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Sammlung Georg Hartmann

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Skulpturen und Plastiken<br />

Gemälde Alter und Neuerer Meister<br />

Zeichnungen, Aquarelle und Ikonen<br />

Lot 580 – 860<br />

Donnerstag, 10. Oktober 2013, 14.00 Uhr<br />

Haus und Schauräume der <strong>Sammlung</strong> <strong>Hartmann</strong> in der Niederräder-Landstraße, Frankfurt am Main, erbaut 1914/15<br />

Bild unten rechts zeigt Katalog-Nr. 583, Heilige Maria Magdalena, in situ<br />

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<strong>Georg</strong> <strong>Hartmann</strong> (Frankfurt am Main, 1870 - 1954) war ein Frankfurter Unternehmer, Kunstsammler<br />

und Kunstmäzen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, dessen Leistungen in allen<br />

drei Bereichen bis heute Erwähnung finden. Aus einer großen Affinität zur Kunst verband<br />

er seine genannten Tätigkeitsfelder geschickt und verstand es, das Qualitätvolle und Beständige<br />

aus dem Beliebigen und dem Vergänglichen zu wählen. <strong>Hartmann</strong> übernahm 1898 die<br />

Bauersche Gießerei an der Hamburger Allee, mit der er ins Schriftgießereigewerbe einstieg.<br />

Auf den vorherrschenden Trend zur industriellen Standardisierung der Schriftgestaltung<br />

und den Einzug neuer Setzmaschinen antwortete er mit einer Qualitätsoffensive in der<br />

Schriftgestaltung und Reproduktion. Die in seinem Betrieb entwickelten Schriftarten wie<br />

Emil Rudolf Weiß „Fraktur“ oder Paul Renners „Futura“, welche die Bauhaus-Bewegung nachhaltig<br />

beeinflusste, waren beispielgebend und wurden in Deutschland sowie im Ausland<br />

vertrieben; in Barcelona und New York unterhielt die Gießerei Zweigbetriebe. <strong>Hartmann</strong>s<br />

bibliophile Leidenschaft schlug sich aber nicht nur in der Schriftgestaltung nieder, er verlegte<br />

auch in hoher Qualität gefertigte Bücher. 1943 beauftragte <strong>Hartmann</strong> wiederum Fotografen<br />

damit, die Straßen, Frankfurter Römer und Dom ausführlich mit Fotos zu dokumentieren.<br />

Sein herausgegebenes Buch „Alt-Frankfurt. Ein Vermächtnis“ mit 270 schwarz-weiß Fotografien<br />

dokumentiert den Zustand der Frankfurter Altstadt vor der Zerstörung 1944 und wurde<br />

nach dem Krieg ein bis heute gerühmter Bildband. Bereits ein Jahr zuvor hatte <strong>Hartmann</strong> den<br />

Katalog „Alte Kunst lebendig“ herausgegeben, indem seine private Skulpturensammlung<br />

illustriert erschien. Hubert Wilm bearbeitete diesen wissenschaftlich. Wilm war im Geiste<br />

<strong>Georg</strong> <strong>Hartmann</strong>, 1920er Jahre<br />

mit <strong>Hartmann</strong> verwandt, beide hatten zeitgleich um 1910 mit dem Aufbau einer <strong>Sammlung</strong><br />

von alten Skulpturen begonnen und kannten den Markt, die Museen und Sammler. Zudem hatte Wilm bereits 1937 für den Münchener<br />

Bildhauer und Sammler <strong>Georg</strong> Schuster den <strong>Sammlung</strong>skatalog geschrieben.<br />

<strong>Georg</strong> Hartman baute sich bis in die 1940er Jahre eine umfangreiche <strong>Sammlung</strong> mittelalterlicher Skulpturen auf, flankiert von einigen<br />

bedeutenden spätmittelalterlichen Tafelmalereien sowie einzelnen barocken Skulpturen, etwa den Engel von Ignaz Günther. Anregungen<br />

dürften sicher auch die museumspolitischen Vorgänge in Frankfurt am Main gegeben haben, eröffnete doch 1909 das Museum für<br />

alte Plastik im Liebieghaus in unmittelbarer Nähe zum Städel. Dies führte in den Folgejahren zu einer Neubewertung der mittelalterlichen<br />

nordeuropäischen Kunst gegenüber dem Ideal der italienischen Renaissancekunst, dem Museumsdirektoren wie Wilhelm Bode<br />

in Berlin verpflichtet blieben. <strong>Hartmann</strong> ist bei seiner Sammeltätigkeit vom wichtigen Städel-Direktor <strong>Georg</strong> Swarzenski beraten worden.<br />

Ihm hat Frankfurt die entscheidenden Impulse zum Aufbau einer modernen <strong>Sammlung</strong> zu verdanken hat und er war auch eine<br />

treibende Kraft hinter dem Liebieghaus. Zudem beriet Swarzenskis Nachfolger Ernst Holzinger den Sammler <strong>Hartmann</strong>. Die beiden<br />

Direktoren kurratierten auch heimlich seine <strong>Sammlung</strong>, wofür er eigens Schauräume in seinem Anwesen an der Niederräder Landstraße<br />

hat einrichten lassen. Aus seiner umfangreichen <strong>Sammlung</strong> sind heute bedeutende Skulpturen im Frankfurter Liebieghaus zu<br />

sehen. Die Dreifaltigkeit von Hans Multscher um 1430, die Muttergottes aus Dellmensingen von Michel Erhart, Ulm, um 1475, oder<br />

der ausdrucksstarke Christus in der Rast, Thüringen oder Sachsen, um 1500. In der Cloister Collection, Metropolitain Museum of Art,<br />

New York, befinden sich zudem frühgotische Glasfenster aus dem ehemaligen Prämonstratenserkloster Altenberg an der Lahn,<br />

1290/1300.<br />

Dass er daneben auch ein waches Auge für seine eigene Zeit hatte, zeigen die Bestände seiner <strong>Sammlung</strong> sowie seine mäzenatischen<br />

Aktivitäten. Zu seiner <strong>Sammlung</strong> gehörten auch etablierte Künstler des französischen Impressionismus und Postimpressionismus<br />

sowie der Fauves, aber genauso Vertreter der Frankfurter Malerei des 19. Jahrhunderts und des Karlsruher Kreis mit dem Maler Karl<br />

Hofer. Angeregt von Ernst Holzinger erteilte <strong>Hartmann</strong> 1941 Max Beckmann den Auftrag, zunächst die Apokalypse und später Faust<br />

II. zu illustrieren, zur damaligen Zeit ein heikles wie geheimes Unterfangen. Unlängst erwarb die Staatsgalerie Stuttgart ein Exemplar<br />

des Apokalypse-Zyklus mit 27 Folgen. 2009 wurde ihm mit Hilfe der Freunde der Staatsgalerie Stuttgart eine Ausstellungen gewidmet,<br />

in der <strong>Hartmann</strong>s Verbindung zu und Hilfe für Max Beckmann, der im Dritten Reich ins niederländische Exil floh, umfassend thematisiert<br />

wird. Ebenfalls auf Wunsch des Städeldirektors erwarb <strong>Hartmann</strong> 1942 in Paris zwei Bronzeplastiken, welche er 1953 dem<br />

Städelmuseum stiftete: Eine lebensgroße Eva von Auguste Rodin sowie eine lebensgroße Eva von Charles Despiau. Weitere Male sollte<br />

sich <strong>Hartmann</strong> als Mitglied der Städeladministration und Vorsitzender des Städelschen Museumsvereins als großzügiger und uneigennütziger<br />

Förderer und Stifter zeigen. <strong>Hartmann</strong> war seit 1934 Mitglied in der Administration des Städelschen Kunstinstituts und seit<br />

1933 Vorsitzender des Städelschen Museums-Vereins. Noch 1944 übernahm er den Vorsitz im Verwaltungsrat des Freien Deutschen<br />

Hochstifts. Als stellvertretender Vorsitzender des Bundes tätiger Altstadtfreunde engagierte er sich später für den Wiederaufbau der<br />

Altstadt wie um die Rekonstruktion des Goethehauses. Wegen seiner Verdienste um Letzteres wurde er 1950 mit dem Ehrenbürgerrecht<br />

seiner Vaterstadt Frankfurt am Main ausgezeichnet. Ihm wurden weitere Ehrungen für sein Engagement für das Gemeinwesen der<br />

Stadt Frankfurt am Main zuteil, 1953 wurde er mit dem Großen Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.<br />

In dieser Auktion kommen mehrere teils bedeutende Skulpturen sowie Gemälde, Möbel und Kunsthandwerk aus dieser <strong>Sammlung</strong> zur<br />

Versteigerung. Dabei handelt es sich um die Lots 81, 219, 253, 275, 438, 583, 586, 591, 596, 597, 621-623, 628, 630, 748, 783, 840, 841.<br />

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