />
5. Spiel 2 gegen 2, mit- oder gegeneinander<br />
6. Rundlauf um den Lehrer<br />
| • -grer/. -4 -Stunde- >>^~^f-S\<br />
Aufgaben 1 bis 6 sollen sowohl mit<br />
der rechten als auch mit der linken<br />
Hand und jeweils mit der Vorhandund<br />
Rückhandseite gelöst werden.<br />
1. Ball partnerweise direkt über das<br />
Netz spielen<br />
- Naher Abstand zum Netz<br />
- Abstand variieren<br />
2. Ball partnerweise über das Netz<br />
werfen und fangen<br />
3. Zugeworfenen Ball vom Schläger<br />
abprallen lassen<br />
- Erfahrung mit verschiedener<br />
Schlagflächenstellung<br />
4. Zugeworfenen Ball weich nach<br />
oben zurückspielen<br />
5. Zugeworfenen Ball sich selbst<br />
2-3mal hochspielen, dann über<br />
das Netz nach vorne-oben<br />
zurückschlagen (Partner soll den<br />
Ball fangen)<br />
6. Von der T-Linie aus zugespielten<br />
Ball als Flugball zurückspielen<br />
- Zuspieler: Ball auffangen und<br />
neu anspielen oder Ballwechsel<br />
mit bzw. ohne Kontrollschlag<br />
weiterführen<br />
7. Flugball miteinander im Aufschlagfeld<br />
8. Spielen von Vorhand und Rückhand<br />
im T-Feld als Wiederholung<br />
der letzten Stunde<br />
58
Elementarschule<br />
| ' - r-^M^v-StiTna^ • EB> -' '•"* I<br />
Aufgaben sollen mit der gewohnten<br />
Schlaghand oder beidhändig gelöst<br />
werden; als Spielfeld gelten die Aufschlagfelder.<br />
1. Wiederholung von Vorhand, Rückhand<br />
und Flugball<br />
2. Kombination dieser drei Techniken<br />
3. Lösen taktischer Aufgaben<br />
bezüglich<br />
- Schlagrichtung .<br />
- Schlaglänge<br />
- Ballflughöhe<br />
4. Spiel gegeneinander<br />
jglStüncIg^tgg^<br />
Aufgaben sollen mit der gewohnten<br />
Schlaghand gelöst werden.<br />
1. Ball mit dem Schläger auf den<br />
Boden prellen<br />
2. Hoch zugeworfenen Ball über<br />
Kopfhöhe fangen (vorrangig mit<br />
der nicht gewohnten Hand)<br />
3. Hoch über das Netz zugeworfenen<br />
Ball über Kopfhöhe nach vorne<br />
über das Netz wegspielen<br />
4. Hoch zugeworfenen Ball zunächst<br />
in, dann über Kopfhöhe über das<br />
Netz nach unten spielen<br />
- Ausholen vor dem Körper,<br />
Griffhaltung, seitliche Schlagstellung<br />
5. Laufen unter den späteren Treffpunkt<br />
und zugeworfenen/zugespielten<br />
Ball<br />
a) mit Nichtschlaghand fangen<br />
b) schmettern<br />
c) schmettern in Zielfelder<br />
6. Vorhand und Rückhand mit variabler<br />
Abstandsvergrößerung in<br />
Richtung Grundlinie auf Zuspiel<br />
durch den Lehrer, später auch<br />
partnerweise, spielen; zu weit<br />
gespielte Bälle auffangen und neu<br />
anspielen, nach einem Kontrollschlag<br />
oder als Flugball zurückspielen<br />
E<br />
7. Stünde<br />
Aufgaben sollen mit der gewohnten<br />
Schlaghand gelöst werden.<br />
1. Ball von der T-Linie aus im<br />
hohen Bogen über das Netz<br />
werfen<br />
2. Ball auf Partnerzuwurf nach vorne<br />
wegspielen<br />
3. Ball sich selbst anwerfen und nach<br />
vorne wegspielen<br />
4. Abstand vom Netz zunehmend<br />
vergrößern (bis zur Grundlinie)<br />
und Ball<br />
a) in höherem Bogen<br />
b) in flacherem Bogen über das<br />
Netz ins Aufschlagfeld spielen<br />
5. Vorhand und Rückhand mit variabler<br />
Abstandsvergrößerung in<br />
Richtung Grundlinie spielen<br />
6. Flugball auf Zuspiel aus zunehmender<br />
Entfernung spielen<br />
L_ 8. Stunde |<br />
Aufgaben sollen mit der gewohnten<br />
Schlaghand oder beidhändig gelöst<br />
werden.<br />
1. Vorhand und Rückhand von der<br />
Grundlinie auf Lehrerzuspiel vom<br />
Netz<br />
2. Flugball-Vorhand und -Rückhand<br />
auf Lehrerzuspiel von der Grundlinie<br />
3. Partnerweises Spiel mit Vorhand<br />
und Rückhand von der Grundlinie<br />
und Spiel am Netz<br />
4. Aufschlag und Return<br />
5. Spiel 2 gegen 2 von der Grundlinie,<br />
jeweils abwechselnd schlagen<br />
a) miteinander spielen<br />
b) gegeneinander spielen<br />
[ 9. Stünde<br />
Aufgaben sollen mit der gewohnten<br />
Schlaghand oder beidhändig gelöst<br />
werden.<br />
1. Wiederholung aller Schlagtechniken<br />
mit individueller Schwerpunktsetzung<br />
2. Durchspielen der Testübungen<br />
3. Regelkunde/»Etikette« (Verhaltensnormen)<br />
: 10. Stunde ]<br />
Abschlußtest:<br />
Aufgaben sollen mit der gewohnten<br />
Hand oder beidhändig gelöst werden.<br />
1. Miteinander spielen<br />
- Spielfeld: zwei gegenüberliegende<br />
Aufschlagfelder<br />
- Beginn: beide Partner hinter der<br />
T-Linie<br />
- Modus: jeder Spieler hat 9 Versuche,<br />
der Ball muß bei einem<br />
Versuch 10mal über das Netz<br />
fliegen<br />
2. Aufschlag<br />
- Von 10 Versuchen müssen 3 im<br />
Aufschlagfeld landen<br />
3. Vom Lehrer zugespielte Bälle mit<br />
Vorhand und Rückhand von der<br />
Grundlinie aus zurückschlagen<br />
- Lehrer in Netzposition spielt<br />
abwechselnd 10mal auf Vorhand<br />
und 10mal auf Rückhand<br />
zu; Schüler muß 5 Vorhandund<br />
5 Rückhandschläge ins<br />
Einzelfeld spielen<br />
4. Vom Lehrer zugespielte Bälle als<br />
Flugball und Schmetterball zurückschlagen<br />
- Lehrer spielt von der T-Linie<br />
nacheinander 6mal zum Flugball-Vorhand,<br />
6mal zum Flugball-Rückhand<br />
und 10mal zum<br />
Schmetterball zu; Schüler muß<br />
3 Flugbälle Vorhand, 3 Flugbälle<br />
Rückhand und 5 Schmetterbälle<br />
ins Einzelfeld spielen<br />
Alle Anforderungen müssen erfüllt<br />
werden
<strong>Tennis</strong>unterricht mit verschiedenen Zielgruppen<br />
Fortgeschrittene<br />
Erwachsene im<br />
Freizeittennis<br />
Zielgruppenbeschreibung<br />
Neben Anfängern aller Altersgruppen<br />
stellen Erwachsene, die über<br />
mehr oder weniger umfangreiche<br />
Spielerfahrungen, also auch über<br />
entsprechende Techniken verfügen,<br />
sicherlich eine der größten<br />
Schülergruppen des <strong>Tennis</strong>lehrers<br />
dar. Gemeint sind hier sogenannte<br />
Freizeitspieler, also Erwachsene,<br />
die keine besonderen leistungssportlichen<br />
Ambitionen haben.<br />
Das sind vor allem <strong>Tennis</strong>spieler,<br />
die zwar schon seit längerer Zeit<br />
<strong>Tennis</strong> spielen, sich allerdings nicht<br />
am organisierten Wettkampfsystem<br />
beteiligen, und oft sind es<br />
<strong>Tennis</strong>spieler, die <strong>Tennis</strong> erst sehr<br />
spät gelernt oder sehr lange nicht<br />
mehr gespielt haben. Erwachsene<br />
Freizeitspieler können ganz unterschiedliche<br />
Motive haben, <strong>Tennis</strong><br />
zu spielen und ihr Spiel zu verbessern.<br />
Insofern sind auch ihre Erwartungen<br />
und Wünsche an den<br />
<strong>Tennis</strong>lehrer recht verschieden.<br />
Die Unterschiede in dieser Adressatengruppe<br />
ergeben sich aus<br />
• der Altersspanne (vom Übergang<br />
des Jugendalters über das<br />
Erwachsenenalter bis zum<br />
Seniorenalter),<br />
• dem grundsätzlichen Stellenwert<br />
sportlicher Betätigung<br />
(Geselligkeit, Fitneß, soziale<br />
Anerkennung),<br />
• dem Stellenwert von <strong>Tennis</strong> in<br />
der Freizeit und die dafür zur<br />
Verfügung stehende Zeit (täglich<br />
oder selten spielen),<br />
• dem jeweiligen Freizeitumfeld<br />
(Verein, <strong>Tennis</strong>schule, Urlaub),<br />
• den sozialen Beziehungen im<br />
Freizeitbereich (<strong>Tennis</strong> mit<br />
Familie, Freunden, Geschäftspartnern,<br />
neuen Bekannten).<br />
Der <strong>Tennis</strong>lehrer muß versuchen,<br />
die Erwartungen seiner Schüler im<br />
Gespräch zu erfahren, um<br />
• seinen Unterricht zu planen,<br />
• sich auf die speziellen Bedürfnisse<br />
seiner Schüler einzustellen,<br />
• die Vorstellungen der Schüler<br />
nötigenfalls auf ein realistisches<br />
Maß zu reduzieren oder zu<br />
erweitern,<br />
• seine Schüler gegebenenfalls in<br />
eine passende Gruppe einteilen<br />
zu können.<br />
Trotz unterschiedlicher Erwartungen<br />
und Voraussetzungen von<br />
Freizeitspielern gibt es durch den<br />
gemeinsamen Wunsch, <strong>Tennis</strong><br />
besser spielen zu wollen, noch<br />
genug Übereinstimmungen. Insofern<br />
lassen sich die verschiedenartigen<br />
Motive in zwei allgemeine<br />
Zielstellungen zusammenfassen:<br />
• Miteinander paarweise oder in<br />
Gruppen <strong>Tennis</strong> spielen<br />
• Gegeneinander im Einzel und<br />
Doppel <strong>Tennis</strong> spielen<br />
Dabei kann für einzelne das <strong>Tennis</strong>spielen<br />
durchaus noch andere<br />
Zielaspekte, wie die oben beschriebenen,<br />
einschließen.<br />
Konzeption<br />
»Miteinander<br />
spielen«<br />
Ausgehend von einer übergeordneten<br />
Konzeption, ergeben sich<br />
inhaltliche Folgerungen.<br />
Die Partner wollen paarweise,<br />
möglicherweise in Gruppen miteinander<br />
<strong>Tennis</strong> spielen. Das geschieht<br />
im allgemeinen ohne<br />
Wettkampf, aber im Rahmen des<br />
Spielgedankens (unter Umständen<br />
mit veränderten Regeln).<br />
Spezielle Zielstellungen<br />
• Längere Ballwechsel im Grundlinienspiel<br />
• Spielformen: Entwicklung einer<br />
individuell realistischen Spielvorstellung,<br />
Ballwechsel mit<br />
einer mittleren Höhe und<br />
Geschwindigkeit zu spielen<br />
• Haupttechniken: Grundschläge<br />
Vor- und Rückhand, zur Abwechslung<br />
und als Koordinationsschulung<br />
auch Aufschlag<br />
und andere Techniken<br />
• Beweglichkeit und Ausdauer<br />
auf dem <strong>Tennis</strong>platz<br />
• Gelegentlich Übungen zur Entwicklung<br />
der Stützmuskulatur<br />
(Rumpf)<br />
Konzeption<br />
»Gegeneinander<br />
spielen«<br />
Die Partner wollen wettkampfmäßig,<br />
im Einzel oder Doppel,<br />
gegeneinander spielen. Sie spielen<br />
dabei im Einzel vorwiegend von<br />
der Grundlinie aus.<br />
Spezielle Zielstellungen<br />
• Taktik: Entwicklungeines individuell<br />
realistischen Spielkonzepts,<br />
d. h. Anwendung der<br />
Techniken vorwiegend unter<br />
dem Aspekt ihrer Sicherheit und<br />
Plazierung (Fehler vermeiden),<br />
Doppeltraining<br />
• Grundschläge verbessern und<br />
zunehmend durch Drall sicherer<br />
machen<br />
• Individuelle Aufschläge mit<br />
Drall entwickeln<br />
• Entwicklung von Topspin-Vorhand<br />
und Slice-Rückhand<br />
• Returnschulung im Zusammenhang<br />
mit Wahrnehmungsschulung<br />
• Im Zusammenhang mit Doppeltraining<br />
Flugbälle und<br />
Schmetterball verbessern, an-<br />
60
n<br />
Fortgeschrittene Erwachsene im Freizeittennis<br />
dere Techniken auf Wunsch<br />
und zur Koordinationsschulung<br />
anbieten<br />
• Aufwärm- und Beweglichkeitsprogramm<br />
quasi als Ritual entwickeln<br />
• Spielnahes Ausdauertraining<br />
anbieten<br />
• Tips zum ergänzenden Krafttraining<br />
geben<br />
Allgemeine<br />
methodische Hinweise<br />
Umlernen<br />
Bei der Verbesserung der oft über<br />
sehr lange Zeiträume automatisierten<br />
Technik sollte der Lehrer -<br />
bevor er das sehr schwierige Umlernen<br />
empfiehlt - versuchen,<br />
durch geeignete Bewegungsaufgaben<br />
taktische Grundhaltungen<br />
zu verändern. Bevor also festgefahrene<br />
Bewegungsabläufe oder<br />
gar Griffhaltungen korrigiert werden,<br />
könnte man seine Schüler<br />
z.B. davon überzeugen, langsamer<br />
oder höher zu spielen. Erst wenn<br />
solche Aufgabenstellungen nicht<br />
zum Ziel führen, sollten gezielte<br />
Korrekturen von Bewegungsabläufen<br />
einsetzen.<br />
Korrekturmaßnahmen<br />
Dabei empfiehlt es sich, durch<br />
geeignete Maßnahmen (s. Vorschläge<br />
zur Bewegungskorrektur<br />
S. 34) vor allem die Hauptaktionen<br />
im Auge zu haben.<br />
Spielräume in den Hilfsaktionen<br />
sollten weitgehend belassen und<br />
sogar weiter ausgeschöpft, leichte<br />
Mängel so weit wie möglich akzeptiert<br />
werden. Es ist Wert zu<br />
legen auf angemessenen Bewegungsrhythmus<br />
und Bewegungsfluß.<br />
»Zwingende« Bewegungshilfen,<br />
Ballmaschine und Video<br />
können die empfohlenen Lernprozesse<br />
unterstützen.<br />
Organisationsformen<br />
Als Organisationsform bietet sich<br />
der Gruppenunterricht mit drei bis<br />
vier Erwachsenen an. Das gilt um<br />
so mehr, als Spielformen zur Entwicklung<br />
der Spielfähigkeit bzw.<br />
des taktischen Denkens im Mittelpunkt<br />
des Unterrichts erwachsener<br />
Fortgeschrittener stehen sollten.<br />
Einzelunterricht empfiehlt sich dagegen<br />
vor allem bei der Korrektur<br />
spezifischer individueller Probleme.<br />
Spezifische<br />
methodische Probleme<br />
und Maßnahmen<br />
Bei erwachsenen Fortgeschrittenen<br />
im Freizeittennis liegen oft<br />
verfestigte Fehler und Probleme<br />
vor. Das ergibt sich aus ihrer Lerngeschichte.<br />
Sie spielen in der Regel<br />
schon lange, aber nicht immer regelmäßig<br />
<strong>Tennis</strong>, haben sich vieles<br />
selbst angeeignet und eventuell<br />
bei unterschiedlichen Lehrern Unterricht<br />
gehabt. Wie bereits angemerkt,<br />
sind eine Reihe von Problemen<br />
durchaus über die einsichtige<br />
Veränderung von taktischen<br />
Grundhaltungen zum Spiel lösbar.<br />
Dadurch kann zeitaufwendiges,<br />
wenig motivierendes und nicht<br />
immer erfolgreiches Umlernen<br />
vermieden werden.<br />
Folgende Probleme tauchen bei<br />
erwachsenen Fortgeschrittenen<br />
häufig auf:<br />
Hohe Fehlerquote<br />
Ursachen hierfür finden sich oft in<br />
einer falschen Spielvorstellung, die<br />
auch durch eine unangemessene<br />
Orientierung am Spitzentennis<br />
provoziert wird. Zu hohe Schlaggeschwindigkeit,<br />
zu knapp über<br />
das Netz geschlagene Bälle und zu<br />
»schöne« Bewegungen führen zu<br />
vielen unnötigen Fehlern.<br />
Maßnahmen<br />
• Spielerinnen und Spieler überzeugen,<br />
ihre eigenen Ansprüche<br />
auf ein realistisches<br />
Maß zu begrenzen; Erwachsene<br />
brauchen oft einsichtige Begründungen<br />
als Motivation und<br />
viel Geduld zu Veränderungen<br />
• Lernhilfen verwenden: Netz<br />
erhöhen, im T-Feld und halben<br />
Feld spielen, verstärkt mit Vorwärts-,<br />
aber auch mit Rückwärtsdrall<br />
spielen<br />
Schlechte Stellung zum Ball<br />
Ursachen hierfür liegen in unzureichender<br />
Ballberechnung und mangelhafter<br />
(häufig »bequemer«)<br />
Beinarbeit.<br />
Maßnahmen<br />
• Systematisch variiert (und verabredet)<br />
zuspielen (Länge,<br />
Richtung, Höhe, Geschwindigkeit,<br />
Drall), verbunden mit<br />
Beobachtungsaufgaben von<br />
gegnerischem Schlägerschwung<br />
und Ballflug<br />
• Gezielt ständige Bewegung der<br />
Beine erzwingen, auch in<br />
Erwartung des Balles<br />
• Fuß- und Beinarbeit betonen,<br />
mit gymnastischer Aufwärmung<br />
schulen<br />
• Technik ständig aus der Bewegung<br />
heraus trainieren<br />
• Schläge aus Notsituationen<br />
üben<br />
Mangelhafte Griffhaltungen<br />
Ursachen hierfür liegen in der<br />
Lerngeschichte. In der Regel wird<br />
bei mangelhaften Griffhaltungen<br />
die Schlagflächenstellung durch<br />
automatisierte Drehung des<br />
Unterarms korrigiert.<br />
Maßnahmen<br />
Umlernen ist aufgrund der automatisierten<br />
Bewegung sehr langwierig<br />
oder gar unmöglich. Dies<br />
61
<strong>Tennis</strong>unterricht mit verschiedenen Zielgruppen<br />
sollte deshalb nur dann versucht<br />
werden,<br />
- wenn mangelhafte Griffhaltungen<br />
das Neulernen von Techniken<br />
wesentlich erschweren<br />
(z.B. erschwert ein Rückhandgriff<br />
das Erlernen eines Topspin-<br />
Vorhand) und<br />
- wenn der Lernende sehr motiviert<br />
ist, etwas zu verbessern.<br />
Als Alternativen bieten sich an,<br />
- besser mit dem gegebenen<br />
Griff umzugehen, also in<br />
schwierigen Situationen langsamer<br />
zu spielen und<br />
- Techniken zu benutzen, zu<br />
denen die Griffe passen (z.B.<br />
Slice spielen, wenn Vorhandgriff<br />
auf der Rückhandseite<br />
benutzt wird).<br />
Später Treffpunkt<br />
Die Ursache hierfür kann ebenfalls<br />
in einer mangelhaften Griffhaltung<br />
liegen. Häufig ist die Ursache aber<br />
auch bei der Verfestigung falschen<br />
Timings aufgrund mangelhafter<br />
Ballberechnung zu suchen, wobei<br />
die Kompensation mit Handgelenkseinsatz,<br />
verbunden mit unökonomischem<br />
Kraftaufwand,<br />
ständig zu einer zu hohen Fehlerquote<br />
führt.<br />
Maßnahmen<br />
Versuchen, die Ballberechnung des<br />
Schülers zu verbessern; andererseits<br />
gilt es jedoch, das Timing wie<br />
folgt zu verändern:<br />
• Schlagen unter verabredeten,<br />
erleichterten Bedingungen<br />
(Treffpunkt festlegen)<br />
• Zwingende Situation schaffen,<br />
z. B. Bälle besonders kurz zuspielen;<br />
erzwingen, daß die<br />
Füße hinter einer Hilfslinie bleiben;<br />
fordern, daß der Schläger<br />
weit über den Treffpunkt hinaus<br />
schwingt<br />
• Den Rhythmus zwischen Ausholen<br />
und Schlagen verändern;<br />
Ausholen während der ersten<br />
Flugphase des Balles - Übergang<br />
zum Vorschwung beim<br />
Auftreffen des Balles am Boden<br />
(Auftreffpunkt großflächig<br />
markieren)<br />
Aufschlagprobleme<br />
Die Ursachen der Aufschlagprobleme<br />
liegen vor allem in der<br />
Ungenauigkeit des Ballanwurfs,<br />
Koordinationsschwierigkeiten<br />
zwischen Ballanwurf und Schlagbewegung<br />
sowie deutlich ausgeprägter<br />
Pause in der Schlinge<br />
hinter dem Rücken. Sie sind in<br />
der langen Lerngeschichte der<br />
Erwachsenen begründet und in<br />
der Regel sehr verfestigt. Grundsätzliche<br />
Veränderungen des<br />
Bewegungsablaufs empfehlen<br />
sich deshalb nur äußerst selten.<br />
Maßnahmen<br />
• Schlaggeschwindigkeiten im<br />
Training und Wettkampf reduzieren,<br />
auch bei ersten Aufschlägen,<br />
denn die Koordinationsprobleme<br />
treten vor allem<br />
bei hohen Bewegungsgeschwindigkeiten<br />
auf<br />
• Wurfgenauigkeit verbessern<br />
• Situation zeitweilig vereinfachen<br />
(z. B. von T-Linie aus<br />
aufschlagen)<br />
• Pause in der Ausholbewegung<br />
akzeptieren, aber an das Ende<br />
des Rückwärtspendels verschieben<br />
(»absichtliche« Pause vor<br />
dem Einschwung in die Kehre,<br />
auch zur Konzentration auf das<br />
Werfen)<br />
Flugballschwäche<br />
Die Ursache hierfür liegt häufig im<br />
späten Erlernen des Flugballs und<br />
dadurch begründetem negativem<br />
Transfer von den Grundschlägen<br />
(zu große Ausholbewegung, kein<br />
vorwärts-abwärts gerichtetes<br />
Schlagen).<br />
Abb. 26 Beim »Lenkradvolley« wird<br />
der Schlägerkopf mit beiden Händen<br />
gehalten<br />
Maßnahmen<br />
• Zwingende Situation: Flugball<br />
mit dem Rücken zur Wand oder<br />
»Lenkrad-Volley« (Schlägerkopf<br />
mit beiden Händen wie ein<br />
Lenkrad fassen und so den Ball<br />
als Flugball spielen, s. Abb. 26)<br />
• »Überkorrekturen« verwenden:<br />
geblockte Flugbälle ohne Ausholen<br />
und Schlagen spielen<br />
• Vorwärts-abwärts gerichtete<br />
Bewegung von der Slice-Bewegung<br />
ableiten, ggf. über den<br />
Slice einführen<br />
• Übungsmatches mit »Pflicht-<br />
Angriffen« spielen lassen<br />
<strong>Tennis</strong>spielen außerhalb<br />
von Vereinen<br />
Bis vor etwa 40 Jahren war <strong>Tennis</strong><br />
ausschließlich in speziellen <strong>Tennis</strong>vereinen<br />
und in Abteilungen von<br />
Turn- und Sportvereinen angesiedelt.<br />
Ein großes Münchner Sportgeschäft<br />
leitete dann mit seinen<br />
kommerziell betriebenen <strong>Tennis</strong>plätzen<br />
und -hallen eine neue<br />
62
Fortgeschrittene Erwachsene im Freizeittennis<br />
<strong>Tennis</strong>ära ein, die in den letzten<br />
4 Jahrzehnten zahlreiche ähnlich<br />
aufgebaute Nachfolger gefunden<br />
hat. In fast allen mittleren und<br />
größeren Städten findet man<br />
heute kommerziell betriebene<br />
<strong>Tennis</strong>anlagen, die ein ganz eigenes<br />
Publikum haben. Was treibt die<br />
Leute dorthin, und wo liegen die<br />
Unterschiede im <strong>Tennis</strong>angebot<br />
dieser Anlagen zu dem der <strong>Tennis</strong>vereine?<br />
Vorrangig sind es <strong>Tennis</strong>späteinsteiger<br />
und sog. Freizeitspieler, die<br />
ihren <strong>Tennis</strong>spaß in der kommerziellen<br />
Anlage suchen. Sie haben<br />
kaum Interesse am Leistungsoder<br />
am Mannschaftstennis. Sie<br />
wollen ihre festen Stunden<br />
buchen und nicht auf einen freiwerdenden<br />
Platz oder gar auf einen<br />
Partner warten. Sie suchen aber<br />
auch den persönlichen Erfolg und<br />
nehmen gerne das Angebot der<br />
<strong>Tennis</strong>schulen wahr, ohne die<br />
kommerzielle <strong>Tennis</strong>anlagen normalerweise<br />
nicht auskommen.<br />
Das Ziel heißt dann, möglichst<br />
rasch spielfähig zu werden, damit<br />
man sich schon bald mit anderen<br />
Gleichgesinnten verabreden kann.<br />
Da eine Spielpartnervermittlung<br />
auf der kommerziellen Anlage im<br />
Gegensatz zu den Vereinen fast<br />
ausnahmslos angeboten wird, ist<br />
dieses Ziel schnell realisierbar. Die<br />
<strong>Tennis</strong>schulprogramme sehen<br />
dafür meist fest umrissene Kursprogramme<br />
vor, die im untersten<br />
Fall nach 10 Unterrichtsstunden<br />
mit einem ersten Spielfähigkeitstest<br />
enden (vgl. Kapitel »Elementarschule«).<br />
Der Spaß an der Bewegung und<br />
am Spiel steht absolut im Vordergrund,<br />
und der gute Animateur ist<br />
für diese Zielgruppe ein wichtigerer<br />
Ansprechpartner als ein Lehrer,<br />
dem Systematik und Methodik<br />
über alles geht. Die spezifischen<br />
methodischen Probleme und<br />
Maßnahmen in dieser Zielgruppe<br />
sind im Kapitel »Fortgeschrittene<br />
Erwachsene im Freizeittennis«<br />
ausführlich beschrieben und bedürfen<br />
keiner weiteren Erläuterung.<br />
Die Zeichen unserer Zeit weisen<br />
aber eindeutig darauf hin, daß sich<br />
zukünftig die Positionen von <strong>Tennis</strong>verein<br />
und kommerzieller <strong>Tennis</strong>anlage<br />
immer stärker überlagern,<br />
denn der Breiten- und Freizeitsport<br />
gewinnt im <strong>Tennis</strong>verein<br />
immer mehr an Bedeutung und<br />
läßt den Vereinen langfristig nur<br />
dann eine Überlebenschance,<br />
wenn sie auch dem Hobbyspieler<br />
adäquate Möglichkeiten und Anreize<br />
offerieren. Für die kommerziellen<br />
Anlagen gibt es umgekehrt<br />
auch die Möglichkeit, durch die<br />
Konstruktion eines Clubs in ihrer<br />
Anlage gewisse Vorteile der Vereinsstrukturen<br />
nachzuvollziehen<br />
und für die Minderheit ihrer Kunden<br />
eine Möglichkeit zu schaffen,<br />
sich an Mannschaftswettbewerben<br />
zu beteiligen.<br />
<strong>Tennis</strong> in Ferienclubs und<br />
Camps, <strong>Tennis</strong>wochen und<br />
-weekends<br />
In den letzten Jahren hat sich die<br />
Anzahl derjenigen stark vermehrt,<br />
die ihre ersten <strong>Tennis</strong>schritte in<br />
Ferienclubs getan haben, oder in<br />
Reisetennisschulen in Wochenoder<br />
Weekendkursen erstmals mit<br />
<strong>Tennis</strong> konfrontiert wurden.<br />
In entspannter Urlaubsatmosphäre<br />
und in netter Gesellschaft von anderen<br />
<strong>Tennis</strong>interessierten herrscht<br />
in den dort angebotenen Gruppenkursen<br />
ein ausgesprochen<br />
günstiges Lernklima. Weiterhin<br />
wirkt es sich sehr vorteilhaft aus,<br />
daß der <strong>Tennis</strong>unterricht in sehr<br />
komprimierter Form stattfindet<br />
und der Lernerfolg bei 2 bis 6<br />
Stunden <strong>Tennis</strong> pro Tag viel deutlicher<br />
und schneller sichtbar wird,<br />
als zu Hause bei einer Unterrichtsstunde<br />
pro Woche. Diese Vorteile<br />
haben inzwischen auch viele <strong>Tennis</strong>lehrer<br />
dazu bewogen, mit ihren<br />
eigenen Schülern <strong>Tennis</strong>camps<br />
und <strong>Tennis</strong>-Weekends im sonnigen<br />
Süden, zumindest aber in<br />
außerhalb ihrer Vereine gelegenen<br />
<strong>Tennis</strong>anlagen abzuhalten. Die damit<br />
verzeichneten Erfolge und Anerkennungen<br />
für die <strong>Tennis</strong>schule<br />
sind zum Teil überragend und weisen<br />
neue Wege für die Zukunft.<br />
Besonders effizient wirken sich<br />
dabei mannigfaltige Programme<br />
mit unterschiedlichen Anziehungspunkten<br />
aus, die in multifunktional<br />
ausgerichteten Anlagen möglich<br />
sind. Das reicht dann vom<br />
<strong>Tennis</strong> über Squash, Badminton,<br />
Golf, Fitneß, Billard, Sauna und<br />
Solarium usw. bis zu kulinarischen<br />
Genüssen und gesellschaftlichen<br />
Anbindungen, wie Tanz, Disko<br />
und anderen Vergnügungen.<br />
Diese Tendenzen sind für kommerzielle<br />
Überlegungen unverzichtbar<br />
und werden auch bald für<br />
Vereine eine wichtige Rolle<br />
spielen, vor allem dann, wenn der<br />
fast überall feststellbaren Mitgliederstagnation<br />
entgegengewirkt<br />
werden soll.<br />
Sport treiben und speziell auch<br />
<strong>Tennis</strong> spielen ist heutzutage so<br />
vielfältig möglich, daß es nur in<br />
den seltensten Fällen noch<br />
genügt, die dazu erforderlichen<br />
Sportanlagen zur Verfügung zu<br />
stellen. Es muß schon auch etwas<br />
»losgemacht« werden, wobei der<br />
gesellschaftliche Anspruch jedweder<br />
Art heute schon längst den<br />
leistungsbezogenen, sportlichen<br />
Ambitionen den Rang abgelaufen<br />
hat. Spaß muß es machen, und<br />
rühren muß sich was, sonst läuft<br />
nicht mehr viel. Das gilt für Vereine<br />
ebenso wie für alle Unternehmungen<br />
und Veranstalter, die mit<br />
<strong>Tennis</strong> zu tun haben.
<strong>Tennis</strong>unterricht mit verschiedenen Zielgruppen<br />
Schultennis<br />
Schülerumfragen gemäß gehört<br />
<strong>Tennis</strong> zu den beliebtesten Sportarten<br />
des Schulsportangebots.<br />
Leider steht der praktischen Umsetzung<br />
dieser Interessen eine Vielzahl<br />
von Problemen gegenüber.<br />
Gibt es fachkompetente Lehrer<br />
(<strong>Tennis</strong>lehrer, Sportlehrer mit tennisspezifischer<br />
Ausbildung)? Wo<br />
ist Schultennis möglich (Turnhalle,<br />
Hartplatz, Pausenhof, Verein)?<br />
Sind brauchbare Materialien vorhanden<br />
(Schläger, Bälle, Kindertennisnetze)?<br />
Ist eine Einführung<br />
des <strong>Tennis</strong>spiels im Klassenverband<br />
gewünscht und möglich,<br />
oder besteht eher die Tendenz,<br />
<strong>Tennis</strong> im differenzierten Sport für<br />
Interessengruppen anzubieten?<br />
Darüber hinaus sind Fragen bezüglich<br />
Genehmigungen bzw.<br />
Haftung bei einer Kooperation mit<br />
einem Verein sowie Zielsetzungen,<br />
Unterrichtsgestaltung, Ergiebigkeit<br />
usw. zu lösen.<br />
Die Einführung des <strong>Tennis</strong>spiels in<br />
der Schule als sog. Rückschlagspiel,<br />
dem Hin- und Herspielen<br />
eines Balles über ein Netz mit Hilfe<br />
von Schlägern, ist in fast allen<br />
Schulen realisierbar, wenn Schulleitung,<br />
Kollegium, Eltern und<br />
Schüler ein solches Angebot<br />
wünschen und unterstützen.<br />
Bei der Einführung von <strong>Tennis</strong> im<br />
regulären Sportunterricht geht es<br />
in erster Linie um die Vermittlung<br />
von Grundlagen im Sinne einer<br />
Hinführung zum richtigen <strong>Tennis</strong>,<br />
das dann möglichst im Verein,<br />
aber auch in der kommerziellen<br />
<strong>Tennis</strong>anlage oder auf dem kommunalen<br />
<strong>Tennis</strong>platz weiterentwickelt<br />
werden kann. Diese Hinführung<br />
zum <strong>Tennis</strong> ist verbunden<br />
mit dem Ziel, daß die Schüler die<br />
Sportart <strong>Tennis</strong> im Rahmen des<br />
Schulsportunterrichts kennenlernen,<br />
insbesondere im Hinblick<br />
Abb. 27<br />
Schultennisset des DTB<br />
auf das Sporttreiben in ihrem späteren<br />
Leben. Gerade dem Lifetime-Sport<br />
<strong>Tennis</strong> kommt hier<br />
eine besondere Bedeutung zu.<br />
Beim Schultennis geht es also zunächst<br />
um Erwerb und Verbesserung<br />
der Geschicklichkeit im Umgang<br />
mit Schläger und Ball sowie<br />
um die direkte Erfahrung der Spielidee.<br />
Aus der Gewöhnung an Ball<br />
und Schläger entwickelt sich das<br />
Miteinanderspielen im Sinne des<br />
Sich-Zuspielens. Erst bei ausreichender<br />
Ballsicherheit, die ein<br />
regelmäßiges Hin- und Herspielen<br />
ermöglicht, kann man an einfache<br />
Formen des Gegeneinanderspielens<br />
und des Wettspiels herangehen,<br />
bei dem es dem Gegner<br />
schwergemacht wird, den Ball zu<br />
erreichen.<br />
Dort wo die institutionellen, räumlichen,<br />
materiellen und personellen<br />
Bedingungen gegeben sind - und<br />
in zunehmendem Maße sehen die<br />
Lehrpläne der einzelnen Bundesländer<br />
dies vor -, kann <strong>Tennis</strong> aber<br />
auch im Rahmen des Neigungsgruppenangebots,<br />
von Projektwochen,<br />
Schnupperkursen, freiwilligen<br />
Schülersportgemeinschaften,<br />
Talentgruppen zwischen<br />
Schule und Verein und schließlich<br />
im Rahmen des Schulsportwettbewerbs<br />
»Jugend trainiert für<br />
Olympia« angeboten werden.<br />
Für solche Fälle brauchen keine<br />
besonderen methodisch-didaktische<br />
Hinweise gegeben werden.<br />
Die folgenden Hinweise geben in<br />
erster Linie methodisch-didaktische<br />
Hinweise zur Einführung des<br />
<strong>Tennis</strong>spiels im Klassenverband<br />
unter schulischen Bedingungen.<br />
Organisatorische<br />
Überlegungen<br />
Schülerzahl<br />
Eine Gruppenstärke von 20 bis 25<br />
Schülern sollte bei der Einführung<br />
des <strong>Tennis</strong>spiels im Arbeitsgemeinschaftsbereich<br />
möglichst nicht<br />
überschritten werden. Für eine<br />
längerfristig angelegte Ausbildung<br />
über ein oder mehrere Schuljahre<br />
ist eine Teilnehmerzahl von 12 bis<br />
16 Schülern günstig, wenn mindestens<br />
zwei <strong>Tennis</strong>plätze oder eine<br />
Doppel- bzw. Dreifach-Sporthalle<br />
zur Verfügung stehen.<br />
64
Schultennis<br />
Spielgeräte (Bälle, Schläger)<br />
Wenn zur Beschaffung von speziellen<br />
Lernbällen und Schlägern<br />
keine Mittel vorhanden sind, so<br />
kann man sich auch mit abgespielten<br />
<strong>Tennis</strong>bällen und alten <strong>Tennis</strong>schlägern<br />
(kurz fassen) behelfen,<br />
die man über den örtlichen <strong>Tennis</strong>verein<br />
erhalten kann. Durch Zuwendungen<br />
von Schulämtern,<br />
Sportämtern, Elternbeirat oder<br />
Sponsoren können vielfach auch<br />
Grundausrüstungen angeschafft<br />
werden. Hier kann das vom Deutschen<br />
<strong>Tennis</strong> Bund angebotene<br />
Schultennisset (Abb. 27, S. 64)<br />
mit verschiedenen Kinderschlägern<br />
und unterschiedlichem Ballmaterial<br />
empfohlen werden, welches über<br />
das Referat Schultennis auch in<br />
den einzelnen Landesverbänden<br />
des Deutschen <strong>Tennis</strong> Bundes<br />
leihweise zur Verfügung gestellt<br />
werden kann.<br />
Für Schultennis am besten geeignet<br />
sind besaitete Schläger mit<br />
normaler Schlägerkopfgröße,<br />
geringem Schlägergewicht (ca.<br />
300 g) und einer Gesamtlänge<br />
zwischen 55 und 65 cm in den<br />
Griffstärken von 1 bis 3. Neben<br />
den bekannten Schaumstoffbällen<br />
mit den Durchmessern 70 und<br />
90 mm sind die neu entwickelten<br />
Lerntennisbälle zu nennen, die<br />
sich äußerlich nicht von normalen<br />
<strong>Tennis</strong>bällen unterscheiden; sie<br />
sind jedoch leichter, weicher und<br />
sie fliegen langsamer bzw. werden<br />
beim Aufsprung auf den Boden<br />
stark abgebremst.<br />
Aufgrund des leichten Gewichts<br />
stellen diese Bälle auch ein geringes<br />
Sicherheitsrisiko dar und helfen<br />
damit, Unfälle, Verletzungen<br />
oder Sachschäden zu vermeiden.<br />
Spielfelder und Netze<br />
In allen Schulsporthallen und auf<br />
Außenspielplätzen sind zum <strong>Tennis</strong>feld<br />
zusätzlich Spielfeldmarkierungen<br />
anderer Sportspiele aufgetragen<br />
(Basketball, Badminton,<br />
Handball, Volleyball), die als Grenzen<br />
von <strong>Tennis</strong>-Kleinfeldern genutzt<br />
werden können oder mit<br />
Klebebändern, Linienbändern oder<br />
anderen Markierungen zu <strong>Tennis</strong>-<br />
Kleinfeldern ergänzbar sind.<br />
Die Spielfelder bzw. -zonen sind<br />
zuerst so klein wie möglich zu<br />
halten; sie wachsen mit dem fortschreitenden<br />
Spielvermögen der<br />
Schüler.<br />
Als Netzersatz dienen anfangs<br />
gespannte Zauberschnüre oder<br />
Leinen, erhöhte Langbänke bzw.<br />
aneinandergereihte Kastenteile<br />
und sogar Hürden.<br />
Turnhallenwände können nutzbringend<br />
in den <strong>Tennis</strong>unterricht<br />
einbezogen werden und stellen<br />
mit variabel angebrachten Zielmarkierungen<br />
(z.B. Klebeband,<br />
Zeitungen, Gymnastikreifen) einen<br />
besonderen Reiz für viele Aufgaben<br />
dar.<br />
Schulhöfe und alle größeren<br />
ebenen Flächen im Schulbereich<br />
bieten gute Voraussetzungen für<br />
eine <strong>Tennis</strong>einführung, wenn<br />
Kleinfelder eingezeichnet werden<br />
dürfen und Schnüre, Leinen oder<br />
Netze gespannt werden können.<br />
Ideal sind mobile <strong>Tennis</strong>-Übungsanlagen,<br />
deren Auf- und Abbau<br />
schnell und problemlos erfolgen<br />
kann.<br />
Die Markierung dieser Kleinfelder<br />
bezieht die Linien des normalen<br />
Feldes mit ein und wird nur durch<br />
zusätzliche Seitenlinien ergänzt. In<br />
Turnhallen und Pausenhöfen kann<br />
aber auch in kürzester Zeit eine<br />
Neumarkierung der Kleinfelder mit<br />
mobilen Speziallinien vorgenommen<br />
werden.<br />
Auf Normaltennisplätzen wird<br />
dann quer gespielt, und dabei<br />
können bis zu drei Kleinfelder auf<br />
jeder Spielfeldhälfte genutzt werden.<br />
Das »Netz« sollte ca. 80 bis<br />
90 cm hoch sein. Mobile Kindertennisnetze<br />
in verschiedenen Ausführungen<br />
bereichern das Schultennis<br />
insbesondere im Wettkampfbereich,<br />
wenn es um gleiche<br />
Voraussetzungen von Spielfeld,<br />
Netz und Regeln geht. Die Größe<br />
der Kleinfelder ergibt sich ebenfalls<br />
aus den Bedingungen in der<br />
Schule. Hier empfehlen sich Vorgaben<br />
von 9 bis 13 m Länge und<br />
5 bis 6 m Breite.<br />
Empfehlungen zum<br />
Lehren und Lernen im<br />
Schultennis<br />
• Das vorhandene Platzangebot<br />
muß jeweils optimal ausgenutzt<br />
werden. Die vom Sportunterricht<br />
bekannten Aufstellungsformen<br />
wie Linien, Reihen,<br />
Gassen, Blöcke und Kreise können<br />
je nach Gruppenstärke und<br />
Übungsform vielseitig angewendet<br />
und entsprechend<br />
kombiniert werden.<br />
• Klare Übungsansagen und eine<br />
zweckmäßige Übungsauswahl<br />
garantieren die notwendige<br />
Sicherheit im Unterricht.<br />
• Der Lehrer muß sich auch am<br />
Leistungsvermögen der<br />
schwächsten Schüler orientieren.<br />
Die besten Schüler können<br />
auch einmal als »Assistenten«<br />
eingesetzt und somit zum eigenen<br />
Nutzen ganz speziell gefordert<br />
werden.<br />
• Anfangs muß den Schülern eine<br />
ausreichende Zeitspanne zum<br />
Ausprobieren der neuen Spielgeräte<br />
- Schläger und Ball -<br />
eingeräumt werden.<br />
• Alle Übungsaufgaben sollten<br />
mehrfach wiederholt und auch
<strong>Tennis</strong>unterricht mit verschiedenen Zielgruppen<br />
immer in einfachen Wettbewerbsformen<br />
durchgeführt<br />
werden.<br />
• Die Partner sollten oft gewechselt<br />
werden, wobei schwächere<br />
und stärkere Schüler unterschiedliche<br />
Spielerfahrungen<br />
vermitteln.<br />
• Von Anfang an müssen alle<br />
Bewegungs- und Übungsaufgaben<br />
gleichmäßig auf der<br />
Vorhand- und Rückhandseite<br />
versucht werden, damit insbesondere<br />
die Rückhandseite<br />
nicht vernachlässigt wird.<br />
• Ballsicherheit geht immer vor<br />
Ballgeschwindigkeit. Die Flugbahn<br />
des gespielten Balles sollte<br />
anfangs stark gekrümmt sein;<br />
mit steigender Ballsicherheit soll<br />
sie flacher werden.<br />
• Die Anforderungen durch Bälle,<br />
Schläger und Spielfeld wachsen<br />
mit steigendem Spielvermögen<br />
der Schüler.<br />
• Der Lehrer sollte im Unterricht<br />
durchaus selbst mitspielen,<br />
wenn es der Unterricht im Rahmen<br />
der Gesamtorganisation<br />
zuläßt.<br />
• Alle Schüler können mit verantwortlichen<br />
Aufgaben betraut<br />
werden, wie Ausgabe und Einsammeln<br />
von Leihschlägern,<br />
Bällen, Hilfsgeräten u.a.<br />
• Circuitformen mit verschiedenen<br />
Aufgaben an mehreren<br />
Stationen sind für eine <strong>Tennis</strong>einführung<br />
in der Schule sehr<br />
gut geeignet; auf wenig Raum<br />
kann man intensiv arbeiten.<br />
• Eine <strong>Tennis</strong>einführung in der<br />
Schule behandelt sicherlich vorrangig<br />
die Grundschläge Vorhand<br />
und Rückhand, aber auch<br />
Flugball und Aufschlag sowie<br />
einfachste Formen des Schmetterballs<br />
und Lobs können<br />
berücksichtigt werden.<br />
• Einfache taktische Überlegungen<br />
und Aufgaben sind von<br />
Anfang an in den Unterricht<br />
einzubauen, insbesondere<br />
wenn die Schüler ihre ersten<br />
<strong>Tennis</strong>wettkämpfe schon bald<br />
auf dem Kleinfeld austragen.<br />
• Eine Unterrichtsdokumentation,<br />
bei der auch mit Video gearbeitet<br />
werden kann, sichert die<br />
Unterrichtserfahrungen für alle<br />
Beteiligten.<br />
Schultennis mit fortgeschrittenen<br />
Schülern<br />
An manchen Schulen wird <strong>Tennis</strong><br />
auch für Schüler angeboten, die<br />
Vorerfahrungen aus dem Verein<br />
oder dem Spielen auf kommerziellen<br />
Anlagen mitbringen. Das ist<br />
meist dann der Fall, wenn sich die<br />
Schule an Wettkämpfen der Aktion<br />
»Jugend trainiert für Olympia«<br />
beteiligt. Wie in allen ähnlich<br />
gearteten Schulsportwettbewerben<br />
anderer Sportarten spiegelt<br />
eine solche differenzierte Sportgruppe<br />
selten eine echte Schulsport-Lehrarbeit<br />
wider, da sie sich<br />
weitgehend auf Vereinsspieler<br />
stützt. Bei guten äußeren Bedingungen<br />
und einer geeigneten<br />
Lehrkraft kann jedoch auch hier<br />
(ebenso wie in anderen Sportarten)<br />
der Grundstein für eine engere<br />
Zusammenarbeit zwischen<br />
Schule und Verein gelegt werden,<br />
die letztlich allen Beteiligten zugute<br />
kommt. Außerdem zeigt die<br />
Schule ihren Schülern damit, daß<br />
sie auch spezielle (»außerschulische«)<br />
Fähigkeiten fördert.<br />
Wenn allerdings bei der Verteilung<br />
von Sportstunden die Wahl zwischen<br />
<strong>Tennis</strong>-Einführung und <strong>Tennis</strong>-Weiterbildung<br />
von Schülern zu<br />
treffen ist, so sollte sich die verantwortliche<br />
<strong>Tennis</strong>lehrkraft eher für<br />
eine Einführung stark machen, um<br />
möglichst vielen Schülern dieses<br />
Erlebnis zu vermitteln.<br />
<strong>Tennis</strong> mit<br />
Behinderten<br />
Die bislang vorliegenden <strong>Tennis</strong>-<br />
Lehrbücher richten sich an Kinder,<br />
Jugendliche und Erwachsene, die<br />
entweder über »normale« körperliche<br />
und geistig-psychische oder<br />
(im Hinblick auf das Erbringen hoher<br />
Leistungen) außergewöhnlich<br />
günstige Voraussetzungen (Talente)<br />
verfügen. Nicht behandelt<br />
wird dagegen die Frage, ob (und<br />
wenn ja, wie) Personen, deren<br />
Spielräume im wahrsten Sinne des<br />
Wortes beim Erlernen und Ausüben<br />
sportlicher Bewegungen aufgrund<br />
körperlicher und geistigpsychischer<br />
Behinderungen eingeschränkt<br />
sind, das <strong>Tennis</strong>spiel<br />
erlernen sollen und können.<br />
Das betrifft folgende Personengruppen:<br />
• Körperbehinderte<br />
• Personen mit Behinderungen im<br />
Bereich der inneren Organe<br />
(z.B. Herzinfarktpatienten)<br />
• Sehbehinderte<br />
• Hörbehinderte und Taubstumme<br />
• Geistig Behinderte<br />
• Personen mit Beeinträchtigungen<br />
durch psychische<br />
Probleme<br />
Auch für sie gelten zunächst<br />
didaktische Überlegungen, d.h.,<br />
auch für sie kann Sporttreiben<br />
positive gesundheitliche Wirkungen<br />
haben, Erfahrungen der eigenen<br />
Leistungsfähigkeit vermitteln,<br />
zu mehr Selbstvertrauen beitragen,<br />
soziale Kontakte ermöglichen<br />
und Stunden voller Freude und<br />
Glück bringen. Vielfach wird noch<br />
gar nicht erkannt, daß auch das<br />
<strong>Tennis</strong>spiel für behinderte Menschen<br />
von besonderer Bedeutung<br />
sein kann. Dabei soll es nicht<br />
darum gehen, <strong>Tennis</strong> in Konkurrenz<br />
zu anderen Sportarten zu<br />
66
<strong>Tennis</strong> mit Behinderten<br />
sehen und zu bewerten. Vielmehr<br />
soll (bei vorliegendem Interesse<br />
und günstigen äußeren Bedingungen,<br />
die für das <strong>Tennis</strong>spiel notwendig<br />
sind) danach gefragt werden,<br />
welche spezifischen methodischen<br />
Gesichtspunkte im <strong>Tennis</strong>unterricht<br />
mit Behinderten zu<br />
berücksichtigen sind.<br />
Ganz allgemein gilt für Behinderte,<br />
daß mit Einschränkungen im<br />
Bereich der körperlichen Belastbarkeit,<br />
des Koordinationsvermögens,<br />
der motorischen Lernfähigkeit und<br />
der psychischen Belastbarkeit<br />
gerechnet werden muß. Deshalb<br />
müssen Behinderte in besonderem<br />
Maße vor Überforderungen geschützt<br />
werden. Darüber hinaus ist<br />
das Prinzip der Behinderungsgemäßheit<br />
zu berücksichtigen,<br />
d.h., die funktionellen Fähigkeiten<br />
des Behinderten sind einerseits voll<br />
auszuschöpfen, andererseits müssen<br />
aber auch die durch die Behinderung<br />
gegebenen Grenzen<br />
erkannt werden. Methodische<br />
Maßnahmen sind an diesem Prinzip<br />
(häufig in Form von Kompromissen)<br />
auszurichten. Dies bedeutet<br />
z. B. bei Sehbehinderten, daß -<br />
sofern die Sehbehinderung nicht<br />
zu groß ist - spezielle fluoreszierende<br />
Bälle verwendet werden<br />
sollten. Für Körperbehinderte, die<br />
z.B. einen Arm verloren haben,<br />
bedeutet dies, daß sie lernen müssen,<br />
beim Aufschlag den Ball, der<br />
auf der Schlagfläche liegt, mit dem<br />
Schläger anzuwerfen oder den Ball<br />
auch mit der Schlaghand hochzuwerfen.<br />
Grundsätzlich gilt für Behinderte<br />
sicherlich, daß beim Erlernen<br />
des <strong>Tennis</strong>spiels das Spielen<br />
im kleineren Feld von besonderer<br />
Bedeutung ist und von vielen das<br />
Spielen im Kleinfeld und mit langsam<br />
fliegenden Bällen beibehalten<br />
wird, also nicht als Vorstufe zu betrachten<br />
ist. Im folgenden wird<br />
das Rollstuhltennis exemplarisch<br />
behandelt. Dies hat zwei Gründe:<br />
Zum einen läßt sich hier das Prinzip<br />
der Behinderungsgemäßheit<br />
deutlich aufzeigen. Zum anderen<br />
hat das Interesse am Rollstuhltennis<br />
in den letzten Jahren stark zugenommen.<br />
Rollstuhltennis<br />
Das Prinzip der Behindertengemäßheit<br />
bezieht sich im Rollstuhltennis<br />
vor allem auf zwei augenscheinliche<br />
Gesichtspunkte:<br />
Der Rollstuhlfahrer schlägt im<br />
Sitzen, und bei der Fortbewegung<br />
ist er auf die Möglichkeiten (und<br />
Grenzen) des Rollstuhls angewiesen.<br />
Darüber hinaus gibt es noch<br />
zwischen den Rollstuhlfahrern wesentliche<br />
Unterschiede. Sie beziehen<br />
sich vor allem auf den Umfang<br />
der Lähmung, insbesondere<br />
auf die Funktion der Bauchmuskulatur.<br />
Je weniger die Bauchmuskeln<br />
eingesetzt werden können,<br />
desto instabiler ist der Oberkörper<br />
und desto mehr muß er, insbesondere<br />
beim Schlagen, von der<br />
Nicht-Schlaghand abgestützt<br />
werden. In solchen Fällen empfiehlt<br />
es sich, daß der Rollstuhlfahrer<br />
mit einem Gurt an der<br />
Rückenlehne des Rollstuhls fixiert<br />
wird, um sich im Rollstuhl schneller<br />
und geschickter fortbewegen<br />
zu können und um bei der Schlagbewegung<br />
größere Sicherheit und<br />
Genauigkeit zu erreichen.<br />
So grundlegend im <strong>Tennis</strong> der<br />
»Fußgänger« die Beinarbeit ist, so<br />
wichtig ist das Erlernen und ständige<br />
Trainieren der Fahrtechnik zur<br />
angemessenen Benutzung des<br />
Rollstuhls. Im Rollstuhl-Wettkampftennis<br />
darf der Ball zweimal<br />
aufspringen, damit der Rollstuhlfahrer<br />
viele Bälle erreichen kann.<br />
Das Schlagen aus dem Rollstuhl im<br />
Blick auf die Hauptaktion, nämlich<br />
das Treffen, unterscheidet sich<br />
prinzipiell nicht vom allgemeinen<br />
<strong>Tennis</strong>. Allerdings kann der Rollstuhlfahrer<br />
aufgrund seiner Behinderung<br />
eine Reihe von Hilfsaktionen<br />
nicht einsetzen, die dem<br />
Nicht-Behinderten zur Verfügung<br />
stehen: So ist z. B. die Ausholbewegung<br />
eingeschränkt; Gewichtsverlagerung<br />
und Körpereinsatz<br />
beim Schlagen sind kaum möglich;<br />
beim Rückhandschlag kann die<br />
linke Hand bei der Ausholbewegung<br />
nicht hilfreich sein; insgesamt<br />
ist die richtige Position zum<br />
Treffpunkt aufgrund der nicht<br />
gegebenen Beinarbeit sehr schwer<br />
zu erreichen. Ausgehend von den<br />
Prinzipien der trefforientierten<br />
Methode, empfiehlt es sich bei der<br />
Einführung des <strong>Tennis</strong>spiels bei<br />
Rollstuhlfahrern (in Ergänzung zu<br />
den Empfehlungen beim Anfängertennis),<br />
die Situation so zu<br />
vereinfachen, daß die ersten<br />
Bewegungsaufgaben von Anfang<br />
an gelöst werden und somit frühe<br />
Erfolgserlebnisse vermittelt werden<br />
können. Eine solche Bewegungsaufgabe<br />
besteht darin, den zugespielten<br />
Ball als Flugball abblocken<br />
zu lassen, wobei sich der Rollstuhl<br />
frontal oder leicht diagonal und<br />
dicht am Netz befindet und der<br />
Übende den Schläger zunächst<br />
kürzer faßt. Kleinere Auftakt- und<br />
Schlagbewegungen bestimmen<br />
die frühe Konzentration auf die<br />
Hauptaktion. Danach werden<br />
Situationen und Aufgaben zunehmend<br />
komplexer: Der Schläger<br />
wird zunehmend weiter hinten<br />
gefaßt; der Abstand zum Netz<br />
vergrößert sich; mit zunehmender<br />
Entfernung vom Netz erhält der<br />
Spieler die Aufgabe, den Ball erst<br />
nach dem Aufspringen zurückzuschlagen,<br />
d.h., nach dem Flugball<br />
erlernt der Spieler den Grundschlag<br />
mit Vorhand und Rückhand,<br />
wobei immer mehr Hilfsaktionen<br />
(Griffwechsel, Ausholbewe-
<strong>Tennis</strong>unterricht mit verschiedenen Zielgruppen<br />
gung, Ausschwungbewegung)<br />
hinzukommen. Solche Hilfsaktionen<br />
sollten an den spezifischen<br />
Behinderungen ausgerichtet werden.<br />
So empfiehlt sich z. B. der<br />
Rückhandgriff bei tiefen und der<br />
extreme Vorhandgriff bei hohen<br />
Vorhandschlägen; beim Aufschlag<br />
wird vor allem der Vorhandgriff<br />
angewandt, würde der Rückhandgriff<br />
verwandt, dann müßte sich<br />
der Spieler so weit strecken, daß<br />
er in Gefahr gerät, seine Balance<br />
zu verlieren. Frühzeitig sollte gelernt<br />
werden, mit dem Rollstuhl<br />
vor dem Schlag eine Achtel-Drehung<br />
auszuführen; danach wird<br />
der Ball so zugespielt, daß der<br />
Schüler zunächst fahren und<br />
bremsen muß, um den Ball treffen<br />
zu können. Bei Vorhandschlägen<br />
empfiehlt es sich, mit dem Stuhl in<br />
einer ca. 45°-Stellung zur gewünschten<br />
Flugbahn des Balles zu<br />
stehen; bei Rückhandschlägen ist<br />
eine 90 C -Stellung optimal, wobei<br />
beim Slice auch eine mehr frontale<br />
Stellung möglich ist. Daß die verschiedenen<br />
Aufgaben mit dem<br />
Schaumstoffball oder langsam fliegenden<br />
Lernbällen leichter zu lösen<br />
sind, ist selbstverständlich.<br />
Ein schwieriger Übergang besteht<br />
vom Spiel auf Zuspiel durch den<br />
<strong>Tennis</strong>lehrer bzw. durch den nicht<br />
behinderten <strong>Tennis</strong>partner zum<br />
freien Spiel von Rollstuhlfahrern<br />
untereinander. Deshalb sollte versucht<br />
werden, sich den Ball zunächst<br />
drei- oder viermal zuzuspielen,<br />
bevor ein direkter Punkt<br />
erzielt werden darf. Es ist nicht<br />
möglich, und von Rollstuhlfahrern<br />
auch unerwünscht, ein höheres<br />
Netz einzurichten, damit die Spielidee<br />
besser umgesetzt werden<br />
kann.<br />
Unabhängig von den verschiedenen<br />
Aufgabenstellungen und Trainingsformen<br />
sollte jedoch stets im<br />
Vordergrund stehen, daß die Rollstuhlfahrer<br />
Freude an diesem Spiel<br />
haben, ihr Selbstgefühl gesteigert<br />
wird und sie vielleicht die Möglichkeit<br />
erhalten, regelmäßig auch<br />
mit Nichtbehinderten spielen zu<br />
können.<br />
68
<strong>Tennis</strong> mit Behinderten<br />
69
Konzept<br />
der trefforientierten<br />
Methode<br />
Im folgenden wird die trefforientierte<br />
Methode angesprochen. Sie<br />
ist der auf Seite 28 vorgestellten<br />
technikorientierten Konzeption zuzuordnen.<br />
Vor allem für den Unterricht<br />
mit Anfängern soll aufgezeigt<br />
werden, welche Aufgaben<br />
sich im Rahmen der einzelnen<br />
Lehrstufen anbieten. Aber auch<br />
für den Unterricht mit Fortgeschrittenen<br />
gibt die trefforientierte<br />
Methode praktische Hinweise, insbesondere<br />
für die Fehlerkorrektur.<br />
Da die trefforientierte Methode<br />
auf dem Konzept der »funktionalen<br />
Bewegungsanalyse« beruht,<br />
wird dieses Konzept zunächst<br />
nochmals behandelt, so daß dann<br />
der Bezug der trefforientierten<br />
Methode zum Konzept der funktionalen<br />
Bewegungsanalyse deutlich<br />
werden kann. Anschließend<br />
werden auf der Grundlage der<br />
trefforientierten Methode die methodischen<br />
Schritte zum Erlernen<br />
der wichtigsten Schlagtechniken<br />
beschrieben.<br />
Das Konzept der<br />
funktionalen Bewegungsanalyse<br />
Der aktuelle <strong>Tennis</strong>-<strong>Lehrplan</strong> <strong>Band</strong><br />
1 (Technik & Taktik) basiert auf<br />
dem Konzept der funktionalen Bewegungsanalyse.<br />
Es hat das<br />
frühere Konzept der Ablaufanalyse<br />
abgelöst. Bei der Ablaufanalyse<br />
wurden die drei aufeinanderfolgenden<br />
Phasen:<br />
• Ausholbewegung (im Sinne einer<br />
Vorbereitungsphase),<br />
• Schlagbewegung (mit dem Ziel<br />
des Treffens des Balles),<br />
• Ausschwungbewegung (zum<br />
Ausklingen der Schlagbewegung),<br />
ohne besondere Gewichtung<br />
nacheinander beschrieben.<br />
Die Schwierigkeit dieses am zeitlichen<br />
Bewegungsablauf orientierten<br />
Konzepts bestand darin, daß<br />
die Bedeutung der einzelnen Bestandteile<br />
(Elemente) der Bewegung<br />
im Hinblick auf die Bewegungsaufgabe<br />
nicht gewichtet<br />
waren. Fragen, wie wichtig eine<br />
bestimmte Form der sogenannten<br />
Schleife in der Ausholphase ist,<br />
was das Strecken der Beine und<br />
die Gewichtsverlagerung in der<br />
Schlagphase erbringen oder wie<br />
bedeutsam das ausgeprägte Ausschwingen<br />
in Schlagrichtung in<br />
der Ausschwungphase für das optimale<br />
Treffen des Balles ist, konnten<br />
nicht klar beantwortet werden.<br />
Auch Experten konnten sich<br />
häufig über die Bedeutung einzelner<br />
Technikelemente nicht einigen<br />
und verwiesen auf die Schlagtechniken<br />
der aktuellen Spitzenspieler.<br />
Ein Vergleich dieser Spitzenspieler<br />
bringt jedoch ebenfalls keine Klarheit.<br />
Andererseits ist jedoch in der<br />
Praxis bei der Bewegungsanweisung<br />
und Bewegungskorrektur zu<br />
beobachten, daß bestimmte Elemente<br />
des Ablaufs, z. B. die Stellung<br />
der Schlagfläche beim Treffen<br />
des Balles, als wichtige Elemente,<br />
andere, wie z. B. die Höhe der<br />
Ausholbewegung und die Position<br />
des linken Armes, als weniger<br />
wichtige Elemente bezeichnet<br />
werden. Will man die Bedeutung<br />
einzelner Phasen berücksichtigen,<br />
dann darf man nicht nur am Ablauf<br />
entlang beschreiben. Dann ist<br />
es vielmehr von Vorteil, ein Analysekonzept<br />
zu wählen, das die<br />
Funktion der Elemente in den Vordergrund<br />
stellt. Man muß also ein<br />
Konzept benutzen, mit dem es gelingt,<br />
den einzelnen Elementen des<br />
Bewegungsablaufes eine Funktion,<br />
d.h. einen Sinn im Hinblick auf die<br />
70
Konzept der funktionalen Bewegungsanalyse<br />
zentrale Bewegungsaufgabe, zuzuordnen.<br />
Dieses Konzept wird<br />
nach GÖHNER funktionale Bewegungsanalyse<br />
genannt.<br />
Am Beispiel des Flugballstop läßt<br />
sich das funktionsanalytische Konzept<br />
gut verdeutlichen:<br />
Das Ziel des Flugballstop besteht<br />
darin, daß der Ball knapp hinter<br />
dem Netz aufspringt (möglichst<br />
mit Rückwärtsdrall), damit (dies<br />
wäre die dahinter stehende Absicht)<br />
der Gegner den Ball nicht<br />
mehr erreichen kann. Dieses Ziel<br />
erreicht man durch eine Schlägerbewegung,<br />
die innerhalb<br />
der Schlagphase mit geringer<br />
Geschwindigkeit kurz und flach<br />
vorwärts und abwärts erfolgt.<br />
Diese Aktion wird als Hauptaktion<br />
bezeichnet. Sie erfüllt die unmittelbar<br />
zum Ziel führenden zwei<br />
Funktionen, d.h., die beschriebene<br />
vorwärts-abwärts gerichtete<br />
Schlägerbewegung hat den<br />
Zweck, den Rückwärtsdrall zu erzeugen,<br />
die langsame Schlägerbewegung<br />
und das Nachgeben vor<br />
allem des Handgelenks beim Treffen<br />
des Balles bewirken, daß der<br />
Ball abgestoppt wird.<br />
Weitere Aktionen, wie z. B. kurze<br />
Ausholbewegung, Beugen des<br />
netznäheren Beines, Gewichtsverlagerung,<br />
Beugen des Armes sind<br />
Hilfsaktionen: Sie sind zur Vorbereitung<br />
und zur Unterstützung der<br />
Hauptaktion zweckmäßig, allerdings<br />
in ihrer Form nicht exakt<br />
vorgeschrieben.<br />
Nach diesen beispielhaften Ausführungen<br />
kann eine Antwort auf<br />
die Frage gegeben werden, was<br />
bei der Bewegungsausführung als<br />
richtig und was als falsch zu beurteilen<br />
ist: Die zur Lösung einer bestimmten<br />
Bewegungsaufgabe notwendige<br />
Hauptaktion ist festgelegt.<br />
Ein Abweichen von dieser<br />
festgelegten Bewegungsform ist<br />
fehlerhaft und muß im Unterricht<br />
korrigiert werden. Im Rahmen der<br />
Hilfsaktionen - vor allem innerhalb<br />
der Aushol- und Ausschwungphase,<br />
weniger dagegen innerhalb<br />
der Schlagphase - sind jedoch<br />
zum Teil solch große Bewegungsspielräume<br />
mit ihren jeweiligen<br />
Vor- und Nachteilen gegeben, daß<br />
es schwierig ist, ihre Grenzen zu<br />
markieren.<br />
Hilfsaktionen sind erst dann als<br />
fehlerhaft zu bezeichnen und auf<br />
jeden Fall im <strong>Tennis</strong>unterricht zu<br />
korrigieren, wenn durch sie die<br />
Hauptaktion nicht zweckmäßig<br />
unterstützt, sondern gegebenenfalls<br />
geradezu negativ beeinflußt<br />
und behindert wird. Es empfiehlt<br />
sich deshalb, nicht nur von Fehlern,<br />
sondern auch von Mängeln<br />
zu sprechen, wenngleich der<br />
Übergang zwischen Mängeln und<br />
Fehlern fließend ist. Unter Mangel<br />
wird hierbei verstanden, wenn die<br />
Hilfsaktionen die Hauptaktion<br />
nicht optimal unterstützen. Der<br />
Mangel wird dann zum Fehler,<br />
wenn die Nachteile der Hilfsaktionen<br />
gegenüber den Vorteilen<br />
überwiegen.<br />
Da die Hilfsaktionen relativ große<br />
Spielräume zulassen, kann in ihnen<br />
die individuelle Ausprägung<br />
der Bewegungen am besten zur<br />
Geltung und sichtbar zum Ausdruck<br />
kommen, zumal die Ausholund<br />
Ausschwungphase auch zeitlich<br />
gesehen den größten Spielraum<br />
ermöglichen. Diese individuelle<br />
Bewegungsausprägung wird<br />
als Bewegungsstil bezeichnet und<br />
kommt vor allem in der räumlichen<br />
und zeitlichen Gestaltung der<br />
Gesamtbewegung zum Ausdruck.<br />
Merkmale dieser individuellen<br />
Bewegungsdynamik und Bewegungsform<br />
sind z.B. Bewegungsumfang<br />
und Bewegungsrhythmus.<br />
Inwieweit ein Mangel korrigiert<br />
wird, hängt also davon ab, wie<br />
bedeutsam die Nachteile der<br />
Hilfsaktion gegenüber ihren Vorteilen<br />
sind und inwieweit durch<br />
eine Korrektur der individuelle Stil<br />
negativ beeinflußt wird.<br />
Bezug des Konzepts<br />
der trefforientierten<br />
Methode zum Konzept<br />
der funktionalen<br />
Bewegungsanalyse<br />
Dieser Bezug soll mit der Diskussion<br />
von fünf Themen verdeutlicht<br />
werden:<br />
• Bedeutung eines methodischen<br />
Konzeptes<br />
• Grundsätze der trefforientierten<br />
Methode auf der Grundlage<br />
des funktionalen Bewegungsverständnisses<br />
• Lehrstufen der trefforientierten<br />
Methode<br />
• Unterschied zwischen dem<br />
Konzept der trefforientierten<br />
Methode und früheren<br />
Konzepten<br />
• Allgemeine methodische<br />
Grundlagen, Konzeptionen und<br />
Maßnahmen, die auch bei der<br />
trefforientierten Methode angewandt<br />
werden<br />
Bedeutung eines<br />
methodischen Konzeptes<br />
Zunächst sei herausgestellt, daß<br />
ein methodisches Konzept keine<br />
garantierten Rezepte für das Lehren<br />
der <strong>Tennis</strong>techniken liefern<br />
will. Ein methodisches Konzept<br />
will lediglich Grundsätze (Prinzipien)<br />
anbieten, die dem Lehrer in<br />
der Praxis des Unterrichts helfen<br />
können,andere Lehrwege zu<br />
überprüfen, eigene zu entwickeln,<br />
insbesondere aber auch spontan<br />
im Unterricht auftretende Probleme<br />
so zu behandeln, daß auch<br />
die individuellen Eigenarten der
Konzept der trefforientierten Methode<br />
Schüler berücksichtigt werden<br />
können. Entscheidend ist, die Prinzipien<br />
zu verstehen, die hinter der<br />
trefforientierten Methode stehen,<br />
um eigenständig den Unterricht<br />
planen und Bewegungskorrekturen<br />
im Rahmen von Lehrwegen<br />
vornehmen zu können.<br />
Grundsätze der<br />
trefforientierten Methode<br />
auf der Grundlage<br />
des funktionalen<br />
Bewegungsverständnisses<br />
• Von Anfang an steht die<br />
Hauptaktion im Vordergrund.<br />
Es werden Aufgaben gestellt,<br />
die allein mit dem Ausführen<br />
der Hauptaktion gelöst werden<br />
können (mit wenig Schwung<br />
über kurze Entfernungen spielen).<br />
Erst im Anschluß an das<br />
Erlernen der Hauptaktion<br />
folgen die Hilfsaktionen.<br />
• Innerhalb der Hilfsaktionen<br />
werden zunächst diejenigen<br />
geschult, die nah an der Hauptaktion<br />
liegen und dann diejenigen,<br />
die selbst als Vorbereitung<br />
und Unterstützung der<br />
gelernten Hilfsaktionen dienen.<br />
• Die Hinzunahme der Hilfsaktionen<br />
ergibt sich aus den<br />
Veränderungen der Situation<br />
(z. B. größere Entfernung zum<br />
Netz erfordert mehr Schwung<br />
und somit ein ausgeprägtes<br />
Ausholen).<br />
• Bewegungsabläufe sind häufig<br />
durch funktionale Überlagerungen<br />
gekennzeichnet; z.B. ist<br />
beim Vorhand-Grundschlag in<br />
der Ausholphase auf folgendes<br />
zu achten: Bogenförmiges<br />
Zurückführen des Schlägers,<br />
Drehen des Oberkörpers, Senken<br />
des Körperschwerpunktes<br />
u.a. Lehrmaßnahmen sollten<br />
anfangs solche Überlagerungen<br />
trennen. D.h., beispielsweise<br />
auf das Ausholen bezogen, daß<br />
zunächst aus der Schlagstellung<br />
und später aus der Ausgangsstellung<br />
mit Oberkörperdrehung<br />
ausgeholt wird.<br />
• Beim Aufbau der einzelnen<br />
Übungen kommt es oft zu<br />
Mißerfolgen bei den Schülern,<br />
bereits Gekonntes kann wieder<br />
»verlernt« werden. Es müssen<br />
»Rück«-Verzweigungen eingeplant<br />
werden, d. h., bei mehrfachem<br />
Mißerfolg, dessen Ursache<br />
in fehlerhafter Bewegungsausführung<br />
liegt, kann auf vorausgegangene<br />
Lehrstufen<br />
zurückgegangen werden.<br />
Hilfsaktionen sollten nicht isoliert<br />
für sich eingeübt werden,<br />
damit einzelne Bewegungsteile<br />
nicht aus ihrem funktionalen<br />
Zusammenhang gerissen<br />
werden.<br />
• Bewegungsaufgaben stehen im<br />
Vordergrund. Der Lehrer muß<br />
prüfen, ob sie aus funktionaler<br />
Sicht sinnvoll sind, und muß sie<br />
so formulieren, daß den Schülern<br />
klar ist, welche Aufgaben<br />
zu erfüllen sind.<br />
• Die Schüler sollen die funktionale<br />
Bedeutung der Lehrmaßnahmen<br />
selbst erfahren und<br />
erkennen.<br />
Lehrstufen der<br />
trefforientierten<br />
Methode<br />
Das Lehren der einzelnen Schlagarten<br />
im <strong>Tennis</strong> findet nach einem<br />
systematisch und methodisch entwickelten<br />
Grundmuster auf mehreren<br />
Lehrstufen statt.<br />
Die zeitliche Verweildauer auf den<br />
einzelnen Stufen kann dabei sehr<br />
unterschiedlich ausfallen und richtet<br />
sich am jeweiligen Schülererfolg<br />
aus.<br />
Von entscheidender Bedeutung ist<br />
die Zielsetzung für den Schüler,<br />
»<strong>Tennis</strong>spielen« mit und gegen<br />
unterschiedliche Partner zu lernen.<br />
Es ist zu wenig und kann höchstens<br />
eine Zwischenstufe sein,<br />
wenn man sich damit zufriedengibt,<br />
nur mit dem <strong>Tennis</strong>lehrer und<br />
seinem idealen Zuspiel zu spielen.<br />
Deshalb bekommt das der Situation<br />
entsprechende Ballanbieten<br />
innerhalb der verschiedenen Lehrstufen<br />
(stehender Ball, Zuwurf,<br />
Zuspiel) eine entscheidende<br />
Bedeutung.<br />
Im Sinne einer Vorstufe erfolgt<br />
beim Lehren aller Schlagtechniken<br />
zunächst eine Einstimmung auf<br />
das jeweilige Thema, durch Information<br />
über das Lernziel, durch<br />
Aufwärmen und Ballgewöhnungsübungen<br />
oder Einspielen mit<br />
bekannten Schlagtechniken.<br />
Nun folgen jeweils vier Lehrstufen:<br />
• Erlernen der Hauptaktion aus<br />
der Schlagstellung.<br />
Kleine Auftakt- und Ausschwungbewegungen<br />
sind<br />
erlaubt, weil sie natürlich sind.<br />
Die Hauptaktion darf dabei<br />
aber nicht negativ beeinflußt<br />
werden.<br />
• Variation der Hauptaktion<br />
durch unterschiedliche Zielvorgaben,<br />
durch Spielen über Hindernisse,<br />
in verschiedene Richtungen<br />
mit unterschiedlichen<br />
Treffpunkten.<br />
• Erlernen der günstigsten Griffhaltungen<br />
und Treffpunkte in<br />
bezug auf den Körper (Höhe,<br />
Abstand ...).<br />
• Wegspielen des jeweils stehenden<br />
Balles, ggf. auch des über<br />
sehr kurze Entfernungen zugeworfenen<br />
Balles.<br />
72
Konzept der funktionalen Bewegungsanalyse<br />
älkÄMk<br />
Erlernen von Hilfsaktionen, die<br />
nahe an und in der Hauptaktion<br />
liegen.<br />
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung<br />
aus der<br />
Schlagstellung.<br />
Zurückspielen eines entgegenkommenden,<br />
zugeworfenen<br />
Balles, zunächst nur aus der<br />
Schlagstellung, dann nach<br />
Übergang aus der Frontalstellung<br />
in die Schlagstellung.<br />
Verdeutlichen der Gewichtsverlagerung<br />
beim Schlagen.<br />
Variation der Ausholbewegung<br />
in allen zulässigen Variablen<br />
(auch geradlinig).<br />
Schläge mit geringem Tempo<br />
auf genauen Zuwurf des Partners<br />
oder Lehrers im T-Feld.<br />
äiaüB&afe<br />
(Wichtigste Lehrstufe auf dem<br />
Weg zur Spielfähigkeit)<br />
• Fließender Übergang aus der<br />
Bereitschaftsstellung in die<br />
Schlagstellung (Ausnahme Aufschlag).<br />
• Lehrer steht (mit Ausnahme<br />
beim Flugball und Schmetterball)<br />
zunächst noch auf der<br />
Platzfeldhälfte des Schülers und<br />
bietet den stehenden und zugeworfenen<br />
Ball variabel an.<br />
• Schulung der Wahrnehmung<br />
und des Distanzverhaltens vom<br />
angesagten oder angezeigten<br />
Ballanbieten (durch den Lehrer)<br />
bis zum selbst berechneten Ball<br />
durch den Schüler.<br />
• Schulung der Beinarbeit und<br />
der Bewegungskoordination<br />
des Schülers.<br />
• Schulung von Schlagrhythmus<br />
und Timing durch Bewegungsanpassung<br />
an die Flugkurve des<br />
variabel zugeworfenen Balles.<br />
• Steigerung des Ballanbietens<br />
durch Übergang von der verabredeten<br />
zur völlig freien, unbekannten<br />
Situation und durch<br />
Zuspiel über das Netz.<br />
Wann der Lehrer vom Zuwurf<br />
zum Zuspiel über das Netz<br />
übergeht, hängt von den Fähigkeiten<br />
der Schüler und seinem<br />
eigenen Geschick ab.<br />
Diese 3. Lehrstufe kommt im <strong>Tennis</strong>unterricht<br />
leider oft zu kurz,<br />
weil der <strong>Tennis</strong>lehrer die Defizite<br />
des Schülers beim Ballberechnen,<br />
in der Bewegungskoordination<br />
und im Timing meistens durch<br />
jeweils der Situation angepaßtes,<br />
ideales Ballanbieten ausgleicht. So<br />
kommt auch meist ein Ballwechsel<br />
über das Netz zustande, leider<br />
aber nur mit dem Lehrer. Beim<br />
Spiel mit Partnern oder Freunden<br />
kommt der Ball nicht mehr so genau<br />
und dosiert an, die laufenden<br />
erfolgreichen Ballkontakte gehen<br />
erheblich zurück. Die Spielfähigkeit<br />
des Schülers wird nur unzureichend<br />
entwickelt.<br />
Konzept der trefforientierten Methode<br />
Partnerin wirft Ball zum Aufschlag an<br />
nen) sind Beispiele für solche vereinfachten<br />
und doch ganzheitlich<br />
erfahrbaren Hauptaktionen.<br />
Allgemeine methodische<br />
Grundlagen, Konzeptionen<br />
und Maßnahmen und ihr<br />
Bezug zur trefforientierten<br />
Methode<br />
Wichtige allgemeine methodische<br />
Gesichtspunkte, wie sie bislang in<br />
diesem <strong>Lehrplan</strong> vorgestellt wurden,<br />
sind selbstverständlich auch<br />
bei der trefforientierten Methode<br />
gültig:<br />
• Alle verschiedenen Formen des<br />
Lernens können berücksichtigt<br />
werden. Wenngleich sich insbesondere<br />
das »kognitive Lernen«<br />
anbietet, damit die Schüler die<br />
Bedeutung der Lehrmaßnahmen<br />
selbst erfahren können,<br />
sind »Lernen am Erfolg«, »Lernen<br />
am Modell«, und »Lernen<br />
als inneres Spiel« unverzichtbar.<br />
Die Gewichtung der einzelnen<br />
Lemformen hängt vor allem<br />
vom Alter der Schüler, ihrer<br />
Individualität und vom Unterricht<br />
des Lehrers ab.<br />
• Der Verlauf des Lernprozesses<br />
in drei Lernphasen (Grobkoordination,<br />
Feinkoordination,<br />
Stabilisierung der Feinkoordination<br />
gegen Störeinflüsse) gilt<br />
auch für die trefforientierte<br />
Methode.<br />
• Wie bereits angesprochen, werden<br />
auch bei der trefforientierten<br />
Methode ganzheitliche Vorstellungen<br />
bevorzugt; dabei<br />
wird vor allem bei jüngeren<br />
Schülern das induktive Verfahren<br />
im Zusammenhang mit<br />
Bewegungsaufgaben empfohlen,<br />
auch wenn der Lernfortschritt<br />
langsamer verläuft. Aber<br />
auch Demonstrationen und Bewegungsanweisungen<br />
können<br />
den gleichen Zweck erfüllen.<br />
• Grundsätzlich gilt, daß die trefforientierte<br />
Methode eher der<br />
technikorientierten methodischen<br />
Konzeption und weniger<br />
der spielorientierten Konzeption<br />
zuzuordnen ist. Der Lehrer<br />
sollte jedoch im Unterricht nicht<br />
nur einseitig eine dieser übergeordneten<br />
Konzeptionen bevorzugen.<br />
74
Anwendung der<br />
methodischen Reihen<br />
Die Reihenfolge, in der die Erarbeitung<br />
der einzelnen Schlagtechniken<br />
nach der trefforientierten<br />
Methode vorgestellt wird, kann<br />
selbstverständlich verändert werden;<br />
sie stellt keine verbindliche<br />
Reihenfolge dar.<br />
Es gibt z. B. gute Gründe dafür,<br />
den Schmetterball vor dem Aufschlag,<br />
den Flugball-Stop vor dem<br />
Flugball, den Flugball vor den<br />
Grundschlägen oder den Rückhand-Slice<br />
vor dem Rückhand-<br />
Grundschlag zu erlernen.<br />
Die einzelnen Schlagtechniken<br />
sind auf den nächsten Seiten nach<br />
folgendem Prinzip dargestellt:<br />
In der linken Spalte werden die<br />
Aktionen beschrieben, die der<br />
Zuwurf zum Erlernen des Flugballs<br />
Spieler ausführen sollte, um die<br />
gestellte Aufgabe lösen zu können.<br />
In den beiden rechten Spalten<br />
werden Erläuterungen (Beschreibungen,<br />
Tips, methodische<br />
Hilfen, Grafiken) zur Durchführung<br />
der Aktion gegeben. Die<br />
dazugehörigen Abbildungen dienen<br />
der Verdeutlichung einzelner<br />
Erläuterungen, sie stellen also<br />
keine lückenlose Bebilderung des<br />
methodischen Vorgehens bzw.<br />
aller Erläuterungen dar. Die einzelnen<br />
Aktionen sind kleine, aufeinander<br />
aufbauende Schritte, die<br />
beim Lehren und Lernen einer<br />
Schlagtechnik aber nicht unbedingt<br />
in der angegebenen Reihenfolge<br />
vermittelt werden müssen.<br />
Es können auch Aktionen übersprungen<br />
werden, wenn es die<br />
Situation erlaubt. Die Kenntnis<br />
methodischer Schritte bietet dem .<br />
<strong>Tennis</strong>lehrer die Möglichkeit, den<br />
Leistungsstand der Schüler einzuordnen,<br />
so daß er sie weder unternoch'überfordert.<br />
Schafft ein<br />
Schüler eine gestellte Anforderung<br />
nicht, so muß er wieder an der<br />
Stelle weiterarbeiten, an der er<br />
zuletzt Erfolg hatte. Er muß von<br />
dort aus in kleineren Schritten<br />
weitermachen, um voranzukommen.<br />
Der individuelle Erfolg des<br />
Schülers bestimmt stets den<br />
methodischen Weg, auf dem er<br />
sich mit Hilfe des Lehrers vorwärts<br />
bewegt.<br />
75
Anwendung der methodischen Reihen<br />
Grundschlag - Vorhand und Rückhand<br />
Aktionen<br />
Schläger mit locker gestrecktem<br />
Arm vorwärts-aufwärts zum Treffpunkt<br />
schwingen (Hauptaktion)<br />
Erläuterungen<br />
Schüler steht in Schlagstellung, bei Vorhand<br />
seitlich oder leicht offen, bei Rückhand seitlich,<br />
hinter der T-Linie (Spielrichtung Netz);<br />
Durchführung der Hauptaktion mit Ballpendel,<br />
stehendem Ball oder leicht zugeworfenem<br />
Ball;<br />
es wird mit Vorhand- und Rückhandgriffen<br />
gespielt, die mit der Stäbchenmethode kontrolliert<br />
werden können;<br />
der Ball wird seitlich vor der Hüfte mit fester<br />
Griffhaltung und offener Schlagfläche getroffen.<br />
Abb. 28 Stäbchen zeigt beim Vorhandgriff<br />
nach unten (li.)<br />
Abb. 29 Stäbchen zeigt beim Rückhandgriff<br />
nach vorne (re.)<br />
Schläger vorwärts-aufwärts zum<br />
Treffpunkt schwingen<br />
(Variation der Hauptaktion)<br />
Die Vorwärts-aufwärts-Bewegung erfolgt<br />
flacher oder steiler; sie wird durch Spielen<br />
über verschieden hohe Hindernisse oder Zielmarkierungen<br />
(Leinen) verdeutlicht.<br />
Lehrer kann den Arm des Schülers führen<br />
oder spiegelbildlich mit ihm arbeiten (Timing);<br />
der Schläger bewegt sich nach dem Treffen in<br />
Richtung des wegfliegenden Balles.<br />
Abb. 30 Lehrer führt den Arm des Schülers Abb. 31 Lehrer und Schüler führen die<br />
Bewegung spiegelbildlich aus<br />
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung<br />
aus der Schlagstellung;<br />
Gewichtsverlagerung<br />
Unterarm des Schlagarmes anheben und<br />
Rückführen des Schlägers nach oben in<br />
einem Bogen, mit fließendem Übergang den<br />
Schläger in einem Bogen nach unten absenken,<br />
die Schlagbewegung nach vorne-oben<br />
einleiten.<br />
Erfühlen des oberen und unteren Bogens<br />
(Schleife) durch Schwingen um einen vom<br />
Lehrer seitwärts hingehaltenen Schläger;<br />
Variationen der Ausholbewegung anbieten,<br />
wenn es die Situation (Schüler) erfordert. Verdeutlichung<br />
der Gewichtsverlagerung durch<br />
einen Schritt vom hinteren auf das vordere<br />
Bein, (Rückhand früher, Vorhand später) oder<br />
durch zwei Schritte aus der seitlichen Schlagstellung<br />
in dieselbe Schlagstellung seitlich versetzt,<br />
Schrittkombination bei Vorhand rechtslinks,<br />
bei Rückhand links-rechts. Übergang<br />
aus der frontalen Stellung zum Netz in die<br />
Schlagstellung, dann ausholen, schlagen und<br />
ausschwingen.<br />
Abb. 32 Schüler führt die Aushol- und<br />
Schlagbewegung um den Schläger des<br />
Lehrers durch<br />
76
Grundschlag - Vorhand und Rückhand<br />
Aktionen<br />
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung<br />
aus der Bereitschaftsstellung;<br />
Gewichtsverlagerung<br />
Erläuterungen<br />
Schüler steht in Bereitschaftsstellung 1 bis<br />
2 m hinter der Mitte der T-Linie; die weich<br />
zugeworfenen Bälle sollen über der T-Linie<br />
getroffen werden; die Ausholbewegung wird<br />
aus der Bereitschaftsstellung durch eine<br />
Oberkörperdrehung mit gleichzeitigem Drehschritt<br />
des treffpunktnäheren Beines eingeleitet,<br />
der Körperschwerpunkt wird durch Beugen<br />
der Knie nach unten verlagert. Trockenbewegung<br />
nach Lehrervorbild oder mit dem<br />
Lehrer zusammen (Tanzkurs!);<br />
gleichzeitiger Beginn von Lehrerzuwurf und<br />
Ausholbewegung des Schülers; Anpassen der<br />
Bewegungsausführung an den Ballflug des<br />
zugeworfenen Balles: der Schläger zeichnet<br />
die Flugkurve des zugeworfenen Balles nach,<br />
wenn der Ball aufspringt, ist auch der Schläger<br />
hinten unten.<br />
Schulung des richtigen Timings der Schlagbewegung<br />
durch akustische Unterstützung des<br />
Lehrers (»Ausholen und Schlagen«, »Schritt<br />
rechts und Schwung«, »Schulter drehen und<br />
vor...«).<br />
Abb. 33 Schüler macht die Bewegung des<br />
Lehrers gleichzeitig mit<br />
Beinarbeit zum Erreichen der<br />
entsprechenden Schlagposition aus<br />
verschiedenen Richtungen sowie<br />
unterschiedlichen Entfernungen<br />
und Schlagen des Balles<br />
Schüler steht hinter der T-Linie. Das Ballanbieten<br />
durch den Lehrer erfolgt von<br />
verschiedenen Positionen auf der gleichen<br />
Platzfeldhälfte, auf der der Schüler steht.<br />
Zunächst wird die Anwurfrichtung und -länge<br />
angesagt, später muß der Schüler den Ballflug<br />
selbst berechnen. Es wird die Wahrnehmung<br />
und das Distanzverhalten, der richtige<br />
Abstand zum Treffpunkt, geschult.<br />
Die Beinarbeit mit entsprechenden Schrittkombinationen<br />
und die Koordination von<br />
Beinarbeit und Schlagtechnik werden<br />
geschult.<br />
Mit dem Zuspiel über das Netz, zunächst<br />
genau und angesagt, später variabel, kommt<br />
es zum Ballwechsel über das Netz.<br />
Spielen aus der Bereitschaftsstellung<br />
in verschiedene Ziele und von<br />
verschiedenen Platzpositionen aus;<br />
Abstandsvergrößerung und Treffen<br />
des Balles in unterschiedlichen<br />
Treffpunkthöhen<br />
Schüler steht hinter der T-Linie. Der Abstand<br />
zwischen Lehrer und Schüler wird dadurch<br />
vergrößert, daß zunächst der Lehrer schrittweise<br />
in Richtung Grundlinie zurückgeht,<br />
dann erst geht auch der Schüler in Richtung<br />
Grundlinie zurück. Das Zuspiel wird variiert in<br />
Geschwindigkeit, Höhe und Drall; die vom<br />
Schüler anzuspielenden Zielräume führen ihm<br />
die jeweils günstigsten taktischen Lösungen<br />
der einzelnen Spielsituationen vor Augen und<br />
lassen seine Stärken und Schwächen deutlich<br />
werden; aus den so gewonnenen Erkenntnissen<br />
lassen sich taktische Grundkonzepte je<br />
nach Schüler- und Spielertyp entwickeln.<br />
Der Lehrer wird vom Zuspieler zum Gegner<br />
und erprobt in spielnahen Trainingsformen Sicherheit,<br />
Genauigkeit und Wirksamkeit der<br />
Grundschläge seiner Schüler, auch bei Schlägen<br />
mit unterschiedlichen Treffpunkthöhen.
Anwendung der methodischen Reihen<br />
Aufschlag<br />
Aktionen<br />
Strecken des gebeugten Schlagarmes<br />
nach oben zum Treffpunkt<br />
(Hauptaktion)<br />
Erläuterungen<br />
Schüler steht hinter der T-Linie (kurzer<br />
Abstand vom Ziel), der Schläger hängt bei<br />
gebeugtem Schlagarm (Oberarm in Verlängerung<br />
zur Schulterachse, Winkel im Ellbogen<br />
kleiner als 90°, Schlaghand in Kopfhöhe) hinter<br />
dem Rücken;<br />
der Ball wird vom Schüler selbst angeworfen,<br />
bei unkontrolliertem Wurf kann der Ball vom<br />
Lehrer angeworfen werden; der Schlagarm<br />
wird zum Treffpunkt gestreckt, als Auftaktbewegung<br />
für die Hauptaktion wird der Schlagarm<br />
zunächst etwas stärker gebeugt;<br />
der Ball soll in einem deutlichen Bogen über<br />
das Netz ins gegnerische Aufschlagfeld geschlagen<br />
werden; die Griffhaltung muß so<br />
gewählt werden, daß die Schlagfläche im<br />
Treffpunkt senkrecht zur Abflugrichtung des<br />
Balles stehen kann.<br />
Die Stellung hinter der T-Linie kann variiert<br />
werden, je seitlicher sie ist, desto eher muß<br />
der Rückhandgriff gewählt werden; die zum<br />
Treffen des Balles mit Rückhandgriff notwendige<br />
Drehung des Unterarmes kann gesondert<br />
geschult werden: Treffen des Balles einmal<br />
mit der Schlägerkante, dann mit der<br />
Schlägerkante in Richtung Treffpunkt schwingen<br />
und trotzdem mit der Schlagfläche treffen<br />
(Drehen des Unterarmes kurz vor dem<br />
Treffpunkt);<br />
Ballanwurf durch den Schüler selbst oder<br />
durch den Lehrer.<br />
Abb. 34 Lehrer wirft dem Schüler den Ball<br />
zum Aufschlag an<br />
Abb. 35<br />
getroffen<br />
Ball wird mit der Schlägerkante<br />
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung;<br />
Anwerfen des Balles<br />
Abb. 36 Schlagarm wird kurz vor dem<br />
Treffpunkt nach außen gedreht (Pronation)<br />
Hinweis auf die Ähnlichkeit der Aufschlagbewegung<br />
mit einer Wurf bewegung;<br />
die Bewegung des Schlagarmes kann auch<br />
gesondert (ohne Ballanwurf) geübt werden,<br />
wobei es günstig ist, daß sich der linke Arm<br />
nach oben bewegt, wenn der rechte Arm die<br />
Ausholbewegung beginnt; die Länge der<br />
Ausholbewegung (langes Pendel nach hinten<br />
oder eher seitliches Hochnehmen des Schlägers)<br />
wird den Fähigkeiten des Schülers angepaßt;<br />
ebenso kann der Ballwurf gesondert geübt<br />
werden, der rechte Arm sollte dabei die Pendelbewegung<br />
(Beginn des Ausholens) ausführen.<br />
Abb. 37 Lehrer und Schüler üben spiegelbildlich<br />
den Ballwurf mit Pendelbewegung<br />
des Schlagarmes<br />
78
•iwJii itan<br />
Aufschlag<br />
Aktionen<br />
Erläuterungen<br />
Orientierungshilfen für Höhe und Richtung<br />
des Ballwurfs angeben; spiegelbildliches<br />
Arbeiten mit dem Lehrer;<br />
bei der Schlagbewegung kann der Lehrer den<br />
Arm des Schülers führen, der Schwerpunkt<br />
liegt auf der Schulung der Koordination von<br />
linkem und rechtem Arm.<br />
Die Schlagposition wird von der T-Linie<br />
zunehmend nach hinten bis hinter die Grundlinie<br />
verlegt, der Ball soll sicher in das entsprechende<br />
Aufschlagfeld geschlagen werden;<br />
die Zuschlagbewegung wird zunehmend<br />
schneller ausgeführt;<br />
zum Erfühlen einer lockeren Schlagbewegung<br />
kann der Schläger am Griffende mit drei Fingern<br />
gehalten werden.<br />
Abb. 38<br />
Lehrer führt den Arm des Schülers<br />
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung,<br />
Anwerfen des Balles;<br />
Gewichtsverlagerung, Bein- und<br />
Körperstreckung<br />
Aufschlagen in verschiedene Ziele,<br />
auch von unterschiedlichen<br />
Positionen aus<br />
Spätestens wenn der Ball die linke Hand in<br />
Kopfhöhe verläßt, muß das Körpergewicht<br />
auf dem linken Bein sein;<br />
Anbieten verschiedener Variationen für die<br />
Ausgangsstellung: Gewicht auf dem rechten,<br />
auf beiden oder auf dem linken Bein; das<br />
linke Bein ist am Ende der Ausholbewegung<br />
stark gebeugt und wird zur Einleitung der<br />
Schlagbewegung gestreckt. Wenn das linke<br />
Der Aufschlag soll lang und links und rechts<br />
ins Aufschlagfeld geschlagen werden; die<br />
Stellung hinter der Grundlinie kann zwischen<br />
Bein vollkommen gestreckt ist, befindet sich<br />
der Schläger noch im tiefsten Punkt der<br />
Schleife hinter dem Rücken. Das rechte Bein<br />
fängt nach dem Treffen das Körpergewicht<br />
ab. Wenn die Beinstreckung sehr dynamisch<br />
erfolgt, dann kommt es zum Absprung vom<br />
linken Bein; in diesem Fall fangen ca. 90%<br />
aller Spieler das Körpergewicht auf dem linken<br />
Bein ab.<br />
Mittelzeichen und Seitenlinie variiert werden;<br />
die Schlaggeschwindigkeit soll zunehmend<br />
gesteigert werden.<br />
Aufschlag mit Drall<br />
Strecken des gebeugten Schlagarmes<br />
nach oben zum Treffpunkt<br />
(Hauptaktion)<br />
Schüler steht hinter der T-Linie, Schlägerkopf<br />
hängt bei gebeugtem Schlagarm hinter dem<br />
Rücken; der Schläger muß mit Rückhandgriff<br />
gehalten werden; der Treffpunkt für den<br />
Slice-Aufschlag liegt rechts oben vor dem<br />
Körper, für den Twist-Aufschlag oben hinter<br />
dem Kopf. Zum Bewußtmachen der Lage des<br />
Treffpunkts wird eine Ballangel verwendet;<br />
der Ball hängt an der Ballangel im angenommenen<br />
Treffpunkt; Strecken des Armes zum<br />
Treffpunkt; die Auftaktbewegung für die<br />
Hauptaktion (Beugen des Schlagarmes) wird<br />
eingeleitet durch Beugen der Knie und Rückneigen<br />
des Oberkörpers (besonders beim<br />
Twist-Aufschlag);<br />
zum Erreichen des Seitwärtsdralls beim Slice-<br />
Aufschlag zielt man bei der Schlagbewegung<br />
mit der Schlägerkante in Richtung rechter<br />
Netzpfosten;<br />
zum Erreichen des Vorwärtsdralls beim Twist-<br />
Aufschlag schwingt der Schläger annähernd<br />
parallel zum Netz nach rechts oben;<br />
die Aufschläge werden mit geringer<br />
Geschwindigkeit, aber mit deutlichem Drall<br />
gespielt.<br />
Beim Twist-Aufschlag sollte die Flugkurve des<br />
Balles besonders hoch über dem Netz sein.<br />
Abb. 39 Treffpunkt für den Slice-Aufschlag<br />
liegt rechts oben vor dem Körper (li.)<br />
Abb. 40 Treffpunkt für den Twist-Aufschlag<br />
liegt oben hinter dem Kopf, etwas tiefer als<br />
beim Slice (re.)
Anwendung der methodischen Reihen<br />
Aktionen<br />
Erläuterungen<br />
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung,<br />
Anwerfen des Balles;<br />
Gewichtsverlagerung, Bein- und<br />
Körperstreckung<br />
Aufschlagen in verschiedene Ziele,<br />
auch von unterschiedlichen<br />
Positionen aus<br />
Aufschlag über eine in entsprechender Höhe<br />
über dem Netz gespannte Leine;<br />
die Schlagposition wird von der T-Linie zunehmend<br />
nach hinten bis hinter die Grundlinie<br />
verlegt.<br />
Beim Twist-Aufschlag ist die seitliche Schlagstellung<br />
besonders deutlich ausgeprägt; hier<br />
ist es auch hilfreich, den Schlagarm beim<br />
Ausholen höher anzuschwingen als beim<br />
geraden Aufschlag und beim Slice-Aufschlag<br />
(über Schulterhöhe), weil es leichter fällt, die<br />
geforderte deutlichere ßogenspannung einzunehmen<br />
und die Schlagrichtung vorzubereiten;<br />
nach dem Treffen des Balles wird das<br />
rechte Bein aus Gleichgewichtsgründen seitwärts-rückwärts<br />
abgespreizt;<br />
besonders sollte die Unterstützung der<br />
Schlagbewegung durch Auflösen der ßogenspannung<br />
(Twist) und Drehen des Oberkörpers<br />
in Schlagrichtung (Slice) beachtet<br />
werden.<br />
Der Twist-Aufschlag sollte vorwiegend von<br />
links auf die Rückhandseite des Gegners gespielt<br />
werden, die Flugkurve sollte relativ<br />
hoch sein;<br />
Abb. 41 Auftaktbewegung mit Zurückneigen<br />
des Oberkörpers und Beugen der Knie (li.)<br />
Abb. 42 Nach dem Treffen des Balles wird<br />
das rechte Bein nach hinten abgespreizt (re.)<br />
der Slice-Aufschlag sollte von rechts auf die<br />
Vorhandseite des Gegners gespielt werden;<br />
die Position hinter der Grundlinie wird zwischen<br />
Mittelzeichen und Seitenlinie variiert.<br />
Schmetterball<br />
Strecken des gebeugten Schlagarmes<br />
zum Treffpunkt (Hauptaktion)<br />
Schüler steht dicht am Netz, Schlagarm<br />
gebeugt (Oberarm parallel zum Boden, Unterarm<br />
senkrecht nach oben), Schlägerspitze<br />
zeigt nach hinten; Hinweis auf die Griffhaltung;<br />
Lehrer wirft den Ball aus kurzer Entfernung<br />
zu; der Schlagarm wird zum Treffpunkt<br />
gestreckt, als Auftaktbewegung zur Hauptaktion<br />
wird der Schlagarm etwas stärker<br />
gebeugt; der Ball soll mit gestrecktem Arm<br />
getroffen und deutlich vor die T-Linie gespielt<br />
werden.<br />
Abb. 43 Schlagstellung zum Schmetterball<br />
dicht am Netz<br />
Strecken des gebeugten Schlagarmes<br />
zu unterschiedlichen Treffpunkten<br />
(Variation der Hauptaktion)<br />
Der mit unterschiedlichen Höhen angeworfene<br />
Ball soll mit gestrecktem Arm getroffen<br />
werden, die Schlagbewegung erfolgt zunehmend<br />
steiler vorwärts-aufwärts;<br />
der Ball soll in unterschiedlicher Höhe und<br />
verschieden weit vor dem Körper getroffen<br />
werden.<br />
Abb. 44 Im Treffpunkt (tief und weit vor<br />
dem Körper) ist der Schlagarm gestreckt<br />
80
Schmetterball<br />
Aktionen<br />
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung<br />
aus der Schlagstellung;<br />
Gewichtsverlagerung<br />
Aus der Bereitschaftsstellung<br />
Beinarbeit zum Erreichen der<br />
optimalen Stellung unter dem<br />
späteren Treffpunkt mit Aushol-,<br />
Schlag- und Ausschwungbewegung;<br />
Gewichtsverlagerung<br />
Schlagen aus der Bereitschaftsstellung<br />
in verschiedene Ziele,<br />
auch auf Zuspiel aus größerer<br />
Entfernung<br />
Erläuterungen<br />
Schüler steht in seitlicher Schlagstellung in<br />
Netznähe und hält den Schläger vor dem<br />
Körper;<br />
in der Ausgangsposition kann der Schläger<br />
anfangs auch hochkant auf die Netzkante gelegt<br />
werden, um die im Vergleich zum Aufschlag<br />
unterschiedliche Ausholbewegung<br />
(Hochführen des Schlägers vor der rechten<br />
Körperseite nach hinten-oben) zu schulen.<br />
Das gleichzeitige Heben des linken Armes<br />
beim Ausholen führt zu einer Schulterkippe,<br />
die als Vorbereitung für die Schlagbewegung<br />
wichtig ist; das Körpergewicht wird während<br />
der Schlagbewegung vom rechten auf das<br />
linke Bein verlagert;<br />
Bewegungsfluß und zeitlich-dynamische Gliederung<br />
beachten;<br />
Treffen verschiedener Ziele (links, rechts)<br />
durch Ausrichten der seitlichen Schlagstellung<br />
entsprechend der Zielrichtung; Übergang aus<br />
der frontalen Stellung zum Netz in die seitliche<br />
Schlagstellung, dann ausholen, schlagen<br />
und ausschwingen.<br />
Zuwurf bzw. Zuspiel des Balles wird variiert<br />
(links, rechts, kürzer, länger);<br />
Schüler dreht sich aus der Bereitschaftsstellung<br />
in die Schlagstellung und paßt sich<br />
mit entsprechender Beinarbeit unter Beibehaltung<br />
der seitlichen Position zum Netz an<br />
den Ballflug an;<br />
mit kleinen Schritten vorwärts bzw, rückwärts<br />
(in Richtung Einzellinien) und Nachstellschritten<br />
vom Netz weg und zum Netz hin läuft er<br />
zu den verschiedenen Platzpositionen und<br />
schmettert von dort, auch mit unterschiedlicher<br />
Geschwindigkeit, in verschiedene Ziele;<br />
zur Kontrolle der richtigen Stellung unter dem<br />
Treffpunkt kann der Ball auch mit gestrecktem<br />
linken Arm gefangen werden.<br />
Schüler steht ca. 2 m vom Netz entfernt in<br />
Bereitschaftsstellung; Lehrer variiert das<br />
Zuspiel in Länge, Richtung und Höhe und<br />
spielt auch aus zunehmend größerer Entfernung<br />
zu;<br />
Schüler paßt sich mit entsprechender Beinarbeit<br />
(Seit-Steps, Kreuzschritte usw.) an die<br />
unterschiedlichen Anflugkurven des Balles an,<br />
schmettert in verschiedene Ziele und mit<br />
wechselnder Geschwindigkeit;<br />
bei sehr hohem Zuspiel ist der Ball schwer zu<br />
schmettern, weil er annähernd senkrecht fällt<br />
und die Berechnung des Treffpunkts viel Erfahrung<br />
voraussetzt; in diesem Fall kann der<br />
Ball auch erst nach dem Aufsprung auf dem<br />
Boden geschmettert werden;<br />
beim Laufen zur Schlagposition werden linker<br />
Arm und Schläger frühzeitig nach oben genommen;<br />
Geschwindigkeit und Richtung des<br />
Schmetterschlages nach taktischen Gesichtspunkten<br />
fordern und später nach Schülerentscheidung<br />
spielen lassen.<br />
Abb. 45 Schläger liegt auf der Netzkante<br />
auf (li.)<br />
Abb. 46 Schlägerspitze und linker Arm zeigen<br />
auf den angestrebten Treffpunkt (re.)<br />
Abb. 47 Einnehmen der Schlagstellung (li.)<br />
Abb. 48 Ball wird mit senkrecht nach oben<br />
gestrecktem Arm gefangen (re.)<br />
Abb. 49 Ball wird nicht direkt, sondern nach<br />
dem Aufsprung auf dem Boden geschmettert
Anwendung der methodischen Reihen<br />
Schmetterball aus dem Sprung<br />
Aktionen<br />
Absprung vom rechten Bein und<br />
Strecken des gebeugten Schlagarmes<br />
zum Treffpunkt (Hauptaktion),<br />
Landen auf dem linken Bein<br />
Ausholbewegung, Sprung, Schlagund<br />
Ausschwungbewegung aus der<br />
Schlagstellung<br />
Aus der Bereitschaftsstellung<br />
Beinarbeit zum Erreichen der<br />
entsprechenden Schlagposition<br />
und Schmettern aus dem Sprung<br />
Erläuterungen<br />
Schiller steht ca. 1 m vom Netz entfernt in<br />
seitlicher Schlagstellung, gestreckter linker<br />
Arm zeigt zum geplanten Treffpunkt, Schlagarm<br />
ist gebeugt, Schlägerspitze zeigt nach<br />
hinten; der zugeworfene Ball soll im Sprung<br />
getroffen werden;<br />
der Ball muß so zugeworfen werden, daß der<br />
Schüler nach hinten-oben zum geplanten<br />
Treffpunkt springen muß, weil sonst die<br />
»Beinschere« nicht geschult werden kann;<br />
bei der Landung auf dem linken Bein zeigt<br />
das rechte Bein nach rechts vorne;<br />
die Beinarbeit kann auch ohne Schlagbewegung<br />
oder mit Trockenschlagbewegung<br />
(ohne Ball) geübt werden.<br />
Schüler steht in seitlicher Schlagstellung in<br />
Netznähe und hält den Schläger vor dem<br />
Körper;<br />
die Ausholbewegung kann variiert werden:<br />
einigen Schülern fällt es leichter, zur Unterstützung<br />
des Absprungs die Ausholbewegung<br />
mit einem unteren Pendel (wie beim Aufschlag)<br />
auszuführen, andere tun sich leichter<br />
Lehrer variiert das Zuspiel; zum Ausholen<br />
erfolgen gleichzeitig: rechtes Bein nach hinten<br />
setzen, Körper nach rechts in die seitliche<br />
Stellung zum Netz drehen, Heben beider<br />
Arme; Schulung der entsprechenden Beinarbeit<br />
zur gewünschten Schlagposition: Nachstellschritte<br />
oder vorwärts übersetzen in Richtung<br />
Grundlinie;<br />
Schmettern in verschiedene Ziele und Anpassen<br />
der Schlaggeschwindigkeit an die Lage<br />
des Treffpunkts (sehr weit hinten liegender<br />
Treffpunkt verlangt eine langsame Schlagbewegung).<br />
Abb. 50 Schüler springt nach hinten oben<br />
ab (li.)<br />
Abb. 51 Bei der Landung auf dem linken<br />
Bein zeigt das rechte Bein nach vorne (re.)<br />
beim Ausholen vor dem Körper; Übergang<br />
aus der frontalen Stellung zum Netz in die<br />
seitliche Schlagstellung, dann ausholen, springen,<br />
schlagen, ausschwingen und landen;<br />
der Schwerpunkt liegt auf der Schulung der<br />
Koordination von Absprung und Schlagbewegung.<br />
Abb. 52 Vorbereitung (Ausholen) zum<br />
Schmettern aus dem Sprung<br />
Abb. 53 Beinarbeit (linker Fuß vor rechten<br />
Fuß: vorwärts übersetzen) zur entsprechenden<br />
Schlagposition<br />
82
Flugball<br />
Flugball - Vorhand und Rückhand<br />
Aktionen<br />
Strecken des gebeugten Schlagarmes<br />
vorwärts und leicht abwärts zum<br />
Treffpunkt (Hauptaktion)<br />
Erläuterungen<br />
Schüler steht zum Flugball mit Vorhand in<br />
leicht offener Schlagstellung, zum Flugball<br />
mit Rückhand in seitlicher Schlagstellung<br />
dicht am Netz, der Lehrer wirft den Ball aus<br />
kurzer Entfernung zu;<br />
Vorhandgriff für Flugball mit Vorhand, Rückhandgriff<br />
für Flugball mit Rückhand;<br />
der Ball soll deutlich vor dem Körper getroffen<br />
und weich zum Lehrer zurückgespielt<br />
werden; beim Strecken des Armes sollte der<br />
Oberarm möglichst ruhig gehalten werden;<br />
die Schlagfläche ist etwas geöffnet.<br />
Abb. 54 Lehrer wirft den Ball zum Vorhand-<br />
Flugball zu<br />
Strecken des gebeugten Schlagarmes<br />
zum Treffpunkt<br />
(Variation der Hauptaktion)<br />
Der Schüler soll den Zusammenhang zwischen<br />
der Variation der Hauptaktion und der<br />
Abflughöhe und -weite des Balles sowie der<br />
Stärke des Dralls erfahren:<br />
der Schlägerkopf kann unterschiedlich steil<br />
vorwärts-abwärts oder auch parallel zum Boden<br />
zum Treffpunkt gebracht werden; die<br />
Stellung der Schlagfläche im Treffpunkt kann<br />
von senkrecht bis stark geöffnet variiert<br />
werden.<br />
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung<br />
aus der Schlagstellung;<br />
Gewichtsverlagerung<br />
Schüler steht in seitlicher Schlagstellung<br />
ca. 2 m vom Netz entfernt und hält den<br />
Schläger .vor den Körper (Schlägerkopf in<br />
Kopfhöhe);<br />
Lehrer wirft den Ball aus unterschiedlichen<br />
Entfernungen zu, der Schüler paßt seine Aushol-<br />
und Schlagbewegung zeitlich und räumlich<br />
an den Ballflug und sein Ziel an;<br />
die Schlagbewegung wird durch eine<br />
Gewichtsverlagerung nach vorne-unten<br />
unterstützt.<br />
Zur Koordination von Gewichtsverlagerung<br />
und Schlagbewegung wird gleichzeitig mit<br />
der Ausholbewegung des Armes das netznähere<br />
Bein angehoben, mit dem Treffen des<br />
Balles wird es wieder in Richtung Netz bei<br />
Beugung im Kniegelenk aufgesetzt;<br />
zur Kontrolle der Schlagrichtung erfolgt der<br />
Ausschwung nur kurz über den Treffpunkt<br />
hinaus, der Schläger steht nach dem Schlag<br />
annähernd parallel zum Netz.<br />
Abb. 55 Mit der Ausholbewegung wird das<br />
netznähere Bein angehoben (li.)<br />
Abb. 56 Mit dem Treffen des Balles wird<br />
das netznähere Bein aufgesetzt (Schritt)<br />
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung<br />
aus der Bereitschaftsstellung;<br />
Gewichtsverlagerung<br />
Schüler steht in Bereitschaftsstellung<br />
ca. 2 m vom Netz entfernt; bei Zuwurf<br />
(Zuspiel) des Balles erfolgen: Drehschritt mit<br />
dem zum Treffpunkt näheren Bein (Standbein),<br />
das andere Bein bleibt in der ursprünglichen<br />
Position, Oberkörperdrehung und Anheben<br />
des Unterarmes (Schlagarm) nach hinten-oben;<br />
die Schlagbewegung wird durch<br />
Gewichtsverlagerung (Schritt in Richtung<br />
Treffpunkt) unterstützt.<br />
Mögliche Hilfen: akustische Unterstützung<br />
für den zeitlich-dynamischen Ablauf der<br />
Bewegung;
Anwendung der methodischen Reihen<br />
Aktionen<br />
Erläuterungen<br />
optische Orientierung für die Richtung der<br />
Schlagbewegung (z. B. Netzkante);<br />
Lehrerführt den Arm des Schülers;<br />
Schüler hält mit dem linken Handrücken den<br />
Oberarm des Schlagarmes beim Ausholen<br />
zum Flugball mit Vorhand vor dem Körper,<br />
um die Ausholbewegung zu kontrollieren;<br />
beim Ausholen zum Flugball mit Rückhand<br />
zieht die linke Hand den Schläger nah an den<br />
Körper;<br />
Ballmaschine dient dem genauen Zuspiel.<br />
Abb. 57 Kontrolle der Weite der Ausholbewegung<br />
mit linker Hand unter dem rechten<br />
Oberarm<br />
Beinarbeit zum Erreichen der entsprechenden<br />
Schlagposition aus<br />
verschiedenen Richtungen sowie<br />
unterschiedlichen Entfernungen<br />
und Schlagen des Balles<br />
Spielen des Flugballs aus der Vorwärtsbewegung<br />
nach einem Angriffsschlag oder<br />
nach dem Aufschlag;<br />
Spielen des Flugballs aus der Bewegung zur<br />
Seite, Schlagen des Balles im Sprung.<br />
Spielen aus der Bereitschaftsstellung<br />
in verschiedene Ziele und von<br />
verschiedenen Platzpositionen aus;<br />
Treffen des Balles in unterschiedlichen<br />
Treffpunkthöhen<br />
Zuspiel des Balles aus unterschiedlichen<br />
Entfernungen und Richtungen und mit<br />
Variation der Höhe und der Geschwindigkeit;<br />
der Ball wird über bzw. unter Netzhöhe<br />
getroffen;<br />
der Ball wird in verschiedene Ziele gespielt,<br />
entsprechend der Schlagposition und gemäß<br />
der richtigen Lösung der taktischen Aufgabe.<br />
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Abb. 58 Treffen des Vorhand-Flugballes<br />
unter Netzhöhe<br />
Lob - Vorhand und Rückhand<br />
Schwingen des Schlägers steil<br />
vorwärts-aufwärts zum Treffpunkt<br />
mit geöffneter Schlagfläche<br />
(Hauptaktion)<br />
Schüler steht in Schlagstellung hinter dem<br />
T-Kreuz, der Schläger ist neben dem hinteren<br />
Bein zum Boden abgesenkt;<br />
Lehrer steht am Netz und wirft die Bälle<br />
weich auf Vorhand und Rückhand des<br />
Schülers zu;<br />
Schüler spielt hoch über den vom Lehrer<br />
senkrecht nach oben gehaltenen Schläger;<br />
Verwendung von Vorhand- und Rückhandgriff<br />
auf den jeweils entsprechenden Seiten.<br />
Schüler steht hinter dem T-Kreuz und schlägt<br />
die vom Lehrer weich zugeworfenen Bälle<br />
hoch zurück;<br />
als Orientierungshilfen können Zauberschnüre<br />
oder Leinen in verschiedenen Höhen<br />
oberhalb der Netzkante gespannt werden;<br />
je höher der Lob gespielt wird, desto stärker<br />
muß die Schlägerfläche durch Unterarmdrehung<br />
geöffnet werden;<br />
häufiger Wechsel zwischen Crundschlag und<br />
Lob (Erfühlen des Unterschieds und Entwickeln<br />
der Lob-Bewegung).<br />
84
Lob<br />
Aktionen<br />
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung<br />
aus der Schlagstellung;<br />
Gewichtsverlagerung<br />
Erläuterungen<br />
Schüler steht in Schlagstellung hinter dem<br />
T-Kreuz; Rückführen des Schlägers in einer<br />
Schleife mit fließendem Übergang in die<br />
Schlagbewegung nach vorne-oben; der obere<br />
Bogen der Ausholbewegung kann flacher<br />
oder steiler sein, entscheidend beim Lob ist<br />
ein ausgeprägter unterer Bogen in der<br />
Schleife mit starkem Kniebeugen; als Variation<br />
kann auch geradliniges Ausholen nach<br />
hinten-unten angeboten werden, wenn der<br />
Schüler Probleme hat, mit der bogenförmigen<br />
Ausholbewegung unter den späteren Treffpunkt<br />
zu kommen;<br />
beim Zuschlagen erfolgt ein deutliches Kniestrecken<br />
nach vorne-oben mit anschließendem<br />
betont langem Ausschwung in Richtung<br />
des abfliegenden Balles;<br />
um den Körperschwerpunkt des Schülers weit<br />
nach unten zu bringen, muß der Lehrer mitunter<br />
kurz und flach zuwerfen; Übergang aus<br />
der frontalen Stellung zum Netz in die<br />
Schlagstellung, dann ausholen, schlagen und<br />
ausschwingen.<br />
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung<br />
aus der Bereitschaftsstellung;<br />
Gewichtsverlagerung<br />
Schüler steht in Bereitschaftsstellung in der<br />
Mitte hinter der T-Linie. Lehrer spielt die Bälle<br />
aus netznaher Position zu;<br />
der Übergang von der Bereitschaftsstellung in<br />
die Schlagstellung wird durch eine Oberkörperdrehung<br />
mit gleichzeitigem Drehschritt<br />
des treffpunktnäheren Beines eingeleitet und<br />
einem nachfolgenden Schritt des anderen<br />
Beines vollzogen.<br />
Trockenbewegung nach Lehrervorbild und<br />
Bewußtmachen der typischen Lob-Ausholbewegung<br />
durch Schwingen des Schlägers um<br />
einen großen, leichten Ball (Wasserball).<br />
Beinarbeit zum Erreichen der entsprechenden<br />
Schlagposition aus<br />
verschiedenen Richtungen sowie<br />
unterschiedlichen Entfernungen<br />
und Schlagen des Balles<br />
Von der T-Linie aus spielt der Schüler die vom<br />
Lehrer variabel zugespielten Bälle als Lob<br />
zurück;<br />
der Lehrer kann zunächst alle auftretenden<br />
Fehler im Distanzverhalten und Timing des<br />
Schülers durch ausgleichendes Zuspiel kompensieren;<br />
bei zu geringem Schlagabstand erfolgt<br />
das Zuspiel weiter weg vom Schüler und<br />
umgekehrt; bei zu hastiger Schlagbewegung<br />
versucht der Lehrer durch langsames, weiches<br />
Zuspiel mehr Ruhe bei der Schlagbewegung<br />
zu erreichen;<br />
in allen Fällen kann eine akustische Unterstützung<br />
des Lehrers verlangsamende oder beschleunigende<br />
Wirkung für die Bewegungen<br />
des Schülers bedeuten; bei variablem Zuspiel<br />
versucht der Schüler selbst, sein Distanzverhalten<br />
und sein Timing der Situation entsprechend<br />
anzupassen.<br />
Spielen aus der Bereitschaftsstellung<br />
in verschiedene Ziele und von<br />
verschiedenen Platzpositionen aus;<br />
Spielen des Lobs aus wettkampfnahen<br />
Spielsituationen<br />
Zuspiel des Balles erfolgt aus unterschiedlichen<br />
Entfernungen und Richtungen mit<br />
Variation von Höhe, Geschwindigkeit und<br />
Drall; Schüler spielt Lobs von verschiedenen<br />
Platzpositionen, auch von der Grundlinie;<br />
Schüler spielt die Bälle in verschiedene Ziele,<br />
entsprechend seiner Schlagposition und<br />
gemäß der richtigen Lösung der jeweiligen<br />
taktischen Aufgabe;<br />
aus Notsituationen werden hohe Lobs an die<br />
gegnerische Grundlinie gespielt, um Zeit für<br />
die Einnahme der nächsten günstigen Platzposition<br />
zu bekommen;<br />
bei zu kurzem Spiel des Gegners kann ein Lob<br />
auch offensiv, relativ flach gespielt werden,<br />
damit der Gegner den Ball aus der Netzposition<br />
nicht mehr erlaufen kann;<br />
der Lob kann auch als Return gegen einen<br />
ans Netz stürmenden gegnerischen Aufschläger<br />
genutzt werden;<br />
der Lehrer simuliert den Gegner und spielt<br />
mit dem Schüler alle Spielsituationen durch,<br />
in denen der Lob sinnvoll verwendet werden<br />
kann.<br />
85
Anwendung der methodischen Reihen<br />
Topspin - Vorhand und Rückhand<br />
Aktionen<br />
Schläger schnell und steil vorwärtsaufwärts<br />
zum Treffpunkt schwingen<br />
(Hauptaktion)<br />
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung<br />
aus der Schlagstellung;<br />
Gewichtsverlagerung<br />
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung<br />
aus der Bereitschaftsstellung;<br />
Gewichtsverlagerung<br />
Beinarbeit zum Erreichen der entsprechenden<br />
Schlagpositionen<br />
aus verschiedenen Richtungen<br />
sowie unterschiedlichen Entfernungen<br />
und Schlagen des Balles<br />
Erläuterungen<br />
Schüler steht in offener (Vorhand) bzw.<br />
seitlicher Schlagstellung (Rückhand) hinter<br />
der T-Linie, der Lehrer wirft den Ball aus kurzer<br />
Entfernung mit hoher Flugkurve zu;<br />
Vorhandgriff für Topspin mit Vorhand, Rückhandgriff<br />
für Topspin mit Rückhand; die<br />
Schlagfläche bleibt während der Vorwärtsaufwärts-Bewegung<br />
senkrecht.<br />
Einklemmen eines <strong>Tennis</strong>balles zwischen<br />
Schlägerfläche und Netzkante, <strong>Tennis</strong>ball<br />
durch Aufwärtsbewegung des Schlägers über<br />
das Netz rollen (Bewußtmachen der Richtung<br />
der Hauptaktion);<br />
die gespielten Bälle sollen anfangs mindestens<br />
2 m über Netzhöhe fliegen (Leine oder Zauberschnur<br />
oberhalb der Netzkante spannen).<br />
Schüler steht hinter der T-Linie und trifft<br />
die weich zugeworfenen Bälle im<br />
»abfallenden Ast« der Ballflugkurve nach<br />
dem Aufsprung;<br />
Spielen in markierte Zielräume vor der gegenüberliegenden<br />
T-Linie und Feststellen der<br />
Absprungweiten der Bälle (Wirkung des<br />
Dralls), d.h., wer schafft den größten<br />
Schüler steht in Bereitschaftsstellung hinter<br />
der Mitte der T-Linie und trifft die weich<br />
zugespielten Bälle zwischen Knie- und Hüfthöhe;<br />
mit dem Zuspiel des Balles erfolgen: Drehschritt<br />
mit dem zum Treffpunkt näheren Bein,<br />
Oberkörperdrehung und Anheben des<br />
Schlagarmes; vielen Spielern fällt es leichter,<br />
beim Topspin mit Vorhand die Ausholbewegung<br />
mit Heben des Ellbogens nach hinten<br />
oben einzuleiten;<br />
Spielen der Topspin-Schläge aus Bewegungen<br />
entlang der T-Linie links und rechts,<br />
nach vorne oder nach hinten.<br />
Abb. 59 Ball ist zwischen Schlagfläche und<br />
Netzkante eingeklemmt<br />
Abstand zwischen dem ersten und zweiten<br />
Aufsprung des Balles?<br />
Die Gewichtsverlagerung vom hinteren auf<br />
das vordere Bein erfolgt auf der Rückhandseite<br />
beim Ausholen, auf der Vorhandseite<br />
beim Durchschwingen zu den Topspin-Schlägen;<br />
Übergang aus der frontalen Stellung<br />
zum Netz in die Schlagstellung, dann ausholen,<br />
schlagen und ausschwingen.<br />
die Ausholbewegung beginnt verzögert, etwa<br />
mit dem Aufspringen des zugespielten Balles;<br />
die Schlagbewegung wird durch ein starkes<br />
Kniestrecken eingeleitet und unterstützt, das<br />
bis zu einem Abheben der Beine vom Boden<br />
beim Ausschwung des Schlages führen kann<br />
und darf;<br />
Kontrolle der Endstellungen nach den Topspin-Schlägen:<br />
Vorhandstellung offen, Rückhandstellung<br />
seitlich, Schläger über Kopfhöhe.<br />
Anwenden der Topspin-Schläge bei tieferen<br />
und höheren Treffpunkten; Schulung des<br />
Distanzverhaltens bei variablem Zuspiel des<br />
Balles.<br />
Treffpunkt des Topspins in Hüft<br />
Abb. 60<br />
höhe<br />
Treffpunkt des Topspins in Schul<br />
Abb. 61<br />
terhöhe<br />
86
Topspin, Slice<br />
Aktionen<br />
Spiele in verschiedene Ziele<br />
und von verschiedenen<br />
Platzpositionen aus;<br />
Treffen des Balles in unterschiedlichen<br />
Treffpunkten<br />
(hoch, tief, vorne, hinten)<br />
Erläuterungen<br />
Aufgabe: Welche regelrecht vor der Grundlinie<br />
aufkommenden Topspin-Schläge haben<br />
die höchstliegenden Auftreffpunkte am<br />
eingrenzenden Spielfeldzaun (Wand)? Erkennen<br />
der optimalen Dosierung von Drall- und<br />
Druck bei den Topspin-Schlägen.<br />
Zuspiel des Balles erfolgt aus entsprechenden<br />
Entfernungen und Richtungen mit Variation<br />
von Höhe, Geschwindigkeit und Drall; die jeweils<br />
anzuspielenden Zielräume entsprechen<br />
den taktischen Aufgabenstellungen;<br />
Schüler spielt Topspinschläge aus unterschiedlichen<br />
Entfernungen vom Netz, auch nach<br />
entsprechender Laufarbeit; alle Topspin-<br />
Schläge werden auf ihre Anwendungsmöglichkeiten<br />
in der Offensive und der Defensive<br />
des Wettspiels durchgespielt;<br />
Erproben taktischer Variationsmöglichkeiten<br />
entsprechend dem Gegnerverhalten wie z. B.<br />
Aufrücken zum Netz (Topspin kurz cross oder<br />
Topspin Lob usw.).<br />
Aus den so ersichtlichen Stärken und<br />
Schwächen der Schüler lassen sich dann taktische<br />
Grundkonzepte für deren Wettspiel entwickeln;<br />
der Lehrer übernimmt die Rolle des Gegners<br />
und testet und kontrolliert die Wirksamkeit<br />
der Topspin-Schläge seiner Schüler im Wettspiel<br />
und in spielnahen Wettspielformen.<br />
Slice - Vorhand und Rückhand<br />
Schläger von hinten-oben flach<br />
nach vorne-unten zum Treffpunkt<br />
schwingen (Hauptaktion)<br />
Schüler steht in seitlicher Schlagstellung<br />
hinter der T-Linie, der Lehrer wirft den Ball<br />
vom Netz aus zu; Vorhandgriff für Slice mit<br />
Vorhand, Rückhandgriff für Slice mit Rückhand;<br />
der Ball soll in leichtem Bogen zum Lehrer<br />
zurückgespielt werden.<br />
Vor Beginn der Hauptaktion zeigt das Griffende<br />
beim Slice mit Vorhand in Richtung<br />
Netz, beim Slice mit Rückhand zum linken<br />
Netzpfosten.<br />
Abb. 62 Beim Vorhand-Slice zeigt zu<br />
Beginn der Hauptaktion das Griffende zum<br />
Netz bzw. in Schlagrichtung<br />
Abb. 63 Beim Rückhand-Slice zeigt zu<br />
Beginn der Hauptaktion das Griffende zum<br />
linken Netzpfosten bzw. deutlich links zur<br />
Schlagrichtung<br />
Schläger von hinten-oben nach<br />
vorne-unten zu unterschiedlich<br />
hohen und unterschiedlich weit<br />
vor dem Körper liegenden Treffpunkten<br />
schwingen<br />
(Variation der Hauptaktion)<br />
Der Schüler soll den Zusammenhang zwischen<br />
Variation der Hauptaktion und Abflughöhen<br />
und -weiten sowie der Stärke des<br />
Dralls des Balles erfahren:<br />
die Hauptaktion erfolgt einmal flacher, einmal<br />
steiler vorwärts-abwärts, die Stellung der<br />
Schlagfläche im Treffpunkt wird von nahezu<br />
senkrecht bis stark geöffnet variiert;<br />
ein weit vor dem Körper liegender, tiefer<br />
Treffpunkt erfordert eine breite Schlagstellung<br />
und ist besonders günstig zum Erlernen des<br />
Slice.<br />
Abb. 64 Breite Schlagstellung zum Slice mit<br />
einem tiefen Treffpunkt
Anwendung der methodischen Reihen<br />
Aktionen<br />
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung<br />
aus der Schlagstellung;<br />
Gewichtsverlagerung<br />
Erläuterungen<br />
Schüler steht in Schlagstellung hinter der<br />
T-Linie oder in größerem Abstand vom Netz<br />
(Hilfslinie zwischen T- und Grundlinie) und<br />
hält den Schläger vor den Körper;<br />
Lehrer wirft vom Netz aus zu;<br />
Schüler paßt seine Aushol- und Schlagbewegung<br />
dem ankommenden Ball an. Zuwurfvarianten:<br />
Der Ball wird von oben indirekt zugeworfen,<br />
so daß der Schüler den Ball im aufsteigenden<br />
Ast treffen kann.<br />
Bewegung akustisch unterstützen (Taktieren);<br />
die Schlagbewegung wird durch eine deutliche<br />
Gewichtsverlagerung nach vorne-unten<br />
unterstützt;<br />
optische Orientierung für die Richtung der<br />
Schlagbewegung (Markierung auf dem Boden)<br />
und das Ende der Ausschwungbewegung<br />
(Kopf des Zuspielers) geben; Übergang<br />
aus der frontalen Stellung zum Netz in die<br />
Schlagstellung, dann ausholen, schlagen und<br />
ausschwingen.<br />
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung<br />
aus der Bereitschaftsstellung;<br />
Gewichtsverlagerung<br />
Schüler steht in Bereitschaftsstellung hinter<br />
der T-Linie, Lehrer wirft vom Netz aus zu;<br />
zum Ausholen erfolgen Oberkörperdrehung,<br />
Drehschritt und Zurücknehmen des Schlägers<br />
nach hinten-oben gleichzeitig;<br />
Unterstützung für die Kontrolle der Ausholweite<br />
beim Slice mit Rückhand: der Schlägerkopf<br />
berührt den Hals;<br />
zum Ausführen einer guten Gewichtsverlagerung<br />
wird beim Schlag eine breite Schlagstellung<br />
eingenommen und weit nach vorne ausgeschwungen.<br />
Abb. 65 Oberkörperdrehung und Ausholen<br />
zum Rückhand-Slice<br />
Beinarbeit zum Erreichen der entsprechenden<br />
Schlagposition aus<br />
verschiedenen Richtungen sowie<br />
unterschiedlichen Entfernungen<br />
und Schlagen des Balles<br />
Schüler steht in Bereitschaftsstellung hinter<br />
der T-Linie; Lehrer bietet den Ball variabel<br />
an, Schüler läuft zur entsprechenden Position<br />
und schlägt den Ball mit Slice im richtigen<br />
Abstand zum Treffpunkt;<br />
Schulung der Koordination von Beinarbeit<br />
und Schlagbewegung;<br />
Schlagen des Slice in unterschiedlichen Treffpunkthöhen.<br />
Spielen aus der Bereitschaftsstellung<br />
in verschiedene Ziele<br />
und von verschiedenen Platzpositionen<br />
aus; Treffen des Balles<br />
in unterschiedlichen Treffpunkthöhen<br />
Zuspiel des Balles erfolgt aus unterschiedlichen<br />
Richtungen und Entfernungen mit<br />
Variation in Höhe, Länge, seitlichen<br />
Abweichungen und Geschwindigkeit; Schüler<br />
spielt den Slice von unterschiedlichen Platzpositionen,<br />
auch aus größerer Entfernung;<br />
der Ball soll im aufsteigenden wie auch im<br />
absteigenden Ast getroffen werden und<br />
entsprechend der Situation (Platzposition,<br />
ankommender Ball, Stellung des Gegners)<br />
taktisch richtig gespielt werden.<br />
88
Stop<br />
Aktionen<br />
Erläuterungen<br />
Schläger von hinten-oben nach<br />
vorne-unten zum Treffpunkt<br />
bewegen (Hauptaktion)<br />
Schüler steht ca. 3 m vom Netz entfernt in<br />
seitlicher Schlagstellung;<br />
Lehrer wirft den Ball vom Netz aus zu;<br />
der Ball kann auch von oben zugeworfen<br />
werden (siehe Zuspiel S. 35), so daß ihn der<br />
Schüler leichter im aufsteigenden Ast treffen<br />
kann;<br />
die Schlagbewegung ist relativ kurz, der Ball<br />
wird mit offener Schlagfläche getroffen und<br />
soll mit Rückwärtsdrall nach hoher Flugkurve<br />
knapp hinter dem Netz aufkommen;<br />
der Ball kann longline oder cross über das<br />
Netz gespielt werden, die Crossrichtung ermöglicht<br />
es dem Schüler eher, den Ball knapp<br />
hinter das Netz zu spielen.<br />
Abb. 66<br />
Ball wird von oben zugeworfen<br />
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung<br />
aus der Schlagstellung;<br />
Gewichtsverlagerung<br />
Schüler steht ca. 4 m vom Netz entfernt in<br />
Schlagstellung und hält den Schläger vor<br />
den Körper;<br />
bei Zuwurf (Zuspiel) des Balles erfolgt die<br />
Ausholbewegung in einem flachen oberen<br />
bei der Schlagbewegung erfolgt mit dem linken<br />
Bein (Stop mit Vorhand) ein Schritt in<br />
Richtung Treffpunkt;<br />
die Bewegung des Armes (erst abwärts und<br />
dann aufwärts) wird durch die Körperarbeit<br />
(linkes Knie beugen und strecken,<br />
»Knicks«) unterstützt; der Schüler soll das<br />
Gefühl haben, die Schlagfläche um den Ball<br />
zu drehen;<br />
zum Bewußtmachen des geringen Bewegungsumfangs<br />
kann die Bewegung dicht am<br />
Zaun stehend geübt werden;<br />
Schüler spielt den Stop knapp über einen<br />
Schläger, den ein Partner in ca. 1,70 m Höhe<br />
und ungefähr 1,50 m vom Netz entfernt hält,<br />
um zu verdeutlichen, wo der Kulminationspunkt<br />
der Flugkurve beim Stop liegen muß,<br />
damit der Ball knapp hinter dem Netz aufspringt.<br />
Abb. 67 Verdeutlichung des geringen<br />
Bewegungsumfanges durch Ausführen der<br />
Bewegung dicht vor einem Zaun<br />
Abb. 68 Der Stop fliegt knapp über einen<br />
vom Partner gehaltenen Schläger (bewußtmachen,<br />
daß der Kulminationspunkt der<br />
Flugkurve deutlich vor dem Netz liegt)
Anwendung der methodischen Reihen<br />
Aktionen<br />
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung<br />
aus der Bereitschaftsstellung;<br />
Gewichtsverlagerung<br />
Erläuterungen<br />
Schüler steht in Bereitschaftsstellung hinter<br />
der T-Linie;<br />
eine geschlossene Schlagfläche beim Ausholen<br />
erleichtert es dem Schüler, die Schlagund<br />
Ausschwungbewegung entsprechend<br />
gefühlvoll auszuführen;<br />
Lehrer spielt zunächst vom Netz aus zu und<br />
geht dann immer weiter bis zur Grundlinie<br />
zurück;<br />
Schüler muß den Schwung seiner Bewegung<br />
an die schneller ankommenden Bälle anpassen<br />
(Schwung wird geringer).<br />
Schüler steht hinter der T-Linie und hält den<br />
Schläger mit leicht geöffneter Schlagfläche in<br />
den angestrebten Treffpunkt; Lehrer spielt<br />
von der Grundlinie aus zu; Schüler läßt den<br />
Ball im aufsteigenden Ast vom Schläger abprallen<br />
und kontrolliert, wie weit der Ball in<br />
Richtung Netz fliegt; es ist leicht herauszufinden,<br />
mit wie viel (wie wenig) Bewegung<br />
(Schwung) der Schläger zum Treffpunkt kommen<br />
muß, damit der Ball knapp über das<br />
Netz fliegt.<br />
Beinarbeit zum Erreichen der<br />
entsprechenden Schlagposition<br />
aus verschiedenen Richtungen<br />
sowie unterschiedlichen Entfernungen<br />
und Schlagen des Balles<br />
Schüler steht in Bereitschaftsstellung hinter<br />
der T-Linie, Lehrer spielt zunächst vom Netz<br />
aus zu, später von der Grundlinie; Variation<br />
des Zuspiels (links, rechts, kurz, flach, hoch,<br />
Drall);<br />
Schüler versucht, durch Hinlaufen bzw.<br />
Ausweichen den richtigen Abstand zum<br />
Treffpunkt einzunehmen und den Ball im<br />
aufsteigenden Ast zu treffen; der Schwung<br />
der Schlagbewegung muß an die Entfernung<br />
zum Ziel angepaßt werden.<br />
Halbflugball - Vorhand und Rückhand<br />
Schläger mit locker gestrecktem<br />
Arm flach über den Boden<br />
zum Treffpunkt schwingen<br />
(Hauptaktion)<br />
Schüler steht am T-Kreuz in Schlagstellung;<br />
der Schlägerkopf des Schülers befindet sich<br />
knapp über dem Boden ca. 10 cm hinter dem<br />
Treffpunkt zum Halbflugball;<br />
durch ein Ballpendel wird der Treffpunkt<br />
knapp über dem T-Kreuz festgelegt;<br />
der Schläger wird aus der Ruhestellung<br />
(Schlägerunterkante am Boden) zum Treffpunkt<br />
nach vorne geführt; Griffe wie bei den<br />
Grundschlägen-Vorhand und -Rückhand.<br />
Hilfen für das richtige Timing: Üben des Fußball-Drop-Kicks<br />
mit <strong>Tennis</strong>bällen (auch<br />
Mädchen), nach Gelingen des Drop-Kicks mit<br />
der Hand oder einem kurzgefaßten <strong>Tennis</strong>schläger<br />
versuchen, einen Halbflugball zu<br />
spielen; Aufsprung des Balles auf dem Boden<br />
und Treffen des Balles mit dem Schläger sollten<br />
möglichst gleichzeitig erfolgen.<br />
Bewegungsführung (Schlaghand) durch den<br />
Lehrer, der den Ball anwirft oder vom Schüler<br />
anwerfen läßt; zum Erkennen des Rhythmus<br />
(Ballaufsprung/Treffpunkt) stellt der Schüler<br />
den Schläger in den Treffpunkt; der Zuwurf<br />
des Balles erfolgt indirekt gegen die Schlägerfläche.<br />
Abb. 69 Schlagfläche ist im Treffpunkt<br />
leicht geöffnet<br />
Abb. 70 Lehrer wirft den Ball indirekt gegen<br />
die senkrecht auf dem Boden stehende<br />
Schlagfläche<br />
Schläger vorwärts-aufwärts<br />
zum Treffpunktschwingen<br />
(Variation der Hauptaktion)<br />
Halbflugbälle auf leichten, frontalen Ballzuwurf<br />
mit Ballaufsprung an einer markierten<br />
Stelle (T-Kreuz, Linie usw.);<br />
Spiel über das Netz in verschiedene Richtungen<br />
(Ziele, Hindernisse, Hütchen usw.);<br />
Erkennen der Zusammenhänge von Schlagstellung<br />
und Abflugrichtung des Balles.<br />
90
Halbflugball<br />
Aktionen<br />
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung<br />
aus der Schlagstellung;<br />
Gewichtsverlagerung<br />
Erläuterungen<br />
Schüler steht in Schlagstellung hinter dem<br />
T-Kreuz, Lehrer wirft die Bälle so zu,<br />
daß sie auf der T-Linie ca. 1 m von der Mitte<br />
entfernt getroffen werden können;<br />
die Ausholbewegung erfolgt in einem verkürzten<br />
flachen oberen Bogen;<br />
das Hauptaugenmerk ist auf die Beschleunigung<br />
der flachen Schlagbewegung und das<br />
frühe Treffen des Balles nach dem Aufsprung<br />
zu legen;<br />
es findet immer eine Gewichtsverlagerung<br />
auf das stark gebeugte vordere Bein statt,<br />
weil der Ball bei tiefbleibendem Körperschwerpunkt<br />
in Höhe des vorderen Beines<br />
getroffen werden soll;<br />
Übergang aus der frontalen Stellung zum<br />
Netz in die Schlagstellung, dann ausholen,<br />
schlagen und ausschwingen.<br />
Abb. 71 Schlagbewegung verläuft knapp<br />
über dem Boden zum Treffpunkt<br />
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung<br />
aus der Bereitschaftsstellung;<br />
Gewichtsverlagerung<br />
Schüler steht in Bereitschaftsstellung ca. 1 m<br />
hinter dem T-Kreuz; bei Zuwurf des Balles<br />
erfolgen; Drehschritt mit dem treffpunktnäheren<br />
Bein, Oberkörperdrehung und<br />
flacher oberer Bogen des Schlagarms nach<br />
hinten.<br />
Akustische Unterstützung des zeitlich dynamischen<br />
Bewegungsablaufes;<br />
optische Orientierungshilfen für die Lage des<br />
Treffpunktes und für die Richtung der Schlagbewegung<br />
(Linien des Spielfeldes und zusätzliche<br />
Markierungspunkte bzw. -linien);<br />
Ballmaschine für zielgenaues Zuspiel;<br />
Zuwurf kann in hohem Bogen (mehr Zeit)<br />
oder flach (Ballabsprung nicht so hoch) erfolgen<br />
- entscheidend ist, womit der Schüler<br />
besser zurechtkommt.<br />
Beinarbeit zum Erreichen der<br />
entsprechenden Schlagposition<br />
aus verschiedenen Richtungen<br />
sowie unterschiedlichen Entfernungen<br />
und Schlagen des Balles<br />
Ausgangsposition des Schülers ca. 1 m hinter<br />
dem T-Kreuz;<br />
Lehrer spielt langsam und hoch in<br />
verschiedene Zielräume zu, um dem Schüler<br />
genug Vorbereitungszeit für die Halbflugbälle<br />
zu geben;<br />
bei ausreichender Sicherheit des Schülers<br />
werden Halbflugbälle aus normalen Ballwechseln<br />
heraus gespielt, der Schüler trifft die Entscheidung,<br />
welche Bälle er als Grundschläge<br />
und welche er als Halbflugbälle spielt.<br />
Spielen in verschiedene Ziele<br />
und von verschiedenen<br />
Platzpositionen aus;<br />
Spielen des Halbflugballs<br />
aus spielnahen Situationen<br />
Schüler steht in Bereitschaftsstellung zunächst<br />
hinter der T-Linie, später hinter der Grundlinienmitte;<br />
variables Lehrerzuspiel in bezug<br />
auf Höhe, Geschwindigkeit und Drall des Balles;<br />
Spielen der Halbflugbälle longlinie und cross<br />
zur gegnerischen Grundlinie und auch kurz<br />
cross (Topspin) als Passierball;<br />
Schüler muß erkennen und einsehen, daß<br />
Halbflugbälle nicht nur aus Notsituationen,<br />
sondern auch bewußt als Überraschungsschläge<br />
für die Offensive (bei kurzen Bällen<br />
des Gegners) und als Passierbälle eingesetzt<br />
werden können.<br />
91
Leistungsanforderungen als Grundlage des Trainings<br />
92
Leistungsanforderungen<br />
als Grundlage des<br />
Trainings<br />
Die einzelnen Sportarten unterscheiden<br />
sich nicht nur darin, daß<br />
sie verschiedene leistungsbeeinflussende<br />
Faktoren aufweisen,<br />
sondern auch darin, daß dort, wo<br />
sie von gleichen Faktoren beeinflußt<br />
werden, die Ausprägung unterschiedlich<br />
ist. So sind z.B. beim<br />
Rudern andere Faktoren als beim<br />
Bodenturnen von Bedeutung, und<br />
die Anforderungen z.B. an die<br />
Ausdauer sind beim <strong>Tennis</strong> nicht<br />
die gleichen wie beim Tischtennis.<br />
Nur durch gründliche Analysen<br />
der jeweiligen Sportart ist es möglich,<br />
die Bedeutung und hierarchische<br />
Einstufung einzelner Faktoren<br />
festzulegen, um daraus Rückschlüsse<br />
für die Talentsichtung und<br />
Talentförderung sowie für die Planung<br />
und Periodisierung des Trainings<br />
zu ziehen.<br />
Bei der Analyse des <strong>Tennis</strong>spiels<br />
interessieren diejenigen Leistungsvoraussetzungen<br />
und ihre Zusammenhänge,<br />
die für die optimale<br />
Bewältigung der Bewegungsaufgaben<br />
und für das Erreichen der<br />
individuellen Leistungsmöglichkeiten<br />
von Bedeutung sind (Abb. 72).<br />
Abb. 72<br />
Übersicht zu Faktoren der sportlichen Leistungsfähigkeit<br />
Faktoren sportlicher Leistungsfähigkeit<br />
(personinterne Faktoren)<br />
\ Leistungslimitierende Faktoren |^<br />
I (sehr wichtig und wenig kompensierbar)<br />
*•- Leistungsbeeinflussende Faktoren<br />
•(wichtig und mehr oder,,weniger kompensierbar)<br />
- • J 4 • J<br />
><br />
Allgemeine <strong>Tennis</strong> <strong>Tennis</strong> Psychische<br />
koordinative spezifische spezifische Faktoren<br />
Faktoren , koordinative (konditioneile i<br />
! ; Faktoren 1 | Faktoren<br />
JLL. - J •»•"-" •-' * t •;;, ,,<br />
/ *<br />
J y<br />
Rhythmi- Schlag Aktions Motivation<br />
sierungs- techniken schnelligkeit Selbst<br />
* fähigkeit<br />
Reaktions<br />
Beinarbeit ! Schnellkraft •<br />
u.a.<br />
bewußtsein i<br />
Selbstkontrolle<br />
/* - • —<br />
!<br />
1<br />
Psychische<br />
Faktoren<br />
Allgemeine<br />
Intelligenz<br />
u. a.<br />
j -<br />
Allgemeine<br />
konditioneile<br />
Faktoren<br />
><br />
j<br />
Ausdauer<br />
Beweglichkeit<br />
Kraft '<br />
u. a.<br />
fähigkeit<br />
Konzentrations<br />
Orientierungs-<br />
fähigkeit<br />
- fähigkeit \ j Spielintelligenz i<br />
t u. a. ' ! \ [ (Taktik) J<br />
i „„<br />
i<br />
j<br />
Konstitutionelle<br />
Faktoren<br />
Körperproportionen<br />
Größe<br />
Gewicht<br />
u. a.<br />
* -..-.. :. / . ... ...<br />
93
Leistungsanforderungen als Grundlage des Trainings<br />
Es sind konstitutionelle (anthropometrische<br />
und funktionelle) Voraussetzungen<br />
wie Körpergröße,<br />
Gewicht, Körperproportionen, Hebelverhältnisse<br />
und Muskelmasse,<br />
die eine immer bedeutendere<br />
Rolle im Hochleistungstennis spielen.<br />
Dazu kommen koordinative<br />
Voraussetzungen wie allgemeine<br />
Koordinationsfähigkeit als auch<br />
tennisspezifische Voraussetzungen<br />
wie Schlagtechnik und Beinarbeit,<br />
konditioneile Voraussetzungen wie<br />
Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit,<br />
psychische Voraussetzungen wie<br />
Wille, Anspruchsniveau, Härte,<br />
Konzentrationsfähigkeit, Selbstdisziplin,<br />
Antizipation, Spielwitz usw.<br />
Einige dieser Voraussetzungen<br />
sind auch sehr eng mit dem Begriff<br />
der Taktik verbunden. Neben<br />
diesen der Person zukommenden<br />
Voraussetzungen sind auch äußere<br />
Voraussetzungen von Bedeutung,<br />
d.h. der Einfluß der Umwelt, wie<br />
Elternhaus, Freundeskreis, Schule,<br />
Beruf, Trainer, Trainingsmöglichkeiten,<br />
Anfahrtswege usw. All<br />
diese Faktoren zusammen bestimmen,<br />
allerdings in unterschiedlichem<br />
Maße, die sportliche Leistung<br />
des Spielers.<br />
Die folgende tennisspezifische<br />
Bestimmung und Einstufung einzelner<br />
Faktoren wurde aufgrund<br />
umfangreicher Analysen des <strong>Tennis</strong>sports<br />
vorgenommen. Sie wurden<br />
bei Untersuchungen in drei Bereichen<br />
gewonnen:<br />
• Funktionell anatomische und<br />
biomechanische sowie konditioneile<br />
und koordinative Daten<br />
durch allgemeine Untersuchungen<br />
der <strong>Tennis</strong>technik<br />
• Konditionelle und koordinative<br />
Daten durch genaue Analysen<br />
des Wettkampfgeschehens<br />
• Bewegungstechnische und anthropometrische<br />
Daten durch<br />
die Analyse von Weltklassespielern<br />
Im folgenden werden aus diesen<br />
Untersuchungen beispielhaft einige<br />
konditioneile und motorische<br />
Faktoren abgeleitet. Die psychischen<br />
Grundlagen werden ab<br />
Seite 181 näher behandelt.<br />
Physikalische und<br />
biomechanische<br />
Analyse der<br />
<strong>Tennis</strong>technik<br />
Ein besonders hohes Maß an<br />
Koordinationsfähigkeit und<br />
Gewandtheit ist aus folgenden<br />
Gründen erforderlich:<br />
• Die Schlagablaufzeit bis zum<br />
Treffpunkt beträgt ca. 0,5 bis<br />
0,9 Sekunden, wobei sich bei<br />
einzelnen Schlagarten Unterschiede<br />
ergeben.<br />
• Die Kontaktzeit des Balles auf<br />
der Bespannung des Schlägers<br />
beträgt zwischen 0,005 und<br />
0,003 Sekunden, die Kontaktstrecke<br />
dabei max. 12 cm.<br />
• Die Schlägergeschwindigkeit<br />
beim Schlag schwankt von 0 bis<br />
etwa 150 km/h.<br />
• Die Ballgeschwindigkeit erreicht<br />
bei Grundlinienschlägen bis zu<br />
110 km/h und bei Aufschlägen<br />
teilweise über 200 km/h.<br />
• Die Zahl der Ballumdrehungen<br />
ist mit maximal ca. 150 Umdrehungen<br />
pro Sekunde sehr hoch.<br />
Koordinationsfähigkeit ist vor<br />
allem im Kindes- und frühen Jugendalter<br />
optimal trainierbar und<br />
muß deswegen in das Jugendtraining<br />
einbezogen werden.<br />
Die beabsichtigte hohe Ballgeschwindigkeit<br />
vor allem bei Aufschlägen<br />
und harten Schlägen erfordert<br />
die Fähigkeit, eine situationsbedingte<br />
Schlägerbeschleunigung<br />
bis zur optimalen Schlägergeschwindigkeit<br />
zu erzielen, was<br />
neben guter Koordinationsfähigkeit<br />
vor allem Aktionsschnelligkeit<br />
und Schnellkraft verlangt.<br />
Die hohe Aufprallkraft des Balles<br />
auf dem Schläger und die sehr<br />
kurze Gesamtkontaktzeit Ball-<br />
Schläger verursachen große Belastungen<br />
im Unterarm; deshalb<br />
sind Schnellkraft und Schnellkraftausdauer<br />
erforderlich.<br />
Dem speziellen und altersspezifischen<br />
Krafttraining muß daher im<br />
Trainingsprozeß ein hoher Stellenwert<br />
eingeräumt werden.<br />
Die durchschnittlichen Flugzeiten<br />
des Balles bei Grundlinienschlägen<br />
von 1 bis 1,5 Sekunden und die<br />
mittleren Ballgeschwindigkeiten<br />
zeigen, daß ausreichend Zeit für<br />
die Vorbereitung des Schlages<br />
gegeben ist und daß die eigentliche<br />
Ausholbewegung mit dem<br />
Arm erst in Zusammenhang mit<br />
der Schlagablaufzeit relativ spät<br />
(beim Aufsprung des Balles)<br />
beginnen kann.<br />
Die Geschwindigkeit des Balles<br />
beim Aufschlag (über 200 km/h)<br />
und beim Passierball (bis 110<br />
km/h) erfordern ein gutes Antizipationsvermögen<br />
sowie sehr gute<br />
Reaktionszeit und große Aktionsschnelligkeit<br />
und Schnellkraft.<br />
Auch diese Erkenntnisse führen zu<br />
der Feststellung, daß situationsbedingte<br />
Koordinationsfähigkeit regelmäßig<br />
trainiert werden muß.<br />
Analyse des Wettkampfgeschehens<br />
Die Belastung in einem <strong>Tennis</strong>match<br />
ist intervallartig:<br />
• Das Verhältnis von durchschnittlicher<br />
Spielzeit (Zeitdauer,<br />
in der Ballwechsel stattfinden)<br />
zur Gesamtzeit des<br />
Matches ist je nach Platzoberfläche<br />
ca. 1:2 bis 1:5.<br />
94
Physikalische und biomechanische Analyse der <strong>Tennis</strong>technik<br />
• Ein Ballwechsel auf Sandplätzen<br />
dauert im Durchschnitt<br />
8 Sekunden, auf Rasen und<br />
schnellen Hartplätzen ist er wesentlich<br />
kürzer, teilweise sogar<br />
nur noch 2 bis 3 Sekunden, die<br />
darauffolgende Pause beträgt<br />
im Mittel ca. 20 Sekunden.<br />
Das ermöglicht in der Regel genug<br />
Regenerationszeit, auch zwischen<br />
den Ballwechseln. Der durchschnittliche<br />
Laufweg von 1500 m<br />
pro Match bei zwei Gewinnsätzen<br />
läßt auf eine mittlere Beanspruchung<br />
im Ausdauerbereich<br />
schließen. Die anaerobe alaktazide<br />
Arbeitsweise während der Ballwechsel<br />
überwiegt.<br />
Die längste Sprintstrecke geradeaus<br />
beim <strong>Tennis</strong>match übersteigt<br />
praktisch kaum 14 m. Die durchschnittliche<br />
Strecke liegt bei 4 m.<br />
Das bedeutet, daß der <strong>Tennis</strong>spieler<br />
eine andere Schnelligkeitsart<br />
benötigt als z. B. ein 100-m- oder<br />
200-m-Sprinter.<br />
Die tennisspezifische Schnelligkeit<br />
setzt sich zusammen aus:<br />
• Antrittsvermögen, Startkraft,<br />
Schnellkraft (Explösionskraft,<br />
konzentrische Muskelarbeit)<br />
• Beschleunigungsvermögen,<br />
beschleunigende Muskelkraft,<br />
Schnellkraft (Kraftschnelligkeit)<br />
• Bewegungsausführung, Bewegungsschnelligkeit,<br />
Aktionsschnelligkeit<br />
• Bremskraft vor einem Richtungswechsel<br />
(exzentrische<br />
Muskelarbeit)<br />
Die wichtigste Schnelligkeitsart ist<br />
die Kraftschnelligkeit. Mit ihrer<br />
Hilfe werden kurze Entfernungen<br />
überwunden. Die Startkraft kann<br />
durch ein optimales Antizipationsvermögen<br />
und eine ausgezeichnete<br />
Reaktionszeit teilweise kompensiert<br />
werden, und für die<br />
Durchführung des Schlages ist in<br />
der Regel genug Zeit vorhanden.<br />
Im Hinblick auf die Verteilung der<br />
60<br />
50 -\<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10 H<br />
A Häufigkeit/Match<br />
in%<br />
243<br />
II<br />
340<br />
408<br />
• 4<br />
i<br />
j \<br />
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1<br />
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Becker<br />
_J Sand t ,^d Halle ) Rasen<br />
252<br />
232 i<br />
fA<br />
156<br />
140<br />
«I<br />
66 f~A<br />
505<br />
309<br />
( A<br />
Ü157<br />
Aufschlag Return Volley Grundlinienschlag<br />
Abb. 73 Durchschnittliche Häufigkeit der verschiedenen Schlagkategorien in<br />
Abhängigkeit vom Bodenbelag bei Boris Becker (der statistische Mittelwertvergleich<br />
bezieht sich jeweils auf die Sandplatz-Ergebnisse)<br />
angewendeten Schläge ergeben<br />
die Matchanalysen (Weltklasse -<br />
Herren) auf Sandplätzen durchschnittlich:<br />
Grundschläge ca. 55%<br />
Return ca. 15%<br />
Aufschlag ca. 23%<br />
Flugball ca. 4%<br />
sonstige Schläge ca. 3%<br />
Auf Hartplätzen, Teppichböden<br />
und vor allem auf Rasen ändert<br />
sich die prozentuelle Aufteilung,<br />
wobei Aufschlag, Return und<br />
Flugball an Dominanz gewinnen.<br />
Als Beispiel hierfür kann man die<br />
unterschiedliche Prozentaufteilung<br />
bei Boris Becker aufführen<br />
(Abb. 73).
Leistungsanforderungen als Grundlage des Trainings<br />
Leistungsphysiologische<br />
Aspekte<br />
Effektive<br />
Belastungszeit<br />
Die effektive (reale) Spielzeit beträgt<br />
bei <strong>Tennis</strong>wettkämpfen im<br />
Durchschnitt ca. 20 bis 25% der<br />
Gesamtspielzeit. Die Spielzeit pro<br />
Ballwechsel dauert auf Sandplätzen<br />
im Mittel 7 bis 10 Sekunden<br />
mit einem Häufigkeitsgipfel zwischen<br />
3 bis 7 Sekunden.<br />
Die Ballwechsel sind um so kürzer,<br />
je schneller und je flacher der Ball<br />
vom Untergrund abspringt: Auf<br />
Rasenplätzen und schnellen Hallenböden<br />
liegt die durchschnittliche<br />
Spielzeit pro Ballwechsel ca.<br />
30 bis 50% niedriger als auf Sandplätzen.<br />
In Einzelfällen werden -<br />
vor allem beim Aufeinandertreffen<br />
spezieller Spielertypen - Extremwerte<br />
erreicht, wie sie im Jahr<br />
1991 bei den beiden Finalspielen<br />
in Wimbledon zwischen Stich und<br />
Becker einerseits und in Paris zwischen<br />
Agassi und Courier andererseits<br />
erzielt wurden: Im Wimbledon<br />
auf Rasen betrug die reale<br />
Spielzeit 3:42 Minuten pro Stunde<br />
und ein Ballwechsel dauerte im<br />
Mittel 2,65 Sekunden; auf Sand in<br />
Paris betrug die effektive Spielzeit<br />
14:56 Minuten pro Stunde und<br />
ein Ballwechsel war im Durchschnitt<br />
erst nach 10 Sekunden zu<br />
Ende.<br />
Wegen der Kürze der Ballwechseldauer<br />
und aufgrund vorwiegend<br />
submaximaler, muskulärer<br />
Beanspruchungen bei längeren<br />
Ballwechseln wird der anaerobe,<br />
laktazide Stoffwechselweg (über<br />
die Glykolyse) wenig in Anspruch<br />
genommen, so daß der Milchsäuregehalt<br />
bzw. -anstieg in der Arbeitsmuskulatur<br />
im Normalfall gering<br />
bleibt. Der Milchsäurespiegel<br />
(Laktat) im arterialisierten Blut beträgt<br />
in der Regel 2 bis 3 mmol/l<br />
und überschreitet nur in Ausnahmesituationen<br />
kurzfristig 4 mmol/l.<br />
Die Länge der einzelnen Spielpausen<br />
zwischen den Ballwechseln<br />
(maximal 25 Sekunden nach der<br />
Wettspielordnung) reicht normalerweise<br />
aus, um über aerobe<br />
Stoffwechselprozesse das zur kurzfristigen<br />
Energiebereitstellung notwendige<br />
Potential der energiereichen<br />
Phosphate (Adenosintriphosphat<br />
und Kreatinphosphat) nahezu<br />
vollständig in der Arbeitsmuskulatur<br />
wieder aufzubauen.<br />
Wegen der langen Gesamtspielzeitdauer,<br />
die auch beim Spiel auf<br />
zwei Gewinnsätze mehr als drei<br />
Stunden betragen kann, und zur<br />
effektiven Steigerung des Belastungsumfanges<br />
im <strong>Tennis</strong>training<br />
bedarf es der Entwicklung einer<br />
soliden Grundlagenausdauer. Eine<br />
hohe spezifische Ausdauerleistungsfähigkeit<br />
hat ferner den<br />
Vorteil, daß in Belastungsphasen<br />
hoher Intensität (Reizhöhe und<br />
Reizdichte) die Laktatproduktion<br />
(Milchsäurebildung) begrenzt<br />
bleibt und in der Ballwechselpause<br />
eine rasche Regeneration der<br />
energiereichen Phosphate erfolgen<br />
kann. Hiermit wird eine Milchsäureanhäufung<br />
in der Arbeitsmuskulatur<br />
verhindert, so daß das Optimum<br />
der koordinativen Leistungsfähigkeit<br />
und der Schnellkraft über<br />
die gesamte Wettkampfzeit erhalten<br />
bleibt. Letzteres gilt in gleicher<br />
Weise für das Training, dessen<br />
Qualität und Quantität einen<br />
bedeutsamen Einfluß auf die<br />
Leistungsfähigkeit im Wettkampf<br />
ausübt.<br />
Herzfrequenz<br />
Die durchschnittliche Herzfrequenz<br />
beträgt im Verlauf von <strong>Tennis</strong>wettkämpfen<br />
bei <strong>Tennis</strong>spielern<br />
unterschiedlicher Leistungskategorien<br />
und Altersklassen im Mittel<br />
zwischen 140 bis 150 Schlägen<br />
pro Minute. Beim weiblichen Geschlecht<br />
liegt die durchschnittliche<br />
Pulsfrequenz um 5 bis 10 Schläge<br />
höher. Die unregelmäßigen<br />
Schwankungen der Herzfrequenz<br />
dokumentieren die stetig wechselnde<br />
Reizhöhe, Reizdauer und<br />
Reizdichte der Belastung beim<br />
<strong>Tennis</strong>spiel. Ähnlich wie bei intensiver<br />
Intervallarbeit werden auch<br />
im <strong>Tennis</strong> Herzfrequenzen erreicht,<br />
die teilweise das individuelle Maximum<br />
(z.B. 170 bis 190 Schläge<br />
bei Erwachsenen und über 200<br />
Schläge pro Minute bei Kindern)<br />
erreichen. Der Herzfrequenzanstieg<br />
ist teilweise auch Ausdruck<br />
einer erhöhten psychischen Beanspruchung:<br />
Unmittelbar vor dem<br />
Aufschlag oder vor einer spielentscheidenden<br />
Phase (Breakball/<br />
Satzball) stellen wir kurzfristige<br />
Herzfrequenzsteigerungen um<br />
10 bis 30 Schläge fest.<br />
Herz-Kreislauf-System<br />
Durchschnittswerte von Herzfrequenz,<br />
Blutdruck, Blutlaktat und<br />
Nettospielzeit sprechen für eine<br />
Belastungsintensität von ca. 45<br />
bis 60% der maximalen Leistungsfähigkeit<br />
des Herz-Kreislauf-<br />
Systems während eines <strong>Tennis</strong>wettkampfes.<br />
Leistungsstarke<br />
Grundlinienspielerwerden im<br />
Mittel höher beansprucht, so daß<br />
sie den für ein wirksames Gesundheitstraining<br />
wünschenswerten<br />
Intensitätsbereich, der bei ca. 60<br />
bis 75% der maximalen Kreislaufleistungsfähigkeit<br />
liegt, eher<br />
erreichen.<br />
96
Leistungsphysiologische Aspekte<br />
Eine Erhöhung der Reizsetzung<br />
auf das Herz-Kreislauf-System hat<br />
zur Folge, daß der optimale Intensitätsbereich<br />
für eine Verbesserung<br />
der Ausdauerleistungsfähigkeit erreicht<br />
wird. Hiermitsind allerdings<br />
auch Belastungsüberforderungen<br />
möglich, deren Ausmaß speziell im<br />
Sportspiel <strong>Tennis</strong> nur schwer vorhersehbar<br />
und steuerbar ist. Diese<br />
Gratwanderung zwischen positiven<br />
Effekten auf Gesundheit und<br />
Leistung einerseits sowie Schädigungsmöglichkeiten<br />
insbesondere<br />
für Herz und Gefäßsystem andererseits<br />
wird besonders schwierig<br />
bei älteren Spielern mit geringem<br />
Trainingszustand sowie bei allen<br />
Personen mit (teilweise noch unerkannten)<br />
Stoffwechsel- und Herz-<br />
Kreislauf-Krankheiten (z. B.<br />
Zuckerkrankheit, Bluthochdruck,<br />
fortgeschrittene Arteriosklerose).<br />
Steigerungen des systolischen<br />
Blutdrucks auf Werte über 250<br />
mm Hg unter Wettkampfbedingungen<br />
sowie unvermeidliche Verschiebungen<br />
im Elektrolythaushalt<br />
(z.B. Magnesium im Serum unter<br />
0,70 mmol/1) bei längerdauernden<br />
Wettkämpfen unter Hitzebedingungen<br />
können speziell für letztgenannten<br />
Personenkreis ernsthafte<br />
akute Gefahren für die Gesundheit<br />
(z. B. Herztod auf dem<br />
<strong>Tennis</strong>platz) provozieren.<br />
Energiestoffwechsel<br />
Je intensiver die Beanspruchungsqualität<br />
der einzelnen Ballwechsel<br />
ist, um so stärker wird der Kohlenhydratstoffwechsel<br />
aktiviert. Je<br />
länger Reizdauer und je geringer<br />
Reizhöhe und -dichte der einzelnen<br />
Ballwechsel bzw. des ganzen<br />
Wettkampfes sind, desto mehr<br />
tritt der Fettstoffwechsel in den<br />
Vordergrund. Die Analyse entsprechender<br />
Stoffwechsel-Zwischenprodukte<br />
während eines<br />
<strong>Tennis</strong>wettkampfes weist darauf<br />
hin, daß bei einem <strong>Tennis</strong>wettkampf<br />
auf Sandplätzen die Energie<br />
vorrangig über den Abbau von<br />
Kohlenhydraten (ca. 50 bis 75%)<br />
und erst in zweiter Linie über den<br />
Abbau von Fetten (ca. 25 bis<br />
50%) bereitgestellt wird.<br />
Mit einem Abfall des Blutzuckerspiegels<br />
im Verlauf eines <strong>Tennis</strong>wettkampfes<br />
oder <strong>Tennis</strong>trainings<br />
üblicher Zeitdauer (1 bis 2 Stunden)<br />
ist nur zu rechnen, wenn die<br />
Kohlenhydratspeicher (in Arbeitsmuskulatur<br />
und Leber) vor Wettkampfbeginn<br />
nicht entsprechend<br />
angefüllt waren oder durch unmittelbar<br />
vorhergehende intensive<br />
Trainings- bzw. Wettkam pfbelastungen<br />
entleert wurden. Folglich<br />
müssen nach intensivem <strong>Tennis</strong>träining<br />
sowie im Verlauf eines<br />
<strong>Tennis</strong>turniers die Glykogendepots<br />
(Speicherform der Kohlenhydrate<br />
als Stärke in Leber und Arbeitsmuskulatur)<br />
durch kohlenhydratbetonte<br />
Kost zügig und umfangreich<br />
aufgefüllt werden. Bei rascher<br />
Trainings- und Wettkampffolge<br />
sind für die Erhaltung der<br />
Leistungsfähigkeit leicht verdauliche,<br />
kohlenhydratreiche Zwischenmahlzeiten<br />
empfehlenswert.<br />
Spieler und Spielerinnen mit Neigung<br />
zur Unterzuckerung sollten<br />
im Rahmen der üblichen Mannschaftswettkämpfe<br />
im unmittelbaren<br />
Anschluß an ihr Einzel eine<br />
kaliumreiche Kohlenhydratzufuhr<br />
in Verbindung mit Flüssigkeit<br />
aufnehmen, damit im folgenden<br />
Doppel kein unerwünschter<br />
Leistungsabfall eintreten kann.<br />
Flüssigkeitsund<br />
Elektrolytverluste<br />
Vornehmlich aufgrund der<br />
Schweißsekretion führen <strong>Tennis</strong>training<br />
und vor allem <strong>Tennis</strong>wettkämpfe<br />
(wegen erhöhter psychischer<br />
Beanspruchung) zu teilweise<br />
erheblichen Flüssigkeits- und Elektrolytverlusten.<br />
Die Gewichtsabnahme<br />
bei einem <strong>Tennis</strong>wettkampf<br />
von 90 Minuten Dauer beträgt<br />
bei Männern im Durchschnitt<br />
zwischen 1,5 und 2,5 kg, obwohl<br />
im Durchschnitt ca. 0,5 I Flüssigkeit<br />
aufgenommen wird; Frauen<br />
verlieren etwa 50 bis 70% dieser<br />
Menge.<br />
Im Blut stellen wir im Verlauf eines<br />
<strong>Tennis</strong>wettkampfes einen hoch<br />
signifikanten Abfall von Kalium<br />
und Magnesium bei gleichzeitigem<br />
Anstieg von Natrium und<br />
Kalzium ohne wesentliche Veränderungen<br />
des Plasmavolumens<br />
fest. Folglich ist in erster Linie eine<br />
reichliche Wasserzufuhr in Kombination<br />
mit speziellen Elektrolyten<br />
und gegebenenfalls unter Anreicherung<br />
von Kohlenhydraten (5<br />
bis 20%) besonders empfehlenswert.<br />
Aufgrund der Schweißverluste,<br />
der häufig mangelhaften<br />
Zufuhr in der Nahrung (Magnesium)<br />
und vor allem aufgrund<br />
ihrer Bedeutung im Stoffwechsel<br />
und für die Funktion sowie Regeneration<br />
der Arbeitsmuskulatur<br />
ist die Zufuhr von Magnesium<br />
und Kalium besonders wichtig.<br />
Entsprechende Hinweise zur<br />
gezielten Aufnahme solcher leistungsbegrenzenden<br />
Stoffe aus<br />
dem Salz-Wasser-Haushalt werden<br />
im Kapitel »Ernährung« näher<br />
erläutert.<br />
Psychische<br />
Anforderungen<br />
Verhaltensformen (und somit auch<br />
Leistungen) entstehen aus der<br />
Wechselwirkung zwischen den<br />
Bedingungen des Individuums<br />
(des Spielers) und seiner Umwelt,
Leistungsanforderungen als Grundlage des Trainings<br />
d. h. r sie beruhen auf der Wechselwirkung<br />
zwischen den sachgegebenen<br />
Anforderungen (des <strong>Tennis</strong>spiels)<br />
und den Möglichkeiten des<br />
Individuums, sich mit diesen Anforderungen<br />
auseinandersetzen zu<br />
können. Psychische Anforderungen<br />
im <strong>Tennis</strong> ergeben sich also<br />
aus den sachstrukturellen Bedingungen,<br />
die im <strong>Tennis</strong> gegeben<br />
sind. Solche sachstrukturellen<br />
Bedingungen sind beispielsweise<br />
die vielfältigen Interaktionen mit<br />
dem Gegner oder auch die Regelbedingungen.<br />
Interaktionen<br />
Interaktionen mit dem Gegner<br />
sind in ihrem Verlauf nicht festlegbar,<br />
vielmehr werden sie vor allem<br />
durch die wechselseitig sich beeinflussenden<br />
Spielintentionen der<br />
beiden Spieler (aber auch durch<br />
ihre Körpersprache) bestimmt. Im<br />
<strong>Tennis</strong> ist es deshalb wichtig, das<br />
Verhalten des Gegners, die Stärken<br />
und Schwächen seiner Technik<br />
und Taktik, aber auch seiner Kondition<br />
und Psyche, angemessen<br />
wahrnehmen und einsichtig<br />
(intelligent) deuten zu können; es<br />
ist aber auch wichtig, den Gegner<br />
durch die eigene Taktik und Körpersprache<br />
so zu beeinflussen<br />
(Dominanzverhalten), daß die<br />
eigenen Ziele erreicht werden<br />
können.<br />
Spielregeln<br />
Die Spielintentionen sind eingerahmt<br />
durch die konstanten Bedingungen<br />
der Spielregeln. Hier<br />
sind vor allem die Zählweise und<br />
die Spielpausen zu nennen.<br />
Psychologisch besonders interessant<br />
ist im <strong>Tennis</strong>, daß jedes einzelne<br />
Spiel in jedem Satz mit mindestens<br />
zwei Punkten gewonnen<br />
werden muß und daß das Zählen<br />
nach jedem abgeschlossenen Satz,<br />
unabhängig davon, wie er endete,<br />
von neuem beginnt. Besonders die<br />
Zähleinheit »Spiel« gibt dem Ablauf<br />
eines Matches eine eigene<br />
Charakteristik. Im Unterschied zu<br />
Tischtennis, wo z.B. ein 8:20-<br />
Rückstand kaum mehr aufzuholen<br />
ist, weil sich für den führenden<br />
Spieler ein Punkt fast zwangsläufig<br />
noch ergeben wird, kann dies im<br />
<strong>Tennis</strong> vergleichsweise bei einem<br />
1:6, 2:5-Rückstand sehr wohl<br />
noch der Fall sein. Dadurch<br />
kommt dem jeweiligen Spielstand<br />
und der Frage, ob man mehr auf<br />
Risiko oder mehr auf Sicherheit<br />
spielen soll, ob noch Hoffnung<br />
trotz Rückstand bzw. Skepsis trotz<br />
Vorsprung angebracht ist usw., erhöhte<br />
psychologische Bedeutung<br />
zu, obwohl im Blick auf das Endergebnis<br />
prinzipiell jeder Punkt<br />
gleich bedeutend ist.<br />
Optimismus (Zuversicht) und<br />
Selbstvertrauen spielen deshalb im<br />
<strong>Tennis</strong> eine große Rolle.<br />
Von großer psychologischer Bedeutung<br />
ist auch, daß nach jedem<br />
Ballwechsel eine Pause gegeben<br />
ist (bis zu 25 bzw. 30 Sek.) und<br />
daß (mit Ausnahme nach dem ersten<br />
Spiel im Satz und nach dem<br />
Tie-Break) nach zwei Spielen die<br />
Seiten gewechselt werden, was<br />
mit maximal 90 Sekunden Pause<br />
verbunden ist. Denn jede Pause<br />
bietet zwar einerseits die Möglichkeit,<br />
sich von der vorherigen Anstrengung<br />
und Anspannung zu erholen;<br />
andererseits bedeutet jede<br />
Pause aber auch, daß der Wettkampf<br />
immer wieder von neuem<br />
aufgenommen werden muß, so<br />
daß jede Pause zu einem neuen<br />
Vorstartzustand führen kann, auf<br />
den sich die Spieler psychisch einstellen<br />
müssen.<br />
Im <strong>Tennis</strong> muß deshalb nicht nur<br />
grundsätzlich eine hohe Leistungsbereitschaft<br />
gegeben sein; diese<br />
Leistungsbereitschaft (Leistungsmotivation)<br />
muß auch immer<br />
wieder von neuem aufgebracht<br />
werden, d. h., die Spieler müssen<br />
sich nach jeder Pause von neuem<br />
motivieren und diese Motivation<br />
während des Ballwechsels aufrechterhalten.<br />
Je größer die Belastung<br />
über das gesamte Match ist<br />
(z.B. in einem langandauernden<br />
und ermüdenden Match), desto<br />
mehr muß auch der Wille eingesetzt<br />
werden, um mit inneren Widerständen<br />
fertig werden zu können<br />
und um somit die Leistungsbereitschaft<br />
nicht erlahmen zu<br />
lassen. Da jeder Ballwechsel entweder<br />
mit einem Punktgewinn<br />
oder mit einem Punktverlust endet<br />
und viele Ballwechsel dramatisch<br />
enden, ergeben sich im <strong>Tennis</strong><br />
besonders häufig Streß-Situationen.<br />
Die Spielpausen stellen also<br />
nicht nur Vorstartzustände dar, sie<br />
dienen zugleich (bzw. zuvor) auch<br />
der Streß-Verarbeitung.<br />
Dies bedeutet, daß im <strong>Tennis</strong> ein<br />
großes Maß an Streß-Toleranz,<br />
psychischer Stabilität. Selbstkontrolle<br />
und Streß-Verarbeitungsfähigkeit<br />
gefordert sind.<br />
Variable<br />
äußere Bedingungen<br />
Die Spielintentionen sind auch<br />
eingerahmt durch variable Bedingungen<br />
wie Witterung, Zuschauer<br />
und Bodenbeschaffenheit, auf die<br />
sich die Spieler ebenfalls psychisch<br />
einstellen müssen.<br />
Häufig ergeben sich hierbei gravierende<br />
Streß-Zustände.<br />
<strong>Tennis</strong>technik<br />
Schließlich ist noch darauf hinzuweisen,<br />
daß es im <strong>Tennis</strong> besonders<br />
schwierig ist (aufgrund des<br />
relativ schnell fliegenden Balles,<br />
98
Analysen von Weltklassespielern<br />
des Treffens des Balles außerhalb<br />
der Hand mit Hilfe eines Schlägers<br />
und der Spielfeldmaße), den Ball<br />
so zu treffen, daß der gewünschte<br />
Ballflug bezüglich Richtung, Höhe,<br />
Länge und Rotation erreicht werden<br />
kann. Die Treffschwierigkeit<br />
wird im Match um so größer, je<br />
schneller der Ball auf den Spieler<br />
zufliegt, je anspruchsvoller die mit<br />
dem Treffen des Balles verbundenen<br />
Ziele des Spielers sind und je<br />
mehr der Spieler physisch und<br />
psychisch belastet ist. Diese<br />
Schwierigkeit und die Interaktion<br />
mit dem Gegner bringen große<br />
kognitive Anforderungen mit sich.<br />
D. h., es ist die Fähigkeit gefordert,<br />
den Ball, den Gegner und die<br />
eigene Position richtig wahrzunehmen<br />
und sich auf das Treffen des<br />
Balles konzentrieren zu können<br />
sowie die Fähigkeit, durch taktisch<br />
richtiges Handeln (Spielintelligenz)<br />
die eigenen Spielintentionen<br />
durchzusetzen.<br />
Analysen<br />
von Weltklassespielern<br />
Weltklassespielerinnen und<br />
-Spieler können in vier Spielertypen<br />
eingeteilt werden.<br />
& aaH©= anti) ^fflte-sjMa?<br />
Sie zeichnen sich durch folgende<br />
Merkmale aus:<br />
• Sehr starker erster Aufschlag,<br />
mit welchem Returnfehler erzwungen<br />
oder direkte Punkte<br />
gemacht werden können.<br />
• Sowohl der erste als auch der<br />
zweite Aufschlag stellen den<br />
Retournierenden unter permanenten<br />
Druck, so daß der Aufschläger<br />
die Mehrzahl der ersten<br />
Flugbälle in relativ optimaler<br />
Position spielen kann.<br />
• Hohe Prozentzahl erfolgreicher<br />
erster Flugbälle.<br />
• Sehr gute Wahrnehmung und<br />
Antizipation vergrößern erheblich<br />
die Chancen zum Abfangen<br />
der gegnerischen Passierschläge<br />
am Netz. Dadurch wird der<br />
Gegner derart unter Druck gesetzt,<br />
daß sich auch seine Fehlerquote<br />
zwangsläufig deutlich<br />
erhöht.<br />
• Starker Schmetterball aus allen<br />
Lagen.<br />
• Sehr gut ausgeprägte Sprungkraft,<br />
gepaart mit hervorragender<br />
Gleichgewichtsfähigkeit.<br />
Im Weltklassebereich wird diese<br />
Spielergruppe (zur Zeit vor allem<br />
durch Edberg repräsentiert), die<br />
auf allen Belägen (auch auf Sand)<br />
Serve und Volley spielt, allerdings<br />
immer kleiner.<br />
%> (foffröttterttate?<br />
Sie zeichnen sich durch folgende<br />
Merkmale aus:<br />
• Fähigkeit, je nach Platzbelag<br />
Serve und Volley oder auch von<br />
der Grundlinie aus zu spielen.<br />
• Hohe Sicherheit und Präzision<br />
in den Grundlinienschlägen und<br />
beim Return.<br />
• Fähigkeit, ständig aus unmittelbarer<br />
Grundliniennähe zu spielen<br />
und die Bälle regelmäßig im<br />
Kulminationspunkt oder davor<br />
zu treffen.<br />
• Fähigkeit, vom Gegner kürzer<br />
gespielte Bälle zu attackieren,<br />
d.h., daraus direkte Punkte<br />
(Winner) zu machen oder<br />
Angriffsschläge zu spielen und<br />
ans Netz vorzurücken.<br />
• Sehr gute koordinative Fähigkeiten<br />
und ausgezeichnete konditionelle<br />
Voraussetzungen.<br />
Die Gruppe dieser Spielerinnen<br />
und Spieler ist im heutigen <strong>Tennis</strong><br />
relativ stark vertreten und gehört<br />
zu der erfolgreichsten im Welttennis.<br />
Namen wie Becker, Ivanisevic,<br />
Krajicek, Sampras, Stich oder<br />
Novotna, Sabatini, Sukova und<br />
viele mehr beweisen dies. Es ist<br />
sehr interessant, daß in dieser<br />
Kategorie fast ausschließlich Spielerinnen<br />
und Spieler sind, die die<br />
Rückhand einhändig spielen.<br />
äQxuBÄö^iäm?<br />
Sie zeichnen sich durch folgende<br />
Merkmale aus:<br />
• Sichere und aggressive Grundlinienschläge<br />
mit Vorhand und<br />
Rückhand.<br />
• Fähigkeit, das Spiel von der<br />
Grundlinie aus zu kontrollieren<br />
und den Gegner permanent<br />
unter Druck zu setzen.<br />
• Fähigkeit, in Grundliniennähe<br />
und davor zu spielen und die<br />
Bälle möglichst oft im Kulminationspunkt<br />
oder davor (auch als<br />
Halbflugball) zu treffen.<br />
• Hohe Präzision auch bei hoher<br />
Ballgeschwindigkeit.<br />
• Sehr gutes Winkelspiel.<br />
• Fähigkeit, aggressive und trotzdem<br />
sichere Returns zu<br />
schlagen.<br />
• Fähigkeit, sehr gute Passierschläge<br />
zu schlagen.<br />
• Hohe Schnelligkeit und sehr<br />
gute Gleichgewichtsfähigkeit.<br />
Diese Gruppe wird immer größer,<br />
und vor allem die jüngste Generation<br />
tendiert zu dieser Spielweise.<br />
Spielerinnen und Spieler wie Graf,<br />
Hingis, Huber, Pierce, Sanchez-<br />
Vicario bei den Damen bzw.<br />
Agassi, Chang, Courier, Kafelnikov,<br />
Medvedev bei den Herren<br />
dokumentieren diese Behauptung.<br />
Im Gegensatz zu der Gruppe der<br />
Ganzplatzspieler dominieren hier<br />
mit wenigen Ausnahmen (z. B.<br />
Graf) diejenigen, die die Rückhand<br />
beidhändig spielen.
Leistungsanforderungen als Grundlage des Trainings<br />
Analysen von Weltklassespielern<br />
Spielern ist unverkennbar. Denn<br />
ein guter Flugball ist immer noch<br />
die beste Möglichkeit, zu einem<br />
sicheren Punktgewinn zu kommen.<br />
Daß heutzutage jeder gute <strong>Tennis</strong>spieler<br />
über einen ausgezeichneten<br />
Aufschlag verfügen muß, steht<br />
außer Zweifel. Um so mehr<br />
wächst die-Bedeutung eines guten<br />
Returns. Der Return ist sicher der<br />
wichtigste Schlag. Vor allem bei<br />
Spielern mit gleichwertigen Aufschlägen,<br />
was heute immer häufiger<br />
vorkommt, ist er matchentscheidend.<br />
Um diese Techniken des modernen<br />
<strong>Tennis</strong> perfekt zu beherrschen,<br />
sind Koordinationsfähigkeiten<br />
und das Beachten von biomechanischen<br />
Prinzipien und Regeln<br />
von enormer Wichtigkeit. Mängel<br />
in diesen Bereichen verursachen<br />
verringerte Ballgeschwindigkeit,<br />
Präzision und Sicherheit.<br />
Auch die anthropometrischen Voraussetzungen<br />
spielen eine bedeutendere<br />
Rolle als früher. Die<br />
durchschnittliche Größe der ersten<br />
15 der ATP-Rangliste bei den<br />
Männern ist derzeit ca. 187,5 cm,<br />
der ersten 15 der Damenweltrangliste<br />
ca. 172,5 cm. Es fällt auf, daß<br />
unter den ersten 15 Herren nur<br />
ein Spieler unter 180 cm Größe zu<br />
finden ist (Michael Chang). Der<br />
Durchschnitt der ersten zehn ist<br />
dagegen etwa 187 cm, und der<br />
Durchschnitt der ersten fünf liegt<br />
sogar bei 188 cm.<br />
Bei den Damen ist der Durchschnitt<br />
der ersten fünf 174 cm.<br />
Daraus läßt sich ableiten, daß die<br />
durchschnittliche Körpergröße in<br />
Richtung Spitze steigt und daß die<br />
großen Spieler und Spielerinnen in<br />
der Weltklasse dominieren.<br />
Es liegt also der Schluß nahe, daß<br />
schon bei der Talentsuche die<br />
zukünftige Körpergröße der<br />
Spieler und Spielerinnen berücksichtigt<br />
werden sollte.<br />
Auch der Periodisierung, d.h. der<br />
richtigen Planung von Training,<br />
Wettkampf und Regeneration<br />
muß immer mehr Aufmerksamkeit<br />
gewidmet werden. Es ist unmöglich,<br />
daß der Leistungs- und Hochleistungssportler<br />
eine maximale<br />
Leistung über das ganze Jahr hinweg<br />
erbringt. Deshalb ist es wichtig,<br />
daß in allen Kategorien und<br />
Spielstärken gewisse Schwerpunkte<br />
innerhalb der Sommerund<br />
Wintersaison gesetzt werden,<br />
in denen Spieler und Spielerin das<br />
größte individuelle Leistungspotential<br />
anstreben. Erfahrungsgemäß<br />
kann man drei Jahreshöhepunkte<br />
erreichen. Vor diesen Jahreshöhepunkten<br />
müssen dann<br />
Etappen für den Turnieraufbau<br />
eingeplant werden, denen wiederum<br />
Vorbereitungsperioden vorausgehen.<br />
Auch für die psychische<br />
und physische Regeneration muß<br />
mindestens zweimal im Jahr ausgiebig<br />
gesorgt werden.<br />
Die steigende Zahl der Verletzungen<br />
bei den heutigen Spitzenspielern<br />
zeugt davon, daß diese ohne<br />
Rücksicht auf die Gesundheit<br />
mehr oder weniger planlos die Saison<br />
angehen. Er herrscht noch zuviel<br />
Improvisation in der Jahresplanung,<br />
so daß die Spieler wegen<br />
Verletzungen, Erkrankungen<br />
oder Übertraining den möglichen<br />
Leistungsstand nicht erreichen<br />
können.<br />
Selbstverständlich ist der <strong>Tennis</strong>sport<br />
nicht nur aus der Sicht des<br />
Hochleistungssports zu betrachten.<br />
<strong>Tennis</strong> ist vor allem auch Massensport<br />
für jedermann, Hobby<br />
und Freizeitbeschäftigung. <strong>Tennis</strong><br />
ist eine ideale Sportart für jedes<br />
Alter, solange sie vernünftig<br />
betrieben wird und solange die<br />
altersspezifischen Anforderungen<br />
respektiert werden. Falscher Ehrgeiz,<br />
besonders im höheren Seniorenalter,<br />
kann zu gesundheitlichen<br />
Problemen führen, ebenso wie<br />
falsche Technik oder mangelhafter<br />
physischer Zustand. Wenn der<br />
Hobbyspieler an dieser Sportart<br />
tatsächlich seinen Spaß finden will,<br />
soll er darauf achten, daß sein<br />
Gesundheitszustand und seine<br />
Kondition der Intensität seines Einsatzes<br />
beim <strong>Tennis</strong> entsprechen.<br />
In der Regel stellt <strong>Tennis</strong> eine<br />
Intervallbelastung dar. Das Verhältnis<br />
von Belastung zu Pause<br />
beträgt zwischen 1:2 und 1:4. Der<br />
Durchschnitt der Belastungszeit<br />
auf Sandplätzen liegt bei 8 Sekunden,<br />
auf schnellen Plätzen (Teppich,<br />
Hartplatz, Rasen) bei 2,8<br />
Sekunden. Schnelle Starts und<br />
Sprünge erfordern eine gute Startkraft<br />
in Kombination mit Antizipationsfähigkeit<br />
und Reaktionsschnelligkeit.<br />
Das schnelle Überwinden<br />
kurzer Entfernungen verlangt<br />
in hohem Maße Schnellkraft<br />
(Kraftschnelligkeit).<br />
Für die Durchführung der Schlagund<br />
Lauftechniken in ständig<br />
wechselnden Spielsituationen<br />
braucht der Spieler eine optimale<br />
Koordinationsfähigkeit und Aktionsschnelligkeit.<br />
Grundschnelligkeit und Beweglichkeit<br />
werden im <strong>Tennis</strong> im Vergleich<br />
zu anderen Sportarten nicht maximal<br />
benötigt. Auch Kraftausdauer<br />
muß keine besonders hohen<br />
Werte erreichen; allerdings sollte<br />
sie in der Form von Schnellkraftausdauer<br />
im Schlagarm und<br />
in der Beinmuskulatur in stärkerem<br />
Maße vorhanden sein. Im Bereich<br />
der motorischen Merkmale sind<br />
ausgeprägte Koordinationsfähigkeit<br />
sowie Kraftschnelligkeit als<br />
leistungslimitierende Faktoren zu<br />
bezeichnen, die kaum kompensiert<br />
werden können. Auch an Reaktionsschnelligkeit<br />
und Startkraft<br />
sowie an Aktionsschnelligkeit werden<br />
hohe Anforderungen gestellt.<br />
Alle anderen Faktoren sind zwar<br />
101
Leistungsanforderungen als Grundlage des Trainings<br />
auch wichtig, jedoch mehr oder<br />
weniger kompensierbar.<br />
Obwohl die aerobe Ausdauer und<br />
die Beweglichkeit im <strong>Tennis</strong>match<br />
nicht leistungslimitierend sind, ist<br />
die Ausbildung in beiden Bereichen<br />
sehr wichtig. Eine ausgezeichnete<br />
aerobe Ausdauer<br />
(Grundlagenausdauer) ist vor<br />
allem für die Qualität eines täglichen,<br />
mehrstündigen Trainings<br />
unabdingbar. Darüber hinaus<br />
garantiert sie eine schnelle Regenerationsfähigkeit<br />
des gesamten<br />
Organismus sowie während als<br />
auch nach anspruchsvollen Trainingseinheiten.<br />
Eine sehr gute Dehnfähigkeit der<br />
Muskulatur und Schwingungsweite<br />
der Gelenke ist sowohl für<br />
<strong>Tennis</strong>technik, Schnelligkeit, Koordinationsfähigkeit<br />
als auch zur<br />
Verletzungsprophylaxe von großer<br />
Wichtigkeit.<br />
Im Hinblick auf die bewegungstechnischen<br />
Faktoren ist vor allem<br />
auf die Beinarbeit hinzuweisen.<br />
Selbstverständlich ist eine gute<br />
<strong>Tennis</strong>technik grundlegende Voraussetzung<br />
für hohe Leistungen.<br />
102
Leistungsentwicklung<br />
und Leistungsprognose<br />
In jedem Training versucht man,<br />
seine Leistungsmöglichkeiten für<br />
den Wettkampf zu verbessern (zumindest<br />
zu erhalten). Je mehr die<br />
Verbesserung der Leistungsmöglichkeiten<br />
unter der Perspektive<br />
einer langfristigen Leistungsentwicklung<br />
betrachtet wird, desto<br />
mehr tritt die Talentthematik in<br />
den Vordergrund. Hierbei handelt<br />
es sich zunächst um eine<br />
Eignungsdiagnose, denn junge<br />
<strong>Tennis</strong>spielerinnen und -Spieler<br />
werden danach beurteilt, ob sie für<br />
den <strong>Tennis</strong>leistungssport geeignet<br />
sind, d. h., ob sie später hohe<br />
Leistungen erbringen können.<br />
Insofern ist eine Eignungsdiagnose<br />
keine Leistungsdiagnose (im Sinne<br />
der Diagnose aktueller Leistungen),<br />
sondern eine Leistungsprognose,<br />
d.h., man versucht beispielsweise<br />
vorherzusagen, ob ein<br />
12jährigerzu den Nachwuchshoffnungen<br />
gehören könnte und in<br />
6 bis 8 Jahren Anschluß an die<br />
Leistungsspitze finden werde.<br />
Es hat sich als sinnvoll erwiesen,<br />
die Talentthematik in drei eng<br />
aufeinander bezogene Problembereiche<br />
zu gliedern und dementsprechend<br />
in drei Schritten zu<br />
behandeln:<br />
• Talentbestimmung: Darunter ist<br />
die begriffliche und theoretische<br />
Bestimmung der Bedingungen<br />
und Merkmale zu verstehen,<br />
die Personen als »<strong>Tennis</strong>talente«<br />
charakterisieren.<br />
• Talentsuche und Talentauswahl:<br />
Ziel der Talentsuche besteht<br />
darin, mit Hilfe von Untersuchungsverfahren<br />
und organisatorischen<br />
Maßnahmen jene<br />
Personen zu finden, auf welche<br />
die bei der Talentbestimmung<br />
ermittelten Merkmale zutreffen.<br />
Sind diese Personen gefunden,<br />
dann stellt sich bei der Talentauswahl<br />
die Frage, wie viele<br />
ausgewählt, ob sie bestimmten<br />
sportlichen Fördermaßnahmen<br />
zugeführt und ob die »Nicht<br />
Talente« von dieser Förderung<br />
ausgeschlossen werden<br />
sollen.<br />
• Talentförderung: Darunter ist<br />
der Einsatz aller Maßnahmen zu<br />
verstehen, mit deren Hilfe die<br />
ausgewählten Talente die erwarteten<br />
späteren hohen Leistungen<br />
auch tatsächlich erreichen<br />
können.<br />
Talentbestimmung<br />
Fragt man zunächst, wie der<br />
Begriff »Talent« näher bestimmt<br />
werden kann, dann wird dieser<br />
Begriff häufig mit Angeborenem,<br />
Vererbtem und somit relativ Trainingsunabhängigem<br />
verbunden.<br />
Diese Begriffsbestimmung beinhaltet<br />
jedoch ein zentrales Problem.<br />
Es besteht darin, daß - wie<br />
die Entwicklungspsychologie zeigt<br />
- Erbfaktoren (Anlagefaktoren)<br />
und Umwelteinflüsse, die über<br />
Lernprozesse wirksam werden,<br />
unmittelbar miteinander verbunden<br />
sind. Hohe Leistungen entstehen<br />
also nur dann, wenn sich<br />
Anlagebedingungen und Lerneinflüsse<br />
(z. B. über den Trainer)<br />
gegenseitig positiv beeinflussen.<br />
Im Talentbegriff müssen also nicht<br />
nur personbezogene, sondern<br />
auch umweltbezogene Bedingungen<br />
zum Ausdruck kommen. Da<br />
es sich bei der Talentbestimmung<br />
um eine Leistungsprognose handelt,<br />
geht es nunmehr darum,<br />
junge <strong>Tennis</strong>spielerinnen und<br />
-spieler in einem bestimmten Entwicklungsabschnitt<br />
danach zu prüfen,<br />
ob sie die Bedingungen zu<br />
späteren hohen Leistungen aufweisen.<br />
Daraus ergibt sich folgende allgemeine<br />
Talentdefinition:<br />
Als sportliches Talent kann<br />
eine Person in einem bestimmten<br />
Entwicklungsabschnitt<br />
bezeichnet werden,<br />
die bestimmte körperliche<br />
und psychische Bedingungen<br />
aufweist, die bei günstigen<br />
Umweltbedingungen mit<br />
großer Wahrscheinlichkeit zu<br />
späteren hohen Leistungen<br />
führen.<br />
103
Leistungsentwicklung und Leistungsprognose<br />
Dieser offene Ansatz legt es nahe,<br />
nunmehr vier Teilstücke der Definition<br />
in Form von Fragen näher<br />
zu bestimmen.<br />
?<br />
ln welchem Entwicklungsabschnitt<br />
soll das Talent<br />
• gesucht und zur Förderung<br />
ausgewählt werden?<br />
Zur Antwort werden zwei wichtige<br />
Erkenntnisse herangezogen:<br />
Zum einen zeigt die Erfahrung,<br />
daß die Zeitspanne vom Beginn<br />
eines systematischen Leistungstrainings<br />
bis zum Erreichen der<br />
Hochleistungsphase etwa 8 bis 10<br />
Jahre umfaßt.<br />
Zum zweiten wird in der allgemeinen<br />
Bewegungslehre immer<br />
wieder nachgewiesen, daß die Zeit<br />
der Vorpubertät einen bedeutenden<br />
Entwicklungsabschnitt für den<br />
Erwerb motorischer Fertigkeiten<br />
darstellt.<br />
Geht man demnach davon aus,<br />
daß die wichtigsten <strong>Tennis</strong>techniken<br />
in diesem Altersabschnitt<br />
erlernt werden sollen, dann heißt<br />
dies zugleich auch, daß die Talentsuche<br />
etwa im 8. bis 10. Lebensjahr<br />
ansetzen muß.<br />
?<br />
Welche körperlichen und<br />
psychischen Bedingungen,<br />
• die als personinterne Faktoren,<br />
und welche Umweltbedingungen,<br />
die als personexterne<br />
Faktoren zu bezeichnen<br />
sind, bestimmen die<br />
Leistungsentwicklung im<br />
<strong>Tennis</strong>?<br />
Hierzu sei bezüglich der personinternen<br />
Faktoren auf die körperlichen<br />
Merkmale (Schnelligkeit, Koordination,<br />
Kraft, Beweglichkeit<br />
u.a.), motorischen Merkmale<br />
(Schlagtechnik, Lauftechnik, Ballgefühl<br />
u.a.), kognitiven Fähigkeiten<br />
(Spielintelligenz, Konzentrationsfähigkeit<br />
u.a.) und motivationalen<br />
Merkmale (Leistungsmotiva-<br />
tion, psychische Stabilität u.a.)<br />
verwiesen. Bezüglich der personexternen<br />
Faktoren sind vor allem<br />
die Fähigkeiten des Trainers, die<br />
gegebenen Trainingsbedingungen,<br />
familiäre Unterstützung, Freunde,<br />
aber auch die Unterstützung<br />
durch den Verein, den Verband, ja<br />
die Gesellschaft u.a. zu beachten.<br />
?<br />
Wie hoch sollen die zu prognostizierenden<br />
Leistungen<br />
• sein und zu welchem Zeitpunkt<br />
sollen diese hohen<br />
Leistungen erreicht sein?<br />
Bei der Frage nach dem Prognosekriterium<br />
ist es wichtig festzustellen,<br />
welches Leistungsniveau angestrebt<br />
werden soll. Ist es die<br />
Verbandsebene oder die Ebene<br />
der nationalen Spitze oder gar der<br />
internationalen Spitze?<br />
Denn es ist leicht einsehbar, daß<br />
mitzunehmenden Leistungsanforderungen<br />
nicht nur höhere Anforderungen<br />
im Hinblick auf die einzelnen<br />
leistungsbestimmenden<br />
Faktoren gegeben sind, sondern<br />
daß auch im Rahmen dieser Faktoren<br />
immer weniger Ausgleich<br />
möglich ist. Es geht ja mit zunehmendem<br />
Leistungsniveau nicht<br />
nur darum, ein bestimmtes Fertigkeitsniveau<br />
zu erreichen, sondern<br />
es müssen auf diesem Niveau, das<br />
bei der heutigen Breite des nationalen<br />
und internationalen 'Wettkampftennis<br />
relativ viele Spieler<br />
erreichen, im Rahmen eines Selektionsprozesses<br />
viele nahezu gleichwertige<br />
Konkurrenten ausgeschaltet<br />
werden. Dies zeigt auch, daß<br />
mit zunehmendem Leistungsniveau<br />
die unabwägbaren Einflußfaktoren<br />
an Bedeutung zunehmen<br />
und die Leistungsprognose im<br />
<strong>Tennis</strong> deshalb besonders schwierig<br />
ist, weil es nicht darum geht,<br />
wie z.B. in der Leichtathletik, eine<br />
bestimmte meßbare Größe (z.B.<br />
7,50 m im Weitsprung) zu erreichen,<br />
sondern sich in der Auseinandersetzung<br />
mit Konkurrenten<br />
durchzusetzen, deren Anzahl und<br />
Stärke zum Zeitpunkt der Leistungsprognose<br />
noch nicht abgeschätzt<br />
werden kann.<br />
Bei der Frage, zu welchem Zeitpunkt<br />
die zu prognostizierenden<br />
Leistungen erreicht sein sollen, ist<br />
es deshalb sinnvoll, zunächst von<br />
einem etwas niedrigeren Niveau<br />
auszugehen (z.B. im Blick auf das<br />
internationale <strong>Tennis</strong> von einem<br />
Weltranglistenplatz um 100 und<br />
im Blick auf das nationale <strong>Tennis</strong><br />
von einem mittleren Platz der<br />
deutschen Rangliste) und dieses<br />
Niveau als Basis für den letzten<br />
Selektionsprozeß anzusehen.<br />
Erfahrungen zeigen, daß noch einige<br />
Jahre an Training und insbesondere<br />
an Wettkampferfahrung<br />
notwendig sind, um im Rahmen<br />
dieses Selektionsprozesses die Leistungsphase<br />
erreichen und stabilisieren<br />
zu können.<br />
Geht man im Blick auf männliche<br />
<strong>Tennis</strong>spieler davon aus, daß spätestens<br />
in der Vorpubertät mit<br />
dem systematischen Training zu<br />
beginnen ist, daß das günstigste<br />
Leistungsalter im allgemeinen<br />
etwa zwischen dem 22. und 28.<br />
Lebensjahr liegt, daß davon etwa<br />
3 bis 4 Jahre für die letzte Phase<br />
des Selektionsprozesses anzusetzen<br />
sind, dann ergibt sich für die<br />
zentrale Phase der Leistungsentwicklung<br />
etwa eine Spanne von<br />
8 bis 10 Jahren, so daß die zu prognostizierende<br />
Leistung etwa in<br />
den Zeitraum des 18. bis 21. Lebensjahres<br />
fallen sollte. Anders<br />
formuliert: In diesem Alter sollte<br />
(im Hinblick auf unser Beispiel) der<br />
Weltranglistenplatz in Richtung<br />
100 bzw. ein mittlerer Platz auf<br />
der deutschen Rangliste erreicht<br />
werden. Bis zu diesem Zeitpunkt<br />
läuft somit auch die zentrale Phase<br />
der Talentförderung.<br />
104
Talentbestimmung, Talentsuche<br />
Wie kann man die Merkmale<br />
bestimmen, die das Talent<br />
B zum Zeitpunkt der Talentsuche<br />
aufweisen sollte?<br />
Nach diesen Vorüberlegungen<br />
kann man (vor allem im Blick auf<br />
die personinternen leistungsbeeinflussenden<br />
Faktoren) prüfen, über<br />
welche Merkmale ein etwa 8 bis<br />
10 Jahre altes Kind verfügen<br />
sollte, um als <strong>Tennis</strong>talent bestimmt<br />
zu werden. Bei dieser<br />
Prüfung, die sich in vier Schritten<br />
vornehmen läßt, ist davon auszugehen,<br />
daß die leistungsbestimmenden<br />
Faktoren zu unterschiedlichen<br />
Zeiten der Leistungsentwicklung<br />
von unterschiedlicher<br />
Bedeutung sind.<br />
Schritt 1: Bei jeder Talentbestimmung<br />
in irgendeiner Sportart sollte<br />
man sich zuerst den idealen Athleten<br />
zum Zeitpunkt der Hochleistungsphase<br />
vorstellen, d.h., man<br />
prüft, welches Anforderungsprofil<br />
in der Sportart gegeben ist und<br />
welche Spitzenathleten diesem<br />
Anforderungsprofil am ehesten<br />
entsprechen. Man gewichtet also<br />
alle bedeutsamen personinternen<br />
und personexternen Merkmale<br />
zum Zeitpunkt der zu prognostizierenden<br />
Spitzenleistung. Dabei<br />
sollte man gleichzeitig prüfen,<br />
welche Faktoren kompensierbar<br />
(d. h. ausgleichbar) sind. So ist z. B.<br />
etwas zu wenig an Schlagarmkraft<br />
durch eine bessere Koordinationsfähigkeit<br />
(mehr Schwung) kompensierbar.<br />
Schritt 2: Dann sollte man sich<br />
fragen, ob diese Merkmale bereits<br />
zum Zeitpunkt der Talentsuche<br />
und der Talentauswahl in günstigem<br />
Maße ausgeprägt sein müssen.<br />
Dabei läßt sich feststellen,<br />
daß z. B. Kraft vor der Pubertät<br />
noch wenig ausgeprägt und vor<br />
allem im Jugendalter gut trainierbar<br />
ist, so daß diesem Faktor bei<br />
der Talentsuche keine besondere<br />
Aufmerksamkeit geschenkt<br />
werden sollte.<br />
Schritt 3: Andererseits stellt man<br />
aber auch fest, daß z. B. die motorische<br />
Lernfähigkeit als Voraussetzung<br />
für das Lernen in der Phase<br />
der Talentförderung und eine<br />
familiär positiv wirksame Unterstützung<br />
in der Phase der Talentförderung<br />
von weit größerer Bedeutung<br />
sind, als dies zum Zeitpunkt<br />
der Hochleistungsphase der<br />
Fall ist. Man sollte also stets auch<br />
berücksichtigen, wie gewichtig<br />
einzelne Bedingungen für die Entwicklung<br />
der Leistung in der Phase<br />
der Talentförderung sind. Dabei<br />
kann es sein, daß man Faktoren<br />
findet, die zu allen Zeiten der Leistungsentwicklung<br />
gleichermaßen<br />
von hoher Bedeutung und nicht<br />
ausgleichbar sind, so z. B. die<br />
Leistungsmotivation, d.h. die<br />
Motivation für ein intensives Training<br />
sowie für höchsten Einsatz<br />
im Wettkampf.<br />
Schritt 4: Schließlich sollte man<br />
überprüfen, ob die Entwicklung<br />
dieser Bedingungen vorhersagbar<br />
ist. Je klarer sich die Entwicklung<br />
eines Merkmals vorhersagen läßt,<br />
z.B. die durch Vererbung mitbestimmte<br />
Körpergröße oder - was<br />
für <strong>Tennis</strong> noch bedeutsamer ist -<br />
die durch frühe Lernerfahrungen<br />
erworbene und in ihrer weiteren<br />
Entwicklung relativ stabile allgemeine<br />
Fähigkeit, geschickt mit Bällen<br />
umgehen zu können (Ballgefühl),<br />
desto wichtiger ist es, ein<br />
solches Merkmal bei der Talentsuche<br />
heranzuziehen.<br />
Welches sind nun die Konsequenzen<br />
für die Talentsuche und Talentförderung<br />
nach diesen theoretischen<br />
Überlegungen?<br />
Talentsuche<br />
Für die Talentsuche kann gefolgert<br />
werden, daß folgende personinternen<br />
Merkmale besonders<br />
bedeutsam sind:<br />
• Merkmale, die nicht nur zum<br />
Zeitpunkt der Hochleistungsphase<br />
von hoher Bedeutung<br />
sind<br />
• Merkmale, die während der<br />
Hochleistungsphase kaum auszugleichen<br />
sind<br />
• Merkmale, die für die Leistungsentwicklung<br />
in der Phase<br />
der Talentförderung von großer<br />
• Bedeutung sind<br />
• Merkmale, die in ihrer Entwicklung<br />
gut vorhersagbar sind<br />
Solche Merkmale sind vor<br />
allem Schnelligkeit, Beweglichkeit,<br />
allgemeine Koordinationsfähigkeit,<br />
motorische<br />
Lernfähigkeit, Ballgefühl,<br />
Leistungsmotivation und<br />
psychische Stabilität.<br />
Diese Merkmale können in unterschiedlicher<br />
Weise getestet werden.<br />
Während Lernfähigkeit, Leistungsmotivation<br />
und psychische<br />
Stabilität eher über Verhaltensbeobachtungen<br />
erschlossen werden<br />
sollten (weil keine angemessenen<br />
Testverfahren vorliegen), stehen im<br />
DTB zur Erfassung der motorischen<br />
Merkmale in diesem Alter entsprechende<br />
Tests zur Verfügung.<br />
Für die Talentförderung kann gefolgert<br />
werden, daß jene Bedingungen<br />
in besonderem Maße zu<br />
optimieren sind, die variabel sind,<br />
d. h. auf der personinternen Seite:<br />
Kraft, Ausdauer, tennisspezifische<br />
koordinative und taktische Fähigkeiten<br />
sowie auf der personexternen<br />
Seite: alle mit der Trainingsund<br />
Wettkampfplanung zusammenhängenden<br />
Bedingungen.<br />
105
Leistungsentwicklung und Leistungsprognose<br />
Talentförderung<br />
Die genannten, durch Training gut<br />
beeinflußbaren Bedingungen dürfen<br />
jedoch nicht so sehr verbessert<br />
werden, daß bei einer zu frühen<br />
Spezialisierung auf bestimmte<br />
Fertigkeiten die Entwicklung der<br />
sportlichen Leistungen allzu sehr<br />
beschleunigt wird.<br />
Denn nach neueren Erkenntnissen<br />
in der allgemeinen Trainingslehre<br />
kann einem solchen raschen Anstieg<br />
der Leistung eine spätere<br />
Stagnation folgen, d.h., unter<br />
Umständen ist bei einer allmählicheren<br />
Leistungsentwicklung<br />
eine höhere Endleistung zu erreichen.<br />
Es kommt also auf einen<br />
entwicklungsgemäßen Leistungsaufbau<br />
an.<br />
Die physische Trainierbarkeit<br />
und die psychische Belastbarkeit<br />
sind im Laufe der Entwicklung<br />
im Kindes-, Jugendund<br />
Nachwuchsalter so zu<br />
dosieren, daß die physischen<br />
und psychischen Entwicklungsmöglichkeiten<br />
optimal<br />
im Sinne eines höchstmöglichen<br />
Endniveaus der sportlichen<br />
Leistung ausgeschöpft<br />
werden, ohne daß es zu<br />
physischen und psychischen<br />
Überforderungen kommt.<br />
Alter<br />
Mädchen:<br />
7/8 bis<br />
11/12<br />
Jungen:<br />
7/8 bis<br />
12/13<br />
Mädchen:<br />
11/12 bis<br />
12/13<br />
Jungen:<br />
12/13 bis<br />
14/15<br />
Mädchen:<br />
12/13 bis<br />
16/17<br />
Jungen:<br />
14/15 bis<br />
18/19<br />
Mädchen:<br />
etwa ab<br />
16/17<br />
Jungen:<br />
etwa ab<br />
18/19<br />
1. puberale<br />
Phase<br />
2. puberale<br />
Phase<br />
Entwicklungsabschnitt<br />
Trainingsabschnitt<br />
4 bis 7 Vorschulalter<br />
Sportartübergreifende<br />
motorische<br />
Grundlagenausbildung<br />
- Erwerb möglichst vielfältiger<br />
elementarer sportmotorischer<br />
Fertigkeiten (Einzelbewegungen<br />
und Bewegungskombinationen)<br />
Schulkindalter<br />
Sportartspezifisches,<br />
aber vielseitiges<br />
Grundlagentraining<br />
- Erlernen einer vielseitigen<br />
<strong>Tennis</strong>technik (vom Grundschlag<br />
bis z. B. zum Flugballstop)<br />
- Erwerb vielfältiger sportartübergreifender<br />
8ewegungsmuster<br />
- Schaffung konditioneller<br />
Grundlagen<br />
- Sammeln erster Wettkampferfahrungen<br />
Aufbautraining<br />
Leistungstraining<br />
Frühes Erwachsenenalter<br />
Hochleistungstraining<br />
Zielsetzungen<br />
- Systematischer Aufbau der<br />
konditionellen Leistungsfaktoren<br />
(v.a. Kraft, Ausdauer)<br />
- Stabilisierung und individuelle<br />
Ausprägung der<br />
Technik<br />
- Verbesserung der taktischen<br />
Fähigkeiten im Hinblick<br />
auf die individuelle<br />
Spielanlage<br />
- Verbesserung psychischer<br />
Faktoren (Wettkampf- bzw.<br />
Trainingseinstellungen)<br />
- Verbesserung und Stabilisierung<br />
sämtlicher Leistungsfaktoren<br />
- Allmählicher Übergang von<br />
Jugend- zu Erwachsenenturnieren<br />
- Durchbruch zur Spitzenklasse<br />
- Stabilisierung physischer<br />
und psychischer Leistungsfaktoren<br />
- Erwachsenenturniere<br />
- Anstreben des persönlichen<br />
Leistungsmaximums<br />
Bei der Dosierung der physischen<br />
Trainierbarkeit und der psychischen<br />
Belastbarkeit im Rahmen eines<br />
langfristigen Trainingsaufbaus,<br />
der vier Abschnitte umfaßt - das<br />
Grundlagentraining, das Aufbautraining,<br />
das Leistungstraining und<br />
das Hochleistungstraining-, müssen<br />
also unterschiedliche Schwerpunkte<br />
bezüglich Training, Wettkampf<br />
und Betreuung gesetzt<br />
werden (s. Tab. 11).<br />
Tab. 11<br />
Modell des langfristigen Trainingsaufbaus im <strong>Tennis</strong><br />
Grundlagentraining<br />
Es ist unbestritten, daß die Zeit der<br />
Vorpubertät eine wichtige Phase<br />
für den Erwerb motorischer Fertigkeiten<br />
darstellt. Kinder dieses<br />
Alters haben günstige Hebelverhältnisse<br />
und ein gutes Last-Kraft-<br />
Verhältnis; sie sind geschickt und<br />
lernen »auf Anhieb«.<br />
Wenn die Zeit der Vorpubertät ein<br />
günstiges motorisches Lernalter<br />
darstellt, dann sollte diese Entwicklungsphase<br />
vor allem dazu<br />
genutzt werden, daß in ihr eher<br />
vielseitige und allgemeine (also<br />
über das <strong>Tennis</strong> hinausgehende)<br />
Bewegungsmuster erworben<br />
werden. Solche allgemeinen<br />
Bewegungsmuster führen mit<br />
106
Talentförderung<br />
Abb. 74<br />
Langfristiger Trainingsauf bau für männliche und weibliche <strong>Tennis</strong>spieler und die Anteile von Training und Wettkampf<br />
hoher Wahrscheinlichkeit zu späterer<br />
höherer sportartspezifischer<br />
Leistungsfähigkeit in den einzelnen<br />
Wettkampfsituationen. Denn<br />
solche Wettkampfsituationen sind<br />
ja immer wieder »neu«, auch<br />
schon deshalb, weil Spielart der<br />
Gegner, <strong>Tennis</strong>platzbeläge, Bälle,<br />
Witterungverhältnisse usw. variabel<br />
sind.<br />
Empfehlungen für das Training<br />
im Schulkindalter<br />
Für das Grundlagentraining im<br />
Schulkindalter gelten (nicht nur für<br />
<strong>Tennis</strong>) folgende allgemeine Empfehlungen:<br />
Ausdauer (s. auch Kapitel Konditionstraining,<br />
S. 153)<br />
Die aerobe Ausdauer ist bereits<br />
vor der Pubertät lohnend trainierbar,<br />
wobei (abgesehen von intensiven<br />
und einseitigen Belastungen)<br />
beim gesunden Kind keine Einschränkungen<br />
bzgl. der Belastbarkeit<br />
gegeben sind.<br />
Eine gute aerobe Kapazität sollte<br />
im Hinblick auf die im weiteren<br />
Trainingsprozeß zu erwartenden<br />
hohen Belastungen bereits früh-<br />
107
Leistungsentwicklung und Leistungsprognose<br />
zeitig aufgebaut werden. Intensive<br />
anaerob-laktazide Belastungen<br />
sind grundsätzlich zu vermeiden,<br />
da sie nicht dem Anforderungsprofil<br />
entsprechen, das Kind eine<br />
geringere Fähigkeit zur anaeroblaktaziden<br />
Energiefreisetzung besitzt,<br />
anaerob-laktazide Belastungen<br />
nicht kindgemäß sind und zudem<br />
eine gute aerobe Kapazität<br />
voraussetzen, die aufgrund des<br />
niedrigen Trainingsalters noch<br />
nicht entwickelt ist.<br />
Kraft (s. auch Kapitel Konditionstraining,<br />
S. 159)<br />
Im Kindesalter sollte ein Krafttraining<br />
nur im Sinne einer allgemeinen<br />
Kräftigung durchgeführt<br />
werden, da eine allgemeine, ganzkörperliche<br />
Schulung der Kraft<br />
notwendige Voraussetzung zur<br />
Vermeidung von Sportverletzungen<br />
und -schaden und Grundlage<br />
für das spätere Training der Maximal-<br />
und Schnellkraft ist.<br />
Maximalkraftbelastungen sind wegen<br />
der noch nicht verknöcherten<br />
Wachstumsfugen und einer noch<br />
mäßig entwickelten Muskulatur zu<br />
vermeiden.<br />
Schnelligkeit (s. auch Kapitel Konditionstraining,<br />
S. 164)<br />
Wenn zur Lösung einer Aufgabe<br />
die Leistungsfähigkeit des Nervensystems<br />
(wie z. B. bei der Reaktionsschnelligkeit)<br />
eine zentrale<br />
Rolle spielt, dann kann bereits im<br />
Vorschul- und im Schulkindalter<br />
eine intensive Förderung empfohlen<br />
werden, da das Zentralnervensystem<br />
bereits weit entwickelt<br />
ist und hinsichtlich der Belastbarkeit<br />
keine Einschränkungen bestehen.<br />
Mit zunehmender Bedeutung<br />
der Kraft (insbesondere der<br />
Schnellkraft) verschiebt sich der<br />
effektivste Ausbildungszeitraum in<br />
das späte Schulkind- und Jugendalter.<br />
Abb. 75<br />
Hockey als Mannschaftsspiel im Rahmen des Grundlagentrainings<br />
Beweglichkeit (s. auch Kapitel<br />
Konditionstraining, S. 170)<br />
Kinder sind wesentlich beweglicher<br />
als Erwachsene. Daher ist<br />
eine ausdrückliche, d.h. intensive<br />
und gezielte Beweglichkeitsschulung<br />
(Stretching) erst am Ende des<br />
Schulkindalters notwendig. Zur<br />
Vorbeugung der durch einseitige<br />
Belastungen auftretenden<br />
orthopädischen Probleme ist eine<br />
allgemeine, spielerische Beweglichkeitsschulung<br />
mit aktiven<br />
Dehnübungen zu empfehlen, bei<br />
der gleichzeitig die Muskulatur<br />
gekräftigt wird.<br />
Koordination (s. auch Kapitel<br />
Koordinationstraining, S. 117)<br />
Die Schulung koordinativer Fähigkeiten<br />
steht im Mittelpunkt des<br />
Trainings im Kindesalter. Dabei<br />
sollten möglichst vielfältige Bewegungsmuster<br />
vermittelt werden.<br />
Zu Beginn des langfristigen<br />
Trainingsprozesses nimmt die<br />
Schulung sportartübergreifender<br />
Bewegungsgrundmuster einen<br />
breiten Raum ein. Im Grundlagentraining<br />
kommt es zu einer tennisspezifischen<br />
Ausbildung koordinativer<br />
Fähigkeiten, wobei darauf<br />
geachtet werden sollte, daß diese<br />
möglichst »breit« (alle Schlagtechniken<br />
und Formen der Beinarbeit)<br />
und immer in Verbindung mit<br />
einer allgemeinen Koordinationsschulung<br />
erfolgt.<br />
Was heißt nun allgemeines und<br />
vielseitiges Grundlagentraining im<br />
<strong>Tennis</strong> konkret?<br />
Die Verbesserung koordinativer<br />
Fähigkeiten steht im Mittelpunkt.<br />
Dabei lassen sich eine sportartspezifische<br />
und eine allgemeine Koordinationsschulung<br />
voneinander<br />
unterscheiden.<br />
• Die sportartspezifische Koordinationsschulung<br />
bezieht sich<br />
auf das Erlernen einer vielseitigen<br />
<strong>Tennis</strong>technik (vgl. hierzu<br />
<strong>Tennis</strong>-<strong>Lehrplan</strong>, <strong>Band</strong> 1 -<br />
Technik & Taktik), d.h., daß bis<br />
zur Vorpubertät alle Bewe-<br />
108
Talentförderung<br />
gungsmuster, die für spätere<br />
Wettkampftechnik grundlegend<br />
sind, in der Grobform geübt<br />
werden sollten.<br />
• Die allgemeine Koordinationsschulung<br />
orientiert sich einerseits<br />
an den Anforderungen im<br />
<strong>Tennis</strong>; andererseits erfolgt<br />
diese allgemeine Koordinationsschulung<br />
im Rahmen benachbarter<br />
Sportarten, so daß sich<br />
die spätere Spezialisierung im<br />
<strong>Tennis</strong> auf der Grundlage breiter<br />
Bewegungserfahrungen<br />
ergibt.<br />
Neben dem Erlernen der <strong>Tennis</strong>technik<br />
müssen die Auge-Hand-<br />
Koordination, die Fuß-Treffpunkt-<br />
Koordination, die Antizipationsfähigkeit<br />
und die Gewandtheit in<br />
tennisvergleichbaren, komplexen<br />
sportlichen Situationen geschult<br />
werden. Hierzu bieten sich aus<br />
dem Bereich der Ballspiele vor<br />
allem Basketball, Fußball und<br />
Hockey an (s. Abb. 76). Dabei<br />
geht es nicht darum, solche Spiele<br />
im Sinn eines spaßhaften Ausgleichs<br />
anzubieten. Vielmehr ist es<br />
das Ziel, die entsprechenden motorischen<br />
Fertigkeiten (wie z.B.<br />
mit der linken und rechten Hand<br />
dribbeln) systematisch zu verbessern,<br />
d. h., besonders auf die Qualität<br />
der Bewegungsausführung<br />
Wert zu legen. Dabei sollte auch<br />
auf die beidseitige (bilaterale) Ausbildung<br />
geachtet werden.<br />
Schnelligkeit kann nicht nur in den<br />
Sportspielen, sondern auch im<br />
Abb. 76 Erwerb allgemeiner koordinativer Fähigkeiten in tennisübergreifenden<br />
(aber benachbarten) komplexen sportlichen Situationen<br />
klassischen leichtathletischen Training<br />
(Startübungen, Koordinationsläufe<br />
usw.) verbessert werden.<br />
Für die Verbesserung der Grundlagenausdauer<br />
bieten sich Dauerläufe,<br />
insbesondere Waldläufe<br />
über 20 bis 40 Minuten an.<br />
Kraft und Beweglichkeit lassen<br />
sich im Rahmen einer allgemeinen,<br />
sportartübergreifenden Gymnastik<br />
verbessern.<br />
Für die Verbesserung der Beinarbeit<br />
im <strong>Tennis</strong> sind spezifische Koordinationsläufe<br />
zweckmäßig:<br />
Variationen des Hopserlaufs, des<br />
Skippings, der Sidesteps usw.<br />
Hier gibt es unzählige Kombinationsmöglichkeiten.<br />
Nicht zuletzt<br />
ist hier auch das Seilspringen zu<br />
empfehlen.<br />
Bei der Frage, welche praktischen<br />
Konsequenzen für die Praxis sich<br />
aus solchen Vorstellungen ergeben,<br />
wird im Blick auf den Aufbau<br />
einer durchschnittlichen Trainingswoche<br />
folgendes empfohlen:<br />
Für Zehn- bis Zwölfjährige sollte<br />
der Trainingsumfang zwischen<br />
einem unteren Limit von 6<br />
Stunden und einem oberen Limit<br />
von 12 Stunden wöchentlich<br />
liegen. Dabei ergibt sich folgende<br />
Aufteilung am Beispiel von<br />
10 Stunden wöchentlich:<br />
• 4mal 2 Stunden (»60-Minuten-<br />
Stunde«) <strong>Tennis</strong>training; innerhalb<br />
dieser 8 Stunden sollten<br />
jedoch 3 Stunden konditionell<br />
orientiert sein.<br />
• 2 Stunden allgemeines Koordinations-<br />
und Konditionstraining.<br />
Dies bedeutet, daß insgesamt<br />
etwa 50% eher auf die allgemeinen<br />
Grundlagen (2 Stunden<br />
allgemeines Koordinations- und<br />
Konditionstraining und 3 Stunden<br />
konditionell orientiertes <strong>Tennis</strong>training)<br />
und 50% eher auf die<br />
<strong>Tennis</strong>technik im engeren Sinne<br />
ausgerichtet sind.<br />
109
Leistungsentwicklung und Leistungsprognose<br />
Diese Empfehlungen gelten für<br />
das übergeordnete Ziel, später nationale<br />
und internationale Leistungen<br />
zu erreichen. Es ist selbstverständlich,<br />
daß diese Empfehlungen<br />
nicht immer realisierbar sind; indes<br />
sollte auch berücksichtigt werden,<br />
daß in späteren Altersstufen<br />
durchaus von einer gewissen Aufholbarkeit<br />
ausgegangen werden<br />
kann. Die Empfehlungen zeigen<br />
jedoch ebenfalls, wie je nach Zielsetzung<br />
(z. B. in einem Verein, der<br />
eher mittlere Ziele verfolgt und<br />
weniger Training anbieten kann)<br />
der jeweils mögliche Trainingsumfang<br />
aufgeteilt werden kann.<br />
Es soll nun nicht der Eindruck entstehen,<br />
diese Sichtweise des<br />
Crundlagentrainings habe sich im<br />
DTB bereits auf allen Ebenen<br />
durchgesetzt.<br />
Die zentralen Probleme der Realisierung<br />
des Grundlagentrainings<br />
im <strong>Tennis</strong> sind folgende:<br />
• Viele Trainer und Jugendwarte<br />
in den Vereinen und Bezirken<br />
verfügen noch nicht über genügende<br />
Kenntnisse zum Grundlagentraining.<br />
• Vor allem die Eltern sind aufzuklären.<br />
Denn viele Eltern können<br />
es überhaupt nicht verstehen,<br />
wenn der Trainer auch<br />
noch etwas anderes als das<br />
<strong>Tennis</strong>spiel anbietet, ja fordert.<br />
• Bei der Organisation des allgemeinen<br />
Trainings außerhalb des<br />
<strong>Tennis</strong>platzes gibt es häufig<br />
Schwierigkeiten; vor allem im<br />
Winter fehlt es an Hallenkapazitäten;<br />
um so mehr müssen<br />
auch Formen des allgemeinen<br />
Koordinations- und Konditionstrainings<br />
auf den <strong>Tennis</strong>platz<br />
übertragen werden.<br />
• Ein besonderes Problem besteht<br />
darin, daß das Grundlagentraining<br />
zunächst einmal einen<br />
geringeren Leistungsanstieg im<br />
<strong>Tennis</strong> nach sich zieht, d.h. also<br />
auch, daß andere, die sich sehr<br />
früh spezialisieren, vorübergehend<br />
»vorbeiziehen«. Hier sind<br />
Geduld und Weitsicht notwendig.<br />
Was den DTB betrifft, so<br />
wird versucht, die Bedeutung<br />
von Ranglisten und überregionalen<br />
Meisterschaften in<br />
diesem Entwicklungsabschnitt<br />
zu reduzieren.<br />
Deshalb finden für Kinder unter<br />
10 Jahren nur regionale Sichtungsturniere<br />
statt. Für 11- bis 12jährige<br />
wurde vor einigen Jahren der<br />
Titel »Deutsche Jugendmeisterschaften«<br />
abgeschafft; auf dieser<br />
Ebene bestehen auch keine internationalen<br />
Wettkämpfe, und<br />
schließlich wurde vor wenigen<br />
Jahren ein neuer Wettbewerb für<br />
diese Altersklasse IV der 11- bis<br />
12jährigen ins Leben gerufen,<br />
nämlich der Mannschaftsmehrkampf<br />
»DTB-Talent-Cup«, der<br />
dem Grundlagentraining in besonderem<br />
Maße Rechnung trägt.<br />
Dieser gesamte Ansatz des Grundlagentrainings<br />
in der Vorpubertät<br />
ist zu kennzeichnen mit dem<br />
Stichwort Vielseitigkeit gegenüber<br />
Spezialisierung - wobei die Wettkämpfe<br />
in diesem Altersabschnitt<br />
keinen hohen Stellenwert besitzen<br />
sollten.<br />
Aufbautraining<br />
Während man die Pubertät vor einigen<br />
Jahren noch als »Schonzeit«<br />
betrachtete, hat sich inzwischen<br />
vor allem aufgrund sportmedizinischer<br />
Untersuchungsergebnisse<br />
die Erkenntnis durchgesetzt, daß<br />
Kinder bzw. Jugendliche in dieser<br />
Phase der Entwicklung sehr gut<br />
trainierbar sind. Deshalb muß das<br />
Konditionstraining im engen<br />
Sinne, also die Optimierung der<br />
leistungsbestimmenden physischen<br />
Faktoren, insbesondere<br />
Kraft und Ausdauer, den Abschnitt<br />
des Aufbautrainings als weiteren<br />
Schwerpunkt kennzeichnen.<br />
Gleichzeitig beginnt jetzt die eigentliche<br />
Spezialisierung. Sie zielt<br />
nicht nur auf die Ausprägung der<br />
Technik hin zum individuellen Stil,<br />
sondern sie zielt auch auf eine systematische<br />
Wettkampfplanung.<br />
Was die Ausprägung des individuellen<br />
Stils betrifft, so gilt es, in der<br />
Zeit der Pubertät und der Nachpubertät<br />
verschiedene Faktoren angemessen<br />
zu verbinden: die neu<br />
hinzukommende Kraftkomponente<br />
mit der bereits vorhandenen<br />
Schwungkomponente, aber auch<br />
die körperliche Entwicklung sowie<br />
die Entwicklung von Motivationen<br />
und Einstellungen als Grundlage<br />
der Herausbildung der individuellen<br />
taktischen Spielanlage. Wenngleich<br />
die Pubertät keine Schonzeit<br />
mehr darstellt, so muß doch<br />
berücksichtigt werden, daß die<br />
Entwicklung in der Pubertät und in<br />
der Nachpubertät häufig eher ungleichmäßig<br />
als kontinuierlich verläuft.<br />
Deshalb sollte die Phase des<br />
Aufbautrainings trotz vorübergehender<br />
Leistungsschwankungen<br />
mit dem Prinzip kontinuierlicher<br />
Förderung verbunden sein.<br />
Leistungstraining<br />
Das Leistungstraining kann mit<br />
dem Prinzip Stabilisierung von<br />
Entwicklungsfaktoren charakterisiert<br />
werden. Diese allmähliche<br />
Stabilisierung zeichnet sich vor<br />
allem dadurch aus, daß ein ausgewogenes<br />
Verhältnis zwischen<br />
verschiedenen leistungsbestimmenden<br />
Bereichen anzustreben<br />
ist, wobei insbesondere die folgenden<br />
drei Beziehungen hervorzuheben<br />
sind:<br />
• Zunächst gilt es, im Sinne von<br />
Periodisierungsmaßnahmen ein<br />
ausgewogenes Verhältnis von<br />
Trainings- und Wettkampfan-<br />
110
Talentförderung<br />
teilen herzustellen. Zumindest<br />
Halbjahrespläne mit Wettkampfhöhepunkten,<br />
gezielten<br />
Trainingsschwerpunkten und<br />
Regenerationsphasen sollten<br />
aufgestellt werden.<br />
• Im Training selbst bedeutet<br />
Ausgewogenheit, daß Technik-,<br />
Taktik- und Konditionstraining<br />
gleichermaßen von Bedeutung<br />
sind.<br />
• Was die Wettkämpfe betrifft,<br />
so ist ein allmählicher Übergang<br />
von der Teilnahme an Jugendturnieren<br />
zur Teilnahme an Erwachsenenturnieren<br />
sinnvoll.<br />
Etwa mit 15 Jahren als Richtzahl<br />
könnte sich dieses Verhältnis<br />
zugunsten der Erwachsenenturniere<br />
langsam verändern.<br />
Bei Jugendmeisterschaften sollten<br />
die Talente lernen, gegen<br />
vermeintlich und tatsächlich<br />
schwächere Konkurrenten<br />
durch Eigeninitiative zu gewinnen<br />
und mit dem Erfolgszwang<br />
fertig zu werden. Bei Erwachsenenturnieren<br />
sammeln sie wichtige<br />
Erfahrungen und lernen,<br />
sich durchzubeißen und sich<br />
gegenüber dem stärkeren und<br />
häufig druckvolleren Spiel<br />
Älterer zu verteidigen.<br />
Hochleistungstraining<br />
Im Hochleistungstraining steht das<br />
Ziel, den Durchbruch zur Spitze zu<br />
erreichen, im Vordergrund, d.h.,<br />
sich im Rahmen eines abschließenden<br />
Selektionsprozesses in der<br />
absoluten Spitze durchzusetzen.<br />
Nach dem Prinzip des allmählichen<br />
Übergangs sind neue Schwerpunkte<br />
zu setzen:<br />
• Das Training ist zunehmend als<br />
Wettkampfvorbereitung im<br />
engen Sinne zu sehen.<br />
• Besonderes Gewicht ist auf die<br />
Ausgewogenheit der Wettkampfplanung<br />
zu legen. Dies<br />
Abb. 77<br />
Beispiel für eine Übungsform im Hochleistungstraining<br />
bedeutet, daß ein vernünftiges<br />
Verhältnis zwischen inländischen<br />
und ausländischen, zwischen<br />
kleineren und größeren<br />
Turnieren sowie zwischen den<br />
verschiedenen Repräsentationsspielen<br />
für den DTB, für die<br />
Landesverbände und für die<br />
Vereine zu suchen ist.<br />
• Deshalb ist in dieser Phase auch<br />
die Periodisierung von besonderem<br />
Gewicht.<br />
• Schließlich - und dies ist eine<br />
Folge dieser Schwerpunktsetzungen<br />
- gewinnt der Coach im<br />
Vergleich zum Trainer, d.h. also,<br />
gewinnt das Betreutwerden<br />
(entweder allein oder in Kleingruppen)<br />
zunehmend an<br />
Bedeutung.<br />
Der Weg vom Kind bis zum Profi<br />
ist ein sehr langer und dornenreicher<br />
Weg. Für diejenigen, die ihn<br />
begleiten, ist er mit sehr viel Verantwortung<br />
verbunden. Daß es<br />
auf diesem Wege noch viele<br />
offene Fragen gibt, liegt auf der<br />
Hand. Und daß es zu einzelnen<br />
Überforderungen kommen kann,<br />
d.h., daß das Scheitern bei manchen,<br />
die sich vor allem zu hohe<br />
Ziele stecken, teilweise zwangsläufig<br />
ist, sollte als systemimmanente<br />
Konsequenz verstanden werden.<br />
Trotzdem ist die sog. Talentbewahrung<br />
im <strong>Tennis</strong> kaum ein Problem.<br />
Denn es gibt so viele Wettkampfmöglichkeiten<br />
auf unterschiedlichen<br />
Ebenen, und das<br />
Belohnungssystem für Erfolge<br />
auch auf mittleren und unteren<br />
Leistungsebenen ist so ausgeprägt,<br />
daß das soziale Auffangnetz<br />
als sehr eng bewertet werden<br />
kann, so daß es kaum echte Aussteiger<br />
gibt. Trotz dieses engen<br />
Fördernetzes kann ein solch langfristiger<br />
Trainings- und Wettkampfaufbau<br />
vom Kind bis zum<br />
Profi über ca. 15 Jahre nur dann<br />
gelingen, wenn das ihn tragende<br />
Förderungssystem in sich geschlossen<br />
und in das dieses Förderungssystem<br />
umgebende gesellschaftliche<br />
und sportpolitische<br />
System eingebettet ist. Dies bedeutet<br />
in unserem föderalen System<br />
vor allem, daß auf und zwischen<br />
den zwei Ebenen Bund und Land<br />
auf der Basis eines Gesamtkonzepts<br />
systematisch koordiniert und<br />
kooperiert wird, zwischen den Jugendwarten<br />
und Sportwarten<br />
einerseits und den Vereinstrainern,<br />
Bezirkstrainern, Landestrainern/<br />
Bundestrainern andererseits.<br />
111
Allgemeine Trainingsgrundlagen<br />
Struktur und Leistungsfähigkeit<br />
eines Organsystems werden vom<br />
Erbgut sowie von Qualität und<br />
Quantität seiner Beanspruchung<br />
durch die Umwelt und vor allem<br />
des Trainings bestimmt. Der gesamte<br />
Trainingsprozeß beruht auf<br />
der Fähigkeit des Organismus zur<br />
Anpassung (Adaptation) an Umwelt-<br />
bzw. Trainingsreize. Die trainingsbedingten<br />
Anpassungsvorgänge<br />
werden über eine Vielzahl<br />
von Meßfühlern überwacht, von<br />
Reglermechanismen gesteuert und<br />
unterliegen bestimmten Gesetzmäßigkeiten.<br />
Training bedeutet<br />
aber auch Belastung, welche zu<br />
einem Abbau der Energiereserven<br />
und ggf. der morphologischen<br />
Struktur von Organen führt und<br />
folglich einen Rückgang der Leistungsfähigkeit<br />
bewirkt. Dieser<br />
Rückgang kann nur aufgehalten<br />
werden, wenn der Organismus<br />
Zeit zur Erholung und für den<br />
Wiederaufbau hat. Systematisches<br />
Training konzentriert sich daher<br />
nicht nur auf die Belastung,<br />
sondern berücksichtigt auch<br />
die Erholung. Belastung und<br />
Erholung bilden eine Einheit und<br />
sind folglich von gleicher Bedeutung.<br />
Im Crenzbereich der Leistungsfähigkeit<br />
bewegt sich der Sportler<br />
auf einer sehr schmalen Gratwanderung:<br />
Einerseits muß er zum Erhalt<br />
eines hohen Leistungsstandes<br />
hohe und umfangreiche Belastungen<br />
wählen und andererseits besteht<br />
gerade hierdurch die Gefahr<br />
der Überbeanspruchung, die bei<br />
mehrfacher Aufeinanderfolge zum<br />
Übertraining und zur Leistungsabnahme<br />
führt.<br />
Insbesondere aus den Erfahrungen<br />
in Individualsportarten wie Leichtathletik<br />
und Schwimmen hat die<br />
Trainingspraxis allgemeine Trainingsprinzipien<br />
entwickelt, die in<br />
Abstimmung mit den biologisch<br />
begründbaren Anpassungsvorgängen<br />
des Organismus systematisch<br />
und sinnvoll eingesetzt werden<br />
und zur weiteren Leistungssteigerung<br />
beitragen.<br />
Abb. 78 Phasen der Veränderung der<br />
Leistungsfähigkeit nach einem Belastungsreiz:<br />
1 = Phase der Abnahme der<br />
sportlichen Leistungsfähigkeit, 2 = Phase<br />
des Wiederanstiegs der sportlichen Leistungsfähigkeit,<br />
3 = Phase der Superkompensation<br />
bzw. der erhöhten sportlichen<br />
Leistungsfähigkeit<br />
Obwohl die genannten Aspekte<br />
stetig ineinandergreifen und<br />
fließende Übergänge bilden, wird<br />
aus Gründen der Systematik und<br />
der Übersichtlichkeit in folgende<br />
Abschnitte eingeteilt:<br />
• Belastung und Anpassung<br />
• Belastung und Erholung<br />
• Überbelastung bzw. Übertraining<br />
Belastung und<br />
Anpassung<br />
Körperliche Belastungen im Training<br />
bewirken aus biologischer<br />
Sicht funktionelle Anpassungen,<br />
die je nach Art und Dauer der<br />
Trainingsreize im energetischen<br />
und morphologischen Bereich<br />
nachweisbar sind. Je nach Art,<br />
Dauer und Häufigkeit des <strong>Tennis</strong>trainings<br />
kommt es daher auch<br />
beim <strong>Tennis</strong>spieler zu charakteristischen<br />
Adaptationswirkungen seiner<br />
koordinativen und konditionellen<br />
Fähigkeiten. Für das Kinderund<br />
Jugendtraining ist von Bedeutung,<br />
daß sich koordinative Fähigkeiten<br />
schneller und früher entwickeln<br />
lassen als konditionelle<br />
Fähigkeiten.<br />
Zur Verbesserung der sportlichen<br />
Leistungsfähigkeit sind entsprechende<br />
spezifische Belastungen<br />
bzw. Trainingsreize notwendig. Im<br />
biologischen Modell läuft dies<br />
112
Belastung und Anpassung<br />
schematisch in folgender Reihenfolge<br />
ab: Belastung -> Störung der<br />
Homöostase (fließender Gleichgewichtszustand<br />
der Zelle bzw. des<br />
Organsystems) -> Anpassung -+<br />
Superkompensation (erhöhter<br />
Funktionszustand).<br />
Nach der Belastung kommt es zu<br />
einer vorübergehenden Abnahme<br />
der sportlichen Leistungsfähigkeit<br />
und einem anschließenden Wiederanstieg<br />
über das Ausgangsniveau<br />
(Superkompensation). Erfolgen<br />
keine weiteren Trainingsbelastungen<br />
mehr, kehrt die Leistungsfähigkeit<br />
allmählich zum Aus-'<br />
gangsniveau zurück (s. Abb. 78).<br />
Beispielsweise führt eine länger<br />
dauernde Ausdauerbeanspruchung<br />
zu einem Abbau der Glykogenreserven<br />
im Muskel. In der Erholungsphase<br />
reagiert der Organismus<br />
nicht nur mit einer Wiederauffüllung<br />
der Glykogendepots,<br />
sondern er versucht, seine Glykogenreserven<br />
über den ursprünglichen<br />
Ausgangswert hinaus zu vergrößern<br />
(Superkompensation).<br />
Hierbei handelt es sich um einen<br />
Schutzmechanismus, der im Falle<br />
einer gleichen Belastungswiederholung<br />
einer erneuten Depotentleerung<br />
vorbeugen soll. Auf dieser<br />
Reaktionsweise des Organismus<br />
beruht das gesamte Konzept des<br />
körperlichen Trainings und läßt<br />
sich bei <strong>Tennis</strong>spielern auch auf<br />
die Kraft- und Schnelligkeitsentwicklung<br />
übertragen.<br />
In der Sportpraxis läßt sich die<br />
Superkompensation lediglich bei<br />
Anfängern durch einen stetigen<br />
Anstieg der sportlichen Leistungsfähigkeit<br />
schnell erkennen. Bei<br />
Fortgeschrittenen dauert der Umsetzungsprozeß<br />
teilweise erheblich<br />
länger, und erst die Summierung<br />
nicht unmittelbar nachweisbarer<br />
(isolierter) Trainingseffekte ermöglicht<br />
eine meist sprunghafte Leistungssteigerung,<br />
die auch als ver-<br />
Abb. 79 Verbesserung der sportlichen<br />
Leistungsfähigkeit durch optimal gesetzte<br />
Trainingsreize<br />
spätete Transformation bezeichnet<br />
wird (Abb. 79).<br />
Leistungsfortschritte (höheres<br />
Niveau der Adaptation) erfolgen<br />
bei Trainingsbeginn sehr rasch und<br />
werden dann immer langsamer<br />
und schwieriger. Auch hierfür wird<br />
der Grad der Veränderung bei der<br />
Homöostasestörung verantwortlich<br />
gemacht: Die angewandten<br />
Belastungen bewirken mit der Verbesserung<br />
des Trainingszustandes<br />
immer geringere Störungen des<br />
inneren Milieus der Zelle (z. B. biochemisches<br />
Gleichgewicht) und<br />
damit immer geringere Anpassungserscheinungen.<br />
Der Trainingszustand<br />
verändert folglich<br />
die Antwortreaktion des Organismus<br />
auf einen gegebenen Trainingsreiz.<br />
Dies gilt um so mehr für<br />
einseitige Trainingsbelastungen,<br />
die bereits nach kurzer Zeit zu<br />
einer Stagnation des Leistungsanstieges<br />
führen; erst die Hinzunahme<br />
zusätzlicher, teilweise<br />
neuer Trainingsreize (z.B. Training<br />
auf ungewohnten Bodenbelägen<br />
sowie systematischer Einbau von<br />
Doppelwettkämpfen bei <strong>Tennis</strong>spielern)<br />
ermöglicht weitere Adaptationsprozesse<br />
im Sinne einer<br />
Leistungssteigerung.<br />
Nur überschwellige Reize lösen<br />
eine Reaktion im Körper aus, und<br />
erst die mehrfache Wiederholung<br />
von überschwelligen Reizen führt<br />
zu Trainingseffekten. Der Schwellenwert<br />
des Trainingsreizes richtet<br />
sich nicht nur nach Reizstärke und<br />
Reizumfang, sondern auch nach<br />
dem Leistungszustand der betreffenden<br />
Person. Beispielsweise<br />
kann bei einer untrainierten Person<br />
bereits eine Reizstärke von<br />
40% der Maximalkraft eine Leistungssteigerung<br />
hervorrufen,<br />
während bei hochtrainierten Kraft-<br />
Athleten ggf. nur Reize jenseits<br />
von 80 bis 90% der Maximalkraft<br />
wirksam werden. Im <strong>Tennis</strong> werden<br />
Anfänger und Fortgeschrittene<br />
bereits mit einem zweimaligen<br />
Training pro Woche ihre tennisspezifische<br />
Koordination verbessern<br />
können, während für die<br />
Mehrzahl der Spieler der internationalen<br />
Klasse ein zweimaliges<br />
Training pro Tag das notwendige<br />
Minimum zur Leistungsverbesserung<br />
darstellt.<br />
Zwecks Optimierung der Belastung<br />
in den einzelnen Trainingseinheiten<br />
bedarf es tieferer Kenntnisse<br />
der einzelnen Belastungskomponenten<br />
und ihrer komplexen<br />
Interaktion. Allgemein werden<br />
für die Charakterisierung des Trainings<br />
folgende Belastungsnormative<br />
unterschieden:<br />
• Reizintensität (als präziseren<br />
Ausdruck empfehlen wir Reizhöhe<br />
oder Reizstärke, allerdings<br />
ist der Begriff Reizintensität in<br />
der Trainingspraxis üblich):<br />
Höhe (Stärke) des einzelnen<br />
Reizes<br />
• Reizdichte: zeitliches Verhältnis<br />
von Belastungs- und Erholungsphase<br />
• Reizdauer: Einwirkungsdauer des<br />
Einzelreizes bzw. der Reizserie<br />
• Reizumfang: Gesamtdauer der<br />
Reize pro Trainingseinheit<br />
113
Allgemeine Trainingsgrundlagen<br />
Im <strong>Tennis</strong> wird ein Training vorrangig<br />
durch Reizumfang (Gesamtdauer<br />
der Trainingsreize) und<br />
Reizintensität (Summe aus Reizstärke<br />
und -dichte sowie Pausendauer)<br />
charakterisiert, da die Intensität<br />
des Einzelreizes dort nur<br />
schwer bestimmbar ist und komplexe<br />
Trainings- und Spielformen<br />
jeweils eine (riesige) Summe von<br />
(unterschiedlichen) Einzelreizen<br />
darstellen. Demgegenüber werden<br />
Quantität und Qualität eines<br />
Schnelligkeitstrainings in ausgeprägtem<br />
Maß von Reizstärke,<br />
Reizdichte, Reizdauer, Reizumfang<br />
und Pausengestaltung bestimmt.<br />
Werden die einzelnen Trainingsreize<br />
zu schnell hintereinander gesetzt<br />
(zu hohe Reizdichte) oder die<br />
Streckenlängen zu lang gewählt<br />
(zu hohe Reizdauer) oder die Zahl<br />
der Wiederholungen pro Trainingseinheit<br />
zu hoch angesetzt (zu<br />
hoher Reizumfang), dann geht<br />
dies zu Lasten der Reizintensität<br />
(besser Reizstärke): Die spezifische<br />
Wirkung eines solchen Trainings<br />
wird sich demnach von dem Ziel<br />
einer maximalen Schnelligkeitsentwicklung<br />
entfernen und eher zu<br />
einer Verbesserung der Schnelligkeitsausdauer<br />
führen.<br />
Belastung und<br />
Erholung<br />
Ziel der Belastungen im Training<br />
ist die Superkompensation jener<br />
Organstrukturen, die für den Leistungsfortschritt<br />
verantwortlich<br />
sind. Voraussetzung ist, daß der<br />
Wiederaufbau nicht zu früh durch<br />
vorzeitigen Neuverbrauch, d.h.<br />
durch eine zu früh einsetzende<br />
Belastung zerstört wird. Wird dagegen<br />
die Erholung zu stark betont,<br />
so werden die Spuren der vorangehenden<br />
Trainingseinheit verwischt,<br />
und die Voraussetzungen<br />
für eine Leistungssteigerung entfallen.<br />
Folglich spielt für die Effektivität<br />
eines Trainings neben Trainingsspezifität,<br />
-intensität und<br />
-umfang auch die Erholung eine<br />
bedeutende Rolle. Das auf JAKOW-<br />
LEW zurückzuführende Schema der<br />
drei Varianten des Wechsels von<br />
Belastung und Erholung verdeutlicht<br />
einerseits die Unwirksamkeit<br />
des Trainings bei zu großen und<br />
andererseits bei zu kleinen Erholungspausen<br />
(Abb. 80).<br />
Die Erholungszeit hängt ab von<br />
Inhalt, Intensität und Umfang des<br />
Trainings sowie von verschiedenen<br />
exogenen (z.B. Temperatur und<br />
Luftfeuchtigkeit) und endogenen<br />
(z. B. individueller Leistungszustand,<br />
Alter und Geschlecht)<br />
Bedingungen. Ferner differiert sie<br />
bei den verschiedenen Organsystemen.<br />
So erfolgt beispielsweise die<br />
Erholung nach Kurzzeitbelastungen<br />
sehr schnell (ca. 2 bis 5 Stunden),<br />
während die Resynthese-<br />
Rate für den Energiestoffwechsel<br />
bei langdauernden Belastungen<br />
(z. B. Glykogenaufbau) und vor<br />
allem die Regeneration von Struktureiweiß<br />
(z. B. Muskulatur oder<br />
Enzyme für den Energiestoffwechsel)<br />
sehr langsam (mehr als 24<br />
Stunden) ablaufen. Dies bedeutet<br />
für die Trainingspraxis, daß ein<br />
schnelligkeitsorientiert.es Konditionstraining<br />
oder ein hochintensives,<br />
kurz dauerndes <strong>Tennis</strong>training<br />
bei entsprechendem Trainingszustand<br />
am gleichen Tag ohne Effizienzverlust<br />
einen zweiten Trainingsabschnitt<br />
erlaubt. Demgegenüber<br />
sollte ein intensives, umfangreiches<br />
<strong>Tennis</strong>training oder ein<br />
harter und langdauernder <strong>Tennis</strong>wettkampf<br />
am gleichen und ggf.<br />
auch am darauffolgenden Tag<br />
nicht in gleicherweise wiederholt<br />
werden.<br />
Die Trainingspraxis hat allerdings<br />
gezeigt, daß es nicht sinnvoll sein<br />
kann, jede neue Trainingsbelastung<br />
erst bei völliger Wiederherstellung<br />
aller Leistungsfaktoren<br />
anzusetzen. Allzu lange Erholungspausen<br />
sind nämlich aus<br />
zeitökonomischen Gründen im<br />
Trainingsprozeß nicht durchführbar,<br />
und außerdem kann der für<br />
Spitzenleistungen notwendige<br />
Trainingsumfang nicht erreicht<br />
werden. Im Leistungstraining muß<br />
daher auch schon vor Abschluß<br />
der Herstellungsprozesse trainiert<br />
werden. Dies erfolgt entweder<br />
durch eine Akzentverschiebung<br />
der spezifischen Trainingsreize<br />
oder aber auch durch Summation<br />
gleicher oder veränderter Reize<br />
(z.B. nach dem Serienprinzip).<br />
Diese zusätzliche Aufstockung der<br />
Ermüdung ist eine im Hochleistungstraining<br />
durchaus übliche<br />
Variante der Belastungsfolge. Sie<br />
führt zu einer noch tieferen Ausschöpfung<br />
der Reserven (z. B.<br />
energetisches Potential) und provoziert<br />
eine noch umfangreichere<br />
Anpassung. Allerdings müssen<br />
anschließend entsprechend<br />
größere Erholungsintervalle eingelegt<br />
werden. Zusammenfassend ist<br />
114
Belastung und Erholung<br />
für die <strong>Tennis</strong>praxis die Einhaltung<br />
folgender Regeln wichtig:<br />
• Für die Wiederherstellung und<br />
Superkompensation der Leistungsfähigkeit<br />
ist ein optimaler<br />
Wechsel von Belastung und<br />
Erholung anzustreben.<br />
• Wegen der unterschiedlich<br />
schnellen Erholungsfähigkeit<br />
verschiedener Organsysteme<br />
sind Variationen der Trainingsinhalte<br />
und -methoden erforderlich.<br />
• Auch ein zwei- bis dreimaliges<br />
tägliches Training nach dem<br />
Serienprinzip ist möglich, wenn<br />
die Trainingsbelastungen insgesamt<br />
wellenförmig verlaufen.<br />
Werden die Trainingsreize zu häufig<br />
und sehr frühzeitig in der<br />
Phase der unvollständigen Erholung<br />
gesetzt, kann dies zum Übertrainingssyndrom<br />
und zur Abnahme<br />
der sportlichen Leistungsfähigkeit<br />
führen (s. Abb. 80, S. 114).<br />
Deshalb wird in der Sportpraxis<br />
versucht, die Regeneration durch<br />
unterstützende Maßnahmen<br />
pädagogischer Art (z. B. Individualisierung,<br />
Variabilität des Trainings<br />
usw.), psychologischer Art (Entspannungstechniken,<br />
Psychohygiene<br />
usw.) sowie mit medizinischphysiotherapeutischen<br />
Mitteln<br />
(Verabreichung von Vitaminen,<br />
Mineralien und Kohlenhydraten,<br />
Massage usw.) zu beschleunigen.<br />
Günstige Voraussetzungen für<br />
einen Erfolg dieser Maßnahmen<br />
bieten grundsätzlich eine präzise<br />
Trainingsplanung (einschließlich<br />
Trainingsbuch) sowie regelmäßige<br />
trainings- und wettkampfbegleitende<br />
Untersuchungen zur Leistung<br />
und Gesundheit des Athleten.<br />
In dieser Hinsicht bestehen<br />
speziell im <strong>Tennis</strong> noch erhebliche<br />
Defizite, so daß die Leistungsreserven<br />
auch bei Spitzenspielern<br />
auch nicht vollständig ausgeschöpft<br />
werden.<br />
Überbelastung<br />
und Übertraining<br />
Übertraining kann allgemein definiert<br />
werden als ein Nachlassen<br />
der Leistungsfähigkeit trotz unveränderter<br />
Trainingsbeanspruchungen;<br />
häufig wird die Leistungseinbuße<br />
auch von verschiedenen Zeichen<br />
subjektiver und objektiver<br />
Natur begleitet. Allgemein wird<br />
das Übertraining mit sympathikotonen<br />
Symptomen (basedowoider<br />
Typ) von jenem mit vorrangig pa^<br />
rasympathikotonen Symptomen<br />
Eine Schülerin spielt, die andere pausiert<br />
115
Allgemeine Trainingsgrundlagen<br />
(addisonoider Typ) unterschieden.<br />
Der Sportler klagt beim basedowoiden<br />
Übertrainingszustand<br />
(charakterisiert durch gesteigerte<br />
Erregungsprozesse) vor allem über<br />
leichte Ermüdbarkeit, innere Unruhe,<br />
Schlafstörungen, Abnahme<br />
des Körpergewichts und Neigung<br />
zum Schwitzen (ggf. mit Nachtschweiß),<br />
während beim selteneren<br />
addisonoiden Übertrainingszustand<br />
phlegmatische Haltung und<br />
eher gehemmte Erregungen vorherrschen.<br />
Im Labor können teilweise hohe<br />
Werte von CPK (Creatin-Phospho-<br />
Kinase), Serumharnstoff und Ammoniak<br />
sowie erniedrigte Werte<br />
von Eisen, Magnesium und Kalium<br />
nachgewiesen werden. Auch ein<br />
Anstieg des Quotienten<br />
Kortisol/Testosteron als Maß für<br />
ein unausgewogenes Gleichgewicht<br />
eiweißaufbauender und<br />
-abbauender Prozesse wird als objektivierendes<br />
Mittel angegeben.<br />
Wenn in der sportmedizinischen<br />
Leistungsdiagnostik die maximale<br />
Leistungsfähigkeit herabgesetzt ist<br />
und zugleich eine niedrigere maximale<br />
Laktatbildungsrate vorliegt,<br />
liegt ein weiterer Hinweis für einen<br />
Übertrainingszustand vor. In der<br />
Trainingspraxis fällt auf, daß die<br />
Sportler insbesondere bei Teilleistungen<br />
wie Schnelligkeit, Kraft<br />
und im Ausdauerbereich Leistungseinbußen<br />
erleiden.<br />
Die im folgenden aufgeführten<br />
Punkte gelten als wesentliche<br />
Ursachen für das Übertraining<br />
und sind deshalb möglichst zu<br />
vermeiden:<br />
• Unangemessen hohe Trainingsumfänge<br />
und -intensitäten<br />
• Hohe Summierung oder Dichte<br />
technisch schwieriger Bewegungsabläufe<br />
im Training und<br />
Wettkampf<br />
• Einseitigkeit und Eintönigkeit<br />
der Trainingsinhalte und<br />
-methoden<br />
• Einseitige Ernährung<br />
• Enge Wettkampffolge mit<br />
unzureichenden Erholungsintervallen<br />
• Vorausgehender Infekt (auch<br />
leichter Art) sowie zusätzlicher<br />
beruflicher und/oder privater<br />
Streß<br />
• Vorgabe unrealistischer<br />
Leistungsziele<br />
Da es sich beim Übertraining bzw.<br />
beim Übertrainingssyndrom ursächlich<br />
häufig um eine Summation<br />
von physischen und psychischen<br />
Belastungen handelt, wäre<br />
der Begriff Ȇberbelastung bzw.<br />
Überbelastungssyndrom« zutreffender.<br />
Nach ISRAEL läßt sich das basedowoide<br />
Übertraining bei entsprechender<br />
Behandlung meist innerhalb<br />
von 1 bis 2 Wochen vollständig<br />
beseitigen. Neben der Ausschaltung<br />
aller sozialen und biologischen<br />
Störfaktoren werden als<br />
therapeutische Maßnahmen<br />
genannt: Erhebliche Reduktion des<br />
(intensiven) Spezialtrainings,<br />
Übergang auf aktive Erholung,<br />
leichte Massage und unter Umständen<br />
Milieuwechsel. Ferner ist<br />
auf vollwertige und reichhaltige<br />
Ernährung zu achten. In schweren<br />
Fällen müssen auch Einschlafmittel,<br />
Beruhigungsmittel und Psychotherapie<br />
(dämpfend und entspannend)<br />
in Betracht gezogen<br />
werden.<br />
Das addisonoide Übertraining läßt<br />
sich innerhalb von Wochen, unter<br />
Umständen allerdings erst nach<br />
Monaten, beheben. Auch hier<br />
erfolgt eine Reduktion des Trainingsumfanges,<br />
eventuell verbunden<br />
mit einem Milieuwechsel.<br />
Wichtig sind Maßnahmen der<br />
Physiotherapie und der Balneotherapie;<br />
auch eine Intensivierung der<br />
individuellen psychischen Betreuung<br />
ist erfolgversprechend.<br />
116
Koordinationstraining<br />
<strong>Tennis</strong> ist eine hochkoordinative<br />
Sportart. Die Koordinationsfähigkeit<br />
gehört zu den wichtigsten<br />
leistungslimitierenden Faktoren<br />
im <strong>Tennis</strong>sport.<br />
Ohne gute Koordinationsfähigkeit<br />
ist das Erlernen der <strong>Tennis</strong>technik<br />
nachweislich erschwert. Die<br />
Summe der gut ausgeprägten<br />
koordinativen Fähigkeiten entscheidet<br />
über den Lernerfolg beim<br />
Neulernen und Ausformen von<br />
Bewegungen.<br />
Je besser die Qualität der Koordination<br />
ist, desto geradliniger,<br />
müheloser und präziser wird das<br />
Bewegungsziel erreicht. Die Bewegungsabläufe<br />
werden geschmeidiger<br />
und ökonomischer, der Ermüdungsgrad<br />
sinkt.<br />
Definition und<br />
Systematik<br />
Physiologisch versteht man<br />
unter Koordination das Zusammenwirken<br />
von zentralem<br />
Nervensystem (ZNS) und Skelettmuskulatur<br />
innerhalb eines<br />
gezielten Bewegungsablaufes.<br />
Die Qualität der Koordination wird<br />
von der Bewegungsgeschwindigkeit<br />
und vom Informationsgehalt<br />
bei einer gezielten Bewegung beeinflußt.<br />
Indikatoren für die Koordination<br />
sind besonders Bewegungspräzision<br />
und Bewegungsökonomie.<br />
Man unterscheidet zwischen intramuskulärer<br />
und intermuskulärer<br />
Koordination.<br />
Intramuskuläre Koordination<br />
bezieht sich auf das Zusammenwirken<br />
von Nervenfasern und<br />
Muskelfasern innerhalb eines"<br />
Muskels. Ein hoher Ausprägungsgrad<br />
garantiert eine optimale Zusammenarbeit<br />
bzw. rechtzeitige,<br />
ökonomische und wirkungsvolle<br />
Innervation aller benötigten Muskelfasern<br />
eines Muskels bei einer<br />
gezielten Kontraktion.<br />
Intermuskuläre Koordination bezieht<br />
sich auf das Zusammenwirken<br />
verschiedener Muskeln. Sie<br />
garantiert die optimale Impulsübertragung<br />
in der kinematischen<br />
Kette innerhalb eines ganzkörperlichen<br />
Bewegungsablaufes.<br />
Unter dem Begriff Koordinationsfähigkeit<br />
wurden früher in der Literatur<br />
vor allem die Begriffe Gewandtheit<br />
und Geschicklichkeit<br />
verstanden. Mit diesen zwei Begriffen<br />
kann man aber den gesamten<br />
Bereich der Koordinationsfähigkeit<br />
nicht umfassend beschreiben.<br />
Im Verlaufe der Zeit hat<br />
man deshalb versucht, die Komponenten<br />
der koordinativen<br />
Fähigkeiten zu präzisieren und zu<br />
ordnen, wie aus Abb. 81 hervorgeht.<br />
Man darf allerdings einzelne Teile<br />
der Koordination nicht als selbständige<br />
Komponenten betrachten.<br />
Vielmehr ergeben sich eine<br />
Vielzahl an Kombinationen und<br />
Überschneidungen, und vor allem<br />
sich gegenseitig beeinflussende<br />
Zusammenhänge.<br />
Koordinative<br />
Fähigkeiten<br />
Somit kann man innerhalb des<br />
Koordinationstrainings zwar nach<br />
Bedarf gewisse Schwerpunkte herausgreifen,<br />
im Prinzip muß man<br />
aber die Koordination stets im<br />
Sinne eines komplexen Verfahrens<br />
zur Entwicklung von mehreren nebeneinander<br />
laufenden koordinativen<br />
Fähigkeiten schulen.<br />
Kopplungsfähigkeit<br />
Die erste koordinative Fähigkeit,<br />
die ganz besonders mit anderen<br />
Teilkomponenten der Koordinationsfähigkeit<br />
verbunden ist, ist die<br />
Kopplungsfähigkeit. Darunter versteht<br />
man die Fähigkeit, Teilkörperbewegungen<br />
untereinander<br />
und in Beziehung zu der auf ein<br />
bestimmtes Handlungsziel gerichteten<br />
Gesamtkörperbewegung<br />
117
Koordinationstraining<br />
Abb. 81 Koordinative Fähigkeiten nach BLUME (1978). Die im folgenden aufgeführten<br />
Definitionen der einzelnen koordinativen Fähigkeiten stammen ebenfalls von<br />
BLUME (1978)<br />
zweckmäßig zu koordinieren. So<br />
ist z. B. bei der Ausführung eines<br />
erfolgreichen <strong>Tennis</strong>schlages eine<br />
optimale und präzise Kopplung<br />
verschiedener schlag- und situationsabhängiger<br />
Teilkörperbewegungen<br />
der unteren Extremitäten,<br />
des Rumpfes, des Kopfes und der<br />
oberen Extremitäten untereinander<br />
notwendig.<br />
Man spricht in diesem Zusammenhang<br />
von einer Kettenreaktion<br />
einzelner Muskelglieder dieser<br />
Kette bzw. in biomechanischem<br />
Sinne von einer feinmotorischen<br />
Koordination von Teilimpulsen.<br />
Dies beinhaltet nicht nur die richtige<br />
Reihenfolge des Einsatzes einzelner<br />
Glieder, sondern auch die<br />
Kopplung einer ganzen Reihe von<br />
verschiedenartigen Bewegungsformen<br />
innerhalb eines Bewegungsablaufes<br />
wie z. B. das Strecken<br />
(der Beine), die Verwringung und<br />
Rotation (der Hüften und des<br />
Oberkörpers), die Bogenspannung<br />
und vieles mehr.<br />
Für das tennisspezifische Training<br />
dieser Fähigkeit sind neben einer<br />
großen Variation an tennistechnischen<br />
Bewegungsabläufen<br />
während des Lern- und Übungsvorganges<br />
praktisch alle Ballsportarten,<br />
Wurfbewegungen, Laufund<br />
Sprungformen sowie Bewegungskombinationen<br />
dieser und<br />
anderer Bewegungen, die beispielsweise<br />
in verschiedenen Hindernisparcours<br />
usw. eingebaut sein<br />
können, empfehlenswert.<br />
Differenzierungsfähigkeit<br />
Solche Empfehlungen gelten auch<br />
für die nächste Form der koordinativen<br />
Fähigkeiten: die Differenzierungsfähigkeit.<br />
Hier handelt es<br />
sich um die Fähigkeit zum Erreichen<br />
einer hohen Feinabstimmung<br />
einzelner Bewegungsphasen und<br />
Teilkörperbewegungen, die in<br />
großer Bewegungsgenauigkeit<br />
und Bewegungsökonomie zum<br />
Ausdruck kommt. Eine solche<br />
Fähigkeit ist z. B. dann notwendig,<br />
wenn je nach Position, Lage und<br />
Ziel ein kurzer, flacher Passierball<br />
cross in vollem Lauf außerhalb der<br />
Seitenlinien oder ein harter Cross-<br />
Schlag in die gegnerische Ecke aus<br />
der gleichen Lage und Position geschlagen<br />
werden soll. Ein Sich-Anpassen<br />
an die Situation aufgrund<br />
vielfacher Wahrnehmungen (visueller,<br />
akustischer, kinästhetischer)<br />
über unterschiedliche Muskelspannungen<br />
und Muskelinnervationen<br />
ist eine Voraussetzung der situativen<br />
Technikbewältigung, die in<br />
der Praxis auch mit dem Begriff<br />
»Ballgefühl« beschrieben wird.<br />
Man kann davon ausgehen, daß<br />
die Qualität der Differenzierungsfähigkeit<br />
stark von der Qualität<br />
der Kopplungsfähigkeit abhängt,<br />
d.h., eine Feinabstimmung der Bewegung<br />
ist nur durch eine richtige<br />
Reihenfolge einzelner Innervationsimpulse<br />
zu erreichen. Beide<br />
Fähigkeiten hängen allerdings<br />
wiederum mit einer dritten Fähigkeit<br />
- der Gleichgewichtsfähigkeit<br />
-zusammen.<br />
Gleichgewichtsfähigkeit<br />
Unter Gleichgewichtsfähigkeit<br />
versteht man die Fähigkeit, den<br />
gesamten Körper im Gleichgewichtszustand<br />
zu halten oder<br />
während und nach umfangreichen<br />
Körperverlagerungen diesen<br />
Zustand beizubehalten bzw.<br />
wiederherzustellen.<br />
Optimale Gleichgewichtsfähigkeit<br />
bedeutet z. B. das Gleichgewicht<br />
während des Schlages zu halten,<br />
118
Koordinative Fähigkeiten<br />
was eine Voraussetzung jedes<br />
guten Schlages ist, oder aber das<br />
eventuell verlorene Gleichgewicht<br />
nach einem Schlag im vollen Lauf,<br />
im Sprung usw. sehr schnell<br />
wieder zu erreichen. Hierzu sind<br />
Differenzierungsfähigkeit, Kopplungsfähigkeit<br />
sowie Orientierungsfähigkeit<br />
eine wesentliche<br />
Grundlage.<br />
Im <strong>Tennis</strong> ist sowohl die statische<br />
(Aufschlag, Schlag aus dem Stand)<br />
als auch die dynamische Gleichgewichtsfähigkeit<br />
(Schlag im vollen<br />
Lauf, im Sprung, beim Ausweichen<br />
usw.) von großer Bedeutung.<br />
Das Gleichgewicht wird vor allem<br />
über die Haltung des Kopfes mit<br />
seinem vestibulären Apparat sowie<br />
des Oberkörpers gesteuert.<br />
Sowohl perfekte Beinarbeit, durch<br />
die man die Position des Körperschwerpunktes<br />
im Verhältnis zur<br />
Stützfläche korrigiert bzw. anpaßt,<br />
als auch das Senken des Körperschwerpunktes<br />
in die Nähe der<br />
Bodenfläche sind dabei von entscheidender<br />
Bedeutung.<br />
Orientierungsfähigkeit<br />
Auch die Orientierungsfähigkeit ist<br />
in engem Zusammenhang mit den<br />
drei obengenannten Fähigkeiten<br />
zu sehen. Unter Orientierungsfähigkeit<br />
versteht man die Fähigkeit<br />
zur Bestimmung und Veränderung<br />
von Lage und Bewegungen<br />
des Körpers in Raum und Zeit,<br />
bezogen auf ein definiertes Aktionsfeld<br />
(Spielfeld) und/oder ein<br />
sich bewegendes Objekt (Ball,<br />
Gegner, Partner). Da sich der <strong>Tennis</strong>spieler<br />
während des Ballwechsels<br />
in der Regel andauernd in<br />
Bewegung befindet und sich die<br />
Position des Körpers auf dem Platz<br />
dadurch ständig verändert, kommt<br />
im <strong>Tennis</strong> die raumorientierte,<br />
dynamische Steuerung der eigenen<br />
Bewegungshaltung besonders zur<br />
Geltung. Hinzu kommt die Beobachtung<br />
des Gegners und des Balles<br />
(sowie im Doppel des Mit- und<br />
zweiten Gegenspielers).<br />
Rhythmisierungsfähigkeit<br />
Eine weitere koordinative Fähigkeit<br />
ist die Rhythmisierungsfähigkeit.<br />
Darunter versteht man die<br />
Fähigkeit, einen von außen vorgegebenen<br />
Rhythmus zu erfassen<br />
und motorisch zu reproduzieren<br />
sowie den »verinnerlichten«, in<br />
der eigenen Vorstellung existierenden<br />
Rhythmus einer Bewegung in<br />
der eigenen Bewegungsfähigkeit<br />
zu realisieren. Im <strong>Tennis</strong> steht die<br />
auf der Grundlage kinästhetischer<br />
Informationen »verinnerlichte«,<br />
zeitliche, räumliche und dynamische<br />
Gliederung des Bewegungsablaufes<br />
im Vordergrund. Diese<br />
kann relativ stabil sein, wie z.B.<br />
beim Aufschlag oder einem Schlag<br />
in einer standardisierten Position<br />
oder Situation, sie kann aber auch<br />
im Spiel von der jeweiligen Situation<br />
auf dem <strong>Tennis</strong>platz abhängig<br />
sein. Der Spieler muß aufgrund<br />
der Wahrnehmung der speziellen<br />
Situation seinen eigenen individuellen<br />
Schlagrhythmus dieser Situation<br />
anpassen, d. h., er muß den<br />
situativen Schlagrhythmus immer<br />
wieder neu gestalten bzw. der<br />
Situation angepaßt übernehmen.<br />
Dies ist von seiner Stellung auf<br />
dem Platz (weit hinter der Grundlinie,<br />
vor dieser, auf der T-Linie<br />
usw.), von der Art und Geschwindigkeit<br />
des ankommenden Balles<br />
(schnell, langsam, hoch, flach<br />
usw.), von der beabsichtigten<br />
Schlagart (Topspin, Slice usw.), der<br />
beabsichtigten Ballgeschwindigkeit<br />
(Winner, Angriffsschlag), der Richtung<br />
und der Länge (lang zur<br />
Grundlinie, kurz cross zur Seitenlinie<br />
usw.) abhängig. Die Rhythmisierungsfähigkeit<br />
spielt aber auch<br />
beim Lernen eine wichtige Rolle.<br />
Dabei kommt dem Lehrer eine bedeutende<br />
Rolle zu, indem er durch<br />
Vormachen oder durch akustische<br />
Hinweise während der Lauf- und<br />
Schlagbewegungen des Schülers<br />
dessen Rhythmus reguliert.<br />
Reaktionsfähigkeit<br />
Die Reaktionsfähigkeit ist ein weiterer<br />
Bestandteil der Bewältigung<br />
der koordinativen Aufgaben.<br />
Unter Reaktionsfähigkeit wird die<br />
Fähigkeit zur schnellen Einleitung<br />
und Ausführung zweckmäßiger,<br />
kurzzeitiger, motorischer Aktionen<br />
als Antwort auf ein Signal verstanden.<br />
Im <strong>Tennis</strong> handelt es sich um<br />
eine komplexe Reaktionsfähigkeit,<br />
d.h. um eine situationsbezogene<br />
Anpassungsfähigkeit mit einer<br />
schnellen und zweckmäßigen Einleitung<br />
und Ausführung ganzkörperlicher<br />
Bewegungshandlungen.<br />
Aus einer Auswahl von Signalen<br />
muß der <strong>Tennis</strong>spieler eine bestimmte,<br />
zweckmäßige Entscheidung<br />
schnell treffen und den entsprechenden<br />
Bewegungsvollzug<br />
einleiten. Hierfür braucht er eine<br />
gespeicherte Verfügbarkeit alternativer<br />
oder verschiedener<br />
Lösungsmöglichkeiten. Die entsprechenden<br />
Gedankenprozesse<br />
müssen blitzschnell und intuitiv<br />
ablaufen, damit sie aufgrund des<br />
hohen Zeitdrucks in zweckmäßige<br />
Bewegungen umgesetzt werden<br />
können. So muß z.B. eine blitzschnelle<br />
Entscheidung, ob der<br />
Passierball cross oder longline<br />
geschlagen werden soll, ob ein<br />
Passierball oder Lob in Frage<br />
kommt, ob ein langer Flugball<br />
oder ein Flugballstop die richtige<br />
Lösung ist, mit der unmittelbaren<br />
motorischen Ausführung gekoppelt<br />
werden.<br />
119
Koordinationstraining<br />
Umstellungsfähigkeit<br />
Die Qualität der reaktiven Handlung<br />
hängt wiederum von der<br />
Qualität der bisher erwähnten<br />
koordinativen Fähigkeiten sowie<br />
schließlich von der Umstellungsfähigkeit<br />
ab. Unter Umstellungsfähigkeit<br />
versteht man die Fähigkeit,<br />
während des Handlungsvollzugs<br />
aufgrund wahrgenommener<br />
oder vorausgenommener Situationsveränderungen<br />
das Handlungsprogramm<br />
den neuen Gegebenheiten<br />
anzupassen.<br />
Diese Fähigkeit ist stark von der<br />
Orientierungsfähigkeit und Reaktionsfähigkeit<br />
abhängig. Sie spielt<br />
vor allem im Turniertennis eine<br />
wichtige Rolle. Denn hier wird der<br />
Spieler oft mit Situationen konfrontiert,<br />
in denen diese Fähigkeit<br />
von besonderer Bedeutung ist: bei<br />
versprungenen Bällen, Netzrollern,<br />
bei zwingenden Situationen durch<br />
fehlerhafte Antizipation (z.B. wird<br />
der erste Aufschlag des Gegners<br />
auf der Vorhandseite erwartet, er<br />
aber serviert auf die Rückhand),<br />
bei Flugballduellen im Doppel,<br />
beim »Erwischt-Werden« auf dem<br />
falschen Fuß usw.<br />
Für das erfolgreiche Meistern dieser<br />
Situationen ist sowohl die<br />
Schnelligkeit und Genauigkeit der<br />
Wahrnehmung der Situationsveränderung<br />
als auch ein großer<br />
Erfahrungsschatz aus ähnlichen<br />
Situationen erforderlich.<br />
Zusammenfassend kann man sagen,<br />
daß alle erwähnten koordinativen<br />
Fähigkeiten eine Einheit bilden<br />
und daß sie für das Erlernen<br />
und vor allem das spätere Meistern<br />
der situativen Technik im<br />
Match eine unabdingbare Voraussetzung<br />
sind.<br />
In der Literatur finden sich noch<br />
andere Begriffe für koordinative<br />
Fähigkeiten, so die Auge-Hand-<br />
Koordinationsfähigkeit, die der<br />
Kopplungsfähigkeit zuzuordnen<br />
sind, außerdem die beiden Begriffe<br />
Gewandtheit und Timing.<br />
Gewandtheit umfaßt die Differenzierungsfähigkeit,<br />
Kopplungsfähigkeit<br />
und Orientierungsfähigkeit,<br />
während Timing die Differenzierungsfähigkeit<br />
und Kopplungsfähigkeit<br />
einschließt.<br />
Prinzipien des<br />
Koordinationstrainings<br />
Je komplizierter eine Bewegung<br />
abläuft, desto größer wird die<br />
Bedeutung der Koordinationsfähigkeit.<br />
Ferner bietet eine gute<br />
Koordinationsfähigkeit einen<br />
wirksamen Schutz gegen Sportverletzungen<br />
verschiedenster<br />
Ursachen (z.B. Stürze, Überlastungsschäden<br />
usw.).<br />
Die Grundlage einer hohen<br />
Qualität dieser koordinativen<br />
Vorgänge ist ein vielfältiger<br />
Bewegungsschatz. Je mehr dieser<br />
Bewegungsschatz automatisiert<br />
ist, um so mehr wird das zentrale<br />
Nervensystem entlastet.<br />
Das Ziel des Koordinationstrainings<br />
ist folglich sowohl das Einschleifen<br />
von optimalen motorisch-dynamischen<br />
Stereotypen als<br />
auch die Fähigkeit zur Anpassung<br />
an die ständig wechselnden Situationen<br />
im Wettkampf. Für die<br />
Schulung der koordinativen Fähigkeiten<br />
gelten folgende Prinzipien:<br />
• Eine vielseitige sportliche Ausbildung<br />
mit gezielter Erweiterung<br />
des Bewegungsschatzes<br />
verkürzt die Lernzeiten bzw.<br />
macht den Trainingsprozeß bei<br />
der Herausbildung neuer Bewegungsfertigkeiten<br />
und der Vertiefung<br />
der <strong>Tennis</strong>techniken<br />
effektiver.<br />
m<br />
• Verstärktes Erlernen tennisspezifischer<br />
Techniken sowohl in<br />
normalen als auch in schwierigen<br />
Lagen erweitert die Einsatzvoraussetzungen<br />
aller Techniken<br />
in jeder Situation.<br />
• Variable Gestaltung der<br />
Übungsformen steigert die Motivation<br />
der Lernenden und beschleunigt<br />
die Anpassungsleistungen.<br />
• <strong>Tennis</strong>spezifische Koordinationsübungen<br />
auf dem <strong>Tennis</strong>platz<br />
ergänzen das allgemeine<br />
Koordinationstraining.<br />
• Die Phase zwischen dem 8. und<br />
12. Lebensjahr muß besonders<br />
für die allgemeine Koordinationsschulung<br />
genutzt werden.<br />
• Das Koordinationstraining darf<br />
in keiner Phase der Ausbildung<br />
vom Anfänger bis zum Spitzenspieler<br />
unterschätzt werden.<br />
Es ist also notwendig, vor allem<br />
die allgemeine koordinative Schulung<br />
im Kindesalter mehr zu betonen<br />
als bisher. Sie soll breit angelegt<br />
werden und die Ausübung<br />
mehrerer Sportarten umfassen,<br />
wie z.B. verschiedene Ballspiele,<br />
altersspezifische leichtathletische<br />
Disziplinen (Läufe, Sprünge,<br />
Würfe), Gymnastik, aber auch z. B.<br />
Skifahren, Surfen oder Radfahren.<br />
Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt<br />
beim koordinativen Training<br />
ist die Beidseitigkeit. Es ist darauf<br />
zu achten, daß bei jeglichem koordinativem<br />
Training nicht nur die<br />
starke Hand, der starke Fuß und<br />
die starke Körperseite, sondern<br />
beide Arme, beide Beine und<br />
beide Körperseiten regelmäßig<br />
berücksichtigt werden. Dadurch<br />
wird in besonderem Maße die allgemeine<br />
Koordinationsfähigkeit<br />
gefördert, die für die Bewältigung<br />
komplizierter, tennisspezifischer<br />
Bewegungsabläufe in allen möglichen<br />
schwierigen Lagen und<br />
Positionen die Grundlage darstellt.<br />
120
Qualitätsmerkmale des Koordinationstrainings<br />
Qualitätsmerkmale<br />
des<br />
Koordinationstrainings<br />
Das koordinative Training muß<br />
systematisch aufgebaut werden.<br />
In einem ersten Schritt kommt es<br />
auf die Qualität der Koordination<br />
an. Es reicht nicht aus, z. B. »nur<br />
zum Spaß« Fußball, Basketball<br />
und Hockey spielen zu lassen, verschiedene<br />
Gewandtheitsparcours<br />
zu absolvieren oder spezifische<br />
Koordinationsübungen durchzuführen,<br />
vielmehr sollte auf die<br />
Qualität der Technikausführung<br />
bei den ausgewählten Programmen<br />
geachtet werden. Je höher<br />
die Qualität der allgemeinen Koordinationsleistungen<br />
ist, desto eher<br />
können positive Effekte beim<br />
Erlernen und Vertiefen der <strong>Tennis</strong>technik<br />
erwartet werden.<br />
Nach dem Erlernen einzelner koordinativer<br />
Fertigkeiten müssen sie<br />
im zweiten Schritt weiter verbessert<br />
werden, wobei eine hohe Bewegungsgeschwindigkeit<br />
einzelner<br />
Übungen anzustreben ist. Das Erreichen<br />
einer hohen Bewegungsgeschwindigkeit<br />
bei Einhaltung der<br />
Präzision ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal<br />
gelungener Bewegungen.<br />
Im dritten Schritt sollen einfache<br />
oder einzelne koordinative Vorgänge<br />
mit anderen gekoppelt<br />
werden, z. B. Torschuß mit gleichzeitigem<br />
Basketballprellen oder<br />
Ballprellen mit Schläger bei gleichzeitigem<br />
Slalomlauf mit einem<br />
Fußball am Fuß durch Stangen<br />
oder Trampolinspringen mit Ballfangen<br />
und anschließendem Korbschuß<br />
usw.<br />
Weil auf der einen Seite nur durch<br />
zahlreiches Wiederholen ausgewählter<br />
Übungen eine Optimierung<br />
der Koordinationsfähigkeit<br />
erreicht werden kann und weil auf<br />
der anderen Seite aufgrund der Ermüdungsgefahr<br />
das Koordinationstraining<br />
nicht mit großem Umfang<br />
praktiziert werden kann,<br />
sollte es möglichst oft (im Idealfall<br />
praktisch täglich) durchgeführt<br />
werden. Deshalb bietet es sich<br />
auch an, jedes <strong>Tennis</strong>training<br />
durch kurzzeitige koordinative<br />
Übungen von einer Dauer von ca.<br />
3 bis 5 Minuten und ca. drei Serien<br />
zu ergänzen und ca. zweimal<br />
pro Woche zusätzlich eine koordinative<br />
Trainingseinheit von ca. 20<br />
bis 30 Minuten einzubauen.<br />
Dabei ist darauf zu achten, daß<br />
nicht wahllos zu viele und immer<br />
wieder neue verschiedenartige<br />
Übungsformen zur selben Zeit angeboten<br />
werden und daß diese<br />
nicht von Training zu Training immer<br />
wieder komplett wechseln,<br />
sondern daß aus Gründen der<br />
Übertragbarkeit nur so viele<br />
Übungsarten praktiziert werden,<br />
daß diese auch qualitätsmäßig<br />
bewältigt werden können. Erst<br />
dann soll man nach und nach das<br />
Repertoire ausweiten und kombinieren.<br />
Grundsätzlich kann man<br />
das allgemeine und tennisspezifische<br />
Koordinationstraining,<br />
wie in Abbildung 82 dargestellt,<br />
aufteilen.<br />
Abb. 82<br />
Formen des Koordinationstrainings<br />
121
Koordinationstraining<br />
Trainingsbeispiele<br />
Bevor für die einzelnen Bereiche<br />
Übungsformen dargestellt werden,<br />
ist es notwendig, einige trainingsmethodische<br />
Hinweise zu betonen.<br />
Mit Ausnahme der Kleinen und<br />
Großen Spiele soll bei den folgenden<br />
Übungen nach der Wiederholungs-<br />
bzw. Kurzzeitintervallmethode<br />
gearbeitet werden. Die<br />
Reizdauer bewegt sich zwischen<br />
20 und 60 Sekunden bzw. vier bis<br />
zwölf Wiederholungen. Der Reizumfang<br />
beträgt etwa drei bis<br />
zwölf Serien; die Reizdichte soll so<br />
gestaltet werden, daß es vor allem<br />
bei anspruchsvollen Übungsformen<br />
oder Übungsformen, bei<br />
denen die Reizdauer länger ist, zu<br />
einer vollständigen Erholung<br />
kommt.<br />
Die Bewegungsgeschwindigkeit<br />
soll etwa entsprechend der Wettkampfübung<br />
ausgeführt werden.<br />
Abb. 83<br />
Ball gefühlvoll auffangen<br />
<strong>Tennis</strong>spezifisches<br />
Koordinationstraining<br />
Spezielle Übungsformen auf<br />
dem <strong>Tennis</strong>platz mit Ball und<br />
Schläger<br />
| Beispiel 1<br />
Ball abfangen und werfen<br />
• Beide Spieler stehen hinter<br />
Linien (einer hinter der Grundlinie,<br />
der zweite vor der T-Linie,<br />
mit dem Gesicht zueinander);<br />
sie werfen sich den auf dem<br />
Schläger liegenden Ball zu und<br />
versuchen, ihn gefühlvoll mit<br />
dem Schläger aufzufangen,<br />
ohne daß er auf dem Schläger<br />
springt (Abb. 83).<br />
• Nach dem Auffangen wird der<br />
Schläger mit dem Ball um den<br />
Körper herumgeführt und der<br />
Ball anschließend zum Partner<br />
geworfen.<br />
• Nach dem Auffangen wird der<br />
Schläger hinten herum durch<br />
die Beine geführt, und zwischen<br />
den Beinen wird der Ball zum<br />
Partner geworfen.<br />
| Beispiel 2 ^!t|<br />
Doppelkontakt<br />
Zwei Spieler stehen sich am Netz<br />
gegenüber und spielen sich den<br />
Ball übers Netz mit Flugball zu.<br />
• Der Ball wird beim ersten Kontakt<br />
kurz hochgespielt und mit<br />
der zweiten Berührung zum<br />
Partner gespielt.<br />
• Der Ball wird so hochgespielt,<br />
daß er aus einer schwierigen<br />
Lage (links am Körper, zwischen<br />
den Beinen, mit einer Körperdrehung,<br />
hinter dem Rücken,<br />
mit anderer Schlägerseite usw.)<br />
zum Partner zurückgespielt<br />
werden muß.<br />
• Der Ball wird absichtlich in einer<br />
schwierigen Lage angenommen<br />
(links am Körper, zwischen den<br />
Beinen, hinter dem Körper, mit<br />
anderer Schlägerseite usw.) und<br />
aus einer anderen schwierigen<br />
Lage zurückgespielt.<br />
• Alle drei bisherigen Übungen<br />
werden auch mit der »ungeschickten«<br />
Hand durchgeführt.<br />
• Der Ball wird mit der einen<br />
Hand hochgespielt, der Schläger<br />
wechselt in die andere<br />
Hand, und mit dieser wird der<br />
Ball zurückgespielt.<br />
• Alle Übungsformen können<br />
auch als Wettspiel (bis 11 bzw.<br />
21 Punkte) in einem Aufschlagfeld<br />
ausgespielt werden, wobei<br />
Bodenberührung des Balles<br />
bzw. Ball im Netz oder im Aus<br />
als Minuspunkte bewertet<br />
werden.<br />
| Beispiel 3 |<br />
Halbflugball und Flugball<br />
Der Spieler steht auf der T-Linie<br />
und versucht, den vom Trainer<br />
zugespielten Ball immer nur mit<br />
Halbflügball (oder Flugball) zuerst<br />
zu berühren und später zurückzuspielen.<br />
122
Trainingsbeispiele<br />
Abb. 84 Ball als Halbflugball zwischen<br />
den Beinen zurückspielen<br />
• Der Trainer spielt regelmäßig<br />
den Ball auf die Vor- und Rückhandseite<br />
des Spielers zu. Dieser<br />
versucht mit Halbflugball<br />
bzw. Flugball den Ball zurückzuspielen.<br />
• Der Ball wird nun unregelmäßig<br />
und vor allem abwechselnd<br />
kürzer, länger, mehr zur Seite<br />
usw. zugespielt. Der Spieler<br />
muß sich nun der jeweiligen<br />
Situation schnell anpassen.<br />
• Der Ball wird wie bei der vorherigen<br />
Übung zugeworfen, er<br />
darf allerdings ausschließlich<br />
immer nur mit Vorhand- bzw.<br />
nur mit Rückhandhalbflugball<br />
(bzw. Flugball) zurückgespielt<br />
werden.<br />
• Der Ball darf nun ausschließlich<br />
als Halbflugball zwischen den<br />
Beinen zurückgespielt werden,<br />
indem der Arm mit dem Schläger<br />
hinter dem Körper zum Ball<br />
geführt wird (Abb. 84).<br />
• Der Ball darf nun ausschließlich<br />
links am Körper (beim Rechtshänder)<br />
mit der Vorhandseite<br />
des Schlägers als Flugball getroffen<br />
werden, indem der<br />
Schläger beim Schlag hinter den<br />
Körper geführt wird.<br />
• Die bisherigen Schläge können<br />
in festgelegter Reihenfolge<br />
wechseln (z. B. rechts am Körper,<br />
zwischen den Beinen, links<br />
am Körper usw.).<br />
• Alle bisher genannten Übungen<br />
können auch mit der »ungeschickten«<br />
Hand durchgeführt<br />
werden.<br />
E<br />
Beispiel 4<br />
]<br />
Flugball in der Rückenlage<br />
Der Spieler liegt hinter dem Netz<br />
auf dem Rücken und versucht,<br />
zugespielte Bälle zurückzuspielen.<br />
• Der Spieler hält in jeder Hand<br />
einen Schläger. Der Trainer<br />
spielt ihm unregelmäßig in noch<br />
erreichbarer Reichweite Bälle<br />
zu. Der Spieler muß versuchen,<br />
jeden Ball zurückzuspielen<br />
(Abb. 85).<br />
• Der Spieler spielt nun nur mit<br />
einem Schläger.<br />
Abb. 85 Ball aus Rückenlage zurückspielen;<br />
der Spieler hält in jeder Hand<br />
einen Schläger<br />
: Beispiel 5 ]<br />
Hinter einem Lob zurücklaufen<br />
und diesen zurückspielen<br />
Der Spieler steht vor der T-Linie.<br />
Der Trainer spielt einen Lob über<br />
ihn. Der Spieler muß zurücklaufen<br />
und den Lob verschiedenartig als<br />
Passierball zurückspielen.<br />
• Der Spieler läuft und läßt den<br />
Ball vor sich aufspringen. Dann<br />
versucht er, ihn kurz vor dem<br />
zweiten Bodenkontakt mit Hilfe<br />
einer Pendelbewegung mit der<br />
Vorhandseite des Schlägers an<br />
der rechten Körperseite mit<br />
zum Netz zugewandtem<br />
Rücken zurückzuspielen.<br />
• Der Ball soll nun zwischen den<br />
Beinen über das Netz zurückgespielt<br />
werden.<br />
c Beispiel 6 ]<br />
Schlägerwechsel<br />
2 bis 6 Spieler stehen hinter der<br />
Grundlinie. Alle zusammen haben<br />
nur einen Schläger zur Verfügung.<br />
Der Trainer spielt Bälle zu (lang,<br />
kurz, links, rechts usw.). Die Spieler<br />
müssen abwechselnd versuchen,<br />
den Ball zurückzuspielen.<br />
Dabei wird der Schläger nach dem<br />
durchgeführten Schlag immer an<br />
den nächsten Spieler weitergegeben.<br />
Der Spieler, der den Ball nicht<br />
zurückschlägt, scheidet aus. Zum<br />
Schluß gibt es einen Sieger.<br />
Schlagtechnische Übungen in<br />
spezifischen Situationen<br />
[ Beispiel 1<br />
H<br />
Schläge in vollem Lauf<br />
Der Spieler steht unmittelbar hinter<br />
der Grundlinie. Der Trainer<br />
spielt ihm regelmäßig oder verschiedentlich<br />
die Bälle so zu, daß<br />
der Spieler diese im vollen Sprint<br />
gerade noch zurückspielen kann.<br />
123
Koordinationstraining<br />
• Der Spieler steht unmittelbar<br />
hinter der Seitenlinie. Der Ball<br />
wird in die offene Ecke zugespielt.<br />
Der Spieler muß über<br />
6 bis 8 m sprinten und den Ball<br />
zurückspielen.<br />
• Nach dem ersten Schlag aus der<br />
gleichen Grundposition wird ein<br />
zweiter Ball in die andere<br />
Grundlinienhälfte zugespielt.<br />
Der Spieler muß nach dem<br />
ersten Schlag stoppen, von<br />
neuem starten, zurücklaufen<br />
und den zweiten Ball im vollen<br />
Lauf zurückspielen.<br />
• Der Spieler steht in der Mitte<br />
der Grundlinie. Es werden 5<br />
bis 10 Bälle in verschiedene<br />
Richtungen hintereinander<br />
schnell zugespielt. Der Spieler<br />
muß versuchen, alle Bälle<br />
zurückzuspielen.<br />
HSB3HJ3<br />
Maschinengewehr<br />
Der Spieler steht hinter dem Netz.<br />
Der Trainer spielt unregelmäßig in<br />
sehr schneller Reihenfolge 8 bis<br />
12 Bälle in unterschiedlicher<br />
Reichweite und Höhe zu. Der<br />
Spieler muß versuchen, alle Bälle<br />
zurückzuspielen.<br />
öä&jrtäis<br />
Flugball und Schmetterball<br />
Der Spieler steht hinter dem Netz.<br />
Der Trainer spielt ihm abwechselnd<br />
und schnell jeweils einen Ball<br />
zum Flugball und einen auf die<br />
andere Körperseite zum Schmetterball<br />
zu.<br />
• Der Spieler muß abwechselnd<br />
einen tiefen Vorhand-Flugball<br />
und einen Rückhand-Schmetterball<br />
spielen.<br />
• Der Spieler muß abwechselnd<br />
einen tiefen Rückhand-Flugball<br />
und einen Vorhand-Schmetterball<br />
spielen.<br />
Allgemeines<br />
Koordinationstraining<br />
Partnerspiele<br />
c<br />
Betspiel 1"<br />
Wandball<br />
Spielidee: Der gegen die Wand<br />
geworfene und von der Wand<br />
zurückspringende Ball muß vom<br />
Gegenspieler gefangen und unmittelbar<br />
wieder an die Wand<br />
geworfen werden.<br />
Spielgerät: Gymnastikball oder<br />
auch <strong>Tennis</strong>ball.<br />
Spielfeld: 6 m breit (bei 4er-Spiel<br />
8 m breit), 8 m lang (bei Geübten<br />
10 m lang), geteilt durch eine<br />
Trennlinie, die parallel zur Wand<br />
3 m (bei Geübten 1,50 m) entfernt<br />
verläuft. Wandhöhe: mindestens<br />
3,50 m.<br />
Spieler: 1 gegen 1, 2 gegen 2.<br />
Spieldauer: 3 Sätze zu je 10 Punkten;<br />
entsprechende Pause nach jedem<br />
Satz; bis zum Gewinn von 30<br />
Punkten.<br />
Spielregeln: Aufgabe erfolgt in<br />
einer der von Trennlinie und<br />
Seitenlinie gebildeten Ecken. Der<br />
Ball muß von der Wand in das<br />
Feld hinter der Trennlinie zurückspringen.<br />
Er darf nur einmal auf<br />
den Boden aufprallen, bevor ihn<br />
der Gegenspieler fängt. Rückspiel<br />
muß unmittelbar (bis 1 Sekunde)<br />
und von der Stelle des Fangens<br />
aus erfolgen.<br />
Variationen<br />
Position: Spieler steht ca. 1,5 bis<br />
2 m von einer Wand entfernt<br />
(auch <strong>Tennis</strong>wand) mit Blickrichtung<br />
zur Wand.<br />
Aufgabe: Abwehren (berühren<br />
oder fangen) von vom Trainer/<br />
Partner an die Wand geworfenen<br />
und von der Wand zurückprallenden<br />
Bällen:<br />
• Zunächst nur mit den Händen<br />
• Dann mit den Beinen (auf<br />
Qualität des Zuwurfes achten)<br />
• Grundaufgabe mit verschiedenen<br />
Bällen (Softball usw.)<br />
• Variationen der Ballgeschwindigkeit<br />
• Bälle werden indirekt (z. B.<br />
Fußboden/Wand oder Wand/<br />
Fußboden oder Wand/Wand)<br />
übereck gespielt<br />
• Es werden <strong>Tennis</strong>bälle in 2 Farben<br />
benutzt; Bälle mit der einen<br />
Farbe dürfen nur mit den Händen,<br />
die anderen nur mit den<br />
Füßen abgewehrt werden<br />
[ Beispiel 2| na<br />
Prelltennis (s. Abb. 86, S. 125)<br />
Spielidee: Spiel zu zweit; Ball wird<br />
bei jedem Abspiel im Spielkreis so<br />
aufgeprellt, daß der Gegner den<br />
Ball nicht erreicht.<br />
Spielgerät: Gymnastikball, Hohlball<br />
oder auch <strong>Tennis</strong>ball.<br />
Spielfeld: Kreis oder Reifen (Gymnastikreifen)<br />
von 1 m Durchmesser.<br />
Spieler: 1 gegen 1.<br />
Spieldauer: Bis zum Gewinn von<br />
21 Punkten.<br />
Spielregeln: Der Ball muß bei<br />
jedem Prellen im Kreisinnern aufschlagen.<br />
Er darf dabei nur einmal<br />
aufspringen und je nur einmal<br />
vom Spieler berührt werden.<br />
Ungültig sind Bälle, die geworfen<br />
werden, über Reichhöhe aufspringen,<br />
genau in Richtung des<br />
Abspielenden geprellt werden.<br />
124
Trainingsbeispiele<br />
Spielregeln: Das Spielfeld darf<br />
nicht betreten werden (auch die<br />
begrenzenden Linien nicht). Der<br />
Medizinball darf nur durch Treffer<br />
von Würfen ins Rollen kommen.<br />
Als Tor gilt, wenn der Medizinball<br />
eine Seitenlinie des Gegners überschreitet<br />
bzw. berührt. Nicht alle<br />
Bälle sollten zugleich geschossen<br />
werden; einigen Spielern sollte die<br />
Aufgabe des Rückholens von verschossenen<br />
Bällen übertragen<br />
werden.<br />
Abb. 86<br />
Ball im Reifen aufprellen<br />
M'i3 , »SS.Awin<br />
Fußballtennis<br />
Spielidee: Ball mit Fuß, Kopf oder<br />
Brust über eine Linie oder über ein<br />
Netz in das gegnerische Feld befördern.<br />
Kleine Spiele mit Ball<br />
IP'uk 1^'-- Beispiel 1<br />
Stab- oder Bierdeckelhockey<br />
Spielidee: Hallenspiel, bei dem mit<br />
kurzen Stäben oder mit normalen<br />
Bierdeckeln aus Pappe ein <strong>Tennis</strong>ball<br />
in das gegnerische Tor getrieben<br />
wird.<br />
Spielgerät: <strong>Tennis</strong>ball. Staffelstäbe<br />
oder Bierdeckel.<br />
Spielfeld: Entsprechend Hallengröße;<br />
als Tor gelten Bodenmatten<br />
oder Stangen bzw. Kästen.<br />
Spieler: 3 bis 6 Spieler auf jeder<br />
Seite.<br />
Spieldauer: Nach Vereinbarung; es<br />
werden 2 Halbzeiten mit Seitenwechsel<br />
gespielt.<br />
Spielregeln: Der Ball darf nur<br />
durch Schläge mit dem Stab bzw.<br />
Bierdeckel getrieben werden. Nur<br />
dem Torwart ist auch Fußabwehr<br />
gestattet. Falls es keine Außenlinien<br />
gibt, kann auch gegen die<br />
Wand gespielt werden (Spiel mit<br />
der <strong>Band</strong>e).<br />
L<br />
Beispiel -2>^,<br />
Trefferball<br />
Spielidee: Medizinball (Fußball)<br />
mit Zielwürfen aus dem markierten<br />
Feld über die gegnerischen<br />
Linien treiben.<br />
Spielgerät: Ein Medizinball, Gymnastikbälle<br />
entsprechend der Anzahl<br />
der Spieler.<br />
Spieler: 10 gegen 10 (je nach Teilnehmerzahl).<br />
Spielfeld: Quadratisch, z.B. 10 x<br />
10 m oder kleiner; Medizinball<br />
liegt in der Mitte. Die Parteien<br />
besetzen je 2 angrenzende Seitenlinien<br />
übereck.<br />
Spielgerät: Fußball, Handball oder<br />
Faustball.<br />
Spielfeld: Je nach Spielerzahl 10<br />
bis 16 m lang, 4 bis 8 m breit, in<br />
der Mitte geteilt durch Schnur in<br />
80 bis 100 cm Höhe.<br />
Spieler: 4 gegen 4; auch 1 gegen<br />
1, 2 gegen 2 usw.<br />
Spieldauer: Bis zu 21 Punkten.<br />
Spielregeln: Ball kann mit Füßen,<br />
Brust oder Kopf gespielt werden;<br />
zwischen jedem Abspiel darf er<br />
einmal den Boden berühren; im<br />
eigenen Feld kann er dreimal<br />
gespielt werden. Ausnahme beim<br />
Spiel 1 gegen 1: nur einmalige<br />
Ballberührung im eigenen Feld.<br />
Annehmen des Balles im Fluge mit<br />
Kopf, Fuß, Oberschenkel, Brust<br />
berechtigt zu einem zweiten<br />
Schlag des Balles.<br />
Dieser Doppelvorgang zählt als ein<br />
Abspiel. Fehler: Hand-, Armberührung,<br />
Berührung der Leine,<br />
Bodenberührung im Aus.<br />
125
Koordinationstraining<br />
E<br />
^eispiejM^j<br />
Prellball<br />
Spielidee: Der Ball wird durch Prellen<br />
auf den Boden über eine niedrige<br />
Leine in das Feld der Gegenpartei<br />
geschlagen.<br />
Spielgerät: Faustball, Handball<br />
oder Fußball.<br />
Spielfeld: 16 x 8 m, geteilt durch<br />
eine 40 cm hohe Schnur oder 2<br />
Langbänke.<br />
Spieler: 4 gegen 4; auch 2 gegen<br />
2, oder 3 gegen 3 usw.<br />
Spieldauer: 2 x 10 Minuten; auch<br />
Spiel bis 21 Punkte und Feldwechsel<br />
bei 10 Punkten ist möglich.<br />
Spielregeln: Der Ball muß mit geschlossener<br />
Faust geprellt werden.<br />
Er muß bei jedem Zuspiel einmal<br />
aufprellen. Im eigenen Feld darf<br />
er dreimal aufgeschlagen werden,<br />
wobei jeder Spieler den Ball einmal<br />
berühren darf. Die Angabe erfolgt<br />
von der hinteren Begrenzungslinie<br />
auf beiden Füßen stehend außerhalb<br />
des Spielfeldes (auf Vereinbarung<br />
auch Spiel mit offener Hand).<br />
mm*miäm^<br />
Ball über die Schnur<br />
Spielidee: Der von der Gegenpartei<br />
über die Leine geworfene Ball<br />
darf im eigenen Feld nicht zu<br />
Boden fallen und umgekehrt.<br />
Spielgerät: Medizinball, Faustball,<br />
Volleyball, Fußball usw.<br />
Spielfeld: 15 x 7 m bzw. je nach<br />
Raumverhältnissen; Mittelleine<br />
hängt 2,20 bis 2,50 m hoch.<br />
Spieler: 5 gegen 5, 4 gegen 4, 6<br />
gegen 6 usw.<br />
Spielregeln: Der geworfene Ball<br />
darf Boden und Leine nicht berühren.<br />
Er darf im eigenen Feld dreimal<br />
von verschiedenen Spielern<br />
geworfen werden. Es wird z.B. bis<br />
zu 21 Fehlerpunkten gespielt.<br />
Seitenfußball<br />
Spielidee: Fußballspiel mit 3 Spielgruppen:<br />
Torwarte, Innenspielern,<br />
Außenspielern.<br />
Spielgerät: Fußball oder Handball.<br />
Spielfeld: 20 x 40 m bzw. nach<br />
Raumverhältnissen oder Spielerzahl<br />
größer oder kleiner. Tore sind<br />
die hinteren Begrenzungslinien in<br />
ganzer Länge.<br />
Spieler: 8 bis 30 (im Freien auf<br />
jeder Seite).<br />
Spieldauer: 2 x 20 (15) Minuten.<br />
Spielregeln: 6 (2, 4) Spieler jeder<br />
Partei bewachen ihre Torlinie<br />
(Fuß- und Handspiel). Als Tor gilt,<br />
wenn der Ball die Linie bis zur<br />
Reichhöhe der Arme überquert.<br />
6 (2, 4) Außenspieler besetzen<br />
die Seitenlinien (beide Parteien<br />
gemischt). Sie spielen nur außerhalb<br />
des Feldes.<br />
Sie schießen und werfen (Handspiel<br />
ist für sie erlaubt) ihren<br />
Innenspielern den Ball zu oder<br />
geben ihn untereinander ab. Die<br />
restlichen Spieler sind Innenspieler.<br />
Ihnen ist nur Fußspiel gestattet.<br />
Die Innenspieler allein können<br />
Tore erzielen.<br />
Rollball<br />
Spielidee: Medizinball durch<br />
Rollen über Zuspiel in das gegnerische<br />
Tor treiben.<br />
Spielgerät: Medizinball.<br />
Spielfeld: 20 x 10 m oder je nach<br />
Raumverhältnissen. Tore sind die<br />
rückwärtigen Begrenzungslinien in<br />
ganzer Länge.<br />
Spieler: 3 bis 6 auf jeder Seite.<br />
Spieldauer: Nach Vereinbarung.<br />
Spielregeln: Der Ball darf nur gerollt<br />
oder bis Hüfthöhe zugespielt<br />
werden. Der Spieler darf bis zu<br />
3 Schritten mit dem Ball laufen,<br />
muß ihn dabei aber rollen. Der<br />
Ballbesitzer kann nur angegriffen<br />
werden, wenn der Ball in Bewegung<br />
ist (bei zu langem Halten:<br />
Schiedsrichterwurf). Tore können<br />
nur über den rollenden, nicht über<br />
den geworfenen Ball erzielt werden.<br />
Fußspiel ist nicht erlaubt,<br />
Spiel erfolgt vom Feldmittelpunkt<br />
durch Los bzw. nach Torverlust.<br />
Kleine Spiele ohne Ball<br />
Tag und Nacht<br />
Die Parteien sitzen sich an der<br />
Mittellinie gegenüber; es können<br />
zwischen 2 und jeweils 6 bis 8<br />
Spieler pro Partei teilnehmen. Auf<br />
Zuruf »Tag« fängt die vorher als<br />
»Tag« bestimmte Partei die<br />
»Nacht« bis zum Feldrand und<br />
umgekehrt. Anstatt aus dem Sitz<br />
kann man dies auch aus dem<br />
Stand, aus der Rückenlage, aus<br />
der Bauchlage usw. durchführen.<br />
fe^:-"l[E»UO<br />
Ausbrechen<br />
2 Mannschaften bilden 2 Kreise,<br />
einen Innen- und einen Außenkreis,<br />
die nebeneinander in Gegenrichtung<br />
im Kreis laufen. Auf<br />
126
Trainingsbeispiele<br />
ein Zeichen brechen die Glieder<br />
des Innenkreises zum Feldrand<br />
(Wand) aus; der Außenkreis versucht,<br />
abzuschlagen. Es kann auch<br />
umgekehrt verfahren werden, so<br />
daß der Innenkreis den Außenkreis<br />
fängt.<br />
Große Spiele<br />
Bei den Großen Spielen werden<br />
vor allem Fußball, Hockey, Basketball,<br />
Volleyball, Handball, Korbball<br />
und im Winter auch Eishockey<br />
empfohlen.<br />
Diese Sportspiele sollen nach den<br />
regulären Wettkampfregeln gespielt<br />
werden. Und es ist darauf zu<br />
achten, daß der technischen Qualität<br />
bzw. Ballbehandlung der Vorrang<br />
gegeben wird. Mit anderen<br />
Worten: Es soll nicht nur »gespielt«<br />
werden; vielmehr soll die<br />
spezifische Schulung der unterschiedlichen<br />
Ballbehandlung<br />
(Technik der einzelnen Sportarten)<br />
im Vordergrund stehen.<br />
Übungsformen:<br />
Einzelübungen mit Gerät<br />
| | : Beispiel 1<br />
Slalomlauf<br />
Der Spieler läuft mit dem Ball am<br />
Fuß durch eine Slalomstrecke aus<br />
mindestens 6 Toren (Stangen).<br />
Dabei kann hin- und zurückgelaufen<br />
und Zeit genommen werden.<br />
Variationen<br />
Wie Grundübung,<br />
• nur mit dem rechten Fuß,<br />
• nur mit dem linken Fuß,<br />
• mit beiden Füßen,<br />
• jeweils im Vorwärtslauf,<br />
• jeweils im Rückwärtslauf,<br />
• aber gleichzeitig dabei einen<br />
Basketball prellen mit rechter,<br />
linker oder mit beiden Händen,<br />
• aber gleichzeitig dabei einen<br />
Abb. 87 Slalomlauf mit Prellen eines <strong>Tennis</strong>balles und eines Basket- oder<br />
Volleyballes<br />
<strong>Tennis</strong>ball mit einem <strong>Tennis</strong>schläger<br />
prellen (Abb. 87),<br />
• aber anstatt einen Fußball zu<br />
treiben, den Slalomlauf mit<br />
Hockeyschläger und Ball absolvieren.<br />
| Beispiel 2<br />
Matten lauf<br />
In der Halle werden verschiedentlich<br />
(links und rechts versetzt)<br />
Matten hingelegt (mindestens 6).<br />
Der Spieler soll die links liegenden<br />
Matten mit Vorwärts-, die rechts<br />
liegenden Matten mit Rückwärtsrollen<br />
überbrücken. Beim Zickzacklauf<br />
in einer bzw. in beiden<br />
Richtungen (hin und zurück) wird<br />
Zeit genommen. Die gleiche<br />
Übung kann dadurch variiert werden,<br />
daß dabei ein Basketball geprellt<br />
werden soll. Während der<br />
Rolle muß er sehr stark geprellt<br />
werden, damit er hoch abspringt.<br />
Er darf während der Rolle nur einmal<br />
den Boden berühren.<br />
| Beispiel 3 |<br />
Hindernislauf<br />
Der Spieler muß durch schnelle<br />
Aktionen Hindernisse (Stangendreieck/Autoreifen)<br />
von geringer<br />
Höhe überspringen bzw. überlaufen.<br />
Variationen<br />
• Es werden unterschiedliche<br />
Bewegungsrichtungen (z.B. nur<br />
rückwärts) festgelegt.<br />
• Alle Stangen werden erhöht.<br />
• Nur 1 oder 2 Stangen werden<br />
erhöht.<br />
• Der Spieler darf sich nur mit<br />
einem Bein fortbewegen.<br />
• Der Spieler muß zusätzlich mit<br />
den Händen Bälle, die ihm zugeworfen<br />
werden, abwehren.<br />
| Beispiel 4<br />
Markierungslauf<br />
Die Spieler überlaufen Markierungen,<br />
z.B. Seile.<br />
127
Koordinationstraining<br />
Variationen<br />
• Schnelles Überlaufen mit jeweils<br />
einem Bodenkontakt zwischen<br />
2 Seilen<br />
• Schnelles Überlaufen mit jeweils<br />
2 Bodenkontakten zwischen 2<br />
Seilen<br />
• Schnelles Überlaufen mit abwechselnd<br />
1 bzw. 2 Bodenkontakten<br />
zwischen 2 Seilen<br />
• Vorwärts- und Rückwärtslaufen<br />
sowie unterschiedliche Zahl der<br />
Bodenkontakte miteinander<br />
kombinieren<br />
a&rafcj©<br />
Gemischter Parcours<br />
Es kann ein beliebig ausgewählter<br />
Parcours aus verschiedenartigen<br />
Hindernissen und Aufgaben zusammengestellt<br />
werden.<br />
Es können Stangen, Kästen, Bock,<br />
Matten, Medizinbälle u.a. aneinandergereiht<br />
werden, um eine<br />
vielseitige koordinative Beanspruchung<br />
des gesamten Körpers zu<br />
erreichen. Das Laufen soll mit<br />
verschiedenartigen Sprüngen,<br />
Würfen, Kletterformen, Rollen<br />
usw. kombiniert werden.<br />
Als Erschwernis kann dabei ein Ball<br />
geprellt, ein Stock auf dem Finger<br />
balanciert, ein <strong>Tennis</strong>ball mit<br />
Schläger geprellt werden usw.<br />
a^sMJ©<br />
Medizinball-Golf<br />
Es werden 9 Kreise (Durchmesser<br />
0,5 m) als »Löcher« aufgezeichnet.<br />
Durch Hindernisse (Geräte,<br />
Matten, Bänke, Schnüre usw.)<br />
wird ein Zickzack-Weg gebildet.<br />
Der Medizinball wird vom Start<br />
aus mit dem Fuß in Bewegung gebracht.<br />
Der Ball soll immer in den<br />
aufgezeichneten Kreisen enden.<br />
Jeder Stoß mit dem Fuß zählt.<br />
Sieger ist, wer die wenigsten<br />
Stöße benötigt.<br />
Abb. 88<br />
Ball in der Luft halten<br />
:• ' : ;#^^^^BeLspleJ.^7 -• •.<br />
Ball in der Luft halten (Abb. 88)<br />
Der Spieler hält durch kurzfristiges<br />
Berühren mit verschiedenen Körperteilen<br />
Bälle in der Luft.<br />
Variationen<br />
• Zunächst nur mit den Füßen<br />
(mit den Beinen)<br />
• Dann mit den Händen (mit den<br />
Armen/Schultern)<br />
• Wiederholungen der »starken«<br />
und der »schwachen« Seite<br />
• Kombination nach festgelegtem<br />
Muster, z. B. Ballwandern von<br />
unten nach oben (von den Beinen<br />
über die Arme) usw.<br />
• Übungsausführung mit verschiedenen<br />
Bällen (z.B. Fußball,<br />
Handball, Volleyball, <strong>Tennis</strong>ball,<br />
Rugbyball, Luftballon)<br />
• Kombination der Grundaufgaben<br />
mit verschiedenen Bällen<br />
nacheinander (z.B. <strong>Tennis</strong>ball,<br />
Softball, Rugbyball) '<br />
j<br />
Beispjel8l 1<br />
Springen auf Minitrampolin<br />
Der Spieler federt/springt mit beiden<br />
Beinen auf einem Klein- oder<br />
Minitrampolin und führt gleichzeitig<br />
Wurfbewegungen aus.<br />
Variationen<br />
• Basketballkorbwurf<br />
• Handballzielwurf<br />
• Sprungvariationen, z.B. halbe<br />
Drehung<br />
• Würfe auch über die<br />
»ungeübte« Seite<br />
Bejspiel 9"<br />
Rollschuhlaufen<br />
Der Spieler lernt Grundstrukturen<br />
des Rollschuhlaufens (Seitabstoßtechnik,<br />
Frontalabstoßtechnik,<br />
Stoppen, Richtungsänderungen/<br />
Übersetzen, Kurvenfahren,<br />
Rückwärtsfahren).<br />
Variationen<br />
• Hindernisse umfahren und Tore<br />
unterqueren<br />
• Im Rollen Kleingeräte (z.B.<br />
Bälle) balancieren<br />
Einzelübungen ohne Gerät<br />
L<br />
Beispiel 1<br />
Karusselldrehen<br />
Der Übende sitzt im Schwebesitz<br />
und versucht (entweder gehockt<br />
oder mit gestreckten Beinen), sich<br />
seitlich zu drehen, ohne dabei das<br />
Gleichgewicht zu verlieren. Den<br />
Drehschwung erreicht man durch<br />
Abstoßen mit den Händen.<br />
L<br />
Beispiel 2~<br />
Bauch- und Rückenschaukel<br />
Der Übende liegt entweder auf<br />
dem Bauch oder auf dem Rücken<br />
und versucht, ohne Hilfe der<br />
Hände bei gestreckten Beinen ins<br />
Schaukeln zu kommen.<br />
128
Trainingsbeispiele<br />
[ Beispiel 3<br />
Schwebesitzrollen<br />
Aus dem Schwebesitz versucht der<br />
Übende, ohne den Gebrauch der<br />
Hände über die Seit- zur Bauchlage<br />
zu rollen und weiter zum Sitz<br />
zurückzudrehen usw.<br />
: :<br />
Beispiel 4 ]<br />
Keule umstoßen<br />
2 Partner fassen sich mit beiden<br />
Händen. Die Keule steht zwischen<br />
Hohe Anforderung an die Koordinationsfähigkeit<br />
den Partnern. Durch Ziehen und<br />
Schieben versucht man, den Partner<br />
zum Umstoßen der Keule zu<br />
bringen. Es kann bis 10 gezählt<br />
werden.<br />
Partnerübungen<br />
Beispiel T<br />
Fußtreten<br />
2 Partner stehen sich gegenüber,<br />
Hände auf dem Rücken. Idee: Wer<br />
kann dem Partner auf die Füße<br />
treten? Es wird z.B. bis 10 gezählt.<br />
1<br />
[ Beispiel 2<br />
Sohlenkampf<br />
2 Partner sitzen sich gegenüber im<br />
Schwebesitz; die Fußsohlen sind<br />
leicht geöffnet, so daß man sich<br />
mit den Fußsohlen gegenseitig<br />
berühren kann. Man versucht<br />
nun, durch Stöße (Sohlen gegen<br />
Sohlen) und Täuschen den Partner<br />
aus dem Schwebesitz zu bringen.<br />
Es kann bis 10 gezählt werden.<br />
[ Beispier3<br />
Hinkkampf<br />
2 Partner stehen sich gegenüber<br />
auf einem Bein, Hände auf dem<br />
Rücken. Jeder versucht, den anderen<br />
durch Stoß mit der Brust bzw.<br />
Schulter aus dem Gleichgewicht<br />
zu bringen, so daß dieser mit beiden<br />
Füßen den Boden berühren<br />
muß. Es kann bis 10 gezählt werden.<br />
129
Techniktraining<br />
130
Techniktraining<br />
Bedeutung der<br />
Technik<br />
Der Stellenwert der Technik ist in<br />
den einzelnen Sportarten sehr unterschiedlich.<br />
Es gibt Sportarten, in<br />
denen die Technik relativ einfach<br />
zu erlernen und zu bewältigen ist,<br />
bei denen aber gewisse konditioneile<br />
oder psychische Elemente<br />
dominieren. Im <strong>Tennis</strong>sport ist die<br />
Technik einer der bedeutendsten<br />
leistungslimitierenden Faktoren;<br />
denn nur über die Technik können<br />
konditioneile, taktische und psychische<br />
Fähigkeiten in das Spiel<br />
umgesetzt werden. Dementsprechend<br />
muß der tennistechnischen<br />
Schulung und dem Techniktraining<br />
ein besonderer Stellenwert in der<br />
Gesamtausbildung des <strong>Tennis</strong>spielers<br />
eingeräumt werden.<br />
Es ist allerdings zu betonen, daß<br />
sowohl die qualitative und quantitative<br />
Entwicklung der Technik als<br />
auch die Lerngeschwindigkeit sehr<br />
stark von dem Ausprägungsgrad<br />
der allgemeinen Koordinationsfähigkeit<br />
sowie von den konditionellen<br />
Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />
jedes einzelnen abhängig ist.<br />
Damit ist gemeint, daß Schwächen<br />
sowohl im allgemeinen koordinativen<br />
Bereich als auch im Bereich<br />
der Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit<br />
bzw. deren Kombinationen sich<br />
zwangsläufig negativ auf das<br />
Techniktraining auswirken müssen.<br />
Deshalb darf man Technikschulung<br />
und Techniktraining nicht als<br />
einen getrennten Faktor betrachten,<br />
sondern man muß das Techniktraining<br />
immer als einen Teil<br />
eines unfassenden Gesamttrainings<br />
sehen.<br />
Technikarten<br />
<strong>Tennis</strong>technik ist die individuelle<br />
Realisierung einer angestrebten<br />
Idealbewegung, die als optimale<br />
Bewegungshandlung des Sportlers<br />
durch anatomische, biomechanische<br />
und physikalische Gesetze<br />
und Prinzipien eingeschränkt bzw.<br />
vorgegeben ist. Es gibt zwei Ausprägungsformen:<br />
• Mittlere oder auch elementare<br />
Bewegungsausführung, die<br />
sog. Grundform der Technik,<br />
die den Anfängern vermittelt<br />
wird<br />
• Bewegungsfertigkeit des<br />
Spitzenspielers, die aus der<br />
Grundform entstanden ist, in<br />
der aber der individuelle Stil<br />
integriert ist<br />
Es gibt keine unterschiedliche<br />
Technik für Anfänger oder für<br />
weniger begabte Spieler auf der<br />
einen und für Spitzenspieler auf<br />
der anderen Seite. Es gibt aber<br />
gewisse Qualitätsstufen und<br />
Qualitätsunterschiede.<br />
Je nach Begabung, Fleiß, Motivation<br />
und Zielsetzung erreichen einzelne<br />
Spieler unterschiedliche Stufen<br />
und somit auch eine differenziertere<br />
Ausprägung der Technik<br />
mit entsprechender Spielstärke.<br />
Auch die meisten Spitzenspieler<br />
beherrschen nicht alle Techniken<br />
optimal.<br />
<strong>Tennis</strong>technische<br />
Entwicklung<br />
Die tennistechnische Schulung ist<br />
ein fortlaufender, nie endender<br />
Prozeß, der sich darüber hinaus im<br />
Laufe der Zeit immer wieder den<br />
neuesten sportwissenschaftlichen<br />
Erkenntnissen sowohl im methodischen<br />
als auch im Bereich der Trainingslehre<br />
anpassen muß.<br />
Das Ziel des Techniklernens,<br />
-übens und -trainings ist<br />
• der Erwerb von stabilen technischen<br />
Grundmustern sowie von<br />
automatisierten, überdauernden<br />
und gespeicherten technischen<br />
Fertigkeiten,<br />
• die Einsatzfähigkeit dieser technischen<br />
Fertigkeiten in allen<br />
möglichen instabilen, schwierigen<br />
und ungewohnten Situationen<br />
und Lagen,<br />
bei Einhaltung einer optimalen<br />
Funktionalität in allen matchtypischen<br />
Bedingungen.<br />
Auf diesem Weg kann man die<br />
technische Schulung in 2 Stufen<br />
aufteilen:<br />
131
Techniktraining<br />
1. Stufe: Technik erlernen<br />
2. Stufe: Technik trainieren<br />
Es ist wichtig, diese beiden Stufen<br />
zu betonen und auseinanderzuhalten,<br />
denn sie unterscheiden sich in<br />
der Praxis sowohl inhaltlich als<br />
auch im Umfang und in der Intensität<br />
der Ausführung. Allerdings ist<br />
der Übergang der Stufen nicht<br />
scharf getrennt, sondern fließend.<br />
Technik erlernen<br />
In den ersten Teil dieser Stufe fällt<br />
der Erwerb der Grobform (Grobkoordination)<br />
und des ersten Teils<br />
der Feinform (Feinkoordination).<br />
Neuerwerb, die Erweiterung koordinativer<br />
Fertigkeiten, der Erwerb<br />
eines großen Bewegungsschatzes<br />
und Erfahrungen bis zum Erlangen<br />
einer tennistechnischen Feinkoordination<br />
sind der Inhalt dieser<br />
Phase.<br />
Im zweiten Teil dieser Stufe wird<br />
die Feinform (Feinkoordination)<br />
vervollständigt und die Feinstform<br />
(Feinstkoordination) erreicht. Es<br />
bilden und festigen sich individuelle<br />
Anwendungen der einzelnen<br />
Schlagtechniken, die schließlich in<br />
allen möglichen Situationen und<br />
Lagen anwendbar sein sollen. Das<br />
Üben erfolgt allerdings unter<br />
vereinfachten Bedingungen.<br />
Methodischer Grundsatz beim<br />
Technik erlernen<br />
Es soll so geübt werden, daß die<br />
zu lernenden tennistechnischen<br />
Fertigkeiten möglichst störungsfrei<br />
- unter guten oder gleichbleibenden<br />
Bedingungen,<br />
- unter Berücksichtigung physiologischer<br />
Prozesse, vor allem<br />
was den Energiebedarf und die<br />
Relation von Arbeit und Pausen<br />
betrifft,<br />
- und unter Einhaltung koordinativer<br />
Gesetzmäßigkeiten<br />
regelmäßig und in ausreichender<br />
Zahl wiederholt werden können.<br />
Technik trainieren<br />
Beim Techniktraining steht der<br />
Einsatz erworbener Techniken in<br />
spielähnlichen Situationen im<br />
Vordergrund. Die Technik soll zur<br />
Lösung aller nur denkbaren Situationen<br />
dienen. Das Ziel dieser<br />
Stufe ist die Perfektionierung der<br />
Feinstkoordination und das Erreichen<br />
einer optimalen praktischen<br />
Anwendbarkeit der tennistechnischen<br />
Fertigkeiten unter wechselnden,<br />
insbesondere unter<br />
erschwerten Bedingungen.<br />
In der Endphase dieser Stufe erreicht<br />
die <strong>Tennis</strong>technik eine funktionelle<br />
Vollkommenheit, die die<br />
individuellen Möglichkeiten weitgehend<br />
ausschöpft. Es wird<br />
schließlich die individuelle Grenze<br />
erreicht; das bedeutet, daß sich<br />
der Inhalt dieser Stufe aus wettkampfnahen<br />
Trainingsformen unter<br />
matchähnlichen Bedingungen<br />
und Belastungen zusammensetzt.<br />
Methodischer Grundsatz beim<br />
Technik trainieren<br />
Die zu trainierenden tennistechnischen<br />
Fertigkeiten<br />
- unter sich verändernden Bedingungen,<br />
- in schwierigen Lagen und Situationen,<br />
- mit Variation der Bewegungsausführung,<br />
- unter realen bzw. erschwerten<br />
Wettkampfbedingungen,<br />
- mit zeitweiliger Akzeptanz kleinerer<br />
oder größerer physiologischer<br />
Überbeanspruchung<br />
systematisch zu wiederholen.<br />
Allgemeine Hinweise<br />
zum Lernen und Trainieren<br />
der Technik<br />
Eine sportliche Bewegung versteht<br />
man als einen dynamischen, zielgerichteten<br />
Prozeß, der u.a. von<br />
dem Niveau der koordinativen<br />
Fertigkeiten und konditionellen Eigenschaften<br />
des Spielers abhängig<br />
ist. Darüber hinaus handelt es sich<br />
beim <strong>Tennis</strong> um azyklische Bewegungsabläufe.<br />
Im <strong>Tennis</strong> ist der Bewegungsablauf<br />
der Schlagausführung im Prinzip<br />
einfach und unkompliziert (mit<br />
Ausnahme des Aufschlages). Nicht<br />
der Bewegungsablauf als solcher<br />
ist schwierig, sondern die Auseinandersetzung<br />
mit zwei Geräten<br />
(dem Schläger und dem Ball), was<br />
hohe Ansprüche an die gesamtkörperliche<br />
Koordinationsfähigkeit<br />
stellt. Hinzu kommt noch, daß das<br />
eine Gerät (Ball) über das andere<br />
(Schläger) beherrscht werden<br />
muß. Am Anfang muß bewußt auf<br />
die Qualität der Bewegungsausführung<br />
geachtet werden. Deshalb<br />
besteht eine wichtige Aufgabe<br />
darin, eine möglichst umfassende<br />
(Bewegungs-)Vorstellung<br />
beim Schüler zu schaffen sowie<br />
vielfältige sensorische und<br />
kinästhetische Erfahrungen bei<br />
ihrer Ausführung zu vermitteln und<br />
bewußt zu machen. Das bedeutet,<br />
daß der Schüler Schritt für Schritt<br />
mit dem theoretischen Wissen,<br />
das seinem derzeitigen technischen<br />
Niveau entspricht, konfrontiert<br />
werden soll, um die Bewegungsabläufe<br />
bewußt ausführen zu<br />
können. Das bezieht sich vor allem<br />
auf die Periode der Grobform.<br />
Später, in der Phase der Feinform,<br />
richtet sich die Aufmerksamkeit<br />
immer mehr auf die wichtigsten<br />
Details, d.h., daß die Rückmeldungen<br />
während des Bewegungsablaufes<br />
vor allem die Störfaktoren<br />
betreffen, der Bewegungs-<br />
132
Einführung in die Trainingspraxis<br />
ablauf wird immer mehr<br />
automatisiert.<br />
Ein Bewegungsablauf im <strong>Tennis</strong><br />
gilt dann als automatisiert, wenn<br />
er praktisch »von selbst« abläuft,<br />
so daß der Spieler seine Aufmerksamkeit<br />
voll auf die Taktik richten<br />
kann, dies passiert in der Phase<br />
des Erwerbs der Feinstform. Die<br />
Steuerung und Regulierung der<br />
Bewegung geschieht dabei ohne<br />
Beteiligung des Bewußtseins.<br />
Individuelle Voraussetzungen<br />
Kalendarisches Alter<br />
Grundsätzlich gilt: Je jünger der<br />
Schüler ist, desto vielseitiger muß<br />
das Training gestaltet werden.<br />
Damit ist nicht nur das sportliche<br />
Training in seiner Gesamtheit<br />
gemeint, sondern auch speziell die<br />
tennistechnische Schulung. Im<br />
besonders günstigen Lern- und<br />
Geschicklichkeitsalter, das etwa zwischen<br />
dem 8. bis 12. Lebensjahr<br />
liegt, lernen vor allem begabte<br />
Kinder das gesamte Schlagrepertoire<br />
sehr schnell. Das Lernangebot<br />
sollte dementsprechend breit,<br />
und nicht nur auf die Grundschlagarten<br />
eingeschränkt sein.<br />
Vor allem am Anfang soll das spielerische<br />
Element im Unterricht<br />
dominieren.<br />
Trainingsalter<br />
Die allgemeine Belastungsfähigkeit<br />
im motorischen und kognitiven<br />
Bereich steigt mit zunehmendem<br />
Trainingsalter.<br />
Biologisches Alter<br />
Der Trainer muß das individuelle<br />
Entwicklungsstadium im Vergleich<br />
zum Durchschnitt im tennistechnischen<br />
Unterricht akzeptieren; besonders<br />
im Gruppenunterricht bei<br />
der Zusammenstellung der einzelnen<br />
Gruppen ist darauf zu achten.<br />
Individuelle<br />
Leistungs- und<br />
Belastungsfähigkeit<br />
Diese zwei Faktoren können sich<br />
unter Umständen sehr schnell<br />
ändern, d.h., daß man die allgemeine<br />
und spezielle Entwicklung<br />
bei dem beabsichtigten Vorgehen<br />
im <strong>Tennis</strong>training berücksichtigen<br />
und die Inhalte dem aktuellen<br />
Leistungsstand immer wieder neu<br />
anpassen muß.<br />
Trainings- und<br />
Gesundheitszustand<br />
Nicht nur das unterschiedliche Niveau<br />
der Muskelkraft, Ausdauer,<br />
Schnelligkeit, Technik usw. ist<br />
beim <strong>Tennis</strong> zu respektieren, sondern<br />
auch die Motivation, die derzeitige<br />
Einstellung, die Stimmung<br />
sowie der momentane Gesundheitszustand.<br />
Gesamtbelastungsund<br />
Erholungsfähigkeit<br />
Dabei spielen vor allem äußere<br />
Einflüsse wie Schule, Beruf, Prüfungen,<br />
Familie, Anreisewege usw.<br />
eine große Rolle. Besonders das<br />
tennistechnische Training soll, von<br />
Ausnahmen abgesehen, nicht im<br />
ermüdeten oder erschöpften Zustand<br />
stattfinden.<br />
Psychische<br />
Individualität<br />
Jeder einzelne Schüler ist unterschiedlich<br />
belastbar, und dementsprechend<br />
reagiert er unterschiedlich<br />
auf gesetzte Trainingsreize,<br />
-inhalte, -intensitäten.<br />
Geschlechtsspezifische<br />
Unterschiede<br />
Vor allem in und nach der Pubertät<br />
müssen die Anforderungen geschlechtsspezifisch<br />
unterschiedlich<br />
sein. Demgegenüber sind in der<br />
Vorpubertät keine wesentlichen<br />
Unterschiede in der Belastbarkeit<br />
bzw. Lernfähigkeit festzustellen.<br />
Einführung in die<br />
Trainingspraxis<br />
Wie in allen anderen Sportarten<br />
auch, kommt es im <strong>Tennis</strong> nicht<br />
nur auf den praktischen Inhalt des<br />
Trainings an, sondern es müssen<br />
auch weitere Aspekte berücksichtigt<br />
werden, um das Training sinnvoll<br />
zu gestalten: Die Belastungsintensität,<br />
die Dauer einzelner<br />
Übungen, die Gestaltung der Pausen,<br />
die Reihenfolge der einzelnen<br />
Übungen im Hinblick auf den<br />
Inhalt und vieles mehr ist im modernen<br />
<strong>Tennis</strong>training von großer<br />
Bedeutung.<br />
Erst die Systematik und Planung<br />
ermöglichen einen optimalen Trainingserfolg<br />
und eine steile Leistungssteigerung.<br />
Ein wähl- und<br />
zielloses Aneinanderreihen von<br />
Übungen kann sogar negative<br />
Auswirkungen auf die Leistungssteigerung<br />
haben, mindestens<br />
aber eine Verzögerung und sogar<br />
Stagnation der Entwicklung hervorrufen.<br />
133
Es ist darauf zu achten, daß alle<br />
Schlagarten und Techniken regelmäßig<br />
und systematisch geübt<br />
werden. Für das Üben einer<br />
Schlagart können aus Motivationsgründen<br />
sowie vor allem aus<br />
praktischen Gründen mehrere<br />
Übungsformen gewählt werden.<br />
Eintönigkeit im Training muß vermieden<br />
werden.<br />
Dosierung der<br />
Belastung<br />
Dauer einzelner<br />
Übungen<br />
Die einzelnen Übungen haben nur<br />
dann einen Sinn, wenn sie über<br />
eine gewisse Zeitspanne mit der<br />
entsprechenden Intensität durchgeführt<br />
werden. Aus Gründen der<br />
optimalen Wiederholungszahl und<br />
der Relation von Belastung und<br />
Erholung sollten einzelne Technikübungen<br />
in der Regel 20 Minuten<br />
dauern. Kürzere Trainingsreize<br />
bringen entweder nur einen verminderten<br />
oder gar keinen Lernerfolg.<br />
Andererseits dürfen Übungen<br />
mit hohen Anforderungen an<br />
koordinative Qualitäten - und das<br />
sind fast alle tennistechnischen<br />
Trainingsformen - beim Technik<br />
lernen und einem Teil des Techniktrainings<br />
nicht einen Ermüdungsgrad<br />
überschreiten, bei dem es zu<br />
Störungen der feinmotorischen<br />
Koordination kommen kann.<br />
Sobald es zu Störungen der Feinkoordination<br />
bzw. der Konzentrationsfähigkeit<br />
kommt, muß das<br />
Techniktraining abgebrochen werden.<br />
Durch eine gezielte Verbesserung<br />
des allgemeinen konditionellen<br />
Zustandes werden die möglichen<br />
Belastungszeiten auch im<br />
feinmotorischen Bereich verlängert.<br />
Erfahrungsgemäß dauert<br />
dann eine Übung ohne Gegenspieler<br />
(der Trainer spielt zu, und<br />
der Ball wird vom Schüler nur einmal<br />
geschlagen) ca. 15 bis 30<br />
Minuten.<br />
Eine Übung mit Gegenspieler<br />
(Trainer gibt den Ball ins Spiel, und<br />
die Spieler spielen 2 oder mehrere<br />
Schläge) dauert ca. 20 bis 30<br />
Minuten.<br />
Spezifische koordinative Übungen,<br />
Kraftschnelligkeits- oder Schnellkraft-<br />
bzw. Sprungkraftübungen<br />
innerhalb des Techniktrainings<br />
dauern ca. 1 bis 5 Minuten pro<br />
Übung mit jeweils 2 bis 5 Serien<br />
mit je ca. 6 bis 10 Schlägen pro<br />
Serie und entsprechender Pause<br />
zwischen einzelnen Serien.<br />
Auf diese Weise kann man den<br />
Trainingsumfang sowie die Trainingsintensität<br />
der einzelnen<br />
Übungsarten nach Bedarf optimal<br />
steuern.<br />
Intensität einzelner<br />
Übungen<br />
Die Intensität der Übungen, d. h.<br />
die Schlagzahl pro Serie und/oder<br />
die Geschwindigkeit und der<br />
Krafteinsatz bei der Ausführung<br />
des Schlages, müssen sich nach<br />
dem Fertigkeitsgrad des Spielers<br />
und je nachdem, ob es sich um<br />
Technik erlernen oder um Technik<br />
trainieren handelt oder ob es sich<br />
um rein technisches Training oder<br />
Techniktraining unter Einbeziehung<br />
konditioneller Elemente handelt,<br />
richten.<br />
Grundsätzlich gilt, daß beim Technik<br />
erlernen die Serien ca. 5 bis<br />
15 Schläge pro Spieler pro Serie<br />
beinhalten. Danach soll eine Pause<br />
von ca. 15 bis 25 Sekunden folgen.<br />
Auf diese Weise kommt es zu<br />
keiner nennenswerten Laktatbildung<br />
und Laktatanhäufung. Diese<br />
soll unter 2 mmol/l bleiben. Es soll<br />
im anaeroben alaktaziden Bereich<br />
gearbeitet werden, um eine maximale<br />
Koordinationsfähigkeit, Lernintensität<br />
und Lernschnelligkeit zu<br />
erreichen.<br />
Beim Technik trainieren sollten die<br />
Serien variieren, so wie es auch im<br />
Match der Fall ist. So sollen kurze<br />
Serien von 2 bis ca. 10 bzw. 15<br />
Schlägen überwiegen, es sollen<br />
aber auch dazwischen längere<br />
Serien von 15 bis 25 Schlägen<br />
oder mehr pro Serie eingestreut<br />
werden. Die Gesamtwiederholungszahl<br />
pro Schlag und/oder<br />
Übungsform soll zwischen ca. 150<br />
(Technik erlernen: Grobform, Feinform)<br />
und 200 (Technik trainieren:<br />
Feinstform, Stabilisierung) liegen.<br />
Diese Wiederholungszahl ist nötig,<br />
um ausreichende und tiefe Reizeinwirkung<br />
zu erzielen. Durch eine<br />
niedrigere Zahl erreicht man diese<br />
nicht, bei einer höheren Wiederholungszahl<br />
(über 200 bis weit<br />
über 200) ermüdet vor allem das<br />
zentrale Nervensystem (was die<br />
Koordinationsqualität und Konzentrationsfähigkeit<br />
beeinflußt).<br />
Dies passiert auch, wenn man<br />
lange Serien von 30 bis 70 Schlägen<br />
und mehr fortlaufend wiederholt.<br />
Wie schon gesagt, dauert eine<br />
solche Übungsform ca. 20 bis 30<br />
Minuten. Danach soll eine 2- bis<br />
5minütige Regenerationspause<br />
vor der nächsten Trainingseinheit<br />
erfolgen.<br />
Auch bei der Gruppenarbeit sind<br />
Schlagübungen in Serien, Einzelschlägen<br />
pro Spieler vorzuziehen.<br />
Bei einer gewissen Wiederholungszahl<br />
(5 bis 15 Schläge) in<br />
Reihe ist der Spieler fähig, Hinweise<br />
oder Korrekturen wesentlich<br />
besser und schneller in die Tat<br />
umzusetzen.<br />
Die Schlaggeschwindigkeit soll fertigkeits-<br />
und situationsgemäß in<br />
134
Methodische Hinweise zum Techniktraining<br />
der Regel immer maximal sein.<br />
Das Qualitätsmerkmal hierfür ist<br />
die Erfolgsquote. Am Anfang des<br />
Trainings beurteilt man die Abweichungen<br />
in der Bewegungsausführung<br />
des Spielers, im späteren<br />
Verlauf die Streuung der geschlagenen<br />
Bälle. Der Erfolgsquotient<br />
bei derartigen Beurteilungskriterien<br />
soll bei schwierigeren<br />
Übungsformen wenigstens 60%,<br />
bei einfacheren Übungsformen 70<br />
bis 80% betragen. Falls die angegebene<br />
Zielsicherheit unterhalb<br />
von 50% liegt, ist die Schlaggeschwindigkeit<br />
für das Erreichen<br />
eines optimalen Lern- oder Trainingserfolges<br />
in der Regel zu<br />
hoch, der Spieler ist überfordert.<br />
Falls die Genauigkeit bei 90 bis<br />
100% liegt, ist der Spieler in der<br />
Regel unterfordert, die gestellten<br />
Aufgaben sind zu leicht, die Reizintensität<br />
und Reizqualität sind zu<br />
niedrig.<br />
Methodische<br />
Hinweise zum<br />
Techniktraining<br />
Um einen optimalen Übungsablauf<br />
über 20 Minuten und mehr<br />
bei hoher Schlagfrequenz und in<br />
der richtigen Seriengröße ohne zu<br />
lange Pausen und Unterbrechungen<br />
verwirklichen zu können, ist<br />
es notwendig, eine ausreichende<br />
Anzahl von <strong>Tennis</strong>bällen zur Verfügung<br />
zu haben. Empfehlenswert<br />
ist ein Einkaufswagen mit ca. 100<br />
bis 200 Bällen. Einzelne Übungsreihen<br />
innerhalb einer Trainingseinheit<br />
sollen nach folgenden<br />
methodischen Prinzipien gestaltet<br />
werden:<br />
• Vom Leichten zum Schweren<br />
• Vom langsamen zum schnellen<br />
Tempo<br />
• Reihenfolge der Inhalte: Technik,<br />
Koordinationsschnelligkeit,<br />
Reaktionsfähigkeit, Kraftschnelligkeit<br />
Diese Bereiche müssen im ausgeruhten<br />
Zustand trainiert werden.<br />
Dann folgen Übungen mit dem<br />
Ziel der Verbesserung anaerober<br />
Ausdauer.<br />
Den Abschluß bilden Übungen<br />
für die aerobe Ausdauer.<br />
Die richtige Organisation der Trainingseinheit<br />
ist von großer Bedeutung.<br />
Übungsformen für tennisspezifische<br />
Koordination, für<br />
Kraftschnelligkeit oder Explosivkraft<br />
(Startkraft, Sprungkraft)<br />
müssen relativ kurz sein (6 bis 10<br />
Wiederholungen pro Serie und<br />
2 bis 3 Serien mit 1 bis 2 Min.<br />
Pause dazwischen) und müssen im<br />
ausgeruhten Zustand erfolgen.<br />
Deshalb empfiehlt es sich, zwischen<br />
einzelnen technischen Teilen<br />
einer Trainingseinheit nach der<br />
oben erwähnten Pause die nächste<br />
Übungsform mit einer koordinativen<br />
oder Kraftschnelligkeitsübung<br />
zu beginnen, und/oder die<br />
ganze Trainingseinheit mit diesem<br />
Training anzufangen.<br />
Somit kann man innerhalb jeder<br />
Trainingseinheit von 1V 2 bis 2<br />
Stunden ca. dreimal Koordination<br />
oder/und Kraftschnelligkeit trainieren,<br />
ohne die Gefahr einzugehen,<br />
daß der Organismus für diese<br />
Trainingsbereiche ermüdet ist.<br />
Jegliche Art des tennisspezifischen<br />
Ausdauertrainings auf dem <strong>Tennis</strong>platz<br />
muß allerdings ans Ende der<br />
Trainingseinheit gelegt werden.<br />
Einige wichtige Hinweise für das<br />
Training:<br />
• Jede Trainingseinheit soll mit<br />
ausgiebiger Aufwärmarbeit<br />
beginnen: Lauf, Lockerungsübungen,<br />
Dehnungsübungen,<br />
Sprints, Ballspiel (10 bis 30 Min.<br />
Dauer).<br />
• Auf dem <strong>Tennis</strong>platz selbst mindestens<br />
10 Minuten einschlagen,<br />
wobei am Anfang die Bälle<br />
langsam und hoch geschlagen<br />
werden sollen, um die Muskulatur<br />
und den Organismus tennisspezifisch<br />
vorzubereiten und<br />
Rhythmus und Ballgefühl zu<br />
bekommen. Vor dem Matchtraining<br />
soll die Einschlagdauer<br />
15 bis 20 Minuten dauern.<br />
• Nach jedem Training 10 bis 15<br />
Minuten auslaufen oder lockerschlagen<br />
im langsamen Tempo<br />
(Puls ca. 110 bis 140 Schläge/<br />
Min.), um die Regenerationsvorgänge<br />
einzuleiten und zu<br />
beschleunigen.<br />
Um die Spieler zur richtigen<br />
Körpergewichtsverlagerung<br />
sowie Körperbewegung in<br />
Schlagrichtung zu führen, empfiehlt<br />
es sich, Markierungen<br />
anzubringen, die die Spieler<br />
während des Schlages sowie<br />
nach dem Schlag zu einer Vorwärtsbewegung<br />
in die Schlagrichtung<br />
zwingen, indem sie<br />
diese berühren oder umlaufen<br />
müssen.<br />
Beim Flugball- oder Schmetterballtraining<br />
empfiehlt es sich,<br />
nach dem durchgeführten<br />
Schlag mit dem Schläger das<br />
Netz zu berühren, um den<br />
gleichen Effekt zu erzielen.<br />
• Bei der Mehrzahl der Gruppenübungen<br />
ohne Gegenspieler<br />
sollen die Übenden nach dem<br />
durchgeführten Schlag nach<br />
vorne und vor die Gruppe ausweichen,<br />
bevor sie sich wieder<br />
einreihen. Dadurch wird eine<br />
vorzeitige Rückwärtsbewegung<br />
noch während des Schlages<br />
sowie eine Rücklage im Schlag<br />
- wie es bei dem üblichen Einreihen<br />
nach hinten der Fall ist —<br />
verhindert.<br />
• Bei einer größeren Gruppe<br />
(6 bis 8 Spieler) empfiehlt sich<br />
135
Techniktraining<br />
bei vielen Übungen, daß die<br />
Spieler nach der durchgeführten<br />
Schlagserie einige Bälle aufheben<br />
und in den Wagen<br />
legen. Auf diese Weise kommt es<br />
zu keinem Stau, zu keiner Langeweile<br />
unter den Wartenden.<br />
• Wenn der Spieler zu oft den<br />
Ball ins Netz spielt, hilft folgende<br />
Maßnahme: Jeder Spieler<br />
muß seinen ins Netz gespielten<br />
Ball sofort aufheben und in<br />
den Trainerwagen oder Korb<br />
legen. Dadurch fällt er mindestens<br />
für eine Runde aus. Seine<br />
Konzentration und Genauigkeit<br />
steigen danach beträchtlich.<br />
Trainingsbeispiele<br />
Mit praktischen Trainingsformen<br />
könnte man allein ein komplettes<br />
Buch füllen, denn fast jeder Trainer<br />
hat im Laufe der Zeit eigene<br />
Trainingsformen kreiert oder aber<br />
bekannte Übungen modifiziert.<br />
Hier können nicht alle möglichen<br />
Übungsformen angeboten werden.<br />
In diesem Zusammenhang<br />
wird auf BORN/SCHÖNBORN (1990)<br />
verwiesen.<br />
Die ausgewählten Übungen gelten<br />
stellvertretend für eine Vielzahl<br />
von Variationen und Kombinationen.<br />
Es geht vor allem darum, anhand<br />
einiger Beispiele die zuvor<br />
angeführten Grundsätze praktisch<br />
zu erläutern. Viele Übungen können<br />
auch im Zweiertraining oder<br />
Einzelunterricht angewandt werden.<br />
Der Trainer kann als Zuspieler<br />
des ersten Balles oder als Sparringspartner<br />
fungieren. Wie bereits<br />
erwähnt, ist ein Einkaufswagen<br />
mit 100 bis 200 Bällen notwendig,<br />
um den Umfang und die Intensität<br />
richtig steuern zu können.<br />
Darüber hinaus ist ein perfektes<br />
Zuspiel des Trainers die Voraussetzung<br />
für den Erfolg der jeweiligen<br />
Übung. Nicht nur die Schnelligkeit,<br />
sondern auch Höhe, Länge<br />
und Richtung des zugespielten<br />
Balles, aber auch die richtige Zeitspanne<br />
zwischen zwei zugespielten<br />
Bällen, muß sich nach der<br />
Übungsform, dem Ziel der Übung<br />
sowie dem Alter und der Spielstärke<br />
der Spieler richten.<br />
Grundsätzlich gilt, daß der Spieler<br />
beim Technik-Erlernen nicht durch<br />
zu hohes, zu langes, zu schnelles<br />
oder zu ungenaues Zuspiel unter<br />
Druck gesetzt werden soll. Im Gegenteil,<br />
die Schlagausführung soll<br />
in dieser Phase erleichtert werden,<br />
wodurch die Lernschnelligkeit unterstützt<br />
wird.<br />
Vor allem im Techniktraining werden<br />
dann absichtlich schwierige<br />
Situationen modelliert, um die<br />
Matchähnlichkeit zu erzielen.<br />
Bei einfacheren Übungsarten sowie<br />
im Anfängerbereich können<br />
auch Ballwurfmaschinen eingesetzt<br />
werden.<br />
Die einzelnen Übungen werden<br />
erst dann effektiv ablaufen, wenn<br />
das Prinzip von den Schülern verstanden<br />
wurde. Eine präzise verbale<br />
Beschreibung jeder Übung,<br />
evtl. Eigendemonstration des Trainers<br />
oder eine Durchführung der<br />
Übung im langsamen Tempo<br />
gleich zu Beginn des Trainings sowie<br />
eine Aufklärung der Schüler<br />
über den Sinn der Übung sind<br />
deshalb erforderlich.<br />
Die folgenden Übungsformen sind<br />
in 2 Schwierigkeitsstufen gegliedert.<br />
Die Stufe 1 verfolgt stets<br />
das Ziel der Grobformung, Feinformung<br />
und Stabilisierung der<br />
einzelnen Schlagtechniken. Die<br />
Beispiele 1 bis 11 sind Übungen<br />
der Schwierigkeitsstufe 1. In Stufe<br />
2 werden die Rahmenbedingungen<br />
bei der Schlagausführung in<br />
spieltypischer Weise verändert<br />
(z.B. Treffhöhe, Schlagposition)<br />
und der Schwierigkeitsgrad dadurch<br />
erhöht. Ab Beispiel 12<br />
gehören die Übungen der Stufe 2<br />
an.<br />
Zur optimalen Reizsetzung können<br />
für die meisten Übungsformen folgende<br />
Belastungsnormative empfohlen<br />
werden:<br />
• Dauer der Übung: 15 bis 25<br />
Minuten<br />
• Schläge pro Serie: 7 bis 20<br />
• Serienpause: 15 bis 30 Sekunden<br />
Bei allen übrigen Übungsformen<br />
gelten die in den Beispielen unter<br />
den Abschnitten »Durchführung«<br />
angegebenen Hinweise.<br />
Die grafischen Darstellungen der<br />
im folgenden beschriebenen<br />
Übungsbeispiele sind ab Seite 141<br />
bis Seite 144 zu finden.<br />
| Beispiel 1 |<br />
Grundlinienschlag<br />
Ziel: Grobformung, Feinformung<br />
und Stabilisierung der Grundlinienschläge.<br />
Durchführung: Die Schüler lernen<br />
Grundlinienschläge von Anfang an<br />
aus der Bewegung. Sie müssen<br />
sich zum Schlag mindestens 1 bis<br />
2 m bewegen. Nach 7 bis 10<br />
durchgeführten Schlägen müssen<br />
sie sich nach vorne und seitlich<br />
bewegen - wirklichkeitsgetreue<br />
Bewegungsform zur Mitte mit<br />
richtiger Gewichtsverlagerung.<br />
136
Trainingsbeispiele<br />
l-^s»wte»aM!IH<br />
Flugball<br />
Ziel: Grobformung, Feinformung<br />
und Stabilisierung des Flugballs.<br />
Durchführung: Die Schüler spielen<br />
den Flugball in der Vorwärtsbewegung.<br />
Nach dem Schlag müssen<br />
sie weiter vorrücken und das Netz<br />
berühren, bevor sie den nächsten<br />
Ball spielen. Durch die Netzberührung<br />
werden sie indirekt geleitet,<br />
in der Vorwärtsbewegung<br />
zu schlagen.<br />
-Beispiel^;<br />
Schmetterball<br />
Ziel: Grobformung, Feinformung<br />
und Stabilisierung des Schmetterballs.<br />
Durchführung: 2 Spieler schmettern,<br />
2 warten. Nach jedem<br />
Schmetterball müssen die Spieler<br />
das Netz berühren. Dadurch sind<br />
sie gezwungen, jeden Schmetterball<br />
in der Rückwärtsbewegung zu<br />
spielen. Nach einer Serie wechseln<br />
die Paare.<br />
Lob<br />
Ziel: Grobformung, Feinformung<br />
und Stabilisierung des Lobs.<br />
Durchführung: Der Lob soll gleich<br />
von Anfang an aus der Ecke geübt<br />
werden. Der Trainer muß so überlobbt<br />
werden, daß er auch bei<br />
maximaler Streckung des Armes<br />
den Ball nicht erreichen kann. Die<br />
Grundlinie soll dabei als Ziel<br />
anvisiert werden.<br />
(M&C§<br />
Halbflugball<br />
Ziel: Grobformung, Feinformung<br />
und Stabilisierung des Halbflugballs.<br />
Durchführung: Der Halbflugball<br />
soll aus dem Mittelfeld geübt<br />
werden. Der Spieler muß zum Ball<br />
immer wieder vorwärts laufen.<br />
«•tätäti<br />
Passierschlag<br />
Ziel: Grobformung, Feinformung<br />
und Stabilisierung des Topspin-<br />
Passierballes.<br />
Durchführung: Der Topspin ist der<br />
beste Passierschlag. Er soll von<br />
Anfang an von der Seitenlinie<br />
geübt werden, von woher er<br />
später am häufigsten angewandt<br />
wird.<br />
«töi?<br />
Angriffsschlag<br />
Ziel: Grobformung, Feinformung<br />
und Stabilisierung des Slice-Angriffsballs.<br />
Durchführung: Der Slice soll aus<br />
dem Mittelfeld geübt werden.<br />
Erstens wird dadurch die ideale<br />
Körpergewichtsverlagerung<br />
erreicht, und zweitens wird situationsgemäß<br />
der Slice als Angriffsball<br />
geübt.<br />
I33ft3&t©<br />
Stop<br />
Ziel: Grobformung, Feinformung<br />
und Stabilisierung.<br />
Durchführung: Ähnlich wie der<br />
Slice wird auch der Stop in wirklichkeitsgetreuer<br />
Situation im Mittelfeld<br />
geübt. Dadurch wird er<br />
auch zwangsweise in der Vorwärtsbewegung<br />
und als Alternative<br />
zum Slice gespielt.<br />
©tiöäjMsf<br />
zjm<br />
Flugballstop<br />
Ziel: Grobformung, Feinformung<br />
und Stabilisierung.<br />
Durchführung: Auch der Flugballstop<br />
muß in der Bewegung vorwärts<br />
und in der Nähe der Seitenlinie<br />
geübt werden. Wie beim<br />
Flugballtraining soll der Spieler<br />
nach dem Schlag das Netz<br />
berühren, bevor er sich wieder<br />
einreiht.<br />
HJsö-fiaÄat<br />
Aufschlag<br />
Ziel: Grobformung, Feinformung<br />
und Stabilisierung.<br />
Durchführung: Der Aufschlag wird<br />
sowohl von rechts als auch von<br />
links geübt. Nach entsprechender<br />
Sicherheit wird zunächst die Länge<br />
und dann die seitliche Plazierung<br />
trainiert.<br />
'(Dä&sräHKFÜ<br />
Return<br />
Ziel: Grobformung, Feinformung<br />
und Stabilisierung.<br />
Durchführung: Weil vor allem in<br />
der Anfängerphase die Spieler<br />
nicht aufschlagen können, muß<br />
der Trainer selbst aufschlagen. Es<br />
empfiehlt sich die Aufschlagstellung<br />
hinter der Aufschlaglinie. Von<br />
dort aus kann man das Tempo<br />
sehr gut steuern.<br />
137
Techniktraining<br />
EtetesOäQflS<br />
Grundlinienschlag<br />
Ziel: Schläge weit hinter der<br />
Grundlinie.<br />
Durchführung: Der Trainer spielt<br />
hohe und lange Bälle. Der Spieler<br />
muß zuerst nach hinten ausweichen,<br />
dann den Ball in der Vorwärtsbewegung<br />
schlagen, vor der<br />
Gruppe vorbeilaufen und sich<br />
wieder einreihen.<br />
rafeffilfljl<br />
Grundlinienschlag<br />
Ziel: Schläge mit hohem Treffpunkt.<br />
Durchführung: Der Trainer spielt<br />
etwas kürzere, aber sehr hohe<br />
Bälle zu. Der Spieler muß den Ball<br />
in oder über Schulterhöhe in der<br />
Vorwärtsbewegung schlagen.<br />
(»flgJtta-<br />
Grundlinienschlag<br />
Ziel: Schläge auf schnelle Bälle.<br />
Durchführung: Der Trainer spielt<br />
sehr schnelle Bälle zu. Der Spieler<br />
muß trotzdem die Bälle in der Vorwärtsbewegung<br />
des Körpers<br />
schlagen.<br />
Trainingsbeispiele<br />
WffiWW,<br />
Angriffsschlag<br />
Ziel: Angriffsschlag mit hohem<br />
Treffpunkt.<br />
Durchführung: Der Trainer spielt<br />
die Bälle hoch ca. 2 m vor die<br />
Grundlinie. Der Spieler muß diese<br />
im Vorwärtslaufen in Schulterhöhe<br />
als Slice oder Drive (Vorhand) schlagen<br />
und danach weiter vorrücken.<br />
liEHjnaJg^<br />
Angriffsschlag<br />
Ziel: Angriffsschlag von den<br />
Seitenlinien.<br />
Durchführung: Der Trainer spielt<br />
die Bälle unmittelbar zu den Seitenlinien.<br />
Der Spieler muß diese<br />
als Angriffsball spielen und danach<br />
schräg vorwärts zur Mitte laufen.<br />
^mmim<br />
Schmetterball<br />
Ziel: Schmetterball aus dem<br />
Sprung.<br />
Durchführung: Der Trainer spielt<br />
die Bälle so hoch über den Spieler,<br />
daß dieser sie nur im maximalen<br />
Sprung erreichen kann. Danach<br />
muß er das Netz berühren, bevor<br />
der nächste Ball angespielt wird.<br />
•jjrjffigtgia^:;<br />
Schmetterball<br />
Ziel: Schmetterball nach Lobs über<br />
der linken Körperseite.<br />
Durchführung: Der Trainer spielt<br />
den Ball über die linke Schulter des<br />
Spielers.<br />
Dieser muß sich fast mit dem<br />
ganzen Rücken zum Netz drehen,<br />
nach links rücken und von dort<br />
schmettern.<br />
>®mMm<br />
Schmetterball<br />
Ziel: Rückhand-Schmetterball auf<br />
der linken Platzhälfte.<br />
Durchführung: Der Trainer spielt<br />
die Bälle über die linke Schulter<br />
des Spielers. Dieser muß sie als<br />
Rückhand-Schmetterball longline<br />
(oder cross) schlagen.<br />
Schmetterball<br />
Ziel: Schmetterball nach dem Aufsprung<br />
des Lobs.<br />
Durchführung: Der Trainer spielt<br />
die Bälle über den am Netz stehenden<br />
Spieler. Dieser muß<br />
zurücklaufen, den Ball umlaufen<br />
und nach dem Absprung schmettern.<br />
jlfe Beispiel 30:<br />
Lob<br />
Ziel: Lob aus dem Rückwärtslauf<br />
und aus der Drehung.<br />
Durchführung: Der Trainer spielt<br />
die Bälle über den am Netz stehenden<br />
Spieler. Dieser muß<br />
zurücklaufen und die Bälle als Lob<br />
zurückspielen.<br />
ÜSBfÖäiötl<br />
Passierschlag<br />
Ziel: Passierschlag mit Vorhand<br />
aus dem Rückwärtslauf über die<br />
linke Schulter.<br />
Durchführung: Der Trainer spielt<br />
die Bälle über den am Netz stehenden<br />
Spieler. Dieser muß<br />
zurücklaufen und den Ball mit<br />
dem Rücken zum Netz gedreht<br />
über die linke Schulter zurückschlagen.<br />
•§eaMi&<br />
Passierschlag<br />
Ziel: Passierschlag aus dem Rückwärtslauf.<br />
Durchführung: Der Trainer spielt<br />
die Bälle über den am Netz stehenden<br />
Spieler. Dieser muß<br />
zurücklaufen, den Ball überholen,<br />
ihn an seiner rechten Körperseite<br />
tief fallen lassen und als Passierball<br />
zurückschlagen.<br />
Techniktraining defensiv<br />
Ziel: Sicherheit, Geduld, Konzentration,<br />
Genauigkeit, Rhythmus,<br />
eigene Fehler vermeiden.<br />
Durchführung: 2 Spieler führen<br />
jeden Schlag in gleicher Form aus.<br />
Sie spielen cross-cross oder longline-longline<br />
und versuchen,<br />
wenig Fehler zu machen.<br />
Variation: Zu den Richtungen gibt<br />
der Trainer zusätzlich die Schlagtechnik<br />
vor (z. B. Spieler A Rückhand-Slice<br />
und Spieler B Vorhand-<br />
Topspin).<br />
Techniktraining defensiv<br />
Ziel: Sicherheit, Geduld, Konzentration,<br />
Rhythmus, eigene Fehler<br />
vermeiden durch Höhe und Länge<br />
der Schläge.<br />
Durchführung: 2 Spieler schlagen<br />
Vorhand und Rückhand von<br />
Grundlinie zu Grundlinie. Sie versuchen<br />
jeden Ball zwischen T-Linie<br />
und Grundlinie zu spielen.<br />
Variation: In ca. 1 m Höhe wird<br />
eine Schnur oder ein Bauband<br />
gespannt. Es soll jeder Schlag über<br />
die Schnur gespielt werden.<br />
139
Techniktraining<br />
\r Beispiel 35 |<br />
Techniktraining defensiv<br />
Ziel: Sicherheit, Geduld, Konzentration,<br />
Rhythmus, eigene Fehler<br />
vermeiden trotz Schlagen unter<br />
Zeitdruck.<br />
Durchführung: 1 Spieler schlägt<br />
aus der Vorhandecke abwechselnd<br />
longline und cross. Der Partner<br />
läuft an der Grundlinie und spielt<br />
Vorhand und Rückhand abwechselnd<br />
in die Vorhandecke des<br />
Gegners zurück.<br />
Variation: Zuspieler in der Rückhandecke.<br />
T v Beispiel 36 "|<br />
Techniktraining defensiv<br />
Ziel: Sicherheit, Geduld, Konzentration,<br />
eigene Fehlertrotz intensiver<br />
Laufarbeit vermeiden, Genauigkeit,<br />
Rhythmus.<br />
Durchführung: 1 Spieler spielt<br />
stets cross, während sein Partner<br />
stets longline spielt.<br />
Variation: 3 Spieler spielen 2 gegen<br />
1, wobei 1 Spieler läuft und<br />
cross spielt, und seine Partner ihm<br />
longline die Bälle zuspielen.<br />
| Beispiel 37 "|<br />
Techniktraining offensiv<br />
von der Grundlinie<br />
Ziel: Druckvolles, offensives Spiel,<br />
risikofreudiges, schnelles und aggressives<br />
Spiel, Bälle früh spielen.<br />
Durchführung: 2 Spieler schlagen<br />
Bälle von Grundlinie zu Grundlinie.<br />
Sie stehen dabei im Spielfeld und<br />
sollen dadurch die Bälle früh spielen.<br />
Variation: Der Trainer spielt die<br />
Bälle vom Netz zu.<br />
| Beispiel 38 |<br />
Techniktraining Angriff longline<br />
Ziel: Angriffsball longline in der<br />
Vorwärtsbewegung, Passierschläge<br />
üben.<br />
Durchführung: Auf einen ins Mittelfeld<br />
gespielten Ball greift der<br />
Spieler longline an. Sein Gegner<br />
spielt den Ball longline. Anschließend<br />
versuchen beide, den Punkt<br />
zu erzielen.<br />
Variation: Angriff longline mit der<br />
Rückhand, Angriff longline mit der<br />
Vorhand.<br />
| Beispiel 39 1<br />
Techniktraining Angriff cross<br />
Ziel: Angriffsball cross in der Vorwärtsbewegung,<br />
Passierschläge<br />
üben.<br />
Durchführung: Auf einen ins Mittelfeld<br />
gespielten Ball greift der<br />
Spieler cross an. Sein Gegner spielt<br />
den Ball cross. Anschließend<br />
versuchen beide, den Punkt zu<br />
machen.<br />
Variation: Angriff cross mit der<br />
Vorhand, Angriff cross mit der<br />
Rückhand.<br />
| Beispiel 40 "|<br />
Flugballduelle 2 gegen 1<br />
Zieh Flugball in schneller Reihenfolge.<br />
Durchführung: 1 Spieler spielt<br />
gegen 2 Gegner Flugbälle in verschiedene<br />
Richtungen. Der Trainer<br />
bringt den Ball ins Spiel oder spielt<br />
selbst mit.<br />
Variation: Einzelspieler in der<br />
Mitte, Einzelspieler im linken Aufschlagfeld,<br />
Einzelspieler im rechten<br />
Aufschlagfeld.<br />
Beispiel 41<br />
Flugball-Lob<br />
Ziel: Flugball und Flugball-Lob.<br />
Durchführung: 2 Spieler spielen<br />
Flugbälle gegeneinander. Nach<br />
einem Flugball-Lob wird der<br />
Punkt ausgespielt.<br />
| Beispiel 42<br />
Flugball ausspielen<br />
Ziel: Flugball unter Wettkampfbedingungen,<br />
Reaktionsfähigkeit,<br />
Antizipation, Doppelspiel vorbereiten.<br />
Durchführung: 2 Spieler spielen<br />
von der Aufschlaglinie Flugbälle<br />
gegeneinander. Sie versuchen<br />
nach dem zweiten Schlag den<br />
Gegner auszuspielen. Der Sieger<br />
des Flugballduells spielt gegen den<br />
nächsten Gegner weiter.<br />
Variation: Cross-cross Flugballduelle,<br />
longline-longline in einer<br />
Platzhälfte.<br />
| Beispiel 43<br />
Flugballrhythmus<br />
Ziel: Flugballrhythmus finden.<br />
Durchführung: 2 Doppelpaare<br />
stehen sich in den Aufschlagfeldern<br />
gegenüber. Es darf nur Flugball<br />
gespielt werden, wobei 1 Paar<br />
stets longline und 1 Paar stets<br />
cross spielen soll.<br />
Variation: Wettkampfspezifisch<br />
einen Satz ausspielen (Zählweise<br />
wie beim Tisch-<strong>Tennis</strong>).<br />
| Beispiel 44 1<br />
Aufschläge in Zielbereiche<br />
Ziel: Aufschläge in bestimmte Zielbereiche<br />
spielen können.<br />
140
Durchführung: 2 Spieler schlagen<br />
gleichzeitig auf. Sie versuchen in<br />
markierte Zielbereiche aufzuschlagen,<br />
wobei die Schlagtechnik vorgegeben<br />
ist (z.B. von rechts Slice-<br />
Aufschlag nach außen, von links<br />
Twist-Aufschlag nach außen usw.)<br />
Variation: 2 Spieler retournieren<br />
gleichzeitig.<br />
[ Beispiel 45<br />
Twist-Aufschläge<br />
Ziel: Hoch wegspringende Twist-<br />
Aufschläge üben.<br />
Sein Partner retourniert durch die<br />
Mitte. Der Aufschläger versucht,<br />
den Flugball zu plazieren, und<br />
rückt weiter ans Netz auf. Der<br />
Retournierende versucht, den<br />
Netzspieler zu passieren.<br />
Variation: Erste Aufschläge ins<br />
linke Aufschlagfeld, zweite Aufschläge<br />
auf den Körper des<br />
Gegners.<br />
[ Beispiel 47"<br />
Return<br />
Ziel: Reaktion, Antizipation.<br />
Beispiel;49^<br />
Return auf zweite Aufschläge<br />
Ziel: Aggressive und riskante<br />
Returns üben, Umlaufen der<br />
Rückhand.<br />
Durchführung: Ein Spieler spielt<br />
zweite Aufschläge auf die Rückhandseite<br />
des Gegners. Der<br />
Returnspieler umläuft die Rückhand<br />
und schlägt aggressive<br />
Returns mit der Vorhand.<br />
Variation: Returns von der linken<br />
und rechten Seite.<br />
Durchführung: Die Spieler schlagen<br />
stets Twist-Aufschläge. Sie<br />
versuchen dabei dem Ball soviel<br />
Drall zu geben, daß er durch ein<br />
in entsprechender Entfernung aufgestelltes<br />
Tor fliegt.<br />
Durchführung: 1 Spieler schlägt<br />
auf. Ein anderer Spieler trainiert<br />
Returns. Der Returnspieler versucht<br />
die Returns sehr früh zu<br />
spielen und verringert den Abstand<br />
zur Aufschlaglinie.<br />
[ Beispiel 50<br />
Return mit Angriff<br />
Ziel: Schwache Aufschläge des<br />
Gegners zum sofortigen Angriff<br />
nutzen.<br />
Variation: Anstelle des Tors wird<br />
eine Zauberschnur (oder Bauband)<br />
über dem Netz gespannt.<br />
[ Beispiel 46 1<br />
Aufschlag und Netzangriff<br />
Zieh Aufschlag plazieren, Erreichen<br />
einer günstigen Netzposition,<br />
Flugball, Return.<br />
Durchführung: Der Aufschläger<br />
schlägt von rechts in die Mitte auf<br />
und folgt dem Aufschlag ans Netz.<br />
: Beispiellos<br />
Return<br />
Ziel: Reaktions- und Antizipationszeit<br />
verkürzen, kurze Ausholbewegung,<br />
dem Ball entgegengehen.<br />
Durchführung: Der Trainer (oder<br />
ein Spieler) schlägt auf. Er steht<br />
knapp hinter der Aufschlaglinie.<br />
Der Übende spielt Returns.<br />
Variation: Returns von der linken<br />
und von der rechten Seite.<br />
Durchführung: Ein Spieler (oder<br />
Trainer) spielt zweite Aufschläge.<br />
Der Returnspieler geht sofort aus<br />
dem Return in den Angriff über.<br />
Die bevorzugte Schlagtechnik<br />
hierfür sollte Slice sein, der lang<br />
und relativ flach gespielt wird.<br />
Nach dem Return wird der Punkt<br />
ausgespielt.<br />
Variation: Returns von der linken<br />
und rechten Seite, Return-Stop als<br />
Überraschungsmoment einstreuen.<br />
Für die Erläuterung der Übungsformen<br />
werden die folgenden Zeichen verwendet:<br />
Beispiel 1<br />
Beispiel 2<br />
O<br />
Schüler<br />
~^~Z~ Ballweg vom Schüler<br />
© Trainer<br />
A S<br />
Laufweg<br />
«*- Ballweg vom Trainer<br />
r~1 Markierung<br />
--— #»hart<br />
''""-< hoch<br />
o<br />
Ballkorb<br />
141
Techniktraining<br />
142
Trainingsbeispiele<br />
143
Techniktraining<br />
144
Taktiktraining<br />
Ausgehend von den vier elementaren<br />
taktischen Zielen im Wettkampf,<br />
• eigene Fehler vermeiden,<br />
• dem Gegner zu Fehlern verleiten/zwingen,<br />
• den Gegner keine Gelegenheit<br />
geben, direkte Punkte zu<br />
machen,<br />
• selbst direkte Punkte vorbereiten<br />
und erzielen,<br />
sollten beim Taktik-Training die eigenen<br />
technischen, konditionellen<br />
und mentalen Fähigkeiten unter<br />
Berücksichtigung tatsächlicher (der<br />
Gegner ist bekannt) bzw. fiktiver<br />
(der Gegner ist unbekannt) Fähigkeiten<br />
des Kontrahenten so trainiert<br />
werden, daß diesen taktischen<br />
Zielen entsprochen werden<br />
kann.<br />
Dazu sind vier Prozesse von zentraler<br />
Bedeutung:<br />
1. Man muß wahrnehmen, was<br />
geschieht.<br />
- Was für einen Schlag<br />
(lang/kurz, hoch/flach,<br />
cross/longline, glatt/geschnitten)<br />
hat der Gegner<br />
ausgeführt?<br />
- Wo befindet er sich? Wohin<br />
bewegt er sich? Wo ist die<br />
eigene Position?<br />
2. Man muß beurteilen, was man<br />
wahrnimmt.<br />
- Welche Möglichkeiten hat<br />
man?<br />
- Wie sieht die theoretisch<br />
optimale Lösung aus?<br />
- Ist sie unter Berücksichtigung<br />
der eigenen Fähigkeiten und<br />
der des Gegners durchführbar?<br />
3. Man muß sich für eine Handlung<br />
(ggf. aus mehreren Möglichkeiten)<br />
entscheiden.<br />
- Wie kann man die Situation<br />
entsprechend der Beurteilung<br />
unter den gegebenen<br />
Umständen (die äußeren<br />
Verhältnisse wie Sonne,<br />
Wind, Bodenbelag etc. sind<br />
mit einzubeziehen) optimal<br />
lösen?<br />
4. Man muß handeln.<br />
- Die notwendigen technischen,<br />
konditionellen und<br />
mentalen Fähigkeiten müssen,<br />
entsprechend der getroffenen<br />
Entscheidung, konsequent<br />
eingesetzt werden.<br />
Die ersten drei Prozesse spielen<br />
sich im Kopf ab: wahrnehmen,<br />
beurteilen, entscheiden. Nur diese<br />
drei Stufen betreffen die eigentliche<br />
Taktik. Sie münden in den<br />
vierten Prozeß, das Handeln, was<br />
gleichbedeutend ist mit der technischen<br />
Durchführung der taktischen<br />
Entscheidung.<br />
Taktik muß genauso erlernt und<br />
trainiert werden wie die technischen<br />
Bewegungsabläufe, bevor<br />
sie unter erschwerten Bedingungen<br />
im Wettkampf optimal angewandt<br />
werden kann. Deshalb wird<br />
unterschieden zwischen<br />
• Taktik erlernen und<br />
• Taktik trainieren.<br />
Taktik erlernen<br />
Analog zu den einzelnen Techniken,<br />
die.wir als Grundmuster zur<br />
Lösung von Bewegungsaufgaben<br />
betrachten können, versteht man<br />
unter Taktik erlernen: taktische<br />
Grundmuster erlernen und durchspielen.<br />
Taktische Grundmuster sind typische<br />
und erfolgversprechende<br />
Lösungen für einzelne Spielsituationen.<br />
Unter Taktik erlernen versteht man<br />
also das Üben bestimmter taktischer,<br />
konsequent durchzuführender<br />
Spielzüge, die sich aus Spielsituationen<br />
ergeben. Sie werden<br />
geübt, ohne daß das Verhalten<br />
des Gegners dabei berücksichtigt<br />
wird. Dabei wird nicht gegeneinander,<br />
sondern miteinander<br />
gespielt.<br />
Drei Punkte sind dabei zu beachten:<br />
1. Der Lernende hat für jede<br />
Übung die freie Entscheidung<br />
darüber, ob die sich ihm bietende<br />
Situation den Beginn<br />
einer taktischen Aktion (Grundmuster)<br />
rechtfertigt.<br />
145
Taktiktraining<br />
Er muß z.B. entscheiden, nachdem<br />
er die Situation wahrgenommen<br />
und beurteilt hat, ob<br />
der etwas kürzere Ball des Gegners<br />
sich tatsächlich zum Netzangriff<br />
anbietet oder (noch)<br />
nicht, weil er doch zu lang erscheint.<br />
2. Falls er angreift, entscheidet er<br />
bei diesem Beispiel, ob er longline<br />
oder cross angreift, d.h.,<br />
der Ort des Aufsprunges des<br />
ankommenden Balles »zwingt«<br />
den Übenden, analog der ihm<br />
bekannten optimalen theoretischen<br />
Lösung der entsprechenden<br />
Situation, sich »richtig« zu<br />
entscheiden.<br />
3. Nach der Entscheidung zum<br />
Angriff muß das ausgewählte<br />
taktische Grundmuster konsequent<br />
durchgezogen werden.<br />
Voraussetzung für das richtige<br />
taktische Lernen ist die exakte<br />
Kenntnis des theoretischen Ablaufes<br />
der entsprechenden Aktion.<br />
Der Übende muß bei diesem Beispiel<br />
wissen, warum er wohin<br />
läuft, wo er wann in die optimale<br />
Schlag- oder Drehscheiben-Position<br />
springen muß und wie er<br />
nach dem ersten Flugball reagieren<br />
soll.<br />
Aus methodischer Sicht sollten die<br />
taktischen Muster in zunehmendem<br />
Maße erschwert werden, insbesondere<br />
auch im Blick auf die zu<br />
treffenden Entscheidungen. Allerdings<br />
ist beim »Taktik lernen« der<br />
taktische Plan weitgehend vorgegeben.<br />
Das Verhalten des Gegners<br />
bei den Wahrnehmungs-, Beurteilungs-<br />
und Entscheidungs-Prozessen<br />
spielt noch keine Rolle.<br />
Übungsbeispiele<br />
• Die Spieler A und B spielen sich<br />
von Grundlinie zu Grundlinie<br />
zu; B soll auf die kurzen Bälle<br />
von A mit Rückhand Slice angreifen.<br />
A darf nur passieren<br />
(kein Lob). Der Angriffsschlag<br />
soll lang sein, damit A in Bedrängnis<br />
gerät und B eine günstige<br />
Netzposition einnehmen<br />
kann. Die Richtung des Angriff<br />
sschlages (cross oder longline)<br />
hängt alleine vom Aufsprung<br />
des Balles (Drei-Zonen-<br />
Theorie) ab, unabhängig von<br />
des Gegners Stärke oder<br />
Schwäche. Es geht in erster<br />
Linie darum, ein taktisch günstiges<br />
Grundmuster zu erlernen,<br />
durchzuspielen und zu stabilisieren.<br />
Den anschließenden<br />
Flugball schlägt B cross, unabhängig<br />
davon, ob es sich um<br />
einen Vorhand- oder Rückhand-<br />
Flugball handelt. Dabei entscheidet<br />
er auch, abhängig von<br />
seiner Position und dem Treffpunkt,<br />
ob er den Flugball lang,<br />
als Winner oder als Volley-Stop<br />
spielt.<br />
B muß also wahrnehmen, ob<br />
der Ball relativ kurz ist, d.h. im<br />
T-Linien-Bereich aufspringt,<br />
und ob er aufgrund der Flugbahn,<br />
Geschwindigkeit und<br />
Rotation eher leicht oder eher<br />
schwer als Angriffsschlag zu<br />
spielen ist, sowie ob er cross<br />
(eher aus der Mitte des Spielfeldes)<br />
oder longline (eher aus der<br />
Nähe der Einzel-Seitenlinie) zu<br />
schlagen ist (Drei-Zonen-Theorie).<br />
Danach muß er beurteilen<br />
und sich alternativ entscheiden,<br />
ob er angreift oder noch abwartet,<br />
um dann entsprechend<br />
dem taktischen Grundmuster<br />
vorzugehen.<br />
• Spieler B greift, entsprechend<br />
der Drei-Zonen-Theorie, longline<br />
oder cross an; allerdings<br />
schlägt er jetzt den Flugball<br />
longline oder cross. In diesem<br />
Fall muß B zwei alternative Entscheidungen<br />
nacheinander treffen:<br />
einmal, ob er angreift, zum<br />
anderen, wohin und wie er volliert.<br />
Ob er longline oder cross<br />
angreift, ist vom taktischen<br />
Grundmuster vorgegeben.<br />
• Spieler B geht auf den kurzen<br />
Ball von A vor; jetzt soll er nicht<br />
nur cross bzw. longline angreifen,<br />
sondern kann alternativ<br />
auch einen Stopball spielen,<br />
dem er ans Netz folgt.<br />
Taktik erlernen heißt also, taktische<br />
Grundmuster einzuüben,<br />
damit es später gelingt, die verschiedenen<br />
Möglichkeiten wie z.B.<br />
Slice-Angriff cross oder longline<br />
oder Stopball und Flugball cross<br />
oder longline in eine Wettkampfsituation<br />
einzubetten.<br />
Taktik trainieren<br />
Unter Taktik trainieren versteht<br />
man, die erlernten taktischen<br />
Grundmuster unter erschwerten<br />
Bedingungen in matchähnlichen<br />
Situationen anzuwenden, d.h.,<br />
unter verschiedenen Möglichkeiten<br />
(Grundmustern), bei gleichzeitiger<br />
Berücksichtigung des Verhaltens<br />
des Gegners, entscheiden zu<br />
müssen. Es geht dabei um Aktionen<br />
innerhalb des Spieles gegeneinander.<br />
Übungsbeispiele<br />
• Spieler A und B agieren an der<br />
Grundlinie. A soll jede passende<br />
Möglichkeit wahrnehmen, mit<br />
einem Angriffsball zum Netz zu<br />
kommen. B kann longline oder<br />
cross, schnell oder weich passieren<br />
oder einen Lob spielen.<br />
B muß also wahrnehmen, daß<br />
A angreift, wo dessen Angriffsball<br />
aufspringt und wo sich A<br />
postiert. Dann muß er beurteilen,<br />
welcher Schlag in Frage<br />
kommt, bezogen auf seine<br />
technischen Fähigkeiten, aber<br />
146
Taktik trainieren<br />
auch auf seine Position, sowie<br />
die Position von A und auf dessen<br />
Stärken bzw. Schwächen.<br />
Dann muß er sich für die beste<br />
Möglichkeit entscheiden und<br />
schließlich den entsprechenden<br />
Passierball oder Lob ausführen.<br />
• Spieler B erhält die Aufgabe, A<br />
so unter Druck zu setzen, daß<br />
dessen Schläge kürzer werden,<br />
so daß B mit einem Rückhand-<br />
Slice angreifen kann. Jetzt ist er<br />
allerdings nicht nur in seiner<br />
Entscheidung frei, cross oder<br />
longline, entsprechend dem<br />
taktischen Crundmuster anzugreifen<br />
und den Flugball cross<br />
oder longline, kurz oder lang zu<br />
spielen. Auch Richtung von<br />
Angriffsball und Volley hängen<br />
nun weitgehend von dem Verhalten<br />
(der Position) und den<br />
Fähigkeiten des Gegners ab,<br />
d. h. z. B., ob dieser besser<br />
Rückhand oder Vorhand passieren<br />
kann und ob er eher cross<br />
oder longline bevorzugt.<br />
Die bisher vorgestellten Formen<br />
des Erlernens und Trainierens von<br />
Taktik haben sich auf den einzelnen,<br />
sich wiederholenden Ballwechsel<br />
bezogen. Da diese Ballwechsel<br />
im Match in ein übergeordnetes<br />
Konzept einer Match-<br />
Strategie eingebettet werden müssen,<br />
heißt Taktik trainieren auch<br />
das Üben bestimmter Strategien in<br />
Form von Match-Training.<br />
Übungsbeispiele<br />
Bei den folgenden Beispielen wird,<br />
wie beim Tischtennis, nach Punkten<br />
gezählt.<br />
• Spieler A greift nur mit dem<br />
zweiten Aufschlag, den er<br />
bezüglich Drall, Tempo und<br />
Schlagrichtung frei wählt, an<br />
und läuft ans Netz vor. Der<br />
Punkt wird ausgespielt. Spieler<br />
A schlägt so lange auf, bis einer<br />
der beiden Spieler die ausgemachte<br />
Anzahl an Punkten<br />
erzielt hat. Taktisches Ziel für A:<br />
den Return- und Passierballschwachen<br />
Gegner sofort<br />
attackieren.<br />
• Spieler A hat nur einen Aufschlag.<br />
Spieler B soll diesen<br />
Aufschlag, wenn irgend möglich,<br />
attackieren, d.h. mit dem<br />
Return, dessen Drall und<br />
Tempo er frei wählt, die schwache<br />
Seite von A angreifen. Der<br />
Punkt wird ausgespielt. Taktisches<br />
Ziel für B: die eigene<br />
Flug- und Schmetterballstärke<br />
einsetzen.<br />
• Die Spieler A und B spielen an<br />
der Grundlinie. Der Ball wird<br />
von unten ins Spiel gebracht.<br />
Der Punkt soll nur von der<br />
Grundlinie aus gemacht werden<br />
(kein Stop). Bei diesem Spiel<br />
geht es um die taktischen<br />
Dimensionen Sicherheit bzw.<br />
kontrolliertes Risiko, Plazierung<br />
und Rhythmuswechsel im<br />
Rahmen des Grundlinienspieles.<br />
Taktisches Training kann aber auch<br />
darin bestehen, daß Spieler A bestimmte<br />
taktische Aufgaben erhält,<br />
z.B. nur cross zu spielen oder<br />
Drall und Geschwindigkeit gezielt<br />
zu wechseln. Spieler B muß dies<br />
jeweils erkennen und entsprechend<br />
darauf reagieren.<br />
Bei Taktik erlernen und bei Taktik<br />
trainieren stehen die Prozesse der<br />
Wahrnehmung, Beurteilung und<br />
Entscheidung im Vordergrund. Die<br />
Technik wird benötigt, um über<br />
das Handeln die taktischen Ziele<br />
erreichen zu können. Wird die<br />
Technik fehlerhaft eingesetzt, können<br />
selbstverständlich auch beim<br />
Taktik erlernen oder Taktik trainieren<br />
technische Hinweise und Korrekturen<br />
gegeben werden. Diese<br />
dürfen aber nicht den Schwerpunkt<br />
von Unterricht und Training<br />
ausmachen.<br />
Individuelle<br />
Voraussetzungen<br />
Wahmehmungs-, Beurteilungsund<br />
EntScheidungsprozesse erfordern<br />
in konkreten Spielsituationen,<br />
insbesondere wenn es gilt, die<br />
Stärken und Schwächen des Gegners<br />
und den Spielstand zu<br />
berücksichtigen, psychische Voraussetzungen<br />
wie Geduld und<br />
Konzentration, Mut und Risikobereitschaft<br />
sowie Disziplin. Spielerinnen<br />
und Spieler verfügen über<br />
diese Voraussetzungen jedoch in<br />
individuell unterschiedlicher<br />
Weise. Deshalb soll im folgenden<br />
auf diese individuellen Voraussetzungen<br />
eingegangen werden.<br />
Obwohl diese Voraussetzungen<br />
relativ stabile Persönlichkeitsmerkmale<br />
darstellen, können sie doch<br />
durch gezieltes und kontinuierliches<br />
Training beeinflußt werden.<br />
Dies bezieht sich insbesondere auf<br />
das Üben mit Jugendlichen.<br />
Im folgenden werden zum Teil<br />
Technik-Übungen zum Training<br />
der individuellen Voraussetzungen<br />
herangezogen. Die Korrekturen<br />
und Hinweise sollten sich jedoch<br />
ausschließlich auf die entsprechenden<br />
taktischen Ziele der einzelnen<br />
Übungsbeispiele beschränken.<br />
Geduld und<br />
Konzentration<br />
Häufig ist es notwendig, den Ball<br />
sicher im Spiel zu halten oder einen<br />
bestimmten, dem Gegner unangenehmen<br />
Schlag regelmäßig<br />
zu wiederholen. Hierzu sind<br />
äußerste Konzentration und vor<br />
allem Geduld notwendig. Ungeduldiges<br />
Spiel zerstört den Schlagrhythmus<br />
und führt zu Flüchtigkeitsfehlern.<br />
147
Taktiktraining<br />
Übungsbeispiele<br />
• Ca. 20 Minuten (10 x 1,5 Min.,<br />
d.h. ca. 25 bis 30 Schläge;<br />
Pause jeweils ca. 25 Sek.) in<br />
gleichmäßigem, ruhigem<br />
Rhythmus Bälle schlagen, ohne<br />
Schlagtempo und Rhythmus<br />
wesentlich zu verändern. Taktisches<br />
Ziel: Fehler vermeiden.<br />
• Ca. 10 Minuten in Serien von<br />
15 bis 25 Schlägen mit anschließender<br />
Pause von ca. 20<br />
Sekunden immer nur den gleichen<br />
Schlag (z.B. Vorhand-Topspin,<br />
Rückhand-Slice o.a.) spielen.<br />
Taktisches Ziel: abwarten.<br />
• Alle Bälle möglichst in das von<br />
der Grundlinie und Aufschlaglinie<br />
begrenzte Feld spielen.<br />
Taktisches Ziel: Schlaglänge.<br />
• Das Aufschlagfeld in 2 oder 3<br />
Längsfelder einteilen. Den Aufschlag<br />
in eines dieser Längsfelder<br />
spielen (Aufschlagart, d.h.<br />
Twist, gerade oder Slice, kann<br />
frei gewählt werden). Aufschläge,<br />
die in die anderen Felder<br />
treffen, gelten als Fehler.<br />
Diese Übungsform zwingt zur<br />
besonderen Konzentration und<br />
verleiht dem Spieler jene Schlagsicherheit,<br />
die Voraussetzung dafür<br />
ist, im Match den gewünschten<br />
Aufschlag taktisch einzusetzen.<br />
• Als Match spielen 4 bzw. 6<br />
Spieler auf 2 bzw. 3 Plätzen<br />
Einzel mit Partnerwechsel. Jeweils<br />
nach 20 Minuten (unabhängig<br />
vom Spielstand) werden<br />
die Partner gewechselt, so daß<br />
jeder Übende nach 3 x 20 Minuten<br />
gegen 3 verschiedene<br />
Partner gespielt hat.<br />
Die Schwierigkeit besteht darin,<br />
daß sich die Partner zum einen immer<br />
wieder auf einen neuen Gegner<br />
einstellen müssen, was ein hohes<br />
Maß an Konzentrationsfähigkeit<br />
erfordert, zum anderen nicht<br />
von einem eventuell erzielten Vorsprung<br />
zehren können.<br />
Mut und<br />
Risikobereitschaft<br />
Mut und Risikobereitschaft müssen<br />
in einem vernünftigen Verhältnis<br />
zur dadurch bedingten Fehlerquote<br />
stehen. Um unnötige, hastige<br />
Fehler zu vermeiden, sollte<br />
im Zweifel eher so lange der gleiche<br />
sichere Ball zurückgespielt<br />
werden, bis sich die Chance z. B.<br />
zum Angriffsschlag bietet.<br />
Das kann nach dem ersten oder<br />
erst nach dem zwanzigsten Ballkontakt<br />
sein.<br />
Übungsbeispiele<br />
• Es werden lange Bälle geschlagen.<br />
Auf jeden kürzeren Ball,<br />
der etwa in Höhe der T-Linie<br />
aufspringt, greift der Spieler an.<br />
Die Punkte werden ausgespielt.<br />
• Spieler A schlägt nur sichere<br />
zweite Aufschläge. Mit dem<br />
Return soll Spieler B Druck<br />
machen, d.h. der Return soll<br />
als harter Risikoball zurückgeschlagen<br />
werden oder als<br />
Angriffsball, dem der Retournierende<br />
ggf. ans Netz folgt.<br />
Die Punkte werden ausgespielt.<br />
• Um den zweiten Aufschlag unter<br />
Druck (Matchbedingung) zu<br />
üben, kann der Spieler für die<br />
Dauer eines Satzes nur einen<br />
Aufschlag zur Verfügung haben.<br />
Nur mutig durchgezogene<br />
zweite Aufschläge führen zum<br />
Erfolg. Die Punkte werden ausgespielt.<br />
Disziplin<br />
Disziplin als Selbstdisziplin ist wohl<br />
die wichtigste Grundvoraussetzung<br />
für konsequentes, taktisches<br />
Spiel, insbesondere bei innerer Anspannung<br />
(Nervosität) und äußerem,<br />
nicht zuletzt vom Gegner<br />
ausgehenden Druck. Dies bezieht<br />
sich sowohl auf die Ausführung<br />
eines einzelnen Schlages, eines<br />
Spielzuges (Grundmuster) oder<br />
auf das exakte Einhalten des taktischen<br />
Planes (Match-Strategie).<br />
Übungsbeispiele<br />
• Beide Spieler befinden sich<br />
an der Grundlinie. Auf einen<br />
bestimmten Signalschlag (z. B.<br />
kurzer, halbhoher Ball ins Mittelfeld<br />
auf die Vorhandseite)<br />
werden verabredete Spielzüge<br />
geübt, z.B. abwechselnd Stop-<br />
Bälle und »Winners«. Wichtig<br />
ist, daß die vorgegebene Reihenfolge<br />
zunächst exakt eingehalten<br />
wird (Disziplin), so daß<br />
sich auch der »Zuspieler« (kurzer,<br />
halbhoher Ball ins Mittelfeld)<br />
dem Grundmuster anpassen<br />
kann. Nach einer bestimmten<br />
Zeit sollte variabel gespielt<br />
werden. Die Punkte werden<br />
ausgespielt.<br />
• Beide Spieler befinden sich an<br />
der Grundlinie. Spieler A spielt<br />
jeden Ball z. B. auf die Rückhand<br />
von B, wobei er Schlagart<br />
und Tempo ebenso frei wählen<br />
darf wie darüber befinden, ob<br />
er zum Netz vorgeht oder nur<br />
von hinten agiert. Die Punkte<br />
werden ausgespielt.<br />
Bei den folgenden Beispielen steht<br />
jeweils ein bestimmter Schlag oder<br />
ein bestimmtes taktisches Grundmuster<br />
im Vordergrund.<br />
Aufschlagtraining<br />
Wenn der taktische Plan einen<br />
speziellen Aufschlag in eine<br />
bestimmte Ecke voraussetzt, sollte<br />
zunächst dieser Aufschlag systematisch<br />
ca. 20 Minuten trainiert<br />
werden (Technik-Training). Dann<br />
erfolgt entsprechend das Training<br />
ganzer Spielzüge (Taktik erlernen).<br />
148
Grundlinienspiel<br />
Übungsbeispiele<br />
• Slice-Aufschlag von rechts auf<br />
die Vorhandseite und vorrücken<br />
ans Netz (Platz abdecken);<br />
Rückschlag- und Flugball-Richtung<br />
können frei gewählt<br />
werden. Die Punkte werden<br />
ausgespielt.<br />
• Twist-Aufschlag von links auf<br />
die Rückhand; Rückschlag- und<br />
Flugball-Richtung können frei<br />
gewählt werden. Die Punkte<br />
werden ausgespielt.<br />
• Frei aufschlagen, vorrücken.<br />
Rückschlag auf Vorhand-<br />
Volley-Seite oder Rückhand-<br />
Volley-Seite oder, abhängig von<br />
der Netznähe des Aufschlägers,<br />
den Lob einsetzen. Alternativ<br />
kann der Flugball lang oder<br />
kurz (Volley-Stop) ausgeführt<br />
werden. Die Punkte werden<br />
ausgespielt.<br />
Diese Trainingsbeispiele können<br />
auch von mehreren Spielern<br />
gleichzeitig absolviert werden. Ein<br />
Spieler retourniert, die anderen<br />
schlagen der Reihe nach auf. Haben<br />
alle serviert, nimmt der nächste<br />
Spieler die Returnposition ein.<br />
Dabei können Punkte vergeben<br />
und nach einer bestimmten<br />
Anzahl von Durchgängen kann<br />
ein Sieger ermittelt werden.<br />
Returntraining<br />
Gelegentlich erfordert der strategische<br />
Plan einen bestimmten<br />
Rückschlag, was dessen Richtung,<br />
Tempo oder Schlagart (z. B. Slice,<br />
Topspin) betrifft.<br />
Übungsbeispiele<br />
• Spieler A schlägt wahlweise auf<br />
Vor- oder Rückhand auf. Spieler<br />
B versucht, jeden Return entsprechend<br />
des taktischen Planes<br />
(Schlagrichtung, Schlaglänge,<br />
Tempo oder Drall betreffend)<br />
ins gegnerische Feld zu spielen.<br />
Die Aufgabe könnte z. B. lauten:<br />
entweder mit einem hohen<br />
Topspin zur Grundlinie oder<br />
einem Stopball zu antworten,<br />
um den sich schlecht vor- bzw.<br />
zurückbewegenden Gegner in<br />
Bewegung zu halten.<br />
• Spieler A folgt seinem Aufschlag<br />
zum Netz. Spieler B trainiert<br />
wahlweise den flachen<br />
Cross- oder Longline-Retum<br />
sowie den Rückschlag auf die<br />
Füße des Aufschlägers. Der<br />
Punkt wird ausgespielt.<br />
• Spieler A serviert sichere zweite<br />
Aufschläge. Diese Bälle werden<br />
von Spieler B entweder offensiv<br />
als »Winner-Schlag« in die<br />
Ecken des Aufschlägers retourniert<br />
(dabei kann die Rückhand<br />
umlaufen werden) oder sie<br />
werden als Vorbereitungsschläge,<br />
denen man ans Netz<br />
folgt, langsamer zur Grundlinie<br />
zurückgegeben. Der Punkt wird<br />
ausgespielt.<br />
Grundsätzlich soll jener Return<br />
geübt werden, den der taktische<br />
Plan für ein bevorstehendes<br />
Match erfordert. 15 Minuten<br />
sollte dieses Return-Training<br />
wenigstens dauern.<br />
Grundlinienspiel<br />
Nur durch Training läßt sich herausfinden,<br />
wie man am geschicktesten<br />
gegen den nächsten Gegner<br />
operiert. Ein Partner sollte die<br />
Rolle des künftigen Gegners übernehmen.<br />
So lassen sich dann die<br />
verschiedenen Möglichkeiten zielbewußt<br />
und systematisch je nach<br />
taktischem Plan durchspielen.<br />
Training des sicheren<br />
Grundlinienspiels<br />
Übungsbeispiele<br />
• Das Üben dieses Grundlinienspiels<br />
sollte wenigstens 15 bis<br />
20 Minuten pro Einheit dauern.<br />
Die beiden Partner spielen sich<br />
Bälle, was Schlagrichtung und<br />
Schlagart betrifft, frei zu. Taktisches<br />
Ziel für Spieler A: Fehler<br />
vermeiden; für Spieler B: durch<br />
ständigen Rhythmuswechsel<br />
Fehler provozieren.<br />
• Spieler A zieht sein Spiel völlig<br />
frei auf. Spieler B versucht, den<br />
Ball z. B. vorwiegend auf Rückhand<br />
von A zurückzuschlagen.<br />
Taktisches Ziel: nur eine Ecke<br />
(Schwäche des Gegners) anspielen.<br />
• Spieler A spielt nur cross, Spieler<br />
B wählt die Schlagrichtung<br />
frei. Taktisches Ziel: durch<br />
eintöniges, aber sicheres Spiel<br />
Spieler B zu den technisch<br />
schwierigeren, richtungsändernden<br />
Schlägen verleiten,<br />
d.h. ihn zu Fehlern zwingen.<br />
Bei den letzten beiden Übungen<br />
wird ein Spieler deutlich<br />
mehr belastet als der andere.<br />
Gerade der Gejagte hat es<br />
schwer, fehlerlos zu bleiben. Er<br />
muß daher »taktisch« handeln,<br />
d. h. das Schlagtempo der Aufgabe<br />
anpassen, z. B. (um Zeit zu<br />
gewinnen), den Ball gelegentlich<br />
höher zurückspielen.<br />
Training des offensiven<br />
Grundlinienspiels<br />
Übungsbeispiele<br />
• Spieler A spielt frei, Spieler B<br />
versucht, von hinten Druck zu<br />
machen. Darüber hinaus kann<br />
er alle zu kurz geratenen Bälle<br />
149
Taktiktraining<br />
von A mit Vor- bzw. Rückhand<br />
in eine Ecke schlagen (Winner-<br />
Schläge versuchen). Die Punkte<br />
werden ausgespielt.<br />
• Spieler A spielt frei, Spieler B<br />
agiert wie obiges Beispiel. Darüber<br />
hinaus kann er die Bälle<br />
auch als Vorbereitungsschlag,<br />
dem er ans Netz folgt, zurückspielen.<br />
Die Punkte werden<br />
ausgespielt.<br />
• Spieler A spielt frei, Spieler B<br />
spielt wie obiges Beispiel. Darüber<br />
hinaus kann er die zu kurz<br />
geratenen Bälle auch als Stop<br />
zurückgeben. Die Punkte werden<br />
ausgespielt.<br />
• Die Partner spielen einen Satz.<br />
Spieler A soll den Ball sicher ins<br />
Feld spielen. Spieler B dagegen<br />
soll etwas riskieren, d.h., wenn<br />
sich die Chance innerhalb des<br />
Ballwechsels dazu bietet, von<br />
hinten Druck machen (evtl.<br />
auch Rückhand umlaufen)<br />
und/oder ans Netz vorrücken.<br />
Netzspiel<br />
Aufschlag - Netzspiel<br />
Zunächst sollte der Spieler nur<br />
einem langsameren Aufschlag ans<br />
Netz folgen. Dadurch kommt er<br />
näher ans Netz, hat so günstigere<br />
Winkel und kann als Folge den<br />
Platz optimal abdecken. Aufschlag-<br />
und Retum-Richtung<br />
können vorgegeben werden.<br />
Übungsbeispiele<br />
• A serviert cross von rechts, läuft<br />
vor, nimmt die entsprechende<br />
Drehscheiben-Position ein.<br />
B retourniert frei. A schlägt den<br />
ersten Flugball lang als Vorbereitungsschlag,<br />
B spielt diesen<br />
Flugball als Passierball zurück.<br />
A rückt weiter zum Netz auf,<br />
um den Spielzug mit einem offensiven,<br />
langen Volley oder einem<br />
Volley-Stop zu beenden.<br />
Eventuell kann B noch versuchen,<br />
auch diesen Ball zu erreichen<br />
und an A vorbeizuspielen.<br />
• Aufschlag von links, Return als<br />
Passierschlag oder Lob; Flugball<br />
(in T-Linien-Höhe) lang oder<br />
Schmetterball. Die Punkte werden<br />
ausgespielt.<br />
• Aufschlag zur Mitte, Return<br />
beliebig; Flugball beliebig; Passierball<br />
beliebig. Die Punkte<br />
werden ausgespielt.<br />
• Aufschlag auf den Körper, Return<br />
mit Vor- oder Rückhand<br />
(Passierball oder Lob), Flugball<br />
beliebig; passieren oder lobben.<br />
Die Punkte werden ausgespielt.<br />
Generell bestimmt grundsätzlich<br />
der strategische Plan, wohin der<br />
Aufschlag überwiegend gerichtet<br />
sein soll und welchen Return der<br />
Partner zurückschlägt.<br />
All diese Beispiele können in Wettkampfform<br />
absolviert werden.<br />
Auch dabei hat sich die Tischtennis-Zählweise<br />
bis 21 bewährt.<br />
Bei dieser Art zu trainieren ist es<br />
wichtig, daß sich das Schlagtempo<br />
dem Übungsverlauf anpaßt bzw.<br />
unterordnet. So sollte zunächst<br />
nicht versucht werden, Asse zu<br />
schlagen oder direkte Return-<br />
Punkte zu machen. Dem nach<br />
vorne kommenden Aufschläger<br />
muß die Gelegenheit gegeben<br />
werden, den Spielzug durchzuführen.<br />
Als Erschwerung dieser<br />
Übung und um sie dann vollkommen<br />
matchkonform zu gestalten,<br />
kann natürlich jede Einschränkung<br />
jederzeit variiert bzw. zurückgenommen<br />
werden.<br />
Da viel Zeit vergeht, bis man nach<br />
dem Flug- oder Schmetterball zur<br />
Ausgangsposition zurückgekehrt<br />
ist, wäre für diese Art von Aufschlag-Flugball<br />
bzw. Vorbereitungsschlag<br />
und Flugballtraining<br />
(s. u.) ein dritter oder vierter Mitspieler<br />
ideal, der dann für den<br />
nächsten Spielzug bereitstehen<br />
könnte.<br />
Vorbereitungsschlag<br />
(Angriffsball) -<br />
Netzspiel<br />
• Zwei Spieler schlagen sich Bälle<br />
zu. Der eine nimmt die sich bietende<br />
Gelegenheit wahr, um<br />
mit einem Angriffsball ans Netz<br />
zu gehen. Er volliert oder<br />
schmettert, während sein Partner/Gegner<br />
passiert oder lobbt.<br />
Die Richtung des Angriffsballes<br />
ergibt sich aus der Drei-Zonen-<br />
Theorie, während das Ziel<br />
des Passierschlages oder Lobs<br />
zunächst festgelegt werden<br />
kann, später aber auch offenbleibt.<br />
Zusammenfassend kann festgehalten<br />
werden, daß es viele komplexe<br />
Trainingsformen gibt, die sich sowohl<br />
für das Technik-Training, das<br />
Taktik-Training, das Konditions-<br />
Training als auch für das psychologisch<br />
orientierte Training eignen.<br />
Trainer und Spieler sollten sich<br />
deshalb stets darüber im klaren<br />
sein, welchen Schwerpunkt des<br />
Trainings sie jeweils im Auge<br />
haben.<br />
Jede Art von Training, bei der die<br />
Taktik im Mittelpunkt steht, sollte<br />
aber nach dem mehrfach angesprochenen<br />
Schema ablaufen:<br />
1. Die Situation wahrnehmen<br />
2. Die Situation beurteilen<br />
3. Eine Entscheidung treffen<br />
4. Die Entscheidung in die Tat<br />
umsetzen<br />
Hinweise und Korrekturen sollten<br />
beim Taktik Lernen und Taktik<br />
Trainieren deshalb in erster Linie<br />
auf diese Prozesse ausgerichtet<br />
sein.<br />
150
Netzspiei<br />
151
Konditionstraining<br />
Im modernen Leistungstennis sind<br />
ohne überdurchschnittliche Kondition<br />
keine nennenswerten Erfolge<br />
mehr möglich. Im <strong>Tennis</strong>wettkampf<br />
werden durch gute konditionelle<br />
Voraussetzungen Laufarbeit<br />
und Stellung zum Ball verbessert<br />
(z.B. durch Laufschnelligkeit<br />
und Laufausdauer) und die Wirkung<br />
einzelner Schläge erhöht<br />
(z.B. durch Schlagschnelligkeit<br />
und Beweglichkeit). Im <strong>Tennis</strong>training<br />
können Belastungsumfang<br />
und/oder Belastungsintensität<br />
nur auf der Basis einer guten konditionellen<br />
Verfassung gesteigert<br />
werden.<br />
Die Literatur kennt verschiedene<br />
Begriffe für die Kondition (z. B.<br />
körperliche Verfassung, motorische<br />
Hauptbeanspruchungsformen<br />
oder motorisch-konditionelle<br />
Eigenschaften). Einige Autoren<br />
unterscheiden auch konditionelle<br />
Fähigkeiten (Kraft, Schnelligkeit<br />
und Ausdauer) und koordinative<br />
Fähigkeiten (Koordination und Beweglichkeit).<br />
Im folgenden geben<br />
wir dem (weiten) Begriff »Kondition«<br />
den Vorzug, da er in der<br />
Sportpraxis weit verbreitet und bei<br />
<strong>Tennis</strong>spielern bekannt ist.<br />
Aus systematischen Gründen<br />
differenzieren wir die Kondition in<br />
folgende vier Faktoren (Abb. 89):<br />
• Ausdauer<br />
• Kraft<br />
• Schnelligkeit<br />
• Beweglichkeit<br />
Abb. 89 Grundschema der Kondition<br />
tennisspezifische Kondition<br />
Laufausdauer Sprintkraft Antizipation/<br />
Reaktion<br />
Schlagausdauer<br />
Schlagkraft<br />
Beschleunigungsweg<br />
Konzentrationsausdauer<br />
(Verletzungsprophylaxe)<br />
Lauf-<br />
Schnelligkeit<br />
Schlag-<br />
Schnelligkeit<br />
Bewegungsökonomie<br />
(Verletzungsprophylaxe)<br />
Mittelzeit- *<br />
ausdauer<br />
Maximalkraft' •<br />
Schnellkraft<br />
Ausdauerkraft<br />
Kurzzeitausdauer<br />
Langzeitausdauer<br />
Reaktionsschnelligkeit<br />
zyklische<br />
Schnelligkeit<br />
azyklische<br />
Schnelligkeit<br />
statische<br />
Beweglichkeit<br />
dynamische<br />
Beweglichkeit<br />
Ausdauer S ?ä Kraft ' '"* Schnelligkeit * Beweglichkeit<br />
^allgem eine Kon dition ^ v. ss . *<br />
152
Ausdauer<br />
Zwischen den genannten Faktoren<br />
bestehen enge Wechselbeziehungen,<br />
die sich teilweise positiv (z. B.<br />
Kraft und Schnelligkeit) oder negativ<br />
(z.B. Kraft und Ausdauer<br />
oder Kraft und Beweglichkeit)<br />
beeinflussen können.<br />
Die Kraft bedarf einer differenzierten<br />
Betrachtungsweise. Einerseits<br />
können trainingsbedingte Kraftzuwächse<br />
sowie hoher Kraftaufwand<br />
die Ausdauerleistungsfähigkeit<br />
negativ beeinflussen oder eine<br />
bereits automatisierte Schlagtechnik<br />
verändern, andererseits können<br />
Kraftdefizite die Entwicklung der<br />
Schnelligkeit (Lauf- und Schlagschnelligkeit)<br />
leistungslimitierend<br />
beeinflussen. Diese Überlegungen<br />
haben dazu geführt, daß das Unterkapitel<br />
»Kraft« vorrangig auf<br />
die Entwicklung der Schnelligkeit<br />
ausgelegt wird. Darüber hinaus<br />
wird eine mangelhaft ausgebildete<br />
Muskulatur häufig als wesentliche<br />
Ursache für die in jüngster Zeit<br />
stetig ansteigenden, verletzungsbedingten<br />
Ausfälle von Nachwuchsspielern<br />
und international<br />
bekannten Spitzenspielern angesehen.<br />
Entsprechend den Bedürfnissen<br />
vieler <strong>Tennis</strong>begeisterter haben wir<br />
ein »Heimprogramm« geschaffen,<br />
welches speziell die Stabilisierung<br />
und Kräftigung des gesamten<br />
Bewegungsapparates sowie den<br />
Ausgleich muskulärer Ungleichgewichte<br />
(Dysbalancen) zum Ziel<br />
hat. Hiermit soll vor allen Dingen<br />
ein besserer Schutz vor <strong>Tennis</strong>verletzungen<br />
geschaffen werden. Da<br />
dieses zusätzliche Trainingsprogramm<br />
möglichst wenig Trainingszeit<br />
beanspruchen soll und entsprechende<br />
Kraftgeräte nur mit<br />
hohem Zeit- und Kostenaufwand<br />
einsetzbar sind, müssen sämtliche<br />
Kraftübungen am Arbeitsplatz<br />
oder zu Hause (Heimprogramm)<br />
durchführbar sein.<br />
Die genannten Gründe führen zu<br />
folgender Gliederung:<br />
• Ausdauer<br />
• Kraft<br />
• Schnelligkeit<br />
• Beweglichkeit<br />
• Heimprogramm<br />
Ausdauer<br />
Definition und<br />
Bedeutung<br />
Ausdauer wird allgemein als<br />
Ermüdungswiderstandsfähigkeit<br />
gegenüber einer (sportlichen)<br />
Belastung bezeichnet.<br />
Für <strong>Tennis</strong>spieler beinhaltet<br />
die Ausdauer körperliche und<br />
geistige Ermüdungswiderstandsfähigkeit<br />
im <strong>Tennis</strong>wettkampf<br />
sowie Belastungsverträglichkeit<br />
und Regenerationsfähigkeit<br />
im Training.<br />
Die tennisspezifische Ausdauer ist<br />
folglich eine komplexe Fähigkeit,<br />
bei der auf der Grundlage optimaler<br />
energetischer Voraussetzungen<br />
in der Arbeitsmuskulatur auch Bewegungsökonomie<br />
und Schnelligkeit<br />
sowie Konzentrationsfähigkeit<br />
und Willensqualität zusammenwirken.<br />
Im Wettkampf soll der <strong>Tennis</strong>spieler<br />
möglichst ermüdungsfrei auch<br />
noch im 3. (5.) Satz explosiv (Erhalt<br />
der Startschnelligkeit) in die<br />
richtige Schlagposition (Erhalt der<br />
Koordinationsfähigkeit) laufen<br />
und den Ball mit höchstmöglicher<br />
Energie (Erhalt der Schlagschnelligkeit<br />
in Verbindung mit Koordination)<br />
an den richtigen Ort (Erhalt<br />
der mentalen Frische) spielen<br />
können.<br />
Voraussetzung hierfür ist eine gute<br />
körperliche und geistige Erholungsfähigkeit<br />
auf stetig wiederkehrende<br />
Schnellkraftbelastungen,<br />
damit jedes vorgegebene Spieltempo<br />
über die gesamte Spielzeit<br />
ohne Verlust der körperlichen und<br />
mentalen Leistungsfähigkeit (insbesondere<br />
Schnelligkeit, Koordination<br />
und Konzentration) absolviert<br />
werden kann.<br />
Im Training soll der <strong>Tennis</strong>spieler<br />
hohe Trainingsumfänge und -intensitäten<br />
ertragen können und<br />
möglichst schnell erholt sein. Folglich<br />
benötigen <strong>Tennis</strong>spieler eine<br />
hohe Belastungsverträglichkeit sowie<br />
eine schnelle Regenerationsfähigkeit.<br />
Die wichtigste Grundlage hierfür<br />
ist eine gut ausgebildete tennisspezifische<br />
Ausdauerleistungsfähigkeit<br />
auf der Basis einer hohen<br />
Grundlagenausdauer. Anderenfalls<br />
besteht stets die Gefahr für einen<br />
Übertrainingszustand mit drohendem<br />
Leistungseinbruch.<br />
Die Bedeutung der Ausdauer für<br />
eine gesteigerte Leistungsfähigkeit<br />
auf dem <strong>Tennis</strong>platz kann auch<br />
durch experimentelle Befunde an<br />
Leistungstennisspielern im Labor<br />
und auf dem <strong>Tennis</strong>platz belegt<br />
werden.<br />
Leistungsdiagnostik<br />
und -kontrolle<br />
Eine zutreffende Beurteilung der<br />
tennisspezifischen Ausdauerleistungsfähigkeit<br />
ist nur bei einer<br />
Belastung möglich, die qualitativ<br />
und quantitativ ähnlich der im<br />
Wettkampf auftretenden Belastung<br />
ist. Der Vorteil entsprechender<br />
Kontrollverfahren liegt in einer<br />
möglichst trennscharfen Beurteilung<br />
der tennisspezifischen Ausdauerleistungsfähigkeit;<br />
hiermit<br />
soll zugleich eine gezielte, individuelle<br />
Trainingssteuerung eröffnet<br />
werden.<br />
153<br />
i
Konditionstraining<br />
Zur Ermittlung der Grundlagenausdauer<br />
von <strong>Tennis</strong>spielern ist im<br />
Labor derzeitig die Laufbandergometrie<br />
die geeignetste Methode.<br />
Sie erlaubt eine motivationsabhängige,<br />
trennscharfe Leistungsdiagnostik<br />
und produziert gleichzeitig<br />
Trainingshinweise, die je nach Trainingszeit<br />
(z.B. Grundlagenausdauer,<br />
Schnelligkeitsausdauer,<br />
Regeneration) präzise angesteuert<br />
werden kann. Hiermit ist nicht nur<br />
ein objektiver Vergleich der Ausdauerleistungsfähigkeit<br />
zwischen<br />
Spielern derselben Leistungskategorie<br />
(Querschnitt), sondern auch<br />
eine exakte Kontrolle spezieller<br />
Trainings- oder Wettkampfmaßnahmen<br />
(Längsschnitt) möglich.<br />
Sie schließt auch eine Überprüfung<br />
von Eigeninitiativen ein, welche<br />
im Leistungstraining für Jugendliche<br />
sowie beim Aufbautraining<br />
(z. B. nach Verletzungen) von<br />
erhöhter Bedeutung sind. Aus motivationalen<br />
und zeitökonomischen<br />
Gründen empfiehlt es sich,<br />
diese Untersuchungsmethode als<br />
Feldtest (z. B. 400-m-Rundbahn)<br />
in der Kleingruppe (z. B. 4 bis 8<br />
Spieler gleichzeitig) mit wesentlich<br />
höherer Akzeptanz der Teilnehmer<br />
durchzuführen.<br />
Die alleinige Verwendung dieses<br />
Tests zur Diagnostik der Grundlagenausdauer<br />
befriedigt jedoch<br />
nicht, da beim <strong>Tennis</strong> die Laufbelastungen<br />
nicht einförmig und<br />
kontinuierlich sind, sondern azyklische<br />
Bewegungsabläufe mit<br />
stetigen konzentrischen und exzentrischen<br />
Beanspruchungen in<br />
unregelmäßigen Intervallen abwechseln.<br />
Auch differiert der Energieaufwand<br />
bei gegebener tennisspezifischer<br />
Belastung entsprechend<br />
einer individuell unterschiedlichen,<br />
technisch-taktischen<br />
Spielanlage (z.B. Sampras und<br />
Courier, Becker und Chang oder<br />
Graf und Sanchez-Vicario).<br />
Ergebnisse zur Grundlagenausdauer<br />
müssen daher mit dem<br />
fachmännischen Urteil des erfahrenen<br />
Trainers kombiniert oder<br />
durch einen standardisierten<br />
tennisspezifischen Ausdauertest<br />
ergänzt werden. Letzteres ist<br />
derzeitig nur durch einen stufenförmig<br />
ansteigenden Ballmaschinentest<br />
auf dem <strong>Tennis</strong>platz<br />
möglich.<br />
Für den <strong>Tennis</strong>trainer, der vorrangig<br />
mit Spielern niedriger Leistungsstärke<br />
arbeitet, ist der Gesamtaufwand<br />
für die genannten<br />
Verfahren allerdings zu hoch. Einfachere<br />
Testverfahren wie Cooper-<br />
Test oder Conconi-Test enthalten<br />
jedoch teilweise erhebliche Fehlerquellen<br />
für eine zutreffende Diagnostik<br />
der aeroben Kapazität, so<br />
daß die aus diesen Tests resultierenden<br />
Empfehlungen für die Trainingsdosierung<br />
zwangsläufig nur<br />
grobe Richtwerte erlauben.<br />
Verläßlichere Werte für die aktuelle<br />
tennisspezifische Ausdauerleistungsfähigkeit<br />
seiner Spielerinnen<br />
und Spieler erhält der <strong>Tennis</strong>trainer<br />
durch die Verwendung eines vereinfachten<br />
Ballmaschinentests<br />
(ggf. auch durch Zuspiel aus dem<br />
Ballwagen möglich) unter standardisierten<br />
Rahmenbedingungen.<br />
Hierbei werden z.B. Vorhand und<br />
Rückhand im Wechsel an der<br />
Grundlinie gespielt (Schlagort an<br />
der jeweiligen Einzelseitenlinie)<br />
und nach einer jeweils 2minütigen<br />
Ballfolge von 18, 21, 24 und 27<br />
Bälle pro Minute erhöht. Für den<br />
erfahrenen <strong>Tennis</strong>lehrer werden<br />
spätestens bei 24 (27) Bällen pro<br />
Minute Unterschiede bezüglich<br />
Laufökonomie, Schlagtechnik und<br />
Schlagerfolg deutlich feststellbar,<br />
so daß relativ verläßliche Aussagen<br />
über das individuelle Niveau<br />
der tennisspezifischen Ausdauerleistungsfähigkeit<br />
getroffen werden<br />
können.<br />
Ziele des<br />
Ausdauertrainings<br />
Ein Ausdauertraining für <strong>Tennis</strong>spieler<br />
verfolgt vorrangig folgende<br />
Trainingsziele:<br />
• Steigerung der Ermüdungswiderstandsfähigkeit<br />
in der tennisspezifischen<br />
Arbeitsmuskulatur<br />
(Ausdauer, Schnelligkeit und<br />
Koordination) und im mentalpsychischen<br />
Bereich (Konzentration,<br />
Wille) für Wettkampf<br />
und Training. Hierfür bedarf es<br />
vor allem eines Trainings der<br />
tennisspezifischen Ausdauer.<br />
• Verbesserung der Belastungsverträglichkeit<br />
und der Regenerationsfähigkeit<br />
im Training und<br />
Wettkampf. Hierfür ist eine<br />
Kombination des Trainings der<br />
Grundlagenausdauer und der<br />
tennisspezifischen Ausdauer<br />
besonders geeignet.<br />
• Steigerung der allgemeinen<br />
Fitneß für Wettkampf und Training<br />
sowie Verbesserung des<br />
allgemeinen Wohlbefindens;<br />
dies dient gleichzeitig der Vorsorge<br />
gegenüber gesundheitlichen<br />
Schädigungen (z.B. Arteriosklerose,<br />
Fettsucht), die<br />
größtenteils auf Bewegungsmangel<br />
und/oder falsche<br />
Ernährung zurückzuführen sind:<br />
Dieses Ziel ist vor allem für fitneß-<br />
und gesundheitsorientierte<br />
<strong>Tennis</strong>spieler im mittleren und<br />
höheren Lebensalter von<br />
besonderem Interesse. Hiefür<br />
eignet sich vor allem ein Training<br />
der Grundlagenausdauer.<br />
154
Ausdauer<br />
Methoden im Ausdauertraining<br />
und<br />
praktische Hinweise<br />
Optimales Ausdauertraining erfordert<br />
detaillierte Kenntnisse über<br />
das Anforderungsprofil der tennisspezifischen<br />
Ausdauer und die<br />
physiologische Wirkung der jeweiligen<br />
Trainingsmethoden und<br />
-inhalte. Die Ausdauertrainingsmethoden<br />
lassen sich prinzipiell in<br />
4 Hauptgruppen einteilen:<br />
• Dauermethode<br />
• Intervallmethode<br />
• Wiederholungsmethode<br />
• Wettkampfmethode<br />
Dauermethode<br />
Bei der Dauermethode steht die<br />
Verbesserung der aeroben Stoffwechselvorgänge<br />
im Vordergrund.<br />
Die Dauermethode mit konstanter<br />
Geschwindigkeit dient vorwiegend<br />
der Entwicklung der Grundlagenausdauer.<br />
Hierbei wird eine<br />
definierte Strecke in einer festgesetzten<br />
Zeit (z.B. 12-km-Lauf in<br />
60 Min.) oder eine vorgegebene<br />
Zeitdauer in bestimmter Herzfrequenz<br />
(z. B. 40-Min.-Lauf mit 140<br />
bis 150 Schlägen pro Min.) absolviert.<br />
Bei der Dauermethode mit<br />
wechselnder Geschwindigkeit<br />
werden aerober und anaerober<br />
Stoffwechsel und ein kurzfristiges<br />
Umschalten auf hohe Belastungsintensität<br />
trainiert, wodurch das<br />
Spektrum der ausdauerorientierten<br />
Organfunktionen erweitert wird.<br />
Besonders empfehlenswert für<br />
<strong>Tennis</strong>spieler ist das Fahrtspiel, bei<br />
welchem dem natürlichen Gelände<br />
entsprechend (z.B. Wiese, Hügel,<br />
Sand- und Waldwege) Tempowechsel<br />
eingebaut werden. Das<br />
Fahrtspiel sollte auf das Beanspruchungsprofil<br />
im <strong>Tennis</strong> abgestimmt<br />
werden und vorgegebene Trainingsziele<br />
(z. B. als Regenerationslauf)<br />
und das aktuelle Befinden<br />
berücksichtigen. Die verschiedenen<br />
Dauermethoden dienen der<br />
Entwicklung der Grundlagenausdauer<br />
und bilden die Basis für eine<br />
Hinführung zur tennisspezifischen<br />
Ausdauer.<br />
Intervallmethode<br />
Das Ziel des Intervalltrainings liegt<br />
vornehmlich in der Steigerung von<br />
Schnelligkeitsausdauerleistungen,<br />
wie sie vorrangig in den Kürzte.<br />
B. 400/800-m-Lauf) und Mittelzeitausdauerdisziplinen<br />
(z.B.<br />
1500/3000-m-Lauf) erforderlich<br />
sind. Charakteristisch für die Intervalltrainingsmethode<br />
ist das Prinzip<br />
der lohnenden Pause, die je<br />
nach Trainingsziel, Länge der<br />
Strecke und individuellem Trainingszustand<br />
regenerative Phasen<br />
(z. B. Trabpausen) zwischen 30 bis<br />
180 Sekunden beinhaltet und zu<br />
einer Senkung der Herzfrequenz<br />
auf 100 bis 120 Schläge pro<br />
Minute führt.<br />
Für <strong>Tennis</strong>spieler ist diese Trainingsmethode<br />
in der Regel von<br />
untergeordneter Bedeutung, da sie<br />
die tennisspezifischen Anforderungen<br />
an Ausdauer und Schnelligkeit<br />
nicht trifft, durch hohe Übersäuerung<br />
der Arbeitsmuskulatur die<br />
folgenden Trainingsinhalte behindern<br />
und die Symptome eines<br />
Übertrainings hervorrufen kann.<br />
In Einzelfällen soll diese Form des<br />
Intervalltrainings jedoch zur Schulung<br />
besonderer Willensqualitäten<br />
(z.B. Ertragen von hoher Übersäuerung,<br />
Steigerung des Durchhaltevermögens)<br />
dienen.<br />
Wiederholungsmethode<br />
Die Wiederholungsmethode beabsichtigt,<br />
wettkampfspezifische Teilanforderungen<br />
der Ausdauer innerhalb<br />
einer Trainingseinheit<br />
mehrfach zu wiederholen. Hier<br />
wird eine gewählte Laufstrecke<br />
(bzw. spezielle Ballwechselfolge)<br />
mit der im Wettkampf üblichen<br />
Belastungshöhe oder mit maximal<br />
möglicher Geschwindigkeit nach<br />
jeweils vollständiger Erholung<br />
bzw. Regeneration bis zur endgültigen<br />
Leistungsgrenze durchlaufen<br />
(bzw. gespielt).<br />
Beim Lauftraining für <strong>Tennis</strong>spieler<br />
hat diese Methode eine nur untergeordnete<br />
Bedeutung, da diese<br />
Art der Laufausdauer im <strong>Tennis</strong>wettkampf<br />
nicht notwendig ist. Im<br />
<strong>Tennis</strong>training bietet diese Belastungsform<br />
jedoch eine interessante<br />
Variante zur Verbesserung<br />
der tennisspezifischen Ausdauer<br />
speziell gegen Ende der Vorbereitungsperiode<br />
sowie in der Wettkampfperiode<br />
(z.B. 1 bis 2 Wochen<br />
vordem Saisonhöhepunkt).<br />
Wettkampfmethode<br />
Die Wettkampfmethode dient der<br />
Entwicklung der wettkampfspezifischen<br />
Ausdauer, der Sammlung<br />
technisch-taktischer Erfahrungen<br />
sowie der Kontrolle der Wettkampfhärte<br />
und des gegenwärtigen<br />
Leistungsstandes. Hiermit ist<br />
die Wettkampfmethode die komplexeste<br />
Methode, da sie alle für<br />
das Wettkampftennis speziellen<br />
Fähigkeiten zugleich schult; nach<br />
dieser Methode kann folglich nur<br />
auf dem <strong>Tennis</strong>platz trainiert werden.<br />
Hierbei werden Wettkämpfe<br />
(teilweise unter erschwerten Bedingungen,<br />
wie Verkürzung der<br />
Pausen o.a.) als Trainingsinhalte<br />
verwendet. Sie dienen einer vertieften<br />
Ausschöpfung der verschiedenen<br />
Reserven und sollen<br />
über eine nachfolgende verlängerte<br />
Erholungsphase zu einer<br />
erhöhten Superkompensation<br />
führen. Die Wettkampfmethode<br />
wird ausschließlich als Vorbereitung<br />
auf unmittelbar bevorstehende<br />
saisonale Höhepunkte<br />
verwendet.<br />
155
Konditionstraining<br />
Prinzipien für das<br />
Training von Kindern<br />
und Jugendlichen<br />
Ausdauertraining im Kindes- und<br />
Jugendalter dient vor allem der<br />
Ausbildung einer guten Grundlagenausdauer<br />
bzw. Verbesserung<br />
der aeroben Kapazität. Das Ausdauertraining<br />
sollte folglich vor<br />
allem umfangs- und keinesfalls<br />
intensitätsbetont sein. Hierbei ist<br />
darauf zu achten, daß das Ausdauertraining<br />
abwechslungsreich,<br />
interessant und kindgemäß gestaltet<br />
wird. Mit der aeroben Ausdauerschulung<br />
kann bereits im frühen<br />
Schulkindalter (z.B. Grundschule<br />
bzw. Primarstufe) begonnen<br />
werden, und sie scheint bei den<br />
Mädchen im 12./13. Lebensjahr<br />
und bei den Jungen im 13./14.<br />
Lebensjahr besonders wirksam<br />
trainierbar zu sein.<br />
Haupttrainingsmethode im Kindes-<br />
und Jugendalter ist die Dauermethode.<br />
Ungeeignet sind hingegen<br />
Wiederholungsmethode<br />
und Intervallmethode mit solcher<br />
Belastungshöhe und -dichte, die<br />
eine starke Beanspruchung des<br />
anaeroben Stoffwechsels erfordern.<br />
Wegen der Einförmigkeit des<br />
Dauerlauftrainings und der Gefahr<br />
einer Umwandlung von schnellen<br />
(weißen) in langsame, aber ausdauernde<br />
(rote) Muskelfasern ist<br />
durch komplexe und variable Auswahl<br />
von Trainingsinhalten und<br />
-methoden für stetige Abwechslung<br />
zu sorgen.<br />
Steuerung des<br />
Ausdauertrainings<br />
Zur Steuerung des Ausdauertrainings<br />
ist eine gegenseitige Feinabstimmung<br />
folgender Komponen-<br />
Abb. 90 Ermittlung der Steuergrößen Herzfrequenz und Laufgeschwindigkeit für<br />
das extensive und das intensive Ausdauertraining am Beispiel zweier Spieler der internationalen<br />
Spitzenklassen<br />
ten (Belastungsnormative) notwendig:<br />
• Belastungshöhe<br />
• Belastungsdauer<br />
• Belastungshäufigkeit<br />
Der in der allgemeinen Trainingslehre<br />
und Sportpraxis benutzte<br />
Begriff Belastungsintensität ist ungenau,<br />
da er die Belastungshöhe<br />
(Reizstärke) nicht isoliert fixiert,<br />
sondern häufig eine Mischung<br />
bzw. Summation verschiedener<br />
Belastungsnormative bzw. Begriffe<br />
darstellt.<br />
Die Belastungshöhe im Ausdauertraining<br />
wird üblicherweise in extensive<br />
und intensive Belastung<br />
eingeteilt. Bei der extensiven Belastung<br />
wird vorwiegend im rein aeroben<br />
Bereich trainiert, der am exaktesten<br />
über den Milchsäurespiegel<br />
im Blut (Blutlaktat) kontrolliert<br />
wird. Hierfür sind inzwischen spezielle<br />
Laktat-Meßgeräte für jedermann<br />
im Handel erhältlich.<br />
<strong>Tennis</strong>spieler mit einem in der<br />
Regel niedrigen/mittleren Ausdauer-Trainingszustand<br />
befinden<br />
sich vorrangig im aeroben Bereich,<br />
wenn ihre Blutlaktatkonzentration<br />
ca. 3 mmol/l nicht übersteigt<br />
(Abb. 90). Beim Lauftraining entspricht<br />
dies im Normalfall einer<br />
Herzfrequenz von 130 bis 150<br />
Schlägen pro Minute oder 6 bis 8<br />
Laufschritten (Atem-Schritt-Frequenz)<br />
auf einen Atmungszyklus<br />
(Ein- und Ausatmung). Dies bedeutet<br />
für die Praxis, daß während des<br />
Lauftrainings eine Unterhaltung<br />
jederzeit problemlos möglich ist.<br />
Bei Kindern und Jugendlichen liegt<br />
die Herzfrequenz um ca. 10 bzw.<br />
20 Schläge höher; auch beim<br />
weiblichen Geschlecht ist häufig<br />
eine höhere Herzfrequenz (ca.<br />
5 bis 10 Schläge) erlaubt.<br />
Der am leichtesten zu bestimmende<br />
Richtwert für die Belastungshöhe<br />
(Reizstärke) ist die<br />
156
Ausdauer<br />
Herzfrequenz. Die individuelle<br />
Trainingspulsfrequenz für das<br />
Grundlagenausdauertraining sollte<br />
beim Breitensportler etwa zwei<br />
Drittel und beim Leistungssportler<br />
etwa drei Viertel der Belastungsfrequenz<br />
betragen, die jeweils zur<br />
Ruhefrequenz hinzugezählt<br />
werden müssen. Hierzu wird vorab<br />
die Belastungsfrequenz ermittelt,<br />
in dem die Ruheherzfrequenz<br />
(Messung unmittelbar vor dem<br />
Aufstehen) von der maximalen<br />
Herzfrequenz (220 minus Alter)<br />
abgezogen wird.<br />
Beispiel:<br />
30jähriger Leistungsspieler (Ruheherzfrequenz<br />
65)<br />
(Laufanfänger)<br />
220-30 = 190<br />
(maximale Frequenz)<br />
190-65 = 125<br />
(Belastungsfrequenz)<br />
125x2/3 = 83<br />
83 + 65 = 148 (Trainingsfrequenz)<br />
Das extensive Dauertraining gestattet<br />
höhere Trainingsumfänge<br />
(z. B. 40 bis 60 Min., aber auch 90<br />
Min.) als das intensive Dauertraining,<br />
so daß besondere Anpassungen<br />
im Fettstoffwechsel durch bevorzugte<br />
Verbrennung der Fette -<br />
unter gleichzeitiger Schonung der<br />
Kohlenhydratreserven - erfolgen<br />
können. Diese Form des Trainings<br />
wird auch als Regenerationsmaßnahme<br />
genutzt, indem die Laufgeschwindigkeit<br />
noch weiter gesenkt<br />
und zugleich die Laufdauer verkürzt<br />
wird.<br />
Das intensive Dauertraining erfolgt<br />
im Bereich des aerob-anaeroben<br />
Übergangs bis hin zur anaeroben<br />
Schwelle, die bei (in der Regel<br />
mäßig ausdauertrainierten) Turniertennisspielern<br />
durch einen<br />
Blutlaktatspiegel von ca. 3 bis maximal<br />
4,5 mmol/l (speziell ausdauertrainierte<br />
<strong>Tennis</strong>spieler laufen<br />
mit niedrigerem Milchsäurespiegel,<br />
z. B. 3 bis 3,5 mmol/l) gekennzeichnet<br />
ist. Dies bedeutet<br />
beim Dauerlauf (Radfahren bzw.<br />
Skilanglauf) im Normalfall eine<br />
Herzfrequenz von 150 bis 170<br />
Schlägen pro Minute bzw. eine<br />
Atem-Schritt-Frequenz von 4 bis 6<br />
(Ein- und Ausatmung). Folglich<br />
unterbleibt meist eine zwanglose<br />
Unterhaltung, da sie äußerst<br />
schwerfällt. Auch hier kann bei<br />
Jugendlichen die Herzfrequenz um<br />
ca. 5 bis 10 Schläge höher liegen.<br />
Das intensive Dauertraining wird<br />
üblicherweise 20 bis 40 Minuten<br />
durchgeführt und kann höchstens<br />
40 bis 60 Minuten (maximales<br />
Laktat-Steady-State) durchgehalten<br />
werden. Ein Training dieser Art<br />
sollte pro Woche nicht häufiger als<br />
2mal betrieben werden, da sonst<br />
die Zeit für die Wiederauffüllung<br />
der Glykogenspeicher zu kurz ist<br />
und ein Übertrainingssyndrom<br />
droht. Das maximale Sauerstoffaufnahmevermögen<br />
wird mit dem<br />
intensiven Ausdauertraining wirkungsvoll<br />
trainiert; für die Entwicklung<br />
der Grundlagenausdauer<br />
ist bei <strong>Tennis</strong>spielern das extensive<br />
Dauerlauftraining die Methode<br />
der Wahl.<br />
Prinzipiell lassen sich ähnliche Trainingseffekte<br />
für die allgemeine<br />
Grundlagenausdauer auch in anderen<br />
Sportarten erzielen, wenn<br />
möglichst große Muskelgruppen<br />
aktiviert werden und dynamische<br />
Bewegungsabläufe vorliegen. Neben<br />
dem Laufen haben vor allem<br />
Radfahren, Skilanglaufen und Rudern<br />
für <strong>Tennis</strong>spieler einen hohen<br />
Stellenwert. Zwecks besserer Ausbildung<br />
des gesamten Körpers und<br />
vor allem aus Motivationsgründen<br />
ist eine Abwechslung in den<br />
Sportarten empfehlenswert, sobald<br />
sich die Gelegenheit hierfür<br />
bietet und entsprechende Lust<br />
oder Neugierde daran besteht.<br />
Die Belastungshäufigkeit zum<br />
Aufbau der Ausdauerleistungsfähigkeit<br />
sollte als Minimum 2- bis<br />
3mal wöchentlich betragen. Mit<br />
einem täglichen Ausdauertraining<br />
(z. B. im Trainingslager oder in der<br />
Vorbereitungsperiode für die<br />
Sandplatzsaison) sind schnellere<br />
Fortschritte zu erzielen. Hierbei<br />
muß streng darauf geachtet werden,<br />
daß mit dieser Überbetonung<br />
des Ausdauertrainings andere, teilweise<br />
wichtigere Leistungskomponenten<br />
nicht vernachlässigt (z. B.<br />
Technik) oder negativ beeinflußt<br />
werden (z.B. Schnelligkeit).<br />
Elementare Basis für eine dauerhafte<br />
Entwicklung der tennisspezifischen<br />
Ausdauer ist eine mittlere<br />
bis hohe Qualität der Grundlagenausdauer.<br />
Letztere stellt zugleich<br />
eine wichtige Basis für andere<br />
konditionelle Faktoren wie<br />
Schnelligkeit und Kraft dar. Ein<br />
systematischer Aufbau des Ausdauertrainings<br />
beginnt folglich mit<br />
einem Lauftraining zur Steigerung<br />
der Grundlagenausdauer, das mit<br />
fließendem Übergang in das<br />
semispezifische Ausdauertraining<br />
(Lauftraining orientiert sich an den<br />
tennisspezifischen Wettkampfbedingungen)<br />
übergeht, um anschließend<br />
in einer dritten Phase<br />
die spezielle tennisspezifische<br />
Ausdauer auf dem <strong>Tennis</strong>platz zu<br />
trainieren.<br />
Ein Ausdauertraining mit dem<br />
skizzierten Aufbau (Grundlagenausdauer,<br />
semispezifische<br />
Laufausdauer sowie tennisspezifische<br />
Ausdauer) sollte wenigstens<br />
4 Wochen, besser 6 bis 8 Wochen,<br />
in der Vorbereitungsperiode kontinuierlich<br />
durchgeführt werden.<br />
Mit dem Ziel einer deutlichen Verbesserung<br />
der Ausdauerleistungsfähigkeit<br />
wird in diesem Zeitraum<br />
das Ausdauertraining täglich oder<br />
wenigstens alle 2 bis 3 Tage wiederholt.<br />
157
Konditionstraining<br />
Leistungsorientierte <strong>Tennis</strong>spieler<br />
legen eine solche Ausdauertrainingsperiode<br />
in den Zeitraum<br />
Mitte Februar bis Mitte April, so<br />
daß bereits zu Beginn der Freiluftsaison<br />
gute Voraussetzungen für<br />
das tennisspezifische Technik- und<br />
Matchtraining geschaffen worden<br />
sind. In Einzelfällen kann auch<br />
eine Ausdehnung des Ausdauertrainings<br />
auf das gesamte Winterhalbjahr<br />
(z. B. 2- bis 3mal wö.-<br />
chentlich) wünschenswert sein; bei<br />
dieser Konzeption sollte das folgende<br />
Winterhalbjahr vorrangig<br />
dem Schnelligkeitstraining (einschließlich<br />
Muskelaufbau- bzw.<br />
Kraftraining) vorbehalten sein.<br />
Da Berufstennisspieler durch ihre<br />
Turnierverpflichtungen terminlich<br />
stark eingeengt sind und in der Regel<br />
über eine fundierte Ausdauergrundlage<br />
verfügen, muß ein Ausdauertraining<br />
von 2 bis 4 Wochen<br />
Dauer ausreichen. Ein solcher ausdauerbetonter<br />
Mesozyklus wird je<br />
nach Leistungsstand, individueller<br />
Spielanlage und geplantem Trainingsziel<br />
jährlich 1- bis 2mal passend<br />
zum Turnierkalender wiederholt.<br />
Trainingsbeispiele<br />
Grundlagenausdauer und<br />
semispezifische Laufausdauer<br />
Dauerlauf mit extensivem Tempo<br />
über 40 bis 60 Minuten. Laufanfänger<br />
beginnen mit4mal 5, 3mal<br />
10 oder 2mal 20 Minuten.<br />
v^^mmmm 1<br />
Fahrtspiel im Gelände über 30 bis<br />
60 Minuten in extensivem Grundtempo<br />
mit kurzzeitigem Tempowechsel<br />
(z.B. Kurzsprints, Steigerungs-,<br />
Sprung-, Slalom- und Bergläufe)<br />
je nach Gelände oder persönlichem<br />
Belastungsempfinden.<br />
L" Beispiel 3<br />
Dauerlauf mit extensivem Tempo<br />
(60 bis 90 Min.) unter Einbezug<br />
eines systematischen Trainings zur<br />
Verbesserung der Schnelligkeit<br />
bzw. Kraftschnelligkeit.<br />
Beispielsweise werden unmittelbar<br />
nach dem Einlaufen 2mal 6 10- bis<br />
20-m-Bergauf-Läufe, 3mal 5 20-<br />
m-Sprints oder 4mal 2 15- bis 25-<br />
m-Zickzack-Läufe nach der Wiederholungsmethode<br />
durchgeführt.<br />
' • ..rr,;^iiBeispiel#* y ]<br />
Unmittelbar nach einem (extensiven!)<br />
Dauerlauf von wenigstens<br />
30 Minuten Dauer wird ein<br />
Schnelligkeitstraining (z.B. Sprints,<br />
Kurzsprints, Zickzack-Läufe in der<br />
Konkurrenzsituation) oder ein tennisspezifisches<br />
Schnelligkeitstraining<br />
in Kombination mit technisch-taktischen<br />
Aufgaben (z.B.<br />
Passierbälle aus Bedrängnis, situationsgerechter<br />
Rückschlag nach<br />
dem Rücklaufen als Antwort auf<br />
einen guten Lob) durchgeführt.<br />
l@äW£; 1<br />
Fußballtennis (1:1 oder 2:2) mit<br />
weichem Ball oder Prellballtennis<br />
(1:1) im <strong>Tennis</strong>-Halbfeld mit<br />
wechselnden Partnern.<br />
<strong>Tennis</strong>spezifische Ausdauer<br />
I
Kraft<br />
|fflf|g|flflJpiBeisPielJ5 - |<br />
<strong>Tennis</strong>wettkampf ohne Aufschlag<br />
nach Tischtenniszählweise (Satz<br />
ist nach 11 oder 21 Punkten<br />
beendet):<br />
Die Ballwechsel werden durch<br />
unteres Zuspiel in die hintere<br />
Rückhand- oder Vorhandseite<br />
(ggf. nach Vorgabe) eröffnet (im<br />
Halbfeld darf kein Volley gespielt<br />
werden).<br />
•JM^U Beispiele |<br />
<strong>Tennis</strong>einzel mit verkürzter Pause<br />
(zu dritt):<br />
2 Aufschläger auf der einen Seite<br />
wechseln sich bei jedem Punkt ab,<br />
während der Rückschläger pausenlos<br />
spielt. Der jeweils pausierende<br />
Aufschläger sammelt die Bälle für<br />
den nächsten Ballwechsel.<br />
•MMWBaäilP.IW;^ • I<br />
Trainings-Wettkampf mit erhöhter<br />
Laufarbeit:<br />
Einer der beiden Spieler darf auf<br />
dem gesamten Spielfeld nur Vorhand<br />
(Rückhand) benutzen. Der<br />
andere Spieler behält das reguläre<br />
Spielfeld und spielt mit Vor- und<br />
Rückhand. Nach 10 Gewinnpunkten<br />
(Anspiel von unten) oder<br />
6 Spielen erfolgt Seitenwechsel.<br />
Kraft<br />
Definition und<br />
Bedeutung<br />
Aus sportpraktischer Sicht ist<br />
Kraft die willkürliche Fähigkeit<br />
des Nerv-Muskel-Systems,<br />
Widerstand zu überwinden,<br />
entgegenzuwirken bzw. zu<br />
halten.<br />
Die Kraft erscheint in der Sportpraxis<br />
vorrangig in den Anwendungsformen<br />
Maximalkraft,<br />
Schnelligkeit und Kraftausdauer.<br />
Maximalkraft ist die höchstmögliche<br />
Kraft, die ein Sportler willkürlich<br />
mit statischen oder dynamischen<br />
Kontraktionen gegen einen<br />
Widerstand ausüben kann (z.B.<br />
Gewichtheben).<br />
Schnellkraft ist die Fähigkeit des<br />
Sportlers, Widerständen in einer<br />
festgelegten Zeit einen möglichst<br />
hohen Kraftstoß zu erteilen (z. B.<br />
Sprintstart oder Aufschlag). Hiervon<br />
wird die Reaktivkraft als jene<br />
Muskelleistung unterschieden,<br />
die innerhalb eines Dehnungs-Verkürzungszyklus<br />
(z.B. Hochsprung)<br />
einen erhöhten Kraftstoß produziert.<br />
Kraftausdauer bestimmt die<br />
Widerstandsfähigkeit gegen Ermüdung<br />
von langanhaltenden oder<br />
stetig sich wiederholenden Belastungen<br />
(z.B. Rudern).<br />
Prinzipiell hat die Muskelkraft im<br />
<strong>Tennis</strong> bei allen Bewegungen eine<br />
wichtige Bedeutung, wenn<br />
Schnelligkeit gefordert wird und<br />
zugleich höhere Widerstände zu<br />
überwinden sind. Die Kraft spielt<br />
vor allem bei jedem explosiven<br />
Start zum Ball eine dominante<br />
Rolle; sie kann aber auch bei verschiedenen<br />
<strong>Tennis</strong>techniken wie<br />
z.B. Aufschlag (Arm- und Rumpfkraft),<br />
Rückhandschmetterball,<br />
Vorhandschuß und schnellem<br />
Rückhandschlag mit Topspin als<br />
leistungsbestimmender Faktor<br />
wirken.<br />
Die Beispiele belegen, daß der<br />
<strong>Tennis</strong>spieler vor allem Schnellkraft<br />
benötigt, die größtenteils in engem<br />
Zusammenhang mit der Koordinationsfähigkeit<br />
(z.B. Rückhandschmetterball),<br />
der Schnelligkeit<br />
(z. B. Aufschlag, Vorhandschuß)<br />
und der Maximalkraft<br />
(abruptes Abstoppen und höchste<br />
Beschleunigung beim Gegenstart<br />
zum Ball) steht. Die enge Vernetzung<br />
der Schnellkraft mit anderen<br />
Faktoren verdeutlicht, daß im Gegensatz<br />
zur Schnelligkeit ein Kraftdefizit<br />
bei <strong>Tennis</strong>spielern durch<br />
überdurchschnittliche Ausprägung<br />
anderer konditioneller und koordinativer<br />
Fähigkeiten größtenteils<br />
kompensiert werden kann. Allerdings<br />
kann eine mangelhaft entwickelte<br />
Kraft (z. B. Beinkraft oder<br />
Rumpfkraft) die individuelle<br />
Höchstleistung im <strong>Tennis</strong> begrenzen,<br />
falls dieses Defizit eklatant ist<br />
oder entsprechende Kompensationsmöglichkeiten<br />
(<strong>Tennis</strong>technik,<br />
Schnelligkeit, Beweglichkeit) fehlen.<br />
Für das Damentennis trifft<br />
dies häufiger zu als für das Herrentennis.<br />
Orthopäden und Physiotherapeuten<br />
haben in jüngster Zeit häufig<br />
darüber berichtet, daß eine mangelhafte<br />
Ausbildung der Kraft und<br />
Dehnfähigkeit bei besonders beanspruchten<br />
Muskelgruppen (z.B.<br />
Kniestrecker oder Rückenstrecker)<br />
sowie ein deutliches muskuläres<br />
Ungleichgewicht (Dysbalance) insbesondere<br />
an Schulter, Lendenwirbelsäule<br />
und Oberschenkel eine<br />
wesentliche Ursache für chronische<br />
Überbeanspruchungen, akute<br />
Verletzungen und irreversible<br />
Sportschäden darstellen.<br />
Die genannten Gründe führen<br />
dazu, daß im folgenden vor allem<br />
die (tennisspezifische) Schnellkraft<br />
behandelt wird; für die Verhütung<br />
von typischen <strong>Tennis</strong>verletzungen<br />
und <strong>Tennis</strong>schäden sollen die<br />
wichtigsten muskulären Voraussetzungen<br />
über ein sogenanntes<br />
Heimprogramm geschaffen werden;<br />
diese Thematik wird in einem<br />
speziellen Kapitel dargestellt<br />
(s. S. 173).
Konditionstraining<br />
160
Kraft<br />
161
Konditionstraining<br />
Ziele des (Schnell-)<br />
Krafttrainings<br />
In Abhängigkeit von Trainingsperiode<br />
und Beanspruchungsprofil der<br />
Sportart werden im (Schnell-)<br />
Krafttraining 2 Hauptziele unterschieden:<br />
• Vergrößerung des Muskelquerschnitts<br />
(Muskelaufbautraining)<br />
• Verbesserung der neuronalen<br />
Steuerung bei Muskelarbeit<br />
(intra- und intermuskuläre<br />
Koordination)<br />
Die Querschnittsvergrößerung der<br />
Muskelfasern kommt durch eine<br />
Vermehrung der Sarkomere und<br />
somit durch eine Zunahme der<br />
Myofibrillenzahl innerhalb der einzelnen<br />
Muskelfasern zustande. Da<br />
für die Entwicklung kontraktiler<br />
Proteine (mittels Eiweißsynthese)<br />
eine relativ lange Reizdauer notwendig<br />
ist, muß im Training mit<br />
hohen Wiederholungszahlen (10<br />
bis 15) und folglich begrenzter<br />
Reizstärke (50 bis 80% der Maximalkraft)<br />
gearbeitet werden. Dies<br />
wird allgemein als Methode der<br />
wiederholten, submaximalen Belastung<br />
bezeichnet und kann je<br />
nach Lastgröße und Kontraktionsgeschwindigkeit<br />
weiter differenziert<br />
werden (Bodybuildingmethode,<br />
Standardmethode).<br />
Unter intramuskulärer Koordination<br />
(IK) versteht man die synchrone<br />
Aktivierung der höchstmöglichen<br />
Zahl an Muskelfasern<br />
eines Muskels (Rekrutierung) bzw.<br />
das Zusammenwirken aller an einer<br />
zielgerichteten Bewegung beteiligten<br />
Muskeln, d.h. der Agonisten<br />
wie der Antagonisten. Wünschenswerte<br />
Voraussetzung für ein<br />
effizientes IK-Training ist ein möglichst<br />
großer Muskelfaserquerschnitt.<br />
Demnach werden alle<br />
Sportler, die auf der Basis einer individuell<br />
ausgeprägten Maximalkraft<br />
ein hohes Schnellkraftniveau<br />
benötigen, im Anschluß an den<br />
Muskelaufbau in einem zweiten<br />
Schritt die intramuskuläre Koordination<br />
verbessern. Erst die Kombination<br />
von Muskelaufbau- und<br />
IK-Training ergibt die eigentliche<br />
Maximalkraft. Das IK-Training<br />
erfordert Belastungsintensitäten,<br />
die über 80% der Maximalkraft<br />
liegen.<br />
Diese hohen Intensitäten erlauben<br />
nur geringe Wiederholungszahlen<br />
(max. 6): Methode der kurzzeitigen<br />
hohen bis maximalen Krafteinsätze.<br />
Ein solches Training verbessert<br />
die Fähigkeit, schnell<br />
große Innervationsaktivitäten zu<br />
mobilisieren und umzusetzen, so<br />
daß eine raschere und umfangreichere<br />
Rekrutierung an Muskelfasern<br />
(bzw. motorischen Einheiten)<br />
erzielt wird. Die hohen Intensitäten<br />
verleiten häufig zu Fehlern in<br />
der Bewegungsführung, so daß<br />
ein IK-Training für den Anfänger<br />
größtenteils (z.B. an der freien<br />
Hantel oder bei komplizierteren,<br />
technischen Abläufen) ungeeignet<br />
ist und einer fachmännischen<br />
Betreuung bedarf.<br />
Die Optimierung der intermuskulären<br />
Koordination ermöglicht<br />
auch bei zyklischen Bewegungen<br />
eine verbesserte Abstimmung von<br />
Erregung und Hemmung, d.h. von<br />
Spannung und Entspannung (z.B.<br />
hohe Schrittfrequenz beim Sprint)<br />
und bei komplexen azyklischen<br />
Bewegungen eine günstigere<br />
Koordination der Teilimpulse<br />
(z.B. Aufschlag).<br />
Im Rahmen eines (speziellen)<br />
Schnellkrafttrainings bedient man<br />
sich der Methode reaktiver Belastungen,<br />
die durch einen jeweils<br />
schnellen Dehnungs-Verkürzungszyklus<br />
des Muskels gekennzeichnet<br />
ist. Hierbei werden zur Optimierung<br />
der intra- und teilweise<br />
auch der intermuskulären neuronalen<br />
Steuerung eine verbesserte<br />
Rekrutierung und Frequenzierung<br />
angestrebt. Zur maximalen Rekrutierung<br />
motorischer Einheiten<br />
bedient man sich häufig des eigenen<br />
fallenden Körpers. Alle Tief-,<br />
Vielfach- oder Hürdensprünge<br />
gehören zu dieser Kategorie<br />
(plyometrisches Training, exzentrisches<br />
Training, Schlagmethode).<br />
Bei allen reaktiven Trainingsformen<br />
ist zu berücksichtigen, daß<br />
sehr hohe Kraftspitzenwerte (mehr<br />
als 100%) bei der Landung auftreten,<br />
die auf Dauer bei nicht vorbereiteten<br />
Sportlern zu einer Schädigung<br />
des passiven Bewegungsapparates<br />
führen können. Ein vorausgegangener<br />
ausreichender<br />
Muskelaufbau ist folglich eine notwendige<br />
Voraussetzung für die<br />
Trainingsdurchführung. Zur Erhöhung<br />
der Frequenzierung wird<br />
eine maximale Entladungsfrequenz<br />
der Motoneurone angestrebt<br />
(z.B. beim Sprint). In diesem<br />
Fall verbietet sich der Einsatz zusätzlicher<br />
Lasten; es müssen vielmehr<br />
erleichterte Rahmenbedingungen<br />
geschaffen werden (z.B.<br />
Sprint bergab, Werfen mit leichten<br />
Gewichten).<br />
Allgemeine Prinzipien<br />
des Krafttrainings<br />
Aufgrund der herausragenden Bedeutung<br />
der Schlag- und Laufkoordination<br />
für die Gesamtleistung<br />
des Spielers stellt sich speziell im<br />
<strong>Tennis</strong> das Problem des koordinativen<br />
Transfers nach einem Krafttraining.<br />
Dies gilt insbesondere bei<br />
einem Muskelaufbautraining der<br />
oberen Extremität, da die koordinative<br />
Komplexität jeder einzelnen<br />
Schlagtechnik außerordentliche<br />
Anforderungen stellt. Die Lösung<br />
dieser Problematik wird noch dadurch<br />
erschwert, daß verschiedene,<br />
individuelle Kraftdefizite<br />
162
Kraft<br />
wegen des geringen Gewichtes<br />
der zu beschleunigenden Masse<br />
(Schläger) bei durchschnittlicher<br />
Ausprägung anderer konditioneller<br />
und koordinativer Fähigkeiten<br />
größtenteils kompensiert werden<br />
können. Unter Berücksichtigung<br />
der genannten Problemfelder gelten<br />
daher folgende Prinzipien für<br />
das Krafttraining im <strong>Tennis</strong>:<br />
• Ein umfassendes Krafttraining<br />
(einschließlich Muskelaufbau)<br />
im <strong>Tennis</strong> ist vorrangig für die<br />
unteren Extremitäten notwendig<br />
und gewinnt an Bedeutung<br />
bei mangelhafter Laufschnelligkeit<br />
(z.B. grundsätzlich im<br />
Damentennis), bei speziellen<br />
Spielertypen (Angriffsspieler)<br />
und bei häufigem Spiel auf<br />
harten Bodenbelägen.<br />
• Muskelaufbau und IK-Training<br />
an der Kraftmaschine für die<br />
obere Extremität sind (nur) bei<br />
deutlichen Defiziten erforderlich.<br />
In den meisten Fällen<br />
genügt ein Training der speziellen<br />
Schnellkraft, so daß die<br />
ersten beiden Trainingsphasen<br />
übersprungen werden können.<br />
• Das Krafttraining des <strong>Tennis</strong>spielers<br />
sollte vorrangig auf eine<br />
Verbesserung der neuronalen<br />
Steuerung bei Muskelarbeit<br />
(spezielle Schnellkraft/intraund<br />
intermuskuläre Koordination)<br />
ausgerichtet werden.<br />
• Das spezielle Schnellkrafttraining<br />
der oberen Extremität<br />
beinhaltet in erster Linie die<br />
Wettkampfübung selbst und<br />
zielt auf eine verbesserte Frequenzierung<br />
und Rekrutierung.<br />
Veränderte Rahmenbedingungen<br />
(Schlagimitation gegen<br />
Deuserband, leichtere oder<br />
schwerere Schläger) können in<br />
seltenen Fällen bei entsprechend<br />
sensiblen Spielern bereits<br />
zu einer Beeinträchtigung der<br />
Koordination führen.<br />
• Krafttraining für den <strong>Tennis</strong>spieler<br />
sollte außerhalb der<br />
Hauptwettkampfperiode (z.B.<br />
September/Oktober) und wenigstens<br />
über einen Zeitraum<br />
von 6 Wochen durchgeführt<br />
werden.<br />
• Das Krafttraining sollte stets<br />
eng verflochten werden mit<br />
einem entsprechenden koordinativen<br />
bzw. »rekoordinativen«<br />
Techniktraining auf dem <strong>Tennis</strong>platz.<br />
Dies kann im unmittelbaren<br />
Anschluß an das Krafttraining<br />
und/oder in einer der<br />
darauffolgenden Trainingseinheiten<br />
erfolgen.<br />
Trainingsbeispiel<br />
zur Sprintkraft<br />
f ,\«-«^ gfcmrero.<br />
Trainingsziel: Muskelaufbau/Maximalkraft<br />
Übungen: Beinpresse (evtl. Beincurl,<br />
Wadenheben) an der Kraftmaschine<br />
Methode: Wiederholte, submaximale<br />
Belastung<br />
Dauer: 1. bis 3. Woche<br />
Reizumfang: 2 Trainingseinheiten<br />
pro Woche mit mindestens 3 Serien<br />
zu je 10 bis 15 Wiederholungen<br />
Reizhöhe: 50 bis 75% der Maximalkraft<br />
Reizdichte: Serienpause ca. 1 bis 3<br />
Minuten<br />
Trainingsziel: intramuskuläre Koordination/Maximalkraft<br />
Übungen: Siehe vorher<br />
Methode: Wiederholte hohe bis<br />
maximale Belastung<br />
Dauer: 4. bis 6. Woche<br />
Reizumfang: 2 Trainingseinheiten<br />
pro Woche mit jeweils 3 bis 6 Serien<br />
zu je 1 bis 6 Wiederholungen<br />
Reizhöhe: 80 bis 100% der Maximalkraft<br />
Reizdichte: Serienpause ca. 2 bis 5<br />
Minuten<br />
3. Phase<br />
Trainingsziel: spezielle Schnellkraft<br />
Rekrutierung:<br />
• Sprungläufe über 10 m leicht<br />
bergauf<br />
• Seitwärtssprünge mit vor der<br />
Brust fixierten Kleinhanteln<br />
oder Hantelscheiben (5 bis<br />
10 kg) als Zusatzgewicht<br />
• Steigerungsläufe über 20 m<br />
gegen dosierten Widerstand;<br />
Partner bremst den Trainierenden<br />
mit Deuser-<strong>Band</strong> ab<br />
• Kniehebelauf oder Strecksprünge<br />
auf der Weichbodenmatte<br />
• Kurzsprints über 10 bis 20 m im<br />
weichen Sand am Strand oder<br />
mit Gewichtsweste<br />
• Reaktivkrafttraining im Sprungparcours<br />
(z. B. einbeiniger<br />
Sprung über Kleinkasten und<br />
anschließend beidbeinige<br />
Strecksprünge)<br />
• Maximale Starts und Gegenstarts<br />
oder Sprünge zum Ball<br />
auf dem <strong>Tennis</strong>platz (ggf. mit<br />
Gewichtsweste)<br />
Frequenzierung:<br />
• Kurzsprints über max. 20 bis<br />
40 m bergauf oder auf der<br />
Ebene mit Zugseil<br />
163
Konditionstraining<br />
• Kniehebeläufe über 5 Sekunden<br />
mit maximaler Frequenz<br />
• Side-Steps mit niedrigem Körperschwerpunkt<br />
und maximaler<br />
Frequenz über 5 bis 8 Sekunden<br />
• Maximale Beschleunigung und<br />
optimale Geschwindigkeit beim<br />
Lauf zum Ball auf dem <strong>Tennis</strong>platz<br />
(z.B. Lauf 10 bis 12 m<br />
entlang der Grundlinie mit<br />
anschließendem Passierball<br />
oder Lauf von der Grundlinie<br />
nach vorne zum Stop mit<br />
anschließendem Erlaufen des<br />
folgenden Lobs)<br />
Trainingsbeispiel<br />
zur Schlagkraft<br />
U,UttESi-<br />
Trainingsziel: Muskelaufbau/Maximalkraft<br />
Übungen: Trizepsdrücken an der<br />
Kraftmaschine oder Überzüge<br />
(Aufschlagimitation) am Seilzug<br />
Methode: Wiederholte, submaximale<br />
Belastung<br />
Dauer: 1. bis 3. Woche<br />
Reizumfang: 2 Trainingseinheiten<br />
pro Woche mit mindestens 3 Serien<br />
zu je 10 bis 15 Wiederholungen<br />
Reizhöhe: 60 bis 80% der Maximalkraft<br />
Reizdichte: Serienpause ca. 1 bis 3<br />
Minuten<br />
ftJlfoafiä ]<br />
Trainingsziel: intramuskuläre Koordination/Maximalkraft<br />
Übungen: Siehe oben<br />
Methode: Wiederholte hohe bis<br />
maximale Belastung<br />
Dauer: 4. bis 6. Woche<br />
Reizumfang: 2 Trainingseinheiten<br />
pro Woche mit je 3 bis 6 Serien zu<br />
je 1 bis 6 Wiederholungen<br />
Reizhöhe: 80 bis 100% der Maximalkraft<br />
Reizdichte: Serienpause ca. 2 bis 5<br />
Minuten<br />
Trainingsziel: spezielle Schnellkraft<br />
Rekrutierung:<br />
• Medizinballwürfe beidarmig<br />
über Kopf (Aufschlag)<br />
• Medizinballwürfe einarmig seitlich<br />
(Vorhand)<br />
• Schlagimitation gegen Deuser-<br />
<strong>Band</strong> (Vor- und Rückhand)<br />
• Armschwingen vor und zurück<br />
mit Kleinhantel (1 bis 2 kg) und<br />
explosiver Richtungsänderung<br />
(Vor- und Rückhand)<br />
• Schlagtraining mit beschwertem<br />
Schlägerkopf (ca. 500 g) (Vorund<br />
Rückhand, Aufschlag)<br />
Frequenzierung:<br />
• Vorhandschuß cross aus der<br />
Rückhandecke (Flugbahn flach<br />
unter Seil, Zielbereich Grundlinie)<br />
• Rückhandschmetterball (der<br />
Ball muß nach dem Aufsprung<br />
Zaunhöhe erreichen)<br />
• Vor- und Rückhand mit maximaler<br />
Schlaghärte an der <strong>Tennis</strong>wand<br />
mit altem, defektem<br />
<strong>Tennis</strong>ball oder Softball (das<br />
Training erfolgt mit einem Partner,<br />
der jeden zweiten Schlag<br />
zuspielt)<br />
• Schmetterball steil nach unten<br />
mit anschließend möglichst<br />
hohem Absprung<br />
• Kanonenaufschläge ins Aufschlagfeld<br />
(der Ball berührt den<br />
gegenüberliegenden Zaun<br />
möglichst hoch)<br />
• Badminton: Vor- und Rückhandschmetterball-Serien<br />
mit<br />
höchster Intensität und maximaler<br />
Flughöhe und -weite<br />
• Weitwürfe mit dem <strong>Tennis</strong>ball<br />
(Aufschlagimitation)<br />
• Weitwürfe mit altem, ausrangiertem<br />
Schläger im Gelände<br />
(Rückhand, Aufschlag)<br />
Auf eine exakte Festlegung der<br />
Belastungsnormative (Wiederholungszahl,<br />
Serien) wurde bei allen<br />
Vorschlägen zum Training der speziellen<br />
Schnellkraft für Sprint und<br />
Schlag verzichtet, da jene maßgeblich<br />
vom Trainingsziel, von der<br />
Anzahl der ausgewählten Übungen<br />
und deren Zusammenstellung<br />
abhängen.<br />
Schnelligkeit<br />
Definition und<br />
Systematik<br />
Im Sport wird unter Schnelligkeit<br />
die schnellstmögliche Reaktion<br />
auf einen Reiz und die<br />
höchste Geschwindigkeit bei<br />
der Ausführung von Bewegungen<br />
verstanden.<br />
Die Schnelligkeit kann in zwei<br />
Komponenten zerlegt werden:<br />
• Reaktionsschnelligkeit<br />
• Bewegungsschnelligkeit<br />
Die Reaktionsschnelligkeit bezeichnet<br />
die Fähigkeit, so schnell<br />
wie möglich auf einen Reiz (z. B.<br />
Ball des Gegners) mit einer ziel-<br />
164
Schnelligkeit<br />
gerechten Muskelkontraktion (z. B.<br />
Start zum Ball) zu antworten. Speziell<br />
im Rückschlagspiel-<strong>Tennis</strong> ist<br />
die Reaktion sehr eng verknüpft<br />
mit der Antizipation, so daß eine<br />
Verbesserung der Reaktionszeit<br />
vorrangig von einer Optimierung<br />
der Situationsantizipation (z. B.<br />
Aufschlagrichtung) und nachfolgender<br />
Handlungsantizipation<br />
(z.B. Planung des Returndralls)<br />
abhängt.<br />
Die Bewegungsschnelligkeit wird<br />
allgemein in die azyklische<br />
Schnelligkeit und die zyklische<br />
Schnelligkeit unterteilt. Die azyklische<br />
Schnelligkeit (auch: Aktionsschnelligkeit)<br />
ist verantwortlich für<br />
die Geschwindigkeit vornehmlich<br />
bei Einzelbewegungen (z.B.<br />
Sprung, Stoß oder Schlag). Die zyklische<br />
Schnelligkeit (auch: Grundschnelligkeit,<br />
maximale Sprintschnelligkeit)<br />
bestimmt das<br />
Höchsttempo bei stetig fortlaufend<br />
gleichförmigen Bewegungen<br />
(z.B. 100-m-Lauf nach der Beschleunigungsphase,<br />
50-m-Kraulsprint).<br />
Im <strong>Tennis</strong> dominiert die azyklische<br />
Schnelligkeit, die als Laufschnelligkeit<br />
und als Schlagschnelligkeit in<br />
verschiedenen Spielsituationen leistungsbegrenzend<br />
wirken kann<br />
und folglich eines optimalen Ausprägungsgrades<br />
bedarf. Die Maximalkraft<br />
spielt eine zentrale Rolle<br />
für die Schnelligkeit (Kraftschnelligkeit),<br />
wenn azyklische oder<br />
zyklische Bewegungen gegen<br />
größere Widerstände (z.B. Männerkugel<br />
beim Kugelstoß, Beschleunigung<br />
auf den ersten 5 m<br />
im Sprintstart oder beim Leistungsrudern)<br />
durchgeführt<br />
werden müssen.<br />
Die Schlagschnelligkeit erfolgt im<br />
<strong>Tennis</strong> nur gegen geringe Widerstände,<br />
so daß die Maximalkraft<br />
eine untergeordnete Rolle spielt.<br />
Hiermit wird verständlich, daß<br />
auch ausgesprochen schlanke<br />
Spielertypen den Ball außergewöhnlich<br />
gut beschleunigen können<br />
(z. B. Ivanisevic oder Stich<br />
beim Aufschlag, Noah beim Rückhandschmetterball<br />
oder Krickstein<br />
beim Vorhandschuß). Die Schlagschnelligkeit<br />
beruht auf folgenden<br />
Faktoren:<br />
• Aktivierbare Kontraktionsgeschwindigkeit<br />
der Muskulatur<br />
(individuell unterschiedliche<br />
Muskelfaserzusammensetzung)<br />
• Intermuskuläre Koordination<br />
(zielgerichtetes Zusammenspiel<br />
von Agonisten und Antagonisten)<br />
• Intramuskuläre Koordination<br />
(Zahl der gleichzeitig aktivierbaren<br />
motorischen Einheiten)<br />
Die Laufschnelligkeit bezieht sich<br />
beim <strong>Tennis</strong> auf Laufwege, die in<br />
eine Richtung stets nur wenige<br />
Meter betragen (Laufstrecken<br />
über 10 m sind extrem selten).<br />
Folglich spielt für das Erreichen<br />
hoher Geschwindigkeiten die<br />
Beschleunigungsleistung (gegen<br />
vergleichsweise hohe Last) eine<br />
dominierende Rolle. Letztere steht<br />
neben den bereits genannten Faktoren<br />
im Gegensatz zur Schlagschnelligkeit<br />
in enger Beziehung<br />
zum Niveau der individuellen Maximalkraft.<br />
Dies gilt besonders für<br />
spezielle Spielsituationen (explosive<br />
Richtungswechsel), für<br />
bestimmte Spielstrategien (z.B.<br />
Angriffstennis) und für schwergewichtige<br />
Spielertypen.<br />
Von mehreren Autoren ist in jüngerer<br />
Zeit auf den Programmcharakter<br />
der Schnelligkeitsmechanismen<br />
hingewiesen worden. Die<br />
Schnelligkeit wird als elementare<br />
Leistungsvoraussetzung dargestellt,<br />
die durch die Qualität<br />
neuro-muskulärer Steuer- und<br />
Regelprozesse bestimmt ist. Die<br />
sogenannten Zeitprogramme werden<br />
im Gehirn ausgebildet und<br />
dort gespeichert. Folglich wird<br />
diese Art der Schnelligkeit als elementare<br />
Fähigkeit erlernt und ist<br />
weitgehend unabhängig von energetischen<br />
Kraftkomponenten.<br />
Einflußgrößen zur Realisierung<br />
schneller Zeitprogramme sind die<br />
Reizleitungsgeschwindigkeit, die<br />
Reflexinnervation und der Anteil<br />
von schnellzuckenden (fast twitch)<br />
FT-Fasern im Muskel. Das Zeitprogramm<br />
wird maßgeblich durch die<br />
Qualität neuro-muskulärer Mechanismen<br />
gekennzeichnet.<br />
Elementare Schnelligkeit wird<br />
durch Organisation von Rahmenbedingungen<br />
entwickelt, welche<br />
die Zeitstruktur der neuro-muskulären<br />
Mechanismen modellieren.<br />
In einem solchen Training sind<br />
vergleichsweise niedrige Reizstärken<br />
und Belastungsumfänge ausreichend,<br />
und die Rückbildungsrate<br />
des Leistungszustandes ist<br />
wesentlich geringer als die, die aus<br />
dem Training energetisch bedingter<br />
Leistungsvoraussetzungen<br />
bekannt ist.<br />
Die Ausbildung elementarer<br />
Bewegungsprogramme stellt die<br />
erste Stufe des azyklischen Schnelligkeitstrainings<br />
dar und sollte<br />
folglich in die erste Phase des<br />
sportlichen Trainings (Grundlagentraining)<br />
integriert werden. Als<br />
zweite Stufe werden die Bewegungsprogramme<br />
mit disziplinspezifischen<br />
Übungen (z. B. Start zum<br />
Ball, Aufschlag o.a.) in Verbindung<br />
gebracht. In der dritten<br />
Stufe wird die Schnelligkeit in<br />
seiner gesamten Komplexität<br />
(einschließlich Kraftschnelligkeit)<br />
in möglichst hoher Affinität zu den<br />
wettkampfspezifischen Anforderungen<br />
unter Beachtung elementarer<br />
Bewegungsprogramme zielgerichtet<br />
entwickelt.<br />
Abschließend wird zusammenfassend<br />
festgestellt, daß für die Qua-<br />
165
Konditionstraining<br />
Abb. 91 Einflußgrößen und Erscheinungsformen der tennisspezifischen Schnelligkeit<br />
lität der tennisspezifischen Schnelligkeit<br />
nach aktuellem Wissensstand<br />
die elementare Schnelligkeit,<br />
konzentrische und reaktive<br />
Schnellkraft, Antizipations- und<br />
Reaktionsschnelligkeit sowie die<br />
<strong>Tennis</strong>technik vorrangig verantwortlich<br />
sind (Abb. 91). Folglich<br />
kann die Schnelligkeit des <strong>Tennis</strong>spielers<br />
bzw. der <strong>Tennis</strong>spielerin<br />
nur über eine systematische Ausbildung<br />
sämtlicher Leistungskomponenten<br />
auf neuronaler und<br />
muskulärer Ebene optimal entwickelt<br />
werden.<br />
Bedeutung der<br />
Schnelligkeit<br />
Je druckvoller der Gegner spielt<br />
und je schneller die Platzoberfläche<br />
ist, desto wichtiger wird die<br />
Laufschnelligkeit als leistungslimitierender<br />
Faktor im <strong>Tennis</strong>wettkampf.<br />
Von ähnlicher Bedeutung<br />
ist die individuelle Schlagschnelligkeit<br />
(in enger Verflechtung mit<br />
Koordinationsfähigkeit): Dies gilt<br />
nicht nur für Schmetterschlag und<br />
Aufschlag, die mit hoher und<br />
höchster Geschwindigkeit offensichtlich<br />
direkte Gewinnpunkte ermöglichen,<br />
sondern auch für den<br />
schnellen Vorhandschlag (Vorhandschuß),<br />
der das gegnerische<br />
Feld öffnet oder den Ballwechsel<br />
endgültig abschließt. Auch die<br />
Qualität des Returns und des<br />
Volleyspiels werden wesentlich<br />
begrenzt von der Schlagschnelligkeit<br />
(in enger Verbindung mit der<br />
Reaktionsfähigkeit).<br />
Wegen der hohen Ballgeschwindigkeit<br />
(z. B. Return), des geringen<br />
Abstandes zum Gegner (z. B.<br />
Netzspiel im Doppel) und wegen<br />
der komplexen Spielsituation<br />
reicht die Reaktionszeit häufig<br />
nicht aus; folglich ist für eine frühzeitige<br />
richtige Handlungsweise<br />
die tennisspezifische Antizipationsfähigkeit<br />
von entscheidender Bedeutung.<br />
Prinzipien und praktische<br />
Hinweise für das<br />
Schnelligkeitstraining<br />
Schnelligkeitstraining ist wegen<br />
der engen Verflechtungen stets<br />
mit dem individuellen Ausprägungsgrad<br />
der Kraft und der tennisspezifischen<br />
Koordinationsfähigkeit<br />
(insbesondere <strong>Tennis</strong>technik)<br />
in Beziehung zu setzen.<br />
So spielt beispielsweise die Kraft<br />
speziell für Start und Beschleunigungsphase<br />
beim Sprint zum Ball<br />
eine dominierende Rolle. In ähnlicher<br />
Weise hängt die maximal erreichbare<br />
Schlagschnelligkeit von<br />
der Qualität der schlagspezifischen<br />
Koordinationsfähigkeit (z.B. Rückhandschmetterball)<br />
in erheblicher<br />
Weise ab.<br />
Einzelne Teilfaktoren der Schnelligkeit<br />
(Reaktions-/Antizipationszeit,<br />
Lauf- und Schlagschnelligkeit) bedürfen<br />
wegen ihrer Unabhängigkeit<br />
und aufgrund individuell<br />
166
Schnelligkeit<br />
unterschiedlicher, isolierter Defizite<br />
getrennter Methoden im Training.<br />
Andererseits erfordert der <strong>Tennis</strong>wettkampf<br />
stets eine situationsabhängige<br />
Mehrfachreaktion bzw.<br />
optimale Auswahlreaktion, wobei<br />
der Spieler in kürzester Zeit aus einer<br />
Vielzahl von möglichen Aktionen<br />
die günstigste auszuwählen<br />
hat (z. B. beim Return oder beim<br />
Passierschlag). Reaktionsschnelligkeit<br />
und azyklische Schnelligkeit<br />
werden daher im allgemeinen<br />
nicht isoliert, sondern kombiniert<br />
mit anderen (tennisspezifischen)<br />
Fähigkeiten geschult.<br />
Im Rahmen der Reaktionsfähigkeit<br />
ist die Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit<br />
ein wesentliches,<br />
flankierendes Trainingsziel. Hiermit<br />
können nicht nur Steigerungsmöglichkeiten<br />
der Reaktionsschnelligkeit,<br />
sondern vor allem<br />
deren Stabilisierung erreicht werden.<br />
Für die Optimierung der<br />
besonders wichtigen Antizipation<br />
bedarf es einer entsprechenden<br />
Sensibilisierung des Spielers, damit<br />
er möglichst frühzeitig Zusatzinformationen<br />
(z. B. Stellung des Gegners<br />
zum Ball, Ausholbewegung,<br />
Standardspielsituation) aufnimmt,<br />
um sie anschließend bestmöglich<br />
für die eigene Schlagvorbereitung<br />
auszunutzen. Darüber hinaus<br />
sollte der Spieler durch eigene,<br />
zwingende Aktionen dem Gegner<br />
einen eingeengten Handlungsspielraum<br />
aufdrängen. Hiermit<br />
werden günstige Voraussetzungen<br />
geschaffen, selbst früher und<br />
erfolgreicher reagieren zu können.<br />
Reizhöhe<br />
Die Reizhöhe(-stärke) ist im<br />
Schnelligkeitstraining stets hoch<br />
bzw. sehr hoch (90 bis 100%), so<br />
daß die Bewegungen in der Regel<br />
so schnell wie möglich durchgeführt<br />
werden müssen. Dies bedeutet<br />
beispielsweise, daß der geforderte<br />
<strong>Tennis</strong>schlag mit hoher<br />
Beschleunigung und der Start zum<br />
gutgesetzten Stop hochexplosiv<br />
durchgeführt wird. Unabdingbare<br />
Voraussetzungen hierfür sind jedoch,<br />
daß die korrekte Technik bei<br />
submaximaler Geschwindigkeit<br />
stabilisiert worden ist und auf<br />
Übereinstimmung mit dem individuellen<br />
technischen Niveau<br />
geachtet wird. Darüber hinaus<br />
bedarf es stets der sorgfältigen<br />
Kontrolle, daß vorhandene oder<br />
auftretende Ermüdungserscheinungen<br />
den technischen Ablauf<br />
der geforderten Handlung nicht<br />
negativ beeinflussen.<br />
Reizdauer<br />
Die Reizdauer sollte mit der des<br />
Wettkampfes übereinstimmen.<br />
Weil Schnelligkeitsreize von der<br />
Funktionstüchtigkeit des Nervensystems<br />
abhängig sind, sollte dem<br />
Schnelligkeitstraining in der Regel<br />
keine ermüdende Tätigkeit vorausgehen.<br />
Reizdichte<br />
Für die Reizdichte gilt, daß die<br />
Pausendauer zwischen den einzelnen<br />
Übungseinheiten so gestaltet<br />
wird, daß sich das neuromuskuläre<br />
System erholen kann. Bei einem<br />
Abfall der Bewegungsgeschwindigkeit<br />
sollte die Zahl der Wiederholungen<br />
reduziert oder die Pausendauer<br />
zwischen den einzelnen .<br />
Übungen erhöht werden. Die<br />
Hauptform des Schnelligkeitstrainings<br />
ist daher die Wiederholungsmethode,<br />
die im Gegensatz<br />
zur Intervallmethode eine nahezu<br />
komplette Wiederherstellung der<br />
Leistungsfähigkeit erlaubt.<br />
Reizumfang<br />
Um trotz maximaler Intensität<br />
einen relativ hohen Reizumfang zu<br />
realisieren, wird bevorzugt nach<br />
dem Serienprinzip sowie unter<br />
Abwechslung der beanspruchten<br />
Muskelgruppen trainiert. Über<br />
eine Variation der Trainingsinhalte<br />
lassen sich nicht nur unerwünschte<br />
»Geschwindigkeitsbarrieren«, sondern<br />
auch eine frühzeitige (zentrale)<br />
Ermüdung mit Verlust der<br />
Leistungsmotivation vermeiden.<br />
Prinzipien für das<br />
Training von Kindern<br />
und Jugendlichen<br />
Begabte Nachwuchsspieler zeichnen<br />
sich nicht nur durch ein überdurchschnittliches<br />
Niveau der<br />
Schnelligkeit, sondern vor allem<br />
auch durch eine bessere Trainierbarkeit<br />
dieser leistungsbegrenzenden<br />
Fähigkeit aus. Im Kindes- und<br />
Jugendalter sollte die Schnelligkeit<br />
schon frühzeitig geschult werden,<br />
damit der durch das Erbgut vorgegebene<br />
begrenzte Rahmen noch<br />
vor Abschluß der vollständigen<br />
Entwicklung des Zentralnervensystems<br />
erweitert werden kann.<br />
Zahlreiche Untersuchungen belegen,<br />
daß sich begrenzte Beeinflussungsmöglichkeiten<br />
des Nervensystems<br />
im Sinne von qualitativen<br />
Veränderungen vor allem auf den<br />
Zeitraum des frühen Schulalters<br />
und Pubeszenz beschränken. Die<br />
günstigen Bedingungen dieses<br />
Entwicklungsabschnittes werden<br />
generell nicht ausreichend genutzt.<br />
Besonders ist auf die Ausnutzung<br />
der sensitiven Entwicklungsabschnitte<br />
für Schnelligkeit,<br />
d. h. jener Zeit mit der höchsten<br />
Zuwachsrate, zu achten. Hierbei<br />
sind die verschiedenen Faktoren<br />
der Schnelligkeit differenziert zu<br />
entwickeln: Eine Schulung der<br />
Bewegungsfrequenz sollte hauptsächlich<br />
im frühen und mittleren<br />
Schulkindalter erfolgen, während<br />
typisches Schnellkrafttraining erst<br />
in der Pubeszenz und der begin-<br />
167
Konditionstraining<br />
nenden Adoleszenz einsetzt. Einmal<br />
erworbene und durch häufiges<br />
Üben verfestigte neuromuskuläre<br />
Strukturen lassen sich im<br />
Bereich der Schnelligkeit später<br />
nur noch mit überhöhtem Aufwand<br />
oder gar nicht mehr verändern.<br />
Im Nachwuchstraining (12.<br />
bis 15. Lebensjahr) können neuromuskuläre<br />
Mechanismen noch relativ<br />
gut geprägt werden. Durch<br />
Erleichterungen soll den Kindern<br />
die Möglichkeit gegeben werden,<br />
elementare Bewegungsprogramme<br />
zu entwickeln. Die Erleichterungen<br />
sind dabei auf Leistungsvoraussetzungen<br />
gerichtet,<br />
die für den Erwerb der Zielprogramme<br />
noch nicht ausreichend<br />
entwickelt sind. Beim <strong>Tennis</strong> sind<br />
dies häufig Defizite bei den Kraftvoraussetzungen<br />
oder den koordinativen<br />
Grundlagen, so daß in diesen<br />
Fällen die beidhändige Rückhand<br />
oder das Spiel im Kleinfeld<br />
bzw. die Verwendung des Softballes<br />
(oder Easy-Play-Ball) oder des<br />
Kurzschlägers das Mittel der Wahl<br />
sind, um die Schnelligkeit frühzeitig<br />
zu aktivieren.<br />
Nach jüngsten Auffassungen zur<br />
optimalen Entwicklung der Schnelligkeit<br />
bedarf es zuerst der Ausbildung<br />
der elementaren Schnelligkeit<br />
über sogenannte kurze<br />
Zeitprogramme, um diese anschließend<br />
in komplexe Schnelligkeitsanforderungen<br />
zu integrieren;<br />
erst auf der letzten Ausbildungsstufe<br />
wird der wettkampfspezifische<br />
Verbund gesucht. Diese Reihenfolge<br />
ist besonders wichtig im<br />
Blick auf eine langfristige Leistungsentwicklung<br />
im Kindes- und<br />
Jugendalter. Beispielsweise wird<br />
bei Kindern im Alterzwischen<br />
6 und 12 Jahren zunächst die elementare<br />
Schnelligkeit ausgebildet.<br />
Anschließend wird je nach Trainingsziel<br />
und Entwicklungsstand<br />
die Schnelligkeit in ihren sämtlichen<br />
komplexen Anforderungen<br />
geschult, damit sie schließlich in<br />
der wettkampfspezifischen Situation<br />
in Verbindung mit Technik<br />
und Taktik optimal angewendet<br />
werden kann.<br />
Über Mechanismen und Einflußmöglichkeiten<br />
auf elementare<br />
neuromuskuläre Bewegungsprogramme<br />
im <strong>Tennis</strong>sport ist insgesamt<br />
noch sehr wenig bekannt.<br />
Während in Sprint- und Sprungdisziplinen<br />
der Leichtathletik die<br />
Ausbildung elementarer Bewegungsprogramme<br />
bereits zum<br />
festen Bestandteil im Hochleistungstraining<br />
gehört, existieren<br />
derzeitig noch keine gesicherten<br />
Erfahrungen über den Einfluß auf<br />
die Schnelligkeit tennisspezifischer<br />
Lauf- und Schlagbewegungen.<br />
Stets ist auf optimale Bewegungsökonomie<br />
zu achten. Interessant<br />
gestaltete Trainingsinhalte mit<br />
vielseitigen Trainingsmitteln sind<br />
für die Entwicklung der Schnelligkeit<br />
notwendig, da sich sonst frühzeitig<br />
Stagnation oder gar Minderung<br />
der Schnelligkeitsleistungen<br />
bemerkbar macht.<br />
Trainingsbeispiele<br />
Reaktionsschnelligkeit und azyklische<br />
Schnelligkeit werden in der<br />
Regel nicht isoliert, sondern kombiniert<br />
(Antizipation + Reaktion +<br />
Start zum Ball + Schlag) in ausgewählten<br />
<strong>Tennis</strong>situationen trainiert.<br />
Im Anfänger- und Fortgeschrittenenstadium<br />
empfiehlt es<br />
sich, die jeweilige Lauf- und<br />
Schlagtechnik zuerst bei submaximaler<br />
Ausführungsgeschwindigkeit<br />
zu trainieren, damit technische<br />
Fehler und verkrampfte Bewegungsausführung<br />
vermieden<br />
werden. Zu Beginn eines Schnelligkeitstrainings<br />
sowie bei speziellen,<br />
individuellen Defiziten kann es<br />
sich als günstig erweisen, die diversen<br />
Schnelligkeits-Teilleistungen<br />
auch isoliert zu trainieren.<br />
Reaktion/Antizipation<br />
| BeispieM • - |<br />
Sprintstart in unterschiedliche<br />
Richtungen (z.B. nach vorn/hinten<br />
oder zur Seite) über kurze Entfernung<br />
(4 bis 10 m) auf optisches<br />
Startzeichen.<br />
| - ' < Beispiel 2 *•? .f">"»^<br />
»Schwarz/Weiß«: Paarweises Reaktionsspiel<br />
(z.B. Ausgangspunkt<br />
jeweils 10 cm links und rechts der<br />
Mittellinie).<br />
| . Beispiel 3 -<br />
Der Spieler steht kurz vor der <strong>Tennis</strong>wand<br />
und hat die Aufgabe,<br />
sämtliche Bälle mit Hand oder Fuß<br />
abzufangen. Hinter ihm steht der<br />
Partner und wirft die <strong>Tennis</strong>bälle in<br />
verschiedener Geschwindigkeit,<br />
Höhe und Richtung gegen die<br />
Wand.<br />
| •?«,•»--•• Beispiel^ • u -%&Vt.-*^<br />
»Maschinengewehr« mit verschiedenfarbigen<br />
Bällen (gelb: Volley<br />
nach rechts; orange: Volley nach<br />
links). Der Zuspieler rückt stetig<br />
näher an das Netz.<br />
| Beispiel 5 . .j<br />
Der Aufschläger wechselt die Aufschlagrichtung,<br />
abwechselnd Vorhand-<br />
und Rückhandseite. Der Returnspieler<br />
soll bereits vor dem<br />
Treffen des Balles durch den Aufschläger<br />
durch Ausholbewegung<br />
und Oberkörperdrehung zeigen,<br />
168
Trainingsbeispiele<br />
daß er die Aufschlagrichtung<br />
erkannt hat.<br />
Beispiel 6~<br />
Der Aufschläger variiert seinen<br />
Aufschlag hinsichtlich Härte, Richtung<br />
und Drall, so daß der Returnspieler<br />
sich ständig anpassen muß.<br />
Beispiel 7~ ]<br />
Return aus einer Ausgangsposition,<br />
die 1, 2 oder 3 m vor dem<br />
üblichen Schlagort liegt.<br />
[ Beispiels""<br />
»Schmetterball-Volley«: Aus dem<br />
Volley-Duell im Halbfeld wird ein<br />
Lob gespielt; der anschließende<br />
Schmetterball (Präzision vor Geschwindigkeit)<br />
soll als Volley ins<br />
gegnerische Feld plaziert werden.<br />
Laufschnelligkeit<br />
| Beispiel 1<br />
Wechselseitiges Fußtapping mit<br />
kurzen Sprints.<br />
: Beispiel 2<br />
2mal 6 Tiefsprünge oder kombinierte<br />
Tief-/Weit-/Hochsprünge<br />
mit einer Serienpause von 5 bis 8<br />
Minuten (z.B. Niedersprung vom<br />
30 bis 40 cm hohen Kleinkasten<br />
mit schnellstmöglich folgendem<br />
Schlußsprung über eine Hürde<br />
variabler Höhe/Weite).<br />
Die Stützzeiten sollen so kurz wie<br />
möglich gehalten und in wenigstens<br />
der Hälfte aller Versuche<br />
realisiert werden.<br />
I gl^^^BinspielB"'-<br />
Vorgegebene Schrittkombinationen<br />
(z.B. auch über Kreuzschritte,<br />
J<br />
Seitstellschritte o.a.) in höchster<br />
Geschwindigkeit im Kreuz- oder<br />
Kästchen-Viereck/Dreieck sowie in<br />
der Strickleiter: Hierbei sollen die<br />
Kontaktzeiten so kurz wie möglich<br />
gehalten werden.<br />
| Beispiel 4 |<br />
Explosiver Sprunglauf nach vorne,<br />
Kurzsprint am (steilen) Hügel oder<br />
Zugläufe mit Deuser-<strong>Band</strong> zur<br />
Steigerung der Kraftschnelligkeit,<br />
Skipping und Sprint bergab zur<br />
Verbesserung der Bewegungsschnelligkeit.<br />
| Beispiel 5 |<br />
2mal 6 Pendelläufe über 12 bis<br />
20 m; z.B. von linker Einzelseitenlinie<br />
zur rechten Seitenlinie und<br />
wieder zurück. Jede Minute wird<br />
neu gestartet, und die Pause zwischen<br />
den beiden Serien beträgt<br />
3 bis 5 Minuten.<br />
] C m m\<br />
2mal 3 Linienläufe (vorwärts/<br />
rückwärts/Sidesteps) mit 3 bis 4<br />
Umkehrpunkten; z.B. Halfcourt-<br />
Mitte zur Einzelseitenlinie links,<br />
zur Einzelseitenlinie rechts, zur<br />
Grundlinie, zur Einzelseitenlinie<br />
links.<br />
4mal 4 Gegenstarts zum Ball;<br />
z.B. muß der kurzgespielte Ball als<br />
tiefer Volley erreicht werden,<br />
nachdem ein Seitwärtslauf an der<br />
Grundlinie mit maximaler Geschwindigkeit<br />
und anschließendem<br />
Passierschlag vorausgegangen<br />
ist. Das Zuspiel erfolgt jeweils<br />
in der Weise, daß ca. ein Drittel<br />
der Bälle gut erreicht, ein Drittel<br />
knapp und ein Drittel nicht erreicht<br />
werden kann.<br />
Schlagschnelligkeit<br />
Explosiver Abdruck (mit extrem<br />
kurzer Kontaktzeit) der Hände<br />
(Handgelenkbeuger) und Arme<br />
(Ellbogenstrecker) vom Boden<br />
nach dosiertem Fall in den Knie-<br />
Liegestütz.<br />
fMJMT '<br />
Explosiver Weitwurf mit Schlagbällen<br />
(unterschiedliches Gewicht)<br />
aus dem Kniestand oder normaler<br />
Wurfausgangsstellung.<br />
:• - - msmm-<br />
Aufschlag (Kanonenaufschlag): Als<br />
grobes Maß für die Geschwindigkeitsvorgabe<br />
kann die Höhe des<br />
zweiten Aufsprungs an der gegenüberliegenden<br />
Wand (Zaun)<br />
gelten. Empfehlenswert sind beispielsweise<br />
2mal 6 Kanonenaufschläge<br />
von links und 2mal 6 von<br />
rechts.<br />
a^näi^i<br />
Rückhandschmetterball: Der<br />
zweite Aufsprung des Balles muß<br />
eine vorgegebene Höhe (z. B.<br />
Zaunhöhe) übertreffen. Empfehlenswert<br />
sind beispielsweise 10mal<br />
3 Rückhandschmetterbälle.<br />
®^Tßä)si<br />
Aufschläge mit Vorwärtsdrall<br />
(Twistaufschläge): Die Flugkurve<br />
der Aufschläge sollte nach dem<br />
Aufsprung auf Höhe der gegnerischen<br />
Grundlinie mindestens über<br />
Kopfhöhe sein (Returnspieler<br />
oder auch Schiedsrichterstuhl<br />
dienen als Kontrolle). Es werden<br />
5mal 8 Twistaufschläge empfohlen.<br />
169
Konditionstraining<br />
laaßjttä)©<br />
Vorhand-Grundlinienschlag:<br />
»Winner«-Vorhand aus der Rückhandecke<br />
tief-cross in das gegnerische<br />
Rückhandfeld. Ausgehend<br />
von der Mitte der Grundlinie werden<br />
auf entsprechendes Zuspiel<br />
nach Umlaufen der Rückhand beispielsweise<br />
5mal 6 Vorhandschläge<br />
aus der eigenen Rückhandecke<br />
in das gegnerische<br />
Rückhandfeld geschlagen.<br />
;.u8Bjflaiy ~.<br />
Gewinnschläge mit Vor- und<br />
Rückhand aus dem Halbfeld:<br />
10mal 4 Vor- und/oder Rückhandschläge<br />
werden auf entsprechend<br />
kurzes und hohes Zuspiel aus dem<br />
Halbfeld als »Winner« (longline<br />
oder cross) geschlagen.<br />
Komplexübungen<br />
läMäjy<br />
Returntraining mit frühestmöglichem<br />
Treffpunkt auf vorgegebenes<br />
Ziel als »Winner«.<br />
mmwy\<br />
Erlaufen eines Stops oder Lobs mit<br />
situationsangemessener Schlagausführung.<br />
ÜJafinSIS!<br />
2 oder 3 tiefe Volleys hintereinander<br />
mit jeweiliger Rückkehr zum<br />
vorgegebenen Ausgangspunkt<br />
(z.B. Mittelstrich an der Grundlinie).<br />
MfflaJ
Beweglichkeit<br />
• Statische Dehnung (einschließlich<br />
postisometrische Dehnung)<br />
• Dynamische Dehnung<br />
Die früher üblichen aktiv-dynamischen<br />
Dehnübungen wurden<br />
im vergangenen Jahrzehnt zunehmend<br />
durch passiv-statische<br />
Dehnübungen verdrängt. In jüngster<br />
Zeit zeichnet sich eine Gleichberechtigung<br />
beider Arten der<br />
Dehntechnik ab, die je nach Trainingsziel<br />
im entsprechenden Verhältnis<br />
regelmäßig angewandt<br />
werden. Neueste Untersuchungsergebnisse<br />
zur Verbesserung der<br />
Beweglichkeit sprechen jedenfalls<br />
dagegen, nur eine Dehntechnik als<br />
die ausschließliche Methode zu<br />
bevorzugen.<br />
Statische Dehnung<br />
Bei der statischen Dehnung wird<br />
die reflektorische Gegenspannung<br />
des Muskels so niedrig wie möglich<br />
gehalten, und zugleich kann<br />
mit dieser Methode der Dehnungsreiz<br />
möglichst lange Zeit<br />
einwirken. Ein langsames Herantasten<br />
an den optimalen Dehnungsreiz<br />
(Endposition), Kontinuität des<br />
Dehnungsreizes über mehr als 10<br />
Sekunden, mehrfache Wiederholung<br />
und das Ausnutzen eines<br />
Kontraktionsrückstandes (Anspannungs-Entspannungs-Dehnung)<br />
schaffen hierzu die günstigsten<br />
Voraussetzungen. Hieraus leiten<br />
sich zwei Haupttechniken des<br />
Stretchings ab: die gehaltene Dehnung<br />
und die Anspannungs-Entspannungs-Dehnung<br />
(postisometrische<br />
Relaxation).<br />
Bei der gehaltenen Dehnung (passives<br />
Stretching) wird der Muskel<br />
langsam (sanft) bis zu jener Länge<br />
gedehnt, die noch ohne Schmerzen<br />
ertragen werden kann. Diese<br />
Phase (easy Stretch) hält man 10<br />
bis 30 Sekunden bzw. mindestens<br />
so lange, bis das Spannungsgefühl<br />
deutlich nachläßt. Danach beginnt<br />
die zweite Phase (development<br />
Stretch) mit einer erneuten langsamen<br />
Nachdehnung, die wiederum<br />
für 10 bis 30 Sekunden gehalten<br />
wird, ohne daß durch die Summation<br />
beider Phasen eine Haltezeit<br />
von insgesamt 40 bis 50 Sekunden<br />
überschritten wird. Verschiedene<br />
Modifizierungen sind möglich;<br />
eine Überstreckung sollte jedoch<br />
grundsätzlich vermieden werden.<br />
Bei der Anspannungs-Entspannungs-Dehnung<br />
(z. B. proprioceptive<br />
neuro-muscular fascilitoring<br />
bzw. PNF-Stretching) wird die<br />
Muskulatur unmittelbar vorher<br />
maximal angespannt, so daß die<br />
hemmende Wirkung der Sehnenspindeln<br />
auf den Dehnungsreflex<br />
ausgenutzt wird. Dies führt zu einer<br />
Entspannung des Muskels mit<br />
einer erweiterten Dehnungsstellung.<br />
In der Praxis wird die Muskelgruppe<br />
3 bis 6 Sekunden isometrisch<br />
angespannt, kurz für 2<br />
bis 3 Sekunden völlig entspannt<br />
und in direktem Anschluß mindestens<br />
7 bis 10 Sekunden gedehnt.<br />
Dynamische Dehnung<br />
Traditionelle Gymnastik durch<br />
dynamische Dehnung verbessert<br />
die Gelenkbeweglichkeit durch<br />
den Aufwärmeffekt und aktiviert<br />
das neuro-muskuläre Zusammenspiel.<br />
Übungen zur Schlagimitation<br />
sind besonders vorteilhaft, um<br />
Dehnungsgefühl und Dehnfähigkeit<br />
der Ausholbewegungen und<br />
Schwungeinsätze zu entwickeln;<br />
dies gilt beim <strong>Tennis</strong>spieler vor allem<br />
für das Schultergelenk. Durch<br />
strenge Beachtung einer kontrollierten<br />
und zügigen Bewegungsführung<br />
mit dosierter Erhöhung<br />
des Dehnungsgrades wird der<br />
Muskeldehnungsreflex, der den<br />
Dehnungseffekt erheblich beeinträchtigt,<br />
vermindert. Bei dieser<br />
Vorgehensweise können die Nachteile<br />
einer dynamischen Dehnung<br />
(Verletzungsgefahr, mangelhafte<br />
Endstellung durch Eigenreflexe<br />
und Ausgleichsbewegungen<br />
benachbarter Gelenke) mit einem<br />
Verlust des Wirkungsgrades für die<br />
Beweglichkeitssteigerung erheblich<br />
vermindert werden.<br />
Nach aktuellem Wissensstand wird<br />
dynamische Dehnung ergänzend<br />
zu speziellen Stretching-Übungen<br />
(vornehmlich zur Verletzungs-<br />
Prophylaxe und Muskelbalance)<br />
eingesetzt, zumal hiermit eine<br />
allgemeine und tennisspezifische<br />
Aufwärmung besser gelingt als<br />
mit statischer Dehnung.<br />
Kontrollübungen<br />
Zur objektiven Überprüfung der<br />
aktuellen Beweglichkeit der Spieler<br />
und der Trainingseffizienz werden<br />
standardisierte Kontrollübungen<br />
benötigt.<br />
EÖÖjßältffr<br />
Schulterbeweglichkeit: Ausschultern<br />
mit gestreckten Armen,<br />
Hände halten ein Handtuch.<br />
Gemessen wird der geringste<br />
mögliche Abstand der Hände.<br />
(Mä-MS<br />
Wirbelsäulenbeweglichkeit (vorwärts):<br />
Rumpfbeuge vorwärts mit<br />
gestreckten und geschlossenen<br />
Beinen. Gemessen wird der<br />
Abstand der Fingerspitzen zur<br />
Oberkante des Kleinkastens bzw.<br />
Schemels.<br />
Qgteijftg a<br />
Hüftbeweglichkeit (rückwärts,<br />
speziell M. iliopsoas): Aus der<br />
Bauchlage (mit gebeugtem Kniegelenk)<br />
kann bei guter Dehnbarkeit<br />
der Oberschenkel vom Boden<br />
gehoben werden.<br />
171
Konditionstraining<br />
Allgemeine Hinweise<br />
für die Praxis<br />
Die Qualität des Beweglichkeitstrainings<br />
wird insbesondere durch<br />
Berücksichtigung folgender allgemeiner<br />
praktischer Hinweise positiv<br />
beeinflußt:<br />
• Vor Beginn des Beweglichkeitstrainings<br />
sollte stets eine allgemeine<br />
und spezielle Aufwärmung<br />
erfolgen.<br />
• Ein Übungsprogramm für <strong>Tennis</strong>spieler<br />
ist nur komplett,<br />
wenn dynamische und statische<br />
Beweglichkeitsübungen eingesetzt<br />
werden.<br />
• Hohe Umgebungstemperaturen,<br />
Wärmetherapie (z.B.<br />
Fango, heiße Bäder) und Massage<br />
haben einen positiven Einfluß<br />
auf die Beweglichkeit,<br />
während psychische Erregung<br />
(z.B. Anspannung, Angst) über<br />
eine Erhöhung des Muskeltonus<br />
die Beweglichkeit beeinträchtigt.<br />
• Längere, kontinuierliche Dehnungszeiten<br />
(z. B. 30 Sekunden<br />
Stretching) oder hohe Wiederholungszahlen<br />
nach dem<br />
Serienprinzip steigern den Erfolg<br />
des Beweglichkeitstrainings,<br />
da erst die Summation der<br />
Dehnungsreize die Muskellänge<br />
wesentlich zu beeinflussen<br />
vermag.<br />
• Im ermüdeten Zustand können<br />
dynamische Dehnübungen die<br />
Verletzungsgefahr erhöhen,<br />
während statische Dehnübungen<br />
(ggf. in Kombination mit<br />
Lockerungs- bzw. Mobilisationsübungen)<br />
die Regenerationszeit<br />
eher verkürzen.<br />
• Übertreibung des Beweglichkeitstrainings<br />
führt allerdings<br />
zu einer Beeinträchtigung der<br />
Schnellkraft und der Bewegungsfrequenz.<br />
Trainingsbeispiele<br />
Allgemeine Beweglichkeit<br />
Schulter/Arm<br />
• Schulterkreisen (mit Schläger<br />
und ggf. mit <strong>Tennis</strong>bag)<br />
• Dehnung des großen Brustmuskels<br />
sowie der Ober- und<br />
Unterarmbeuger (Abb. 92)<br />
• Dehnung der Handgelenkstrecker<br />
und Außenwender des<br />
Unterarms (Abb. 93)<br />
Abb. 93<br />
Lendenwirbelsäule/Hüfte<br />
• Rumpfkreisen<br />
• Schlußsprünge mit stetig wechselnder<br />
Verwringung von Oberkörper<br />
und Beinen<br />
• Dehnung der tiefen Rückenmuskulatur<br />
• Dehnung der Gesäßmuskulatur<br />
(Abb. 94).<br />
Abb. 94<br />
172
Trainingsbeispiele<br />
Hüfte/Beine<br />
• Dehnung der Hüftbeuger<br />
• Dehnung der Oberschenkelanzieher<br />
(Abb. 95)<br />
Dehnung der Kniestrecker und<br />
Hüftbeuger (Abb. 96).<br />
ADD. 33<br />
Abb. 96<br />
<strong>Tennis</strong>spezifische Beweglichkeit<br />
(Kombination mit Schnelligkeit<br />
und Koordination)<br />
• Dosiertes Schlagtraining (z. B.<br />
paarweises Volleyspiel im Halbfeld)<br />
mit Zusatzaufgaben (z.B.<br />
gleichzeitiges Spiel mit 2 Bällen,<br />
Drehung um 360 Grad oder<br />
Schlägerübergabe durch die<br />
Beine unmittelbar nach jedem<br />
Schlag).<br />
• Auf Zuspiel im Kleinfeld jeden<br />
Ball hinter dem Körper oder<br />
zwischen den Beinen zurückspielen.<br />
• Aufschlag sowie Vorhand- und<br />
Rückhand-Topspin mit großer<br />
Schwingungsweite im Schulter-,<br />
Ellbogen- und Handgelenk<br />
(einschließlich Unterarmdrehung)<br />
ohne Ball.<br />
• Return 1 bis 2 m vor der<br />
Grundlinie gegen weit nach<br />
außen plazierte Aufschläge<br />
mittlerer und hoher Geschwindigkeit.<br />
• Tiefer Vorhand-und Rückhand-<br />
Volley bzw. Halbvolley nah am<br />
Netz (Ausgangsposition: Drehscheibenposition)<br />
auf Zuspiel/<br />
Zuwurf des Partners.<br />
Heimprogramm<br />
Viele <strong>Tennis</strong>spieler(innen) erreichen<br />
ihre optimale Leistungsfähigkeit<br />
nicht, weil sie dem harmonischen<br />
Aufbau ihres Bewegungsapparates<br />
durch Kräftigung entsprechender<br />
Muskelgruppen zu wenig<br />
Beachtung geschenkt haben. Auch<br />
die Zunahme der verletzungsbedingten<br />
Ausfälle von talentierten<br />
Nachwuchsspielern und international<br />
bekannten Spitzenspielern<br />
läßt vermuten, daß eine sorgfältige<br />
Muskel- und Gelenkhygiene<br />
der besonders beanspruchten<br />
Körperregionen in sträflicher<br />
Weise vernachlässigt wird.<br />
Im <strong>Tennis</strong>sport sind die Körperregionen<br />
Rücken (insbesondere Lendenwirbelsäule),<br />
Oberschenkel<br />
und Knie durch stetige (Über-)Beanspruchung<br />
sowie der Schlagarm<br />
und die Schlagschulter durch die<br />
vorgegebene tennisspezifische Einseitigkeit<br />
besonders verletzungsanfällig.<br />
Folglich geht es vorrangig darum,<br />
die Muskulatur in den genannten<br />
Problemzonen zu kräftigen und<br />
zugleich für einen Ausgleich gegenüber<br />
den einseitigen Beanspruchungen<br />
zu sorgen.<br />
Zur Verhütung dieser Gefahren ist<br />
ein entsprechendes Trainingspro-<br />
173
Konditionstraining<br />
gramm notwendig. Ziele dieses<br />
Trainings sind:<br />
• Aufbau und Stabilisierung des<br />
Bewegu ngsapparates<br />
• Ausgleich muskulärer Dysbalancen<br />
• Vorbeugung von <strong>Tennis</strong>verletzungen<br />
Obwohl in jüngster Zeit gerade in<br />
Deutschland eine Vielzahl von<br />
Fitneßstudios über ein attraktives<br />
Geräteangebot verfügen und<br />
deren Inanspruchnahme auch für<br />
<strong>Tennis</strong>spieler durchaus wünschenswert<br />
wäre, ist die Akzeptanz<br />
bei <strong>Tennis</strong>spielern vergleichsweise<br />
gering. Die Gründe hierfür<br />
dürften vor allem darin liegen, daß<br />
die vorhandenen Kraftgeräte bzw.<br />
-maschinen zu wenig die tennisspezifische<br />
Bewegungsfolge abbilden<br />
und das Training im Fitneßstudio<br />
von <strong>Tennis</strong>spielern häufig<br />
als eintönig empfunden wird;<br />
außerdem ist dafür ein hoher finanzieller<br />
(ca. 60- bis 100,- DM<br />
monatlich) und zeitgleicher Aufwand<br />
(u.a. für Hin- und Rückfahrt)<br />
notwendig. Es muß daher<br />
nach Möglichkeiten gesucht werden,<br />
möglichst praxisnah und<br />
zugleich kostengünstig sowie<br />
zeitökonomisch zu trainieren.<br />
Die Auswahl der folgenden Übungen<br />
erfolgt vorrangig unter drei<br />
Gesichtspunkten: Sie sollen verschiedene<br />
besonders beanspruchte<br />
Regionen des Bewegungsapparates<br />
erreichen, relativ wenig Zeit<br />
beanspruchen und müssen jederzeit<br />
ohne wesentliche Hilfsmittel<br />
am Arbeitsplatz und daheim<br />
(Heimprogramm) durchführbar<br />
sein.<br />
Das Heimprogramm sollte regelmäßig<br />
wöchentlich mindestens<br />
1 - bis 2mal durchgeführt werden.<br />
In Einzelfällen empfehlen wir auch<br />
ein tägliches Training. Es sollte<br />
normalerweise 10 Minuten nicht<br />
unterschreiten.<br />
Wir empfehlen dringend die<br />
Berücksichtigung folgender allgemeiner<br />
Prinzipien für Übungen<br />
zum Aufbau und zur Stabilisierung<br />
der Muskelkraft (spezielle Hinweise<br />
für die Durchführung der<br />
Dehnübungen s. S. 171):<br />
• Stetige Beachtung einer korrekten<br />
und funktionellen Bewegungsausführung<br />
(insbesondere<br />
bezüglich Beckenstellung und<br />
Wirbelsäule).<br />
• Anfänger beginnen mit geringer<br />
Belastung und steigern<br />
zuerst die Belastungsdauer<br />
bzw. den Belastungsumfang.<br />
• Mehrfache Wiederholung einzelner<br />
Übungen steigert die<br />
Effektivität des Trainings.<br />
• Für eine Vergrößerung des<br />
Muskelquerschnitts sind hohe<br />
bis höchste Belastungsreize<br />
(z.B. über Zusatzgewichte bzw.<br />
erschwerte Ausführungsbedingungen)<br />
notwendig.<br />
Abb. 97<br />
• Durch Abwechslung der Muskelgruppen<br />
kann die Reizstärke<br />
(-höhe) erhalten bleiben.<br />
• Dehnübungen unmittelbar nach<br />
der Kraftbelastung sind aus<br />
funktionellen und regenerativen<br />
Gründen empfehlenswert.<br />
• Leistungstennisspieler im Kindes-<br />
und Jugendalter sollten<br />
sich jährlich bei einem Sportarzt<br />
oder Orthopäden zur Kontrolle<br />
ihres Halte- und Bewegungsapparates<br />
vorstellen.<br />
Beispiele für die Praxis<br />
Aufwärmen<br />
• 5 Minuten Seilspringen in verschiedenen<br />
Variationen (Abb.<br />
97).<br />
• Kombination von Lauf auf der<br />
Stelle, Kniehebelauf sowie einbeiniges<br />
Seitwärtsspringen (ggf.<br />
auf Weichmatte).<br />
174
Bauch<br />
• Ausgangsposition: Rückenlage<br />
bei rechtwinklig aufgelegten<br />
Beinen auf einem Stuhl (Gymnastikball),<br />
die Hände liegen<br />
neben dem Gesäß.<br />
Aus der Ausgangsposition erfolgt<br />
langsames Abheben der<br />
Wirbelsäule, gleichzeitig gleiten<br />
die Hände über den Boden in<br />
Richtung der Stuhlbeine. In der<br />
Endposition sind Schultern und<br />
Brustwirbelsäule deutlich vom<br />
Boden abgehoben (Abb. 98).<br />
• Ausgangsposition: Rückenlage<br />
mit aufgelegten Beinen, die<br />
Hände sind hinter dem Nacken<br />
verschränkt.<br />
Zunächst werden die Bauchmuskeln<br />
so weit angespannt,<br />
daß die Lendenwirbelsäule gegen<br />
den Boden gedrückt wird;<br />
erst danach erfolgt ein langsames<br />
Aufrollen mit Seitwärtsdrehung<br />
der Wirbelsäule, bis in der<br />
Endposition Schultern und<br />
Brustwirbelsäule vom Boden<br />
abgehoben sind (Abb. 99).<br />
Rücken<br />
• Ausgangsposition: Aus dem<br />
Kniestütz je einen Arm und ein<br />
Bein (der Gegenseite) diagonal<br />
bis zur Waagerechten strecken<br />
(Abb. 100).<br />
In der Endposition gestrecktes<br />
Bein leicht nach innen rotieren<br />
und Hohlkreuzhaltung meiden.<br />
175
Konditionstraining<br />
• Ausgangsposition: Bauchlage<br />
mit frei beweglichem Hüftgelenk<br />
auf Langbank, Turnkasten<br />
oder Tisch, wobei der Oberkörper<br />
mit den haltenden Händen<br />
fixiert wird (Abb. 101).<br />
Beide Beine gemeinsam oder<br />
wechselseitig bis höchstens zur<br />
Waagerechten strecken; Vorsicht<br />
vor Hohlkreuzhaltung!<br />
• Ausgangsposition: Rückenlage<br />
mit gestreckten Beinen, die<br />
Handflächen liegen auf dem<br />
Boden neben dem Gesäß. Für<br />
die Endposition werden die<br />
Handflächen gegen die Unterlage<br />
gedrückt und das Becken<br />
langsam vom Boden gelöst und<br />
nur wenig abgehoben; zusätzlich<br />
kann ein Bein bis etwa in<br />
Höhe des Knöchels oder der<br />
Fußspitze des anderen Beines<br />
angehoben werden (Abb. 102).<br />
Spielern mit geringem Kraftniveau<br />
gelingt das kontrollierte<br />
Abheben des Beckens anfangs<br />
nicht. Diese Spieler(innen) beginnen<br />
mit mehrmaligem Anspannen,<br />
ohne daß eine wesentliche<br />
Hochbewegung erfolgen<br />
muß.<br />
Becken(-stabilisation)<br />
• Ausgangsposition: Rückenlage<br />
mit angestellten Beinen, die<br />
Hände liegen neben dem<br />
Gesäß.<br />
Aus der Ausgangsposition wird<br />
langsam das Becken abgehoben,<br />
bis die Oberschenkel mit<br />
dem Oberkörper eine (aufsteigende)<br />
Linie bilden; anschließend<br />
wird zusätzlich ein Bein<br />
vom Boden gelöst und gestreckt<br />
(Abb. 103). Hierbei darf<br />
die Beckenhälfte des gestreckten<br />
Beines nicht absinken.<br />
176
Heimprogramm<br />
• Ausgangsposition: Rückenlage<br />
mit einem angestellten Bein, die<br />
Hände umgreifen das Kniegelenk<br />
des anderen Beines und<br />
ziehen es in Richtung des Brustkorbes.<br />
Das Becken langsam abheben<br />
und so weit wie möglich nach<br />
oben schieben; zugleich das<br />
Knie des anderen Beines mit<br />
den Händen so dicht wie möglich<br />
zum Brustkorb ziehen (Abb.<br />
104).<br />
Hierbei muß die Hüftbeugung<br />
des gehaltenen Beines bei der<br />
Durchführung der Übung aufrechterhalten<br />
bleiben, da sonst<br />
eine »Hohlkreuzhaltung« droht.<br />
Schufter/Rumpf<br />
• Ausgangsposition: Rückenlage<br />
mit gestreckten Beinen, die<br />
Unterarme sind aufgestützt.<br />
Langsames Drücken in den<br />
Stütz (rücklings) auf den Unterarmen<br />
und zugleich den Körper<br />
(»fest wie ein Brett«) in Spannung<br />
halten (Abb. 105).<br />
Anschließend kann noch ein<br />
Bein vom Boden abgehoben<br />
werden.<br />
• Ausgangsposition: Seitlage,<br />
beide Beine liegen übereinander,<br />
ein Unterarm ist aufgestützt,<br />
und der Ellenbogen<br />
befindet sich unter dem Schultergelenk.<br />
Aus der Seitlage<br />
langsam in den Stütz auf dem<br />
Unterarm drücken und dabei<br />
den Körper steif in Spannung<br />
halten; anschließend kann<br />
zusätzlich ein Bein vom Boden<br />
gelöst werden (Abb. 106).<br />
177
Konditionstraining<br />
Beine<br />
• Ausgangsposition: Der Oberkörper<br />
ist gegen eine Wand gestützt,<br />
der Kniegelenkswinkel<br />
beträgt 100 bis 120°, die Füße<br />
sind etwa hüftbreit auseinander.<br />
Aus der Ausgangsposition wird<br />
der Fuß des unbelasteten Beines<br />
in die Kniekehle des Standbeines<br />
gelegt, anschließend<br />
wird in den Zehenstand übergegangen<br />
(Abb. 107).<br />
Die folgenden Übungen dienen<br />
speziell der Vorbeugung von akuten<br />
<strong>Tennis</strong>verletzungen und können<br />
unmittelbar vor dem <strong>Tennis</strong>training<br />
oder <strong>Tennis</strong>wettkampf<br />
durchgeführt werden. Gemeinsames<br />
Kennzeichen ist stets der<br />
Wechsel zwischen Anspannung<br />
und Dehnung der Muskulatur.<br />
Oberschenkelanzieher<br />
(Adduktoren)<br />
Anspannung: Sitz gegen eine<br />
Wand oder einen Partner mit<br />
möglichst aufgerichteter Wirbelsäule;<br />
beide Fersen zum Gesäß<br />
ziehen, die Ellbogen sind an der<br />
Innenseite der Kniegelenke. Die<br />
Knie drücken so kräftig wie möglich<br />
gegen die Ellenbogen, welche<br />
eine Bewegung nach innen verhindern.<br />
Dehnung: Beide Kniegelenke werden<br />
bei aufrechter Sitzhaltung<br />
nach außen in Richtung des Bodens<br />
gezogen, wobei die Ellenbogen<br />
die Dehnung sanft unterstützen<br />
(Abb. 108).<br />
Handgelenkbeuger/Unterarmaußenwender<br />
(Pronatoren)<br />
Anspannung: Im aufrechten Stand<br />
werden bei gebeugtem Ellenbogen<br />
beide Hände ineinander verschränkt,<br />
die Handflächen zeigen<br />
zum Körper. Der Griff wird verstärkt,<br />
als wolle man einen <strong>Tennis</strong>ball<br />
zusammendrücken.<br />
Dehnung: Die Hände bleiben verschränkt<br />
und werden mit den<br />
Handflächen nach vorne bis zur<br />
Ellenbogenstreckung vom Oberkörper<br />
weggeschoben; abschließend<br />
erfolgt noch eine letzte Innenrotation<br />
bis zum Anschlag<br />
(Abb. 109).<br />
178
Heimprogramm<br />
Kniestrecker/Hüftbeuger<br />
Anspannung: Im Sitz auf einem<br />
Stuhl so weit auf den seitlichen<br />
Rand rutschen, daß ein Bein neben<br />
der Sitzfläche nach hinten gezogen<br />
werden kann. Eine Hand<br />
greift den gleichseitigen Fußrücken,<br />
der versucht, die haltende<br />
Hand nach unten zu drücken.<br />
Dehnung: Der Fuß wird zum<br />
Gesäß gezogen, ohne daß das<br />
Becken nach vorne kippt (Vorsicht:<br />
Hohlkreuzhaltung). Der auf dem<br />
Boden stehende Fuß hält konstant<br />
seine Ausgangsstellung<br />
(Abb. 110).<br />
Handgelenkstrecker/Unterarm<br />
Außenwender (Supinatoren)<br />
Anspannung: Bei leicht gebeugtem<br />
Ellenbogen liegt eine Hand<br />
auf dem Handrücken der zur Faust<br />
und innengewendeten geschlossenen<br />
Hand. Die untere Hand versucht<br />
die obere (nach außen)<br />
hochzuheben.<br />
Dehnung: Nach Streckung des<br />
Ellenbogens wird das Handgelenk<br />
so weit wie möglich gebeugt und<br />
der Unterarm innengewendet<br />
(Abb. 111).<br />
Rückenstrecker<br />
Anspannung: In Rückenlage umfassen<br />
beide Hände die gebeugten<br />
Kniegelenke, der Kopf liegt auf<br />
dem Boden. Die Knie drücken<br />
gegen die haltenden Hände, der<br />
Kopf gegen die Unterlage.<br />
Dehnung: Die Knie werden so<br />
dicht wie möglich zum Oberkörper<br />
gezogen, der Kopf wird eingerollt<br />
(Abb. 112).<br />
179
10-Minuten-Heimprogramm<br />
Im folgenden stellen wir ein Beispiel<br />
für ein 10-Minuten-Heimprogramm<br />
vor. Dieses Programm<br />
kann täglich nach dem Aufstehen,<br />
nach der Schule, vor dem <strong>Tennis</strong>training<br />
oder während eines Fernsehprogramms<br />
durchgeführt werden.<br />
Je nach Trainingsziel bzw.<br />
Schwachstellen des Körpers (z.B.<br />
Lendenwirbelsäule, <strong>Tennis</strong>ellenbogen)<br />
oder zeitlicher Verfügbarkeit<br />
(z.B. 5 Minuten oder 30 Minuten)<br />
sollten Übungsauswahl<br />
und Trainingszeit individuell sinnvoll<br />
modifiziert werden.<br />
180
Psychologische<br />
Grundlagen/Psychologisch<br />
orientiertes Training<br />
Auffallende<br />
psychologische<br />
Phänomene und<br />
Probleme<br />
Vor, während und nach Wettkämpfen<br />
hört man oft ähnliches:<br />
»Heute läuft es aber überhaupt<br />
nicht - vor allem meine Vorhand<br />
kommt gar nicht«, »Mensch, das<br />
gibt es doch nicht, daß ich einen<br />
solch leichten Volley verschlage«,<br />
»Der spielt ja wie im Traum«, »Ich<br />
weiß genau, was ich bei der Rückhand<br />
falsch mache, aber ich kann<br />
es mir im Wettkampf nicht abgewöhnen«,<br />
»Bei dieser Führung<br />
habe ich schon oft verloren«, »Bei<br />
einem solchen Wind kann man<br />
nicht gewinnen«. Solche häufig zu<br />
hörenden Aussagen weisen darauf<br />
hin, daß Leistungen im <strong>Tennis</strong><br />
nicht nur durch körperliche, technische<br />
und taktische Voraussetzungen<br />
bestimmt werden, sondern<br />
daß auch psychische Prozesse<br />
von wesentlicher Bedeutung<br />
sind, ja in bestimmten Situationen<br />
für Sieg und Niederlage ausschlaggebend<br />
sein können.<br />
• Es gibt, Spieler, die gegen<br />
bestimmte Gegner (sog. Angstgegner),<br />
die in der Rangliste<br />
unter ihnen eingestuft sind, immer<br />
wieder verlieren (und dies<br />
auch stets erwarten).<br />
• Viele Spieler versagen in der<br />
Favoritenrolle, fühlen sich dagegen<br />
in der Außenseiterrolle<br />
wohl oder lassen sich durch<br />
Niederlagen negativ stark<br />
beeinflussen.<br />
• Ebenfalls viele Spieler finden<br />
vor allem wegen übergroßer<br />
Nervosität im Vorstartzustand<br />
in der Anfangsphase des Spiels<br />
nicht zu ihrem gewohnten Spiel<br />
und können sich nicht konzentrieren.<br />
• Je nach Spielerstand verkrampfen<br />
manche Spieler, z.B. spielen<br />
sie noch bei einem mittleren bis<br />
hohen Rückstand vermeintlich<br />
frei auf und kommen zum Ausgleich.<br />
Bei hoher Führung stellt<br />
sich plötzlich Angst vor dem<br />
Gewinnen ein.<br />
Bestimmte Spielstände, insbesondere<br />
derTie-Break, werden<br />
oft besonders gefürchtet.<br />
• Einzelne Spieler reagieren gegenüber<br />
äußeren Bedingungen<br />
wie Platzverhältnissen oder<br />
akustischen Störreizen labil.<br />
• Andere verlieren die Selbstbeherrschung<br />
bei unerwarteten<br />
Ereignissen während des Spiels<br />
wie vermeintlichen ungerechten<br />
Schiedsrichterentscheidungen,<br />
sog. Glücksbällen und unerwartet<br />
gekonnten Aktionen des<br />
Gegners, aber auch unerwarteten<br />
eigenen Fehlern.<br />
• Grundsätzlich lassen sich Spieler<br />
in unterschiedlichem Maße vom<br />
sozialen Rahmen, in dem das<br />
Spiel stattfindet, beeinflussen.<br />
Manche reagieren beispielsweise<br />
unterschiedlich auf Zuschauer<br />
oder bringen nur bei<br />
Anwesenheit des Coachs<br />
während des Wettkampfs ihre<br />
optimale Leistung. Andere wiederum<br />
reagieren in Einzelwettbewerben<br />
anders als in Mannschaftswettkämpfen<br />
usw.<br />
Solche Beispiele zeigen, daß <strong>Tennis</strong><br />
eine Sportart ist, die - betreibt<br />
man sie wettkampfmäßig - in<br />
starkem Maße psychisch beanspruchend<br />
und belastend, gegebenenfalls<br />
sogar überfordernd ist.<br />
Dies hängt vor allem mit der<br />
Struktur des <strong>Tennis</strong>sports, der<br />
Konfrontation mit einem Gegner,<br />
den hohen technischen Anforderungen<br />
und der spezifischen Zählweise,<br />
die häufig zu einem dramatischen<br />
Spielgeschehen führen<br />
kann, zusammen.<br />
Faßt man diese Beispiele psychischer<br />
Belastung zusammen und<br />
versucht, Gründe dafür zu finden,<br />
dann ergeben sich in der Praxis<br />
folgende Hauptprobleme:<br />
181
Psychologische Grundlagen/Psychologisch orientiertes Training<br />
• Angst/Streß<br />
• Mangelndes Selbstvertrauen<br />
• Konzentrationsmangel<br />
• Verlust der Selbstkontrolle<br />
Die meisten Spielerinnen und<br />
Spieler entwickeln jedoch persönliche<br />
Techniken der Selbstbeeinflussung<br />
mit dem Ziel, sich zu<br />
entspannen, aber auch sich<br />
anzuregen, sich zu konzentrieren,<br />
Selbstvertrauen zu gewinnen und<br />
Selbstbeherrschung zu behalten.<br />
So wird der Aufschlag häufig zum<br />
Ritual, nach dem Ballwechsel wird<br />
ein bestimmter Weg zum nächsten<br />
Aufschlag bevorzugt; manche<br />
Spieler feuern sich auf dem Platz<br />
lautstark an und beschimpfen sich,<br />
andere führen eher leise Selbstgespräche;<br />
manche bevorzugen bestimmte<br />
Kleidungsstücke oder<br />
einen bestimmten Schläger u.a.<br />
Solche Techniken der Selbstbeeinflussung<br />
werden aus der Sicht der<br />
Wissenschaftals »naive Psychoregulationstechniken«<br />
bezeichnet.<br />
Sie entstehen aufgrund persönlicher<br />
Erfahrungen - häufig sind<br />
sie an erfolgreiche Situationen<br />
geknüpft - und sind aus der subjektiven<br />
Sicht des Spielers (also<br />
nicht objektiv) zu bewerten. Sie<br />
können durchaus positiv wirken,<br />
wenn sie über den Weg der Selbstsuggestion<br />
tatsächlich Entspannung<br />
und Konzentration, Selbstvertrauen<br />
und Zuversicht vermitteln.<br />
Problematisch werden sie jedoch<br />
dann, wenn das Festhalten<br />
an solchen ritualisierten Handlungen<br />
(und ggf. auch an Marotten)<br />
zu unangemessenen, unrealistischen,<br />
ja zwanghaften Interpretationen<br />
von Erfolg und Mißerfolg<br />
führt und somit keine flexible Anpassung<br />
an die ständig wechselnden<br />
Wettkampfbedingungen mehr<br />
ermöglicht. Deshalb ist es sinnvoll,<br />
solche naiven Psychoregulationstechniken<br />
ggf. zu ersetzen oder zu<br />
ergänzen durch ein psychologisches<br />
Training, in dem auf systematische,<br />
kontrollierte und objektiv<br />
überprüfbare Weise versucht<br />
wird, die persönlichen Voraussetzungen<br />
zu verbessern, die für den<br />
Erfolg im Wettkampf wichtig sind.<br />
Deshalb kommt es auch darauf<br />
an, daß jeder Trainer von sich aus<br />
praktische Trainingsformen, die<br />
auch psychologische Gesichtspunkte<br />
berücksichtigen, entwickelt<br />
und erprobt, zumal die psychologischen<br />
Trainingsformen in besonderem<br />
Maße den individuellen Bedingungen<br />
der Spielerinnen und<br />
Spieler angepaßt werden müssen.<br />
Die folgenden Ausführungen sollen<br />
hierzu Anregungen geben. Um<br />
praktische psychologische Trainingsformen<br />
entwickeln zu können,<br />
bedarf es allerdings zunächst<br />
der Kenntnis psychologischer<br />
Grundlagen. Einige ausgewählte<br />
Gesichtspunkte, die die Kognitions-,<br />
Motivations- und Streßthematik<br />
betreffen, sollen deshalb<br />
im folgenden jeweils vorangestellt<br />
werden.<br />
Psychologische<br />
Trainingsformen<br />
Überblick<br />
Wesentliche psychische Bedingungen,<br />
die bei einer sportlichen Leistung<br />
wirksam werden, sind:<br />
• Kognitive Bedingungen (Wahrnehmungen,<br />
Aufmerksamkeit/Konzentration,<br />
Gedächtnis,<br />
Vorstellungen, Antizipation,<br />
Denken, Intelligenz und sportartspezifische<br />
Fähigkeiten und<br />
Fertigkeiten, die sich auf die<br />
Taktik beziehen)<br />
• Motivationale/emotionale Bedingungen<br />
(Leistungsmotiv,<br />
Angst/Streß, Einstellungen<br />
u.a.)<br />
Psychologisch orientiertes Training<br />
besteht darin, diese psychischen<br />
Leistungsvoraussetzungen systematisch<br />
zu verbessern und zu stabilisieren,<br />
d.h. durch planmäßiges<br />
Lernen und Üben Trainingseffekte<br />
zu erzielen, die im Wettkampf lei-<br />
182
Psychologische Trainingsformen<br />
stungsfordernd umgesetzt werden<br />
können. Wer solche Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten im Training nicht<br />
systematisch verbessert (automatisiert),<br />
kann nicht erwarten, daß er<br />
sie im Wettkampf (wie die Technik<br />
und Kondition) einsetzen kann.<br />
Die genannten kognitiven, motivationalen<br />
und emotionalen<br />
Bedingungen können in vier<br />
Gruppen psychologischerTraihingsformen<br />
gegliedert werden<br />
(Abb. 113).<br />
Beim sog. Mentalen Training wird<br />
der direkte Einfluß psychischer<br />
Bedingungen auf die Bewegung in<br />
besonderem Maße angesprochen.<br />
Beim Mentalen Training erfolgt<br />
eine systematische, intensive<br />
gedankliche Vorstellung eines<br />
Bewegungsablaufs mit dem Ziel<br />
seiner Verbesserung, ohne daß<br />
die Bewegung zunächst praktisch<br />
durchgeführt wird.<br />
Beim Wahmehmungs- und Konzentrationstraining<br />
werden leistungsbestimmende<br />
kognitive Fertigkeiten<br />
wie Bewegungswahrnehmung<br />
und Situationsüberblick,<br />
Aufmerksamkeit und Konzentration,<br />
Antizipation und taktisch<br />
richtiges Verhalten systematisch<br />
verbessert.<br />
Beim Motivationstraining geht<br />
es um die Verbesserung des Trainingsfleißes<br />
und mangelhafter<br />
Wettkampfeinstellung, um die<br />
Veränderung negativ wirkender<br />
Motivationen wie Furcht vor<br />
Mißerfolg, um realistische Zielsetzungen<br />
u.a.<br />
Das Psychoregulationstraining zielt<br />
schließlich auf den optimalen Einsatz<br />
von Konzentration, Antizipation,<br />
Spielintelligenz, Anstrengungsbereitschaft,<br />
Erfolgswille<br />
usw. im Wettkampf. Da die psychisch<br />
belastenden Wettkampfbedingungen<br />
zu unangemessenen<br />
psychophysischen Erregungs- und<br />
Spannungszuständen führen, wird<br />
im Psychoregulationstraining versucht,<br />
mit Hilfe psychologischer<br />
Verfahren den individuell angemessenen<br />
Aktivierungszustand<br />
(weder Verkrampfung noch Laschheit)<br />
zu erreichen.<br />
Diese kurze Übersicht über die<br />
verschiedenen psychologischen<br />
Trainingsformen zeigt, daß es<br />
enge Überschneidungen zu anderen<br />
Trainingsformen gibt, insbesondere<br />
zum Technik- und Taktiktraining.<br />
Damit ist auch an dieser<br />
Stelle angedeutet, daß die<br />
meisten psychologischen Trainingsformen<br />
in die Praxis des<br />
Technik- und Taktiktrainings zu<br />
integrieren sind (z.B. das mentale<br />
Training und das Konzentrationstraining<br />
in das Techniktraining sowie<br />
das Zielsetzungstraining in das<br />
Taktiktraining), dort jedoch besondere<br />
Akzentuierungen darstellen<br />
(s. auch Technik- und Taktiktraining).<br />
Kognitionen<br />
Wenn sich ein Spieler zum Beispiel<br />
beim Stande von 4:4 und 30:40<br />
aus taktischen Gründen entschließt,<br />
direkt nach dem Aufschlag<br />
zum Angriff an das Netz<br />
vorzulaufen, dann können eine<br />
Reihe von kognitiven Prozessen<br />
ablaufen:<br />
Zunächst wird er versuchen, sich<br />
ganz auf den Aufschlag zu konzentrieren.<br />
Er wird den Bewegungsablauf<br />
des Aufschlags, den<br />
er dem Gegner hoch auf die Rückhand<br />
spielen will, in Gedanken<br />
kurz noch einmal durchführen. Er<br />
wird sich vornehmen, nach dem<br />
Aufschlag so schnell wie möglich<br />
vorzulaufen und zu versuchen,<br />
möglichst früh zu erkennen, wohin<br />
der Gegenspieler spielen wird<br />
und in welcher Position er sich befindet,<br />
damit er entscheiden kann,<br />
wohin er den Flugball am günstigsten<br />
spielt. Solche Prozesse, die<br />
mit Planen und Überlegen, dem<br />
Sich-Vorstellen und Wahrnehmen<br />
zusammenhängen, werden mit<br />
dem Begriff Kognitionen zusammengefaßt.<br />
Kognition ist ein Sammelbegriff<br />
für alle Prozesse des<br />
Wahrnehmens, Denkens,<br />
Sich-Vorstellens, Erinnerns.<br />
Wenn der Aufschläger den Ballwechsel<br />
abschließt, indem er einen<br />
unerreichbaren Flugball-Stop spielt<br />
und ihm diesbezüglich ein »gutes<br />
Ballgefühl« bescheinigt wird, dann<br />
ist der übliche Begriff »Gefühl« in<br />
diesem Zusammenhang eher irreführend,<br />
denn Gefühle bezeichnen<br />
im allgemeinen Erlebnisse wie<br />
Freude und Mitleid. Vielmehr verfügt<br />
er in erster Linie über spezifische<br />
Fähigkeiten. Diese Fähigkeiten<br />
bestehen darin, den vom Geg-<br />
183
Psychologische Grundlagen/Psychologisch orientiertes Training<br />
ner geschlagenen Ball in seinen<br />
Flugeigenschaften (Geschwindigkeit,<br />
Flugkurve, Drall) einschätzen<br />
zu können, sich in eine günstige<br />
Schlagposition zu bringen und den<br />
Schläger gegen den Ball so zu bewegen<br />
(bezüglich Geschwindigkeit<br />
und Richtung der Schlägerbewegung<br />
sowie der Schlagflächenneigung),<br />
daß das Bewegungsziel<br />
(in diesem Fall der Flugball-Stop)<br />
erreicht werden kann. Der Wahrnehmungsanteil<br />
dieser Fähigkeiten<br />
(und weniger dieses Gefühls)<br />
basiert also im wesentlichen auf der<br />
visuellen (bezüglich des Ballflugverhaltens)<br />
und der kinästhetischen<br />
(bezüglich der Eigenbewegungen)<br />
Wahrnehmung. Vor<br />
allem die kinästhetische Wahrnehmung<br />
während der Ausführung<br />
der Technik, also die Wahrnehmung<br />
der Raum-, Zeit- und Spannungsbewegungen<br />
über bewegungsempfindliche<br />
Rezeptoren in<br />
der Haut, in den Muskeln, in den<br />
Sehnen und Gelenken ist bei der<br />
Steuerung und Regelung koordinativer<br />
Bewegungen von herausragender<br />
Bedeutung. Solche<br />
Wahrnehmungsleistungen, d.h.<br />
solche kognitiven Leistungsvoraussetzungen,<br />
können trainiert<br />
werden, auch wenn ihre Trainierbarkeit<br />
sicherlich nicht so groß ist,<br />
wie dies z. B. bei der Ausdauer der<br />
Fall ist. Im folgenden sollen einige<br />
Aspekte des genannten Beispiels<br />
betrachtet werden.<br />
Bewegungsvorstellungen,<br />
Mentales Training<br />
Bewegungsvorstellungen (z. B. die<br />
Vorstellung über den Bewegungsablauf<br />
des Aufschlags) sind das<br />
Ergebnis der Wahrnehmung fremder,<br />
aber auch eigener Aufschläge,<br />
des Speicherns dieser Wahrnehmungen<br />
im Gedächtnis und (häufig)<br />
ihrer sprachlichen Abbildung.<br />
Die sprachliche und begriffliche<br />
Fixierung dieser visuellen und<br />
kinästhetischen Wahrnehmungen<br />
ist eine wichtige Voraussetzung<br />
dafür, daß die Vorstellungsinhalte<br />
denkend erfaßt, strukturiert und in<br />
zielgerichtete Handlungen umgesetzt<br />
werden können. Das Mentale<br />
Training baut auf solchen<br />
Grundlagen auf.<br />
Im folgenden sind die drei Formen<br />
aufgeführt:<br />
Der Übende setzt sich gedanklich<br />
mit einem Bewegungsablauf auseinander.<br />
Er macht sich z. B. klar,<br />
wohin er den Ball beim Aufschlag<br />
werfen muß, um ihn am Ende der<br />
Hauptaktion im höchstmöglichen<br />
Punkt so zu treffen, daß der Ball<br />
mit einem starken Vorwärts- und<br />
leichten Seitwärtsdrall fliegt. Dies<br />
wird ihm um so besser gelingen, je<br />
mehr er über gewisse Fähigkeiten<br />
verfügt, einzelnen Teilaktionen<br />
des gesamten Bewegungsablaufs<br />
einen Sinn (eine Funktion) im Hinblick<br />
auf die Bewegungsaufgabe<br />
(die gewünschte Flugbahn des<br />
Balles) zuzuordnen (funktionales<br />
Bewegungsverständnis - s. auch<br />
<strong>Tennis</strong>-<strong>Lehrplan</strong> <strong>Band</strong> 1, Technik &<br />
Taktik). Ziel dieses Durchdenkens<br />
des Bewegungsablaufs mit Hilfe<br />
von Bewegungsvorstellungen<br />
ist es, sich die wesentlichen<br />
Momente der Technik deutlich zu<br />
machen und im Gedächtnis einzuprägen,<br />
was auch Voraussetzung<br />
für die Selbstkorrektur ist.<br />
Der Übende stellt sich den geplanten<br />
Bewegungsablauf intensiv vor.<br />
Diese auch als ideomotorisches<br />
Training bezeichnete Trainingsform<br />
geht von der Erkenntnis aus,<br />
daß bereits das bloße Sich-Vorstellen<br />
einer Bewegung zu einer neuromuskulären<br />
Erregung der für die<br />
vorgestellte Bewegung zuständigen<br />
Muskeln führt, so daß diese<br />
Bewegung schneller gelernt und<br />
besser gefestigt werden kann. Das<br />
ideomotorische Training wird erleichtert,<br />
wenn der Übende eine<br />
exakte Vorstellung von der angestrebten<br />
Bewegung hat.<br />
Der Übende spricht gleichsam<br />
innerlich mit sich selbst über den<br />
Bewegungsablauf. Er gibt sich<br />
Selbst-Befehle, bezogen auf Teile<br />
der Bewegungen, die für ihn<br />
schwierig sind (z. B. »Wirf den<br />
Ball weiter nach links - hinten«),<br />
um somit den konkreten Ablauf<br />
der Bewegung besser steuern zu<br />
können.<br />
Diese Trainingsform wird auch als<br />
subvokales Training bezeichnet.<br />
Die Techniken des Mentalen Trainings<br />
werden im allgemeinen für<br />
das Erlernen und Verbessern von<br />
Bewegungsfertigkeiten empfohlen.<br />
Sie eignen sich jedoch auch<br />
im Sinne des psychologischen Trainings<br />
für die Vorbereitung auf<br />
aktuell folgende Aktionen. Im <strong>Tennis</strong><br />
bietet sich hierfür sicherlich die<br />
Vorbereitung auf den Aufschlag in<br />
erster Linie an, denn der Aufschlag<br />
kann als einziger Schlag weitgehend<br />
selbst bestimmt werden.<br />
Doch können auch Aufschlag,<br />
Vorlaufen in die Drehscheibenposition<br />
und erster Flugball als<br />
Antwort auf den zu erwartenden<br />
Return als Handlungskette mental<br />
trainiert und dann im praktischen<br />
Vollzug geübt werden. Es ist auch<br />
denkbar, einzelne kleinere Taktikeinheiten<br />
(z.B. eine bestimmte<br />
Form des Angriffs) gedanklich<br />
durchzugehen, sich im Ablauf vorzustellen<br />
und sich entsprechende<br />
knappe Selbst-Befehle zu geben.<br />
In der Trainingspraxis empfiehlt es<br />
sich deshalb, alle drei beschriebenen<br />
Formen des Mentalen Trainings<br />
miteinander zu verbinden,<br />
gegebenenfalls auch noch das<br />
sogenannte observative Training<br />
hinzuzunehmen, d.h. den Bewe-<br />
184
Psychologische Trainingsformen<br />
gungsablauf bei anderen Spielern<br />
(z. B. auch mit Hilfe von Videoaufnahmen)<br />
zu beobachten. Die Videotechnik<br />
bietet sich auch dazu<br />
an, den Spieler mit seinen eigenen<br />
Bewegungsabläufen zu konfrontieren,<br />
was zur Verbesserung einer<br />
Selbstwahrnehmungs-, Bewegungsvorstellungs-<br />
und Selbstkorrekturfähigkeit<br />
beitragen kann.<br />
Ein Phänomen, das mit dem Mentalen<br />
Training in Zusammenhang<br />
steht, ist die Antizipation. Damit<br />
ist die Fähigkeit gemeint, Aktionen<br />
des Gegners vorherzusehen,<br />
bereits während deren Ablauf eine<br />
zielgerechte Entscheidung zu treffen<br />
und in den eigenen Bewegungsentwurf<br />
einfließen zu lassen.<br />
Diese Fähigkeit ist im Training vor<br />
allem dort gefordert, wo ein Abwarten<br />
des Endes der gegnerischen<br />
Handlung nicht mehr genügend<br />
Zeit für die eigene Reaktion<br />
zulassen würde, wie dies z. B. beim<br />
Flugball als Reaktion auf einen<br />
schnellen Passierball der Fall ist.<br />
Je mehr das richtige Erkennen<br />
der gegnerischen Spielabsichten<br />
(gegebenenfalls auch der gegnerischen<br />
Finten) im Training geübt<br />
wird, desto frühzeitiger und angemessener<br />
wird der Spieler im<br />
Wettkampf reagieren können.<br />
Aufmerksamkeit und<br />
Konzentration<br />
Im allgemeinen wird der Begriff<br />
Aufmerksamkeit als Oberbegriff<br />
für gerichtete Wahrnehmung verwandt.<br />
Häufig wird hierbei die<br />
Aufmerksamkeit mit einem<br />
Scheinwerfer verglichen (vgl.<br />
hierzu SCHUBERT 1981, 26). Wenn<br />
sich der Lichtstrahl des Scheinwerfers<br />
gebündelt auf einen bestimmten<br />
Gegenstand richtet, beleuchtet<br />
er ihn mit großer Helligkeit (Konzentration<br />
der Aufmerksamkeit).<br />
Die Konzentration ist demnach als<br />
eine intensivere Form der Aufmerksamkeit<br />
anzusehen, bei der<br />
sich die Aufmerksamkeit auf einen<br />
engen Ausschnitt des möglichen<br />
Wahmehmungsumfanges kon-<br />
»zentriert«. Diese Form der Aufmerksamkeit,<br />
d.h. diese Konzentration<br />
im engen Sinne, ist im <strong>Tennis</strong><br />
vor allem dort gefordert, wo<br />
im Spielgeschehen der sich schnell<br />
bewegende Ball genau zu beobachten<br />
ist; vor dem Aufschlag gilt<br />
es dagegen, gleichsam seinen »inneren<br />
Scheinwerfer« ganz auf die<br />
bevorstehende Handlung zu konzentrieren.<br />
Der Umfang der Aufmerksamkeit<br />
läßt sich so beschreiben, daß die<br />
Blende vor dem Scheinwerfer<br />
geöffnet wird, so daß der Lichtstrahl<br />
mehr gestreut hervortritt.<br />
So können gleichzeitig mehrere<br />
Gegenstände - allerdings weniger<br />
intensiv - beleuchtet werden (Verteilung<br />
der Aufmerksamkeit). Auf<br />
<strong>Tennis</strong> übertragen bedeutet dies<br />
z. B., daß der Doppelspieler stets<br />
einen größeren Ausschnitt des<br />
Spielfeldes im Auge haben muß,<br />
um seine Handlungen an das<br />
schnell wechselnde Geschehen<br />
anpassen zu können. Die Frage ist,<br />
wie viele Vorgänge gleichzeitig<br />
wahrgenommen werden können<br />
und unter welchen Bedingungen<br />
die Aufmerksamkeit von der einen<br />
Sache auf die andere wechseln<br />
muß. So kann man den Scheinwerfer<br />
seiner Aufmerksamkeit -<br />
(wie ein erfahrener Beleuchter<br />
beim Film) - blitzschnell auf verschiedene<br />
Gegenstände richten<br />
(Umschaltung der Aufmerksamkeit).<br />
Am Beispiel des Doppelspielers<br />
heißt dies, daß er von der<br />
»Verteilung der Aufmerksamkeit«<br />
plötzlich auf die »Konzentration<br />
der Aufmerksamkeit« umschalten<br />
muß, wenn er selbst angespielt<br />
wird. Allgemein zeigt sich, daß bei<br />
willkürlicher Anstrengung, wie<br />
dies im Wettkampf der Fall ist, die<br />
volle Aufmerksamkeit nur über<br />
einen bestimmten Zeitraum aufrechterhalten<br />
werden kann. Die<br />
Dauer der Aufmerksamkeit ist deshalb<br />
beschränkt. Es kommt zu<br />
Aufmerksamkeitsschwankungen,<br />
d.h. zu unwillkürlich auftretenden<br />
Veränderungen der Intensität der<br />
Aufmerksamkeit. Hohe Intensität,<br />
wie sie in einem längeren <strong>Tennis</strong>match<br />
gefordert wird, ist mit<br />
einem hohen Verbrauch an »Nervenkraft«<br />
verbunden. Der Organismus<br />
schaltet deshalb immer<br />
wieder von sich aus ab, was zu<br />
den bereits angeführten Aufmerksamkeitsschwankungen<br />
führt; es<br />
sei denn, daß der Spieler selbst<br />
durch gezielte Pausen die Kontrolle<br />
über seine Aufmerksamkeit<br />
aufrechterhält.<br />
Ungeachtet der Vielfalt der<br />
genannten Gesichtspunkte lassen<br />
sich generell zwei Anforderungssituationen<br />
voneinander unterscheiden:<br />
• Zuwendung der Aufmerksamkeit<br />
vor dem Ballwechsel<br />
• Aufmerksamkeit während des<br />
Ballwechsels<br />
Für die Beurteilung der Konzentrationsfähigkeit<br />
im Wettkampf ist es<br />
deshalb wichtig zu wissen, von<br />
welchen Bedingungen der Konzentrationsprozeß<br />
vor und<br />
während sportlicher Handlungen<br />
abhängig ist. Die Fähigkeit, aufmerksam<br />
zu sein, insbesondere<br />
sich konzentrieren zu können,<br />
hängt eng mit anderen kognitiven<br />
sowie mit emotional-motivationalen<br />
Prozessen zusammen. So beeinträchtigt<br />
starke emotionale<br />
Erregung (Ärger, Wut, Angst) den<br />
Konzentrationsprozeß. Die Konzentrationsfähigkeit<br />
ist somit ihrerseits<br />
ein Gradmesser für psychische<br />
Stabilität. Konzentrationsfähigkeit<br />
im Wettkampf hängt also<br />
185
Psychologische Grundlagen/Psychologisch orientiertes Training<br />
auch mit innerer (mentaler) Entspannung<br />
zusammen; deshalb<br />
kann Konzentration nicht willkürlich<br />
erzwungen werden, ein solcher<br />
Versuch führt denn auch eher<br />
zu Verkrampfung.<br />
Jeder <strong>Tennis</strong>spieler weiß aus eigener<br />
Erfahrung, daß er sich schlecht<br />
konzentrieren kann, wenn seine<br />
Gedanken immer wieder abschweifen.<br />
Dies gilt vor allem<br />
dann, wenn er sich auf den Aufschlag<br />
oder Return vorbereitet.<br />
Damit wird deutlich, daß das Denken<br />
den Konzentrationsprozeß<br />
stören kann. Insbesondere die auf<br />
die Vergangenheit gerichtete<br />
Selbstreflexion über gerade mißlungene<br />
sportliche Aktionen, wie<br />
z. B. über einen soeben verschlagenen<br />
Ball (zudem häufig mit<br />
Ärger, also mit emotionaler Erregung<br />
verbunden) oder die auf die<br />
Zukunft gerichtete Wenn-Dann-<br />
Überlegung (»Wenn ich diesen<br />
Ball verschlage, dann verliere ich<br />
den ganzen Satz«) verhindern eine<br />
optimale Konzentration auf das<br />
»Hier und Jetzt« (vgl. auch GALL-<br />
WEY1977).<br />
Schließlich sei noch erwähnt, daß<br />
die Konzentrationsfähigkeit in<br />
hohem Maße von der körperlichen<br />
Fitneß abhängig ist. Deshalb ist<br />
auch unter anderem die Bedeutung<br />
des Konditionstrainings für<br />
den Erfolg im <strong>Tennis</strong> so groß.<br />
Konzentrationstraining<br />
Auf der Grundlage dieser allgemeinen<br />
Gesichtspunkte zur<br />
Konzentration lassen sich einige<br />
Hinweise für die Trainingspraxis<br />
ableiten:<br />
• Vor dem Ballwechsel kommt es<br />
darauf an, sich (gleichsam nach<br />
innen) in einen entspannten<br />
Konzentrationszustand zu versetzen,<br />
d.h., sich ohne bewußte<br />
Anstrengung auf die Aufgabe<br />
zu konzentrieren und alles, was<br />
sich außerhalb dieser Aufgabe<br />
befindet, zu ignorieren. Jeder<br />
Spieler muß im Training selbst<br />
erfahren, wieviel Zeit er hierfür<br />
benötigt (weder zu kurz noch<br />
zu lang), inwiefern ihm sein elementarer<br />
Atemrhythmus hilft,<br />
mit welchen persönlichen (naiven)<br />
Techniken (z.B. ritualisierten<br />
Handlungen vor dem Aufschlag)<br />
es ihm gelingt, abschweifende<br />
Gedanken und<br />
äußere Störreize abzuschütteln.<br />
Zur Stabilisierung dieser Techniken<br />
empfiehlt es sich, ab und<br />
zu gezielt Störreize (z. B. akustische<br />
über ein Tonband o.a.)<br />
einzusetzen, um Wettkampfbelastungen<br />
zu simulieren.<br />
• Während des Ballwechsels soll<br />
der ankommende Ball so lange<br />
wie möglich angeschaut werden,<br />
auch wenn dies nur bis<br />
etwa 1 bis 2 m vor dem Kontakt<br />
mit der Schlagfläche möglich<br />
ist. Diese banal erscheinende<br />
Forderung muß immer<br />
wieder gestellt und kontrolliert<br />
werden, weil viele Spieler den<br />
Ballflug nur kurzzeitig beobachten<br />
und deshalb den Kopf zu<br />
früh in Richtung Gegenspieler<br />
drehen; dadurch wird jedoch<br />
die Kontrolle der Schlagbewegung<br />
beim Treffen des Balles<br />
stark beeinträchtigt.<br />
Das Üben des Ballanschauens<br />
kann eventuell unterstützt werden,<br />
indem man mit Farben<br />
präparierte Bälle verwendet, um<br />
somit dem Spieler das Beobachten<br />
der Flugbahn und des Dralls<br />
des Balls zu erleichtern.<br />
• In Pausen kommt es darauf an,<br />
den Wechsel von der Konzentration<br />
im Spiel zur Erholung<br />
und zurück zur Konzentration<br />
auf das Spiel systematisch zu<br />
üben, um die Dauer der Konzentrationsfähigkeit<br />
zu verlängern.<br />
• Wenn Konzentration als intensivere<br />
Form aufmerksamer<br />
Wahrnehmung zu verstehen ist,<br />
dann kann Konzentrationstraining<br />
auch darin bestehen, unter<br />
erschwerten Bedingungen<br />
wahrnehmen zu müssen und<br />
entsprechend zu reagieren, so<br />
z. B. auf schnell aufeinanderfolgende<br />
Bälle, die von der<br />
Ballmaschine oder von zwei<br />
Gegenspielern aus der Hand<br />
zugespielt werden.<br />
Da die Konzentrationsfähigkeit<br />
vor allem unter psychischen<br />
und physischen Belastungen<br />
stark beeinträchtigt wird, sollten<br />
auch bei Konzentrationsübungen<br />
entsprechende Reize<br />
gesetzt werden, z. B. sollten<br />
Konzentrationsübungen auch<br />
nach hohen Trainingsbelastungen<br />
durchgeführt werden, so<br />
daß der Spieler im Wettkampf<br />
in der Lage ist, sich auch am<br />
Ende eines Matches noch konzentrieren<br />
zu können.<br />
Motivation<br />
Um motivationalen Wettkampfproblemen<br />
im Training begegnen<br />
zu können, ist es zunächst notwendig,<br />
sich über einige Grundlagen<br />
im klaren zu sein.<br />
Wenn sich Personen mit Anstrengung<br />
und Ausdauer bemühen, ein<br />
bestimmtes Leistungsziel zu erreichen,<br />
sei es, um den Ball über das<br />
Netz in das gegnerische Feld zu<br />
spielen oder das Match zu gewinnen,<br />
dann laufen während dieser<br />
Leistungshandlungen innere Prozesse<br />
ab, die sich vereinfacht wie<br />
folgt darstellen lassen (s. Abb.<br />
114, S. 187).<br />
Zunächst wird der Spieler aufgrund<br />
des Spielgeschehens (bzw.<br />
durch den Gegenspieler) vor eine<br />
Aufgabe gestellt. Er wird sich dann<br />
mehr oder weniger bewußt fra-<br />
186
Psychologische Trainingsformen<br />
Abb. 114 Schema zur exemplarischen Darstellung des Ablaufs von Motivationsprozessen in einer Leistungssituation<br />
(nach GABLER 1984)<br />
gen, ob er die zur Bewältigung<br />
dieser Aufgabe notwendigen<br />
Fähigkeiten hat, wieviel Anstrengung<br />
(Konzentration, Ausdauer<br />
und Überwindung) er zur Bewältigung<br />
aufbringen muß und wie<br />
sehr äußerer, von ihm nicht kontrollierbarer<br />
Einfluß (z.B. Spielstärke<br />
des Gegners, aber auch der<br />
Zufall) beim Zustandekommen des<br />
Handlungsergebnisses mitwirken.<br />
Dieses Abwägen von Faktoren, die<br />
den Erfolg bzw. Mißerfolg beeinflussen<br />
können, wird als prospektive<br />
Kausalattribuierung (vorausschauende<br />
Ursachenzuschreibung)<br />
bezeichnet. Die prospektive Kausalattribuierung<br />
führt zur Erwartung<br />
von mehr oder weniger Erfolgs-<br />
bzw. Mißerfolgswahrscheinlichkeit,<br />
dementsprechend zu<br />
Hoffnung auf Erfolg bzw. Furcht<br />
vor Mißerfolg und zur aktuellen<br />
Zielsetzung vor der Handlung.<br />
Wird das gesetzte Ziel erreicht,<br />
dann wird dies in der Regel als<br />
Erfolg, im anderen Falle als Mißerfolg<br />
bewertet. Ob allerdings dieser<br />
Erfolg bzw. Mißerfolg auch zu einer<br />
entsprechenden emotionalen<br />
Reaktion (also Freude über den<br />
Erfolg bzw. Enttäuschung über den<br />
Mißerfolg) führt, hängt auch davon<br />
ab, wie sehr sich der einzelne<br />
für das Handlungsergebnis verantwortlich<br />
fühlt, d. h. auch, auf welche<br />
Faktoren er es zurückführt -<br />
retrospektive Kausalattribuierung<br />
(zurückschauende Ursachenzuschreibung).<br />
Je mehr er z. B. den<br />
Erfolg auf seine Fähigkeiten und<br />
Anstrengungen zurückführen<br />
kann, desto größer wird seine<br />
Zufriedenheit sein; je mehr er dagegen<br />
trotz Anstrengung für den<br />
Mißerfolg mangelnde Fähigkeiten<br />
verantwortlich machen muß,<br />
desto größer wird seine Enttäuschung<br />
und Resignation sein,<br />
denn mangelnde Fähigkeiten sind<br />
relativ stabil, so daß auch zukünftig<br />
Mißerfolge zu erwarten sind.<br />
Im Rahmen dieser Prozesse sind<br />
zwei Komponenten besonders<br />
wichtig, nämlich die »Hoffnung<br />
auf Erfolg« und die »Furcht vor<br />
Mißerfolg«. Da sich die einzelnen<br />
Spieler darin unterscheiden, welche<br />
langjährigen persönlichen<br />
Erfahrungen sie mit Erfolgs- und<br />
Mißerfolgserlebnissen gemacht<br />
haben, kann zwischen »Erfolgsmotivierten«<br />
und »Mißerfolgsmo-<br />
187
Psychologische Grundlagen/Psychologisch orientiertes Training<br />
tivierten« unterschieden werden.<br />
Dies bedeutet, daß Erfolgsmotivierte<br />
(Erfolgszuversichtliche) eher<br />
dazu neigen, zuversichtlich und<br />
optimistisch zu sein, während<br />
Mißerfolgsmotivierte (Mißerfolgsängstliche)<br />
zu Ängstlichkeit und<br />
Pessimismus neigen. Man sollte<br />
daraus jedoch nicht ableiten, daß<br />
Mißerfolgsängstliche den Erfolg<br />
nicht anstreben. Im Unterschied<br />
zu den Erfolgszuversichtlichen, die<br />
sich gerade aufgrund ihrer Zuversichtlichkeit<br />
vorwiegend am Erfolg<br />
orientieren und sich nur wenig mit<br />
dem möglichen Mißerfolg auseinandersetzen,<br />
bemühen sich die<br />
Mißerfolgsängstlichen - weil bei<br />
ihnen die Furcht vor dem Mißerfolg<br />
dominiert -, diesen möglichen<br />
Mißerfolg zu vermeiden.<br />
Untersuchungen haben immer<br />
wieder gezeigt, daß diese beiden<br />
Komponenten der Leistungsmotivation,<br />
die »Hoffnung auf Erfolg«<br />
und die »Furcht vor Mißerfolg«.<br />
mit anderen Komponenten der<br />
Leistungsmotivation zusammenhängen,<br />
so daß sich Leistungen<br />
aufgrund dieser Zusammenhänge<br />
zum Teil erklären und vorhersagen<br />
lassen.<br />
Dies betrifft zum einen den Zusammenhang<br />
mit den aktuellen<br />
Zielsetzungen. So setzen sich Erfolgszuversichtliche<br />
vorwiegend<br />
realistische Ziele, d.h. Ziele, die innerhalb<br />
eines mittleren subjektiven<br />
Schwierigkeitsbereiches liegen.<br />
Mißerfolgsängstliche neigen indessen<br />
dazu, entweder sehr niedrige<br />
oder extrem hohe unrealistische<br />
und konfliktgeladene Ziele zu<br />
setzen; jene mit niedriger Zielsetzung<br />
- weil dadurch der Mißerfolg<br />
mit großer Wahrscheinlichkeit<br />
auch vermieden werden kann -<br />
weisen eher eine niedrige Gesamtmotivation<br />
auf; jene mit extrem<br />
hoher, ja unerreichbarer Zielsetzung<br />
- weil somit von vornherein<br />
eine Entschuldigung für den wahrscheinlichen<br />
Mißerfolg gegeben ist<br />
- weisen dagegen eher eine starke<br />
Gesamtmotivation auf.<br />
Zum anderen gibt es bedeutsame<br />
Zusammenhänge der Erfolgs- bzw.<br />
Mißerfolgsorientierung mit der<br />
Kausalattribuierung. Danach wird<br />
der Erfolg von den Erfolgszuversichtlichen<br />
eher eigenen Fähigkeiten<br />
zugesprochen und der Mißerfolg<br />
eher auf mangelnde Anstrengung<br />
oder Pech zurückgeführt. Da<br />
der Faktor »eigene Fähigkeiten«<br />
als personenbezogener und zeitlich<br />
stabiler Faktor zu bewerten ist,<br />
begründet diese Form der Kausalattribuierung<br />
auch die weitere Erfolgszuversichtlichkeit,<br />
denn die<br />
eigenen Fähigkeiten stehen auch<br />
zukünftig zur Verfügung. Da mangelnde<br />
Anstrengung und Pech<br />
zeitlich veränderlich sind und mehr<br />
Anstrengung selbst zu bewirken<br />
ist, ist auch nach Mißerfolgen, die<br />
in dieser Form interpretiert werden,<br />
kein Grund zu Pessimismus<br />
gegeben. Das nächste Mal wird<br />
es mit mehr Anstrengung schon<br />
klappen. Mißerfolgsängstliche neigen<br />
dagegen dazu, Erfolge weniger<br />
fähigkeits- und mehr zufallsabhängig<br />
zu sehen sowie Mißerfolge<br />
weniger einer mangelnden<br />
Anstrengung und mehr eigenen<br />
Fähigkeitsmängeln zuzuschreiben.<br />
Die Folge ist, daß Pessimismus<br />
und fehlende Selbstsicherheit verstärkt<br />
werden. Aus diesen Zusammenhängen<br />
läßt sich ableiten, daß<br />
das Selbstvertrauen mit einem<br />
positiven Selbstkonzept (Selbstbild)<br />
gleichzusetzen ist. Je mehr<br />
ein Spieler davon überzeugt ist,<br />
daß er - vorausgesetzt, daß er<br />
bereit ist, sich anzustrengen - aufgrund<br />
seiner Fähigkeiten die gestellte<br />
Aufgabe lösen kann, desto<br />
eher wird er auch die gesteckten<br />
Ziele erreichen.<br />
Personen, die dagegen ihre Fähigkeiten<br />
(in unangemessener Weise)<br />
eher für niedrig halten, wählen relativ<br />
leichte Aufgaben und geben<br />
relativ schnell auf, wenn sie beim<br />
Verfolgen des Ziels große Widerstände<br />
erfahren, d.h. auch, daß<br />
Dauer und Stärke ihrer Anstrengungen<br />
eher gering sind. Solche<br />
Personen neigen auch zu handlungsabschweifenden<br />
Gedanken,<br />
was - wie bereits beschrieben -<br />
häufig zu Konzentrationsschwächen<br />
führt. Ein weiterer<br />
Aspekt der Leistungsmotivation,<br />
der sich in der Abbildung 114 auf<br />
den Kasten »Handlung« bezieht<br />
und für den Leistungssport von<br />
großer Bedeutung ist, betrifft die<br />
Frage, welche Bedingungen notwendig<br />
sind, damit die Handlung,<br />
die aufgrund einer Zielsetzung<br />
und eines Entschlusses in Gang<br />
gekommen ist, auch so aufrechterhalten<br />
wird, daß sie zum Ziel<br />
führt.<br />
Es geht also um die Prozesse, die<br />
während der sportlichen Aktivität<br />
ablaufen, insbesondere um die<br />
Fähigkeit, die Handlung trotz<br />
großer Hindernisse zum Ziel zu<br />
steuern. Diese Steuerungsfähigkeit<br />
soll als Wollen bezeichnet werden.<br />
Wollen ist die Fähigkeit, alle zur<br />
Erreichung eines Ziels wichtigen<br />
Vorgänge zu aktivieren, zu koordinieren<br />
und zu steuern. Je mehr<br />
Hindernisse der Zielerreichung im<br />
Wege stehen, desto bedeutsamer<br />
ist die Fähigkeit, durch Willensakte<br />
diese Hindernisse zu überwinden.<br />
Im <strong>Tennis</strong> hat diese Steuerungsfähigkeit<br />
vor allem zwei Gesichtspunkte.<br />
Zum einen müssen <strong>Tennis</strong>spieler<br />
fähig sein, gegenüber emotional<br />
negativ wirkenden Reizen von innen<br />
und außen (z. B. Ärger über<br />
sich oder über den Schiedsrichter)<br />
»sich zu beherrschen«.<br />
Zum anderen müssen <strong>Tennis</strong>spieler<br />
Durchhaltefähigkeit besitzen, d.h.<br />
188
Psychologische Trainingsformen<br />
in der Lage sein, mit hohem körperlichen<br />
Einsatz physischen Barrieren<br />
standhalten zu können.<br />
Diese Barrieren können kurzfristig<br />
oder längerfristig gegeben sein:<br />
• Kurzfristige Barrieren sind z.B.<br />
dann gegeben, wenn es gilt,<br />
nach einem langen Ballwechsel<br />
trotz körperlicher Erschöpfung<br />
noch einen Stop zu erreichen.<br />
• Längerfristige Barrieren sind<br />
z.B. dann gegeben, wenn bei<br />
großer Hitze im dritten Satz<br />
Beine und Arme schwer werden<br />
und jeder Laufschritt »willentlich«<br />
eingesetzt werden muß. In<br />
solchen Fällen wird häufig vom<br />
»Kampf gegen sich selbst« gesprochen;<br />
endet er erfolgreich,<br />
dann wird dies als »Sieg über<br />
sich selbst« bezeichnet.<br />
Selbstbeherrschung und Durchhaltefähigkeit<br />
sind nicht nur im Wettkampf,<br />
sondern vor allem auch im<br />
Training bedeutsame leistungsbestimmende<br />
Faktoren. Es gibt eine<br />
Reihe weiterer Begriffe, die in diesem<br />
Zusammenhang nahezu synonym<br />
verwandt werden: Zielstrebigkeit,<br />
Beharrlichkeit, Disziplin,<br />
psychische Härte, Zähigkeit, psychisches<br />
Stehvermögen. Stark ausgeprägte<br />
Willenshandlungen sind<br />
vor allem auf drei Bedingungen<br />
zurückzuführen:<br />
• Je mehr der Spieler motiviert ist,<br />
desto eher wird es ihm gelingen,<br />
seinen Einsatz aufrechtzuerhalten<br />
bzw. sogar zu steigern.<br />
• Je besser der körperliche Zustand<br />
ist, desto weniger wird<br />
der Spieler Ermüdungserscheinungen<br />
nachgeben und seinen<br />
Einsatz senken.<br />
• Schließlich dürfte die Fähigkeit<br />
zum Durchhalten (»auf die<br />
Zähne beißen«, Schmerzen zu<br />
ertragen, körperliche Reserven<br />
mobil zu machen) auch als spezifisches<br />
Persönlichkeitsmerkmal<br />
anzusehen sein.<br />
Motivationstraining<br />
Die besondere Schwierigkeit<br />
besteht nun darin, daß die psychischen<br />
Probleme, die vor allem im<br />
Wettkampf auftreten, nur schwer<br />
im Training zu simulieren sind. Das<br />
aus psychologischer Sicht Charakteristische<br />
des Wettkampfs besteht<br />
ja darin,<br />
• daß man weit stärker als im<br />
Training unter Erwartungsdruck<br />
steht,<br />
• daß die eigenen Zielsetzungen<br />
stark vom Gegner beeinflußt<br />
werden, was häufig zu einer zu<br />
starken Fixation am Gegner<br />
(anstatt an der Aufgabe) führt,<br />
• daß verschlagene Bälle (nur<br />
beim Aufschlag gibt es eine<br />
weitere, zweite Möglichkeit)<br />
nicht wiederholt werden können,<br />
wie dies im Training prinzipiell<br />
der Fall ist.<br />
Es kommt also darauf an, im Training<br />
Situationen zu schaffen, die<br />
analog zum Wettkampf zu psychischen<br />
Belastungen führen, so daß<br />
die Spieler lernen, bereits im Training<br />
damit fertig zu werden. Wer<br />
im Training stets ohne psychische<br />
Belastung übt, läuft dagegen Gefahr,<br />
im Wettkampf überfordert<br />
zu sein. Viele Spieler erleben das<br />
Training deshalb ohne psychische<br />
Belastung, weil sie zumeist gegen<br />
Gegner spielen, die sie gut kennen<br />
und das Training weitgehend ohne<br />
Ernstcharakter abläuft. Im Wettkampf<br />
wird es dagegen ernst,<br />
hinzu kommen unerwartete Situationen,<br />
die zu Unsicherheit führen.<br />
Im Training muß deshalb Unsicherheit<br />
provoziert werden.<br />
Zur Simulation von Wettkampfbelastungen<br />
empfiehlt sich z. B.:<br />
• Dem Spieler klare, mit Risiko<br />
verbundene Aufgaben und<br />
Ziele vorgeben (bezogen auf<br />
einzelne taktische Trainingsaufgaben<br />
oder auf ein Trainingsmatch),<br />
aber auch selbst<br />
bestimmen lassen. Das Erreichen<br />
dieser Ziele »belohnen«<br />
bzw. das Nichterreichen »bestrafen«<br />
(z.B. durch weitere<br />
Trainingsaufgaben).<br />
Solche Aufgaben können z. B.<br />
darin bestehen, taktische Aufgaben<br />
(nach jedem Aufschlag muß<br />
angegriffen werden) zu erfüllen,<br />
mit Handicaps (jedes Spiel wird<br />
mit 0:15 begonnen) fertigzuwerden<br />
oder mitten im Trainingsmatch<br />
mit einem Tiebreak-Spiel<br />
konfrontiert zu werden. »Belohnen«<br />
heißt, daß es sich auch im<br />
Training in irgendeiner Form lohnen<br />
muß, diese Ziele zu erreichen,<br />
und »bestrafen« heißt, daß das<br />
Nichterreichen dieser Ziele unangenehme<br />
Folgen hat, so daß auch<br />
im Training die Prozesse der Leistungsmotivation<br />
(s. Abb. 114, S.<br />
187) unter psychischer Belastung<br />
erfahren und bewertet werden.<br />
Das heißt also, daß die Spieler im<br />
Training lernen müssen, realistische<br />
Ziele aufzustellen und über<br />
angemessene Kausalattribuierungen<br />
Selbstvertrauen in ihre Fähigkeiten<br />
und Erfolgszuversichtlichkeit<br />
zu entwickeln. Sie müssen lernen,<br />
mehr die Aufgabe als den<br />
Gegner zu sehen,den Gegner<br />
selbst weniger als Bedrohung,<br />
denn als Herausforderung zu erleben<br />
(»Du bist stark, aber ich auch<br />
und du mußt es erst beweisen«)<br />
und den Erfolg nicht immer mit<br />
dem Sieg bzw. den Mißerfolg mit<br />
der Niederlage gleichzusetzen,<br />
sondern Erfolg und Mißerfolg auszurichten<br />
an angemessenen Zielsetzungen<br />
und Kausalattribuierungen.<br />
Im Motivationstraining kommt es<br />
also darauf an, Aufgaben zu stellen,<br />
die analog zum Wettkampf<br />
psychisch belastend wirken, so<br />
daß die Spieler anschließend über<br />
Gespräche mit dem Trainer, unterstützt<br />
durch Videoaufnahmen und<br />
189
Psychologische Grundlagen/Psychologisch orientiertes Training<br />
andere Kontrollmaßnahmen, aber<br />
vor allem auch über Selbstbeobachtungen,<br />
Strategien lernen, um<br />
solchen Belastungen im Wettkampf<br />
standzuhalten.<br />
Schließlich kann sich das Motivationstraining<br />
aber auch auf das Training<br />
selbst beziehen. Denn häufig<br />
wird übersehen, daß auch im Training<br />
Motivationsprozesse auftreten.<br />
Die Spieler müssen lernen,<br />
sich auch im Training zu motivieren.<br />
Der Trainer kann ihnen dabei<br />
helfen, indem er z. B. ein wettkampfnahes<br />
Training mit ständigem<br />
Setzen dosierter Ziele durchführt,<br />
aber auch Raum läßt für<br />
lockere und entspannende Trainingsformen,<br />
um keine Trainingsmonotonie<br />
aufkommen zu lassen.<br />
Auf der anderen Seite sollten aber<br />
auch ab und zu hohe physische<br />
Anforderungen (z.B. im Rahmen<br />
des konditionell orientierten Trainings)<br />
gestellt werden, damit die<br />
Spieler im Sinne eines Willenstrainings<br />
lernen, innere und äußere<br />
Widerstände zu bekämpfen.<br />
Psychoregulation<br />
Die körperlichen und psychischen<br />
Belastungen im Wettkampf führen<br />
häufig zu psychischen Auswirkungen,<br />
die mit dem Begriff mangelnde<br />
Wettkampfstabilität gekennzeichnet<br />
werden. Dem Spieler<br />
gelingt es nicht mehr, Konzentration,<br />
Spielübersicht, Einsatzbereitschaft<br />
usw. optimal im Spiel einzusetzen.<br />
Er erlebt sich als gestreßt<br />
(verspannt, verkrampft, aber auch<br />
gelähmt) oder als psychisch müde<br />
(auch im Zusammenhang mit körperlicher<br />
Müdigkeit) d.h. als nicht<br />
mehr in der Lage, sich voll anzustrengen.<br />
Die genannten Erlebnisweisen<br />
hängen mit einem unangemessenen<br />
inneren Erregungs- und<br />
Spannungszustand zusammen, der<br />
zu verminderten Leistungen führt.<br />
Psychischer Streß<br />
Psychischer Streß kann zunächst<br />
allgemein mit psychischer Belastung<br />
gleichgesetzt werden.<br />
Zunehmend wird der Streßbegriff<br />
jedoch zur Kennzeichnung extremer<br />
Belastungen benutzt; im Leistungssport<br />
werden solche extremen<br />
Belastungen zumeist auf den<br />
Vorstartzustand bei wichtigen<br />
Wettkämpfen, auf die Dichte und<br />
Häufigkeit von Wettkämpfen oder<br />
auf extrem hohe Belastungen im<br />
Training bezogen. Beim <strong>Tennis</strong><br />
kann Streß nicht nur im Vorstartzustand,<br />
sondern über den ganzen<br />
Wettkampf hinweg entstehen und<br />
wirksam werden. Denn man kann<br />
gleichsam jede Situation vor jedem<br />
neuen Ballwechsel als Vorstartzustand<br />
ansehen; in einem Dreisatzmatch<br />
erfolgt dies ca. 180 mal. In<br />
diesen Vorstartzustand gehen<br />
Streßfaktoren ein wie unerwarteter<br />
Vorsprung oder Rückstand,<br />
unerwartete Leistungsstärke des<br />
Gegners, vermeintliche oder<br />
tatsächliche Schiedsrichterfehlentscheidungen,<br />
ungünstiger Sonnenstand,<br />
ungünstige Wind- und<br />
Platzverhältnisse usw. Außerdem<br />
muß man berücksichtigen, daß<br />
sich Streßfaktoren gelegentlich<br />
auch im Laufe von einzelnen längeren<br />
Ballwechseln zunehmend<br />
auswirken. Die Auswirkungen von<br />
großer psychischer Belastung,<br />
Angst und Streß lassen sich drei<br />
Ebenen, der physiologischen, der<br />
emotional-motivationalen und der<br />
kognitiv-motorischen zuordnen.<br />
Auf der physiologischen Ebene<br />
lassen sich Begleiterscheinungen<br />
wie Pulsbeschleunigung, Atemnot,<br />
Pupillenerweiterung, bleiches Gesicht,<br />
Zittern der Hände, Schweißausbruch<br />
und erhöhte Blasen- und<br />
Darmtätigkeit feststellen.<br />
Auf der emotional-motivationalen<br />
Ebene werden unangenehme<br />
Spannungszustände spürbar, die<br />
mit Begriffen wie Beengung und<br />
Erregung, Lähmung und Beunruhigung<br />
beschrieben werden.<br />
Häufig tritt ein Gefühl der<br />
Schwäche auf. Die Stimmung<br />
kann gedämpft, aber auch gereizt<br />
sein. Auf der kognitiv-motorischen<br />
Ebene sind die Auswirkungen<br />
besonders vielfältig:<br />
• Die Wahrnehmung wird beeinträchtigt.<br />
Es kommt zu einer<br />
Einengung des Wahrnehmungsfeldes,<br />
zu optischen Täuschungen,<br />
zu Fehlinterpretationen<br />
der eigenen und fremder<br />
Bewegungsabläufe, zu unangemessenen<br />
Situationsanalysen.<br />
• Das Denken wird durch handlungsabschweifende<br />
Kognitionen<br />
gestört, d.h., die Gedanken<br />
konzentrieren sich weniger auf<br />
die Aufgabe selbst, sondern<br />
kreisen um Probleme, deren<br />
Nichtbewältigung und der<br />
anschließenden Bewertung<br />
durch die soziale Umgebung;<br />
häufig schweifen die Gedanken<br />
aber auch ab oder sind<br />
»blockiert«; Fehlentscheidungen<br />
sind die Folge.<br />
• Die Konzentrationsfähigkeit ist<br />
wesentlich vermindert.<br />
• Aufgrund ihrer gegenseitigen<br />
Beeinflussungen führen diese<br />
Auswirkungen in Verbindung<br />
mit einer ebenfalls durch Angst<br />
und Streß verursachten muskulären<br />
Verspannung und Verkrampfung<br />
zu einer wesentlichen<br />
Beeinträchtigung der<br />
Koordinationsfähigkeit: Die<br />
Bewegung läuft nicht mehr<br />
»locker« ab; es wird weniger mit<br />
Schwung und mehr mit Kraft<br />
gespielt; die Bewegungsgenauigkeit<br />
läßt nach; durch hohe<br />
Störanfälligkeit verschlechtert<br />
sich die Bewegungsstabilität;<br />
außerdem ist die für automatisch<br />
ablaufende Bewegungen<br />
so wichtige Bewußtseinsentla-<br />
190
Psychologische Trainingsformen<br />
beeinflussen und zu kontrollieren,<br />
die normalerweise unwillkürlich<br />
ablaufen. Dabei wird davon ausgegangen,<br />
daß aufgrund des engen<br />
Zusammenhangs zwischen<br />
den motorischen, vegetativen und<br />
psychischen (kognitiven und emotionalen)<br />
Bereichen jede Veränderung<br />
in einem dieser Bereiche sich<br />
auch auf die anderen auswirken<br />
kann.<br />
Abb. 115<br />
Psychophysische Faktoren der Leistungsbeeinträchtigung<br />
stung weitgehend aufgehoben.<br />
Hinzu kommt der unökonomische<br />
Verbrauch von Energien.<br />
Zusammengefaßt ergibt sich folgendes<br />
Bild, wie es in der Abbildung<br />
115 übersichtlich dargestellt<br />
ist. Es macht deutlich, daß sich als<br />
Reaktion auf Streß zwei Richtungen<br />
aufzeigen lassen: Entweder<br />
kommt es zu einer Abnahme der<br />
Aktivierung (Hypoaktivierung),<br />
d. h., der Spieler hat das Gefühl,<br />
gebremst bzw. gelähmt zu sein,<br />
oder es kommt zu einer Übererregung<br />
(Hyperaktivierung), d.h., der<br />
Spieler hat das Gefühl, verspannt<br />
bzw. verkrampft zu sein. Wissenschaftliche<br />
Erkenntnisse zeigen,<br />
daß im allgemeinen geringe sowie<br />
sehr große Aktivierung zu niedriger<br />
Leistung führen. Dagegen ist<br />
eine mittlere Aktivierung, die somit<br />
auch einiges von dem enthält,<br />
was man mit »Startfieber« entsprechend<br />
dem »Lampenfieber«<br />
kennzeichnet, am günstigsten für<br />
das Zustandekommen optimaler<br />
Leistungen. Was als »mittlere«<br />
Aktivierung zu gelten hat, hängt<br />
zum einen von den individuellen<br />
Fähigkeiten zur Steuerung des<br />
Aktivierungszustandes und zum<br />
anderen von den individuellen<br />
Temperamentsmerkmalen des<br />
<strong>Tennis</strong>spielers ab.<br />
Psychoregulationstraining<br />
Das Psychoregulationstraining<br />
geht nun von folgendem aus: Bei<br />
zu niedriger Aktivierung ist es notwendig,<br />
sich zu mobilisieren, ohne<br />
zu verkrampfen: bei zu hoher<br />
Aktivierung gilt es, sich zu entspannen,<br />
ohne sich zu bremsen.<br />
Das Psychoregulationstraining zielt<br />
also darauf ab, Techniken der<br />
Mobilisation und der Entspannung<br />
zu erlernen und systematisch anzuwenden,<br />
um einen individuell<br />
optimalen Aktivierungszustand zu<br />
erreichen, d.h. auch, körperliche<br />
und psychische Prozesse selbst zu<br />
Mobilisation<br />
Mobilisation kann vor allem über<br />
den psychischen Bereich erreicht<br />
werden und hier insbesondere in<br />
Form von<br />
• Selbstsuggestionen und<br />
• inneren Selbstbefehlen.<br />
Dies geschieht in der Hoffnung,<br />
daß sich diese Mobilisation auch<br />
auf den vegetativen und schließlich<br />
auf den motorischen Bereich<br />
auswirkt. Bei vielen Spielern wird<br />
diese Mobilisation dann sichtbar,<br />
wenn sie nach längerem und ermüdendem<br />
oder nach eintönigem<br />
Spielverlauf sich selbst anstacheln<br />
und sich »zusammenreißen«,<br />
Abb. 116 Selbstmotivation<br />
191
Psychologische Grundlagen/Psychologisch orientiertes Training<br />
indem sie tief durchatmen, die<br />
Fäuste ballen, aufmunternd auf<br />
sich einreden u. ä. Diese Selbstmotivierung<br />
führt zu einer selbstsuggerierten<br />
Erhöhung des Adrenalinspiegels,<br />
zur Aktivierung des vegetativen<br />
Nervensystems sowie des<br />
Herz-Kreislauf-Systems und somit<br />
zur Mobilisierung der Muskulatur.<br />
Mit dieser Form der Mobilisation<br />
sollte allerdings sparsam umgegangen<br />
werden, d.h. auch, daß<br />
man sie im Training unter geeigneten<br />
Bedingungen üben muß,<br />
um mit den Reaktionen seines<br />
Organismus (vor allem bezüglich<br />
Intensität und Zeitpunkt der Anpassung)<br />
vertraut zu werden. Nur<br />
dann ist es möglich, daß Mobilisationsmaßnahmen<br />
im Wettkampf<br />
gezielt, schnell und wirksam eingesetzt<br />
werden können.<br />
Entspannung<br />
Was die Entspannung betrifft, so<br />
gibt es eine Reihe von Verfahren,<br />
die im Sport, aber vor allem in der<br />
klinischen Medizin und Psychologie,<br />
bereits erprobt sind. Das bekannteste<br />
Verfahren ist das<br />
Autogene Training nach SCHULTZ.<br />
Beim Autogenen Training werden<br />
in selbstsuggestiver Form verschiedene<br />
Übungen durchgeführt, so<br />
z.B. die Schwereübung (»Mein<br />
rechter Arm ist ganz schwer«),<br />
was zur entsprechenden Muskelentspannung<br />
führt, oder die Wärmeübung<br />
(»Mein linker Arm ist<br />
ganz warm«), was die Entspannung<br />
der entsprechenden Blutgefäße<br />
bewirkt. Der Zugriff erfolgt<br />
also wiederum über den psychischen<br />
Bereich, allerdings mit dem<br />
Ziel verbunden, zunächst den vegetativen<br />
Bereich zu beeinflussen.<br />
Das gedankliche Sprechen solcher<br />
Übungsformeln in Verbindung mit<br />
allgemeinen Formeln wie »Ich bin<br />
vollkommen ruhig«, in entspannender<br />
Sitzhaltung, bei geschlos-<br />
Abb. 117 Entspannung während der<br />
Pause beim Seitenwechsel<br />
senen Augen und in einem ruhigen<br />
Raum ermöglicht eine konzentrative<br />
Selbstentspannung, bei<br />
der auch gewöhnlich »automatisch«<br />
ablaufende Körperfunktionen<br />
beeinflußt werden können. Im<br />
Leistungssport wird dieses Verfahren<br />
nur bedingt eingesetzt. Denn<br />
es ist kaum kurzfristig zu erlernen<br />
und sollte möglichst nur unter<br />
fachlicher Anleitung (durch einen<br />
Arzt oder Psychologen) angeeignet<br />
werden. Außerdem liegt der<br />
Hauptakzent des Autogenen Trainings<br />
auf einer allgemeinen Entspannung,<br />
so daß im Hinblick auf<br />
den Einsatz des Verfahrens für den<br />
Wettkampf noch aktivierende<br />
Komponenten hinzukommen<br />
müssen. Deshalb wurden sog. Relaxations-Mobilisationsverfahren<br />
entwickelt, die von den Prinzipien<br />
des Autogenen Trainings ausgehen,<br />
jedoch noch zusätzlich<br />
sportspezifische Mobilisationsformen<br />
anbieten. So empfiehlt z. B.<br />
FRESTER nach den Entspannungsübungen<br />
noch formelhafte Vorsatzbildungen<br />
wie z.B. »Ich fühle<br />
mich fit«, »Meine Vorhand<br />
kommt«. Abschließend soll dann<br />
eine Schwunggymnastik gemacht<br />
werden.<br />
Neuerdings wird in zunehmendem<br />
Maße im Leistungssport die Progressive<br />
Muskelrelaxation nach<br />
JACOBSON eingesetzt. Dieses Verfahren<br />
setzt am motorischen Bereich<br />
an. Jacobson ging davon aus, daß<br />
Angst stets zu Spannungsgefühlen<br />
und entsprechenden Muskelanspannungen<br />
führt. Erreicht man<br />
nun umgekehrt eine muskuläre<br />
Entspannung, so ist dies mit dem<br />
Erleben von Angst nicht vereinbar.<br />
Das Ziel der Progressiven Muskelrelaxation<br />
besteht deshalb darin,<br />
über den systematischen Wechsel<br />
von Anspannung und Entspannung<br />
einzelner Muskelgruppen<br />
eine zunehmende Entspannung<br />
der gesamten Skelettmuskulatur<br />
zu erreichen. Die Anspannung und<br />
Entspannung der einzelnen Muskelgruppen<br />
erfolgt in der Reihenfolge<br />
Hände, Arme, Gesicht,<br />
Nacken, Schultern, Rücken, Brust,<br />
Bauch, Unterkörper, Beine, Füße.<br />
Abschließend folgt eine Ganzkörperanspannung<br />
und -entspannung.<br />
Die Anweisungen lauten<br />
z.B.: »Nachdem Sie sich entspannt<br />
haben, ballen Sie die rechte Faust,<br />
ballen Sie sie fester und fester und<br />
beobachten Sie dabei die Spannung<br />
in der rechten Faust, in der<br />
Hand, im Unterarm ... Und nun<br />
entspannen Sie. Lassen Sie die<br />
Finger der rechten Hand locker<br />
werden und beobachten Sie den<br />
unterschiedlichen Eindruck.<br />
Lassen Sie sich völlig gehen und<br />
versuchen Sie, sich am ganzen<br />
Körper zu entspannen.«<br />
Das Jacobson-Training bietet sich<br />
für den <strong>Tennis</strong>spieler aus mehreren<br />
Gründen an:<br />
• Es ist relativ schnell zu erlernen<br />
(auch mit Hilfe von Tonkassetten)<br />
und zeitökonomisch einzusetzen.<br />
• Es ist wettkampfnah und motiviert<br />
deshalb die Spieler zum<br />
Erlernen.<br />
192
Psychologisches oder psychologisch orientiertes Training?<br />
• Die Entspannungsreaktion ist<br />
im Vorstartzustand oder beim<br />
Seitenwechsel schnell abrufbar.<br />
Dies ist deshalb möglich, weil<br />
die Spieler beim Jacobson-Training<br />
lernen, von Anspannung<br />
auf Entspannung umzuschalten,<br />
wobei sie auch lernen, sich<br />
ohne vorausgegangene<br />
Anspannung zu entspannen.<br />
• Die Spieler müssen in der Lage<br />
sein, sich am Ende der Entspannungsphase<br />
gedanklich auf das<br />
zu konzentrieren, was sie sich<br />
für die Aktionen nach dem Seitenwechsel<br />
vornehmen. Auch<br />
diesbezüglich bietet sich das<br />
Jacobson-Training an, weil die<br />
dadurch erzielte Entspannung<br />
mehr an einer körperlichen Entspannung<br />
ausgerichtet ist und<br />
weniger an meditativen Prozessen<br />
(wie bei der sog. Transzendentalen<br />
Meditation) oder an<br />
einem Zustand schwebender<br />
Aufmerksamkeit (wie beim<br />
Autogenen Training).<br />
• Das Jacobson-Training ermöglicht<br />
es den Spielern, durch die<br />
Betonung der Konzentration<br />
auf die bei der Anspannung<br />
und Entspannung entstehenden<br />
Empfindungen für den Muskeltonus<br />
einzelner Muskelgruppen<br />
sensibel zu werden, was sie<br />
auch innerhalb der einzelnen<br />
Spiele, d.h. insbesondere vor<br />
jedem Ballwechsel, einsetzen<br />
können.<br />
• Diese Sensibilisierung kann<br />
auch dazu beitragen, daß es<br />
ihnen gelingt, sich in den Spielpausen<br />
beim Seitenwechsel nur<br />
so zu entspannen, daß keine<br />
Tonussenkung unter einen<br />
Schwellenwert erfolgt, der die<br />
anschließend notwendige Aktionsbereitschaft<br />
beeinträchtigt.<br />
Andererseits können sie auch in<br />
der Lage sein, sich ggf. (bei Ermüdung)<br />
zu mobilisieren.<br />
Psychologisches<br />
oder<br />
psychologisch<br />
orientiertes<br />
Training ?<br />
Das frühere Verständnis des Psychologischen<br />
Trainings bestand<br />
darin, daß durch dieses Training<br />
die psychischen Leistungsvoraussetzungen<br />
(wie Wahrnehmung,<br />
Denken, Motivation, Streß-Stabilität<br />
u.a.) systematisch zu verbessern<br />
und zu stabilisieren sind. Allerdings<br />
überschneiden sich Techniktraining,<br />
Taktiktraining und<br />
Psychologisches Training so stark,<br />
daß nicht klar wird, welches der<br />
eigenständige Platz des Psychologischen<br />
Trainings ist. So können<br />
wir das am Bewegungsablauf orientierte<br />
Mentale Training im engen<br />
Sinne dem Techniktraining zuordnen,<br />
und - so läßt sich fragen -<br />
kann das Taktiktraining, in dem<br />
Wahrnehmungs-, Beurteilungsund<br />
Entscheidungsprozesse zu optimieren<br />
sind, nicht auch als Psychologisches<br />
Training angesehen<br />
werden? Bei der Unterscheidung<br />
zwischen Technik-, Taktik-, Konditions-<br />
und Psychologischem Training<br />
wird vielfach übersehen, daß<br />
die Psyche Grundlage jeden Trainings<br />
ist.<br />
Deshalb soll in der Praxis des Trainings<br />
der Begriff »Psychologisches<br />
Training« durch den Begriff »Psychologisch<br />
orientiertes Training«<br />
ersetzt werden.<br />
Zunächst gilt es, zwischen psychologisch<br />
orientiertem Konditions-,<br />
Technik-, Taktik- und Wettkampftraining<br />
zu unterscheiden (Abb.<br />
118). Diese Trainingsformen weisen<br />
durchaus Überschneidungen<br />
auf. So hängen z.B. Technik- und<br />
Taktiktraining sehr eng zusammen.<br />
Die jeweilige Bezeichnung der<br />
Trainingsformen orientiert sich<br />
jedoch am Schwerpunkt, den<br />
der Trainer setzt. Entsprechend<br />
diesem Schwerpunkt gibt er seine<br />
Anweisungen und Korrekturen.<br />
»Psychologisch orientiert« bedeutet,<br />
daß Vorstellungs-, Entscheidungs-,<br />
Konzentrations- und<br />
Streßverarbeitungsprozesse im<br />
Abb. 118 Psychologisch orientiertes Wettkampftraining als Ergänzung des<br />
Konditions-, Technik- und Taktiktrainings<br />
193
Psychologische Grundlagen/Psychologisch orientiertes Training<br />
Vordergrund stehen. Sie sind den<br />
verschiedenen Trainingsformen in<br />
unterschiedlichem Maße zuzuordnen.<br />
So heißt psychologisch orientiertes<br />
Konditionstraining im <strong>Tennis</strong> z. B.,<br />
mit Spielerinnen und Spielern<br />
einen Berglauf zu machen. Aus trainingsphysiologischer<br />
Sicht ist dies<br />
kaum begründet. Denn leistungsdiagnostische<br />
Untersuchungen im<br />
<strong>Tennis</strong>-Wettkampfsport haben<br />
gezeigt, daß die alaktazide Ausdauer<br />
nicht von Bedeutung ist.<br />
Aus psychologischer Sicht dagegen<br />
kann im Prozeß des Berglaufens<br />
in Anlehnung an ALLMER die<br />
funktionale Bedeutung des Willens<br />
(die Volition) für das Handeln<br />
intensiver erfahren werden (Abb.<br />
119). Diese volitiven Handlungsanforderungen<br />
stellen sich häufig<br />
auch am Ende eines Matches, vor<br />
allem auf Sand und bei Hitze. Es<br />
ist anzunehmen, daß Erfahrungen<br />
und Fähigkeiten, die außerhalb<br />
des <strong>Tennis</strong>platzes im Rahmen<br />
eines solchen psychologisch orientierten<br />
Konditionstrainings gewonnen<br />
wurden, durchaus auf ähnliche<br />
tennisspezifische Situationen<br />
übertragen werden können.<br />
Um die Gemeinsamkeiten und<br />
Unterschiede des psychologisch<br />
orientierten Technik- und Taktiktrainings<br />
sowie des psychologisch<br />
orientierten Wettkampftrainings<br />
besser verstehen zu können,<br />
ist es zweckmäßig, jeweils zwischen<br />
Lernen und Trainieren zu<br />
unterscheiden. Taktik erlernen<br />
heißt, taktische Grundmuster zu<br />
erlernen und im Sinne des Übens<br />
durchzuspielen. Taktik trainieren<br />
heißt, diese erlernten Grundmuster<br />
unter erschwerten Bedingungen<br />
in matchähnlichen Situationen<br />
anzuwenden.<br />
Für den Trainer ergeben sich<br />
hieraus z.B. folgende praktische<br />
Tips:<br />
Abb. 119 Volitive Regulationserfordernisse<br />
• Sich hinter dem Spieler bewegen<br />
(als sein »Schatten«), um<br />
sich besser in die Wahrnehmungs-<br />
und Entscheidungsprozesse<br />
des Spielers hineinversetzen<br />
zu können; gegebenenfalls<br />
das Spiel unterbrechen (Methode<br />
der Handlungsunterbrechung),<br />
um diese Prozesse mit<br />
dem Spieler zu besprechen<br />
• Problemsituationen schaffen,<br />
d. h., die Fähigkeit verbessern,<br />
Entscheidungen zwischen zwei<br />
bis drei Handlungsmöglichkeiten<br />
zu treffen<br />
• Strategiekonzepte vorgeben<br />
und umsetzen lassen<br />
• Videoaufnahmen von Gegnern<br />
beobachten und mit Hilfe der<br />
Methode der Handlungsunterbrechung<br />
Spielhandlungen vorhersagen<br />
lassen<br />
• Videoaufnahmen des Spielers<br />
stoppen und besprechen<br />
(Video-Feedback)<br />
Je mehr das Training nun an den<br />
Anforderungen des realen Wettkampfes<br />
ausgerichtet ist, desto<br />
gewichtiger werden die psychischen<br />
Prozesse, insbesondere die<br />
Konzentrations-, Motivierungsund<br />
Streßverarbeitungsprozesse.<br />
Bevor nun das psychologisch orientierte<br />
Wettkampftraining erläutert<br />
wird, ist deutlich zu machen,<br />
daß analog zum Technik- und Taktiktraining<br />
die Spielerinnen und<br />
Spieler zunächst lernen müssen,<br />
diese genannten psychischen Prozesse<br />
grundsätzlich regulieren zu<br />
können, bevor sie in der Lage<br />
sind, sie unter den belastenden<br />
Bedingungen des Wettkampfes<br />
einzusetzen. Dies bedeutet:<br />
• Psychische Fertigkeiten, wie<br />
sich selbst wahrnehmen, entspannen,<br />
konzentrieren, motivieren<br />
zu können, sind zu erlernen.<br />
Dies kann außerhalb des<br />
<strong>Tennis</strong>platzes, aber auch auf<br />
194
Psychologisches oder psychologisch orientiertes Training?<br />
Abb. 120<br />
Formen des psychologisch orientierten Wettkampftrainings<br />
dem <strong>Tennis</strong>platz im Spiel miteinander<br />
erfolgen.<br />
• Psychische Fertigkeiten zu trainieren<br />
heißt, die erlernten psychischen<br />
Fertigkeiten unter<br />
erschwerten, also psychisch<br />
belastenden Bedingungen in<br />
Wettkampfsituationen anzuwenden.<br />
Dies erfolgt auf dem<br />
Platz im Spiel gegeneinander.<br />
Das psychologisch orientierte<br />
Wettkampftraining (Abb. 120)<br />
spielt sich folgerichtig auf dem<br />
<strong>Tennis</strong>platz ab. Hier ergeben<br />
sich im Training zunächst zwei voneinander<br />
unterscheidbare Situationen.<br />
Das Training kann sich zum<br />
einen auf das Spielverhalten und<br />
zum anderen auf das Verhalten<br />
während der Spielpausen beziehen.<br />
Beim »Spiel gegeneinander« kann<br />
es zunächst darum gehen, sich auf<br />
den einzelnen Ballwechsel zu konzentrieren.<br />
Psychologisch orientiertes<br />
Training einzelner Ballwechsel<br />
heißt nun, den Schwerpunkt<br />
nicht so sehr auf die Technik oder<br />
Taktik zu setzen, sondern sich im<br />
engen Sinne auf den Ballwechsel<br />
zu konzentrieren und dies möglichst<br />
unter psychischer Belastung.<br />
Ich will exemplarisch drei Übungen<br />
nennen:<br />
• Es werden 20 Ballwechsel gespielt.<br />
Die Spieler/innen haben<br />
die Aufgabe, exakt mit dem<br />
Aufspringen des Balles auf dem<br />
Boden Wörter wie »hop« oder<br />
»come« und exakt beim Treffen<br />
des Balles mit dem Schläger<br />
»Hit« bzw. »on« laut auszusprechen.<br />
Dies fördert die<br />
Wahrnehmungs- und Konzentrationsleistung<br />
sowie das<br />
Gefühl für rhythmische Bewegungsabläufe.<br />
Der Trainer zählt,<br />
wie lange die Ballwechsel dauern,<br />
so daß einer der beiden<br />
Spieler dieses Spiel gegeneinander<br />
gewinnt.<br />
• Es werden wieder 20 Ballwechsel<br />
gespielt. Die Spieler haben<br />
allerdings nun die Aufgabe,<br />
exakt mit dem Treffen des Balles<br />
deutlich auszuatmen, z.B.<br />
durch ein langes »Jaah«. Dies<br />
fördert ebenfalls die Konzentrations-<br />
und Rhythmisierungsfähigkeit.<br />
• Einer der beiden Spieler erhält<br />
die Aufgabe, auf Zuruf des Trainers<br />
seinen Energie- und Kraftumsatz<br />
während der Schlagbewegungen<br />
auf einer vierstufigen<br />
Skala zu dosieren. »1«<br />
bedeutet geringen, und »4«<br />
bedeutet hohen Einsatz, was<br />
sich optisch in der unterschiedlichen<br />
Geschwindigkeit der<br />
Bälle ausdrückt. Die Spieler<br />
optimieren mit dieser Übung<br />
zum einen ihre Fähigkeit, sich<br />
selbst wahrnehmen zu können<br />
und zum anderen ihre Fähigkeit,<br />
Aktivierung und Entspannung<br />
je nach psychovegetativen<br />
Zuständen oder taktischen<br />
Vorgaben flexibel einzusetzen.<br />
Beim psychologisch orientierten<br />
matchähnlichen Training geht es<br />
darum, psychisch belastende<br />
Wettkampfaufgaben zu stellen,<br />
die dem <strong>Tennis</strong>match nahekommen,<br />
aber durchaus auch eine<br />
gewisse Verfremdung der regulären<br />
Matchregeln aufweisen können.<br />
Wettkampfaufgaben stellen heißt<br />
hier auch, im engen Sinne »um die<br />
Wette spielen«.<br />
• Wer gewinnt z.B. das 21 erspiel?<br />
Es wird wie beim Tischtennis<br />
gespielt. Der Ball wird<br />
ohne Aufschlag (d. h. von unten)<br />
ins Spiel gebracht. Stops<br />
und Flugbälle sind nicht erlaubt.<br />
Besonders Angriffsspieler und<br />
Allroundspieler sind nun gefordert,<br />
eine gute Mischung zwischen<br />
sicherem und riskantem<br />
Grundlinienspiel zu erbringen.<br />
Es wird also vor allem die<br />
195
Psychologische Grundlagen/Psychologisch orientiertes Training<br />
Fähigkeit geschult, ein schwieriges<br />
taktisches Konzept unter<br />
psychisch belastenden Bedingungen<br />
umzusetzen.<br />
• Eine spezielle Zählweise stellt<br />
auch der Tie-Break dar. Der<br />
Trainer kann mehrfach unvermittelt<br />
anordnen, daß Tie-<br />
Breaks zu spielen sind, was<br />
Flexibilität und psychische<br />
Stärke fördert.<br />
• »Spielen um die Wette unter<br />
erschwerten Bedingungen«<br />
kann auch darin bestehen, daß<br />
Handicaps eingeführt werden.<br />
Z. B. darf nur mit Vorhand gespielt<br />
werden. Oder es steht<br />
nur ein Aufschlag zur Verfügung.<br />
Auch diese Übungen<br />
können die Fähigkeiten fördern,<br />
mit belastenden Bedingungen<br />
fertig zu werden.<br />
Beim Matchtraining geht es<br />
z.B. darum,<br />
• über das ganze Match hinweg<br />
die Konzentrationsleistung konstant<br />
zu halten,<br />
• gezielt auf den Wechsel zwischen<br />
Aktivierung und Entspannung<br />
zu achten,<br />
• möglichen Streßsituationen vorzubeugen.<br />
Das heißt, Schwerpunkt der Bemühungen<br />
liegt nicht im Bereich<br />
Technik und Taktik, sondern im<br />
Bereich der psychischen Prozesse,<br />
die unter den belastenden Bedingungen<br />
eines ernsthaft geführten<br />
Trainingsmatches ablaufen.<br />
Die Entwicklung der praktischen<br />
Sportpsychologie im <strong>Tennis</strong> war<br />
zunächst darauf gerichtet, die<br />
Spielerinnen und Spieler außerhalb<br />
des <strong>Tennis</strong>platzes mit der Psychologie<br />
zu konfrontieren, ihnen Entspannungstechniken<br />
zu vermitteln<br />
usw. Dann konzentrierte man sich<br />
stärker auf das Geschehen auf<br />
dem <strong>Tennis</strong>platz selbst, und hier<br />
auf das Verhalten während des<br />
Spiels. Angeregt durch den amerikanischen<br />
Sportpsychologen und<br />
<strong>Tennis</strong>experten J.E. Loehr ist<br />
neuerdings auch das Verhalten<br />
während der Spielpausen stärker<br />
in den Blickpunkt unseres Interesses<br />
getreten. So wird vielfach<br />
übersehen, daß das Verhältnis der<br />
durchschnittlichen Spielzeit, also<br />
die Zeitdauer, in der Ballwechsel<br />
stattfinden, zur Gesamtzeit des<br />
Matches je nach Platzoberfläche<br />
ca. 1:2 bis 1:5 beträgt. Ein Ballwechsel<br />
auf Sandplätzen dauert<br />
im Durchschnitt 10 Sekunden, auf<br />
schnellen Plätzen teilweise nur<br />
noch 2 bis 3 Sekunden, die darauf<br />
folgende Pause beträgt im Mittel<br />
ca. 20 Sekunden. Dies bedeutet<br />
am Beispiel eines Dreisatzmatches,<br />
daß sich ca. 180 Pausen zwischen<br />
den Ballwechseln und ca. 15 Pausen<br />
beim Seitenwechsel ergeben.<br />
180 Pausen zwischen den Ballwechseln<br />
bedeutet zugleich im<br />
weiteren Sinne 180 Vorstartzustände<br />
über etwa jeweils 20 Sekunden.<br />
Das Vier-Phasen-<br />
Programm zwischen<br />
den Ballwechseln<br />
Da im Wettkampftennis also 70<br />
bis 80% der Zeit mit Sitzen, Warten<br />
und Vorbereiten verbracht<br />
wird, bietet sich vor allem die Zeit<br />
in den Spielpausen zwischen den<br />
einzelnen Ballwechseln für psychologische<br />
Maßnahmen an. In<br />
dieser Zeit treten bei unerfahrenen<br />
Spielern am häufigsten psychische<br />
Probleme auf, da sie nach verschlagenen<br />
Bällen deutlich ihren<br />
Ärger und ihre Enttäuschung zeigen,<br />
sich durch Fehlentscheidungen<br />
aus der Ruhe bringen oder<br />
durch Zuschauer irritieren lassen.<br />
Spitzenspieler zeichnen sich dagegen<br />
vor allem dadurch aus, daß sie<br />
diese Zeit optimal zur Entspannung<br />
von dem vorausgegangenen<br />
und zur Konzentration auf den<br />
nächsten Ballwechsel nutzen.<br />
Die vier Phasen des Programms<br />
zwischen den Ballwechseln lassen<br />
sich folgendermaßen beschreiben:<br />
mmfi:<br />
Wie reagiere ich auf den vorausgegangenen<br />
Ballwechsel?<br />
Direkt nach dem Ballwechsel sollte<br />
möglichst eine positive Reaktion<br />
erfolgen. Dies ist im Falle eines<br />
wichtigen Punktgewinns auch<br />
recht einfach. So ist die »Becker-<br />
Faust« derzeit nicht nur im <strong>Tennis</strong><br />
ein gewohntes Bild nach einem<br />
Erfolg: Sie ist einerseits Ausdruck<br />
von Freude und Stolz über die<br />
eigene Leistung und andererseits<br />
Selbstbestärkung und Selbstdarstellung,<br />
indem man die eigene<br />
Stärke sich und anderen demonstriert.<br />
Schwieriger dagegen ist die Verarbeitung<br />
wichtiger (insbesondere<br />
selbstverursachter) Fehler. Hier ist<br />
empfehlenswert, den Fehler so<br />
schnell wie möglich zu vergessen,<br />
d. h., das Geschehene hinter sich<br />
zu lassen, um sich voll auf den<br />
nächsten Ballwechsel einstellen zu<br />
können. Dabei ist es wichtig, sowohl<br />
körperlich als auch gefühlsmäßig<br />
zu zeigen, daß man »über<br />
der Sache steht«. So kann sich der<br />
Spieler, z.B. im Falle eines Flugballfehlers,<br />
ganz entschieden vom<br />
Ort des Fehlers wegdrehen, energisch<br />
mit aufrechter Haltung zur<br />
Grundlinie zurückgehen und sich<br />
dabei sagen »Macht nichts!«.<br />
Dadurch kann das Auftreten negativer<br />
Gedanken und Selbstzweifel<br />
verhindert werden. Je schneller<br />
Ärger und Enttäuschung verarbeitet<br />
werden, desto mehr Energie<br />
wird gespart und mehr Zeit verbleibt<br />
für die nächsten Phasen<br />
zwischen den Ballwechseln.<br />
196
Psychologisches oder psychologisch orientiertes Training?<br />
Phase 4<br />
Abb. 121 Konzentration durch Blick<br />
auf die Saiten<br />
E Phase 2 ]<br />
Wie kann ich den mittleren Aktivierungszustand<br />
erreichen?<br />
Wie bereits angesprochen, ist ein<br />
mittlerer Aktivierungszustand eine<br />
wichtige Voraussetzung für optimale<br />
Leistungen. Je nach dem(n)<br />
vorausgegangenen Ballwechsel(n)<br />
kann die zweite Phase deshalb<br />
entweder der körperlichen und<br />
psychischen Entspannung oder<br />
Mobilisation dienen. So kann man<br />
z.B. nach einem Flugballfehler<br />
beim Zurückgehen zur Grundlinie<br />
den Schläger in die andere Hand<br />
wechseln, um die Schlaghand zu<br />
entlasten. Hinter der Grundlinie<br />
sollte der Spieler langsam auf und<br />
ab gehen, dabei immer in Bewegung<br />
bleiben und sich insgesamt<br />
lockern.<br />
Zur Entspannung ist es auch empfehlenswert,<br />
besonders tief auszuatmen<br />
und sich innerlich auf beruhigende<br />
Gedanken (z.B. »Ganz<br />
ruhig«, »Entspann dich«) zu konzentrieren.<br />
Um von äußeren Reizen<br />
nicht abgelenkt zu werden,<br />
ist es z. B. ratsam, die Saiten des<br />
Schlägers bewußt anzusehen.<br />
Abb. 122<br />
Selbstmotivation<br />
Was die Atmung betrifft, so kann<br />
sie gegebenenfalls auch zur Mobilisation<br />
eingesetzt werden, sofern<br />
sich der Spieler in einer Phase der<br />
Erschlaffung befindet.<br />
[ Phase 3<br />
Wie bereite ich mich auf den<br />
nächsten Ballwechsel vor?<br />
Diese Phase beginnt, sobald sich<br />
der Spieler genügend entspannt<br />
oder mobilisiert hat (sofern dies<br />
notwendig war) bzw. wenn er<br />
zum Service oder zum Return zur<br />
Grundlinie geht. Diese Vorbereitung<br />
auf den nächsten Ballwechsel<br />
kann darin bestehen,<br />
• sich zu motivieren (nach »innen«<br />
durch positives Denken<br />
und durch Selbstüberzeugung<br />
sowie nach »außen« durch eine<br />
entsprechende Körpersprache),<br />
• sich vorstellungsmäßig auf die<br />
kommenden Bewegungshandlungen<br />
einzustellen oder<br />
• sich durch taktisches Denken<br />
entsprechend vorzubereiten,<br />
d.h., Problemlösungsstrategien<br />
zu entwerfen oder in Gedanken<br />
durchzuspielen.<br />
Wie konzentriere ich mich auf<br />
den Aufschlag bzw. auf den<br />
Return?<br />
Diese letzte Phase ist durch automatisierte<br />
Rituale gekennzeichnet,<br />
die zusätzlich die Konzentration<br />
erhöhen. Sie beginnt in dem<br />
Augenblick, in dem sich der Spieler<br />
in der richtigen Ausgangsposition<br />
für den Aufschlag bzw. den Return<br />
befindet.<br />
Für den aufschlagenden Spieler<br />
empfiehlt es sich z. B., den Ball<br />
mindestens zwei- bis dreimal auftippen<br />
zu lassen und dabei vor<br />
dem letzten Auftippen eine kurze<br />
Pause zu machen, um einen hastigen<br />
Aufschlag zu vermeiden. Vor<br />
dem Return kann sich der Spieler<br />
entweder leicht auf der Stelle bewegen<br />
(trippelnd oder springend)<br />
bzw. mit dem Körper vor- und<br />
zurückpendeln. Wichtig ist dabei,<br />
die Bewegungen des Gegners<br />
genau zu beobachten. In dieser<br />
Phase soll die Aufmerksamkeit<br />
stark eingeengt sein, alle Gedanken<br />
(z.B. über Technik und Taktik<br />
oder über mögliche Folgen eines<br />
Punkteverlusts) sollten ausgeschaltet<br />
werden; statt dessen kann sich<br />
der Spieler eine klare bildliche Vorstellung<br />
über die bevorstehende<br />
Aktion machen.<br />
Zu diesem Programm lassen sich<br />
zusammenfassend noch folgende<br />
Bemerkungen machen:<br />
• Die Abgrenzung zwischen den<br />
einzelnen Phasen ist fließend.<br />
Gegebenenfalls empfiehlt es<br />
sich, eine Methode (z.B. die<br />
Entspannung) über die Phasen<br />
hinweg durchzuziehen.<br />
• Dies bedeutet auch, daß gegebenenfalls<br />
einige Phasen entfallen<br />
können. Das Kriterium hierfür<br />
besteht vor allem in der<br />
Frage, ob eine Problemsituation<br />
gegeben ist, die in der Pause<br />
197
Psychologische Grundlagen/Psychologisch orientiertes Training<br />
i- . - -. . . . . . .••- „-...^«^jk<br />
zelnen Phasen sind groß und<br />
sollten im Training auch stabilisiert<br />
werden. Allerdings nehmen<br />
sie bis zur Phase 4 ab.<br />
Abschließende<br />
Bemerkungen<br />
zwischen den Ballwechseln so<br />
zu bewältigen ist, daß das innere<br />
Gleichgewicht wieder hergestellt<br />
werden kann. Allerdings<br />
kann die Phase 4 nicht entfallen,<br />
sie ist unverzichtbar.<br />
Je nach Situation sind die zeitliche<br />
Dauer und der Inhalt der<br />
einzelnen Phasen unterschiedlich,<br />
je nachdem, an welchem<br />
Ort der vorausgegangene Ballwechsel<br />
endete (z. B. am Netz<br />
oder hinter der Grundlinie), ob<br />
dieser Ballwechsel gewonnen<br />
oder verloren wurde, wie lange<br />
es dauerte und wie dramatisch<br />
er war, wie der Spielstand ist,<br />
ob mit oder ohne Balljunge gespielt<br />
wird sowie ob es sich um<br />
ein Einzel oder Doppel handelt.<br />
Die Spielräume für individuelle<br />
Strategien im Rahmen der ein-<br />
Im folgenden sollen noch (zum<br />
Teil als Wiederholung) einige allgemeine<br />
Hinweise zum praktischen<br />
Einsatz des psychologisch<br />
orientierten Trainings gegeben<br />
werden.<br />
• Wesentliche Voraussetzung für<br />
den effektiven Einsatz psychologischer<br />
Trainingsmaßnahmen<br />
ist eine positive Einstellung der<br />
Spieler zu diesen Maßnahmen.<br />
Nur eine freiwillige und aktive<br />
Bereitschaft zum Mitmachen<br />
verspricht positive Wirkungen.<br />
Voraussetzung hierfür kann<br />
sein, daß auch die Spieler<br />
zunächst über psychologische<br />
Grundfragen des Wettkampfs<br />
informiert werden, ehe sie sich<br />
mit entsprechenden Trainingsmaßnahmen<br />
auseinandersetzen.<br />
• Voraussetzung für das Erlernen<br />
der Maßnahmen selbst ist die<br />
Sensibilisierung (d.h. die Fähigkeit,<br />
empfindsam zu sein) für<br />
die inneren kognitiven, emotionalen,<br />
vegetativen und muskulären<br />
Prozesse, die sich bei<br />
psychischen Belastungen<br />
ergeben.<br />
• Das Einüben der einzelnen<br />
Maßnahmen hat dann schrittweise<br />
zu erfolgen.<br />
• Ziel des Einübens ist es, die einzelnen<br />
Trainingsformen so zu<br />
erlernen und zu trainieren, daß<br />
sie auch unter erschwerten Bedingungen<br />
stabil bleiben, also<br />
bei ihrem Einsatz relativ automatisch<br />
funktionieren.
Abschließende Bemerkungen<br />
• Da Gelerntes auch wieder verlernt<br />
werden kann, muß es immer<br />
wieder geübt werden, auch<br />
wenn nicht stets ein aktueller<br />
Anlaß dazu besteht.<br />
• Deshalb ist das psychologisch<br />
orientierte Training auch Bestandteil<br />
eines langfristigen<br />
Trainingsaufbaus.<br />
• Die einzelnen vorgestellten psychologischen<br />
Trainingsformen<br />
sind nur aus Darstellungsgründen<br />
getrennt voneinander beschrieben<br />
worden. In der Praxis<br />
hängen sie eng miteinander<br />
zusammen; so z.B. Formen der<br />
Entspannung und das Mentale<br />
Training oder Formen der Entspannung<br />
und das Konzentrationstraining.<br />
• Grundsätzlich sollten alle psychologischen<br />
Trainingsformen<br />
so eng wie möglich in das<br />
gewöhnliche Technik- und<br />
Taktiktraining (ggf. auch in das<br />
Konditionstraining) integriert<br />
werden. Dies gilt besonders<br />
für jüngere Spielerinnen und<br />
Spieler.<br />
• Besonderes Augenmerk ist auf<br />
die Wettkampfnähe der Maßnahmen<br />
zu richten.<br />
• Da psychische Probleme stets<br />
mehr oder weniger individuell<br />
ausgeprägt sind, müssen die<br />
entsprechenden Maßnahmen<br />
auch individuell variiert werden.<br />
Es gibt deshalb keine »Kochrezepte«;<br />
vielmehr kommt es<br />
auch darauf an, verschiedene<br />
Maßnahmen auszuprobieren<br />
und je nach individuellem Effekt<br />
erneut einzusetzen.<br />
• Das psychologisch orientierte<br />
Training sollte dann nicht zu<br />
sehr betont werden, wenn der<br />
Spieler keine Probleme bei der<br />
vollkommenen Umsetzung seines<br />
Könnens im Wettkampf hat<br />
bzw. wenn ihm dies aufgrund<br />
»naiver« Maßnahmen gelingt.<br />
• Hat er allerdings größere Probleme,<br />
die er auch mit Hilfe des<br />
Trainers nicht lösen kann, dann<br />
sollte ein Sportpsychologe zur<br />
Beratung herangezogen werden.<br />
• Was den Einsatz psychologischer<br />
Trainingsmaßnahmen im<br />
Jugendbereich betrifft, so ist<br />
offensichtlich, daß z.B. das Konzentrations-<br />
und Zielsetzungstraining<br />
gerade im Jugendalter<br />
von besonderer Bedeutung ist.<br />
Der Einsatz von psychologischen<br />
Trainingsformen hängt<br />
also vom Problem, vom Leistungsstand,<br />
vom Alter und<br />
vom intellektuellen Entwicklungsstand<br />
ab und kann nur im<br />
Einzelfall festgelegt werden.<br />
Abschließend wird noch einmal<br />
auf das übergeordnete Ziel des<br />
psychologisch orientierten Trainings<br />
hingewiesen:<br />
Die Spieler sollen in der Lage sein,<br />
sich im Wettkampf auf die Spielaktionen<br />
konzentrativ, gedanklich<br />
und emotional (in Verbindung mit<br />
einer mittleren vegetativen und<br />
muskulären Aktivierung) so vorzubereiten,<br />
daß sie das Gefühl<br />
haben, »alles laufe automatisch<br />
ab«, sie seien »traumhaft sicher«,<br />
daß sie »spielen wie im Rausch«.<br />
Keine Zweifel, abschweifende<br />
Gedanken, muskuläre Verkrampfungen<br />
u.a. zerstören die Einheit<br />
von Aufmerksamkeit, Bewußtsein<br />
und Handlung. Die Spielergehen<br />
total in der Spielhandlung auf.<br />
Dies ist ein Zeichen dafür, daß<br />
alle Leistungsvoraussetzungen<br />
im Wettkampf optimal eingesetzt<br />
sind.<br />
199
Trainings- und Wettkampfplanung<br />
200
Trainings- und<br />
Wettkampfplanung<br />
Trainings- und Wettkampfplanung<br />
umfaßt zum einen den langfristigen<br />
Trainingsaufbau, wie er auf<br />
Seite 107 beschrieben wurde<br />
(Grundlagen-, Aufbau-, Leistungstraining).<br />
Zum anderen orientieren<br />
sich kurz- und mittelfristige Maßnahmen<br />
der Trainings- und Wettkampfplanung<br />
auch an der Jahresplanung.<br />
Im folgenden werden allgemeine<br />
Hinweise zur Jahresplanung<br />
(und damit auch zur »Periodisierung«)<br />
gegeben.<br />
Periodisierung<br />
Der Begriff der Periodisierung bezieht<br />
sich in der Regel auf längere<br />
Zeitabschnitte - auf ein halbes bis<br />
ein Jahr-, wenn auch tennisspezifisch<br />
kürzere Abschnitte in Erwägung<br />
gezogen werden können.<br />
Kein <strong>Tennis</strong>spieler kann seine<br />
Höchstleistungen ununterbrochen<br />
über 12 Monate halten. Er kann<br />
sich nicht permanent an seinem<br />
individuellen Grenzbereich der Belastbarkeit<br />
befinden. Deshalb ist es<br />
einleuchtend, daß auch die <strong>Tennis</strong>spieler<br />
den Jahreszyklus so planen<br />
müssen, daß sie sich ausschließlich<br />
in dem für sie individuell wichtigen<br />
Zeitraum in Bestform befinden.<br />
Die Leistungsfähigkeit des Sportlers<br />
schwankt mehrere Male im<br />
Jahr. Dieser Tatsache hat sich<br />
auch die Jahresperiodisierung<br />
angepaßt.<br />
| 1. Vorbereitungsperiode |<br />
Phase der Entwicklung oder des<br />
Aufbaus, der Belastungssteigerung<br />
(Dauer ca. 4 bis 6 Monate). Diese<br />
wird noch in zwei Etappen geteilt:<br />
• Allgemeine Vorbereitungsetappe<br />
• Spezielle Vorbereitungsetappe<br />
| 2. Wettkampfperiode |<br />
Phase der relativen Stabilisierung,<br />
der Belastungsstabilisierung<br />
(Dauer ca. 2 bis 4 Monate).<br />
| 3. Übergangsperiode |<br />
Phase des zeitweiligen Verlustes<br />
der Form, der Belastungsreduzierung<br />
(Dauer ca. 1 bis 2 Monate).<br />
Diese klassische Einteilung des<br />
Jahres in eine ein- bis zweipolige<br />
Periodisierung, die vor allem auf<br />
den Erfahrungen der Leichtathletik,<br />
des Gewichthebens, des<br />
Schwimmsports und anderer<br />
Sportarten basiert, ist im <strong>Tennis</strong><br />
nicht in dieser Form praktikabel.<br />
Der Leistungsspieler und nicht nur<br />
der Weltklassespieler hat mehrere<br />
besonders wichtige Schwerpunkte<br />
im Jahr, und deswegen muß im<br />
<strong>Tennis</strong>sport die Periodisierung<br />
alternativ an die vorgegebenen<br />
Saisonhöhepunkte angepaßt werden.<br />
Als Beispiel kann man z.B.<br />
bei einem Weltklassespieler die 4<br />
Grand-Slam-Turniere nennen<br />
(Paris im Mai/Juni, Wimbledon im<br />
Juni/Juli, US-Open im September,<br />
Australien-Open im Januar) oder<br />
die Davis-Cup-Runden (März, August,<br />
Oktober und Dezember).<br />
Das würde bedeuten, daß der<br />
Spitzentennisspieler 4 bis 8 Höhepunkte<br />
im Jahr anstrebt, d. h.<br />
unter Umständen in 6 Perioden<br />
seine absolute Höchstform bringen<br />
müßte, was schon physiologisch<br />
ausgeschlossen ist. Nicht anders ist<br />
es bei der nationalen und regionalen<br />
Klasse oder bei Jugendlichen.<br />
Hier helfen wiederum die Erfahrungen<br />
der Experten.<br />
Erfahrungsgemäß sind ca. 3 Höhepunkte<br />
möglich. Ein alternativer<br />
tennisspezifischer Vorschlag einer<br />
dreigipfligen Periodisierung kann<br />
am Beispiel eines Weltklassespielers<br />
wie folgt aussehen.<br />
Dreigipflige<br />
Periodisierung<br />
Aus sportartspezifischen Gründen<br />
empfiehlt sich im <strong>Tennis</strong> folgende<br />
Teilung:<br />
| I.Vorbereitungsperiode |<br />
Phase des allgemeinen und spezifischen<br />
Leistungsaufbaus.<br />
| 2. Wettkampfperiode I |<br />
Phase der Optimierung des<br />
Match- und Turnierrhythmus.<br />
201
Trainings- und Wettkampfplanung<br />
Abb. 123<br />
Beispiel für eine dreigipflige Periodisierung im <strong>Tennis</strong> in drei Zyklen<br />
^.qaaflCHimflsmipp^flL^fa<br />
Phase der maximalen Leistungsfähigkeit.<br />
&«?JCTreinriiBrM»Ki?<br />
Phase der leichten Regeneration<br />
der Leistungsreduzierung und des<br />
Neu- oder Zwischenaufbaus.<br />
^MMJlQDM^iS^lJS,^<br />
Phase der aktiven Regeneration.<br />
In einem ersten Schritt müssen die<br />
jeweiligen Höhepunkte, in denen<br />
der Spieler seine Hochleistung erreichen<br />
will oder muß, festgelegt<br />
werden.<br />
In dem vorgelegten Muster, das in<br />
Abbildung 123 aufgeführt ist, sollen<br />
die Höchstleistungen (Wettkampfperiode<br />
II) in folgenden<br />
Zeiträumen erbracht werden:<br />
• Von Mitte Januar bis Anfang<br />
März (Australien Open, Davis-<br />
Cup)<br />
• Im Mai und Juni (Deutsche<br />
internationale Meisterschaften,<br />
French Open, Wimbledon)<br />
• Im August und September<br />
(US-Open und Davis-Cup)<br />
Dementsprechend müssen Leistungen<br />
der Wettkampfperiode I<br />
in folgenden Zeiträumen erfolgen:<br />
• Dezember<br />
• Ca. ab Mitte April bis Mai<br />
• Ab Mitte Juli bis Mitte August<br />
Die kurzen Zwischenperioden sind<br />
dann eingeplant:<br />
• Mitte Juni<br />
• Bis Mitte Juli<br />
• Mitte September<br />
Die längeren Vorbereitungsperioden<br />
sind:<br />
• Anfang März bis Anfang April<br />
• Ende Oktober bis Ende November<br />
Für die Übergangsperioden bleiben<br />
dann:<br />
• Ende Februar bis Mitte März<br />
(14 Tage)<br />
• Mitte Oktober (14 Tage)<br />
Wie zu ersehen ist, ist bei einem<br />
Spitzenspieler auch eine dreigipf-<br />
202
Trainingseinheit<br />
lige Periodisierung nicht optimal,<br />
denn für die Regenerationsphasen<br />
bleibt relativ wenig Zeit übrig.<br />
Wenn man bedenkt, daß die Spieler<br />
nicht überall in die Schlußrunde<br />
kommen, daß sie zwischendurch<br />
einen Kurzurlaub einlegen oder<br />
verletzt sind und daß bei den Turnierreisen<br />
nicht überall optimale<br />
Trainingsbedingungen gegeben<br />
sind, sind kurze Regenerationspausen<br />
mehrere Male im Jahr<br />
automatisch gegeben.<br />
Um so mehr ist für einen Spitzenspieler<br />
eine sorgfältige Planung die<br />
Voraussetzung, um die individuelle<br />
Höchstleistung zum richtigen Zeitpunkt<br />
zu bringen bzw. mit der<br />
vorhandenen limitierten Leistungskapazität<br />
schonungsvoll umzugehen.<br />
Aus der Grafik ist weiter zu<br />
ersehen, daß die Intensitätskurve<br />
weitgehend mit der Leistungskurve<br />
übereinstimmt und die Umfangskurve<br />
dort sinkt, wo die<br />
Intensitätskurve steigt.<br />
Man geht davon aus, daß das<br />
Maximum der optimalen Leistungsfähigkeit<br />
des <strong>Tennis</strong>spielers dreimal<br />
im Jahr erreicht wird. Aus<br />
diesen Ausführungen und Begründungen<br />
geht hervor, daß die<br />
tennisspezifische Periodisierung<br />
einerseits dem aktuellen Stand des<br />
<strong>Tennis</strong>sports in der Welt Rechnung<br />
tragen muß, daß man aber andererseits<br />
die sportwissenschaftlichen<br />
Grundlagen achtet und im Rahmen<br />
des Möglichen in Trainingsplanung<br />
und -durchführung einbaut.<br />
Es ist zu betonen, daß sich die<br />
Schwerpunkte in den Inhalten der<br />
einzelnen Perioden nach der Spielstärke<br />
bzw. nach dem Alter des<br />
Spielers richten müssen.<br />
Wenn z.B. bei dem einen Spieler<br />
Wimbledon als Gipfel gilt, ist es<br />
bei dem anderen der Davis-Cup<br />
oder die Deutsche Meisterschaft<br />
bzw. ein Satellite-Circuit, die Verbandsmeisterschaft,<br />
die Medenspiele<br />
oder eine Kombination aus<br />
diesen mit anderen Turnieren.<br />
Bei Jugendlichen liegen die<br />
Schwerpunkte wiederum anders.<br />
Je jünger die Jugendlichen sind,<br />
desto mehr liegt die Priorität im<br />
systematischen Training und Aufbau<br />
vor dem Wettkampf. Die<br />
Wettkämpfe müssen wiederum<br />
der Spielstärke des Jugendlichen<br />
entsprechen. Eine gesunde<br />
Mischung zwischen leichteren<br />
und schwereren Turnieren - später<br />
evtl. zwischen Jugend- und Erwachsenenturnieren<br />
- ist von<br />
großer Bedeutung, denn Erfolgserlebnisse,<br />
die man eher gegen<br />
gleichwertige oder etwas schwächere<br />
Spieler erreicht, müssen<br />
mit Erfahrungen aus Niederlagen<br />
gegen stärkere Gegner gepaart<br />
werden.<br />
Grundsätzlich gilt aber, daß bis ca.<br />
zum 13. bzw. 14. Lebensjahr der<br />
allgemeine motorische und tennisspezifische<br />
Aufbau im Vordergrund<br />
steht, während nach dem<br />
14. Lebensjahr die Matchpraxis<br />
und -erfahrung wesentlich stärker<br />
betont wird.<br />
Das bedeutet, daß die einzelnen<br />
Vorbereitungsperioden bei den<br />
Jüngeren ausreichend gedehnt<br />
werden müssen und sich die Jahresplanung<br />
eher auf eine zweigipflige<br />
Periodisierung beschränkt.<br />
Bei den 13- bis 14jährigen kann<br />
zwar schon dreigipflig geplant<br />
werden, aber die Länge der Wettkampfperioden,<br />
besonders die<br />
Wettkampfperiode I, soll zugunsten<br />
der Vorbereitungsperiode<br />
verkürzt werden.<br />
Bei den 15jährigen und älteren<br />
(die entsprechende Spielstärke<br />
und -fertigkeit vorausgesetzt)<br />
nähert sich die Planung langsam<br />
der der Erwachsenen.<br />
Steuerung des<br />
Trainings<br />
Um das Training entsprechend der<br />
Planungsziele regeln zu können,<br />
ist eine weitere Aufteilung der<br />
Perioden notwendig.<br />
Die einzelnen Perioden enthalten<br />
dann:<br />
• Trainingseinheiten<br />
• Mikrozyklen (3 bis 8 Tage)<br />
• Makrozyklen, evtl. Mesozyklen<br />
(3 bis 6 Wochen)<br />
Trainingseinheit<br />
Die Trainingseinheit ist meistens<br />
mit dem täglichen Trainingspensum<br />
identisch. Besonders im<br />
Hochleistungstennis teilt sich diese<br />
Einheit noch in Phasen. Man<br />
spricht von einem Ein-, Zwei- oder<br />
Dreiphasentraining. Bei den heutigen<br />
Anforderungen an Trainingsumfang<br />
und -intensität ist bei<br />
Hochleistungstennisspielern ein<br />
Zwei-, bei Trainingslagern auch<br />
ein Vierphasentraining eine dringende<br />
Notwendigkeit, denn ein<br />
Drei- bis Vierstundentraining ohne<br />
kurzfristige Regenerationsphasen,<br />
besonders dann, wenn tennistechnisches<br />
Training mit Konditionstraining<br />
gepaart wird, ist ausgeschlossen.<br />
Jede Trainingseinheit soll einen<br />
methodischen Aufbau haben<br />
(s. Tab. 12, S. 204). Wenn zweioder<br />
dreimal am Tag trainiert wird,<br />
soll diese Aufteilung bei jeder<br />
Phase eingehalten werden, wobei<br />
allerdings der einleitende Teil vor<br />
der ersten Phase (bis zu 30 Minuten)<br />
und der Ausklang nach der<br />
letzten Phase besonders stark ausgeprägt<br />
sein sollen.<br />
Neben dem Einleiten der Regeneration<br />
durch das Ausspielen bzw.<br />
Auslaufen soll für die Beschleuni-<br />
203
Trainings- und Wettkampfplanung<br />
Abschnitt Aufgaben Inhalte<br />
Einleitender Teil<br />
Hauptteil<br />
Ausklang<br />
(wenn nötig und<br />
möglich)<br />
Systematische Vorbereitung auf Hauptteil:<br />
• Physisch: Muskelerwärmung, Beweglichmachung,<br />
erhöhte organische und Stoffwechselanpassung,<br />
Nervenbahnung<br />
• Kognitiv/psychisch:<br />
Lenkung der Aufmerksamkeit, gedankliche<br />
und motivationale Einstellung<br />
Weiterentwicklung bzw. Stabilisierung des<br />
Trainingszustandes.<br />
Beachte:<br />
• In der Reihenfolge positive Übertragung<br />
der Trainingswirkungen<br />
• Gesetzmäßigkeiten von Belastung -<br />
Erholung<br />
Einleitung und Beschleunigung der Regenerationsvorgänge.<br />
Organismus auf normalen<br />
Funktionszustand zurückführen<br />
Allgemeines Aufwärmen durch Einlaufen<br />
oder durch ein kurzes Spiel (Fußball,<br />
Basketball, Hockey),<br />
Dehnungsübungen, Lockerungsübungen,<br />
leichte Gymnastik<br />
Sprintübungen<br />
Technikelemente, Schnelligkeits- oder<br />
Koordinationsübungen, Taktikformen u.a.<br />
Beachte Reihenfolge:<br />
• erst Kondition (Kraft, Ausdauer) mit nachfolgender<br />
drei- bis fünfstündiger Pause oder als selbständige<br />
Tageseinheit<br />
• dann Technik, Taktik, Koordination, Schnelligkeit<br />
Auslaufen<br />
Ausschlagen<br />
Spiele<br />
Tab. 12 Trainingseinheit mit Abschnitten, Aufgaben und Inhalten<br />
gung der Regeneration abwechselnd<br />
ein kurzer Saunagang oder<br />
Massage, Whirlpool usw. eingeplant<br />
werden.<br />
Die Reihenfolge der zu trainierenden<br />
Faktoren kann im Prinzip wie<br />
folgt eingehalten werden:<br />
• Beweglichkeit<br />
• Koordination<br />
• Schnelligkeit<br />
• Kraft<br />
• Ausdauer<br />
Allerdings ergaben neue sportwissenschaftliche<br />
Untersuchungen,<br />
daß intensives Kraft- oder Ausdauertraining,<br />
das dem Techniktraining<br />
unmittelbar folgt, einen<br />
negativen Einfluß auf die Resultate<br />
des Techniktrainings hat, da die<br />
feinmotorischen Spuren des Techniktrainings<br />
in den Muskel- bzw.<br />
Nervenzellen zerstört werden<br />
können.<br />
Es ist deswegen empfehlenswert,<br />
das Training so zu planen, daß<br />
entweder am Tag des intensiven<br />
Kraft- oder Ausdauertrainings, das<br />
vor allem in der Vorbereitungsperiode<br />
stattfindet, kein Techniktraining<br />
durchgeführt wird, oder aber<br />
daß das Kraft- oder Ausdauertraining<br />
z. B. am Vormittag und das<br />
Techniktraining nach ca. drei- bis<br />
fünfstündiger Pause und Regeneration<br />
am späten Nachmittag eingeplant<br />
wird.<br />
Darüber hinaus sollen nach dem<br />
Krafttraining kurze Koordinationsoder<br />
Technikübungsformen eingeplant<br />
werden, um die entsprechenden<br />
Nerven- und Muskelzellen<br />
zu reizen und dadurch noch<br />
einmal zu aktivieren; dadurch<br />
kann ein eventueller Leistungsverlust<br />
in diesem Bereich verhindert<br />
werden. Dies ist allerdings nicht<br />
als schwerpunktmäßiges Koordinations-<br />
oder Techniktraining zu<br />
betrachten.<br />
Mikrozyklus<br />
Der Mikrozyklus ist meistens<br />
durch einen Wochentrainingsplan<br />
abgedeckt.<br />
Dies ist praktisch der wichtigste<br />
Abschnitt für eine Trainingssteuerung<br />
und -planung, denn nur in<br />
einem Zeitabschnitt von mehreren<br />
Tagen ist eine sinnvolle Harmonie<br />
zwischen den Belastungen in unterschiedlichen<br />
technischen, taktischen<br />
und konditionellen Bereichen<br />
auf der einen und den notwendigen<br />
Regenerationszeiten auf<br />
der anderen Seite möglich.<br />
Bei einer detaillierten Mikrozyklusplanung<br />
im <strong>Tennis</strong> soll nach folgenden<br />
Prinzipien vorgegangen<br />
werden:<br />
• Berücksichtigungen der Periode.<br />
(Vorbereitungsperiode<br />
erster und zweiter Teil, Wettkampfperiode<br />
I, Wettkampfperiode<br />
II)<br />
• Festlegen der langfristigen<br />
Schwerpunkte und Ziele nach<br />
dem kalendarischen Alter, Trainingsalter,<br />
Spielstärke, Leistungsfähigkeit,<br />
Belastbarkeit,<br />
Trainingszustand, Spielfertigkeit,<br />
dem zukünftigen Turnierprogramm,<br />
individuellen<br />
Schwächen und Stärken<br />
• Berücksichtigen der individuellen<br />
zeitlichen Trainingsmöglichkeiten<br />
• Berücksichtigen der Umwelteinflüsse<br />
(Eltern, Freunde,<br />
Anfahrtswege, Schule, Beruf<br />
usw.)<br />
• Berücksichtigen der Trainingsstätte<br />
und des im Trainingsprozeß<br />
mitwirkenden Trainers<br />
• Festlegen der Schwerpunkte in<br />
Wochenanfang, -mitte und<br />
-ende<br />
• Feinabstimmen der konditionellen<br />
Bereiche und Faktoren nach<br />
204
Training mit verschiedenen Zielgruppen<br />
dem Prinzip der Superkompensation<br />
• Berücksichtigen der Charaktereigenschaften<br />
jedes einzelnen<br />
Spielers<br />
Für eine detaillierte Rahmeneinteilung<br />
eines Mikrozyklus für Leistungstennisspieler<br />
kann folgende<br />
Empfehlung gegeben werden:<br />
Es ist selbstverständlich, daß z. B.<br />
Kraft oder Ausdauer während der<br />
ganzen Woche in verringertem<br />
Maße trainiert werden, daß täglich<br />
Schnelligkeit und Koordinationsfähigkeit<br />
im Rahmen des technischen<br />
Trainings oder Matchtrainings<br />
verbessert werden und daß<br />
Reaktionsfähigkeit praktisch jeden<br />
Tag geübt wird. In der Detailplariung<br />
müssen alle konditionellen<br />
Faktoren mindestens zweimal in<br />
der Woche berücksichtigt werden,<br />
um den Superkompensationseffekt<br />
zu garantieren, obwohl die individuelle<br />
Zielsetzung der Schwerpunkte<br />
auch individuelle Feinabstimmung<br />
in der Planung zuläßt.<br />
Gravierende Fehler in der Mikrozyklusplanung<br />
können verheerende<br />
und irreparable Folgen in<br />
der Aufbauarbeit, zumindest aber<br />
eine starke Verzögerung oder Stagnation<br />
in gewissen Bereichen<br />
verursachen.<br />
Makrozyklus<br />
Er beinhaltet mehrere Mikrozyklen<br />
und kann sich von einem bis zu<br />
mehreren Monaten erstrecken. Es<br />
können deshalb auch zusätzlich<br />
einige Mesozyklen eingebaut werden.<br />
Makrozyklen haben die Aufgabe,<br />
Belastung und Erholung<br />
durch »mittlere Wellen« zu steuern,<br />
also Wochen mit hoher durch<br />
Wochen mit geringerer Belastung<br />
abzulösen. Dabei ist ein wichtiges<br />
Charakteristikum eines Makrozyklus<br />
der Wechsel von Umfangund<br />
Intensitätsbelastung.<br />
Ein Makrozyklus.vor allem in der<br />
Vorbereitungsperiode und unter<br />
Umständen auch in der Wettkampfperiode<br />
I des <strong>Tennis</strong>spielers,<br />
fängt mit hohem Umfang und<br />
mittlerer bis geringer Intensität an.<br />
Im Verlauf des ersten bzw. zweiten<br />
Zyklus wird der Umfang zuerst<br />
weiter gesteigert bis zum Maximum.<br />
Die Intensität steigt zwar<br />
auch an, aber in wesentlich geringerem<br />
Maße. Erst gegen Ende der<br />
Vorbereitungsphase, also im zweiten<br />
bis dritten Makrozyklus dreht<br />
sich das Verhältnis um. Am Ende<br />
soll der Umfang niedriger, aber die<br />
Intensität dagegen sehr hoch sein.<br />
Sie soll dann ihr Maximum in der<br />
Wettkampfperiode erreichen.<br />
Diese Tatsache muß man in Zusammenhang<br />
mit der Schwerpunktsetzung<br />
bzw. den Trainingsinhalten<br />
innerhalb dieser Zeit<br />
sehen. Am Anfang der Vorbereitungsperiode<br />
geht es vor allem um<br />
die Basisausbildung und das Aufbautraining<br />
in allen Bereichen. So<br />
steht erst selbstverständlich beim<br />
Respektieren von individuellen<br />
Voraussetzungen die allgemeine<br />
aerobe Ausdauer und das Muskelaufbautraining<br />
im konditionellen<br />
Bereich sowie ein breit angelegtes<br />
Techniktraining (Schwächen,<br />
Erweiterungen des Schlagrepertoires,<br />
Festigung vorhandener<br />
Techniken) im Vordergrund. Alle<br />
diese Bereiche erfordern großen<br />
Trainingsumfang mit vorerst<br />
kleinerer Intensität.<br />
Erst im Verlauf der Vorbereitungsperiode<br />
bzw. des zweiten oder sogar<br />
dritten Makrozyklus muß die<br />
Intensität gesteigert werden. Dann<br />
stehen Kraft, intramuskuläre Koordination,<br />
Schnellkraft, die anaerobe<br />
Ausdauer, Bewegungsschnelligkeit,<br />
Gewandtheit, Reaktionsschnelligkeit<br />
im motorischen<br />
Bereich und die Automatisierung<br />
bzw. Stabilisierung des situativen<br />
Bewegungsablaufes im Vordergrund.<br />
Alle diese Bereiche müssen<br />
bei hoher Intensität trainiert werden.<br />
Dementsprechend muß aber<br />
dann der Umfang etwas zurückgehen.<br />
Innerhalb der Wettkampfperiode<br />
ist die Trainingsintensität sehr<br />
hoch, wobei der Umfang weiter<br />
reduziert wird. Bei hohem Trainingsumfang<br />
kommt es zu einer<br />
tiefen Ausschöpfung der Energiereserven,<br />
und es bedarf einer langen<br />
Regenerationszeit. Das ist<br />
innerhalb der Turnierperiode, in<br />
der unter Umständen über Wochen<br />
jeden Tag ein Match gespielt wird,<br />
und in der man für die Wettkämpfe<br />
jederzeit hochleistungsbereit<br />
sein muß, nicht vorteilhaft.<br />
Weil man aber das vorhandene<br />
technische und konditioneile<br />
Potential halten oder sogar noch<br />
etwas verbessern muß - und das<br />
geht nur durch tägliches Training,<br />
sogar auch am Spieltag - muß dieses<br />
so gestaltet werden, daß mit<br />
einem minimalen Energieverlust<br />
ein maximaler Effekt erzeugt wird.<br />
Dies ist nur durch eine starke Intensitätssteigerung<br />
unter gleichzeitiger<br />
Reduzierung des Umfangs<br />
möglich. Nach hochintensiven und<br />
kürzeren Trainingseinheiten ist die<br />
Regenerationszeit kürzer.<br />
Wie lang ein Makrozyklus ist bzw.<br />
wie viele Makrozyklen eine Periode<br />
beinhaltet, hängt wiederum<br />
von der individuellen Planung ab.<br />
Training mit<br />
verschiedenen<br />
Zielgruppen<br />
Auch wenn die in den vergangenen<br />
Kapiteln beschriebenen Erkenntnisse<br />
der Trainingslehre<br />
relativ allgemeingültig sind, so gibt<br />
205
Trainings- und Wettkampfplanung<br />
es doch beim Training mit verschiedenen<br />
Zielgruppen spezifische<br />
Gesichtspunkte zu berücksichtigen.<br />
Wie beim <strong>Tennis</strong>unterricht mit verschiedenen<br />
Zielgruppen kann die<br />
Auswahl von Adressaten aufgrund<br />
der Kriterien Alter, Geschlecht und<br />
Können mit den entsprechenden<br />
Zielvorstellungen und Rahmenbedingungen<br />
erfolgen. Von diesem<br />
Ansatz ausgehend und unter<br />
Berücksichtigung der Erfahrungen<br />
in der Praxis ergeben sich drei spezifische<br />
Zielgruppen (Training mit<br />
talentierten Kindern und Jugendlichen,<br />
Training mit Frauen und<br />
Training im Senioren-Wettkampftennis),<br />
auf die im folgenden eingegangen<br />
wird.<br />
Talentierte<br />
Kinder und<br />
Jugendliche<br />
Eine spezifische Adressatengruppe<br />
stellen talentierte Kinder und<br />
Jugendliche dar, die das Ziel haben,<br />
ein hohes Leistungsniveau im Turniertennis<br />
zu erreichen. Im Blick<br />
auf diese Gruppe stellen sich aufgrund<br />
praktischer Erfahrungen<br />
unter anderem folgende Aufgaben<br />
und Probleme:<br />
• Aufbau bei der Vermittlung der<br />
<strong>Tennis</strong>technik<br />
• Bedeutung der beidhändigen<br />
Rückhand<br />
• Verbesserung der Beinarbeit<br />
• Verbesserung des taktischen<br />
Verständnisses<br />
• Methodische Gesichtspunkte<br />
beim psychologisch orientierten<br />
Training<br />
• Probleme des Umlernens<br />
• Hinführung zum modernen<br />
Spitzentennis<br />
• Allgemeine Selbständigkeit von<br />
Jugendlichen<br />
Die folgenden Ausführungen<br />
haben teilweise auch Gültigkeit für<br />
andere Adressatengruppen, gelten<br />
aber im besonderen für talentierte<br />
Kinder und Jugendliche.<br />
Aufbau<br />
bei der Vermittlung<br />
der <strong>Tennis</strong>technik<br />
Etwa im Alter von 8 bis 10 Jahren<br />
sollen Talente systematisch<br />
gesucht und ausgewählt werden<br />
(s. S. 105). Dabei ist vor allem auf<br />
die Merkmale Schnelligkeit,<br />
Beweglichkeit, Koordinationsfähigkeit<br />
und Lernfähigkeit, Ballgefühl,<br />
Leistungsmotivation und psychische<br />
Stabilität zu achten. Unter<br />
dem besonderen Gesichtspunkt,<br />
daß später hohe Leistungen erzielt<br />
werden sollen, muß nun bei der<br />
Vermittlung der <strong>Tennis</strong>technik vor<br />
allem das Prinzip der Vielseitigkeit<br />
(Variabilität) berücksichtigt werden.<br />
Dies bedeutet, daß die Vielfalt<br />
der <strong>Tennis</strong>technik von Anfang<br />
an zu entwickeln ist. Unterschiedliche<br />
Aufgabenstellungen bezüglich<br />
Plazierung, Flugbahn und<br />
Geschwindigkeit der zu spielenden<br />
Bälle bei verschiedenen Platzpositionen,<br />
Treffpunkthöhen und in<br />
bedrängten Situationen machen<br />
dem Kind frühzeitig deutlich, wie<br />
wichtig eine vielseitige <strong>Tennis</strong>technik<br />
ist. Beim Aufbau der Technik<br />
soll zwar mit den Grundschlägen<br />
begonnen werden, jedoch folgen<br />
bald Drallvariationen (Slice, Topspin),<br />
bevor die Grundschläge in<br />
der Stabilisierungsphase gefestigt<br />
sind. Beim Aufbau der <strong>Tennis</strong>technik<br />
lassen sich folgende Etappen<br />
grob kennzeichnen:<br />
• Grundschläge, gleichzeitig Flugball<br />
und Aufschlag, Lob und<br />
Schmetterball; dabei sollten<br />
vielfältige Koordinationsübungen<br />
einfließen, insbesondere<br />
sollten Gesichtspunkte des bilateralen<br />
<strong>Tennis</strong> berücksichtigt<br />
werden.<br />
• Drallvariationen, Stop und<br />
Halbflugball.<br />
• Weitere Ausdifferenzierung der<br />
Technik, z.B. Variationen des<br />
Aufschlags, Schmetterball aus<br />
dem Sprung und Rückhand-<br />
Schmetterball.<br />
• Stabilisierung der Technik in<br />
den verschiedenen Spielsituationen.<br />
Dieses Ziel sollte etwa<br />
am Ende der Vorpubertät erreicht<br />
werden.<br />
• Etwa ab der Pubertät sollte<br />
besonders auf die Ausprägung<br />
des persönlichen Stils und der<br />
Spielanlage geachtet werden.<br />
Es sollten einerseits erfolgreiche<br />
Schläge akzeptiert, andererseits<br />
wenig erfolgversprechende<br />
Nachahmungen und eher unangemessene<br />
Vorlieben (z. B. zu<br />
viele Stops) zurückgedrängt<br />
werden.<br />
Bedeutung<br />
der beidhändigen<br />
Rückhand<br />
Im Rahmen der Vermittlung der<br />
<strong>Tennis</strong>technik bei talentierten<br />
Kindern und Jugendlichen ist die<br />
beidhändige Rückhand von besonderer<br />
Bedeutung (insbesondere<br />
bei Mädchen), da der Schläger<br />
trotz mangelnder Armkraft beidhändig<br />
schnell beschleunigt und<br />
eine große Schlagkontrolle erzielt<br />
werden kann. Prinzipiell sollte die<br />
einhändige und beidhändige<br />
Rückhand als gleichrangig<br />
betrachtet werden. Die Entscheidung,<br />
nur für eine der beiden<br />
Techniken oder beide Techniken<br />
parallel auszubilden, sollte von<br />
den individuellen Voraussetzungen<br />
des Talents (konstitutionelle und<br />
motivationale Voraussetzungen,<br />
206
Talentierte Kinder und Jugendliche<br />
Spielanlage u.a.) abhängig gemacht<br />
werden.<br />
Bei der Einführung (ggf. Erprobung)<br />
der beidhändigen Rückhand<br />
können folgende Varianten, bezogen<br />
auf Rechtshänder, ausprobiert<br />
werden:<br />
• Beidhändige Rückhand mit<br />
Führen und Schlagen durch die<br />
rechte Hand; die linke Hand<br />
unterstützt und kontrolliert<br />
lediglich die Schlagbewegung.<br />
Erfahrungsgemäß fällt es älteren<br />
Kindern leicht, später von<br />
dieser beidhändigen Rückhand<br />
auf die einhändige Rückhand<br />
umzustellen.<br />
• Beidhändige Rückhand mit anfänglich<br />
starker Unterstützung<br />
durch die linke Hand; nach dem<br />
Treffen läßt die linke Hand den<br />
Schläger los.<br />
• Beidhändige Rückhand im<br />
Sinne einer linkshändigen Vorhand.<br />
Wird diese Variante bis<br />
zur Pubertät zu stark betont,<br />
dann ist ein späteres Umlernen<br />
schwierig. Allerdings entwickelt<br />
sich diese Form der beidhändigen<br />
Rückhand häufig zu einer<br />
starken »Waffe« (vor allem mit<br />
Topspin und guter Ballkontrolle<br />
verbunden).<br />
Vorteilhaft wäre es, wenn Kinder<br />
und Jugendliche lernen würden,<br />
mit diesen verschiedenen Variationen<br />
situationsangemessen umzugehen.<br />
D.h., daß der jugendliche<br />
Spieler lernt, z. B. die dritte Variante<br />
(eher eine linkshändige Vorhand)<br />
für einen Topspin kurz cross<br />
oder einen Topspin-Lob und die<br />
erste Variante (linke Hand unterstützt<br />
und kontrolliert lediglich) als<br />
Flugball oder Longline-Ball einzusetzen.<br />
Verbesserung der<br />
Beinarbeit<br />
Probleme mit der Beinarbeit haben<br />
zunächst diejenigen, die auch<br />
Wahrnehmungsprobleme haben,<br />
d.h. Ballgeschwindigkeit, Drall,<br />
Absprungverhalten und Abstand<br />
zum Ball nicht richtig einschätzen<br />
können. Probleme mit der Beinarbeit<br />
haben aber auch diejenigen,<br />
die allgemein relativ unbeweglich<br />
oder »bewegungsfaul« sind.<br />
Die Technik der Beinarbeit ist im<br />
Prinzip einfach (vgl. auch <strong>Tennis</strong>-<br />
<strong>Lehrplan</strong> <strong>Band</strong> 1). Sehr viele talentierte<br />
Kinder und Jugendliche bewegen<br />
sich auf dem <strong>Tennis</strong>platz<br />
automatisch richtig und bekommen<br />
erst dann Probleme, wenn sie<br />
versuchen, sich mit bestimmten<br />
Schrittkombinationen zu bewegen,<br />
wenn sie also bewußt an die<br />
Beinarbeit denken. Voraussetzung<br />
für eine Verbesserung der Beinarbeit<br />
ist (neben der Schulung der<br />
Wahrnehmungsfähigkeit) die<br />
Kenntnis der verschiedenen Möglichkeiten,<br />
sich auf dem <strong>Tennis</strong>platz<br />
zu bewegen. Hierzu kann<br />
man sich Spielerinnen und Spieler<br />
mit hervorragender Beinarbeit<br />
(z. B. Steffi Graf und Pete Sampras)<br />
anschauen und mit der eigenen<br />
Beinarbeit (Videoaufzeichnung)<br />
vergleichen. Dann werden<br />
in vorgegebenen Situationen bei<br />
genauem Zuspiel des Balles verschiedene<br />
Varianten der Beinarbeit<br />
erprobt; diejenigen, die dem betreffenden<br />
Spieler besser liegen,<br />
werden ausgewählt und im Training<br />
und Wettkampf angewandt.<br />
Der Schüler muß insbesondere<br />
auch lernen, seine eigene Beinarbeit<br />
selbst zu beobachten und zu<br />
kontrollieren. Zur Verbesserung<br />
der Beinarbeit werden folgende<br />
Schwerpunkte gesetzt:<br />
• Ständiges Bewegen der Beine,<br />
immer bewegungsbereit sein<br />
• Springen in die Grätsche<br />
(Bereitschaftsstellung/Splitstep)<br />
etwa dann, wenn der Gegner<br />
den Ball trifft (im Doppel beide<br />
Spieler)<br />
• Kontrollieren von Start- und<br />
Laufgeschwindigkeit, Schrittlänge,<br />
Lauftechnik, Laufrhythmus<br />
(z.B. 3er-Rhythmus beim<br />
Grundlinienduell) zu entsprechenden<br />
Schlagpositionen<br />
• Einnehmen einer situationsgerechten<br />
Schlagstellung, mit<br />
' Beachten des Abstandes der<br />
Füße voneinander<br />
• Kontrollieren der Gewichtsverlagerung<br />
bzw. einer günstigen<br />
Schrittfolge beim Schlagen aus<br />
dem Lauf; z.B. beim Rückhand-<br />
Slice-Angriffsball: Tangoschritt<br />
(rückwärts übersetzen) oder<br />
normal weiterlaufen<br />
• Überprüfen eines wirkungsvollen<br />
Stopschrittes nach dem<br />
Schlag und der Lauftechnik zur<br />
nächsten günstigen Platzposition;<br />
um diese schnell zu<br />
erreichen, wird häufig zunächst<br />
ein Kreuzschritt (vorwärts übersetzen)<br />
ausgeführt, erst dann<br />
folgen die Sidesteps<br />
Grundsätzlich muß bei allen Bewegungen<br />
auf dem <strong>Tennis</strong>platz darauf<br />
geachtet werden, daß sich die<br />
Spieler möglichst immer in einem<br />
stabilen Gleichgewicht befinden.<br />
Insbesondere muß auch trainiert<br />
werden, beim Laufen Oberkörper<br />
und Kopf möglichst ruhig zu halten,<br />
um damit auch ruhige Ausholbewegungen<br />
ausführen zu<br />
können.<br />
Noch einmal soll betont werden,<br />
daß die Beinarbeit nur äußerst selten<br />
»isoliert« geübt werden soll;<br />
vielmehr kommt es darauf an, die<br />
Beinarbeit vor allem im Rahmen<br />
komplexer technisch-taktischer<br />
Übungen (z.B. im Sinne des modellierten<br />
Trainings) zu schulen<br />
und zu trainieren.<br />
207
Trainings- und Wettkampfplanung<br />
Verbesserung<br />
des taktischen<br />
Verständnisses<br />
Kinder und Jugendliche sollten<br />
möglichst früh verstehen, welche<br />
Spielidee beim <strong>Tennis</strong> vorliegt. Sie<br />
können durch Werfen und Fangen<br />
des Balles (Ausschalten der<br />
Schlagtechnik) im Kleinfeld die taktischen<br />
Dimensionen wie Sicherheit,<br />
Plazierung und Stellungsspiel<br />
kennenlernen. Taktik sollte<br />
möglichst parallel zur Technik<br />
(bzw. mit der Technik verbunden)<br />
ausgebildet werden. Im Zusammenhang<br />
mit der Forderung nach<br />
einer variablen, auf Spielsituationen<br />
bezogenen Technik sollten<br />
talentierte Kinder von Anfang an<br />
gezielt lernen, taktisch zweckmäßig<br />
zu spielen. Dies bedeutet,<br />
daß möglichst bald Spielzüge eingeübt<br />
und in kleinen Wettkämpfen<br />
(insbesondere im Kleinfeld)<br />
angewandt werden.<br />
Das Training von bestimmten,<br />
praxisorientierten Schlagkombinationen<br />
stellt ebenfalls eine Vermittlung<br />
grundlegender taktischer<br />
Kenntnisse dar.<br />
Hinzu kommt danach die Vermittlung<br />
grundlegender Strategien<br />
(z.B. Angriffsspiel, Verteidigungsspiel,<br />
Ball halten). Ab der Pubertät<br />
sollte dann in besonderem Maße<br />
die individuelle Spielanlage gefördert<br />
werden.<br />
Frühzeitig, also bereits im Kindesalter,<br />
taktische Grundkenntnisse<br />
zu lehren, bedeutet keine unangemessene<br />
Theoretisierung des<br />
Unterrichts. Vielmehr können hier<br />
Wahrnehmungs- und Entscheidungsfähigkeit<br />
systematisch<br />
geschult werden, wobei sich vor<br />
allem auch die Spielbeobachtung<br />
sowohl der eigenen Spielleistung<br />
als auch anderer Spieler mittels<br />
Video anbietet.<br />
Methodische<br />
Gesichtspunkte beim<br />
psychologisch<br />
orientierten Training<br />
Psychologisches Training besteht<br />
darin, die psychischen Leistungsvoraussetzungen<br />
(wie Wahrnehmungsfähigkeit,<br />
Aufmerksamkeit/Konzentration,<br />
Antizipationsfähigkeit,<br />
Leistungsmotivation,<br />
Wille, Fähigkeit zur Streßbewältigung)<br />
systematisch zu verbessern,<br />
Abb. 124<br />
Streßbewältigung<br />
d.h. durch planmäßiges Lernen<br />
und Üben Trainingseffekte zu erzielen,<br />
die im Wettkampf leistungsfördernd<br />
umgesetzt werden<br />
können. Wer solche Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten im Training nicht<br />
systematisch verbessert (automatisiert),<br />
kann nicht erwarten, daß er<br />
sie im Wettkampf (wie die Technik<br />
und Kondition) einsetzen kann. Je<br />
früher Kinder und Jugendliche solche<br />
Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />
erwerben, desto stabiler sind sie<br />
gegenüber inneren und äußeren<br />
Störgrößen, die im Wettkampf<br />
auftreten.<br />
Im Unterricht mit Kindern und Jugendlichen<br />
ist nun vor allem darauf<br />
zu achten, daß solche Formen<br />
des mentalen Trainings, des Konzentrationstrainings<br />
und der Entspannungstechniken<br />
so eng wie<br />
möglich in das gewöhnliche Technik-<br />
und Taktiktraining (ggf. auch<br />
in das Konditionstraining) integriert<br />
werden, so daß der Begriff<br />
»psychologisches Training« im<br />
konkreten Unterricht entfallen<br />
kann.<br />
Probleme<br />
des Umlernens<br />
Auch talentierte Kinder und Jugendliche<br />
gewöhnen sich im Laufe<br />
ihrer tennisspezifischen Entwicklung<br />
gewisse Eigenheiten an, die<br />
langfristig gesehen zu Einschränkungen<br />
führen können. Dies betrifft<br />
sowohl die Technik als auch<br />
die Taktik.<br />
In der Technik geht es vor allem<br />
um eigenwillige Griffhaltungen,<br />
um die Fixierung auf die beidhändige<br />
Rückhand und um individuelle<br />
Ausprägungen der Ausholund<br />
Ausschwungbewegung.<br />
In der Taktik geht es um einseitige<br />
Verfestigungen von taktischen<br />
Konzepten, also um jene, die an<br />
der Grundlinie »kleben«, und um<br />
jene, die immerzu ans Netz stürmen.<br />
Umlernen ist ein äußerst schwieriger<br />
Prozeß. Er ist langfristig, setzt<br />
Einsicht beim Schüler und Vertrauen<br />
in den Lehrer voraus, und<br />
er erfordert Geduld und Willen<br />
sowie die Bereitschaft, auch Rückschläge<br />
in Kauf zu nehmen. Bevor<br />
sich ein <strong>Tennis</strong>trainer mit dem Gedanken<br />
an das Umlernen beschäftigt,<br />
muß er sich genau mit der<br />
Entwicklung des Schülers auseinandersetzen<br />
und versuchen, die<br />
Gründe herauszufinden, die zu<br />
208
Talentierte Kinder und Jugendliche<br />
den betreffenden Eigenheiten<br />
geführt haben.<br />
Ein von der Mentalität her typischer<br />
Grundlinienspieler wird sich<br />
genausowenig zu einem Serveund<br />
Volley-Spieler »umkrempeln«<br />
lassen wie umgekehrt.<br />
Hier gilt es allerdings, solche Spieler<br />
auch im Blick auf für sie ungewohnte<br />
Situationen zu trainieren,<br />
damit sie vielseitiger werden; es<br />
geht also um ein Dazulernen, und<br />
nicht um ein Umlernen. Hat sich<br />
der junge Spieler allerdings deshalb<br />
zum Grundlinienspieler entwickelt,<br />
weil er mit extremen<br />
Griffhaltungen spielt und deshalb<br />
am Netz keinen Erfolg hat, dann<br />
ist eine Umstellung auf einen Allround-<br />
oder Angriffsspieler möglich<br />
und sinnvoll.<br />
Eine Umstellung der Griffhaltung<br />
sollte jedoch grundsätzlich nur in<br />
extremen Fällen erfolgen und<br />
dann immer im Zusammenhang<br />
mit der entsprechenden Situation<br />
(Treffpunkthöhe, Platzposition,<br />
Ziel, Technik).<br />
Spieler, die beidhändig schlagen,<br />
sollten Slice und Flugball einhändig<br />
(dazu-)lernen. Individuelle<br />
räumliche Ausprägungen beim<br />
Ausholen und Ausschwingen sollen<br />
so belassen werden, wie sie<br />
sind, wenn sie keinen negativen<br />
Einfluß auf den Erfolg haben; ein<br />
Spiel unter Zeitdruck (bei höherer<br />
Zuspielgeschwindigkeit oder<br />
schnellerem Boden) regelt meist<br />
automatisch den räumlichen Umfang<br />
der Bewegung oder die der<br />
Situation angepaßte zeitlich-dynamische<br />
Gliederung der Schlagtechnik.<br />
Auf keinen Fall sollte eine erfolgreiche,<br />
jedoch in den Augen<br />
des Betrachters »falsche« Technik<br />
so ohne weiteres umgestellt<br />
werden.<br />
Der Lehrer sollte vielmehr mit<br />
hoher Wahrscheinlichkeit davon<br />
ausgehen können, daß die Umstellung<br />
gelingt und zu einer insgesamt<br />
besseren Spielanlage führt,<br />
wobei sich der Schüler nach der<br />
Umstellung mit dieser neuen Technik<br />
identifizieren (sich damit wohlfühlen)<br />
sollte. Die Erfahrung zeigt,<br />
daß Umlernen - wenn überhaupt<br />
angebracht - eher dann gelingt,<br />
wenn das alte Bewegungsmuster<br />
durch ein neues ersetzt wird, das<br />
sich vom alten stark unterscheidet<br />
(z.B. vom extremen Vorhandgriff<br />
zum Mittelgriff oder vom hohen<br />
oberen Bogen der Ausholbewegung<br />
zum relativ geradlinigen<br />
Ausholen).<br />
Die Erfahrung zeigt auch, daß<br />
Umstellungen zwar häufig im Training<br />
gelingen, jedoch dann unter<br />
psychischer Belastung im Wettkampf<br />
aufgrund zu geringer Stabilität<br />
mißlingen, d.h., daß die Spieler<br />
wieder in die alten Bewegungsmuster<br />
verfallen. Deshalb sollte -<br />
wie bereits erwähnt- unbedingt<br />
versucht werden, die korrigierte<br />
Technik (auch auf Kosten vorübergehender<br />
Niederlagen) im Wettkampf<br />
einzusetzen.<br />
Hinführung zum modernen<br />
Spitzentennis<br />
Bei einer sorgfältigen Analyse der<br />
Weltklassespieler, die trotz schwieriger<br />
Bewegungsaufgaben eine<br />
hohe Perfektion der Schlagtechnik<br />
erreicht haben, kann man feststellen,<br />
daß sich die Technik im Spitzentennis<br />
nicht nur durch eine<br />
gewisse individuelle Ausprägung<br />
auszeichnet, sondern auch den in<br />
diesem <strong>Lehrplan</strong> beschriebenen<br />
Grundlagen weitgehend entspricht<br />
Es wäre also falsch, anzunehmen,<br />
daß diese Meistertechnik anderen<br />
oder unterschiedlichen Regeln und<br />
Prinzipien unterliegt als die Technik<br />
der Durchschnittsspieler. Auch<br />
die Spitzenspieler durchliefen in<br />
ihrem jahrelangen Entwicklungsaufbau<br />
die verschiedenen Stufen<br />
der Technik, von den in diesem<br />
<strong>Lehrplan</strong> beschriebenen Grundlagen<br />
bis zu ihrer individuell ausgeprägten<br />
virtuosen Spitzentechnik.<br />
Durch die individuelle Ausprägung<br />
auf der einen und durch die strikte<br />
Orientierung an den Grundprinzipien<br />
der Technik auf der anderen<br />
Seite sind sie aber fähig, ihre taktischen<br />
Ziele besonders in schwierigen<br />
Situationen umzusetzen. Sie<br />
sind vor allem fähig, hohe Laufund<br />
Schlaggeschwindigkeiten mit<br />
vortrefflicher Präzision und Ökonomie<br />
des Schlages zu kombinieren.<br />
Aus diesem Grunde sind sie<br />
auch in der Lage, sich auf das<br />
Wesentliche zu beschränken.<br />
Somit kann optisch der Eindruck<br />
entstehen, es gäbe große Unterschiede<br />
in der Technik der Meister<br />
und der Durchschnittsspieler.<br />
Beim Training mit talentierten Kindern<br />
und Jugendlichen kommt es<br />
nun darauf an, die Merkmale des<br />
modernen Spitzentennis im Auge<br />
zu haben und zielorientiert anzustreben.<br />
Spitzenspieler operieren vor allem<br />
mit wesentlich höheren Geschwindigkeiten<br />
als Durchschnittsspieler.<br />
Trotzdem erreichen sie dabei<br />
große Sicherheit und Präzision.<br />
Hohe Geschwindigkeiten bei den<br />
Grundlinienschlägen werden erreicht,<br />
wenn diese in besonderem<br />
Maße den biomechanischen Prinzipien<br />
entsprechen. So nutzen die<br />
Spitzenspieler wesentlich mehr<br />
und eine wesentlich stärkere<br />
Körperrotation; außerdem stoßen<br />
sie sich relativ stark vom Untergrund<br />
ab, wobei sie hochspringen.<br />
Dadurch rotieren sie noch wesentlich<br />
mehr mit der rechten Schulter<br />
und Hüfte (bei Rechtshändern) bis<br />
in die Schlagrichtung. Der Rotationsradius<br />
des Schultergürtels kann<br />
über 200° betragen.
Trainings- und Wettkampfplanung<br />
Auch bei der Rückhand nutzen<br />
Spitzenspieler die Rotationsmöglichkeit<br />
des Oberkörpers in starkem<br />
Maße aus, so daß die Ausschwungrichtung<br />
bis parallel zur<br />
Grundlinie oder sogar darüber<br />
hinaus verläuft.<br />
Die offene Schlagstellung wird<br />
immer häufiger bevorzugt, da sie<br />
eine wesentlich bessere Vordehnung<br />
der beteiligten Muskulatur,<br />
Speicherung der nötigen Energie,<br />
als auch Zeiteinsparung garantiert.<br />
Dies gilt nicht nur bei der Vorhand<br />
(was praktisch schon in allen<br />
Leistungsklassen bis hin zu den<br />
jüngsten Jugendjahrgängen dominiert),<br />
sondern auch bei der<br />
Rückhand, besonders bei der beidhändigen.<br />
Hohe Ballgeschwindigkeiten<br />
werden auch dadurch erreicht,<br />
• daß die Bälle möglichst grundsätzlich<br />
früh genommen<br />
werden,<br />
• daß es gelingt, sich nicht von<br />
der Grundlinie zurückdrängen<br />
zu lassen und<br />
• daß mit Hilfe der Körperrotation<br />
in den Platz hineingedreht<br />
wird, wobei lange Bälle, die<br />
kurz vor der Grundlinie aufspringen,<br />
im aufsteigenden Ast<br />
oder als Halbflugbälle geschlagen<br />
werden.<br />
Auch die Ausnützung des Handgelenkeinsatzes<br />
ist bei den Spitzenspielern<br />
optimal, wodurch sie<br />
zusätzlich eine größere Beschleunigung<br />
des Schlägers erreichen,<br />
ohne mehr Kraft einsetzen zu<br />
müssen, was besonders bei den<br />
bereits angesprochenen kürzeren<br />
Schlagabläufen in schwierigen<br />
Situationen von großer Bedeutung<br />
ist (s. auch <strong>Tennis</strong>-<strong>Lehrplan</strong><br />
<strong>Band</strong> 1).<br />
All dies erfordert ein sehr hohes<br />
Maß an Koordinationsfähigkeit.<br />
Weil bei den Spitzenspielern die<br />
Koordinationsfähigkeit in extremem<br />
Maße ausgeprägt ist, sind sie<br />
fähig, besonders in schwierigen<br />
Situationen, auch bei wesentlich<br />
kürzer ablaufenden Schlagabläufen<br />
Kraftimpulse optimal zu übertragen.<br />
Dies begründet erneut, warum<br />
das Training der allgemeinen<br />
und der tennisspezifischen Koordinationsfähigkeit<br />
bei talentierten<br />
Kindern und Jugendlichen so<br />
bedeutsam ist und auf keiner<br />
Könnensstufe vernachlässigt<br />
werden darf.<br />
Eine ausgeprägte Koordinationsfähigkeit<br />
führt auch zu einer entsprechenden<br />
Improvisationsfähigkeit,<br />
die im Spitzentennis immer<br />
wieder sichtbar wird.<br />
Die Improvisationsfähigkeit zeigt<br />
sich auch beim Meistern besonders<br />
schwieriger Situationen, in<br />
denen sie sogar gewisse artistische<br />
Fähigkeiten entwickeln. In solchen<br />
Situationen sind sie fähig, das<br />
ideale Gleichgewicht beim Schlag<br />
auf eine minimale Zeitspanne<br />
(eben den Treffpunkt) zu beschränken;<br />
denn sie müssen viel<br />
zu oft bei hoher Körpergeschwindigkeit,<br />
bei großen Sprüngen und<br />
bei recht schwierigen Körperpositionen<br />
zielgenau schlagen.<br />
Die beschriebenen technischen<br />
Fähigkeiten und Fertigkeiten sind<br />
die Grundlage dafür, dem modernen<br />
Spitzentennis auch in taktischer<br />
Hinsicht gerecht werden zu<br />
können. Zunächst sind die taktischen<br />
Grundmuster zu erlernen<br />
und zu trainieren (Grundlinienspiel,<br />
Angriffsspiel, Verteidigungsspiel,<br />
Aufschlag, Return, Passierschläge).<br />
Dann sollten Tendenzen<br />
des modernen Spitzentennis<br />
berücksichtigt werden:<br />
- Spielaufbau von der Grundlinie,<br />
- kurze Bälle des Gegners durch<br />
eigenes (schnelles und/oder<br />
plaziertes) Spiel provozieren,<br />
- geeignete kurze Bälle des Gegners<br />
zum offensiven Spiel (vor<br />
allem auch zum Netzangriff)<br />
nutzen,<br />
- durch Winkelspiel den Gegner<br />
seitlich aus dem Platz treiben,<br />
dadurch den Platz öffnen, was<br />
wiederum ein noch offensiveres<br />
Spiel ermöglicht.<br />
Allgemeine<br />
Selbständigkeit von<br />
Jugendlichen<br />
Leider kommt es allzuoft vor, daß<br />
Kinder und Jugendliche in das<br />
Training und die Betreuung eines<br />
<strong>Tennis</strong>lehrers gegeben werden<br />
und man von diesem erwartet,<br />
daß er aus ihnen möglichst rasch<br />
Meisterspieler macht. Dies geht -<br />
wenn überhaupt - in der Regel<br />
nur dann, wenn auch die Jugendlichen<br />
von sich aus selbständig<br />
mitmachen.<br />
Häufig lassen die Jugendlichen jedoch<br />
den Unterricht kritiklos über<br />
sich ergehen; manchmal sind sie<br />
von Unterricht und <strong>Tennis</strong>lehrer<br />
begeistert; nur hin und wieder lehnen<br />
sie sich z.B. gegen einzelne<br />
Übungen auf und führen diese nur<br />
unwillig aus, weil sie ihren Zweck<br />
nicht erkennen.<br />
Um Jugendliche zur Selbständigkeit<br />
zu führen, sollte der Lehrer<br />
prinzipiell dem natürlichen Spielbedürfnis<br />
der Jugendlichen<br />
Freiräume lassen und ihnen Gelegenheiten<br />
geben, eigene Lösungsmöglichkeiten<br />
für gestellte Aufgaben<br />
zu finden. Er sollte sie auch<br />
ermutigen, ihre Meinung zu<br />
äußern und ihnen bald ein gewisses<br />
Mitspracherecht an der Trainingsgestaltung<br />
zugestehen. Die<br />
Vorstellungen und Ziele der Jugendlichen<br />
müssen besprochen<br />
und gegebenenfalls auf ein realistisches<br />
Maß erweitert bzw. eingeschränkt<br />
werden.<br />
210
Training mit Frauen<br />
Wenn Jugendliche Übungen nicht<br />
nur kritik- und gedankenlos durchspielen,<br />
sondern sie auch deren<br />
Sinn und Zweck erkannt haben,<br />
dann ist ein erster Schritt zur Selbständigkeit<br />
und Selbstmotivierung<br />
getan. Die Jugendlichen wissen<br />
dann, warum sie etwas trainieren,<br />
und können jetzt auch ohne ständige<br />
Aufsicht gewissenhaft die<br />
geforderten Aufgaben lösen. Das<br />
bedeutet, daß sie beispielsweise<br />
ernsthaft weitertrainieren, wenn<br />
sich der Lehrer für kurze Zeit intensiver<br />
mit anderen Teilnehmern<br />
der Gruppe beschäftigen muß.<br />
Die Jugendlichen sollten außerdem<br />
angehalten werden, öfter<br />
selbständig zu trainieren, wobei<br />
ihnen Übungsangebot und geeignete<br />
Lernzielkontrollen vorgegeben<br />
werden. Anfängliche Kontrollen<br />
dieses selbständigen Trainings<br />
werden zunehmend abgebaut, bis<br />
das angestrebte Ziel, daß Jugendliche<br />
auch völlig selbständig trainieren<br />
können, erreicht ist. Der <strong>Tennis</strong>lehrer<br />
ist für sie selbstverständlich<br />
immer als Berater ansprechbar.<br />
Auch im Wettkampftennis sollte<br />
die Entwicklung zur Selbständigkeit<br />
schon früh eingeleitet werden.<br />
Hier können Trainer und Eltern viel<br />
helfen, wenn sie die Kinder im<br />
Wettspiel sich selbst überlassen<br />
und höchstens in Fällen extrem<br />
unsportlichen Verhaltens eingreifen<br />
bzw. den Turnierleiter bitten,<br />
das Spiel kontrollieren zu lassen.<br />
Kinder und Jugendliche sollten bei<br />
ihren Wettspielen auch sehr bald<br />
die Schiedsrichtertätigkeit übernehmen.<br />
Bei gemeinsamen Wettspielbeobachtungen<br />
übernimmt der Trainer<br />
entweder die Rolle eines Kommentators,<br />
oder er coacht einen<br />
Spieler. Die Jugendlichen bekommen<br />
so einen Blick für die Wettkampfführung<br />
und lernen, Gegner<br />
und Situation selbst zu beurteilen.<br />
Auch Videoaufzeichnungen vom<br />
eigenen Wettkampf können besprochen<br />
werden. Der Trainer gibt<br />
hier Hilfen zur eigenen Technikund<br />
Taktikkontrolle, mit dem Ziel,<br />
daß die Jugendlichen lernen, sich<br />
gewissermaßen selbst zu coachen.<br />
Jugendliche sollten schließlich<br />
angehalten werden, bei der Organisation<br />
und Durchführung von<br />
Turnieren zu helfen. Sie lernen auf<br />
diese Weise die Probleme kennen,<br />
die auf die Spieler bei Turnieren<br />
zukommen (von der Verpflegung<br />
bis zur Reservierung von Trainingsplätzen)<br />
können und sind<br />
dann bei eigenen Turnieren viel<br />
selbständiger.<br />
Training mit<br />
Frauen<br />
Das Damentennis unterscheidet<br />
sich vom Herrentennis durch einige<br />
Besonderheiten:<br />
• Frauen schlagen weniger hart<br />
auf, konzentrieren sich dementsprechend<br />
mehr auf den Return.<br />
Im Damen-Turniertennis<br />
ist es deshalb schwieriger, das<br />
Aufschlagspiel zu gewinnen.<br />
• Männer spielen mit mehr Drallvarianten<br />
und größeren Winkeln<br />
und vor allem,<br />
• Männer greifen mehr an als<br />
Frauen, insbesondere gelingt<br />
ihnen der Übergang von der<br />
Grundlinie zum Netz besser.<br />
Solche Unterschiede im technischen<br />
und taktischen Bereich sind<br />
zum einen auf biologische Unterschiede<br />
zwischen Mann und Frau<br />
zurückzuführen. So sind Frauen im<br />
Durchschnitt kleiner, und sie verfügen<br />
über weniger Kraft (insbesondere<br />
Schnellkraft), spielen aber<br />
auf dem gleichen Feld bei gleicher<br />
Netzhöhe und zumeist mit gleichen<br />
Bällen wie die Männer. Zum<br />
anderen sind diese geschlechtsspezifischen<br />
Unterschiede aber<br />
auch sozialisationsbedingt, d.h.,<br />
Jungen lernen intensiver mit Bällen<br />
umzugehen als Mädchen. Dies<br />
zeigt sich vor allem beim Kernwurf,<br />
der die Grundlage des Aufschlags<br />
darstellt.<br />
Solche Unterschiede führen dazu,<br />
daß Mädchen und Frauen weniger<br />
in der Lage sind, den Ballwechsel<br />
rasch zu entscheiden. Sie sind<br />
dagegen eher bemüht, ihre Gegnerinnen<br />
durch plaziertes Spiel zu<br />
einem Fehler zu zwingen. Solche<br />
Unterschiede führen aber auch<br />
dazu, daß die meisten Mädchen<br />
die Rückhand beidhändig spielen,<br />
was die Variabilität der Spielanlage<br />
beeinflußt, insbesondere den<br />
Übergang von der Grundlinie zum<br />
Netz.<br />
Prinzipiell müßte es zwischen dem<br />
Damen- und dem Herrentennis<br />
keine gravierenden Unterschiede<br />
geben. Denn die Männer schlagen<br />
zwar einerseits härter, andererseits<br />
sind sie aufgrund ihrer größeren<br />
Schnellkraft auch in der Lage,<br />
einen hart und plaziert geschlagenen<br />
Ball zu erlaufen und hart<br />
zurückzuschlagen. Für das Training<br />
mit Mädchen und Frauen ergeben<br />
sich deshalb vor allem folgende<br />
Konsequenzen:<br />
• Dem Aufschlag sollte in allen<br />
Phasen des langfristigen Trainingsaufbaus<br />
erhöhte Aufmerksamkeit<br />
zukommen.<br />
• Das gleiche gilt für den Übergang<br />
vom Spiel an der Grundlinie<br />
zum Netzspiel.<br />
• Dies erfordert die Ausbildung<br />
einer möglichst breiten Spielanlage<br />
(inkl. Netzspiel), auch<br />
wenn dann im Match einzelne<br />
Grundstrategien individuell<br />
bevorzugt werden.<br />
Auch wenn es im Damentennis im<br />
allgemeinen keine »best-of-five«-<br />
Matche gibt, sollte dem Konditi-<br />
211
Trainings- und Wettkampfplanung<br />
onstraining doch der gleiche Stellenwert<br />
zukommen wie im Herrentennis.<br />
Denn die körperliche<br />
Fitneß ist die Basis des Technikund<br />
Taktiktrainings. In diesem<br />
Zusammenhang ist auch auf eine<br />
entsprechende Ernährung in<br />
besonderem Maße zu achten.<br />
Im Damentennis gibt es vergleichsweise<br />
weniger Doppel-Turniere.<br />
Deshalb sollte im Training<br />
vermehrt auch Doppel gespielt<br />
werden, zumal sich die im Doppel<br />
gegebenen Anforderungen (Kombination<br />
Aufschlag-Angriff, Netzspiel<br />
u. a.) auch günstig auf das<br />
Einzelspiel auswirken.<br />
Mädchen haben im Damentennis<br />
bereits in jungen Jahren die<br />
Chance, erfolgreich mithalten zu<br />
können. Dies spornt einerseits an;<br />
andererseits ergibt sich dadurch<br />
aber auch die Gefahr, daß sich die<br />
Mädchen sehr frühzeitig auf eine<br />
bestimmte Spielanlage konzentrieren<br />
und diese sich verfestigt (z. B.<br />
Grundlinienspiel mit eher defensivem<br />
Charakter, um Niederlagen<br />
zu vermeiden). Im Training sollte<br />
dieser Tendenz entgegengesteuert<br />
werden, indem variable Techniken<br />
und taktische Grundmuster geübt<br />
werden.<br />
Zum Training gehören schließlich<br />
noch die trainingsbegleitenden<br />
Maßnahmen. Daß mit der Menstruation<br />
häufig Leistungsschwankungen<br />
einhergehen, ist natürlich.<br />
Sie müssen jedoch nicht so groß<br />
sein wie vielfach angenommen.<br />
Eine fachärztliche Beratung kann<br />
deshalb angebracht sein.<br />
Was die Betreuung von Frauen im<br />
Turniertennis betrifft, so berichten<br />
viele Trainer und Trainerinnen, daß<br />
bei Frauen im Trainings- und Turnierablauf<br />
häufig private Probleme<br />
größere Störfaktoren darstellen.<br />
Männer können offensichtlich den<br />
Privat- vom Sportbereich besser<br />
trennen. Außerdem wird berichtet,<br />
daß Frauen-Teams schwieriger zu<br />
führen seien als Männer-Teams.<br />
Deshalb scheint es ratsam zu sein,<br />
bei Konflikten gegebenenfalls erst<br />
Einzelgespräche zu führen, bevor<br />
ein Mannschaftsgespräch stattfindet.<br />
Schließlich ist noch darauf hinzuweisen,<br />
daß Frauen eher Männer<br />
als Trainer bevorzugen.<br />
Insgesamt gesehen sind die Ursachen<br />
für solche sozialpsychologischen<br />
Unterschiede nicht gänzlich<br />
geklärt. Sie sollten allerdings<br />
berücksichtigt werden. Da die psychologischen<br />
Anforderungen im<br />
Turniertennis für Männer und<br />
Frauen prinzipiell nicht unterschiedlich<br />
sind, sollte versucht<br />
werden, solche geschlechtsspezifischen<br />
Unterschiede auszugleichen.<br />
Training im<br />
Senioren-<br />
Wettkampftennis<br />
Die Zahl der im mittleren und<br />
höheren Lebensalter im <strong>Tennis</strong><br />
noch wettkampfsportlich aktiven<br />
<strong>Tennis</strong>spieler(innen) nimmt stetig<br />
zu. Die spezifische Trainingsempfehlungen<br />
für diese Gruppe sind<br />
nach CONZELMANN an den personalen<br />
Bedingungen auszurichten.<br />
Bei der Mehrzahl der im Senioren-<br />
Wettkampftennis engagierten<br />
Spieler handelt es sich um Personen,<br />
die seit ihrer Jugend mit dem<br />
<strong>Tennis</strong>sport verbunden sind. Damit<br />
kann von einer gut ausgebildeten<br />
und stabilen <strong>Tennis</strong>technik ausgegangen<br />
werden, die sich allerdings<br />
häufig von der »modernen« <strong>Tennis</strong>technik<br />
insofern unterscheidet,<br />
als Schläge mit Rückwärtsdrall<br />
oder Schläge ohne Drall gegenüber<br />
Topspin-Schlägen bevorzugt<br />
werden.<br />
Im körperlich-konditionellen<br />
Bereich muß mitzunehmendem<br />
Alter von einem kontinuierlichen<br />
Rückgang der Kraft, der Beweglichkeit<br />
und der Ausdauer ausgegangen<br />
werden. Der Rückgang<br />
der Maximal- und der Schnellkraft<br />
führt in Verbindung mit der weniger<br />
offensiven Spielanlage dazu,<br />
daß die Ballwechsel in der Regel<br />
länger dauern als bei jüngeren<br />
<strong>Tennis</strong>spielern. Dadurch erhöht<br />
sich die Bedeutung der Schnellkraftausdauer<br />
und der (aeroben)<br />
Ausdauer in den höheren Altersklassen.<br />
Gleichzeitig schützt eine<br />
gute aerobe Kapazität vor möglichen<br />
Überlastungen des Herz-<br />
Kreislauf-Systems bei intensiven<br />
und langdauernden <strong>Tennis</strong>-Wettkämpfen<br />
(insbesondere bei<br />
ungünstigen klimatischen Verhältnissen).<br />
Um Verletzungen/Schäden<br />
am Bewegungsapparat zu<br />
vermeiden, empfiehlt es sich, die<br />
altersbedingt zurückgehende<br />
Beweglichkeit durch ein Beweglichkeitstraining<br />
(ergänzt durch<br />
umfassende Kräftigungsübungen)<br />
zu erhalten.<br />
Im einzelnen ergeben sich damit<br />
für ein (Wettkampf-)<strong>Tennis</strong>training<br />
im höheren Lebensalter<br />
folgende Empfehlungen:<br />
• Das Techniktraining dient in der<br />
Regel der Stabilisierung der bereits<br />
vor längerer Zeit erworbenen<br />
<strong>Tennis</strong>technik. Intensives<br />
Neulernen bzw. Umlernen einzelner<br />
Schlagtechniken ist im<br />
allgemeinen nicht notwendig.<br />
Dies soll allerdings nicht bedeuten,<br />
daß in der zweiten Lebenshälfte<br />
kein Neulernen von <strong>Tennis</strong>techniken<br />
mehr möglich ist.<br />
• Das Techniktraining wird ergänzt<br />
durch ein Matchtraining,<br />
das im <strong>Tennis</strong>training der Senioren<br />
einen breiteren Raum einnehmen<br />
sollte als bei jüngeren<br />
Spielern. In diesem Training<br />
212
Training im Senioren-Wettkampftennis<br />
wird versucht, die komplexe<br />
Spielleistung zu erhalten, ggf.<br />
zu verbessern.<br />
• Besondere Bedeutung kommt<br />
bei älteren wettkampforientierten<br />
<strong>Tennis</strong>spielern dem Training<br />
zur Verbesserung konditioneller<br />
Fähigkeiten zu. Im Vordergrund<br />
steht dabei die Verbesserung<br />
der aeroben Ausdauer, der<br />
Schnellkraftausdauer und der<br />
Beweglichkeit. Darüber hinaus<br />
sollten auch - eine gute allgemeine<br />
Fitneß vorausgesetzt-<br />
Schnellkraft und Schnelligkeit<br />
spezifisch geschult werden.<br />
• Die Verbesserung konditioneller<br />
Fähigkeiten erfolgt in der Regel<br />
außerhalb des <strong>Tennis</strong>platzes. So<br />
wird die aerobe Ausdauer am<br />
günstigsten mit ruhigen Dauerläufen<br />
verbessert. Die Schnellkraftausdauer<br />
und die Beweglichkeit<br />
können z.B. im Rahmen<br />
einer funktionellen Gymnastik<br />
geschult werden (vgl. hierzu<br />
Kapitel Konditionstraining).<br />
213
Wettkampfbetreuung<br />
Einführung<br />
Ziel der Wettkampfbetreuung ist<br />
es, die Spielerinnen und Spieler so<br />
zu beraten und zu beeinflussen,<br />
daß sie ihre individuellen Leistungsmöglichkeiten<br />
im Wettkampf<br />
optimal realisieren können.<br />
• Diese Betreuung beginnt bei<br />
der Vorbereitung auf den Wettkampf,<br />
• setzt sich dann im Wettkampf<br />
fort (Betreuung während des<br />
Wettkampfs), sofern ein Kontakt<br />
zwischen Spieler und<br />
Betreuer möglich ist und<br />
• endet bei der Nachbereitung,<br />
wobei zu Beginn und am Ende<br />
der Wettkampfbetreuung fließende<br />
Übergänge von bzw. zu<br />
den allgemeinen Trainingsmaßnahmen<br />
bestehen.<br />
Das Training ist als langfristige<br />
Maßnahme zur Vorbereitung auf<br />
den Wettkampf anzusehen. Zur<br />
kurzfristigen Vorbereitung auf den<br />
Wettkampf gehören alle Maßnahmen<br />
von der Reise zum Wettkampfort<br />
bis zur Erzielung eines<br />
optimalen Vorstartzustandes.<br />
Die Betreuung im Wettkampf<br />
beschränkt sich auf all jene Situationen<br />
des Wettkampfs, in denen ein<br />
direkter Kontakt zwischen Spieler<br />
und Betreuer möglich ist. Sie ist<br />
bei Mannschaftswettkämpfen -<br />
von den Medenspielen bis zum<br />
Daviscup - erlaubt, bei Turnieren<br />
dagegen nicht zugelassen.<br />
Bei der Nachbereitung des Wettkampfs<br />
lassen sich schließlich die<br />
Maßnahmen voneinander unterscheiden,<br />
die unmittelbar nach<br />
dem Wettkampf zur körperlichen<br />
und psychischen Verarbeitung des<br />
Wettkampfs durchgeführt werden,<br />
und jene Maßnahmen, mit denen<br />
wiederum am Trainingsort versucht<br />
wird, das Training auf den<br />
im Wettkampf gemachten Erfahrungen<br />
aufzubauen.<br />
Wettkampfbetreuung im weiten<br />
Sinne umfaßt demnach die kurzfristige<br />
Vorbereitung auf den Wettkampf,<br />
die Betreuung im Wettkampf<br />
und die Nachbereitung des<br />
Wettkampfs unmittelbar nach<br />
dessen Ende.<br />
Wettkampfbetreuung im engen<br />
Sinne beschränkt sich dagegen auf<br />
die Betreuung im Wettkampf<br />
selbst und wird im deutschsprachigen<br />
Raum (und deshalb auch im<br />
folgenden) als Coaching bezeichnet.<br />
Im amerikanischen Sprachraum<br />
bezieht sich Coaching<br />
dagegen auf alle Beratungs- und<br />
Betreuungsmaßnahmen in Training<br />
und Wettkampf.<br />
Kurzfristige<br />
Vorbereitung<br />
Die kurzfristige Vorbereitung läßt<br />
sich in zwei Aufgabenbereiche<br />
trennen. Zum einen müssen die<br />
äußeren Rahmenbedingungen<br />
(von der Anreise bis zur Aufnahme<br />
der direkten Wettkampfvorbereitung)<br />
gestaltet werden, zum<br />
anderen müssen die einzelnen<br />
Abschnitte der direkten Wettkampfvorbereitung<br />
(vom Aufstehen<br />
über die letzte Mahlzeit<br />
vor dem Wettkampf bis zum Einschlagen<br />
direkt vor dem Wettkampf)<br />
sinnvoll ausgefüllt werden.<br />
Gestaltung<br />
der äußeren Rahmenbedingungen<br />
Je wichtiger und je größer das Turnier<br />
ist, desto früher wird die Anreise<br />
erfolgen. Sie muß grundsätzlich<br />
so gestaltet werden, daß<br />
genügend Zeit zur Erholung von<br />
den Anstrengungen der Reise<br />
gegeben ist. Dies gilt insbesondere<br />
dann, wenn eine Anpassung an<br />
ein anderes Klima und an die<br />
zumeist damit verbundene Zeitverschiebung<br />
(anderer Kontinent)<br />
notwendig ist. Zur Akklimatisierung<br />
an hohe Temperaturen ist es<br />
empfehlenswert, daß sich die<br />
Spielerinnen und Spieler mehrmals<br />
am Tage körperlich mittelmäßig<br />
belasten.<br />
Auch die Unterkunft sollte so<br />
gewählt werden, daß keine ungewohnten<br />
und unnötigen Belastungen<br />
auftreten.<br />
Besonderes Augenmerk ist auf die<br />
Ernährung zu richten (s. S. 243).<br />
214
Wettkampfvorbereitung<br />
Wenn möglich, sollte für eine ärztliche<br />
und physiotherapeutische<br />
Betreuung gesorgt werden.<br />
Als nächstes gilt es, die äußeren<br />
Wettkampfbedingungen zu erkunden<br />
(Platz-, Boden- und Lichtverhältnisse<br />
u.a., im Freien bzw. in<br />
der Halle). Wenn die Anreise frühzeitig<br />
erfolgt, sollte man diese<br />
Wettkampfbedingungen im Rahmen<br />
eines Trainings kennenlernen.<br />
Im Rahmen dieses Trainings können<br />
auch spezifische technisch/<br />
taktische Gesichtspunkte berücksichtigt<br />
werden, die im Hinblick<br />
auf die Stärken und Schwächen<br />
des Gegners festgelegt werden.<br />
Außerdem kann man sich auf die<br />
festgelegte Ballmarke einstellen<br />
und eventuell die für Boden und<br />
Ball angemessene Härte der<br />
Bespannung erproben. Schließlich<br />
kann - insbesondere bei jüngeren<br />
Spielern - zu den Betreuungsaufgaben<br />
auch gehören, die Freizeit<br />
sinnvoll zu gestalten.<br />
Direkte Wettkampfvorbereitung<br />
Ziel der direkten Wettkampfvorbereitung<br />
ist es, einen optimalen<br />
Vorstartzustand mit mittlerer Aktivierung<br />
(s. S. 191) zu erreichen,<br />
um alle individuellen Leistungsvoraussetzungen<br />
im Wettkampf voll<br />
einsetzen zu können. Je nach<br />
Spielbeginn sind die einzelnen<br />
Aktivitäten dieser Vorbereitung<br />
zeitlich aufeinander abzustimmen.<br />
Im folgenden ist der zeitliche Rahmen<br />
für zwei Beispiele angegeben.<br />
Spielbeginn 9.00 Uhr<br />
6.00 Aufstehen<br />
6.15 Lockeres Laufen,<br />
Gymnastik<br />
6.40 Frühstück<br />
7.10 Aufbruch zur Wettkampfstätte<br />
7.30 Training<br />
8.10 Entspannung, Erholung<br />
8.30 Materielle Vorbereitung<br />
8.40 Letztes Aufwärmen vor<br />
dem Wettkampf<br />
8.50 Mentale und psychoregulative<br />
Vorbereitung<br />
9.00 Einschlagen<br />
Spielbeginn 13.00 Uhr<br />
7.30 Aufstehen<br />
7.45 Lockeres Laufen,<br />
Gymnastik<br />
8.30 Frühstück<br />
9.10 Aufbruch zur Wettkampfstätte<br />
9.30 Training<br />
10.45 Letzte Mahlzeit<br />
11.15 Entspannung, Erholung<br />
12.15 Materielle Vorbereitung<br />
12.30 Letztes Aufwärmen vor<br />
dem Wettkampf<br />
12.50 Mentale und psychoregulative<br />
Vorbereitung<br />
13.00 Einschlagen<br />
Dieser zeitliche Rahmen soll als<br />
Leitlinie gelten, der sich je nach<br />
den Wettkampfbedingungen und<br />
persönlichen Eigenheiten der<br />
Spielerinnen und Spieler verändert.<br />
Dies gilt insbesondere für<br />
die Reihenfolge und den zeitlichen<br />
Umfang der einzelnen<br />
Abschnitte.<br />
Im folgenden seien einige dieser<br />
Abschnitte näher beleuchtet. Die<br />
Betreuung besteht dabei darin, zur<br />
zweckmäßigen Gestaltung dieser<br />
Abschnitte beizutragen.<br />
Aufstehen<br />
Aus physiologischen Gründen<br />
sollte man mindestens etwa 3 bis<br />
4 Stunden vor dem Wettkampf<br />
aufstehen. Diese Zeit wird auch<br />
für eine ausreichende direkte<br />
Wettkampfvorbereitung benötigt.<br />
Vorsicht ist deshalb bei einem<br />
Mittagsschlaf geboten, da man<br />
danach im allgemeinen beiden<br />
Forderungen nicht mehr gerecht<br />
werden kann.<br />
Aufwärmen<br />
Mit dem systematischen Aufwärmen<br />
werden zwei Ziele verbunden:<br />
• Leistungsvoraussetzungen<br />
sollen verbessert werden<br />
• Verletzungen soll vorgebeugt<br />
werden<br />
Der hauptsächliche Effekt des Aufwärmens<br />
besteht in der Erhöhung<br />
der Körpertemperatur und der<br />
Freigabe von Wärme. Die Freigabe<br />
von Wärme bewirkt eine<br />
Vielzahl von Prozessen:<br />
• Die intrazelluläre Reibung wird<br />
vermindert und die Gleitfähigkeit<br />
der Muskulatur erhöht; dies<br />
wirkt verletzungsvorbeugend.<br />
• Durch die verbesserte Gleitfähigkeit<br />
der Muskulatur ergibt<br />
sich eine Verbesserung der koordinativen<br />
Leistungsfähigkeit.<br />
• Die Freigabe von Wärme führt<br />
vor allem auch zu einer Verbesserung<br />
der physiologischen Leistungsfähigkeit.<br />
Die Gründe für diese positiven Effekte<br />
sind folgende: Der Kreislauf<br />
wird angeregt; die Stoffwechselprozesse<br />
in der Zelle werden<br />
beschleunigt; das Zentralnervensystem<br />
wird aktiviert, was zur<br />
Erhöhung der Konzentrationsfähigkeit<br />
und der Motivation beiträgt;<br />
leistungssteigernde Hormone<br />
(Adrenalin und Noradrenalin)<br />
werden ausgeschüttet.<br />
Da das wichtigste Ziel des Aufwärmens<br />
darin besteht, die gesamte<br />
Muskulatur mit Blut zu versorgen,<br />
müssen die Formen des Aufwärmens<br />
über die sportartspezifischen<br />
Anforderungen hinausreichen. Das<br />
Aufwärmen besteht deshalb nicht<br />
nur aus den schlagtechnischen<br />
Übungen, sondern auch aus speziellen<br />
Übungen außerhalb des <strong>Tennis</strong>platzes<br />
in der Abfolge: Einlau-<br />
215
Wettkam pf betreu u ng<br />
fen, allgemeines Lockern und<br />
Dehnen, Belasten durch Steigerungsläufe,<br />
Durchführung von<br />
spezifischen Dehnübungen (Stretching),<br />
Auslaufen.<br />
Das Aufwärmen außerhalb des<br />
Techniktrainings soll bezüglich der<br />
Dauer mindestens 10 bis 15 Minuten<br />
in Anspruch nehmen. Die Intensität<br />
soll etwa 60% der maximalen<br />
Leistungsfähigkeit nicht<br />
übersteigen, d.h., einerseits soll<br />
die Herzfrequenz nicht über 160<br />
pro Minute betragen, andererseits<br />
sollen die Spielerinnen und Spieler<br />
möglichst zum Schwitzen kommen.<br />
Spezifische Einflußgrößen des Aufwärmens<br />
können z.B. sein: Kurzfristigkeit<br />
der Spielansetzung, meteorologische<br />
Bedingungen, Trainingszustand<br />
oder zeitlicher Abstand<br />
zum vorherigen Wettkampf.<br />
Vor allem zu berücksichtigen ist,<br />
daß das Aufwärmen systematisch<br />
gelernt werden muß, wenn es<br />
gezielt eingesetzt werden soll. Das<br />
Intervall zwischen dem letzten<br />
Aufwärmen und dem Spielbeginn<br />
soll nicht mehr als 10 bis 15 Minuten<br />
betragen; mit trockener und<br />
wärmender Kleidung muß der<br />
Aufwärmeffekt erhalten werden.<br />
Training<br />
Im Training sollten zunächst alle<br />
wichtigen Schläge (insbesondere<br />
im Hinblick auf die Stärken des<br />
Spielers bzw. der Spielerin) systematisch<br />
durchgespielt werden.<br />
Gegebenenfalls können als Vorbereitung<br />
auf das geplante taktische<br />
Konzept noch spezifische Schläge<br />
und Schlagkombinationen geübt<br />
werden. Zum Abschluß des Trainings<br />
sollen je nach der zur Verfügung<br />
stehenden Zeit und dem<br />
zeitlichen Abstand zum Beginn<br />
des angesetzten Matches einige<br />
Spiele (z. B. je zwei Aufschlagspiele)<br />
durchgespielt werden.<br />
Materielle Vorbereitung<br />
Sie besteht darin, daß insbesondere<br />
folgende Materialien zusammengestellt<br />
und gegebenenfalls<br />
kontrolliert werden: Wärmekleidung,<br />
Wettkampfkleidung, Schläger,<br />
Elastocross, Griffband, Handtuch,<br />
Ersatzhemd(en), Ersatzhandtuch,<br />
Schweißbänder, Wettkampfnahrung,<br />
Mineralgetränk.<br />
Mentale<br />
und psychoregulative<br />
Vorbereitung<br />
In der letzten Phase vor dem Gang<br />
zum Platz gilt es schließlich, den<br />
individuell optimalen Aktivierungszustand<br />
zu erreichen: Bei zu niedriger<br />
Aktivierung ist es notwendig,<br />
sich zu mobilisieren, ohne zu verkrampfen;<br />
bei zu hoher Aktivierung<br />
gilt es, sich zu entspannen,<br />
ohne sich zu bremsen. Die entsprechenden<br />
Mobilisations- bzw.<br />
Entspannungsübungen sollten<br />
(im Sinne einer mentalen Vorbereitung)<br />
mit einer Wiederholung<br />
der für das bevorstehende Match<br />
entwickelten taktischen Überlegungen<br />
verbunden werden.<br />
Unter Umständen kann dabei der<br />
Betreuer behilflich sein.<br />
Abb. 125 Coaching beim Doppel<br />
Einschlagen<br />
Das Einschlagen dient in erster<br />
Linie dazu, ein sportartspezifisches<br />
Aufwärmen kurz vor dem Match<br />
durchzuführen und den eigenen<br />
Bewegungsrhythmus zu finden.<br />
Hierzu sollten die Schläge an der<br />
Grundlinie und am Netz sowie der<br />
Aufschlag (nebst Return) in muskulär<br />
entspannter, jedoch psychisch<br />
konzentrierter Weise durchgespielt<br />
werden. Erst in zweiter<br />
Linie sollte man versuchen, sich<br />
auf den Gegenspieler einzustellen.<br />
Da die Einschlagzeit begrenzt ist,<br />
sollte genau ausgewählt werden,<br />
welche Schläge vorwiegend zu<br />
üben sind. Keinesfalls sollte der<br />
Aufschlag vernachlässigt werden.<br />
Betreuung<br />
im Wettkämpf<br />
Die Betreuung im Wettkampf (das<br />
Coaching) hat - soweit es zugelassen<br />
ist- im wesentlichen zwei<br />
übergeordnete Funktionen:<br />
• Bei der passiven Fremdbeeinflussung<br />
genügt es, wenn der<br />
Coach auf der Bank sitzt und<br />
216
Betreuung im Wettkampf<br />
dem Spieler das Gefühl gibt, im<br />
Match nicht allein zu sein, d. h.,<br />
gegebenenfalls Blickkontakt zu<br />
ihm aufnehmen zu können, sich<br />
bei vermeintlichen oder tatsächlichen<br />
Fehlentscheidungen<br />
an ihn wenden zu können und<br />
beim Seitenwechsel sich aussprechen<br />
(»abreagieren«) zu<br />
können. Die Tätigkeiten des<br />
Coachs beschränken sich z.B.<br />
auf das Reichen von Getränken<br />
und des Handtuchs sowie auf<br />
lobende oder ermunternde<br />
Bemerkungen.<br />
• Bei der aktiven Fremdbeeinflussung<br />
versucht der Coach (über<br />
den Blickkontakt während des<br />
Spielgeschehens hinaus) während<br />
der Pause beim Seitenwechsel<br />
technische und taktische<br />
Hinweise zu geben und<br />
motivationale Zustände und<br />
Prozesse des Spielers zu verstärken<br />
oder (was weit häufiger der<br />
Fall ist) zu korrigieren, also ihn<br />
zu beruhigen, zu ermuntern,<br />
anzuspornen usw.<br />
Voraussetzungen des<br />
Betreuers und des Coachings<br />
Insbesondere im Hinblick auf die<br />
Zielsetzungen der aktiven Fremdbeeinflussung<br />
ist es wichtig, daß<br />
der Coach spezifische Voraussetzungen<br />
mit sich bringt, um diese<br />
Zielsetzungen erreichen zu können.<br />
Solche Voraussetzungen sind:<br />
• Der Coach muß vom Spieler<br />
akzeptiert sein. Es ist günstig,<br />
wenn sich beide zumindest<br />
sympathisch sind, damit in<br />
möglichen Belastungssituationen<br />
keine Konflikte entstehen,<br />
die durch allgemeine Spannungen<br />
zwischen Spieler und<br />
Coach verstärkt werden.<br />
• Der Coach sollte den Spieler<br />
möglichst gut kennen, vor<br />
allem seine spieltechnischen<br />
und taktischen Eigenheiten und<br />
Möglichkeiten, seine Motivationen,<br />
sein Temperament und<br />
seine Fähigkeit, physische und<br />
psychische Belastungen verarbeiten<br />
zu können.<br />
• Um den Spieler im aktuellen<br />
Wettkampf geschehen angemessen<br />
beurteilen zu können,<br />
muß der Coach über Einfühlungsvermögen<br />
und Beobachtungskompetenz<br />
verfügen.<br />
• Der Coach sollte weitreichende,<br />
tennisspezfische Kenntnisse<br />
über Technik, Taktik und Wettkampfpsychologie<br />
haben und<br />
selbst über einschlägige, langjährige<br />
Erfahrungen als Wettkampfspieler<br />
verfügen, wobei<br />
die Höhe des eigenen Leistungsniveaus<br />
von sekundärer<br />
Bedeutung ist.<br />
• Da das Coaching als Interaktion<br />
zwischen Coach und Spieler<br />
aufzufassen ist, sollte auch<br />
berücksichtigt werden, daß es<br />
eingespielt sein sollte, d.h., die<br />
verschiedenen Formen der<br />
Interaktion müssen im Training<br />
und Wettkampf erlernt und stabilisiert<br />
werden.<br />
• Diese Voraussetzungen zu erbringen<br />
und im Wettkampf<br />
zu realisieren ist nur möglich,<br />
wenn der Coach selbst ein<br />
hohes Engagement aufbringt.<br />
Im folgenden soll am Beispiel der<br />
Betreuung eines Spielers bzw.<br />
einer Spielerin im Einzel auf die<br />
verschiedenen Formen der aktiven<br />
Fremdbeeinflussung (technische<br />
Hinweise, taktische Hinweise,<br />
motivationale Betreuung) eingegangen<br />
werden. Verwiesen sei hier<br />
am Rande darauf, daß im Rahmen<br />
der passiven Fremdbeeinflussung<br />
die Ernährung während des Wettkampfes<br />
(und hier vor allem die<br />
Gesichtspunkte zum Ausgleich der<br />
Mineralien- und Wasserbilanz)<br />
eine besonders wichtige Rolle<br />
spielt.<br />
Technische Hinweise<br />
Hinweise, die die Technik der zu<br />
betreuenden Spieler betreffen,<br />
sollten so spärlich wie möglich<br />
erfolgen; insbesondere sollten<br />
Korrekturen vermieden werden,<br />
die sich auf die Hauptaktion der<br />
jeweiligen Technik beziehen, da<br />
solche Korrekturen vom Spieler<br />
aufgrund der großen Stabilität<br />
der Hauptaktion kaum umgesetzt<br />
werden können. Allerdings kann<br />
es sein, daß unter der Wettkampfbelastung<br />
einige Hilfsaktionen<br />
(vgl. hierzu auch <strong>Tennis</strong>-<strong>Lehrplan</strong><br />
<strong>Band</strong> 1) aktuelle Mängel aufweisen,<br />
die korrigiert werden können.<br />
Tips wie z. B. »beweg dich mehr«,<br />
»stell dich seitlicher«, »geh mehr<br />
in die Knie«, »schau den Ball beim<br />
Hochwerfen länger an« können<br />
zumeist umgesetzt werden. Zu<br />
berücksichtigen ist jedoch, ob der<br />
Spieler aufgrund seines Alters,<br />
seiner Erfahrungen und seiner<br />
motorischen Flexibilität hierzu in<br />
der Lage ist.<br />
Taktische Hinweise<br />
Zentraler Bestandteil des Coachings<br />
ist es, angemessene taktische<br />
Hinweise zu geben (s. auch Kapitel<br />
Taktiktraining). Dabei ist es von<br />
Beginn des Spiels an wichtig, nicht<br />
nur den zu betreuenden Spieler,<br />
sondern auch den Gegenspieler<br />
genau zu beobachten und die<br />
jeweiligen Stärken und Schwächen<br />
zu analysieren. Bewährt sich die<br />
abgesprochene Taktik, dann sollte<br />
der Spieler entsprechend bestärkt<br />
werden. Bewährt sie sich jedoch<br />
nicht, dann ist (spätestens nach<br />
verlorenem Satz) zu prüfen, ob die<br />
Taktik zu ändern ist. Dabei ist insbesondere<br />
zu berücksichtigen, ob<br />
der zu betreuende Spieler auch in<br />
der Lage ist, die mögliche neue<br />
Taktik umzusetzen (oder ob er<br />
217
Wettkampfbetreuung<br />
hierbei überfordert ist) und wie<br />
der Gegenspieler wohl auf die<br />
Veränderung reagieren wird.<br />
Grundsätzlich sollte auch bedacht<br />
werden, daß ein allzu häufiges<br />
Ändern der Taktik gegebenenfalls<br />
weniger den Gegenspieler, dafür<br />
um so mehr den eigenen Spieler<br />
verwirrt.<br />
Motivationale<br />
Betreuung<br />
Die motivationale Betreuung<br />
hängt zunächst vom Spielverlauf<br />
und vom Spielstand ab. Läuft das<br />
Spiel erfolgreich, dann sollte der<br />
Spieler durch Lob und Zustimmung<br />
unterstützt werden. Gegebenenfalls<br />
sollte er aber zusätzlich<br />
noch davor gewarnt werden, den<br />
Gegner zu unterschätzen und die<br />
Führung leichtfertig aufs Spiel zu<br />
setzen. Liegt der Spieler zurück,<br />
dann ist zu prüfen, wo die Ursachen<br />
hierfür liegen. Häufig wird<br />
nämlich hierbei vom Spieler (und<br />
vom Coach) übersehen, daß die<br />
Leistungsmöglichkeiten des Gegenspielers<br />
einfach größer sind. Ist<br />
dies nicht der Fall, dann ist zu prüfen,<br />
ob taktische Mängel zu beheben<br />
sind, ob keine mittlere Aktivierung<br />
gegeben ist, d. h., ob man<br />
dem Spieler helfen muß, sich zu<br />
mobilisieren oder sich zu entspannen,<br />
ob der Spieler Konzentrationsmängel<br />
aufweist oder ob es an der<br />
richtigen Wettkampfeinstellung<br />
mangelt (s. Kapitel Psychologische<br />
Grundlagen, S. 181).<br />
Stellt die aktuelle Leistungsmotivation<br />
das Hauptproblem dar, dann<br />
soll berücksichtigt werden, ob der<br />
Spieler eher »erfolgsmotiviert«<br />
oder eher »mißerfolgsmotiviert«<br />
ist (s. S. 187). Da Erfolgszuversichtliche<br />
den Mißerfolg eher auf<br />
äußere (personexterne) Faktoren<br />
zurückführen, muß man ihnen<br />
klarmachen, daß sie auch selbst<br />
dafür verantwortlich sind und<br />
(gegebenenfalls in deutlichem Ton)<br />
entsprechende Anweisungen geben.<br />
Da Mißerfolgsängstliche den<br />
Mißerfolg eher auf personinterne<br />
Faktoren zurückführen, muß man<br />
ihre guten Leistungen betonen<br />
und entsprechend loben, während<br />
man für Verlustpunkte auch<br />
äußere Faktoren verantwortlich<br />
machen soll, insbesondere die<br />
Stärke des Gegners. Zwischen diesen<br />
beiden Begründungen soll so<br />
abgewogen werden, daß die<br />
aktuelle Erfolgszuversichtlichkeit<br />
zunehmend gegenüber der Mißerfolgsängstlichkeit<br />
dominiert.<br />
Allerdings darf der Einfluß dieser<br />
motivationalen Betreuung nicht<br />
überschätzt werden, da die beiden<br />
Teilkomponenten der Leistungsmotivation,<br />
die »Erfolgszuversichtlichkeit«<br />
und die »Mißerfolgsängstlichkeit«,<br />
relativ stabile Persönlichkeitsmerkmale<br />
und schwer<br />
zu verändern sind.<br />
Betreuungsmaßnahmen<br />
beim<br />
Seitenwechsel<br />
Beim Seitenwechsel stehen vom<br />
Ende des letzten Punktes bis zum<br />
nächsten Aufschlag 90 Sekunden<br />
zur Verfügung; diese wichtige Zeit<br />
der Spielpause kann in Anlehnung<br />
an das Konzept der »Pause zwischen<br />
den Ballwechseln« (s. S. 196)<br />
in 6 Phasen eingeteilt werden:<br />
GUEBSU<br />
Zunächst soll sich der Spieler<br />
genügend Zeit nehmen, sich abzutrocknen,<br />
zu trinken und (als<br />
Reaktion auf den vorausgegangenen<br />
Ballwechsel bzw. auf das<br />
letzte Spiel) sich auszusprechen<br />
und »Dampf abzulassen«.<br />
\mms<br />
Dann soll sich der Spieler gezielt<br />
entspannen und regenerieren,<br />
wobei ein bequemer und der Entspannungshaltung<br />
angemessener<br />
Stuhl benützt werden sollte. Die<br />
Beine sind auszustrecken. Zu<br />
Beginn der Entspannung können<br />
tiefe und gleichmäßige Atemübungen<br />
durchgeführt werden,<br />
denn eine solche Atemsuggestion<br />
führt schneller zum Entspannungszustand.<br />
flJE£©§<br />
Im zweiten Teil der Entspannung<br />
soll der Spieler sich gedanklich<br />
bereits auf die Aktionen nach dem<br />
Seitenwechsel vorbereiten. Dabei<br />
soll er vom Coach durch Ratschläge,<br />
gegebenenfalls auch<br />
durch Anweisungen unterstützt<br />
werden.<br />
msäQl<br />
Am Ende der Zeit auf der Bank<br />
und beim Gang zur Grundlinie<br />
folgt eine kurzzeitige Anspannung<br />
(Mobilisation), eventuell verbunden<br />
mit formelhaften Vorsätzen,<br />
die der Spieler gedanklich oder<br />
leise ausspricht, um aktiviert wieder<br />
ins Spiel eintreten zu können.<br />
(JGEBSÖ<br />
Kurz vor der Grundlinie erfolgt die<br />
konkrete gedankliche Vorbereitung<br />
auf den nächsten Ballwechsel,<br />
insbesondere auf den Aufschlag<br />
bzw. auf den Return.<br />
IMiECßßl<br />
Die Pause wird in der Ausgangsstellung<br />
mit der Konzentration auf<br />
den Aufschlag bzw. Return abgeschlossen.<br />
218
Betreuung nach dem Wettkampf<br />
Die zeitliche Gestaltung dieser<br />
sechs Phasen kann individuell<br />
unterschiedlich sein; sie hängt auch<br />
vom vergangenen Spiel bzw. vom<br />
Spielstand ab.<br />
Zum Verhalten<br />
des Betreuers<br />
Da das Verhalten des Betreuers<br />
während der Pause beim Seitenwechsel,<br />
während der Ballwechsel<br />
und während der Pausen nach<br />
den einzelnen Ballwechseln sehr<br />
wichtig ist, wird im folgenden<br />
noch darauf eingegangen:<br />
• Das Sprechen während des Seitenwechsels<br />
ist zunächst an den<br />
zeitlichen Bedingungen dieser<br />
Pause auszurichten. Deshalb<br />
soll (in der Phase 3) möglichst<br />
wenig gesagt werden, das<br />
Wesentliche ist hervorzuheben.<br />
Der vorgeschlagene Ablauf<br />
der Pause legt es nahe, sich<br />
mit dem eigenen Sprechen<br />
zunächst zurückzuhalten, was<br />
manchem Betreuer schwerfällt.<br />
• Sind sich Spieler und Betreuer<br />
über die taktischen Maßnahmen<br />
nicht einig, dann soll der<br />
Betreuer nicht versuchen, sich<br />
stets dominant durchzusetzen.<br />
Denn der Spieler könnte<br />
anschließend dazu neigen, dem<br />
Betreuer nachzuweisen, daß<br />
dieser doch im Unrecht gewesen<br />
ist. Im umgekehrten Sinne,<br />
d.h., wenn der Betreuer dem<br />
Spieler zugesteht, seine eigenen<br />
Ideen umzusetzen, dieser jedoch<br />
damit scheitert, müßte der<br />
Spieler (dem Betreuer) zugestehen,<br />
daß er selbst im Unrecht<br />
war, was eine günstige Voraussetzung<br />
für das Akzeptieren<br />
zukünftiger Ratschläge darstellt.<br />
Grundsätzlich gilt jedoch, daß<br />
das langfristige Ziel des Coachings<br />
darin besteht, den Spieler<br />
von der aktiven Fremdbeeinflussung<br />
durch den Betreuer<br />
unabhängig zu machen.<br />
• Ein spezielles Problem des<br />
Coachings besteht in der Frage,<br />
wie sich der Betreuer bei Fehlentscheidungen<br />
des Schiedsrichters<br />
verhalten soll. Soll er<br />
protestieren oder sich passiv<br />
verhalten? Da jeder Spieler mit<br />
etwa drei Fehlentscheidungen<br />
im Match rechnen muß und<br />
sich diese normalerweise auf<br />
beide Spieler gleichmäßig verteilen,<br />
soll der zu betreuende<br />
Spieler darauf vorbereitet werden,<br />
sie ohne Protest und ohne<br />
Streß verarbeiten zu können.<br />
Sollte dieses Maß überschritten<br />
werden und insbesondere zuungunsten<br />
des eigenen Spielers<br />
verteilt sein, dann soll der<br />
Betreuer (insbesondere bei wichtigen<br />
Spielständen) eingreifen.<br />
• Auch für den Coach stellt das<br />
Wettkampfgeschehen häufig<br />
eine große psychische Belastung<br />
dar, die er nicht durch<br />
eigene motorische Aktivitäten<br />
(wie der Spieler) verarbeiten<br />
kann. Manche Betreuer haben<br />
sich hierbei so wenig unter<br />
Kontrolle, daß sie sich nach<br />
Verlustpunkten ihrer Spieler<br />
entsprechend verhalten, d.h.<br />
beispielsweise, sich demonstrativ<br />
an den Kopf fassen oder sich<br />
verbal negativ äußern. Ein solches<br />
Verhalten kann sich - unabhängig<br />
von der Frage, ob es<br />
der Rolle eines Betreuers angemessen<br />
ist - zusätzlich negativ<br />
auf den Spieler auswirken. Deshalb<br />
soll der Coach gegebenenfalls<br />
selbst psychoregulative<br />
Maßnahmen ergreifen, um<br />
einen ruhigen und zuversichtlichen<br />
Eindruck zu machen, was<br />
sich auf den Spieler übertragen<br />
kann. Andererseits darf der<br />
Betreuer auch nicht so auf der<br />
Bank sitzen, daß er einen<br />
gelangweilten Eindruck macht<br />
und dem Spieler die Vermutung<br />
nahelegt, er würde sich für<br />
seine Aufgabe nicht ausreichend<br />
engagieren.<br />
Betreuung nach<br />
dem Wettkampf<br />
Die Betreuung nach dem Wettkampf<br />
muß sich in erster Linie am<br />
Verlauf des Wettkampfes (bezüglich<br />
seiner Länge und seiner Dramatik)<br />
und an seinem Ausgang<br />
ausrichten. Je größer die physischen<br />
und psychischen Belastungen<br />
waren, desto umfangreicher<br />
und intensiver muß auch die<br />
Regenerationsphase sein.<br />
Physische<br />
Regeneration<br />
Zur physischen Regeneration<br />
empfiehlt sich, nach dem Wettkampf<br />
10 bis 15 Minuten auszulaufen<br />
oder (wenn möglich) 15 bis<br />
30 Minuten locker Bälle zu schlagen.<br />
Dieses erneute aktive Aufwärmen<br />
ist eine wichtige Voraussetzung<br />
für eine schnellere Regeneration,<br />
da aufgrund der dadurch<br />
noch fortbestehenden verstärkten<br />
Durchblutung Stoffwechselschlacken<br />
schneller aus der Muskulatur<br />
entfernt werden.<br />
Beim passiven Aufwärmen in Form<br />
einer heißen Dusche, eines warmen<br />
Bades oder von ein bis zwei<br />
kurzen Saunagängen kommt es<br />
weniger zu einer gesteigerten<br />
Durchblutung der Muskulatur,<br />
mehr dagegen zu einer starken<br />
Durchblutung der Haut und zur<br />
Schweißabgabe. Hierdurch wird<br />
überschüssige Wärme abgegeben,<br />
außerdem ist das passive Aufwär-<br />
219
Wettkam pfbetreuung<br />
220
Weiterführende Betreuung<br />
men auch als psychohygienische<br />
Maßnahme zu verstehen, die zu<br />
einer physischen und psychischen<br />
Entspannung führt, ähnlich auch<br />
bei Massagen.<br />
Hinzu kommt, daß sie den Wiederherstellungsprozeß<br />
der Muskeln<br />
beschleunigen.<br />
Psychologische<br />
Betreuung<br />
Was die psychologische Betreuung<br />
nach dem Wettkampf betrifft, so<br />
hängt sie zunächst im wesentlichen<br />
vom Ausgang des Wettkampfs<br />
ab. Nach einem Sieg ist<br />
normalerweise Zustimmung und<br />
Lob angebracht. Gegebenenfalls<br />
kann auch Kritisches hinzugefügt<br />
werden, wenn der Sieg trotz Mängel<br />
im Spiel zustande kam und<br />
euphorische, irreale Selbstbeurteilungen<br />
sowie falsche Zielsetzungen<br />
zu korrigieren sind. Nach<br />
seiner Niederlage soll der Spieler<br />
zunächst beruhigt und getröstet<br />
werden, sofern sein psychischer<br />
Zustand dies erfordert. In einem<br />
solchen Falle soll die gemeinsame<br />
Spielanalyse erst dann erfolgen,<br />
wenn sich der Spieler so weit<br />
beruhigt hat, daß seine Selbstbeurteilung<br />
nicht allzu subjektiv ist,<br />
d. h., nicht allzu sehr von seinen<br />
Emotionen bestimmt wird. Dann<br />
ist zu prüfen, inwieweit die Niederlage<br />
als Mißerfolg zu bewerten<br />
ist, d.h., daß realistische Zielsetzungen<br />
nicht erreicht wurden -<br />
denn eine Niederlage gegen einen<br />
überlegenen Gegner kann auch<br />
dann als Erfolg gewertet werden,<br />
wenn der Spieler aus seiner und<br />
des Betreuers Sicht gut gespielt<br />
hat.<br />
Bei der Beurteilung der Niederlage<br />
als Mißerfolg ist wiederum zu<br />
berücksichtigen, ob es sich bei dem<br />
zu betreuenden Spieler eher um<br />
einen »Erfolgsmotivierten« oder<br />
eher um einen »Mißerfolgsmotivierten«<br />
handelt, da hierdurch die<br />
Ursachenzuschreibung (Kausalattribuierung)<br />
wesentlich beeinflußt<br />
wird (s. S. 187). Da Erfolgszuversichtliche<br />
die Verantwortung für<br />
den Mißerfolg eher auf äußere<br />
Ursachen abschieben, muß man<br />
ihnen klarmachen, daß sie sich<br />
auch selbst dafür verantwortlich<br />
fühlen sollten, um fruchtbare<br />
Konsequenzen ableiten zu können.<br />
Da Mißerfolgsängstliche dazu<br />
neigen, sich allein für den Mißerfolg<br />
verantwortlich zu machen,<br />
muß man ihnen gegenüber ihre<br />
guten Leistungen betonen und<br />
deutlich machen, daß auch äußere<br />
Faktoren (z. B. die Stärke des Gegners)<br />
für die Niederlage heranzuziehen<br />
sind, so daß eine positive<br />
Motivierung für das zukünftige<br />
Training und die nächsten Wettkämpfe<br />
möglich wird.<br />
Unabhängig davon, ob ein Sieg<br />
oder eine Niederlage analysiert<br />
werden, empfiehlt es sich für den<br />
Betreuer, durch einen Kollegen<br />
oder anderen Spielern gelegentlich<br />
eine objektive Wettkam pfbeobachtung<br />
(s. S. 237) durchführen<br />
zu lassen, da sie die sachliche Auseinandersetzung<br />
mit dem Spieler<br />
wesentlich unterstützt und sowohl<br />
für den Spieler als auch für den<br />
Betreuer wichtige Informationen<br />
als Grundlage für das Training<br />
bzw. für die Vorbereitung auf den<br />
nächsten Wettkampf liefern kann.<br />
Betreuung bei<br />
mehreren<br />
Wettkämpfen an<br />
einem Tag<br />
Beim Turnier ergeben sich oft<br />
Planungsprobleme, wenn<br />
• der Spielbeginn sich wesentlich<br />
verzögert,<br />
• Spiele wegen Regens unterbrochen<br />
werden,<br />
• mehrere Wettkämpfe (z. B. zwei<br />
Einzel und ein Doppel) an<br />
einem Tag zu absolvieren sind.<br />
In solchen Fällen müssen die bisher<br />
beschriebenen Betreuungsmaßnahmen<br />
(insbesondere die<br />
direkte Wettkampfvorbereitung<br />
und die Betreuung nach dem Wettkampf)<br />
den aktuellen Bedingungen<br />
angepaßt werden. Besonderer<br />
Wert ist auch auf die richtige<br />
Ernährung zu legen (s. S. 243).<br />
Weiterführende<br />
Betreuung<br />
Je mehr sich die Betreuung auf<br />
mehrere Wettkämpfe bezieht und<br />
sich diese z. B. über ein oder mehrere<br />
Turniere hinweg erstrecken,<br />
desto umfassender werden die<br />
Aufgaben des Betreuers. Sie können<br />
dann auch Aufgaben enthalten<br />
wie Reservierung von Trainingsplätzen,<br />
Hotel- und Flughafenbuchungen,<br />
Gespräche mit<br />
Vertragspartnern u.a. Die Rolle<br />
des Betreuers geht dann über in<br />
eine komplexe Rolle, in der er die<br />
Aufgaben eines Trainers, eines<br />
Managers, einer privaten Bezugsperson<br />
und (vor allem bei jugendlichen<br />
Turnierspielerinnen und<br />
-Spielern) auch diejenigen eines<br />
Pädagogen wahrzunehmen hat.<br />
221
Sportmedizinische<br />
Aspekte<br />
Sportmedizinische<br />
Betreuung<br />
<strong>Tennis</strong> als Breitensport unterscheidet<br />
sich bezüglich Trainingszustand,<br />
Motivation und Leistungsziel<br />
erheblich vom Leistungssport.<br />
Folglich differieren Belastungsumfang<br />
und -intensität beträchtlich<br />
zwischen Leistungssport und Breitensport.<br />
Hieraus ergeben sich<br />
unterschiedliche Konsequenzen in<br />
der sportmedizinischen Beurteilung<br />
der Belastungsfähigkeit der<br />
Sporttreibenden sowie in der Art<br />
der sportärztlichen Betreuung.<br />
Betreuung<br />
im Breitensport<br />
Für den am Breitensport orientierten<br />
<strong>Tennis</strong>spieler hat die sportärztliche<br />
Untersuchung das Ziel, sämtliche<br />
bestehenden gesundheitlichen<br />
Schäden oder Erkrankungen<br />
zu erfassen, um sich auf dieser<br />
Basis über Art und Umfang der<br />
tennisspezifischen Belastungen<br />
beraten zu lassen. Dies trifft für alle<br />
Breitensportler zu, die im mittleren<br />
oder höheren Lebensalter mit <strong>Tennis</strong><br />
beginnen wollen, sowie für alle<br />
Seniorenspieler- und Spielerinnen,<br />
die <strong>Tennis</strong>turniere (vorrangig in<br />
Mannschaften) bestreiten. Aus<br />
präventivmedizinischer Sicht sind<br />
ausführliche Hinweise auf eine<br />
gesunde Lebensführung (richtige<br />
Ernährung, ausreichende Regeneration,<br />
Vermeidung von Nikotin<br />
und erheblichem Alkoholkonsum<br />
usw.) von gleicher Bedeutung wie<br />
einzelne Details zu Qualität und<br />
Quantität der sportlichen Betätigung<br />
selbst.<br />
Betreuung<br />
im Leistungssport<br />
Beim Leistungssport betreibenden<br />
<strong>Tennis</strong>spieler hat die sportärztliche<br />
Betreuung den Zweck, die<br />
Leistungsentwicklung optimal zu<br />
unterstützen, das Auftreten von<br />
Krankheiten zu verhüten und<br />
Verletzungen bzw. Erkrankungen<br />
optimal zu behandeln. In Zusammenarbeit<br />
mit Spieler und Trainer<br />
wird auch versucht, Überbeanspruchungen<br />
und hieraus resultierende<br />
Einschränkungen von<br />
Gesundheit und Leistungsfähigkeit<br />
zu verhüten. Letzteres ist häufig<br />
nur mittels kontinuierlicher Kontrolle<br />
von Trainingsumfang und -<br />
intensität möglich. Damit stellt die<br />
sportmedizinische Unterstützung<br />
bei der Trainingssteuerung ein<br />
wichtiges Mittel für die optimale<br />
Leistungsentwicklung dar und bietet<br />
zugleich einen wirkungsvollen<br />
Schutz vor Überlastungsschäden<br />
im <strong>Tennis</strong>.<br />
Spieler und Spielerinnen der nationalen<br />
und internationalen Spitzenklasse<br />
müssen folglich im Jahr<br />
mindestens einmal sportärztlich<br />
untersucht und darüber hinaus<br />
mehrfach sportmedizinisch betreut<br />
werden.<br />
Vor Aufnahme des Leistungssports<br />
und eines entsprechenden Trainings<br />
erfolgt eine Gesundheitsuntersuchung<br />
auf der Grundlage des<br />
vom Bundesausschuß für Leistungssport<br />
(BAL) herausgegebenen,<br />
derzeitig gültigen Untersuchungsbogens<br />
für Kader-Athleten.<br />
Bei dieser sportmedizinischen Eignungsuntersuchung<br />
sollen körperliche<br />
Schwachstellen, latente<br />
Erkrankungen oder Körperschäden<br />
erkannt und ihre Auswirkungen<br />
auf die Gesundheit der <strong>Tennis</strong>spieler<br />
beim Training und Wettkampf<br />
abgeschätzt werden. Sportmedizinische<br />
Eignungsuntersuchungen<br />
sollten in der Regel getrennt von<br />
sportärztlich qualifizierten Internisten<br />
und Orthopäden erfolgen.<br />
Diese Gesundheitsuntersuchung<br />
umfaßt neben einer Erhebung der<br />
Krankenvorgeschichte die internistische<br />
und orthopädische<br />
Untersuchung sowie diverse Laboruntersuchungen.<br />
Die sportmedizinische Kontrolluntersuchung<br />
(Gesundheitsuntersuchung)<br />
im Verlauf der Leistungssportentwicklung<br />
des <strong>Tennis</strong>spielers<br />
beobachtet die bekannten<br />
körperlichen Schwachstellen oder<br />
bestehenden Körperschäden; ferner<br />
wird versucht, Überforde-<br />
222
Verletzungen im <strong>Tennis</strong><br />
rungs- oder Mangelzustände zu<br />
erkennen und mit prophylaktischen<br />
Maßnahmen gegenzusteuern.<br />
Bei einer umfassenden und<br />
kontinuierlichen sportmedizinischen<br />
Betreuung von Leistungsspielem<br />
ist die jährliche Kontrolluntersuchung<br />
ausreichend. Bei<br />
fehlender sportärztlicher Betreuung<br />
verändert auch eine zweite<br />
jährliche Kontrolluntersuchung<br />
nicht wesentlich das sportärztliche<br />
Betreuungsdefizit.<br />
Die sportmedizinische Betreuung<br />
umfaßt sportmethodische und<br />
physiotherapeutische Maßnahmen<br />
zur Erhaltung der Gesundheit bzw.<br />
Vorbeugung von Verletzungen,<br />
gibt individuelle Vorschläge für die<br />
Ernährung und ist an Maßnahmen<br />
der Leistungsdiagnostik und Traihingssteuerung<br />
beteiligt. Speziell<br />
bei Leistungstennisspielern/-innen<br />
sind Sportunfälle aufgrund eines<br />
plötzlich eintretenden Ereignisses<br />
(z.B. Bänderriß, Muskelriß usw.)<br />
auf dem <strong>Tennis</strong>platz vergleichsweise<br />
selten, dafür treten in letzter<br />
Zeit gehäuft Sportschäden aufgrund<br />
chronisch einwirkender<br />
Überbeanspruchung auf. Dies<br />
betrifft vor allem den Rücken im<br />
unteren Lendenbereich, die Schulter<br />
des Schlagarmes sowie Oberschenkelmuskulatur,<br />
Bauchmuskulatur<br />
und Achillessehne.<br />
In Zusammenarbeit mit Spielern<br />
und Spielerinnen, Trainern, Physiotherapeuten<br />
und Sportärzten<br />
tragen folgende Maßnahmen zur<br />
Vermeidung genannter Überlastungsschädigungen<br />
und entsprechender<br />
Verletzungsmechanismen<br />
bei:<br />
• Massage, Physiotherapie, Entmüdungsbäder<br />
zur Lösung von<br />
Muskelverspannungen und zur<br />
Verhinderung ihres Auftretens<br />
• Stetige Durchführung eines<br />
systematischen Vorbereitungstrainings<br />
(Warm-up) und einer<br />
Abklingphase (Cool-down); hiermit<br />
können akute Verletzungen<br />
und Überlastungsschäden erheblich<br />
vermindert werden<br />
• Regelmäßige Kräftigung und<br />
Dehnung der beanspruchten<br />
Muskulatur und der Antagonisten<br />
zur Vermeidung muskulärer<br />
Dysbalancen; ggf. auch Aufbautraining<br />
für die Ganzkörper-<br />
Muskulatur<br />
• Regelmäßiges Ausgleichstraining<br />
bzw. -gymnastik (z.B.<br />
Stretching) zur Entwicklung<br />
und Regeneration des Sehnen-<br />
<strong>Band</strong>-Apparates und des<br />
Gelenkknorpels<br />
• Schutz vor hohen Trainingsumfängen<br />
und -intensitäten auf<br />
ungewohnten Bodenbelägen<br />
(insbesondere rutschfesten<br />
Hartplätzen)<br />
• Gewährleistung des richtigen<br />
Verhältnisses von Belastung<br />
und Erholung im Verlauf einer<br />
Trainingseinheit, eines Trainingstages<br />
und im Rahmen<br />
eines Mikrozyklus<br />
• Individuelle belastungsangepaßte<br />
Ernährung (einschließlich<br />
Vitaminen, Mineralien, Spurenelementen<br />
und Flüssigkeit)<br />
• Sportliche Lebensführung<br />
(Nikotinverzicht usw.) unter<br />
besonderer Berücksichtigung<br />
der Regenerationsphasen<br />
(Schlaf usw.)<br />
Verletzungen<br />
im <strong>Tennis</strong><br />
Im Vergleich zu anderen beliebten<br />
Freizeitsportarten wie Turnen,<br />
Leichtathletik und alpinem Skilauf<br />
sind Sportverletzungen im <strong>Tennis</strong><br />
relativ selten und harmlos. Das<br />
Verletzungsrisiko für <strong>Tennis</strong>spieler<br />
ist auch erheblich geringer als bei<br />
anderen Ballsportarten (z.B. Fußball,<br />
Handball, Volleyball und<br />
Squash).<br />
Trotzdem müssen <strong>Tennis</strong>spieler<br />
jederzeit mit einer akuten oder<br />
chronischen Schädigung als Folge<br />
einer Verletzung durch das <strong>Tennis</strong>spiel<br />
rechnen. Die wachsende Zahl<br />
der älteren <strong>Tennis</strong>spieler führt<br />
zwangsläufig auch zu einem<br />
Anstieg der Gesamtzahl an <strong>Tennis</strong>verletzungen.<br />
Die Zielsetzung dieses<br />
Kapitels liegt vorrangig auf der<br />
Verhütung von <strong>Tennis</strong>verletzungen.<br />
Voraussetzung für eine richtige<br />
Vorbeugung ist die Kenntnis<br />
aller wesentlichen <strong>Tennis</strong>verletzungen<br />
sowie deren Hauptursachen.<br />
Darüber hinaus sollten die wichtigsten<br />
Grundsätze der Ersten Hilfe<br />
bei den häufigsten <strong>Tennis</strong>verletzungen<br />
bekannt sein. Hierbei<br />
sind es weniger die schweren<br />
Verletzungen, sondern eher die<br />
kleineren Schädigungen, die dem<br />
Spieler, dem Trainer und dem<br />
Ersthelfer Probleme bereiten.<br />
Beispielsweise bedarf die Differentialdiagnose<br />
zwischen Überdehnung,<br />
Zerrung und Teilriß der<br />
Muskulatur detaillierter Kenntnisse<br />
und vieljähriger Erfahrung. Folglich<br />
sind einige grundlegende<br />
Kenntnisse über die einzelnen<br />
<strong>Tennis</strong>verletzungen zu vermitteln;<br />
allerdings kann es nicht das Ziel<br />
sein, sämtliche sportartspezifischen<br />
Verletzungen im Detail darzustellen<br />
und über differenzierte<br />
Therapie-Strategien nach aktuellem<br />
Wissensstand zu diskutieren.<br />
Maßnahmen dieser Art müssen<br />
weiterhin allein dem Arzt vorbehalten<br />
bleiben (»Erste ärztliche<br />
Hilfe«).<br />
Begriffserklärungen<br />
Sportverletzung ist die umfassende<br />
Bezeichnung für alle Vorgänge,<br />
die bei einer sportlichen<br />
Betätigung die Unversehrtheit
eines Gewebes beschädigen. Beispiele<br />
hierfür sind Prellung, Zerrung,<br />
Zerreißung oder Bruch sowie<br />
Entzündung und Verbrauchserscheinung<br />
(Degeneration). Verletzungen,<br />
die im Zusammenhang<br />
mit dem <strong>Tennis</strong>spiel (vor, während<br />
oder nach dem <strong>Tennis</strong>spiel) auftreten,<br />
sind <strong>Tennis</strong>verletzungen.<br />
Die <strong>Tennis</strong>verletzung wird verursacht<br />
durch einen Unfall beim<br />
<strong>Tennis</strong> (<strong>Tennis</strong>unfall) und einen<br />
Schaden durch <strong>Tennis</strong> (primärer<br />
<strong>Tennis</strong>schaden). Tritt die Verletzung<br />
bei einem plötzlich eintretenden,<br />
einmaligen Geschehen ein, so<br />
handelt es sich um einen Unfall<br />
wie z. B. Riß der Außenbänder am<br />
Sprunggelenk nach Tritt auf den<br />
<strong>Tennis</strong>ball; wirkt das Schädigungsgeschehen<br />
jedoch verzögert oder<br />
mehrfach und geringgradig als<br />
Mikrotrauma ein, so entsteht ein<br />
primärer Schaden, wie z. B. beim<br />
<strong>Tennis</strong>arm (HINRICHS, 1989).<br />
<strong>Tennis</strong>unfall und primärer <strong>Tennis</strong>schaden<br />
können unter bestimmten<br />
Umständen (Vorschädigung,<br />
schwere Verletzung, Diagnostikund<br />
Therapiefehler, ungenügende<br />
Nachbehandlung) in den sekundären<br />
<strong>Tennis</strong>schaden (Sportschaden)<br />
münden. Unter günstigeren<br />
Bedingungen heilen Unfallfolgen<br />
und primärer <strong>Tennis</strong>schaden bis<br />
zur Unversehrtheit des Gewebes<br />
und ihrer Funktionen vollkommen<br />
aus: Sie sind prinzipiell reversibel.<br />
Kann keine vollkommene Heilung<br />
des <strong>Tennis</strong>unfalles oder des primären<br />
<strong>Tennis</strong>schadens erzielt werden,<br />
so wird der verbleibende Verletzungszustand<br />
als sekundärer<br />
<strong>Tennis</strong>schaden bzw. Spätschaden<br />
durch <strong>Tennis</strong> definiert.<br />
Im folgenden werden die häufigsten<br />
<strong>Tennis</strong>unfälle, differenziert<br />
nach den verschiedenen Gewebearten<br />
Haut, Bänder und Muskulatur,<br />
sowie der bekannteste primäre<br />
<strong>Tennis</strong>schaden, der <strong>Tennis</strong>ellbogen,<br />
dargestellt. Die Beschreibung<br />
der einzelnen Krankheitsbilder<br />
umfaßt zwar auch Verletzungsursache<br />
und Diagnostik, der Schwerpunkt<br />
liegt jedoch auf Vorbeugung<br />
und Sofortmaßnahme<br />
(Laienhilfe bzw. Erste Hilfe).<br />
Abschließend werden die wichtigsten<br />
allgemeinen Ratschläge zur<br />
Vorbeugung von <strong>Tennis</strong>verletzungen<br />
zusammenfassend dargestellt.<br />
<strong>Tennis</strong>unfälle<br />
In der allgemeinen Unfallgesetzgebung<br />
wird der Unfall als ein Ereignis<br />
definiert, das durch plötzlich<br />
einwirkende Gewalt die Gesundheit<br />
gefährdet und zu körperlichen<br />
und seelischen Schäden führen<br />
kann. Die Unfallursachen im <strong>Tennis</strong>sport<br />
sind mannigfaltig. In der<br />
Regel spielen jedoch individuelle,<br />
interne Ursachen (z.B. Alter und<br />
persönliche Einstellung, sportliche<br />
Vorerfahrungen und Trainingszustand,<br />
Aufwärmung und Erholung<br />
sowie allgemeine Lebensführung<br />
wie Ernährung, Schlaf und Alkohol)<br />
die Hauptrolle, während<br />
externe Ursachen wie Sportstätten,<br />
Bodenbeschaffenheit oder Sportausrüstung<br />
eine weitaus geringere<br />
Rolle spielen.<br />
Die häufigsten <strong>Tennis</strong>unfälle<br />
betreffen folgende Organsysteme<br />
bzw. -strukturen:<br />
• Verletzungen der Haut<br />
• Verletzungen der Bänder<br />
• Verletzungen der Muskeln<br />
Verletzungen der Haut<br />
Die häufigsten Verletzungen<br />
(meist basierend auf Bagatellfällen)<br />
im <strong>Tennis</strong> sind an der Haut<br />
lokalisiert. Hierbei handelt es sich<br />
in erster Linie um Schürfwunden:<br />
Quetsch- und Platzwunden sind<br />
dagegen relativ selten. Hautverletzungen<br />
entstehen im wesentlichen<br />
durch einen Sturz, gelegentlich<br />
durch Schlag oder Stoß. Bei <strong>Tennis</strong>spielern<br />
bilden sich auch Hautveränderungen<br />
wie Blasen (Ansammlung<br />
von Gewebsflüssigkeit<br />
in der obersten Hautschicht) und<br />
Schwielen (Hornhautverdickung).<br />
Blasen entstehen durch einmaliges<br />
<strong>Tennis</strong>spielen, das nach längerer<br />
Spielpause zu lange andauerte<br />
(z.B. Blasen am Handteller oder<br />
am Übergang zu den Fingern)<br />
oder mit neuem Schuhwerk (z. B.<br />
Blasen an der Ferse oder an den<br />
Zehen) durchgeführt wurde.<br />
Schwielen entwickeln sich durch<br />
häufig wiederholtes Spielen über<br />
eine längere Zeit (z.B. Schwielen<br />
an Fingern und Hohlhand).<br />
Diagnose<br />
Sind kleinste Haargefäße (Kapillaren)<br />
verletzt, handelt es sich um<br />
eine Sickerblutung; bei der selteneren<br />
Verletzung von Blutadern<br />
(Venen) fließt dunkelrotes Blut, bei<br />
der von Schlagadern (Arterien)<br />
spritzt hellrotes Blut. Wegen der<br />
Möglichkeit einer Verletzung<br />
von tiefer gelegenen wichtigen<br />
Gewebsstrukturen wie Nerven,<br />
Sehnen, Muskeln und Knochen<br />
sind in entsprechenden Fällen<br />
eine exakte Funktionsprüfung und<br />
weitere diagnostische Maßnahmen<br />
durch den Arzt notwendig.<br />
Sofortmaßnahmen (Laienhilfe)<br />
Schürfwunden werden nach Desinfektion<br />
mit einem einfachen<br />
Wundschnell- oder Pflasterverband<br />
(z.B. Hansamed®) abgedeckt;<br />
gleichzeitig muß der Tetanus-Impfschutz<br />
abgeklärt und<br />
im Zweifelsfall sofort erneuert<br />
werden. Bei offensichtlicher<br />
Verschmutzung durch <strong>Tennis</strong>sand<br />
empfiehlt sich eine vorherige, vorsichtige<br />
Reinigung mit besonderen<br />
Tüchern (z.B. Hansamed®-Wund-<br />
Reinigungstücher), die zuvor mit<br />
Desinfektionsmittel getränkt wur-<br />
224
Verletzungen im <strong>Tennis</strong><br />
den. Die beliebten Sprühverbände<br />
sowie das Auftragen von Salbe<br />
oder Puder sind häufig ungeeignet,<br />
da sie mit der Wunde verkleben<br />
und sich mehrere Tage - ohne<br />
erneutes Aufreißen - nicht entfernen<br />
lassen. Notfalls kann die<br />
Wunde bei Verschmutzung auch<br />
unter fließendem Leitungswasser<br />
gereinigt werden. Weit klaffende<br />
Wunden müssen vom Arzt genäht<br />
oder geklammert werden.<br />
Stark blutende Wunden werden<br />
gestillt durch Anlegen eines<br />
Druckverbandes und Hochlagern<br />
der betroffenen Extremität. Eine<br />
spritzende Schlagaderblutung erfordert<br />
das Abbinden der betroffenen<br />
Gliedmaße; diese Blutsperre<br />
darf jedoch nicht länger als 60 bis<br />
90 Minuten dauern.<br />
Bei Blasen sollte sofort nach den<br />
ersten Anzeichen (Schmerz/Rötung)<br />
die Selbsthilfe beginnen. Die<br />
überbeanspruchte Hautpartie wird<br />
durch einen Schutzverband abgedeckt;<br />
am Fuß (Ferse) eignet sich<br />
hierzu in hervorragender Weise<br />
ein »Lochschaumgummi«, der den<br />
unmittelbaren Blasenbezirk ausspart<br />
und zugleich die geschädigte<br />
Region entlastet. In der Hohlhand<br />
und an den Fingern sind schmale<br />
Tapestreifen oder gar ein dünner<br />
Lederhandschuh nützlich, während<br />
übliche Heftpflaster zu dick<br />
sind und meist verrutschen. Mit<br />
diesen Hilfsmitteln wird ein Aufreißen<br />
der Blasen vermieden, so<br />
daß der intakte Hautschutz eine<br />
Infektion verhindert. Ist die Blase<br />
prall mit Flüssigkeit gefüllt, so<br />
kann sie zur Schmerzentlastung<br />
nach Desinfektion der Hautpartie<br />
mit einer sterilen Nadel vorsichtig<br />
geöffnet werden. Meist klingt der<br />
Schmerz nach Entleerung und<br />
Abdeckung durch Leukoplast ab.<br />
Hornhautschwielen sind harmlos<br />
und bilden einen guten Schutz der<br />
Haut vor Überbeanspruchungen.<br />
Aus kosmetischen Gründen können<br />
sie durch regelmäßiges Auftragen<br />
von Salicylsäure aufgeweicht<br />
werden.<br />
Vorbeugende Maßnahmen<br />
• Gute Beinarbeit und entsprechend<br />
guter Konditionszustand<br />
• Fester Halt im Schuh mit funktionstüchtigen<br />
Sohlen für jede<br />
Art von <strong>Tennis</strong>belag<br />
• Neues Schuhmaterial zuerst im<br />
Training einlaufen<br />
• Zu Beginn der Freiluftsaison<br />
und nach jeder längeren Spielpause<br />
Einhaltung von Trainingsund<br />
Wettkampfhöchstgrenzen<br />
(z. B. maximal 90 Minuten)<br />
• Wiederauffrischung der Tetanusschutzimpfung<br />
(Schutz<br />
gegen Wundstarrkrampf)<br />
Verletzungen der Bänder<br />
Die Stabilität eines Gelenkes wird<br />
durch aktive und passive Faktoren<br />
sichergestellt. Für die aktive Stabilität<br />
sorgt die Muskulatur, während<br />
für die passive Stabilität<br />
hauptsächlich die Bänder eines<br />
Gelenks verantwortlich sind. Eine<br />
<strong>Band</strong>verletzung tritt auf, wenn ein<br />
Gelenk durch direkte und indirekte<br />
Gewalteinwirkung sein natürliches<br />
Bewegungsausmaß überschreitet.<br />
Hierbei können wenige Fasern<br />
oder das <strong>Band</strong> als Ganzes betroffen<br />
sein.<br />
Beim <strong>Tennis</strong> sind vor allem die<br />
Bänder an den Sprunggelenken<br />
(»Fußgelenk«) gefährdet.<br />
Ein unvollständiger Bänderriß<br />
umfaßt nur einen Teil des <strong>Band</strong>es;<br />
die Gelenkstabilität wird hierdurch<br />
häufig nicht beeinflußt. Bei einem<br />
vollständigen Bänderriß sind alle<br />
oder fast alle Fasern des <strong>Band</strong>es<br />
gerissen, das Gelenk verliert dadurch<br />
seine Stabilität.<br />
Im allgemeinen geht jeder Bänderriß<br />
mit einer Blutung in das umgebende<br />
Gewebe einher, so daß ein<br />
Bluterguß sichtbar wird. Eine<br />
<strong>Band</strong>verletzung innerhalb des<br />
Gelenkes (z.B. Kreuzband) oder<br />
der Gelenkkapsel führt in der Regel<br />
zu einer Blutung ins Gelenk, <strong>Band</strong>verletzungen<br />
dieser Art können<br />
zusätzlich mit einer Schädigung der<br />
Knorpeloberfläche einhergehen.<br />
Diagnose<br />
Folgende Symptome weisen auf<br />
eine <strong>Band</strong>verletzung hin:<br />
• Bluterguß, Schwellung sowie<br />
Spontan-, Druck- und Bewegungsschmerz<br />
• Gegebenenfalls Blutungen<br />
ins Gelenk<br />
• Bewegungsabhängige<br />
Schmerzen<br />
• Instabilität des Gelenks je nach<br />
Ausmaß der Verletzung<br />
Bei <strong>Band</strong>verletzungen sollte das<br />
betroffene Gelenk stets hinsichtlich<br />
seiner Stabilität überprüft werden.<br />
Zum Ausschluß von Verletzungen<br />
ernsterer Art sowie zur<br />
frühzeitigen Einteilung der richtigen<br />
therapeutischen Maßnahmen<br />
ist ein sofortiger Arztbesuch dringend<br />
notwendig.<br />
Sofortmaßnahmen (Laienhilfe)<br />
Unmittelbar nach Spielabbruch<br />
wird ein kühlender Druckverband<br />
angelegt sowie durch Hochlagerung<br />
für Entlastung und Ruhigstellung<br />
gesorgt. Hierzu sind eine elastische<br />
Binde sowie eine Eisauflage<br />
(z.B. Eis-Lolly) oder Eiswasser und<br />
gegebenenfalls ein Schwamm notwendig.<br />
Auch ein Eisspray kann<br />
zur Nachkühlung auf den eiswassergetränkten<br />
Druckverband (nicht<br />
auf die Haut, wegen der Gefahr<br />
von Erfrierungsschäden) benutzt<br />
werden, so daß eine stetige Kälteabgabe<br />
erreicht wird. Dieses Behandlungsschema<br />
nach der PECH-<br />
Regel (Eause, Eis, Compression,<br />
Hochlage) wurde zwei Jahrzehnte<br />
lang propagiert. In jüngster Zeit<br />
225
Sportmedizinische Aspekte<br />
wird jedoch die Eistherapie mit kritischer<br />
Distanz betrachtet und<br />
zumindest teilweise durch Medikamentengabe<br />
speziell zur Schmerzlinderung,<br />
Entzündungshemmung<br />
und Regenerationsförderung<br />
ersetzt. Zur weiteren Abklärung<br />
der Diagnose (Überprüfung der<br />
Gelenkstabilität usw.) und zwecks<br />
frühzeitiger Einleitung therapeutischer<br />
Maßnahmen (z.B. Tapeverband)<br />
wird der Patient mit hochgelagerter<br />
Extremität zum Arzt<br />
gebracht.<br />
Vorbeugende Maßnahmen<br />
• Gleichmäßige Kräftigung und<br />
Dehnung aller jener Muskelgruppen,<br />
die vor allem die<br />
Sprung- und Kniegelenke stabilisieren<br />
• Beachten bzw. schnellstmögliche<br />
Beseitigung von Erhebungen<br />
(z.B. Linien) und Mulden<br />
in der Oberfläche der <strong>Tennis</strong>plätze<br />
• Entfernen herumliegender <strong>Tennis</strong>bälle<br />
aus dem Spielbereich<br />
• Bevorzugung von Sandplätzen<br />
gegenüber Hartplätzen (Platzoberfläche<br />
darf allerdings nicht<br />
zu rutschfähig, z. B. Granulat<br />
sein)<br />
• In Ausnahmefällen auch Verwendung<br />
eines prophylaktischen<br />
Tapeverbandes, einer Gelenkbandage/Orthese<br />
oder von<br />
Spezialschuhen als Schutz vor<br />
wiederholter Bänderverletzung<br />
Verletzungen der Muskeln<br />
und Sehnen<br />
Muskeln und Sehnen bilden eine<br />
funktionelle Einheit. Prinzipiell<br />
können Verletzungen im Bereich<br />
des Muskelursprungs, des Muskelbauchs,<br />
des Übergangs vom Muskel<br />
zur Sehne, der Sehne selbst<br />
und am knöchernen Sehnenansatz<br />
auftreten. Im <strong>Tennis</strong> ist der Spieler<br />
beim plötzlichen Abbremsen<br />
(exzentrische Belastung), bei rascher<br />
Beschleunigung (konzentrische<br />
Belastung) und vor allem bei der<br />
Kombination von Brems- und Beschleunigungsbewegung<br />
(z.B. bei<br />
jedem Wechsel der Laufrichtung<br />
in Zeitnot besonders gefährdet.<br />
Im <strong>Tennis</strong> treten Muskel- und Sehnenverletzungen<br />
vor allem bei<br />
plötzlichen kraftvollen oder unkoordinierten<br />
Muskelaktionen auf.<br />
Ursache hierfür ist häufig eine<br />
mangelhaft aufgewärmte, inzwischen<br />
wieder abgekühlte (z. B.<br />
Doppel in der Abendkühle) oder<br />
übermüdete Muskulatur. In Kombination<br />
spielen Mängel in der<br />
tennisspezifischen Schlag- und<br />
Lauftechnik sowie ein ungenügender<br />
Zustand der Kraft und der Beweglichkeit<br />
eine wesentliche Rolle.<br />
Auch muskuläre Dysbalancen (z.B.<br />
ungenügende Dehnfähigkeit der<br />
Agonisten und mangelhafte Kraft<br />
der Antagonisten) sind wesentliche<br />
ursächliche Faktoren.<br />
Muskelrisse treten besonders häufig<br />
an zweigelenkigen Muskeln<br />
auf, wie z. B. an der Oberschenkelrückseite;<br />
diese Muskulatur<br />
unterliegt einer besonderen neuromuskulären<br />
Steuerung. Ähnliches<br />
gilt für die Muskulatur an der Vorderseite<br />
des Oberschenkels und an<br />
der Rückseite des Unterschenkels,<br />
die besonders im untrainierten Zustand<br />
gegenüber Dehnung anfällig<br />
sind, da sie als überwiegend tonische<br />
Muskeln bei ungenügender<br />
Trainierbarkeit mit Verkürzung<br />
reagieren.<br />
Diagnose<br />
Im allgemeinen werden folgende<br />
unterschiedliche Arten von Muskelund<br />
Sehnenverletzungen unterschieden:<br />
• Muskelzerrungen entstehen<br />
durch Überdehnungen und<br />
treten häufig in den oberflächlichen<br />
Anteilen eines Muskels<br />
oder in der Nähe von Muskelursprung<br />
bzw. Muskelansatz<br />
auf. Die anatomische Struktur<br />
bleibt bei der Zerrung erhalten,<br />
»nur« die Funktion ist gestört.<br />
• Stumpfe Muskelprellungen entstehen<br />
als Folge einer Muskelkompression<br />
durch direkte Einwirkung<br />
eines Gegenstandes<br />
(z.B. eigener Schläger), ohne<br />
daß in der Regel eine Hautverletzung<br />
auftritt.<br />
• Beim Muskelriß wird je nach<br />
Schweregrad zwischen einem<br />
kompletten und einem inkompletten<br />
Muskelriß unterschieden.<br />
Beim Muskelfaserriß sind Muskelfasern<br />
in einem kleineren Bezirk<br />
gerissen. Meist erfolgt eine intramuskuläre<br />
Blutung, die therapeutisch<br />
besondere Beachtung verlangt;<br />
sie ist schwierig zu tasten<br />
und ein äußerlich sichtbarer Bluterguß<br />
ist nicht zu erwarten.<br />
Beim Muskelbündelriß betrifft die<br />
Zerreißung von Muskelfasern den<br />
Umfang eines Muskelbündels<br />
(quantitativer Unterschied zu<br />
Muskelfaserriß). Die Blutung ist innerhalb<br />
des Muskels und das Ausmaß<br />
der Blutung schwankt je nach<br />
Umfang und Ort. Ein Bluterguß ist<br />
äußerlich in der Regel distal (peripheriewärts)<br />
von der Rißstelle zu<br />
erwarten.<br />
Der Muskelriß führt zur vollständigen<br />
Trennung des Muskels, so daß<br />
die Blutung auch nach außen<br />
schon früh zu erkennen ist.<br />
Der Muskelriß führt zu einem akut<br />
auftretenden stich- oder schlagähnlichen<br />
Schmerz, der zur sofortigen<br />
Spielunterbrechung zwingt.<br />
Der Schmerz ist eindeutig lokalisierbar.<br />
Eine frühzeitige Tastuntersuchung<br />
zeigt eine mehr oder<br />
minder deutliche Faserunterbrechung,<br />
die bei umfangreichen Faserrissen<br />
als Lücke auffällt. - In der<br />
Folgezeit füllt sich die Muskellücke<br />
226
Verletzungen im <strong>Tennis</strong><br />
mit Blut und Gewebswasser; gleichzeitig<br />
erfolgt eine deutliche Spannungserhöhung<br />
im gesamten Muskelbündel<br />
mit einem Höhepunkt<br />
nach ca. 24 Stunden. Letzteres ist<br />
als Schutzreaktion des Muskels<br />
anzusehen. Sollten allerdings Gefühlsstörungen<br />
auftreten, muß sofort<br />
der Arzt aufgesucht werden.<br />
Die Differentialdiagnose zwischen<br />
Muskelzerrung und Muskelriß<br />
'(insbesondere Grad 1) ist mit Eintritt<br />
der Verletzung häufig schwierig.<br />
Wegen der Bedeutung für den<br />
Behandlungserfolg und den Heilverlauf<br />
werden die wichtigsten<br />
Unterschiede zusammengefaßt:<br />
Bei oberflächlich liegender Muskulatur<br />
deutlich tastbare Lücke<br />
(Delle), Bluterguß nach einem<br />
oder mehreren Tagen sowie deutlich<br />
längere Heilungszeit grenzen<br />
den Muskelriß von der Muskelzerrung<br />
ab, letztere bessert sich häufig<br />
durch vorsichtiges Dehnen.<br />
Allerdings kann die tastbare Lücke,<br />
vor allem bei gespannter Muskulatur,<br />
einige Stunden nach der Verletzung<br />
durch einen Bluterguß<br />
oder eine Ansammlung von<br />
Gewebswasser ausgefüllt sein, so<br />
daß der Nachweis durch Abtasten<br />
nicht mehr gelingt.<br />
Beim Faserriß ist es manchmal<br />
möglich, eine (kleinste) Muskellücke<br />
zu fühlen. Beim kompletten<br />
Riß kann die vollständige Trennung<br />
des Muskelbauches getastet<br />
werden. In diesem Fall kann sich<br />
auch der Muskel zur Sehne hin<br />
zusammenziehen und wird als<br />
knollige Auftreibung sichtbar.<br />
Bei den Sehnenverletzungen unterscheiden<br />
wir den partiellen und<br />
den kompletten Sehnenriß. Sehnenverletzungen<br />
sind im Vergleich<br />
zu Muskelverletzungen bei <strong>Tennis</strong>spielern<br />
selten und betreffen vornehmlich<br />
die Achillessehne.<br />
Komplette Sehnenrisse ereignen<br />
sich häufig an degenerierten Sehnen.<br />
Sie finden sich häufig bei<br />
älteren <strong>Tennis</strong>spielern, die nach<br />
längerer Trainingspause den Sport<br />
wieder aufnehmen oder den Sehnen<br />
nur ungenügende Regenerationsphasen<br />
gönnen. Inkomplette<br />
Sehnenrisse werden nicht immer<br />
erkannt und als Entzündung oder<br />
Überlastung fehldiagnostiziert.<br />
Sofortmaßnahmen<br />
Sofortmaßnahmen (Laienhilfe)<br />
verfolgen zuerst das Ziel, die Blutung<br />
zum Stillstand zu bringen.<br />
Folgende Maßnahmen sind unverzüglich<br />
einzuleiten:<br />
Durch sofortige Ruhigstellung und<br />
entsprechende Lagerung wird die<br />
betroffene Muskulatur entlastet<br />
und liegt über dem Körperzentrum.<br />
Gleichzeitig erfolgt Kälteanwendung<br />
im Verbindung mit<br />
Kompression im Verletzungsbereich.<br />
Hierzu eignet sich ein eiskalter<br />
Druckverband (z.B. mit Eiswasser<br />
getränkter Schwamm), der die<br />
verletzte Muskulatur großflächig<br />
ca. 20 bis 30 Minuten kühlt. Die<br />
sofortige Erstversorgung in den<br />
ersten 10 Minuten ist von entscheidender<br />
Bedeutung für den zeitlichen<br />
Verlauf der Heilung. Erfahrungsgemäß<br />
kann eine um ein bis<br />
zwei Minuten verzögerte Behandlung<br />
innerhalb der ersten zehn<br />
Minuten eine Verlängerung der<br />
Rehabilitation um einen Tag<br />
bewirken! Nach erneuter eingehender<br />
Untersuchung sollte die<br />
Diagnose präzisiert und weitere<br />
Behandlungsmaßnahmen eingeleitet<br />
werden.<br />
Bis zur endgültigen Absicherung<br />
der Diagnose sollten die Gliedmaße<br />
entlastet bleiben, zumal bei<br />
jeder Gewalteinwirkung oder<br />
erneuten kräftigen Muskelkontraktion<br />
(z. B. unkontrollierte Bewegung)<br />
eine Nachblutung innerhalb<br />
der ersten 24 bis 36 Stunden<br />
droht. Im Gegensatz zum Muskelriß<br />
hat sich bei der Muskelzerrung<br />
eine ausgiebige und gleichzeitig<br />
vorsichtige Dehnungsbehandlung<br />
(z.B. postisometrische Dehnung<br />
mit 10 bis 15 Wiederholungen) im<br />
direkten Anschluß an die Eistherapie<br />
im Sinne einer prompten<br />
Befundverbesserung als günstig<br />
erwiesen. In jüngster Zeit wird die<br />
Wirkung einer Eistherapie nach<br />
stumpfen Muskelverletzungen,<br />
Blutergüssen oder Verrenkungen<br />
im Gelenk äußerst kritisch gesehen,<br />
da Kühlung zwar schmerzlindernd<br />
wirkt, im Gegensatz zur<br />
früheren Meinung aber kein<br />
großer Einfluß auf Bluterguß und<br />
Entzündungshemmung nachweisbar<br />
ist. In den ersten Minuten und<br />
Stunden wird daher neben der<br />
Kompression und einer angemessenen<br />
Kühlung ein entzündungshemmend<br />
und regenerationsfördernd<br />
wirkendes Sportgel (z.B.<br />
Elektrolyt-Salbe S®) empfohlen.<br />
Nach etwa einem Tag folgt in der<br />
Regel eine funktionelle Behandlung<br />
mit Tapeverbänden.<br />
Massage sollte bei einer Muskelverletzung<br />
innerhalb der ersten<br />
drei Tage nicht angewandt werden,<br />
da sie wie eine neue Verletzung<br />
wirken kann. Eventuell günstigen<br />
Einfluß auf den Heilungsprozeß<br />
nehmen Lymphdrainage<br />
bei Schwellung sowie Massage der<br />
nicht verletzten Muskelanteile.<br />
Die Dehnung sollte vor der Kältetherapie<br />
erfolgen und dient der<br />
Detonisierung der Muskulatur und<br />
der Diagnostik. Bei Schmerzlinderung<br />
handelt es sich eher um eine<br />
Zerrung, bei Schmerzverstärkung<br />
um einen Muskelriß. Nach der<br />
anschließenden Kältetherapie über<br />
20 bis 30 Minuten gibt es verschiedene<br />
Therapiemaßnahmen;<br />
sie sind sehr vielseitig und werden<br />
in Fachkreisen teilweise unterschiedlich<br />
bewertet, so daß sie den<br />
behandelnden Ärzten und Physio-
Sportmedizinische Aspekte<br />
therapeuten überlassen bleiben<br />
müssen.<br />
Vorbeugende Maßnahmen<br />
• Aufwärmen des Herz-Kreislauf-<br />
Systems und der Hauptmuskelgruppen<br />
(einschließlich Dehnübungen)<br />
vor jedem Training<br />
und Wettkampf<br />
• Regelmäßige, kräftigende<br />
Übungen gleichmäßig für alle<br />
funktionell bedeutsamen Muskelgruppen<br />
(einschließlich<br />
Antagonisten)<br />
• Beweglichkeitstraining für die<br />
Hauptfunktionsmuskulatur<br />
• Ökonomisierung der <strong>Tennis</strong>technik<br />
(Lauf- und Schlagtechnik)<br />
• Verhinderung der Auskühlung<br />
während Training und Wettkampf<br />
(z.B. unbedachtes »spätes«<br />
Ablegen der Wärmeschutzkleidung)<br />
und zwischen<br />
einzelnen Trainingseinheiten<br />
(z.B. ungeschütztes Sitzen auf<br />
der Terrasse des Club-Restaurants)<br />
• Schutz vor Muskelermüdung<br />
während des <strong>Tennis</strong>trainings<br />
und ausreichende Regenerationsphasen<br />
zwischen den<br />
Trainingseinheiten<br />
• Ausheilung jeder Muskelverletzung<br />
<strong>Tennis</strong>schäden<br />
Durch <strong>Tennis</strong> hervorgerufene Verletzungsformen<br />
des Bewegungsapparates<br />
ohne erkennbare<br />
Gewalteinwirkung werden als primärer<br />
<strong>Tennis</strong>schaden definiert, der<br />
sich in der Folge durch Schmerzen<br />
und gestörte Funktionen zeigt.<br />
Prinzipiell ist der primäre <strong>Tennis</strong>schaden<br />
dadurch gekennzeichnet,<br />
daß er durch ausreichende<br />
Behandlung sowie Änderung und<br />
Reduzierung der Belastung wieder<br />
zu voller Leistungsfähigkeit und<br />
Beschwerdefreiheit führen kann.<br />
Der sekundäre <strong>Tennis</strong>schaden ist<br />
dagegen von bleibenden Defekten<br />
und anhaltender Belastungsminderung<br />
gekennzeichnet. Da die<br />
Übergänge fließend sind, gelingen<br />
eindeutige Abgrenzungen nicht<br />
immer.<br />
Das Auftreten eines Sportschadens<br />
wird an all jenen Stellen bzw.<br />
Gewebearten begünstigt, an denen<br />
ein Mißverhältnis zwischen Belastung<br />
und Belastbarkeit vorliegt.<br />
Hierbei kann eine Fehl- oder<br />
Überbelastung vorliegen oder die<br />
Belastbarkeit ist durch verschiedene<br />
Umstände (Erbgut, Umwelt,<br />
Krankheit) vermindert. Besonders<br />
häufig sind die stoffwechselträgen<br />
(bradytrophe) Gewebe wie Sehnen,<br />
Bänder, Knorpel und Narben<br />
betroffen. Beim <strong>Tennis</strong>spieler sind<br />
die bevorzugten Stellen für einen<br />
<strong>Tennis</strong>schaden der <strong>Tennis</strong>ellbogen,<br />
die <strong>Tennis</strong>schulter, die Lendenwirbelsäule<br />
und die Achillessehne.<br />
Wegen der zahlenmäßigen Bedeutung<br />
- ca. 40 bis 50% aller <strong>Tennis</strong>spieler<br />
haben während ihrer<br />
<strong>Tennis</strong>-Laufbahn Beschwerden im<br />
Sinne eines <strong>Tennis</strong>ellbogens - und<br />
wegen des engen Zusammenhangs<br />
dieses Krankheitsbildes mit<br />
der <strong>Tennis</strong>technik wird auf den<br />
<strong>Tennis</strong>ellbogen ausführlich eingegangen.<br />
<strong>Tennis</strong>ellbogen<br />
Beim <strong>Tennis</strong>ellbogen handelt es<br />
sich um differente, krankhafte<br />
Veränderungen am Ellbogengelenk,<br />
die durch Überlastung entstehen<br />
und feingeweblich durch<br />
degenerative Veränderungen des<br />
Sehnenansatzgebietes der am Ellbogen<br />
liegenden Muskelursprünge<br />
mit Verfettung und Aufsplitterung<br />
der Sehnenfasern charakterisiert<br />
werden. In der weit überwiegenden<br />
Mehrzahl der Fälle (ca. 80%)<br />
ist der äußere (laterale) Gelenkknorren<br />
betroffen, an dem die<br />
Streckmuskulatur des Handgelenks<br />
und die Außenwender der<br />
Hand entspringen. Der innere<br />
(mediale) Gelenkknorren, an dem<br />
Handgelenksbeuger und Handinnenwender<br />
ihren Ursprung nehmen,<br />
ist nur in ca. 20% der Fälle<br />
schmerzhaft. Bei Leistungstennisspielern<br />
ist der Anteil der medialen<br />
Beschwerden zwar höher, die Zahl<br />
der betroffenen Spieler ist allerdings<br />
relativ niedrig.<br />
Der <strong>Tennis</strong>ellbogen tritt ebenfalls<br />
häufig bei Tätigkeiten oder Berufen<br />
auf, die mit intensiver Handarbeit<br />
(insbesondere in Verbindung<br />
mit Drehbewegungen) verbunden<br />
sind. Während in früheren Zeiten<br />
Hausfrauen durch Wäschewringen<br />
besonders gefährdet waren, sind<br />
es heute Tätigkeiten des Heimwerkers<br />
wie Plattenlegen oder<br />
Schraubendrehen gegen hohen<br />
Widerstand, die einen <strong>Tennis</strong>ellbogen<br />
provozieren.<br />
Beim <strong>Tennis</strong>spieler ist für diese<br />
Überbeanspruchung oder Fehlbelastung<br />
in erster Linie eine unökonomische<br />
<strong>Tennis</strong>technik vor allem<br />
auf der Rückhandseite (Streckmuskulatur)<br />
verantwortlich; Vorbeugemaßnahmen<br />
müssen folglich<br />
zuallererst bei der Rückhandtechnik<br />
ansetzen.<br />
Trotz der wesentlichen Bedeutung<br />
einer unökonomischen <strong>Tennis</strong>technik<br />
für die Entstehung des <strong>Tennis</strong>ellbogens<br />
dürfen andere Faktoren<br />
nicht außer acht gelassen werden.<br />
So liegen Hinweise für einen Zusammenhang<br />
von Ellbogenbeschwerden<br />
mit emotionalen<br />
Störungen sowie vor allem mit<br />
Verknöcherungen an den Austrittsstellen<br />
der Armnerven aus der<br />
Halswirbelsäule vor.<br />
Noch wichtiger sind alterstypische,<br />
degenerative Veränderungen im<br />
Bereich der Muskelursprünge am<br />
Ellbogengelenk, die dazu beitra-<br />
228
Verletzungen im <strong>Tennis</strong><br />
gen, daß das Krankheitsbild des<br />
<strong>Tennis</strong>ellbogens bevorzugt in der<br />
Mitte des vierten Lebensjahrzehnts<br />
beginnt und seinen Häufigkeitsgipfel<br />
im fünften und sechsten<br />
Lebensjahrzehnt hat.<br />
Diagnose<br />
Der <strong>Tennis</strong>ellbogen verursacht<br />
zeitweilig (zu Beginn des <strong>Tennis</strong>spiels)<br />
oder dauernde Schmerzen<br />
in der Gegend der Gelenkknorren<br />
am Ellbogen (auf Druck und vor<br />
allem beim <strong>Tennis</strong>schlag). Am<br />
häufigsten liegt der Schmerzpunkt<br />
im Ursprungsgebiet des kurzen<br />
daumenwärts gelegenen Handgelenkstreckers.<br />
Im Extremfall können<br />
weder eine Tasse Kaffee<br />
angehoben noch eine Zeitungsseite<br />
umgeblättert werden. <strong>Tennis</strong>ellbogen-Patienten<br />
erkennt man bereits<br />
bei der Begrüßung, da sie dem<br />
festen Händedruck ausweichen.<br />
Ist der äußere Gelenkknorren betroffen,<br />
treten diese Schmerzen<br />
beim Rückhandschlag auf,<br />
während bei einem Befall des<br />
inneren Knorrens vor allem die<br />
Vorhand sowie eine schnelle Aufschlagbewegung<br />
schmerzhaft<br />
sind. Die eindeutige Bevorzugung<br />
der Rückhandseite als Ausgangspunkt<br />
der Schmerzen liegt darin,<br />
daß die Kraft der Beuger (Hauptmuskulatur<br />
für die Vorhand)<br />
erheblich höher ist als die der<br />
Strecker (Hauptmuskulatur für die<br />
Rückhand); ferner erlaubt der Vorhandgriff<br />
eine bessere Kraftübertragung,<br />
da hierbei die Hohlhand<br />
hinter dem Schlägergriff liegt<br />
(WEBER, 1982).<br />
Therapie<br />
Die Behandlung des <strong>Tennis</strong>ellbogens<br />
erfolgt primär durch den<br />
Arzt. Sie kann aber auch - möglichst<br />
in Zusammenarbeit mit dem<br />
Arzt - vorrangig durch den <strong>Tennis</strong>lehrer<br />
gesteuert werden.<br />
Ansatzpunkt für die Behandlung<br />
durch den <strong>Tennis</strong>lehrer ist die Verminderung<br />
der Überlastung für die<br />
Arbeitsmuskulatur durch Ökonomisierung<br />
der <strong>Tennis</strong>technik. Der<br />
<strong>Tennis</strong>lehrer kann durch entsprechende<br />
Bewegungsaufgaben und<br />
Technikanweisungen den gesamten<br />
Kraftaufwand erheblich reduzieren<br />
und zugleich eine Verlagerung<br />
der Muskelarbeit auf weitere<br />
Muskelgruppen (z.B. Schulterund<br />
Rumpfmuskulatur) bewirken.<br />
Ferner wird er Störfaktoren exogener<br />
(<strong>Tennis</strong>schläger, Besaitung,<br />
Bälle) und endogener (z. B. Trainingszustand<br />
der Armmuskulatur)<br />
Art durch Beratung ausschalten<br />
können.<br />
Die Praxis hat gezeigt, daß ein<br />
regelmäßiges Stretching der betroffenen<br />
Armmuskulatur (z. B. Handgelenkstrecker<br />
und Handaußenwender<br />
bzw. Handgelenkbeuger<br />
und Handinnenwender) vor und<br />
nach dem <strong>Tennis</strong>training - gegebenenfalls<br />
nach einer adäquaten<br />
Spielpause von ein bis vier Wochen<br />
Dauer - in vielen Fällen zum<br />
Erfolg führt. Auch das Anlegen<br />
einer Ellbogenbandage (-spange)<br />
kann zu einer erheblichen Minderung<br />
der Symptome führen, da<br />
hiermit das Ausmaß der Muskelkontraktion<br />
vermindert und folglich<br />
die Überlastung gedämpft<br />
wird.<br />
Vorbeugende Maßnahmen<br />
Sämtliche Vorbeugemaßnahmen<br />
haben das gemeinsame Ziel, eine<br />
Fehl- und vor allem Überbelastung<br />
der entsprechenden Arbeitsmuskulatur<br />
zu verhindern und zugleich<br />
deren Kraft- und Dehnfähigkeit zu<br />
erhöhen. Im wesentlichen handelt<br />
es sich bei den vorbeugenden<br />
Maßnahmen um drei verschiedene<br />
Ansatzpunkte:<br />
• Ökonomisierung der <strong>Tennis</strong>technik<br />
• Ausschaltung exogener Störfaktoren<br />
• Kräftigung und Dehnung der<br />
Arbeitsmuskulatur<br />
Ökonomisierung<br />
der Schlagtechnik<br />
Zur Verminderung des Kraftaufwandes<br />
gilt die Aufmerksamkeit in<br />
erster Linie folgenden Technikmängeln:<br />
• Treffpunkt zu spät (u.a. zu<br />
späte Ausholbewegung oder zu<br />
frühe Verlagerung des Körperschwerpunktes<br />
nach vorn)<br />
• Ungünstige Kraftübertragung<br />
bei rechtzeitigem Treffpunkt<br />
(u.a. durch falsche Griffhaltung,<br />
fehlende Verlagerung des<br />
Körperschwerpunktes nach<br />
vorne, mangelhafte Schwungausnutzung<br />
oder exzentrischen<br />
Treffpunkt)<br />
• Geringer Anschwungweg des<br />
Schlägers aus der Kehre bis zum<br />
Treffpunkt (u.a. offene Schlagstellung<br />
oder kurze Ausholbewegung)<br />
Die genannten Technikmängel<br />
gelten für die Vor- und Rückhand.<br />
Da die <strong>Tennis</strong>ellbogen-Beschwerden<br />
bevorzugt am äußeren Gelenkknorren<br />
lokalisiert sind, ist<br />
allerdings auf die Ökonomisierung<br />
der Rückhandtechnik besonderer<br />
Wert zu legen. Da die beidhändig<br />
geschlagene Rückhand die überbeanspruchte<br />
Arbeitsmuskulatur<br />
beträchtlich zu entlasten vermag,<br />
ist die Beidhand-Technik als wichtige<br />
Präventionsmaßnahme für<br />
<strong>Tennis</strong>arm gefährdete Spieler anzusehen.<br />
Hiermit sind aber zugleich<br />
höherer Aufwand für die<br />
Beinarbeit und häufig koordinative<br />
Umstellungsschwierigkeiten verbunden;<br />
im höheren Lebensalter<br />
ist daher die beidhändige Rückhand<br />
nur eingeschränkt als<br />
Präventions- oder Rehabilitationsmaßnahme<br />
möglich.
Sportmedizinische Aspekte<br />
Ausschaltung exogener<br />
Störfaktoren<br />
Durch sorgfältige Materialauswahl<br />
(Schläger und Bälle) lassen sich<br />
exogene Faktoren ausschließen,<br />
die ursächlich für die Entstehung<br />
des <strong>Tennis</strong>ellbogens verantwortlich<br />
sein können.<br />
Wichtige exogene Störfaktoren<br />
sind:<br />
• Schwerer <strong>Tennis</strong>schläger<br />
• Kopflastiger Schläger<br />
• Zu dicker (dünner) Griff<br />
• Harter Schläger mit geringer<br />
Schwingungsdämpfung<br />
• Hohe Bespannungshärte<br />
• Unelastische Saite<br />
• Schwere (nasse) Bälle<br />
• Harte Bälle (z.B. »Long-play-<br />
Bälle«)<br />
• »Schnelle« Platzoberfläche<br />
• Hohe Geschwindigkeit der Bälle<br />
des Gegners (insbesondere<br />
beim Aufschlag)<br />
Kräftigung und Dehnung der<br />
Arbeitsmuskulatur<br />
Mit systematischer Muskelpflege<br />
in Verbindung mit gesundheitsbewußtem<br />
Verhalten kann die<br />
Entstehung des <strong>Tennis</strong>ellbogens<br />
erfolgreich verhindert werden.<br />
Hierzu gehören folgende Einzelmaßnahmen:<br />
• Kräftigung der gesamten<br />
Unterarmmuskulatur<br />
• Dehnübungen speziell für<br />
Unterarmstrecker und Handaußenwender<br />
sowie Handgelenkbeuger<br />
und Handinnenwender<br />
• Entspannung der Schlagmuskulatur<br />
zwischen den Schlägen<br />
und nach der Belastung<br />
• Aufwärmen und Warmhalten<br />
der Arbeitsmuskulatur<br />
Zusammenfassend läßt sich feststellen,<br />
daß der <strong>Tennis</strong>ellbogen<br />
durch ein Bündel mehrerer ursächlicher<br />
Faktoren entstehen kann.<br />
Die Behandlung des <strong>Tennis</strong>ellbogens<br />
erfolgt daher im Idealfall in<br />
kooperativer Weise gemeinsam<br />
von Arzt und <strong>Tennis</strong>lehrer. Für die<br />
Verhütung des <strong>Tennis</strong>ellbogens ist<br />
der <strong>Tennis</strong>lehrer in erster Linie<br />
kompetent und verantwortlich.<br />
Ratschläge zur<br />
Verhütung von <strong>Tennis</strong>verletzungen<br />
Die wichtigsten Ratschläge zur<br />
Verhütung von <strong>Tennis</strong>verletzungen<br />
werden in folgenden<br />
Abschnitten systematisch zusammengefaßt:<br />
• Sporteignung, Konstitution und<br />
Psyche<br />
• Trainingszustand<br />
• Vorbereitung auf Training und<br />
Wettkampf<br />
• Regeneration nach der Belastung<br />
• Verhalten bei Verletzungen und<br />
nach Erkrankungen<br />
• Technische Ausrüstung und<br />
<strong>Tennis</strong>platz<br />
Sporteignung, Konstitution<br />
und Psyche<br />
Für Höchstleistungen im <strong>Tennis</strong> ist<br />
die Gesundheit grundlegende Vorbedingung.<br />
Darüber hinaus müssen<br />
körperliche Konstitution, Geist<br />
und Psyche so beschaffen sein,<br />
daß sie den speziellen Erfordernissen<br />
der Sportart <strong>Tennis</strong> in Training<br />
und Wettkampf gewachsen sind<br />
und weiterentwickelt werden können.<br />
Hierzu muß speziell im Kindes-<br />
und Jugendalter jährlich mindestens<br />
einmal eine sportärztliche<br />
Untersuchung - unter Berücksichtigung<br />
orthopädischer Gesichtspunkte<br />
- durchgeführt werden.<br />
Trainingszustand<br />
Neben der Konstitution spielt vorrangig<br />
der aktuelle Trainingszustand<br />
zur Verhütung von <strong>Tennis</strong>verletzungen<br />
eine wichtige Rolle.<br />
Beim <strong>Tennis</strong> sind von grundlegender<br />
Bedeutung die allgemeine<br />
Koordinationsfähigkeit und <strong>Tennis</strong>technik<br />
sowie die konditionellen<br />
Eigenschaften Kraft, Schnelligkeit<br />
und Ausdauer und nicht zuletzt<br />
die Beweglichkeit. Die genannten<br />
Faktoren müssen bei der Gestaltung<br />
des Trainings sowie bei der<br />
Meldung zu <strong>Tennis</strong>turnieren angemessen<br />
berücksichtigt werden. Sie<br />
sind vor allem im Kindesalter und<br />
in den Seniorenklassen wichtig.<br />
Vorbereitung auf Training<br />
und Wettkampf<br />
Mangelhafte Vorbereitung auf<br />
Wettkampf und Training ist eine<br />
der wichtigsten Verletzungsursachen.<br />
Eine systematische und umfassende<br />
Vorbereitung betrifft den<br />
Körper und den Geist (»mentale«<br />
Vorbereitung).<br />
Die physische Vorbereitung hat<br />
das Ziel, Herz-Kreislauf-System<br />
und Muskelstoffwechsel auf<br />
erhöhte Leistungsbereitschaft einzustellen.<br />
Dies kann durch allgemeine<br />
sportliche Betätigung (z.B.<br />
Jogging) oder durch systematisches<br />
<strong>Tennis</strong>training (z.B. Einschlagen)<br />
erfolgen. Darüber hinaus<br />
muß der gesamte Bewegungsapparat<br />
(neuro-muskuläre Koordinaton,<br />
Mobilität der Gelenke, Dehnfähigkeit<br />
der Arbeitsmuskulatur<br />
und seiner Antagonisten) auf teilweise<br />
extreme Belastungen (z.B.<br />
schnellstmöglicher Wechsel von<br />
konzentrischer und exzentrischer<br />
Muskelkontraktion, Unebenheiten<br />
in der Platzoberfläche, rutschfester<br />
Untergrund) vorbereitet werden.<br />
Eine intakte intra- und intermuskuläre<br />
Koordination wird über die<br />
systematische Wiederholung der<br />
einzelnen Schlagabläufe (auch<br />
unter Wettkampfbedingungen) erreicht.<br />
Die besonders beanspruchten<br />
Gelenke (z.B. Schultergelenk<br />
230
und Wirbelsäule) werden durch<br />
spezielle Schwungübungen (beachte:<br />
präzise Bewegungsführung)<br />
und systematisches Stretching vorbereitet.<br />
Darüber hinaus sollten<br />
alle stark beanspruchten <strong>Band</strong>strukturen<br />
(wie z.B. Sprunggelenke)<br />
auf ihre spannungsprüfende<br />
und -sichernde Funktion<br />
vorbereitet werden; dies gelingt<br />
durch Seilspringen, Hoch- und<br />
Seitwärtssprünge sowie vor allem<br />
durch entsprechendes <strong>Tennis</strong>training<br />
auf dem Platz (Zuspiel:<br />
links/rechts und kurz/lang).<br />
Die Wirkung des Aufwärmprogrammes<br />
wird durch die jeweils<br />
richtige Kleidung gefördert. Normalerweise<br />
sollte die als Wärmeschutz<br />
dienende Überbekleidung<br />
(z.B. Trainingsanzug) gegen Ende<br />
der Aufwärmphase abgelegt<br />
werden, um einer unnötigen Erhöhung<br />
der Körperkerntemperatur<br />
und einem überflüssigen Flüssigkeitsverlust<br />
vorzubeugen; gleichzeitig<br />
erhält der Spieler frühzeitig<br />
das richtige Feingefühl für die<br />
Wettkampfsituation.<br />
Die <strong>Tennis</strong>spieler im Jungseniorenund<br />
Seniorenalter müssen wegen<br />
der Abnahme der Elastizitätseigenschaften<br />
verschiedener Gewebsstrukturen<br />
im Alter (z.B. Muskel,<br />
Bänder und Gelenkknorpel) ein<br />
längeres Aufwärmprogramm mit<br />
entsprechender Akzentverschiebung<br />
durchführen als Kinder und<br />
Jugendliche.<br />
Eine positive geistige Einstellung<br />
zu Inhalt und Belastungsanforderungen<br />
im Training und Wettkampf<br />
trägt zur Vorbeugung von<br />
<strong>Tennis</strong>verletzungen bei. Dies betrifft<br />
vor allem die richtige innere<br />
Einstellung zur realen eigenen Leistung<br />
(gegebenenfalls unter<br />
Berücksichtigung äußerer Einflüsse<br />
wie Gegner, Platzbeschaffenheit<br />
und Witterung), die Motivierung<br />
zur bestmöglichen Leistung und<br />
Konzentration sowie mentale<br />
Übereinstimmung mit den<br />
wesentlichen Zielen in Training<br />
und Wettkampf.<br />
Regeneration nach der<br />
Belastung<br />
Nach anstrengendem Training und<br />
aufreibenden Wettkämpfen sorgt<br />
eine dosierte Abkühlung des Körpers<br />
mit gleichzeitiger Entlastung<br />
der Psyche für frühzeitige Erholung<br />
und schnellstmögliche Regeneration,<br />
so daß vorgegebene<br />
Trainings- und Wettkampfzeiten in<br />
ausgeruhterem Zustand angegangen<br />
werden können. Auslaufen<br />
oder gemäßigtes Schlagtraining<br />
nach dem Wettkampf und Lockerungsgymnastik<br />
mit Stretching<br />
sowie physiotherapeutische und<br />
balneologische Maßnahmen wie<br />
Massagen, Bestrahlungen, Bäder<br />
und Sauna tragen einzeln oder<br />
kombiniert zur beschleunigten<br />
Regeneration bei. Auch eine trainings-<br />
und wettkampfadäquate<br />
Ernährung hat in diesem Zusammenhang<br />
einen hohen Stellenwert.<br />
Zu den psychologischen Methoden<br />
der Wiederherstellung gehören<br />
die Verfahren des Autogenen<br />
Trainings und der Progressiven<br />
Muskelrelaxation (s. auch S. 192).<br />
Die Kenntnis solcher Verfahren ist<br />
für Spieler und Trainer von großem<br />
Nutzen.<br />
Ausreichende Schlafdauer (auch<br />
zwischen einzelnen Trainingseinheiten<br />
und den Wettkämpfen)<br />
und geregelter Schlafrhythmus<br />
unterstützen die physische und<br />
psychische Regeneration.<br />
Verhalten bei Verletzungen<br />
und nach Erkrankungen<br />
<strong>Tennis</strong>verletzungen heilen in Abhängigkeit<br />
von Schweregrad und<br />
Lokalisation sowie den individuellen<br />
Voraussetzungen (Veranlagung<br />
und Verhalten) unterschiedlich<br />
schnell. Eine vollständige Wiederherstellung<br />
setzt voraus, daß<br />
der Therapeut über gründliche<br />
Kenntnisse der Heilungsvorgänge<br />
ebenso verfügt wie über spezielle<br />
Erfahrungen zu den Anforderungen<br />
im <strong>Tennis</strong>sport. Nur unter<br />
diesen Voraussetzungen können<br />
unterschiedlich wirkende Rehabilitationsprogramme<br />
gezielt eingesetzt<br />
werden, damit dem Sportler<br />
eine frühzeitige und erfolgreiche<br />
Rückkehr in Training und Wettkampf<br />
möglich wird.<br />
Prinzipiell sind die verordneten<br />
Belastungspausen nach einer Verletzung<br />
dringend einzuhalten, und<br />
während der typischen Heilungszeiten<br />
besteht absolutes <strong>Tennis</strong>verbot.<br />
Die Verordnung einer<br />
Belastungspause bedeutet aber<br />
keineswegs die komplette Ruhigstellung.<br />
Schließlich gibt es mehrere<br />
Maßnahmen (z.B. kontralaterales<br />
Training, Muskelaufbau durch statische<br />
Übungen, stützende Tapeverbände<br />
usw.), die den Heilungsprozeß<br />
unterstützen und verkürzen.<br />
- Bereits geringsten Anzeichen<br />
einer Verletzung (z. B. Muskelziehen<br />
als Vorboten einer Muskelzerrung<br />
bzw. eines Muskelfaserrisses<br />
sowie Bewegungsschmerzen<br />
im Schulter- oder Ellbogengelenk<br />
nach umfangreichem<br />
Training) muß erhöhte Aufmerksamkeit<br />
geschenkt und in Zweifelsfällen<br />
durch einen sofortigen<br />
Arztbesuch gegengesteuert werden.<br />
Falsch verstandener Ehrgeiz<br />
seitens der Spieler und ihres persönlichen<br />
Umfeldes (z.B. Eltern)<br />
bewirken häufig fatale Folgen für<br />
Gesundheit und Leistungsfähigkeit.<br />
Nach bakteriellen oder viralen<br />
Infekten (z.B. eitrige Mandelentzündung<br />
oder allgemeine Viruserkrankungen)<br />
ist darauf zu achten,<br />
daß ein ernsthaftes Training erst<br />
nach vollständiger Heilung wieder<br />
231
Sportmedizinische Aspekte<br />
ummmmAmMmk»hh,Jh. t m<br />
.•«M1MW<br />
Blutabnahme zur Laktatbestimmung<br />
aufgenommen wird; anderenfalls<br />
besteht höchste Gefahr, daß die<br />
Krankheitsdauer unverhältnismäßig<br />
verlängert oder gar eine<br />
Absiedlung der Krankheitskeime<br />
in wichtige Organsysteme (z. B.<br />
Herz) provoziert wird.<br />
Technische Ausrüstung<br />
und <strong>Tennis</strong>platz<br />
Die individuell richtige Auswahl<br />
des <strong>Tennis</strong>schlägers (Materialien,<br />
Sweetspot, Gewichtsverteilung<br />
und Griffstärke), der Saite<br />
(Bespannungshärte, Dehnungseigenschaften)<br />
und der Schuhe<br />
(Fußbett, Sohlenprofil, Fersensitz,<br />
Zehenfreiheit und Bequemlichkeit)<br />
können ebenfalls eine beachtliche<br />
Rolle in der Verhütung von <strong>Tennis</strong>verletzungen<br />
spielen.<br />
Häufig wird der notwendigen Umgewöhnung<br />
auf eine neue Platzoberfläche<br />
zu wenig Beachtung<br />
geschenkt. Die unterschiedlichen<br />
Bodenbeläge (Sand, Granulat,<br />
Teppichboden und Hartplatz)<br />
erfordern nicht nur eine unterschiedliche<br />
Spieltaktik, sondern<br />
vor allem auch eine veränderte<br />
Lauftechnik mit (plötzlich) veränderten<br />
Belastungsbedingungen für<br />
die Gelenke. Gepflegte Sandplätze<br />
sind prinzipiell für den Bewegungsapparat<br />
erheblich schonungsvoller<br />
als rutschfeste Beläge.<br />
Leistungskontrolle<br />
und Leistungstest<br />
Bedeutung der<br />
Leistungskontrolle<br />
Leistungskontrollen sind unverzichtbare<br />
Instrumente für einen<br />
modernen Steuer- und Regelungsprozeß<br />
von Training und Wettkampf.<br />
Hierbei bauen die einzelnen<br />
Entscheidungen zur Änderung<br />
des Trainings (bewußt oder unbewußt)<br />
auf den Ergebnissen der<br />
vorhergehenden Leistungsdiagnose<br />
auf. Die verschiedenen<br />
232
Leistungskontrolle und Leistungstest<br />
Kontrollverfahren im Leistungssport<br />
werden auch als Untersuchungsverfahren,<br />
diagnostische<br />
Verfahren, Meßverfahren, Leistungsüberprüfung<br />
oder allgemein<br />
als Test bezeichnet. Im <strong>Tennis</strong> werden<br />
die Beobachtung (unsystematisch/systematisch<br />
bzw. ohne/mit<br />
Dokumentation) und der sportmotorische<br />
Test (vor allem Konditionstest)<br />
als häufigste Kontrollverfahren<br />
eingesetzt.<br />
Die komplexen Vorgänge der Leistungsdiagnose<br />
auf der Basis einer<br />
vorherigen Analyse des sportartspezifischen<br />
Beanspruchungsprofils<br />
sowie Planung, Durchführung<br />
und Überprüfung des<br />
Trainings werden in der Trainingswissenschaft<br />
als Steuerung und<br />
Regelung der sportlichen Leistung<br />
oder vereinfacht als Trainingssteuerung<br />
bzw. Leistungssteuerung<br />
bezeichnet. Folglich benötigt<br />
der Trainer für die Trainingssteuerung<br />
(Leistungssteuerung) stetig<br />
neue Informationen zum aktuellen<br />
Trainingszustand seiner Athleten<br />
bzw. Spieler. Nur hiermit kann er<br />
das Training so gestalten, daß es<br />
für seine Schützlinge die optimale<br />
Belastung (und Belastungsverteilung)<br />
gewährleistet.<br />
Auch im <strong>Tennis</strong> erhält der Trainer<br />
diese Informationen aus der Kontrolle<br />
(im weitesten Sinne) seiner<br />
Spieler. Dazu gehört auch, daß er<br />
die Umsetzung des Trainingsplans<br />
in die Trainingspraxis kontrolliert.<br />
Leistungskontrollen sollten nicht<br />
nur im Training eingesetzt werden;<br />
besonders die im Wettkampf unter<br />
höchster psychischer und physischer<br />
Belastung ermittelten Werte<br />
münden in konkrete Hinweise, die<br />
für die Trainingssteuerung von<br />
großer Wichtigkeit sind. Unter<br />
echten Wettkampfbedingungen<br />
sind allerdings die einzelnen Leistungskomponenten<br />
oft nur unter<br />
größten Schwierigkeiten (z. B.<br />
Start- und Laufschnelligkeit) oder<br />
überhaupt nicht zu erheben (z. B.<br />
Antizipation/Reaktion). Darüber<br />
hinaus ist es geradezu ein Kennzeichen<br />
des Sportspiels <strong>Tennis</strong>, daß<br />
bei jedem Wettkampf inkonstante<br />
Rahmenbedingungen (Platzoberfläche,<br />
Witterung, Gegner u.a.)<br />
die Zuverlässigkeit der Kontrollwerte<br />
verringern.<br />
Zusammenfassend haben Leistungskontrollen<br />
im Training und<br />
Wettkampf vorrangig zwei Aufgaben,<br />
welche in der Regel gekoppelt<br />
werden können:<br />
• Exakte Diagnose von Stärken<br />
und Schwächen in leistungsrelevanten<br />
Teilkomponenten und<br />
in der Gesamtleistung.<br />
• Objektive Kontrolle des Trainingserfolges<br />
(oder Trainingsmißerfolges)<br />
und der eingesetzten<br />
Trainingsinhalte und<br />
-methoden; hiermit sind häufig<br />
konkrete Belege für die Trainierbarkeit<br />
des Individuums<br />
erhältlich, so daß objektivere<br />
Aussagen zur zukünftigen<br />
Leistungsentwicklung ermöglicht<br />
werden.
Sportmedizinische Aspekte<br />
Anforderungen an<br />
Kontrollverfahren<br />
Der wichtigste Schritt vor der Leistungsdiagnostik<br />
und Trainingsberatung<br />
ist die Erstellung eines Prioritätenkataloges<br />
für bedeutsame,<br />
leistungsbestimmende Komponenten,<br />
weil hiermit die Trainingsziele<br />
präzisiert und hierarchisiert werden<br />
können. Die Rangfolge der<br />
leistungsbestimmenden Merkmale<br />
einerseits und die Trainingsziele<br />
andererseits müssen aber nicht<br />
identisch sein, denn leistungsbestimmende<br />
Merkmale sind nur<br />
dann wertvolle Trainingsziele,<br />
wenn sie lohnend trainierbar sind.<br />
Die Gewichtung der Trainingsziele<br />
hängt also von der Plazierung als<br />
leistungsbestimmende Komponenten<br />
und von der Trainierbarkeit ab.<br />
Die Identifikation von Einflußgrößen<br />
ist im <strong>Tennis</strong> besonders<br />
schwierig, da die Kompensationsmöglichkeiten<br />
(z.B. Qualität von<br />
Aufschlag oder Netzspiel einerseits<br />
und Grundschläge andererseits in<br />
Abhängigkeit vom Spielertyp<br />
usw.) in einer komplexen Sportart<br />
erheblich zunehmen. Heutige<br />
Dichte der internationalen Spitzenklasse<br />
sowie hohe Quantität<br />
und Qualität der Trainings- und<br />
Wettkampfbeanspruchungen im<br />
Leistungstennis sprechen jedoch<br />
für die Durchführung von Leistungskontrollen,<br />
da bereits minimale<br />
Verbesserungen von Detailfaktoren<br />
einen entscheidenden<br />
Fortschritt beinhalten können.<br />
Allerdings muß dem Trainer eindeutig<br />
bekannt sein, welche<br />
Leistungskomponente(n) das Kontrollverfahren<br />
erfassen soll und<br />
welche Schlußfolgerungen er aus<br />
den erhaltenen Ergebnissen ableiten<br />
kann. Ergebnisse aus Leistungskontrollen<br />
müssen mit<br />
Durchschnitts- und Zielwerten<br />
Abb. 126 Ablaufplan einer Leistungskontrolle<br />
und seine Folgen<br />
verglichen werden. Normprofile<br />
mit repräsentativen Vergleichsbzw.<br />
Orientierungswerten (trainingswissenschaftliche<br />
Leistungsdiagnostik)<br />
können erst nach umfangreicher<br />
und systematischer<br />
Erfassung von Daten erstellt werden.<br />
Hierdurch wird eine objektive<br />
Bewertung individueller Testergebnisse<br />
aus der trainingspraktischen<br />
Leistungsdiagnostik möglich.<br />
Wegen der Komplexität des <strong>Tennis</strong>sports<br />
und der Kompensierbarkeit<br />
der einzelnen Fähigkeiten<br />
untereinander ist die Beachtung<br />
eines Toleranzbereiches bei Abweichungen<br />
von der statistischen<br />
Norm wichtig.<br />
Die Ergebnisse aus Leistungskontrollen<br />
sind nur brauchbar (Abb.<br />
126), wenn das verwendete Verfahren<br />
den Hauptgütekriterien eines<br />
Tests (Objektivität, Zuverlässigkeit<br />
und Gültigkeit) genügt.<br />
In der Regel können nämlich Erkenntnisse<br />
aus Leistungskontrollen<br />
nicht viel wert sein, wenn die Kontrollmethode<br />
den genannten<br />
wissenschaftlichen Rahmenbedingungen<br />
nicht standhält. Wichtigstes<br />
und zugleich schwierigstes<br />
Gütekriterium einer Leistungskontrolle<br />
ist die Gültigkeit. Die<br />
Gültigkeit (Validität) kennzeichnet<br />
den Grad der Genauigkeit, mit<br />
dem das Kontrollverfahren tatsächlich<br />
das (sportartspezifisch<br />
relevante) Merkmal erfaßt, das es<br />
bestimmen soll.<br />
Wer zum Beispiel die allgemeine<br />
aerobe Grundlagenausdauer eines<br />
<strong>Tennis</strong>spielers mittels eines 1000-<br />
m-Laufes kontrollieren will, hat ein<br />
Kontrollverfahren ausgewählt,<br />
dessen Ergebnisse wenig Gültigkeit<br />
für den genannten Aussagebereich<br />
besitzt. Die Laufleistung<br />
über 1000 m (und beim 6-Minuten-Lauf)<br />
hängt nämlich neben<br />
der allgemeinen aeroben Grundlagenausdauer<br />
auch von der anaeroben<br />
Ausdauerleistungsfähigkeit<br />
und von verschiedenen psychischen<br />
Qualitäten (Leistungsmotivation,<br />
Wille) ab. Die Bestimmung<br />
der anaeroben Schwelle über<br />
einen Stufentest mit Blutlaktat-<br />
Kontrollen ist für das angestrebte<br />
Untersuchungsziel das erheblich<br />
bessere Verfahren.<br />
Die Objektivität bezeichnet den<br />
Grad der Unabhängigkeit der<br />
Ergebnisse des Kontrollverfahrens<br />
gegenüber Einflüssen bei der<br />
Durchführung und der Auswertung.<br />
Für die <strong>Tennis</strong>praxis bedeutet<br />
dies, daß ein Test dann objektiv<br />
ist, wenn verschiedene Beobachter<br />
oder <strong>Tennis</strong>trainer bei voneinander<br />
unabhängiger Erfassung der Testleistung<br />
im gleichen Zeitraum und<br />
gegebenenfalls am anderen Ort<br />
das gleiche Testresultat ermitteln.<br />
Detaillierte Angaben von präzisen<br />
und trennscharfen Richtlinien bei<br />
der Auswertung des Tests (insbesondere<br />
bei Technik-Tests) sowie<br />
eine standardisierte Durchführung<br />
des Tests sind folglich unabdingbare<br />
Voraussetzung für eine hohe<br />
Objektivität.<br />
234
Leistungskontrolle und Leistungstest<br />
Die Zuverlässigkeit (Reliabilität)<br />
eines Kontrollverfahrens bezeichnet<br />
den Grad der Genauigkeit, mit der<br />
eine Fähigkeit oder ein Merkmal<br />
des Sportlers erfaßt wird. Ebenso<br />
wie die Objektivität kann die<br />
Zuverlässigkeit eines Tests zahlenmäßig<br />
durch einen Korrelationskoeffizienten<br />
(r) angegeben werden.<br />
Hiermit erhalten wir Rückschlüsse,<br />
inwieweit das Testergebnis durch<br />
Ungenauigkeiten beim Meßvorgang,<br />
Zufall und Übungseffekte<br />
verfälscht wird. Speziell in der <strong>Tennis</strong>praxis<br />
hängt die Zuverlässigkeit<br />
eines Tests häufig von der Stabilität<br />
des geprüften Merkmals ab.<br />
Beispielsweise verfügen Tests zur<br />
Techniküberprüfung speziell bei<br />
Anfängern und Fortgeschrittenen<br />
über eine relativ geringe Zuverlässigkeit,<br />
da die Qualität der Bewegungsausführung<br />
auf dieser Lernstufe<br />
starken Schwankungen<br />
unterworfen ist. Zuverlässige Ergebnisse<br />
bei einem Techniktest können<br />
folglich erst erwartet werden,<br />
wenn die überprüfte Technik (z.B.<br />
Aufschlag oder Vorhand-Topspin)<br />
weitgehend automatisiert ist.<br />
Direkte und indirekte<br />
Leistungskontrollen<br />
Leistungskontrollen können im<br />
Training unter speziellen Bedingungen<br />
oder im Wettkampf erfolgen.<br />
Werden die komplexe sportliche<br />
Leistung bzw. die interessierenden<br />
leistungsbestimmenden<br />
Merkmale innerhalb eines Wettkampfes<br />
registriert, so wird dies<br />
als direkte Leistungskontrolle<br />
bezeichnet.<br />
Im Gegensatz zu einfacher strukturierten<br />
Sportarten, wie 100-m-<br />
Lauf, Kugelstoßen oder 1500-m-<br />
Freistilschwimmen, sind bei der<br />
Datenerhebung im <strong>Tennis</strong> erheblich<br />
größere Schwierigkeiten zu<br />
erwarten, da die komplexe Spielleistung<br />
von zahlreichen Einflußgrößen<br />
abhängt. Werden dagegen<br />
im Training spezielle Situationen<br />
konstruiert, in denen besondere<br />
Bewegungsaufgaben zu erfüllen<br />
sind (z.B. gelungener Vorhand-<br />
Topspin in speziellen Situationen<br />
oder 10-m-Sprint) handelt es sich<br />
um indirekte Leistungskontrolle;<br />
hierbei können in der Regel einzelne<br />
Leistungskomponenten<br />
isoliert untersucht werden.<br />
Der sportmotorische Test (z. B. der<br />
allgemeine sportmotorische Test<br />
für Kinder von 6 bis 11 Jahren<br />
oder der Konditionstest-<strong>Tennis</strong> für<br />
jugendliche <strong>Tennis</strong>spieler ab 11<br />
Jahren oder der Cooper-Test usw.)<br />
ist beispielsweise eine Methode<br />
der indirekten Leistungskontrolle;<br />
denn die Forderung nach Standardisierung<br />
der Testsituation schließt<br />
eine Verwendung in Wettkampfsituationen<br />
weitgehend aus. Auch<br />
sportmedizinische Labortests, psychologische<br />
Testverfahren und<br />
biomechanische Untersuchungen<br />
sind indirekte Leistungskontrollen.<br />
Die indirekte Leistungskontrolle<br />
besitzt den Vorteil, daß eine verhältnismäßig<br />
hohe Objektivität,<br />
Meßgenauigkeit und Zuverlässigkeit<br />
der Ergebnisse für die einzelnen<br />
überprüften Leistungskomponenten<br />
besteht. Andererseits<br />
bleibt häufig fraglich, ob diese<br />
Ergebnisse (z. B. 10-m-Lauf)auf die<br />
tatsächliche Leistung im <strong>Tennis</strong>wettkampf<br />
übertragen werden<br />
dürfen, weil einige spieltypische<br />
Faktoren, wie z.B. das Erkennen<br />
der Spielsituation, bei der Durchführung<br />
diese Tests unberücksichtigt<br />
bleiben.<br />
Bei der direkten Leistungskontrolle<br />
ist dies genau umgekehrt. Allerdings<br />
bringt die reale Wettkampfsituation<br />
in der Regel meßmethodische<br />
Schwierigkeiten (Komplexität<br />
und Schnelligkeit des Spielgeschehens,<br />
störende Meßgeräte für<br />
den Spieler) und produziert unterschiedliche<br />
psychische Variablen,<br />
die in Kombination mit dem erheblichen<br />
Einfluß der Leistung des<br />
Gegners das individuelle Meßergebnis<br />
zusätzlich verfälschen.<br />
Außerdem erlaubt die komplexe<br />
Spielsituation selten die Erhebung<br />
isolierter Leistungskomponenten<br />
(z.B. Antizipation, Schlagschnelligkeit,<br />
aerobe Kapazität), weil sie<br />
zusammen mit anderen Faktoren<br />
in einer ganzheitlichen <strong>Tennis</strong>leistung<br />
miteinander verschmelzen.<br />
Die Frage nach der richtigen Vorgehensweise<br />
beschäftigt Trainer<br />
und Theoretiker. Soll sich das<br />
Urteil auf konkrete Trainings-<br />
Testergebnisse oder eher auf die<br />
subjektive Einschätzung stützen?<br />
Beide Möglichkeiten weisen Vorund<br />
Nachteile auf, so daß ein<br />
guter Trainer sowohl seine persönlichen<br />
Beobachtungen und Erfahrungen<br />
aus Training und Wettkampf<br />
als auch verschiedene<br />
objektiv erhobene Meßergebnisse<br />
in isolierten Trainingssituationen<br />
und im komplexen Wettkampfgeschehen<br />
in sein Urteil und die entsprechende<br />
Trainingssteuerung<br />
einfließen lassen sollte.<br />
Terminierung der<br />
Leistungskontrollen<br />
im Trainingsprozeß<br />
Die zunehmende Berücksichtigung<br />
von Leistungskontrollen führte in<br />
den vergangenen Jahren dazu,<br />
daß der Trainingszustand des<br />
Sportlers und dessen Leistungsentwicklung<br />
besser als früher erfaßt<br />
und somit das Training ökonomischer<br />
gestaltet werden konnte.<br />
Auf dieser Grundlage gelang es,<br />
das sportliche Training vom unkontrollierten,<br />
zufälligen Einfluß<br />
auf Erfolg oder Mißerfolg zum<br />
235
Sportmedizinische Aspekte<br />
ökonomischen und leistungsoptimierenden<br />
Trainingsprozeß zu entwickeln.<br />
Leistungskontrollen werden vorrangig<br />
zu folgenden Zeitpunkten<br />
durchgeführt:<br />
• Leistungskontrolle zu Beginn<br />
einer Trainingsperiode:<br />
Sie dient als Grundlage für die<br />
Fixierung des individuellen Leistungszustandes<br />
und damit für<br />
die Zuordnung zur geeigneten<br />
Trainingsgruppe mit der Möglichkeit<br />
zur individuell richtigen<br />
Belastungsdosierung. Je exakter<br />
das Ausgangsniveau in den<br />
zu trainierenden Fähigkeiten<br />
bekannt ist, desto effektiver<br />
kann der <strong>Tennis</strong>spieler belastet<br />
werden.<br />
• Leistungskontrolle während des<br />
Trainingszyklus:<br />
Sie dient zur laufenden Kontrolle<br />
der Leistungsentwicklung<br />
in Verbindung mit der stetigen<br />
Überprüfung der Effektivität<br />
der Trainingsmaßnahmen und<br />
der Möglichkeit einer Feinregulierung<br />
(z. B. Erhöhung oder<br />
Verminderung der Trainingsbelastung).<br />
• Leistungskontrolle am Ende<br />
einer Trainingsperiode:<br />
Sie hat vorrangig das Ziel, die<br />
Trainingswirksamkeit bestimmter<br />
Trainingsmethoden und<br />
Belastungsnormative zu überprüfen,<br />
und bestimmt maßgeblich<br />
die zukünftige Trainingsund<br />
Wettkampf planung.<br />
Leistungskontrollen müssen stets<br />
ein vorgegebenes Ziel verfolgen,<br />
so daß sie zur Klärung präziser<br />
Fragestellungen beitragen können.<br />
Ein unnötiger Einsatz von<br />
Leistungskontrollen sollte vermieden<br />
werden.<br />
Spektrum der<br />
Leistungskontrolle<br />
Die Vielfalt der leistungsbestimmenden<br />
Einflußgrößen im <strong>Tennis</strong><br />
erfordert multidisziplinär angelegte<br />
Kontrollverfahren. Diese entstammen<br />
entweder unmittelbar<br />
der Trainingswissenschaft bzw.<br />
Trainingspraxis oder sind eher den<br />
etablierten wissenschaftlichen<br />
Mutter- bzw. Basisdisziplinen (Psychologie,<br />
Medizin, Biomechanik)<br />
zuzuordnen (Tab. 13).<br />
Schwerpunkt trainingswissenschaftlicher<br />
und trainingspraktischer<br />
Testverfahren ist die Diagnostik<br />
technischer, taktischer und<br />
sportartspezifisch-konditioneller<br />
Leistungskriterien. Beispiele hierfür<br />
sind vor allem die sportmotori-<br />
sehen Tests zur Überprüfung konditioneller<br />
und koordinativer<br />
Fähigkeiten oder zur standardisierten<br />
Techniküberprüfung sowie die<br />
systematische Spielerbeobachtung.<br />
Sportmotorische Tests zeichnen<br />
sich in der Regel durch eine enge<br />
Affinität zur Wettkampfpraxis aus.<br />
Der hiermit verbundene, hohe<br />
Praxiswert resultiert aus der engen<br />
Verzahnung von Trainingsinhalt<br />
und Kontrollverfahren. Hierbei<br />
sind Resultate aus Techniktests<br />
(z. B. Technikraster oder Trefferquoten)<br />
meist von größerer Komplexität<br />
als jene aus Konditionstests<br />
und sind folglich schwieriger<br />
zu interpretieren. Typische Beispiele<br />
für sportmotorische Tests im<br />
<strong>Tennis</strong> sind der Pendelsprint<br />
(22 m), der Dreierhop sowie der<br />
beidhändige Medizinball-Weitwurf.<br />
Für den koordinativen<br />
Merkmalbereich sind exemplarisch<br />
der Ball-Beine-Wand-Test, das<br />
Zielwerfen und der Hindernislauf<br />
zu nennen. Nähere Details zu diesen<br />
Themen sind den entsprechenden<br />
Broschüren »Allgemeiner<br />
Sportmotorischer Test« und »Konditionstest-<strong>Tennis</strong>«<br />
zu entnehmen,<br />
die beim DTB erhältlich sind.<br />
Die systematische Spielerbeobachtung<br />
nimmt eine Sonderstellung<br />
Tab. 13<br />
(Trainings)wissenschaftliche Testverfahren<br />
Leistungsdiagnostik im <strong>Tennis</strong><br />
Trainingswissenschaft/<br />
Trainingspraxis<br />
(wissenschaftliche)<br />
Mutter- bzw. Basisdisziplinen<br />
motorischer<br />
Test<br />
systematische<br />
Spielerbeobachtung<br />
psychologischer<br />
Test<br />
medizinischer<br />
Test<br />
biomechanischer<br />
Test<br />
z.B.<br />
• standardisierte<br />
Techniküberprüfung<br />
• allg. u. spez.<br />
Konditionstests:<br />
Altersstufe 6-11<br />
Konditionstest - <strong>Tennis</strong><br />
z.B.<br />
• quantitativ:<br />
- Schlagerfolg<br />
- Schlagrichtung<br />
- Drall<br />
• qualitativ:<br />
- Videoanalyse<br />
z.B.<br />
• Konzentration<br />
• Motivation<br />
• Streß<br />
z.B.<br />
• Cesundheitsstatus<br />
• Reaktionen<br />
und Adaptionen<br />
in Training und Wettkampf<br />
• Ausdauer<br />
z.B.<br />
• Laufgeschwindigkeit,<br />
Laufbeschleunigung<br />
• Schlägerführung,<br />
Schlägergeschwindigkeit,<br />
Schlägerbeschleunigung<br />
236
Leistungskontrolle und Leistungstest<br />
unter den Kontrollverfahren ein,<br />
da sie den Spieler in der realen<br />
Trainings- und Wettkampfsituation<br />
beobachtet und zugleich objektive<br />
und exakte »harte« Daten<br />
liefert. Im Gegensatz zu den übrigen<br />
Kontrollverfahren erfolgt sie<br />
nicht unter speziellen Testbedingungen<br />
außerhalb des Wettkampfes.<br />
Grundsätzlich kann im <strong>Tennis</strong><br />
die freie Spielerbeobachtung<br />
(»Scouting«), bei der die Leistungsbeurteilung<br />
unsystematisch<br />
durch das Gedächtnis über das<br />
Handdiktiergerät oder über die<br />
Videokamera erfolgt, von der gebundenen,<br />
systematischen Spielerbeobachtung<br />
unterschieden<br />
werden. Letztere zeichnet sich<br />
dadurch aus, daß die Spielerleistungen<br />
bzw. das Spielgeschehen<br />
systematisch nach vorgegebenem<br />
Raster protokolliert und die<br />
Ergebnisse statistisch aufbereitet<br />
werden.<br />
Abb. 127 Prozentuale Gegenüberstellung der Gewinn- und Verlustschläge tiefer und<br />
hoher Volleys sowie bei Vorhand- und Rückhand-Volleys im Wimbledon-Finale 1990<br />
Abb. 128 Funktions- und Ablaufmodell einer systematischen Videoanalyse von<br />
Trainer und Assistent (FERRAUTI/WEBER 1991)<br />
Eine Sonderform der gebundenen<br />
Spielerbeobachtung ist die systematische<br />
Spielerbeobachtung über<br />
ein elektronisches Datenverarbeitungssystem,<br />
das eine unmittelbare<br />
Datenauswertung während<br />
des Wettkampfes oder unmittelbar<br />
nach dessen Beendigung (»online«)<br />
erlaubt. Individuelle, technik-<br />
und situationsspezifische<br />
Schwächen (z. B. tiefer Vorhand-<br />
Volley von Becker im Wimbledon-<br />
Finale 1990 gegen Edberg) können<br />
auf diese Weise ermittelt werden<br />
(Abb. 127).<br />
Video-Aufzeichnungen nehmen<br />
eine Sonderstellung ein; zum<br />
einen kann die Aufzeichnung<br />
unsystematisch,zumanderen systematisch<br />
zubereitet werden.<br />
Durch die Koppelung von Computer<br />
und Videorecorder (interaktives<br />
Videosystem) ist darüber hinaus<br />
eine systematische Videoanalyse<br />
möglich (Abb. 128). Dabei wird<br />
über die quantitative Spielanalyse<br />
237
Sportmedizinische Aspekte<br />
mittels computergestützter Spielerbeobachtung<br />
eine Selektion von<br />
Spielszenen aus dem gesamten<br />
Match vorgenommen (z.B. häufige<br />
Fehler einer speziellen Schlagtechnik),<br />
und man führt jene der<br />
subjektiven Analyse am Videorecorder<br />
zu. Dieses Verfahren<br />
eignet sich besonders für visuell<br />
orientierte Trainer und Spieler, da<br />
diese auf der Basis »harter« Daten<br />
die Entwicklungsgeschichte technischer<br />
und taktischer Stärken<br />
bzw. Mängel am Bildschirm verfolgen<br />
können, ohne auf Objektivität,<br />
Präzision und Repräsentativität<br />
verzichten zu müssen.<br />
Psychologische Testverfahren<br />
dienen der Erfassung psychischer<br />
Leistungsfaktoren (z.B. Konzentrationsfähigkeit<br />
und Leistungsmotivation).<br />
Allerdings ist ihre<br />
Übertragbarkeit auf tennisspezifische<br />
Anforderungen nicht gesichert.<br />
Deshalb empfiehlt es sich,<br />
in der direkten Kontrolle das Verhalten<br />
der Spielerinnen und Spieler<br />
in Training und Wettkampf systematisch<br />
zu beobachten; gegebenenfalls<br />
sind die Spielerinnen und<br />
Spieler auch direkt zu befragen,<br />
um auf der Grundlage dieser Beobachtungen<br />
bzw. Aussagen auf<br />
die psychischen Faktoren, die den<br />
Hintergrund des Verhaltens darstellen,<br />
schließen zu können.<br />
Medizinische Testverfahren<br />
ermöglichen die objektive Erfassung<br />
zahlreicher Parameter des Herz-<br />
Kreislauf-Systems und des Muskelstoffwechsels<br />
sowie des Bewegungsapparates.<br />
Der Schwerpunkt<br />
ihrer Anwendung liegt in der Überprüfung<br />
des Gesundheitsstatus<br />
und vorrangig in der Erfassung der<br />
Ausdauerleistungsfähigkeit sowie<br />
von Kraft und Beweglichkeit wichtiger<br />
Muskelgruppen. Speziell die<br />
Laktatdiagnostik erlaubt Felduntersuchungen<br />
unter sportartspezifischen<br />
Belastungsbedingungen<br />
direkt am Trainings- und Wettkampfort<br />
mit unmittelbarer Ergebnisauswertung.<br />
Weitere Parameter<br />
wie Harnstoff, Ammoniak, Eisen<br />
und Magnesium eröffnen zusätzliche<br />
Möglichkeiten zu einer präziseren<br />
Dosierung der Belastung<br />
(Reizhöhe, Reizumfang) und Erholung<br />
(Regeneration, Übertraining).<br />
Mit ihren Teildisziplinen Innere<br />
Medizin/Kardiologie sowie<br />
Orthopädie/Traumatologie wendet<br />
sich die Sportmedizin neben den<br />
leistungsmedizinischen Aspekten<br />
inzwischen vermehrt gesundheitsvorsorgenden<br />
Gesichtspunkten zu.<br />
Biomechanische Testverfahren<br />
bedienen sich vorrangig hochdifferenzierter<br />
Meßverfahren und<br />
ermöglichen die Erfassung zahlreicher<br />
kinematischer und dynamischer<br />
Meßgrößen. Hochwertige<br />
Videokameras mit extremer Zeitlupe,<br />
elektronische Verfahren zur<br />
Bestimmung von Körperwinkeln,<br />
telemetrische Datenübermittlung<br />
und Kraftmeßplatten sind Beispiele<br />
bewährter und typischer<br />
biomechanischer Untersuchungsmethoden.<br />
Im <strong>Tennis</strong> eröffnet insbesondere<br />
die mehrdimensionale<br />
kinematische Analyse von Technik<br />
(z.B. Ballhochwurf, Schlägerschwung<br />
und Treffpunkt beim<br />
Aufschlag sowie Antizipation,<br />
Schlägerführung und Gelenkwinkel<br />
beim Return) sowie von Laufwegen<br />
und Laufgeschwindigkeiten<br />
einen steigenden praktischen<br />
Nutzen.<br />
Abschließend wird ergänzend darauf<br />
hingewiesen, daß auch die<br />
Trainingsdokumentation im weiteren<br />
Sinne zu den Kontrollverfahren<br />
gehört. Unter Trainingsdokumentation<br />
versteht man die systematische<br />
Registrierung und Aufzeichnung<br />
sämtlicher Trainingsinhalte,<br />
-umfange und -intensitäten sowie<br />
der verschiedenen Trainingsmethoden<br />
und Wiederherstellungsmaßnahmen.<br />
Auch Verletzungen<br />
bzw. Krankheiten und andere<br />
Besonderheiten (z.B. klimatische<br />
Bedingungen usw.) werden aufgelistet.<br />
Darüber hinaus sollten<br />
Zeitpunkt und Ergebnisse aller<br />
Leistungskontrollen und Wettkämpfe<br />
exakt vermerkt werden.<br />
<strong>Tennis</strong> unter<br />
extremen<br />
Bedingungen<br />
Training und<br />
Wettkampf bei Hitze<br />
Während schwerer muskulärer<br />
Arbeit ist die Wärmeabgabe mittels<br />
Verdampfung die wichtigste regulatorische<br />
Maßnahme. Zwecks<br />
Erhaltung des Temperaturgleichgewichts<br />
müßte ein <strong>Tennis</strong>spieler<br />
unter normalen Trainingsbedingungen<br />
ca. 600 kcal/h über seine Körperoberfläche<br />
abgeben. Bei totaler<br />
Verdunstung des Schweißes würde<br />
dies einer Schweißproduktion von<br />
1000 ml/h entsprechen. Da im<br />
Durchschnitt jedoch nur 40% des<br />
produzierten Schweißes total verdampft<br />
werden, wäre sogar eine<br />
Schweißproduktion von 2,5 l/h<br />
notwendig.<br />
Im <strong>Tennis</strong>training und -wettkampf<br />
nimmt das Körpergewicht - vornehmlich<br />
durch Schweißabgabe -<br />
durchschnittlich um ca. 1 kg/<br />
Stunde (Frauen ca. 1/3 weniger)<br />
ab. Da höchstens die Hälfte des<br />
Schweißes verdampft, beträgt die<br />
Hitzeabgabe durch Verdunstung<br />
etwa die Hälfte der produzierten<br />
Wärmemenge, so daß sich die<br />
Körperkerntemperatur erhöht.<br />
Förderung der Schweißproduktion<br />
und deren Verdampfung durch<br />
luftige Kleidung sowie stetige<br />
238
<strong>Tennis</strong> unter extremen Bedingungen<br />
Flüssigkeitszufuhr (einschließlich<br />
Aufenthalt im Schatten beim Seitenwechsel)<br />
verhindern einen<br />
extremen Anstieg der Körpertemperatur,<br />
die leistungsfeindlich und<br />
gesundheitsgefährdend wirken<br />
kann. Wasserverlust in größeren .<br />
Mengen verringert in erster Linie<br />
das Durchhaltevermögen und den<br />
Leistungswillen und ist teilweise<br />
mit Muskel- und Bauchschmerzen<br />
sowie Benommenheit und<br />
Schwäche verbunden. Bei einem<br />
Wasserdefizit unter 6% des Körpergewichts<br />
(z. B. 2 kg Gewichtsverlust<br />
bei 40 kg schwerem Kind)<br />
können als Hauptsymptome<br />
Durst, Körperschwäche, Reizbarkeit,<br />
Aggressivität und unter Umständen<br />
Muskelkrämpfe auftreten.<br />
Ab einem Wasserdefizit von mehr<br />
als 6% (z. B. 3,5 kg bei einem<br />
Jugendlichen mit 50 kg nach täglich<br />
zweimaligem Training ohne<br />
Flüssigkeitszufuhr) ist mit einer offensichtlichen<br />
Schwächung der<br />
körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit<br />
zu rechnen. <strong>Tennis</strong>wettkämpfe<br />
und längerdauerndes<br />
<strong>Tennis</strong>training unter hohen Umgebungstemperaturen<br />
bedürfen<br />
folglich einer regelmäßigen Einnahme<br />
von Flüssigkeit. Als Orientierungsmaß<br />
kann die Aufnahme<br />
von 150 bis 200 ml Wasser pro<br />
15 Minuten gelten.<br />
Zwei Einzel unter Wettkampfbedingungen<br />
oder zweimaliges <strong>Tennis</strong>training<br />
(z. B. 9 bis 11 und 15<br />
bis 17 Uhr) verursachen an warmen<br />
und feuchten Tagen Verluste<br />
von 3 bis 6 I.<br />
Hiermit werden neben Kochsalz<br />
(ca. 20 g NaCI pro Liter Schweiß)<br />
auch andere Elektrolyte wie<br />
Kalium und Magnesium sowie<br />
wichtige Spurenelemente wie<br />
Eisen ausgeschieden. Unter den<br />
Bedingungen des heutigen Leistungstrainings<br />
(zweimaliges<br />
Training täglich, Trainingslager in<br />
südlicheren Regionen, Turnierserie<br />
in feuchtheißen Ländern) müssen<br />
daher die Wasserverluste und das<br />
Defizit an Elektrolyten und Spurenelementen<br />
systematisch ausgeglichen<br />
werden. Für den Erhalt der<br />
Leistungsfähigkeit sind vor allem<br />
der Kalium- und Magnesiumhaushalt<br />
sowie das Eisen (speziell für<br />
Frauen) besonders wichtig. Folglich<br />
muß bereits vor dem Auftreten<br />
entsprechender Mangelerscheinungen<br />
überlegt werden, ob<br />
spezielle Ernährungsvarianten oder<br />
gezielte Substitutionsmaßnahmen<br />
(z.B. Eisen-Dragees, Magnesium-<br />
Tabletten) einer Leistungseinbuße<br />
vorbeugen können. Handelsübliche<br />
Fertigpräparate (»isotonische<br />
Durstlöscher«) werden den Erfordernissen<br />
des Leistungssports<br />
nicht gerecht, da üblicherweise<br />
nur ein geringer Gehalt an Magnesium<br />
und Kalium vorliegt und<br />
das Eisen fehlt (s. Tab. 16, S. 248).<br />
Bei erhöhter Außentemperatur<br />
steigt die Milchsäurekonzentration<br />
im Blut bereits früher an, weil zugunsten<br />
einer Mehrdurchblutung<br />
der Haut die Arbeitsmuskulatur<br />
mit geringerem Blutdurchfluß und<br />
weniger Sauerstoff versorgt wird.<br />
Folglich aktiviert der <strong>Tennis</strong>spieler<br />
unter Hitzebedingungen bereits<br />
bei mittlerer Trainingsintensität<br />
anaerobe Stoffwechselwege; hieraus<br />
resultiert eine höhere Milchsäureproduktion<br />
mit einer frühzeitigeren<br />
Erschöpfung. Folglich<br />
sollte ein Training unter Hitzebedingungen<br />
mit geringerer Intensität<br />
(geringere Reizstärke und<br />
geringere Reizdichte) oder mit verkürzter<br />
Trainingsdauer gestaltet<br />
werden. Bei Turnier- oder Trainingsreisen<br />
in feuchtwarme<br />
Länder empfiehlt sich eine systematische<br />
Akklimatisation. Zwecks<br />
frühzeitiger Akklimatisation sollte<br />
sich der <strong>Tennis</strong>spieler mehrmals<br />
am Tage körperlich in der Weise<br />
belasten, wie er es zu Hause gewohnt<br />
ist. Der <strong>Tennis</strong>spieler muß<br />
daher häufiger am Tag (z. B. dreibis<br />
viermal) und dafür kürzer (z. B.<br />
50 bis 60 Minuten) trainieren als<br />
in gemäßigtem oder kaltem Klima.<br />
Auch die Durchführung eines allgemeinen<br />
Aufwärmprogrammes<br />
bereits vor dem Frühstück und ein<br />
Beginn mit dem <strong>Tennis</strong>training<br />
unmittelbar nach dem Frühstück<br />
haben sich als günstig erwiesen.<br />
Hitzeakklimatisierte und ausdauertrainierte<br />
<strong>Tennis</strong>spieler verfügen<br />
unter Hitzebedingungen über eine<br />
günstigere thermoregulatorische<br />
Reaktion als Nichtsportier: Sie produzieren<br />
erheblich höhere<br />
Schweißmengen und bewahren<br />
sich hiermit eine niedrigere Hautund<br />
Körpertemperatur; gleichzeitig<br />
sinkt im Schweiß die Konzentration<br />
an Kochsalz und anderer<br />
Mineralstoffe.<br />
Gesundheitliche Störungen<br />
Bei sportlichen Wettkämpfen tritt<br />
wegen der Flüssigkeitsabnahme<br />
im extrazellulären Raum als gesundheitlich<br />
häufigste Störung<br />
eine Hitzeerschöpfung auf. Im Extremfall<br />
kommt es zum Hitzschlag.<br />
Beim Hitzschlag liegt eine Wärmestauung<br />
durch Einwirkung hoher<br />
Außentemperaturen bei körperlicher<br />
Arbeit und ungenügender<br />
Wärmeabgabe vor. Durch Anstieg<br />
der Körperkerntemperatur kommt<br />
es zu akuten Störungen des Kreislaufs<br />
mit nachfolgender Bewußtseinstrübung<br />
bis zur Bewußtlosigkeit.<br />
Typische Zeichen für den Hitzschlag<br />
sind:<br />
• Beschleunigung der Atmung<br />
• Puls erheblich über 100<br />
Schläge/min<br />
• Rektaltemperatur über 40°C<br />
• Kopfschmerz, Schwindel, Übelkeit
Sportmedizinische Aspekte<br />
• Bewußtseinstrübung, Bewußtlosigkeit<br />
• Haut grau und Lippen bläulich<br />
Es wird ein rotes und ein graues<br />
Stadium unterschieden. Das rote<br />
Stadium ist gekennzeichnet durch<br />
gerötete Haut. Die starke Hautdurchblutung<br />
stellt einen Versuch<br />
des Körpers dar, Wärme vermehrt<br />
durch Strahlung oder Schwitzen<br />
abzugeben, damit die Körperkerntemperatur<br />
gesenkt wird. Beim<br />
grauen Stadium liegt eine mangelhafte<br />
Hautdurchblutung vor.<br />
»Erste-Hilfe-Maßnahmen« zielen<br />
auf eine Senkung der erhöhten<br />
Körpertemperatur und eine Kühlung<br />
des Kopfes. Folgende Einzelmaßnahmen<br />
können empfohlen<br />
werden:<br />
• Flachlagerung an schattigem,<br />
gut belüftetem Platz und Öffnung<br />
der Kleidung<br />
• Kühlung durch kalte Umschläge<br />
an Extremitäten, Kopf und Hals<br />
• Fortlaufende Kontrolle von<br />
Atmung und Kreislauf<br />
• Zufuhr kalter, mineralhaltiger<br />
Getränke<br />
• Stabile Seitenlagerung bei<br />
Bewußtlosigkeit (ohne Flüssigkeitszufuhr!)<br />
Der Sonnenstich stellt eine Reizung<br />
der Hirnhäute dar und tritt<br />
vor allem auf, wenn der Kopf- und<br />
Nackenbereich ungeschützt der<br />
Sonnenbestrahlung ausgesetzt<br />
wird. Letzteres tritt besonders<br />
beim Wettkampf oder Training<br />
ohne Windbewegung (z.B. tiefgelegener<br />
Center-Court) auf und<br />
kann vorsorglich durch spezielle<br />
Sonnenmützen (mit Nacken- und<br />
Halsschutz) oder Drehung der<br />
Schirmmütze um 180° vorgebeugt<br />
werden. Unter Umständen tritt<br />
der Sonnenstich kombiniert mit<br />
einem Hitzschlag auf.<br />
Zeichen für den Sonnenstich sind:<br />
• Kopf heiß und hochrot<br />
• Nackensteifigkeit durch Hirnhautreizung<br />
• Unruhe, Übelkeit, Schwindel<br />
• Muskelkrämpfe<br />
• Bewußtseinsverlust<br />
Die Erste-Hilfe-Maßnahmen entsprechen<br />
im wesentlichen jenen<br />
beim Hitzschlag.<br />
Hitzekrämpfe treten während oder<br />
nach langdauernden <strong>Tennis</strong>wettkämpfen<br />
unter hohen Außentemperaturen<br />
auf. Auslösend wirken<br />
höhere Schweißverluste (teilweise<br />
resultierend aus den Vortagen),<br />
gegebenenfalls trotz Zufuhr<br />
größerer Mengen Flüssigkeit. Die<br />
Krämpfe ereignen sich speziell im<br />
Bereich der beanspruchten Muskulatur<br />
(insbesondere Waden- und<br />
Oberschenkelmuskulatur, seltener<br />
an Unterarm- bzw. Fingermuskulatur).<br />
Die Behandlung besteht in<br />
einer extremen Dehnung der betroffenen<br />
Muskelpartien mit einem<br />
Ersatz der Wasser- und Elektrolytverluste.<br />
Ausreichende und wirksame<br />
Vorbeugung kann nur über<br />
rechtzeitigen Ausgleich von Flüssigkeit<br />
und Mineralien (bereits im<br />
Training und frühzeitig im Wettkampf)<br />
erreicht werden; in hartnäckigen<br />
Fällen und bei individueller<br />
Veranlagung bedarf es einer intervallförmigen<br />
Substitution von<br />
Magnesium für 2 bis 4 Wochen<br />
bereits vor und während der<br />
Hitzeperiode.<br />
Training und<br />
Wettkampf bei<br />
Ozonbeiastung<br />
Zahlreiche <strong>Tennis</strong>spieler sind im<br />
Verlauf ihrer Punktspiele bis zu<br />
fünf Stunden einer erhöhten<br />
Ozonkonzentration ausgesetzt.<br />
Hieraus resultiert derzeit eine allgemeine<br />
Verunsicherung darüber,<br />
wie eine erhöhte Ozonkonzentration<br />
entsteht und welche Gefährdungen<br />
im allgemeinen und vor<br />
allem im speziellen für <strong>Tennis</strong>spieler<br />
entstehen können; darüber<br />
hinaus ist von Interesse, mit welchen<br />
Maßnahmen die Gefahren<br />
der Ozonbelastung vermindert<br />
werden können.<br />
Ozonentstehung und<br />
-vorkommen<br />
Beim Ozon handelt es sich um ein<br />
drei-atomiges Sauerstoffmolekül<br />
(0 3 ) von stark oxidierender Wirkung.<br />
Dieses Gas zeigt sich je nach<br />
Konzentration farblos bis blau. Bei<br />
der Beurteilung der gesundheitlichen<br />
Bedeutung für den Menschen<br />
muß zwischen dem Ozongehalt<br />
in den bodennahen Luftschichten<br />
(Troposphäre) und dem<br />
Ozonschutzschild in einer Höhe<br />
von ca. 20 km (Stratosphäre)<br />
unterschieden werden.<br />
In der Stratosphäre absorbieren<br />
Sauerstoffmoleküle kurzwelliges<br />
UV-Licht und werden gespalten.<br />
Die freiwerdenden Sauerstoffatome<br />
verbinden sich anschließend<br />
spontan mit molekularem<br />
Sauerstoff (0 2 ) zu Ozon (0 3 ).<br />
Die Konzentration beträgt in<br />
einer Höhe von 25 km mehr als<br />
300 ug/m 3 .<br />
Aus gesundheitlicher Sicht ist diese<br />
Ozonschicht von herausragend<br />
positiver Bedeutung, da sie den<br />
kurzwelligen UV-Anteil des Sonnenlichts<br />
absorbiert und somit<br />
einen unersetzlichen Schutz gegenüber<br />
möglichen Hauterkrankungen<br />
darstellt. Die zunehmende Emission<br />
von Fluorchlorkohlenwasserstoff-Verbindungen<br />
(FCKW) verursacht<br />
die Zerlegung dieser<br />
Ozonmoleküle (»Ozonloch«),<br />
wodurch Strahlungsintensität und<br />
folglich Gesundheitsgefährdung<br />
des Menschen zunehmen.<br />
240
<strong>Tennis</strong> unter extremen Bedingungen<br />
In der Troposphäre kann die direkte<br />
Spaltung von Sauerstoffmolekülen<br />
aufgrund der geringeren<br />
UV-Einstrahlung in Bodennähe<br />
nicht mehr stattfinden. Speziell bei<br />
verschmutzter Luft erfolgt hier die<br />
UV-Absorption durch Stickstoffoxid<br />
(N0 2 ) und zum Teil auch<br />
durch Kohlenwasserstoffe, wobei<br />
atomarer Sauerstoff und folglich<br />
Ozon entstehen. Somit ist das<br />
Ausmaß der Ozonentstehung in<br />
Bodennähe wesentlich vom Grad<br />
der Luftverschmutzung abhängig.<br />
Dies kann bei extremer Sonneneinstrahlung<br />
und hoher Konzentration<br />
an Verkehrsabgasen eine<br />
für den Menschen gesundheitsstörende<br />
Konzentration überschreiten.<br />
Grenzwerte für den bodennahen<br />
Ozongehalt<br />
Nach der WHO sind an Tagen mit<br />
maximalen Einstundenmittelwerten<br />
von weniger als 100 ug/m 3<br />
keine gesundheisschädigenden<br />
Effekte zu erwarten.<br />
Im Tagesverlauf sind die Ozonkonzentrationen<br />
zwischen 14 Uhr<br />
und 17 Uhr am höchsten, sie können<br />
bei 300 bis 450 ug/m 3 liegen.<br />
In der Bundesrepublik Deutschland<br />
empfiehlt das Bundesgesundheitsamt<br />
aus Gründen der Vorsorge<br />
die Einstellung des Sportunterrichts<br />
an den Schulen bei Ozonwerten<br />
über 360 ug/m 3 .<br />
Je nach Empfindlichkeit des Bronchialsystems<br />
kann die Ozoneinwirkung<br />
bereits bei Werten unter<br />
200 ug/m 3 Luft mit Husten,<br />
Atembeklemmung und Schmerzen<br />
unter dem Brustbein klinisch<br />
bemerkbar werden. Die niedrigsten<br />
Ozonkonzentrationen, bei<br />
denen unter schwerer körperlicher<br />
Belastung über 6 Stunden eine<br />
Einschränkung der Lungenfunktion<br />
beobachtet wurde, lagen bei<br />
160 ug/m 3 Luft. Praktische Erfahrungen<br />
speziell im Leistungssport<br />
(z.B. Fußballbundesliga, Leichtathletik-Weltmeisterschaften<br />
1993 in<br />
Stuttgart) zeigen jedoch, daß<br />
oberhalb dieser Konzentration<br />
selbst bei Sportlern mit hohen und<br />
höchsten Atemminutenvolumina<br />
in der Regel keine Beschwerden<br />
auftreten.<br />
Zusammenfassend beruht das Problem<br />
einer einheitlichen Grenzwertdefinition<br />
für Ozon darauf,<br />
daß neben der Ozonkonzentration<br />
die Art der körperlichen Betätigung,<br />
die Dauer der Einwirkung<br />
und die aufgenommene Luftmenge<br />
sowie vor allem die individuelle<br />
Empfindsamkeit hinzukommen.<br />
Da<strong>Tennis</strong>spieler/-innen beim<br />
Wettkampftennis nur eine mittlere<br />
Auslastung der Atmung erreichen,<br />
die unter dem Niveau von typischen<br />
(intensiven) Ausdauerbeanspruchungen<br />
liegt, sind <strong>Tennis</strong>spieler<br />
bei gleicher Aufenthaltsdauer<br />
im Freien weniger gefährdet<br />
als typische Ausdauersportler wie<br />
Radfahrer oder Läufer.<br />
Wirkungen des bodennahen<br />
Ozons<br />
Die kleinen Ozonmoleküle dringen<br />
bei der Einatmung tief in alle<br />
Atemwege. Summarisch können<br />
die Wirkungen von chronisch<br />
hohen Ozonbelastungen auf den<br />
Menschen wie folgt zusammengefaßt<br />
werden:<br />
• Verengung der Luftröhrenäste<br />
sowohl in Ruhe als<br />
auch unter körperlicher<br />
Belastung<br />
• Auslösung einer Entzündungsreaktion<br />
in den<br />
Lungenbläschen<br />
• Senkung der körperlichen<br />
Leistungsfähigkeit<br />
Von entscheidender Bedeutung<br />
für das Ausmaß der Beeinträchtigungen<br />
durch Ozoneinatmung<br />
sind neben der aktuellen Ozonkonzentration<br />
vor allem die Atemtiefe<br />
und die Zeitdauer. Theoretisch<br />
sind bereits bei geringeren<br />
Ozonkonzentrationen (etwa ab<br />
160-200 ug/m 3 ) Reizungen der<br />
Schleimhäute von Augen und<br />
Atemwegen möglich. Symptome<br />
wie Augenbrennen, Tränen der<br />
Augen, Kratzen im Hals, zunehmender<br />
Husten und atemabhängige<br />
Brustkorbbeschwerden, aber<br />
auch Kopfschmerzen und Übelkeit<br />
können bei Ozonwerten über<br />
240 ug/m 3 auftreten. Personen,<br />
die an Asthma oder chronischer<br />
Bronchitis leiden, sind stärker<br />
gefährdet, aber auch Ausdauersportler<br />
mit stetig hoher Atmung<br />
über eine längere Dauer sollten<br />
Zeiträume höchster Ozonkonzentration<br />
meiden.<br />
Ozonwarnungen müssen daher<br />
vor allem Personen mit überempfindlichem<br />
Bronchialsystem ernst<br />
nehmen. Für den gesunden Freizeit-<br />
und Leistungssportler besteht<br />
jedoch für eine Dramatisierung der<br />
Ozonproblematik derzeitig kein<br />
Anlaß. Eine Grenzwert-Festlegung<br />
speziell für den <strong>Tennis</strong>spieler erscheint<br />
nicht sinnvoll, da die individuelle<br />
Empfindsamkeit und die<br />
Beanspruchung im Wettkampf<br />
keine festen Größen darstellen.<br />
Begleitumstände wie extreme Hitzebedingungen,<br />
hohe Luftfeuchtigkeit<br />
sowie der Schweregrad individueller<br />
Vorerkrankungen (z.B.<br />
Pollenallergie sowie Zuckerkrankheit,<br />
Koronare Herzkrankheit etc.)<br />
spielen eine wesentlich bedeutsamere<br />
Rolle bei einer Entscheidung<br />
für oder gegen ein Spielverbot.
Sportmedizinische Aspekte<br />
Empfehlungen für Training<br />
und Wettkampf<br />
<strong>Tennis</strong>training<br />
Unter Abwägung von gesundheitlichem<br />
Nutzen der körperlichen<br />
Betätigung im Rahmen eines <strong>Tennis</strong>trainings<br />
und Risiko durch chronische<br />
oder akute Ozonbelastung<br />
geht es nicht um die Frage, ob das<br />
Training ausfallen soll, sondern<br />
wie dieses Training sinnvoll zu gestalten<br />
ist. Mit dem Ziel, Atemtiefe<br />
und Atem häuf igkeit zu senken<br />
und ggf. die Aufenthaltsdauer im<br />
Freien zu verringern, sind folgende<br />
Regulationsmöglichkeiten empfehlenswert:<br />
• Höchste Belastungsreize<br />
vermeiden (z.B. Schnelligkeits-<br />
und Drilltraining)<br />
• Hohe Belastungsumfänge<br />
kürzen (z. B. statt zwei<br />
Stunden Training nur 90<br />
Min. bzw. höchstens zwei<br />
statt drei Trainingseinheiten<br />
pro Tag)<br />
• Verlagerung der Lehrinhalte<br />
auf die Bereiche<br />
Technik und Taktik unter<br />
Rücknahme des konditionellen<br />
Anteils<br />
• Senkung der Belastungshöhe<br />
durch Eingrenzung<br />
des Aktionsvolumens (z. B.<br />
Halbierung des Spielfeldes<br />
im Einzelunterricht oder<br />
Erhöhung der Spielerzahl<br />
auf einem Platz beim Gruppenunterricht)<br />
Für Kinder und Jugendliche mit<br />
Asthma oder einem überempfindlichen<br />
Bronchialsystem sollten die<br />
Vorsichtsmaßnahmen besonders<br />
ernst genommen werden. In solchen<br />
Fällen empfiehlt sich auch<br />
eine zusätzliche Beratung durch<br />
den Hausarzt oder Sportarzt.<br />
Freizeitspieler mit der Möglichkeit<br />
zur freien Terminwahl sollten ihr<br />
<strong>Tennis</strong>training an ozonreichen Tagen<br />
in den frühen Vormittag oder<br />
auf den späteren Abend verlegen.<br />
Beim Auftreten von Augenbrennen,<br />
Hustenreiz sowie Atem- oder<br />
Kopfschmerzen sollten Belastungsintensität<br />
(z. B. Doppel statt Einzel)<br />
und Belastungsdauer (z.B. eine<br />
statt zwei Stunden) gesenkt oder<br />
gar das <strong>Tennis</strong> abgebrochen<br />
werden.<br />
<strong>Tennis</strong>wettkampf<br />
Im <strong>Tennis</strong>wettkampf beträgt die<br />
effektive Belastungszeit während<br />
der Ballwechsel nur etwa V 4 der<br />
Gesamtspielzeit, so daß <strong>Tennis</strong>spieler<br />
nur eine mittlere Auslastung<br />
der Atmung erreichen;<br />
Atemmenge und Atemtiefe bzw.<br />
die Ventilation gehören nicht zu<br />
den leistungsbegrenzenden Faktoren.<br />
Folglich ist bei normaler Empfindlichkeit<br />
des <strong>Tennis</strong>spielers eine<br />
akute gesundheitliche Gefährdung<br />
oder eine Leistungsminderung im<br />
Wettkampf nicht zu erwarten.<br />
Nach dem derzeitigen Wissensstand<br />
über die tatsächliche Gesundheitsgefährdung<br />
scheint eine<br />
offizielle Einschränkung der<br />
Mannschaftswettkämpfe nicht<br />
angemessen zu sein. Besteht jedoch<br />
speziell an besonders heißen<br />
Tagen in den Sommermonaten die<br />
Möglichkeit für eine Zeitverschiebung,<br />
so sollte bevorzugt am Vormittag<br />
(frühe Morgenstunden sind<br />
am besten) oder am späteren<br />
Abend gespielt werden.<br />
Training und Wettkampf<br />
bei Kälte<br />
Niedrige Außentemperaturen stellen<br />
für die Leistungsfähigkeit des<br />
Herz-Kreislauf-Systems und des<br />
Muskelstoffwechsels im Vergleich<br />
zur Hitze ein erheblich geringeres<br />
Problem dar. Allerdings ist die Koordinationsfähigkeit<br />
unter kalten<br />
Umgebungstemperaturen zu Beginn<br />
des Trainings erschwert, und<br />
die Gefahr für <strong>Tennis</strong>verletzungen<br />
(insbesondere Muskelzerrungen)<br />
nimmt zu.<br />
Für eine sitzende Person beträgt<br />
die ideale Raumtemperatur ca. 18<br />
bis 22 °C. Mit steigender muskulärer<br />
Betätigung sinkt der optimale<br />
Wert der Umgebungstemperatur.<br />
Folglich läßt intensives <strong>Tennis</strong>training<br />
die ideale Umgebungstemperatur<br />
auf ca. 15°C und weniger<br />
absinken, während für ein gemütliches<br />
Doppel mindestens 18°C<br />
notwendig sind.<br />
Die Kombination von Kälte und<br />
Wind vervielfacht die Kälteempfindlichkeit.<br />
Beispielsweise sind für<br />
den Körper 2 °C bei Windstärke 6<br />
ähnlich unangenehm wie-15°C<br />
bei Windstille.<br />
Gesundheitliche Störungen<br />
Das Hauptproblem für <strong>Tennis</strong>spieler<br />
besteht darin, schleichende<br />
Temperaturwechsel und plötzliche<br />
Abkühlungen zu vermeiden, damit<br />
keine Erkältungskrankheiten auftreten<br />
können. Diese Gefahr ist<br />
vor allem bei Trainings- oder Spielunterbrechungen<br />
(z.B. Regen) in<br />
der kälteren Jahreszeit wie im<br />
Frühjahr oder Herbst gegeben.<br />
. Besondere Aufmerksamkeit muß<br />
daher einer geeigneten Bekleidung<br />
und deren Wechsel bzw. einer<br />
vorsorglichen Verhaltensweise<br />
gewidmet werden.<br />
Wegen der Stoffwechselsteigerung<br />
bei intensivem Training um<br />
das Zehn- und Zwanzigfache<br />
gegenüber dem Ruheumsatz hat<br />
jeder <strong>Tennis</strong>spieler bei intensivem<br />
Training einen Wärmeüberschuß<br />
abzugeben, so daß selbst in kältesten<br />
<strong>Tennis</strong>hallen (z.B. im Januar<br />
in den Morgenstunden) die<br />
242
Ernährung des <strong>Tennis</strong>spielers<br />
Schweißproduktion verhältnismäßig<br />
groß sein kann. Die Bekleidung<br />
muß folglich so beschaffen<br />
sein, daß die Schweißverdunstung<br />
nicht behindert wird. Andernfalls<br />
wird die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt<br />
und die Gefahr für eine<br />
Erkältung vergrößert. Selbstverständlich<br />
muß bei genannten<br />
Empfehlungen zwischen intensivem<br />
<strong>Tennis</strong>training oder anstregendem<br />
<strong>Tennis</strong>-Einzel und einem<br />
<strong>Tennis</strong>-Doppel ohne läuferischen<br />
Einsatz unterschieden werden.<br />
Gesundheitliche Gefahren kann<br />
bei niedrigen Temperaturen auch<br />
der Rückenwind (insbesondere bei<br />
Schweißabsonderung in der Lendenregion)<br />
bringen, da eine Verkühlung<br />
mit Reaktionen der <strong>Band</strong>scheibe,<br />
des Ischiasnervs oder der<br />
Niere drohen. Dies ist beispielsweise<br />
auch der Fall, wenn mit Beginn<br />
der Abendkühle eine stärkere<br />
Luftbewegung eintritt und die verschwitzte<br />
Rückenpartie des <strong>Tennis</strong>spielers<br />
bei einem bewegungsarmen<br />
Doppel mit kurzen Spielphasen<br />
oder auf der Clubterrasse<br />
(ohne entsprechenden Wärmeschutz)<br />
trifft. Wind von vorn<br />
bringt weniger Gefahren, weil<br />
Gesicht, Bauch und Blase auf<br />
Kältereize empfindlich reagieren<br />
und frühzeitiger Warnsignale auslösen.<br />
Ernährung des<br />
<strong>Tennis</strong>spielers<br />
Optimale Ernährung des <strong>Tennis</strong>spielers<br />
soll gesundheitsschützend,<br />
vollwertig und bedarfsangepaßt<br />
sein. Da kein Nahrungsmittel alle<br />
notwendigen Stoffe allein enthält<br />
und Nahrungsmittel sich teilweise<br />
gegenseitig ergänzen, muß die<br />
Ernährung möglichst vielseitig<br />
sein. Die Speise selbst sollte<br />
schmackhaft zubereitet und appetitanregend<br />
serviert werden, so<br />
daß nicht nur die Nahrungsstoffe<br />
allein, sondern auch der optische<br />
Eindruck und der individuelle Geschmack<br />
zu einer beschleunigten<br />
Regeneration des Körpers und<br />
Entspannung der Psyche führen.<br />
Gesundheitsschützende<br />
Ernährung<br />
Sie ist notwendig, weil nur ein<br />
gesunder Organismus optimale<br />
Höchstleistungen vollbringen<br />
kann. Speziell Leistungstennisspieler<br />
sind den gesundheitlichen<br />
Gefahren einer modernen Zivilisationskost<br />
(hoher Fettanteil und<br />
wenig Ballaststoffe durch reichlichen<br />
Fleischkonsum sowie Fehlbedarf<br />
an Vitaminen, Mineralien und<br />
Spurenelementen durch »leere«<br />
Kalorienträger, wie z.B. Limonade,<br />
Zucker oder mehrfach aufgewärmte<br />
Speisen) in besonderem<br />
Maße ausgesetzt, da sich <strong>Tennis</strong>spieler<br />
häufig in Schnellgaststätten<br />
bzw (Club-)Restaurants mit<br />
schnell verfügbaren Speisen aufhalten<br />
und zu Hause aus Gründen<br />
der Zeitersparnis einseitige Fertiggerichte<br />
bevorzugen.<br />
Vollwertige Ernährung<br />
Vollwertige Kost ist als Ernährungskonzept<br />
hochaktuell, und<br />
auch Sportler haben daran ein<br />
großes Interesse entwickelt. Bei<br />
der Vollwerternährung soll die<br />
Nahrung so natürlich wie möglich<br />
belassen werden, d.h., die verwendeten<br />
Lebensmittel dürfen nur<br />
möglichst wenig verarbeitet sein<br />
(z. B. Vollkorn- statt Weißmehl).<br />
Die Wahrscheinlichkeit, daß die<br />
Nahrung alle lebensnotwendigen<br />
Bestandteile enthält, ist nämlich<br />
um so größer, je naturbelassener<br />
die Lebensmittel bleiben bzw. je<br />
weniger sie behandelt (manipuliert)<br />
werden. Nach diesen<br />
Grundsätzen werden auch die<br />
Speisen für Feinschmecker in<br />
edlen Restaurants zubereitet. Die<br />
Ernährung ist vollwertig, wenn alle<br />
benötigten Nährstoffe vorhanden<br />
sind. Hierzu müssen sämtliche fünf<br />
Bilanzen (Energiebilanz, Nährstoffbilanz,<br />
Vitaminbilanz, Mineralstoff-<br />
und Spurenelement-Bilanz<br />
sowie Flüssigkeitsbilanz) berücksichtigt<br />
werden.<br />
Bei der vollwertigen Ernährung<br />
handelt es sich um eine Kostform,<br />
die sich vornehmlich zusammensetzt<br />
aus Getreideerzeugnissen,<br />
Milchprodukten, möglichst frischem<br />
Obst und Gemüse, aus<br />
Samen und daraus hergestellten<br />
Pflanzenölen unter Verwendung<br />
von Gewürzkräutern. Pflanzliche<br />
Lebensmittel werden bevorzugt,<br />
der Fleischverzehr wird reduziert.<br />
Fisch stellt eine wünschenswerte<br />
Ergänzung (z.B. ein- bis zweimal<br />
wöchentlich) dar.<br />
Bei vegetarischer bzw. bei veganer<br />
Ernährung, die auf jegliche Lebensmittel<br />
tierischer Herkunft verzichtet,<br />
sind insbesondere in der<br />
Ernährung von Leistungssport<br />
betreibenden Kindern und Jugendlichen<br />
auf Dauer Mangelerscheinungen<br />
zu befürchten. Hierbei<br />
sind in erster Linie Defizite beim<br />
Eiweißbedarf sowie eine Unterversorgung<br />
mit Mineralien (z. B.<br />
Eisen, Kalzium) und Vitaminen<br />
(z.B. Vitamin B 12 ) programmiert.<br />
Die ovo-lactovegetabile Kost,<br />
welche Milchprodukte und Eier<br />
einbezieht, ist dagegen als vollwertig<br />
zu bezeichnen. Wird diese<br />
Kostform abwechslungsreich gestaltet,<br />
so sind keine Nachteile bei<br />
der Ausübung von <strong>Tennis</strong> als Leistungssport<br />
zu erwarten. Allerdings<br />
liegt der Zeitaufwand für die<br />
Zubereitung der Speisen im Ver-<br />
243
Sportmedizinische Aspekte<br />
gleich zu herkömmlichen Kostformen<br />
höher.<br />
Zusammenfassend gelten folgende<br />
Grundsätze:<br />
Ernähre dich abwechslungsreich,<br />
vielseitig und schmackhaft,<br />
vorrangig auf der Basis<br />
einer kohlenhydratreichen<br />
Mischkost aus unverarbeiteten<br />
Lebensmitteln (Getreide<br />
als Vollkorn, Kartoffeln, Naturreis<br />
etc.) mit hohem Anteil<br />
an Frischkost (bevorzugt Rohkost<br />
wie frisches Gemüse und<br />
Obst sowie Milch und Milchprodukte);<br />
benutze pflanzliche<br />
und (magere) tierische<br />
Eiweißträger und verwende<br />
Fette nur sparsam.<br />
Die Menge der aufgenommenen<br />
Speisen orientiert sich vornehmlich<br />
an den Anforderungen im Training<br />
und Wettkampf sowie am individuell-optimalen<br />
Leistungsgewicht.<br />
Die tägliche Kontrolle des Körpergewichts<br />
auf der Waage und eine<br />
gleichzeitige Übereinstimmung mit<br />
persönlichem Wohlbefinden und<br />
hoher Leistungsbereitschaft sind<br />
als Indikatoren für Menge und<br />
Güte der aufgenommenen Nahrungsmittel<br />
besser geeignet als<br />
schematisierte Ernährungsprogramme<br />
und hochdifferenzierte<br />
Kalorientabellen.<br />
Bedarfsangepaßte<br />
Ernährung<br />
Sie richtet sich qualitativ und<br />
quantitativ möglichst exakt nach<br />
der Belastungsform bzw. dem<br />
tatsächlichen Bedarf. <strong>Tennis</strong>wettkämpfe<br />
und -training haben einen<br />
azyklischen Ablauf mit wellenförmig<br />
wechselnder Beanspruchung,<br />
die sowohl Ausdauer als auch<br />
Schnellkraft betrifft und mit hohen<br />
koordinativen Anforderungen einhergeht.<br />
Intensive (hohe Reizstärke<br />
und -dichte), intervallartige<br />
Beanspruchungen längerer Zeitdauer<br />
reduzieren die Kohlenhydratvorräte,<br />
so daß eine unmittelbar<br />
folgende Auffüllung der Glykogenspeicher<br />
notwendig wird;<br />
schnellkräftige Bewegungen mit<br />
hohem koordinativem Anspruch<br />
bedingen eine ausreichende Eiweißzufuhr.<br />
Im heutigen Leistungstennis<br />
notwendige große<br />
Trainingsumfänge (z.B. zwei- bis<br />
dreimaliges Training pro Tag) bedürfen<br />
einer hohen Kalorienzufuhr,<br />
die speziell in diesen Fällen<br />
auch durch vermehrte Fettzufuhr<br />
gedeckt werden kann.<br />
Der Energiebedarf von männlichen<br />
Leistungsspielern der Spitzenklasse<br />
beträgt je nach Intensität und Umfang<br />
der Trainingsabschnitte und<br />
des Körpergewichts ca. 3500 bis<br />
5500 kcal; folglich ist bei einer<br />
durchschnittlichen Nährstoffrelation<br />
55% Kohlenhydrate (4,1<br />
kcal/g), 17% Eiweiß (4,1 kcal/g)<br />
und 28% Fett (9,3 kcal/g) täglich<br />
die Aufnahme von ca. 500 bis<br />
750 g Kohlenhydrate, 200 bis<br />
250 g Eiweiß und ca. 120 bis<br />
180 g Fett notwendig. Breitenund<br />
Gesundheitssportler kommen<br />
mit ca. 2 / 3 der genannten Kalorien-<br />
und Nahrungsmenge aus!<br />
Belastungsform und -umfang<br />
unterscheiden sich in den verschiedenen<br />
Trainings- und Wettkampfphasen,<br />
so daß die Ernährung<br />
einer spezifischen Feinabstimmung<br />
bedarf:<br />
1. Ernährung in der Trainingsphase<br />
(Basis-Kost)<br />
2. Ernährung vor dem Turnier<br />
3. Ernährung unmittelbar vor und<br />
während des Wettkampfes<br />
4. Ernährung während des Wettkampfes<br />
5. Ernährung nach dem Wettkampf<br />
Ernährung<br />
in der Trainingsphase<br />
(Basis-Kost)<br />
Die Ernährung im Trainingsaufbau<br />
soll vielseitig und vollwertig,<br />
bedarfsangepaßt, gesund und<br />
appetitanregend sein. Vollwertige<br />
Frischkost mit eindeutiger Präferenz<br />
von Kohlenhydraten in Kombination<br />
mit viel Obst, Gemüse<br />
und Rohkost stehen im Mittelpunkt<br />
der Ernährung, so daß der<br />
Grundbedarf für Vitamine, Mineralien<br />
und Spurenelemente einschließlich<br />
der notwendigen Ballaststoffe<br />
mit Sicherheit gewährleistet<br />
ist. Darüber hinaus sollten<br />
jederzeit genügend (möglichst fettarme)<br />
Eiweißspender (z. B. Magerquark,<br />
Fisch, Geflügel) zur Verfügung<br />
stehen und zugleich jene<br />
Nahrungsmittel und Zubereitungsformen<br />
gemieden werden, die<br />
vorwiegend »leere« Kalorien<br />
(ohne lebensnotwendige Wirkstoffe<br />
wie Vitamine und Mineralien)<br />
enthalten. Besonders jugendliche<br />
<strong>Tennis</strong>spieler/-innen werden<br />
oft viel zu fettreich (Schokolade,<br />
Eis, Grillwurst, panierte Schnitzel,<br />
Pommes frites usw.) ernährt und<br />
bevorzugen Getränke und Süßigkeiten<br />
mit niedriger Nährstoffdichte<br />
(Verhältnis vom Vitaminund<br />
Mineralstoffgehalt zum Kaloriengehalt<br />
eines Nahrungsmittels).<br />
Diese Verhaltensweise liegt einerseits<br />
an dem notwendigen Bedarf<br />
(Energiedefizit!), an individuellen<br />
Gelüsten (z.B. Cola-Getränke,<br />
Limonaden, Eis, Gebäck) sowie<br />
am chronischen Zeitmangel der<br />
Jugendlichen und ihrer Eltern, so<br />
daß eine zeitaufwendige Zubereitung<br />
der Speisen ausfallen muß<br />
und auf das Angebot in Club-Restaurants<br />
oder Schnellgaststätten<br />
zurückgegriffen wird.<br />
Kohlenhydratreiche und vollwer-<br />
244
Ernährung des <strong>Tennis</strong>spielers<br />
tige Frischkost wird je nach Trainingsschwerpunkt<br />
(z. B. Techniktraining,<br />
Grundlagenausdaueroder<br />
Krafttraining) und Trainingsumfang<br />
(z. B. ein, zwei oder drei<br />
Trainingsabschnitte pro Tag) modifiziert.<br />
Bei einem Kraft- und<br />
Schnelligkeitstraining steigt der<br />
Eiweißanteil, und bei einem ausdauerbetonten<br />
Training wird der<br />
Kohlenhydratanteil erhöht.<br />
Das <strong>Tennis</strong>training geht regelmäßig<br />
mit relativ hohen Schweißverlusten<br />
einher, die unter speziellen<br />
klimatischen Bedingungen erhebliche<br />
Ausmaße annehmen können;<br />
folglich muß stets für Flüssigkeitszufuhr<br />
mit den notwendigen Mineralstoffen<br />
und Spurenelementen<br />
sowie Vitaminen gesorgt werden.<br />
Kakaopulver 414 Seezunge 73<br />
Erdnußbutter 410 Teigwaren<br />
Cashewnuß 267 Spinat<br />
Fleischextrakt 264 Roggenbrot 35<br />
Sojabohnen 247 Makrele<br />
Bierhefe, getrocknet 230 Semmel 30<br />
Mandeln 170 Goudakäse<br />
Erdnuß 163 Forelle<br />
unpolierter Reis (Naturreis) 157<br />
Schweinefleisch<br />
Haselnuß 156 Rindfleisch<br />
Roggen, ganzes Korn 140 Kalblfeisch<br />
Haferflocken 139 Corn-flakes 14<br />
Milchschokolade 104 Hühnerei 12<br />
Weizenvollkornbrot 92 Kuhmilch (3,5% Fett)<br />
Pumpernickel 80 Apfel 6<br />
Tab. 14 Nahrungsmittel mit hohem Gehalt an Magnesium. Der Magnesiumgehalt<br />
ist in mg/100 g des eßbaren, ungekochten Anteils angegeben (nach KONOPKA).<br />
Mineralstoffe<br />
und Spurenelemente<br />
Sie sind unverzichtbare Bestandteile<br />
von Vitaminen, Hormonen<br />
und Enzymen und steuern hiermit<br />
den Stoffwechsel der Nährstoffe.<br />
Eisen ist besonders bedeutsam für<br />
den Aufbau der roten Blutkörperchen.<br />
Kalium, Natrium, Magnesium<br />
und Kalzium sind wesentlich<br />
an der Steuerung von Funktion<br />
und Erregbarkeit der Muskel- und<br />
Nervenzellen beteiligt.<br />
Hohe Schweißverluste einerseits<br />
und Engpässe in der Versorgung<br />
mit Mineralstoffen und Spurenelementen<br />
andererseits erzwingen<br />
beim <strong>Tennis</strong>spieler mit mitteleuropäischer<br />
Kost Defizite speziell<br />
von Magnesium, Kalium und Eisen<br />
(vor allem bei Frauen). Deshalb<br />
müssen <strong>Tennis</strong>spieler/-innen jene<br />
Nahrungsmittel kennen, die besonders<br />
reich an Kalium (Linsen,<br />
Spinat, Kartoffel, Fisch, Fleisch,<br />
Banane, Tomate, Aprikose usw.),<br />
Magnesium (Haferflocken, Naturreis,<br />
ganzes Roggenkorn, Spinat,<br />
Kuhmilch) und Eisen (Schweineund<br />
Rinderleber, Hirsekorn, Sojabohnen,<br />
Weizenkeime, Linsen,<br />
Spinat, Schokolade usw.) sind. In<br />
diesem Zusammenhang ist auch<br />
der Hinweis für die Praxis wichtig,<br />
daß Nahrungstabellen üblicher Art<br />
häufig einen falschen Eindruck<br />
vermitteln, da sie fast immer gewichtsbezogen<br />
(mg/100 g) geordnet<br />
sind, obwohl der Inhalt pro<br />
Eßportion für den Verbraucher viel<br />
wichtiger ist. So enthält (schwach<br />
entöltes) Kakaopulver mit 414<br />
mg/100 g als Nahrungsmittel den<br />
höchsten Gehalt an Magnesium,<br />
ein Magnesiumdefizit ist jedoch<br />
mit unpoliertem Reis (Naturreis)<br />
viel leichter zu beheben. Dieser<br />
enthält zwar nur 157 mg/100 g,<br />
wird aber in erheblich größeren<br />
Mengen aufgenommen (Tab. 14).<br />
Vitamine<br />
Vitamine können vom Organismus<br />
nicht selbst hergestellt werden. Sie<br />
67<br />
58<br />
31<br />
28<br />
27<br />
20<br />
19<br />
15<br />
12<br />
sind notwendige Enzymbestandteile<br />
und beeinflussen als Katalysatoren<br />
den Energiestoffwechsel<br />
(Kohlenhydrate und Fette), Baustoffwechsel<br />
(Eiweiß) und Mineralstoffwechsel<br />
in direkter und indirekter<br />
Weise.<br />
Zusätzliche Vitamingaben können<br />
bei ausgeglichenem Vitaminhaushalt<br />
die Leistung nicht steigern.<br />
Eine Überdosierung speziell der<br />
Vitamine A und D ist sogar schädlich;<br />
ein Überschuß von Vitamin C<br />
oder des Vitaminkomplexes B wird<br />
dagegen schadlos über Nieren und<br />
ableitende Harnwege ausgeschieden.<br />
Andererseits verlieren speziell<br />
<strong>Tennis</strong>spieler durch umfangreiches<br />
Training und viele Wettkämpfe<br />
beträchtliche Mengen an Vitamin<br />
C und B. Da überdies die moderne<br />
Zivilisationskost einen erheblichen<br />
Anteil an Nahrungsmitteln enthält,<br />
die nur »leere« Kalorien (Nah-<br />
245
Sportmedizinische Aspekte<br />
rungsmoleküle ohne lebenswichtige<br />
Begleitstoffe wie Vitamine,<br />
Mineralstoffe und Spurenelemente)<br />
liefern, sind jene <strong>Tennis</strong>spieler<br />
hinsichtlich eines Vitaminmangels<br />
besonders gefährdet, die<br />
sich vorrangig in Schnellgaststätten<br />
und mit minderwertigen Fertigprodukten<br />
ernähren. Auch kann<br />
der Vitaminbedarf bei entsprechendem<br />
Belastungsumfang um<br />
das Zwei- bis Vierfache steigen.<br />
Da die Vitamine des B-Komplexes<br />
im Eiweiß- und Kohlenhydrat-<br />
Stoffwechsel eine wichtige Funktion<br />
haben und das Vitamin C vor<br />
Infektion der oberen Rachenwege<br />
schützen kann, sind die (wasserlöslichen)<br />
Vitamine B v B 2 , B 6 , Niacin<br />
und C sowie das (fettlösliche)<br />
Vitamin E für <strong>Tennis</strong>spieler am<br />
wichtigsten. Neben entsprechenden<br />
Vitamintabletten kann einer<br />
Vitaminunterversorgung durch<br />
Aufnahme folgender Nahrungsmittel<br />
entgegengewirkt werden:<br />
Vitamin B 1 (Thiamin)<br />
Weizenkeime, Vollkornprodukte,<br />
Haferflocken, Hülsenfrüchte,<br />
Schweinefleisch.<br />
Vitamin B 2 (Riboflavin)<br />
Milch, Fleisch, Getreide, Hefe,<br />
Weizenkeime.<br />
Vitamin B 6 (Pyridoxin)<br />
Geflügel, Rind- und Schweinefleisch,<br />
Weizenkeime, Sojabohnen,<br />
Kartoffeln.<br />
Vitamin Niacin<br />
Schweinefleisch, Hefe, Kartoffeln.<br />
Vitamin C (Ascorbinsäure)<br />
frisches Obst und Gemüse,<br />
Paprika, Kartoffeln.<br />
Vitamin E (Tocopherol)<br />
Weizenkeim- u. Sonnenblumenöl,<br />
Grünkohl, Erbsen.<br />
Da gekochte oder erneut aufgewärmte<br />
Nahrung einen Großteil<br />
des Vitamingehaltes verliert, ist ein<br />
gewisser Anteil Frischkost (Naturkost)<br />
für eine gesunde Ernährung<br />
unentbehrlich.<br />
Ernährung vor dem<br />
<strong>Tennis</strong>turnier<br />
In diesem Zeitabschnitt, der üblicherweise<br />
einige wenige Tage<br />
oder eine Woche dauert, werden<br />
vor allem die Kohlenhydratvorräte<br />
aufgefüllt und vergrößert, damit<br />
für die Wettkampfphase bzw. das<br />
Turnier(-Wochenende) genügend<br />
Kohlenhydratreserven zur Verfügung<br />
stehen. Hierzu ist eine<br />
betont kohlenhydratreiche Ernährung<br />
(z.B. Getreideprodukte, Reis,<br />
Teigwaren, Kartoffeln, Hülsenfrüchte<br />
und getrocknetes Obst)<br />
anzustreben, so daß ca. 60% der<br />
zugeführten Kalorien über Kohlenhydrate<br />
aufgenommen werden.<br />
Da der Aufbau des Muskelglykogens<br />
Kalium und Wasser benötigt<br />
und das Vitamin B 1 eine wichtige<br />
Rolle im Kohlenhydratstoffwechsel<br />
spielt, müssen auch kaliumreiche<br />
Nahrungsmittel (mit Flüssigkeit)<br />
und Vitamin-B^Träger berücksichtigt<br />
werden.<br />
Vor erschöpfenden Ausdauerbeanspruchungen<br />
(z.B. <strong>Tennis</strong>turnier<br />
mit täglich mehrstündigem Einsatz)<br />
werden zur Anreicherung des<br />
Glykogengehalts in der Arbeitsmuskulatur<br />
folgende Maßnahmen<br />
empfohlen:<br />
• Intensives bzw. hochintensives<br />
Training mit entsprechendem<br />
Glykogenabbau bis spätestens<br />
2 bis 3 Tage vor dem Leistungshöhepunkt<br />
• Reduktion von Reizdauer und<br />
-dichte im Training in den letzten<br />
2 bis 3 Tagen vor dem Leistungshöhepunkt<br />
• Erhöhung der Kohlenhydratkomponente<br />
auf 60 bis 70% in<br />
der Nahrung 2 bis 3 Tage vor<br />
dem Leistungshöhepunkt. Ein<br />
70 kg schwerer Leistungstennisspieler<br />
nimmt in dieser Phase<br />
ca. 600 bis 700 g Kohlenhydrate<br />
pro Tag auf<br />
• Einnahme von kohlenhydratreicher<br />
Kost in den regenerativen<br />
Ruhepausen im direkten<br />
Anschluß an das Training<br />
Hierzu besonders geeignet sind<br />
Reisspeisen (z. B. Reispfanne,<br />
Gemüse-Reis-Gerichte, Milchreis),<br />
Kartoffelspeisen (z. B. Kartoffelpüree<br />
aus frischen Kartoffeln,<br />
Kartoffelknödel oder Folien- bzw.<br />
Pellkartoffeln mit Quark),<br />
Nudelspeisen bzw. Teigwarengerichte<br />
(z.B. Spaghetti, Spätzle,<br />
Cannelloni, Lasagne und Pizza),<br />
Hülsenfrüchte (z. B. Linsen-Kartoffel-Eintopf,<br />
Linsen mit Spätzle<br />
usw.) sowie Getreideprodukte<br />
(z.B. Haferflocken, Corn-Flakes,<br />
Müsli mit Frischobst und/oder<br />
Milch, Joghurt oder Fruchtsaft<br />
usw.) und verschiedene Süßspeisen<br />
(z. B. Griespudding mit Früchten,<br />
Waffeln, Pfannkuchen mit<br />
Früchten bzw. Früchtequark).<br />
Ernährung unmittelbar<br />
vor dem Wettkampf<br />
Da die Glykogenbevorratung (Superkompensation)<br />
abgeschlossen<br />
ist, genügt die Einnahme einer<br />
leicht verdaulichen kohlenhydratbetonten<br />
Hauptmahlzeit (mit Eiweiß<br />
als Beilage) von ca. 1200 bis<br />
1500 kcal, etwa 2 bis 3 Stunden<br />
vor Spielbeginn. Besondere Beachtung<br />
sollte der Zufuhr von Mineralstoffen,<br />
Spurenelementen, Vitaminen<br />
und nicht zuletzt Flüssigkeit<br />
geschenkt werden. Durch<br />
Gewöhnung müssen Leistungstennisspieler<br />
auch in der Lage sein,<br />
noch 60 bis 90 Minuten vor Wettkampf-<br />
oder Trainingsbeginn eine<br />
kleine kohlenhydratbetonte<br />
(Haupt-)Mahlzeit zu vertragen.<br />
Vor allem am Wettkampftag sollte<br />
stets die Bekömmlichkeit der<br />
Speise mitberücksichtigt werden!<br />
Beispiele hierfür sind:<br />
246
Ernährung des <strong>Tennis</strong>spielers<br />
• Gedünsteter Fisch (Rotbarsch-,<br />
Schollen- oder Seezungenfilet<br />
usw.) mit Pellkartoffeln (oder:<br />
frischem Kartoffelpüree bzw.<br />
Parboiled-Reis) mit frischem<br />
Gemüse oder Salat; Fruchtgrütze<br />
mit Vanillesoße als<br />
Nachspeise<br />
• Rheinischer Sauerbraten (oder:<br />
Rindergulasch usw.) mit reichlich<br />
Spätzle (oder: Kartoffelklöße<br />
bzw. Semmelknödel usw.)<br />
und frischem Möhren- oder<br />
Bohnengemüse; frischer Obstsalat<br />
(oder: Quark mit frischen<br />
Früchten bzw. Vanillepudding<br />
mit Tiefkühlfrüchten usw.) als<br />
Nachspeise<br />
• Große Portion (Vollkorn-)Spaghetti<br />
mit Tomaten-Kräuter-<br />
Soße oder Makkaroni mit<br />
Schinken und Käse überbacken<br />
(oder: Spinat-Käse-Soße) und<br />
frischem Salat (mit frischer<br />
Kräuter- oder Joghurtsoße); als<br />
Dessert: Obstsalat mit Weizenkeimen<br />
oder Waffeln mit Sauerkirschen<br />
Bei unvorhersehbarer Verzögerung<br />
des Wettkampfbeginns oder<br />
unmittelbar vorhergegangenen,<br />
intensiven Beanspruchungen im<br />
Training bzw. Wettkampf ist die<br />
zusätzliche Einnahme einer kohlenhydratreichen<br />
Zwischenmahlzeit<br />
empfehlenswert. Je nach individuellem<br />
Geschmack, aktuellen<br />
Gegebenheiten und Bedürfnissen<br />
bieten sich beispielsweise Milchreis<br />
mit Früchten, Milchreis mit Zimt,<br />
Joghurt mit Haferflocken und<br />
Früchten, Schnellmüsli, hochwertiges<br />
Müsli oder Trockenobst (z. B.<br />
getrocknete Bananen oder Aprikosen)<br />
an. Fertigprodukte wie (Vollkorn-)Kekse,<br />
Müsliriegel oder<br />
Marmorkuchen sind zwar auch<br />
geeignet, wegen ihrer geringeren<br />
Vollwertigkeit stellen sie jedoch<br />
nur zweite Wahl dar.<br />
Unmittelbar vor oder während des<br />
Aufwärmtrainings sowie kurz vor<br />
dem Wettkampf (5 bis 10 Minuten<br />
vorher) sollte reiner Obstsaft<br />
oder eine Mixtur aus Kohlenhydraten<br />
(z.B. Orangensaft oder<br />
Banane) und einem Mineralgetränk<br />
eingenommen werden.<br />
Ernährung während<br />
des Wettkampfes<br />
Eine spezielle Wettkampfverpflegung<br />
(im Sinne einer speziellen<br />
Kohlenhydratzufuhr) ist für einen<br />
einzelnen <strong>Tennis</strong>wettkampf unter<br />
2 Stunden Zeitdauer normalerweise<br />
nicht notwendig. Nach vorausgehendem<br />
intensivem Training<br />
bei länger dauernden Einzelwettkämpfen<br />
sowie bei mehreren Spielen<br />
pro Tag empfehlen wir jedoch<br />
die Zufuhr von Kohlenhydraten<br />
auch während des Wettkampfes.<br />
Dies gilt vor allem für plötzlich<br />
auftretenden »Hungerast«.<br />
Hohe Schweißverluste unter entsprechenden<br />
klimatischen Bedingungen<br />
(hohe Luftfeuchtigkeit,<br />
starke Sonneneinstrahlung, hohe<br />
Hitze-Reflektion von der Platzoberfläche)<br />
bedingen eine reichliche<br />
Zufuhr von Wasser und Elektrolyten<br />
(insbesondere Magnesium<br />
und Natrium). Speziell jene <strong>Tennis</strong>spieler,<br />
die zu Muskelkrämpfen<br />
neigen, bedürfen weiterer flankierender<br />
Maßnahmen (magnesiumreiche<br />
Kost oder spezielle Mineralien-Präparate<br />
wie Multibionta-<br />
Mineral® oder Biomagnesin® usw.)<br />
in der Basisernährung oder wenigstens<br />
in der Vor-Wettkampfphase.<br />
Beispiele für die Turnierpraxis<br />
Für den Seitenwechsel eignen sich<br />
jeweils kleine Portionen für eine<br />
regelmäßige Zufuhr:<br />
• Mischung aus Obstsaft (Obstsäfte<br />
enthalten ca. 9 bis 12%<br />
Kohlenhydrate sowie Vitamin C<br />
und Kalium) und Mineralwasser<br />
im Verhältnis 1:1. Empfehlenswert<br />
sind Mineralwasser (s. Tab.<br />
15, S. 248), die reich an Magnesium<br />
(über 100 mg/l) und nicht<br />
247
Sportmedizinische Aspekte<br />
Aachener Staatl. Apolli- Gerol Perrier<br />
[mg/l] Kaiserb. Fachinger naris steiner<br />
Natrium 1315 603 430 125 9<br />
Magnesium 8 53 100 105 4<br />
Kalium - 28 30 11 1<br />
Calcium 57 122 90 337 148<br />
Tab. 15 Elektrolytgehalt verschiedener Mineralwasser<br />
Natrium<br />
Magnesium<br />
Calcium<br />
Kalium<br />
[mg/100 ml]<br />
KH<br />
[g/100ml]<br />
Isostar<br />
Orange<br />
44<br />
8<br />
11<br />
12<br />
Catorade<br />
41<br />
7<br />
12<br />
Aquarius<br />
Sports<br />
23<br />
48<br />
20<br />
59<br />
6,5 6 3,7<br />
Süßstoff<br />
Ractiv<br />
Multi-Vit<br />
6<br />
20<br />
54<br />
215<br />
Beneroc<br />
85<br />
125<br />
50<br />
4,2 -<br />
Kai<br />
[kcal/100 ml] 27 25 19 20 _<br />
Zusatzstoffe Vitamine Vitamine Vitamine Vitamine<br />
Coffein<br />
7 mg/100 ml<br />
Vitamine<br />
• Müsliriegel (z.B. enthalten<br />
100 gMüslix 13 g Fett und<br />
70 g Kohlenhydrate; ein Müsliriegel<br />
420 kcal pro 100 g bzw.<br />
vier Portionen).<br />
• Fettarme Sport-Energie-Riegel<br />
verschiedener Fabrikate (Tab.<br />
17).<br />
• Trockenobst wie Banane (ca.<br />
85 g Kohlenhydrate und 1400<br />
mg Kalium pro 100 g) oder<br />
Aprikose (ca. 65 g Kohlenhydrate,<br />
1100 mg Kalium und<br />
5 mg Eisen pro 100 g) enthalten<br />
höhere Kohlenhydrat-Anteile<br />
als Frischobst.<br />
Ernährung direkt nach<br />
dem Wettkampf<br />
Tab. 16<br />
Elektrolytgetränke im Vergleich<br />
zu arm und nicht zu reich an<br />
Kochsalz bzw. Natrium (ca. 400<br />
bis 800 mg/l im Leistungssport,<br />
ca 100 bis 300 mg/l im Gesundheitssport)<br />
sind; auch eine<br />
getrennte Einnahme beider Getränketypen<br />
ist möglich.<br />
Diverse Elektrolytgetränke (Tab.<br />
16), wie Isostar® (6,5% Kohlenhydrate),<br />
Champ® (7,8%<br />
Kohlenhydrate), R'activ®<br />
(Orange: 2,8% Kohlenhydrate,<br />
Multivitamin: 4,2% Kohlenhydrate),<br />
Basica® (vorrangig für<br />
Mineralstoffe und Spurenelemente)<br />
oder Beneroc® (besonders<br />
magnesiumreich).<br />
Eigenherstellung einer Getränkemischung,<br />
die aus verschiedenkettigen<br />
Kohlenhydraten<br />
(z.B. Maltodextrin 5 bis 6%)<br />
und Einfachzuckern (z.B. Fructose<br />
2%) besteht und deren<br />
Flüssigkeitsbasis nach individuellem<br />
Geschmack (z.B. Tee,<br />
Mineral- oder Leitungswasser)<br />
ausgewählt wird.<br />
Tritt während des Wettkampfes<br />
ein »Hungerast« auf, werden<br />
höher dosierte Kohlenhydrate in<br />
schnell verfügbarer und zugleich<br />
magenverträglicher Form notwendig.<br />
Bewährt haben sich in der<br />
<strong>Tennis</strong>praxis:<br />
• Vollreife Bananen (ca. 100 g<br />
Bananen beinhalten 22 g Einfach-<br />
und Zweifachzucker,<br />
382 mg Kalium und 36 mg<br />
Magnesium u.a.). Vollreife Bananen<br />
enthalten deutlich mehr<br />
schnell verfügbare Kohlenhydrate<br />
als grüne Bananen (ca.<br />
5% Einfach- und Zweifachzucker<br />
sowie 18% Stärke).<br />
Tab. 17<br />
Kohlenhydrate<br />
Fette<br />
Proteine<br />
[g/100g]<br />
Nährstoffgehalt verschiedener Sport-Energie-Riegel<br />
Müslix<br />
Traube<br />
72<br />
12<br />
4<br />
Corny<br />
Frucht<br />
68<br />
9<br />
5<br />
Die Ernährung direkt nach dem<br />
Wettkampf dient prinzipiell dazu,<br />
den Ernährungszustand vor der<br />
Wettkampfphase schnellstmöglich<br />
zu erreichen oder gar zu verbessern<br />
(Superkompensation), damit<br />
die Voraussetzungen für ein effizientes<br />
Training oder erneute optimale<br />
Wettkampfleistungen<br />
geschaffen werden. Unmittelbar<br />
nach dem Wettkampf ist der<br />
Organismus durch hohe Enzymaktivitäten<br />
(z.B. Glykogen-Synthetase)<br />
besonders aufnahmefähig<br />
für die notwendigen Nährstoffe.<br />
In Abhängigkeit zur vorhergehenden<br />
spezifischen Belastungsform<br />
und deren Umfang betrifft dies in<br />
erster Linie Kohlenhydrate, Mineralstoffe,<br />
Flüssigkeit und Eiweiß<br />
Corny<br />
Schoko<br />
63<br />
18<br />
7<br />
Nesfit<br />
Energy<br />
61<br />
13<br />
11<br />
Knoppers<br />
52<br />
32<br />
8<br />
Milchschnitte<br />
Ballaststoffe [%] 1 4 4 - 3 o. Ang.<br />
Kai [kcal/100 g] 412 376 444 406 552 420<br />
34<br />
27<br />
9
Ernährung des <strong>Tennis</strong>spielers<br />
Magnesium<br />
Kalium<br />
Calcium<br />
Natrium<br />
[mg/100 ml]<br />
Coca Cola<br />
1<br />
4<br />
6<br />
Fanta<br />
(Light)<br />
1<br />
4<br />
6<br />
Apfelsaft Malzbier Bier Red Bull<br />
4<br />
116<br />
7<br />
2<br />
7<br />
34<br />
3<br />
4<br />
7<br />
38<br />
4<br />
5 64<br />
KH[g/100ml] 11 11 (1,4) 12 14 12 11,5<br />
Kai [kcal/100 ml] 44 44(7) 48 56 48 46<br />
Besonderheiten Koffein Vitamin C<br />
(Süßstoff)<br />
Vitamine<br />
0,6 Vol°<br />
Alkohol<br />
5Vol°<br />
Alkohol<br />
Tab. 18 Mineralien- und Zuckergehalt verschiedener Erfrischungs- und<br />
Regenerationsgetränke<br />
(insbesondere im Kindes- und<br />
Jugendalter). Hierzu sollten nicht<br />
hemmungslos »leere« Kalorienträger<br />
(z. B. Pommes frites oder Eis)<br />
gegessen oder erhebliche Mengen<br />
Getränke zweiter Wahl (z. B. verschiedene<br />
Limonaden bzw. Softdrinks,<br />
Tab. 18) getrunken werden,<br />
da wegen des auftretenden<br />
Koffein<br />
Völlegefühls die Möglichkeit für<br />
eine sinnvollere, leistungssteigernde<br />
Superkompensation verspielt<br />
wird.<br />
Als Beispiele für die <strong>Tennis</strong>praxis<br />
empfehlen wir:<br />
• Umfangreiche kohlenhydratbetonte<br />
Hauptmahlzeit (Kartoffelgerichte,<br />
Reisspeisen, Nudelgerichte)<br />
zwecks rascher und ausgedehnter<br />
Wiederauffüllung<br />
der Glykogenspeicher in der<br />
Arbeitsmuskulatur<br />
Ausreichende Proteinzufuhr<br />
und entsprechend reduzierte<br />
Fettaufnahme (Magermilchprodukte,<br />
fettarmes Fleisch)<br />
vor allem im Kindes- und<br />
Jugendalter<br />
Bei Appetitlosigkeit insbesondere<br />
nach anstrengenden Wettkämpfen<br />
oder intensiven Trainingseinheiten<br />
sollten die Spieler<br />
zuerst mit Ausgleich des<br />
Flüssigkeitsbedarfs beginnen,<br />
selbstverständlich unter Berücksichtigung<br />
individueller Wünsche<br />
(z. B. gespritzter Apfelsaft,<br />
Mineralwasser, in Einzelfällen<br />
gegebenenfalls auch Coca-Cola<br />
oder Malzbier)<br />
249
Zur pädagogischen<br />
Verantwortung<br />
des Trainers<br />
Die bisher behandelten Gesichtspunkte<br />
von Training und Wertkampf<br />
wurden in erster Linie unter<br />
dem funktionalen Gesichtspunkt<br />
der Leistungsverbesserung und<br />
des langfristigen Leistungsaufbaus<br />
dargestellt.<br />
Vor allem im Kinder- und Jugendtraining<br />
hat der Trainer bzw. die<br />
Trainerin jedoch nicht nur die Aufgabe,<br />
<strong>Tennis</strong> zu vermitteln, sondern<br />
auch erzieherisch zu wirken.<br />
Auf das <strong>Tennis</strong>spiel bezogen muß<br />
er motivieren können und dazu<br />
beitragen, daß Siege und Niederlagen<br />
angemessen verarbeitet<br />
werden sowie Selbstbeherrschung,<br />
Verantwortung für die Gesundheit,<br />
Fairneß und kameradschaftliches<br />
Verhalten hoch bewertet<br />
werden. Über das <strong>Tennis</strong>spiel<br />
hinaus erstreckt sich die pädagogische<br />
Verantwortung auf die<br />
Gesamtentwicklung des jungen<br />
Menschen. Dabei sind all jene Erwartungen<br />
und Anforderungen zu<br />
berücksichtigen, mit denen sich<br />
junge <strong>Tennis</strong>spieler in Training und<br />
Wettkampf sowie außerhalb des<br />
Sports auseinandersetzen müssen.<br />
Solche Erwartungen und Anforderungen<br />
kommen vor allem von<br />
Eltern, anderen Trainern, Vereinsund<br />
Verbandsfunktionären, gegebenenfalls<br />
von Sponsoren und<br />
Medienvertretern und schließlich<br />
von der Schule. Sie treffen auf<br />
Kinder und Jugendliche, die ganz<br />
allgemeine Bedürfnisse haben:<br />
z.B. das Bedürfnis<br />
• nach vielfältigen Erfahrungen<br />
und Erlebnissen,<br />
• nach Lob und Anerkennung,<br />
• nach emotionaler Wärme,<br />
• nach eigener Verantwortung<br />
(mit zunehmendem Alter).<br />
Neben den Beziehungen zwischen<br />
Trainer und Schüler ist auch zu<br />
berücksichtigen, daß sich - vor<br />
allem im Verlauf des Gruppentrainings<br />
- relativ stabile Beziehungen<br />
zwischen den Schülern herausbilden.<br />
Die Schüler lernen sich nicht<br />
nur kennen, sondern entwickeln<br />
auch emotionale Beziehungen<br />
untereinander. Solche Beziehungen<br />
machen die Struktur der Trainingsgruppe<br />
aus.<br />
Der mündige<br />
Athlet<br />
Kinder im Leistungssport sollen<br />
in ihrer Entwicklung über das<br />
Jugend- zum Erwachsenenalter<br />
zunehmend zu mehr Selbständigkeit<br />
geführt werden. Der »mündige<br />
Athlet« soll schließlich seine<br />
sportlichen Ziele selbst bestimmen,<br />
an der Planung seines Trainings<br />
und seines Turniers mitarbeiten.<br />
Nutzung der Chancen,<br />
Vermeidung der<br />
Risiken von<br />
Leistungssport<br />
Nach einer entsprechenden<br />
Erklärung des DSB zum Leistungssport<br />
von Kindern eröffnet der<br />
Sport den Kindern eine Reihe von<br />
Chancen:<br />
• Förderung der körperlichen,<br />
geistigen und seelischen Entwicklung<br />
• Erfahrung eigener Leistungsgrenzen<br />
• Schaffung von Selbstvertrauen<br />
• Erfahrung von Gemeinschaftserlebnissen<br />
• Sinnvolle Freizeitgestaltung<br />
Der Trainer hat darauf zu achten,<br />
daß diese Chancen tatsächlich<br />
wahrgenommen werden, indem er<br />
auf die Einhaltung folgender Maßnahmen<br />
achtet:<br />
• Berücksichtigung der Belastbarkeit<br />
des Kindes und Jugendlichen<br />
auf der entsprechenden<br />
Alters- bzw. Reifestufe<br />
(s.S. 156)<br />
• Gewährleistung einer vielseitigen<br />
koordinativen und konditioneilen<br />
Ausbildung anstelle<br />
frühzeitiger Spezialisierung<br />
(s. S. 106)<br />
250
I<br />
Zur pädagogischen Verantwortung des Trainers<br />
Belassung ausreichender Zeit<br />
für Familie, Freizeit und soziale<br />
Kontakte<br />
Raum für zusätzliche Mannschaftswettbewerbe<br />
zur Förderung<br />
sozialen Handelns und<br />
koordinativer Fähigkeiten<br />
Vermeidung von allzu frühem<br />
Erfolgsdruck<br />
Sicherung eventuell notwendiger<br />
Schul- und Berufsausbildungsförderung,<br />
auch nach<br />
Ende des Leistungssports<br />
Einbeziehung sich längerfristig<br />
entwickelnder Fähigkeiten (Prognose)<br />
bei der Eingliederung in<br />
Bezirks- und Verbandskader<br />
Organisierung regelmäßiger<br />
sportärztlicher Kontrolle<br />
Enger Kontakt zu den Eltern,<br />
regelmäßig wiederholte<br />
Abschätzung von Chancen und<br />
Risiken für das einzelne Kind,<br />
ggf. Bremsung übersteigerter<br />
Leistungs- und Erfolgserwartungen<br />
der Eltern.<br />
Berufliche Zukunft<br />
Der trainierende Jugendliche soll<br />
den Leistungssport zwar als einen<br />
wichtigen, aber nicht den wichtigsten<br />
Teil seines Lebens begreifen<br />
lernen. Er muß erfahren, daß der<br />
leistungssportgeprägte Lebensabschnitt<br />
irgendwann, allein altersbedingt,<br />
zu Ende gehen wird.<br />
Diesbezügliche Aufgabe des Trainers<br />
ist, seinen jugendlichen Spielern<br />
zu helfen, sich auf das berufliche<br />
und private Leben nach dem<br />
Sport einzustellen und entsprechend<br />
vorzubereiten.<br />
Das bedeutet konkret, daß der<br />
Trainer darauf zu achten hat, daß<br />
Schule und Ausbildung unter der<br />
Trainings- und Wettkampfbelastung<br />
nicht leiden. Kind oder Jugendlicher<br />
können nicht erwarten,<br />
in ihrer Ausbildung bevorzugt zu<br />
werden; sie dürfen aber durch ihr<br />
Engagement im Leistungssport<br />
nicht benachteiligt werden.<br />
Zusammenfassung<br />
Pädagogische Verantwortung für<br />
die Gesamtentwicklung (und nicht<br />
nur für die sportliche Entwicklung)<br />
von jungen Spielerinnen und Spielern<br />
zu übernehmen, heißt also für<br />
Trainer und Trainerin, Training und<br />
Wettkampf so in die gesamte<br />
Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen<br />
einzubetten, daß diese im<br />
Anschluß an ihre sportliche Laufbahn<br />
sagen können: »Der Sport<br />
hat mein Leben bereichert« (vgl.<br />
auch KURZ, 1988).<br />
251
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