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Felder als Bestandteile des Alltags

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58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon /<br />

Leben und Arbeiten mit Implantaten<br />

21. Oktober 2013<br />

58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon<br />

Leben und Arbeiten mit Implantaten<br />

Bestehen Risiken durch elektromagnetische<br />

Strahlung?<br />

21. Oktober 2013<br />

Dr. Christina Glückstein<br />

Fachärztin für Arbeitsmedizin<br />

Bernd Kontenak<br />

Fachkraft für Arbeitssicherheit<br />

<strong>Felder</strong> <strong>als</strong> <strong>Bestandteile</strong> <strong>des</strong> <strong>Alltags</strong><br />

elektrische <strong>Felder</strong><br />

magnetische <strong>Felder</strong><br />

elektromagnetische<br />

<strong>Felder</strong><br />

Quellen:<br />

a) natürliche <strong>Felder</strong><br />

‣ Erdmagnetfeld<br />

‣ Blitze<br />

‣ Sonnenstrahlung<br />

c) künstliche elektromagnetische<br />

<strong>Felder</strong><br />

‣ Radio, TV<br />

‣ Mobilfunk<br />

‣ Mikrowelle<br />

b) künstliche elektrische<br />

und magnetische <strong>Felder</strong><br />

‣ Elektrogeräte<br />

‣ Verkabelungen<br />

58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon<br />

Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin – © Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 3<br />

(c) Dr. Christina Glückstein<br />

(c) Bernd Kontenak 1


58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon /<br />

Leben und Arbeiten mit Implantaten<br />

21. Oktober 2013<br />

Mögliche Wirkungen von <strong>Felder</strong>n<br />

elektrische <strong>Felder</strong><br />

magnetische <strong>Felder</strong><br />

elektromagnetische<br />

<strong>Felder</strong><br />

‣ Wirkungen auf biologische Systeme<br />

‣ Wirkungen auf Implantate<br />

Beeinträchtigungen<br />

Implantatsträger<br />

(aktive und passive Implantate)<br />

‣ Störbeeinflussung Implantate<br />

‣ Gefährdungen + Belastungen<br />

Problem:<br />

‣ Mensch hat keine Sinnesorgane für elektromagnetische <strong>Felder</strong><br />

(„unsichtbar, und doch wirksam“)<br />

‣ Mensch nimmt nur Effekte wahr (Blitzentladung, Aufstellung von Haaren, Erwärmung, Reize ...)<br />

58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon<br />

Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin – © Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 4<br />

Mögliche Wirkung von <strong>Felder</strong>n<br />

Passive Implantate<br />

‣ lokale Erwärmungen <strong>des</strong> Implantats und <strong>des</strong><br />

angrenzenden Körpergewebes<br />

‣ Kraftwirkung auf ferromagnetische und<br />

leitfähige Implantate<br />

Störbeeinflussung nur bei sehr starken<br />

<strong>Felder</strong>n möglich!<br />

Aktive Implantate<br />

‣ Störbeeinflussung und Auslösung<br />

von Fehlfunktionen möglich!<br />

(abhängig von Feldstärke, Frequenz, Bauart,<br />

Empfindlichkeit, Störfestigkeit etc.)<br />

Störbeeinflussung<br />

Gefährdungen nicht ausgeschlossen!<br />

58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon<br />

Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin – © Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 5<br />

(c) Dr. Christina Glückstein<br />

(c) Bernd Kontenak 2


58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon /<br />

Leben und Arbeiten mit Implantaten<br />

21. Oktober 2013<br />

Richtlinie 2004/40/EG<br />

Min<strong>des</strong>tvorschriften zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der<br />

Arbeitnehmer …<br />

Richtlinie wurde veröffentlicht und tritt gemäß Art. 13 vier Jahre danach in Kraft<br />

Da sowohl für die Beschaffung und Analyse dieser neuen<br />

Informationen <strong>als</strong> auch für die Ausarbeitung und Annahme<br />

eines neuen Richtlinienvorschlags Zeit benötigt<br />

wird, ist die Verlängerung der Frist für die Umsetzung<br />

der Richtlinie 2004/40/EG um vier Jahre zu rechtfertigen.<br />

29.04.2004 29.04.2008 30.04.2012 31.10.2013 …<br />

Aufgrund der technischen Komplexität <strong>des</strong> Regelungsgegenstands<br />

erscheint es jedoch unwahrscheinlich, dass die neue Richtlinie bis<br />

zum 30. April 2012 erlassen werden wird.<br />

58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon<br />

Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin – © Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 6<br />

Unfallverhütungsvorschrift BGV B11<br />

„Elektromagnetische <strong>Felder</strong>“<br />

§ 1: Diese Unfallverhütungsvorschrift gilt, soweit Versicherte elektrischen,<br />

magnetischen oder elektromagnetischen <strong>Felder</strong>n (EM-<strong>Felder</strong>) ... ausgesetzt sind.<br />

§ 3 (2): Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass in Arbeitsstätten und an<br />

Arbeitsplätzen weder unzulässige Expositionen noch unzulässige mittelbare Wirkungen<br />

durch EM-<strong>Felder</strong> auftreten.<br />

Auch wenn zulässige Werte nach BGV B 11 unterschritten<br />

werden, können aktive Implantate beeinflusst werden!<br />

§ 12 (3):<br />

Für Personen mit aktiven oder passiven Körperhilfsmitteln sind besondere<br />

Maßnahmen erforderlich, durch die Funktionsstörungen der Körperhilfsmittel oder<br />

Schädigungen der Person verhindert werden.<br />

Der Unternehmer hat alle Versicherten auf solche Gefährdungen hinzuweisen.<br />

Versicherte haben den Unternehmer über eine Versorgung mit Körperhilfsmitteln<br />

zu informieren, damit der Unternehmer notwendige Maßnahmen ergreifen kann.<br />

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Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin – © Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 7<br />

(c) Dr. Christina Glückstein<br />

(c) Bernd Kontenak 3


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Leben und Arbeiten mit Implantaten<br />

21. Oktober 2013<br />

Was nun ???<br />

Gefährdungsbeurteilung !!!<br />

1 Arbeitsumfeld + Tätigkeiten<br />

2<br />

Ermittlung relevanter<br />

Gefährdungen und Belastungen<br />

3<br />

Festlegung von Schutzmaßnahmen<br />

und Verhaltensregeln<br />

58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon<br />

Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin – © Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 8<br />

Gefährdungsbeurteilung<br />

Mitteilung + Zusammenarbeit<br />

• Implantatsträger<br />

• Vorgesetzter<br />

• Betriebsärztlicher Dienst<br />

• Sicherheitsfachkraft<br />

• HSE-Labor (Innerbetriebliche Messstelle)<br />

• ggf. Werksicherheit<br />

• ggf. Werkfeuerwehr<br />

• ggf. Nachrichten- u. Sicherheitstechnik<br />

• ggf. Kolleginnen und Kollegen<br />

• ggf. Betriebsrat<br />

• Hersteller Implantat<br />

• ggf. externe Mediziner<br />

(z.B. Kardiologe)<br />

• ggf. weitere Experten<br />

ideal Information <strong>des</strong> Vorgesetzten VOR der Implantation !!!<br />

gemeinsame Erstellung einer personenbezogene Gefährdungsbeurteilung!<br />

58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon<br />

Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin – © Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 9<br />

(c) Dr. Christina Glückstein<br />

(c) Bernd Kontenak 4


58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon /<br />

Leben und Arbeiten mit Implantaten<br />

21. Oktober 2013<br />

Gefährdungsbeurteilung<br />

Ziel<br />

Bestimmung Arbeitsbereiche, Arbeitsumfeld und Tätigkeiten<br />

Ermittlung möglicher Gefährdungen durch Beeinflussung von Implantaten<br />

durch elektrische, magnetische und elektromagnetische <strong>Felder</strong><br />

Arbeitsbereiche/Arbeitsumfeld<br />

• übliche/s<br />

• selten genutzte<br />

• Zugangswege<br />

• Pausenbereiche<br />

Tätigkeiten<br />

• übliche<br />

• selten ausgeführte<br />

• mögliche<br />

58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon<br />

Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin – © Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 10<br />

Gefährdungsbeurteilung<br />

Identifizierung Feldquellen + Ermittlung Exposition<br />

Identifizierung Feldquellen:<br />

• alle Feldquellen!<br />

• Hilfsmittel: z.B. Anlagen- und Gerätelisten<br />

Ermittlung Exposition:<br />

• Messungen (Sachkundiger!)<br />

• Berechnungen<br />

• Vergleiche<br />

• Herstellerangaben<br />

• Erfahrungen<br />

Feldstärkemessgerät<br />

Elektromagnetische <strong>Felder</strong> machen auch vor Büros nicht halt!<br />

58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon<br />

Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin – © Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 11<br />

(c) Dr. Christina Glückstein<br />

(c) Bernd Kontenak 5


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Leben und Arbeiten mit Implantaten<br />

21. Oktober 2013<br />

Gefährdungsbeurteilung<br />

Bewertung Exposition + (mögliche) Störbeeinflussung<br />

Bewertung durch:<br />

• Vergleich der ermittelten Exposition(en)<br />

mit zulässigen Werten<br />

• vom Implantathersteller<br />

• durch Angaben in Normen<br />

(Angaben von Störschwellen)<br />

• ...<br />

• ggf. Rücksprache mit Kardiologen<br />

• ggf. Beteiligung externer Experten<br />

BGI 5111, Anhang 1:<br />

Hinweise zu Geräten und Anlagen, bei denen<br />

keine weiteren Maßnahmen erforderlich sind!<br />

Hersteller von Implantaten bieten Hilfestellung<br />

bei der Interpretation der Messwerte an!!!<br />

58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon<br />

Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin – © Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 12<br />

Gefährdungsbeurteilung<br />

Festlegung von Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln<br />

Bei Überschreitung zulässiger Werte:<br />

Festlegung von Maßnahmen zur Verhinderung<br />

unzulässiger Expositionen !!!<br />

Rangfolge der Maßnahmen:<br />

1. Vermeidung oder Ausschaltung z.B. Geräteersatz<br />

2. technische Schutzmaßnahmen z.B. Abschirmung<br />

(insbesondere an den Feldquellen)<br />

3. organisatorische Maßnahmen z.B. Zugangsregelung<br />

4. persönliche Maßnahmen z.B. PSA<br />

Dringlichkeit, zeitliche und praktische Durchführbarkeit beachten!<br />

„Auf Nummer Sicher:<br />

Träger eines Herzschrittmachers oder<br />

eines anderen Implantats sollten 50<br />

Zentimeter Abstand vom Gebäude der<br />

Energiezentrale halten. Das ergab<br />

kürzlich eine Messung unseres HSE-<br />

Labors“<br />

58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon<br />

Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin – © Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 13<br />

(c) Dr. Christina Glückstein<br />

(c) Bernd Kontenak 6


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Leben und Arbeiten mit Implantaten<br />

21. Oktober 2013<br />

RFID<br />

58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon<br />

Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin – © Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 14<br />

Gefährdungsbeurteilung<br />

Checkliste: Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln<br />

• Abschaltung von Geräten<br />

• Reduzierung von Leistung<br />

• Einhaltung eines ausreichenden<br />

Abstands zur Feldquelle<br />

• Vergrößerung <strong>des</strong> Abstan<strong>des</strong> zur<br />

Feldquelle (Abgrenzung, Verlagerung)<br />

• Abschirmung zur Feldquelle<br />

• Veränderung Leitungsführung<br />

• Zugangsregelungen und<br />

Zugangsbeschränkung<br />

• Begrenzung oder Reduzierung der<br />

Aufenthaltsdauer<br />

• Zugangskontrolle<br />

• externe Sachkundeberatung<br />

• Veränderungen Wahrnehmungsschwelle<br />

<strong>des</strong> Implantats (Kardiologen)<br />

• Bewertung Alleinarbeit<br />

• Verhalten bei Unfällen, Erste Hilfe,<br />

Sicherstellung Rettungskette, Übungen<br />

• Erstellung von Betriebsanweisungen<br />

• Unterweisung der Beschäftigten<br />

• Unterrichtung Fremdpersonal, Besucher<br />

• Kennzeichnung Bereiche erhöhter Exposition (Verbot <strong>des</strong><br />

Betretens), ggf. konstruktive Abgrenzungen<br />

• Sicherung der Gefahrenbereiche<br />

• Einsatz von PSA (schirmende Kleidung zum Schutz<br />

gegen das elektrische Feld)<br />

• Prüfungen: Erstprüfung, wiederkehrende Prüfungen,<br />

wesentliche Änderungen, inkl. Messungen der<br />

elektromagnetischen <strong>Felder</strong><br />

• Beaufsichtigung, Festlegung Aufsichtsführung<br />

• Festlegung Verhalten bei bestimmungsgemäßen Betrieb,<br />

im Fehlerfall, bei Instandhaltung etc.<br />

• Messungen durch sachkundige Personen<br />

• geeignete Messstrategie; ggf. regelmäßige orientierende<br />

Messungen<br />

• Personen-Notsignal Anlagen: Einweisung, Funktionstest,<br />

Prüfungen,<br />

58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon<br />

Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin – © Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 15<br />

(c) Dr. Christina Glückstein<br />

(c) Bernd Kontenak 7


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Leben und Arbeiten mit Implantaten<br />

21. Oktober 2013<br />

Gefährdungsbeurteilung<br />

Überprüfung und Anpassung der Gefährdungsbeurteilung<br />

‣ gemeinsame Ortsbegehungen<br />

‣ (erneute) Messungen<br />

zusammen mit dem Implantatsträger<br />

Neu-Bewertung erforderlich:<br />

‣ Änderung von Expositionen<br />

z.B. neue Tätigkeiten, neue Aufenthaltsbereiche, Anschaffung neuer Geräte,<br />

Umgestaltung von Arbeitsplätzen, Änderungen im Arbeitsablauf oder der Organisation,<br />

feldrelevanten Änderungen ...<br />

‣ Veränderungen an Implantaten<br />

z.B. durch Programmierung<br />

58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon<br />

Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin – © Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 16<br />

Gefährdungsbeurteilung<br />

Fremdfirmen-Mitarbeiter und Besucher<br />

• individuelle Bewertung nicht möglich<br />

• zwingend erforderlich<br />

Hinweis auf Bereiche mit Gefährdungen für Implantatsträger<br />

• Fremdfirmen-Mitarbeiter:<br />

Berücksichtigung bei der Ausstellung der/<strong>des</strong> Arbeitsgenehmigung<br />

bzw. <strong>des</strong> Erlaubsnisscheins<br />

58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon<br />

Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin – © Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 17<br />

(c) Dr. Christina Glückstein<br />

(c) Bernd Kontenak 8


58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon /<br />

Leben und Arbeiten mit Implantaten<br />

21. Oktober 2013<br />

Gefährdungsbeurteilung<br />

Warnzeichen und Verbotszeichen<br />

Verbot für Personen mit<br />

Herzschrittmacher<br />

Verbot für Personen mit<br />

Implantaten aus Metall<br />

Warnung vor<br />

magnetischem Feld<br />

Warnung vor<br />

elektromagnetischem Feld<br />

Elektrisches<br />

Feld<br />

Warnung vor<br />

elektrischem Feld<br />

58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon<br />

Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin – © Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 18<br />

Leben und Arbeiten<br />

mit Implantat<br />

Betriebsärztlicher Dienst<br />

Dr. Christina Glückstein 21.10.2013<br />

(c) Dr. Christina Glückstein<br />

(c) Bernd Kontenak 9


58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon /<br />

Leben und Arbeiten mit Implantaten<br />

21. Oktober 2013<br />

Körperhilfsmittel: Implantat<br />

Ein Körperhilfsmittel ist ein medizinisch-technisches<br />

Gerät, das dem vollständigen oder teilweisen Ersatz von<br />

Körperteilen oder ausgefallenen Körperfunktionen dient.<br />

Ein Implantat ist ein Körperhilfsmittel, das ganz oder<br />

teilweise in den Körper eingesetzt ist.<br />

Es werden passive und aktive Implantate unterschieden.<br />

Passive Implantate<br />

Kein Zutritt für Personen mit passiven Implantaten<br />

Passive Implantate ersetzen ausgefallene<br />

Körperfunktionen, ohne auf eine elektrische<br />

Energiequelle angewiesen zu sein.<br />

z. B. künstliche Gelenke, Herzklappen<br />

(c) Dr. Christina Glückstein<br />

(c) Bernd Kontenak 10


58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon /<br />

Leben und Arbeiten mit Implantaten<br />

21. Oktober 2013<br />

Aktive Implantate<br />

Abbildung 2: Verschiedene aktive Implantate (Quelle: Silny, femu, RWTH Aachen)<br />

Aktive Implantate ersetzen<br />

teilweise oder vollständig<br />

ausgefallene Körperfunktionen<br />

und sind auf eine elektrische<br />

Energiequelle angewiesen.<br />

Indikation zur Implantation von<br />

Schrittmachern und Defibrillatoren<br />

• AV- Blockierung in<br />

Abhängigkeit von<br />

Symptomatik /<br />

Ausprägung<br />

• Muskeldystrophien<br />

• Bradyarrythmien<br />

• Karotissinussyndrom<br />

• Koronare Herzkrankheit<br />

• Zustand nach Myokardinfarkt<br />

• Herz-Kreislauf-Stillstand<br />

• Ventrikuläre Tachykardie<br />

• Herzinsuffizienz und linksventrikulä<br />

Ejektionsfraktion ≤ 35%<br />

• Erworbene Kardiomyopathien<br />

• Angeborene Kardiomyopathien<br />

• idiopathische Kammertachykardie<br />

(c) Dr. Christina Glückstein<br />

(c) Bernd Kontenak 11


58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon /<br />

Leben und Arbeiten mit Implantaten<br />

21. Oktober 2013<br />

Ausgangssituation<br />

ICD (Implantierbarer Cardioverter Defibrillator) und<br />

Herzschrittmacher:<br />

100.000 x pro Jahr werden Implantation durchgeführt<br />

Davon stehen mehr <strong>als</strong> 10.000 Patienten noch im<br />

Berufsleben.<br />

15.000 ICD – Neu-Implantationen pro Jahr<br />

„Es war, <strong>als</strong> ob mir Klitschko einen<br />

Volltreffer vor die Brust verpasst hätte...“<br />

Mit diesen Worten beschrieb CDU-Politiker Wolfgang<br />

Bosbach gestern Abend in der ZDF-Sendung „Lanz“<br />

die Situation, <strong>als</strong> sein Herzdefibrillator im März 2013<br />

einen technischen Defekt hatte. Ohne medizinische<br />

Notwendigkeit gab das Gerät einen starken<br />

Stromstoß ab – Bosbach erlitt für ein paar Sekunden<br />

eine Ohnmacht.46<br />

Marl – Der Defibrillator sollte Bernd Steinnebel (46) das<br />

Leben retten – doch das Gerät hat sein Leben zerstört.<br />

Denn: Das eingepflanzte Gerät war defekt – löste<br />

unkontrolliert Stromstöße aus. Immer wieder bekommt er<br />

Schläge, sogar beim Autofahren, einmal bleibt sein Herz<br />

kurz stehen, er stürzt, erleidet einen Kieferbruch. Erst<br />

nach mehreren Jahren erkennen die Ärzte den Defekt,<br />

tauschen das Gerät aus. Doch: Auch das neue verrutscht,<br />

wieder unkontrollierte Schläge. Juni 2013<br />

(c) Dr. Christina Glückstein<br />

(c) Bernd Kontenak 12


58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon /<br />

Leben und Arbeiten mit Implantaten<br />

21. Oktober 2013<br />

Beeinflussung von Implantaten<br />

Störbeeinflussung von Implantaten:<br />

Hochfrequente magnetische <strong>Felder</strong> können das Implantat<br />

erwärmen.<br />

Externe elektrische oder magnetische <strong>Felder</strong> können in<br />

die implantierte Elektrosonde eingekoppelt werden.<br />

Gefahr einer Fehlfunktion:<br />

Ungewollte Stimulationsimpulse<br />

Ungewollte Therapieschocks<br />

Deaktivierung <strong>des</strong> Implantats<br />

Arbeitsmedizinisches Beratungsangebot<br />

• Mitarbeiter mit Implantat meldet sich zeitnah vor oder nach Einsetzten <strong>des</strong><br />

Implantats im Betriebsärztlichen Dienst (Schweigepflicht!)<br />

• Beratung und Angebot für weitere Maßnahmen! (Ausgangs-EKG)<br />

• Arbeitsplatzbegehung (sonstige Aufenthaltsbereiche, Dienstwege, Tätigkeiten)<br />

• Ermittlung von Störquellen/Gefährdung (mit Fachkraft für Arbeitssicherheit)<br />

• Messungen der elektromagnetischen <strong>Felder</strong> am Arbeitsplatz (HSE-Labor)<br />

• Wenn Dienstreisen erforderlich sind, muss sichergestellt sein, dass ein<br />

Krankenhaus im Ausland erreichbar ist, das über die technische Ausstattung<br />

verfügt, einen ICD im Notfall auszulesen oder neu zu programmieren (Stick!).<br />

• Personenbezogene Gefährdungsbeurteilung: in Zusammenarbeit Mitarbeiter,<br />

Vorgesetzter, Fachkraft für Arbeitssicherheit und Betriebsärztlicher Dienst. Bei<br />

Unklarheiten Rücksprache mit den Implantat-Herstellern (z. B. Firma Medtronic /<br />

Biotronic), dem behandelnden Arzt, Kardiologen.<br />

Die Einsatzfähigkeit <strong>des</strong> Mitarbeiters mit Implantat ist nicht zwingend<br />

eingeschränkt.<br />

(c) Dr. Christina Glückstein<br />

(c) Bernd Kontenak 13


58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon /<br />

Leben und Arbeiten mit Implantaten<br />

21. Oktober 2013<br />

Empfehlungen für den Implantatträger<br />

• Handy nicht in die Brusttasche stecken, Telefonieren besser auf der dem<br />

Implantat gegenüberliegenden Körperseite.<br />

• Übliche Elektrogeräte beeinflussen das Implantat in aller Regel nicht. (Cave:<br />

Bohrmaschine nicht in Brusthöhe halten, Induktionskochfelder,<br />

Elektroschweißgeräte, Lötkolben, elektrische Heckenschere).<br />

• Sportarten wie Boxen, Kampfsportarten, Ballspiele (Schläge auf die Brust) und<br />

Tennis (Sport mit weit ausholende Armbewegungen) eher meiden.<br />

• Kein schweres Rucksäcke tragen.<br />

• Frauen können auch <strong>als</strong> Implantatträgerin eine Schwangerschaft austragen.<br />

• Bei Arztbesuchen stets auf das Implantat hinweisen<br />

• Cave: Tens-Geräte (Reizstrombehandlung)<br />

• Sicherheitskontrollen in Flughäfen (Implantatsausweis vorlegen)<br />

• Supermarkt; Bibliotheken (möglichst zügig passieren)<br />

• Auto fahren: es gilt die Anschnallpflicht<br />

1. Hilfe-Massnahmen für Implantatträger<br />

• Es gelten die bekannten<br />

Basismaßnahmen:<br />

• Notruf wie gewohnt absetzen<br />

• Tel. 112 (oder interner Notruf<br />

<strong>des</strong> Unternehmens) mit<br />

Hinweis „Implantatträger“<br />

• Durch eine mögliche<br />

Schockabgabe <strong>des</strong><br />

Herzschrittmachers / ICD- ist<br />

der Implantatträger nicht<br />

„elektrisch geladen“<br />

• -> keine Gefährdung für<br />

Ersthelfer<br />

• „Magnet“ im Notfallrucksack<br />

(c) Dr. Christina Glückstein<br />

(c) Bernd Kontenak 14


58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon /<br />

Leben und Arbeiten mit Implantaten<br />

21. Oktober 2013<br />

Fallbeispiele: Herzschrittmacher / ICD<br />

Herzinfarkt im Alter von 42 Jahren<br />

*<br />

Psychische Belastung der ICD-<br />

Implantatträger<br />

•Meist Zustand nach akutem Ereignis<br />

•ICD wird <strong>als</strong> Rettung zeitgleich <strong>als</strong><br />

Bedrohung empfunden<br />

•Etwa 80% der Betroffenen +<br />

Angehörige kommen gut mit der<br />

Situation zurecht<br />

•Etwa 20% der Betroffenen haben ein<br />

hohes Erkrankungsrisiko innerhalb<br />

von 12 Monaten für:<br />

- Angst und Depressionen<br />

- Akute Belastungsreaktion<br />

- Posttraumatische<br />

Belastungsstörung<br />

•Viele ICD-Träger vermeiden alles was<br />

das Herz anstrengen könnte<br />

•Angst vor dem 1. Schock: Adäquate<br />

und inadäquate Schockauslösung<br />

•EKG-„Junkies“ in der Sprechstunde<br />

•Tabuthema Sterben<br />

Einbindung in BEM-Prozess:<br />

•Gesprächsangebote -> Weiterleitung<br />

Psychotherapie<br />

•Arbeitsplatzmaßnahmen/- wechsel<br />

•BefristeteteTeilzeitoption prüfen<br />

•Rückkehr ansprechen: Informationen<br />

der Kollegen<br />

(c) Dr. Christina Glückstein<br />

(c) Bernd Kontenak 15


58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon /<br />

Leben und Arbeiten mit Implantaten<br />

21. Oktober 2013<br />

Psychokardiologie<br />

Defi-Selbsthilfegruppen bun<strong>des</strong>weit<br />

http://www.defibrillator-deutschland.de/inhalt/shg.html<br />

Themen wie Notfallausrüstung, Patientenverfügung, Empfehlung Stick (Chipkarte in<br />

Planung) mit allen Unterlagen für Reisen mit sich zu führen, Austausch mit Betroffenen,<br />

die bereits eine Schockauslösung erlebt haben.<br />

Psychokardiologie:<br />

Ambulant: Priv.-Doz. Dr. med. Cora Weber, Fachärztin für Psychosomatische Medizin<br />

am Berliner Universitätsklinikum Charité. Terminvereinbarung: 450 553 278 (dienstags)<br />

Stationäre Rehabilitationsmaßnahme:<br />

Prof. Dr. J. Jordan, Abteilung für Psychokardiologie an der Kerckhoff-Klinik; Herz-,<br />

Thorax- und Rheumazentrum in Bad Nauheim (ganzheitlicher Ansatz: täglich<br />

Entspannungstraining, körperliches Training, kardiologische Betreuung, Körpertherapie,<br />

intensive Psychotherapie, verhaltenstherapeutisch orientierte Angsttherapie, Elemente<br />

der Traumatherapie.<br />

Erarbeitung eines Notfallmangementplan und Notfallausrüstung für weiteren Schock<br />

Fallbeispiel: Cochlea-Implantat (CI)<br />

•Wiedererlangung eines<br />

akustischen Sinneseindrucks<br />

durch Elektrostimulation der<br />

Hörbahnen bei hochgradiger<br />

Schwerhörigkeit oder<br />

vollständiger Ertaubung<br />

•Anpassung <strong>des</strong> Geräts sind<br />

allmähliche Vorgänge<br />

Gewöhnung an die neue Art <strong>des</strong><br />

Hörens benötigt Zeit (Lernprozeß)<br />

•Hörtherapie parallel<br />

•Regelmäßig Feineinstellung vor<br />

allem im 1.Jahr<br />

(c) Dr. Christina Glückstein<br />

(c) Bernd Kontenak 16


58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon /<br />

Leben und Arbeiten mit Implantaten<br />

21. Oktober 2013<br />

Arbeitsmedizinische und psychosoziale<br />

Aspekte für CI-Träger<br />

• Betriebliches Eingliederungsmanagement<br />

• Soziales Umfeld / Team /Vorgesetzten<br />

• Arbeitsplatz/-ortwechsel<br />

• Implantat und Elektroden liegen direkt unter<br />

der Kopfhaut<br />

Anpassen der Persönl. Schutzausrüstung?<br />

• Metallische Gegenstände<br />

• Elektrostatische Aufladung<br />

Fazit:<br />

• Implantatträger müssen Abstand halten! Richtwert 30 cm!<br />

• Bei unbekannten elektrischen Anlagen oder Änderung am Arbeitsplatz<br />

ist grundsätzliche Vorsicht geboten!<br />

• Der Betroffene sollte frühzeitig (möglichst vor Implantation) den<br />

Vorgesetzten, den Betriebsärztlicher Dienst oder die Arbeitssicherheit<br />

informieren, die Durchführung einer personenbezogenen<br />

Gefährdungsbeurteilung ist angeraten!<br />

• Es gelten im Notfall die bekannten lebensrettenden Basismaßnahmen<br />

für den Ersthelfer, den First Responder, Rettungssanitäter und Ärzte!<br />

• Psychosoziale Aspekte sind unbedingt zu berücksichtigen!<br />

• Öffentlichkeitsarbeit ist wichtig!:<br />

„Thema <strong>des</strong> Monats“ im Intranet zweisprachige Information an die<br />

Vorgesetzten per Mail, Informationsbroschüre: „Leben und Arbeiten mit<br />

Implantat“<br />

•<br />

(c) Dr. Christina Glückstein<br />

(c) Bernd Kontenak 17


58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon /<br />

Leben und Arbeiten mit Implantaten<br />

21. Oktober 2013<br />

Literatur<br />

• BGV B 11: Unfallverhütungsvorschrift „Elektromagnetische <strong>Felder</strong>“<br />

• BGR B 11: BG-Regel „Elektromagnetische <strong>Felder</strong>“<br />

• BGI 5111: Beeinflussung von Implantaten durch elektromechanische <strong>Felder</strong><br />

• BGI 5111-1: Plakat „Lass‘ Dich nicht beeinflussen!“<br />

• BGI 5111-2: Faltblatt „Elektromagnetische <strong>Felder</strong> und Implantate“<br />

• BGI 5011: Beurteilung magnetischer <strong>Felder</strong> von Widerstandsschweißeinrichtungen<br />

• BGI 844: Einsatz von Schutzkleidung gegen Einwirkung durch hochfrequente elektromagnetische<br />

<strong>Felder</strong> im Frequenzbereich 80 MHz – 1 GHz<br />

• diverse Normen, wie:<br />

- EN 50527-2-1: Verfahren zur Beurteilung der Exposition von Arbeitnehmern mit aktiven<br />

implantierbaren medizinischen Geräten gegenüber elektromagnetischen <strong>Felder</strong>n ...<br />

- DIN VDE 0848-3-1: Sicherheit in elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen<br />

<strong>Felder</strong>n; Schutz von Personen mit aktiven Körperhilfsmitteln ...<br />

• IFA-Report 5/2011: Elektromagnetische <strong>Felder</strong> an Anlagen, Maschinen und Geräten<br />

• Bayerisches Lan<strong>des</strong>amt für Umwelt: Elektromagnetische <strong>Felder</strong> im Alltag<br />

• Bun<strong>des</strong>amt für Strahlenschutz (BFS)<br />

58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon<br />

Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin – © Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 40<br />

www.emf-portal.de<br />

58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon<br />

Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin – © Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 41<br />

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58. Berliner arbeitsmedizinischer Salon /<br />

Leben und Arbeiten mit Implantaten<br />

21. Oktober 2013<br />

Vielen Dank!<br />

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