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kartellrechtliche Hinweise an Kommunen - Niedersächsisches ...

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H<strong>an</strong>nover, den 17.01.2013<br />

<strong>Hinweise</strong> der L<strong>an</strong>deskartellbehörde Niedersachsen<br />

zu Außenwerbeverträgen<br />

Die nachfolgenden Ausführungen dienen dazu, <strong>Kommunen</strong> die <strong>kartellrechtliche</strong>n Anforderungen<br />

<strong>an</strong> Werbenutzungsverträge aufzuzeigen und die <strong>Kommunen</strong> so vor dem<br />

Abschluss kartellrechtswidriger Vereinbarungen zu bewahren.<br />

Kartellvergaberechtliche Anforderungen<br />

Bei typischen Werbenutzungsverträgen räumt die Kommune durch Vertrag einem<br />

Außenwerbeunternehmen das Recht zur Aufstellung und Bewirtschaftung von Werbe<strong>an</strong>lagen<br />

auf öffentlichen Grund ein. Das Unternehmen vermarktet im Gegenzug<br />

die Werbeflächen, hält diese Inst<strong>an</strong>d und stellt z.T. auch Stadtmöblierung mit Werbebezug<br />

zur Verfügung. Aufgrund der hohen Werthaltigkeit wird der Kommune ein Entgelt<br />

(Pacht) entrichtet. 1 Es h<strong>an</strong>delt sich hierbei um eine Dienstleistungskonzession<br />

(Recht zur Dienstleistungserbringung), da der Beschaffungsbezug im Gegensatz zu<br />

einem „klassischen“ Dienstleistungsauftrag fehlt und das wirtschaftliche Risiko vom<br />

Unternehmen getragen wird. Deshalb unterfällt eine solche Konzession nicht den<br />

vergaberechtlichen Anforderungen der §§ 97 ff. des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen<br />

(GWB). 2 Gleichwohl müssen öffentliche Auftraggeber die Grundregeln<br />

des EU-Primärrechts beachten (Art. 49, 56, 18 des Vertrages über die Arbeitsweise<br />

der Europäischen Union (AEUV)). 3 Daher ist die Vergabe von Außenwerbeflächen<br />

nach den Grundsätzen eines eng <strong>an</strong> die vergaberechtlichen Grundsätze <strong>an</strong>gelehnten<br />

objektiven, tr<strong>an</strong>sparenten und diskriminierungsfreien Verfahrens durchzuführen,<br />

soweit nicht im Einzelfall ohnehin die Vorschriften des Vergaberechts unmittelbar<br />

<strong>an</strong>zuwenden sind. 4 Eine Verpflichtung zur Veröffentlichung der Neuvergabe ergibt<br />

sich aus der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. 5 Eine europaweite<br />

Bek<strong>an</strong>ntmachung z. B. im Amtsblatt der europäischen Union ist empfehlenswert,<br />

da eine Binnenmarktrelev<strong>an</strong>z in aller Regel gegeben sein dürfte. Eine weitere<br />

Konkretisierung der vergaberechtlichen Anforderungen wird gegeben sein, wenn<br />

die Richtlinie der Europäischen Kommission zu Dienstleistungskonzessionen verabschiedet<br />

werden sollte.<br />

Wettbewerbsrechtliche Anforderungen<br />

Die Kommune tritt neben Privaten als Anbieter für die Verpachtung von Werbeflächen<br />

im geschäftlichen Verkehr auf und ist daher als Unternehmen i. S. d. GWB <strong>an</strong>zusehen.<br />

Sie ist damit Adress<strong>an</strong>tin des Missbrauchs- und Diskriminierungsverbotes<br />

der §§ 19, 20 GWB. Marktbeherrschende Unternehmen dürfen nach § 20 I GWB <strong>an</strong>dere<br />

Unternehmen in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen übli-<br />

1 Wagener Cardenal/Scharf/Dierks, NVwZ 21/2011, S. 1298<br />

2 Haucke/Maute ZWeK 2/2010 S. 172<br />

3 EuGH, NZBau 2010 382; OLG München, NZBau 2011, 380; VG Mainz, NZBau 2011, 60<br />

4 Aus dem Eckpunktepapier des Bundeskartellamtes zu den Ergebnissen der Sektoruntersuchung „Außenwerbung“,<br />

26.11.2009, S. 2<br />

5 EuGH, Urt. v. 21. 7. 2005, Rs. EUGH 21.07.2005 Aktenzeichen C-231/03, NZBau 2005, NZBAU Jahr 2005 Seite 592<br />

(NZBAU Jahr 2005 Seite 594) – Coname; sowie EuGH, Urt. v. 13. 10. 2005, Rs. EUGH 13.10.2005 Aktenzeichen C-485/03,<br />

NZBau 2005, NZBAU Jahr 2005 Seite 644 (NZBAU Jahr 2005 Seite 648) – Parking Brixen


chend inhaltlich bestimmt und können eine Vertragsverlängerung im Zuge einer Vertrags<strong>an</strong>passung<br />

nicht rechtfertigen. 12<br />

Grundsätzlich sollte in regelmäßigen Abständen (siehe Ausführungen zu Laufzeiten)<br />

der Werbenutzungsvertrag dem Wettbewerb zugeführt werden, da sonst ein Missbrauch<br />

einer marktbeherrschenden Stellung durch die Kommune vorliegen könnte. 13<br />

• Vorpachtrechte (sog. Englische Klauseln), Exklusivvergabe und Kopplung<br />

<strong>an</strong> Stadtmöblierung<br />

Durch Vorpachtrechte findet eine Ungleichbeh<strong>an</strong>dlung der Bewerber statt. Der bisherige<br />

Außenwerber könnte so einen Vertrag mit der Kommune schließen, indem er<br />

die Konditionen des für die Kommune günstigsten (Dritt-) Angebotes übernimmt. Ein<br />

geheimer und fairer Wettbewerb findet nicht statt, vielmehr ist eine kartellrechtswidrige<br />

Marktabschottung gegeben. 14 Dies hätte die Nichtigkeit des Vertrages zur Folge. 15<br />

Auch die Exklusivvergabe ist kartellrechtlich problematisch. Hierbei werden alle<br />

kommunalen Werbeflächen <strong>an</strong> ein Außenwerbeunternehmen vergeben. Dies hat zur<br />

Folge, dass der Anbieterkreis erheblich eingeschränkt wird. Bei mehr als 400.000<br />

Einwohnern hat die Stadt sachgerechte Losgrößen auszuschreiben, entweder nach<br />

räumlicher Aufteilung oder nach Werbeträgerart.<br />

Außerdem ist eine Kopplung der Vergabe großer Werbeflächen <strong>an</strong> die Beschaffung<br />

von Stadtmöblierung zu vermeiden. Der Bau bzw. die Beschaffung von<br />

Stadtmöblierung (Haltestellen des ÖPVN, City-Toiletten etc.) unterliegt zu einem dem<br />

Vergaberecht, zum <strong>an</strong>deren würden so zwei Märkte (Außenwerbung und Stadtmöblierung)<br />

einem Unternehmen zugesprochen werden, sodass eine erhebliche Marktabschottung<br />

und mithin ein Kartellverstoß vorliegen könnte. Ausnahmen sind ggf. für<br />

kleinere <strong>Kommunen</strong> möglich, da eine optimale Vermarktung geringer Werbeflächen<br />

nicht möglich scheint, wenn diese in den Händen mehrer Außenwerber liegt oder in<br />

seltenen Fällen besondere Anforderungen <strong>an</strong> die Gestaltung der Außenwerbung in<br />

den Innenstädten gestellt werden (historisches Stadtbild). 16<br />

Fazit<br />

Besonders bei einer Bündelung der als bedenklich aufgeführten Vertragskonstellationen<br />

ist von einer Wettbewerbsbeschränkung durch die Kommune auszugehen, die<br />

von der L<strong>an</strong>deskartellbehörde be<strong>an</strong>st<strong>an</strong>det werden k<strong>an</strong>n. Insgesamt – sowie vor allem<br />

bei Abwägungsentscheidungen – ist daher dem Grundsatz zu mehr Wettbewerb<br />

zu folgen.<br />

~ ~ ~<br />

Für Rückfragen oder sonstigen Fragen rund um das Kartellrecht wenden Sie sich bitte <strong>an</strong> die<br />

L<strong>an</strong>deskartellbehörde Niedersachsen (Leiterin der L<strong>an</strong>deskartellbehörde: Frau Heike Zinram,<br />

Tel.: 0511/ 120- 8412 oder per E-Mail <strong>an</strong>: l<strong>an</strong>deskartellbehoerde@mw.niedersachsen.de).<br />

12 Wagener Cardenal/Scharf/Dierks, NVwZ 21/2011, S. 1300<br />

13 Haucke/Maute ZWeK 2/2010 S. 193<br />

14 Mitteilung der Kommission – Leitlinien für vertikale Beschränkungen, Abl. 2000/C 291/01, Rz. 205<br />

15 Aus dem Eckpunktepapier des Bundeskartellamtes zu den Ergebnissen der Sektoruntersuchung „Außenwerbung“,<br />

26.11.2009, S. 3<br />

16 Eckpunktepapier des Bundeskartellamtes zu den Ergebnissen der Sektoruntersuchung „Außenwerbung“, 26.11.2009, S. 2/3

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