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Am Rande der Welt, welche ringsum von einem Ozean umflossen<br />

schien, lebten nach antiker Vorstellung Fabeltiere, Mischwesen und andere<br />

Absonderlichkeiten (im Bild die Erde nach der Schilderung des griechischen<br />

Geschichtsschreibers Herodot). Als Wunderland im äußersten<br />

Osten erschien insbesondere der indische Subkontinent, über den bereits<br />

die Perser allerlei Exotisches zu berichten wussten. Da im griechischen<br />

Weltbild die Oikumene, die bewohnte Welt, gleich hinter dem<br />

Indus zu Ende war, galt »Indien« zunächst nur als das Gebiet um diesen<br />

längsten Strom Südasiens. Sein altindischer Name »Sindhu« gab<br />

der Region letztlich auch ihren Namen. Die Griechen nannten den Fluss<br />

»Indós« und das Land »Indiké choré«; in lateinischen Quellen heißt es<br />

dann »Indus« und »India«.<br />

Diese Landschaft um den Indus mit seinen vielen Zuflüssen, der von<br />

den antiken Geografen bildhaft mit einer Artischocke verglichen wurde,<br />

erstreckte sich räumlich gesehen vom Kabul-Tal über Gandhara und den<br />

Punjab bis nach Sindh. Sie umfasst in der modernen Landeskunde das<br />

östliche Afghanistan und Pakistan, allerdings ohne die Provinz Belutschistan,<br />

die in der Antike Gedrosia genannt wurde. Das Gebiet jenseits<br />

des Punjab, dem »Land der fünf Ströme«, blieb eine ferne, unbekannte<br />

Größe an den Ufern des grenzenlosen Weltmeeres. Dieses Bild änderte<br />

sich in der Literatur lange Zeit nur unwesentlich, auch wenn durch Feldzüge,<br />

Seefahrt und Handel seit dem 3. Jh. v.Chr. über den Süden und<br />

Osten Indiens alsbald genauere Informationen vorlagen.<br />

picture-alliance/akg-images


Das Land am Indus in der Antike<br />

Als die Perser unter ihrem Großkönig Kyros II. (558-530 v.Chr.)<br />

das Indus-Tal eroberten und dieser Raum damit in den Blick der<br />

antiken Welt geriet, hae der indische Subkontinent bereits eine<br />

mehrere Jahrtausende umfassende Kulturgeschichte aufzuweisen.<br />

Bereits um 6500 v.Chr. lassen sich in der Indus-Ebene die<br />

ersten Besiedlungen archäologisch nachweisen (z.B. Mehrgarh<br />

in Belutschistan). Hier wurden Gerste, Weizen und später auch<br />

der aus Südchina eingeführte Reis angebaut sowie Ziegen, Schafe<br />

und indische Rinder gehalten. Diese frühen Ackerbaukulturen<br />

wurden im Verlauf verschiedener Entwicklungsphasen von der<br />

Indus-Kultur abgelöst, die nach einem berühmten Fundort im<br />

Nordosten Pakistans auch Harappa-Kultur genannt wird. Ihre<br />

Blütezeit währte von 2600 bis 1900 v.Chr. und zeichnete sich insbesondere<br />

durch Städtebau und einheitliche Stadtplanung, eine<br />

– bislang noch nicht entzifferte – Schri, hohes Technikverständnis<br />

und rege Handelstätigkeit aus.<br />

Dem Niedergang dieser Kultur, wohl auch ausgelöst durch<br />

verschiedenartige Völkerwanderungen, folgte die Vedische Zeit,<br />

die von 1500 bis 500 v.Chr. dauerte und nach den ältesten bezeugten<br />

Schrien Indiens, den vier Veden (»Wissen«), benannt<br />

ist. Ursprünglich wurden die Veden nur mündlich in archaischem<br />

Sanskrit überliefert. Erst im 5. Jh. n.Chr. erhielten sie eine<br />

schriliche Fassung. Sie bergen das gesammelte religiöse Wissen<br />

der Priester, die Brahmanen genannt wurden. Die mündliche<br />

Überlieferung der vedischen Gesänge ist 2003 von der UNESCO<br />

in die Repräsentative Liste des immateriellen Erbes der Menschheit<br />

aufgenommen worden.<br />

Die vedische Religion war der bildlose, schließlich im Hinduismus<br />

aufgehende Glaube der vedisches Sanskrit sprechenden<br />

Indoeuropäer. Diese aus Zentralasien eingewanderten Stämme<br />

haen sich im Punjab und in angrenzende Regionen niedergelassen.<br />

Sie selbst nannten sich »arya«, was wohl »gastlich« heißt<br />

und zu Buddhas Zeiten, um 400 v.Chr., »edel« bedeutete. Dieser<br />

Begriff umschreibt die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Sprache<br />

und Kultur und ist, anders als seine missbräuchliche Verwendung<br />

im Nationalsozialismus, nicht rassisch besetzt. Diese<br />

21


I. Historische Entwicklungen<br />

nicht als ein Volk auretenden »Indoarier«, die gleichfalls wellenartige<br />

Überlagerungen und Vermischungen erfuhren, waren<br />

bekannt für ihre Pferdezucht, führten Streitwagen und galten<br />

als kriegerisch. Von der Rig-Veda, die um 1200-1000 v.Chr. entstand,<br />

wird beispielsweise die »Zehnkönigsschlacht« überliefert,<br />

in der sich der Anführer der Bharata, Sudas, gegen andere indoeuropäische<br />

Stämme siegreich behauptete und seinem Stamm<br />

so für mehrere Jahrhunderte die Oberherrscha im Punjab und<br />

später auch in der oberen Ganges-Ebene sicherte. Ein offizieller<br />

Name der Republik Indien geht auf diesen berühmten Stamm<br />

des Sudas zurück. In der Verfassung Indiens heißt es nämlich im<br />

ersten Artikel, Absatz 1: »India, that is Bharat [...]«.<br />

Das persische Reich der Achämeniden erstreckte sich unter<br />

Kyros II. und Darius I. bis an den Indus. Zu seinen östlichsten<br />

Provinzen, den so genannten Satrapien, zählten mit Blick auf<br />

das heutige pakistanische Staatsgebiet Gandhara, Arachosia, das<br />

»Weiße Indien«, wie es später auch genannt wurde, Saagydia<br />

sowie Hindus/Sindh als das antike »Indien«. Belutschistan hingegen<br />

gehörte zur Satrapie Gedrosia. Hindus/Sindh zahlte den<br />

höchsten Tribut im Reich, 360 Talente reinsten Goldstaubs, wie<br />

unser griechischer Gewährsmann Herodot von Halikarnassos<br />

(480-424 v.Chr.) berichtet. Indische Kontigente leisteten darüber<br />

hinaus dem persischen Großkönig Heerfolge. So waren sie ein<br />

Verband des persischen Vielvölkerheeres, der 490 und 480 v.Chr.<br />

gegen die Griechen zog und 331 v.Chr. bei Gaugamela gegen die<br />

Soldaten Alexanders des Großen kämpen.<br />

22<br />

Goldreiches Wunderland<br />

Neben archäologischen Zeugnissen und altpersischen Inschrien<br />

liefern uns vor allem griechische Quellen für die Zeit vom 6. bis<br />

4. Jh. v.Chr. wichtige Informationen, bisweilen auch amüsante Anekdoten<br />

aus dem Nordwesten Südasiens. Selten wird aus eigener<br />

Anschauung berichtet, wie etwa im Fall des Griechen Skylax von<br />

Karyanda, der im Aurag des persischen Großkönigs um 500 v.Chr.<br />

den Indus hinabsegelte. Andere Autoren verlassen sich auf Hörensagen,<br />

auf Erzählungen von Kaufleuten oder Seefahrern, die<br />

zum Teil über persische Vermilung auf indische Sagen zurückge-


Das Land am Indus in der Antike<br />

hen. Das goldreiche Wunderland beschreibt Herodot ausführlich<br />

in seinen »Historien« und behauptet, dass nur die äußersten, entlegendsten<br />

Gegenden der Erde, insbesondere Indien, die seltensten<br />

und kostbarsten Dinge besäßen. In einer berühmten Passage<br />

seines Indien-Exkurses erzählt Herodot von goldgrabenden Riesenameisen<br />

in der Wüste, denen die Inder unter Lebensgefahr das<br />

Edelmetall rauben würden. Am persischen Hof könne man sogar<br />

einige gefangene Exemplare bestaunen. Diese fabelhae Geschichte<br />

ist in ihrem Kern in den 1990er-Jahren von französischen Ethnologen<br />

bestätigt worden: Bei den Riesenameisen scheint es sich um<br />

Murmeltiere zu handeln, die in der goldreichen Region Deosai in<br />

Kaschmir anzutreffen sind und bis zu 70 cm groß werden können.<br />

Das kleine Volk der indoeuropäischen Minaro weiß noch heute<br />

zu berichten, dass seine Vorfahren einst den Goldstaub um die<br />

Erdhöhlen der Murmeltiere aufsammelten.<br />

Vom Goldreichtum, von Silber und Diamanten erzählte auch<br />

ein weiterer Grieche, Ktesias von Knidos, der gegen Ende des<br />

5. Jh. v.Chr. als Arzt am Hof des Großkönigs lebte. In seinen nur<br />

noch fragmentarisch erhaltenen »Indiká«, Geschichten über Indien,<br />

die der Unterhaltung seiner griechischen Leser dienen sollten,<br />

beschrieb er ein fruchtbares »Schlaraffenland« im äußersten<br />

Osten. In den Flüssen würde Honig fließen, feinstes Öl aus<br />

Seen geschöp werden, die Menschen keinerlei Krankheit und<br />

Schmerz kennen und über hundert Jahre alt werden. Am Rand<br />

der bewohnten Welt würden aber auch gefährliche Ungeheuer<br />

leben, wie die Kynokephalen, hundsköpfige Wesen, oder die<br />

Anthropophagen oder Mantikoren, Menschenfresser, die drei<br />

Zahnreihen besäßen, und deren Löwenkörper in einem Skorpionschwanz<br />

ende.<br />

Hartnäckig hielten sich Fabelgeschichten über die Wunder<br />

Indiens. Selbst die am Alexanderzug teilnehmenden Wissenschaler<br />

und hohen Offiziere haben sich dieser Faszination nicht<br />

entziehen können und ihre Berichte und Memoiren mit allerlei<br />

weiteren Merkwürdigkeiten ausgeschmückt: Sie berichteten von<br />

Menschen, die in ihren Schaufelohren schliefen, von Mundlosen,<br />

die sich nur von Gerüchen ernährten, von Einhörnern oder geflügelten<br />

Riesenskorpionen.<br />

Fast 200 Jahre währte die persische Herrscha am Indus. Sie<br />

war in kultureller Hinsicht geprägt von wechselseitiger Beein-<br />

23


I. Historische Entwicklungen<br />

flussung und Vermilung, die sich bis in die jeweiligen Sprachen<br />

hinein verfolgen lässt. Über den Fernhandel gelangten Reis,<br />

Baumwolle, Pfeffer und Zimt sowie das Huhn und der Pfau aus<br />

Indien bzw. Südostasien nach Europa. Aus dem Mielmeerraum<br />

kamen mediterrane Gewürze wie Koriander und Kreuzkümmel<br />

nach Indien, von Persien aus wirkten Verwaltungspraktiken und<br />

Architekturformen nach Osten.<br />

24<br />

Der Indien-Feldzug Alexanders des Großen<br />

Nach der Eroberung Persiens marschierte das makedonische Heer<br />

unter seinem König Alexander dem Großen (359-323 v.Chr.) im<br />

Frühsommer 327 v.Chr. von Kabul aus zum oberen Indus-Tal.<br />

Gegen den hartnäckigen Widerstand der einheimischen Bevölkerung,<br />

der brutal niedergeschlagen wurde, stieß die Armee durch<br />

den Punjab über den Indus bis zum Hydaspes (heute Jhelum) vor.<br />

An seinem Ufer schlug Alexander 326 v.Chr. den König der Puru,<br />

Poros, der mit Streitwagen und Kriegselefanten gegen ihn angetreten<br />

war. Durch den unablässigen Monsunregen marschierte das<br />

Heer dann weiter ostwärts. Zwölf Jahre haen 35 000 Soldaten,<br />

vor allem Makedonen, Griechen und Thraker, an Alexanders Seite<br />

gekämp und waren ihm dabei mehr als 30 000 km gefolgt. Das<br />

Ende der Welt schien den Soldaten am Indus bereits so nahe, dass<br />

sie nach den goldgrabenden Riesenameisen Ausschau hielten.<br />

Es rückte jedoch mit jedem Vorstoß in immer weitere Ferne. Im<br />

Sommer 326 v.Chr. meuterte schließlich das kriegsmüde Heer am<br />

Oberlauf des Hyphasis (heute Beas) im Punjab. Alexander musste<br />

gegen seinen Willen den Rückmarsch antreten. Er erklärte daher<br />

das Ende der Welt für erreicht, opferte den Göern und setzte<br />

Landmarken. Seine erschöpen Truppen schlugen sich unter verlustreichen<br />

Kämpfen gegen ortsansässige Stämme stromabwärts<br />

bis zur Indus-Mündung durch. Viele Soldaten kamen schließlich<br />

noch bei dem unnötigen Marsch durch die Gedrosische Wüste<br />

nach Westen um, mit dem es Alexander dem Go Dionysos<br />

gleichtun wollte. Am Ende des Indien-Feldzuges, der seinen Anspruch<br />

auf die Weltherrscha untermauern sollte, hae Alexander<br />

die moderne, 1947 zwischen Pakistan und Indien gezogene<br />

Grenze bloß um wenige Kilometer überschrien.


Das Land am Indus in der Antike<br />

Alexanders »indische« Eroberungen gingen bereits kurz nach<br />

seinem Abzug wieder verloren. Anders als in der griechischrömischen<br />

Literatur hat der Makedoneneinfall in indischen<br />

Zeugnissen kaum Widerhall gefunden. Bedeutsamer waren<br />

aus indischer Perspektive die Schicksale östlicher Königreiche,<br />

vor allem das mächtige Magadha mit seiner Hauptstadt Pataliputra<br />

(heute Patna) am Ganges, das sich im Westen seit 322 v.<br />

Chr. über den Indus ausdehnte und für die folgenden knapp<br />

100 Jahre einen Großteil des indischen Subkontinents beherrschte.<br />

Dem Begründer der Maurya-Dynastie Chandragupta, den<br />

die Griechen Sandrakoos nannten, wurde um 300 v.Chr. nach<br />

dem gescheiterten Feldzug des Seleukos I., einem ehemaligen<br />

General Alexanders, in einem Abkommen die östlichen Satrapien<br />

am Indus offiziell abgetreten. Seleukos erhielt als Gegenleistung<br />

eine großzügige Lieferung von 500 Kriegselefanten, die in<br />

den späteren Diadochen-Kriegen eine nicht unwesentliche Rolle<br />

spielen sollten. Rege außenpolitische Kontakte zwischen den<br />

Herrschern belegt die Präsenz griechisch-makedonischer Diplopicture-alliance/akg-images<br />

Alexander und Poros. Öl auf Leinwand von Charles Le Brun, um 1673.<br />

Das Magadha-Reich<br />

25


I. Historische Entwicklungen<br />

maten am indischen Hof in Pataliputra. In seiner weitgehend<br />

verlorenen »Indiká« gibt etwa der seleukidische Gesandte und<br />

Geschichtsschreiber Megasthenes (350-290 v.Chr.) ausführlich<br />

Auskun über Ganges-Indien, Land und Leute, die zentralistische<br />

Staatsverwaltung und das wohl auf das »Kastenwesen«<br />

hinweisende Sozialgefüge. Trotz eigener Anschauung blieb aber<br />

auch Megasthenes dem traditionellen Indien-Bild verpflichtet.<br />

Unter dem Enkelsohn Chandraguptas, Aschoka, erreichte dann<br />

das Magadha-Reich seine größte Ausdehnung: Es erstreckte<br />

sich in der Mie des 3. Jh. v.Chr. von Arachosia, einem Teil des<br />

heutigen Afghanistans, bis zum Siedlungsgebiet der Andhra<br />

im Südosten des Subkontinents. Dieses dravidische Volk gab<br />

einem Bundesstaat im modernen Indien, Andhra Pradesh, seinen<br />

Namen.<br />

26<br />

Indo-Griechen und Römer<br />

Während seiner Regierungszeit wurde Aschoka ein Anhänger der<br />

Lehren Buddhas, wovon seine inschrilich erhaltenen Edikte zeugen,<br />

die teilweise sogar auf Griechisch und Aramäisch abgefasst<br />

sind. Als nach seinen Tod 232 v.Chr. das Großreich der Maurya<br />

zerfiel, nutzte auch der westliche Nachbar diese Schwäche. Die<br />

baktrischen Griechen errichteten im 2. Jh. v.Chr. unter Menandros<br />

I. ein indogriechisches Königreich, das wohl von Gandhara<br />

bis in den Punjab reichte. Unter dem Namen »Milinda« hat dieser<br />

indogriechische Herrscher Eingang in die indisch-buddhistische<br />

Literatur gefunden (»Milindapanho«). Von Zentralasien ausgehende<br />

Völkerbewegungen führten dazu, dass bereits ein Jahrhundert<br />

später die indogriechische Herrscha in diesem Raum<br />

von den spitzhütigen Saken, den iranischen Parthern und den<br />

zentralasiatischen Kuschanen (Indo-Skythen) abgelöst wurde.<br />

Die ersten drei nachchristlichen Jahrhunderte waren in Nordwestindien<br />

von einer »Kleinstaaterei« geprägt. Die Kontakte mit<br />

der römischen Großmacht im Westen beschränkten sich im Wesentlichen<br />

auf intensive Handelsbeziehungen. Groß war vor allem<br />

die Nachfrage nach indischen Luxusgütern wie Edelsteinen, Elfenbein<br />

oder Gewürzen. Nach Indien ausgeführt wurden vor<br />

allem landwirtschaliche Erzeugnisse sowie Glas- und Keramik-


Das Land am Indus in der Antike<br />

Buddha und Vajrapani (Herakles).<br />

Schiefer-Relief aus Gandhara, 1. Jh. n.Chr.<br />

waren. Überliefert sind des Weiteren<br />

mehrere indische Gesandtschaen<br />

nach Rom, die den Kaisern Augustus,<br />

Claudius oder Trajan ihre Aufwartung<br />

machten. Beeindruckt vom<br />

Parther-Feldzug Trajans nahm der<br />

Kuschane Kanishka II. um 119 n.Chr.<br />

sogar den Titel »Kaisara« an. Im<br />

frühen 4. Jh. n.Chr. begann in Magadha<br />

am Ganges erneut ein Reich<br />

zu entstehen, dessen Begründer<br />

Chandragupta I. sich Maharajadhiraja<br />

(Oberkönig von Großkönigen) nannte. Im 5. und 6. Jh. erlag dieses<br />

letzte Großreich des alten Indien den Einfällen der zentralasiatischen<br />

Hunnen.<br />

Als kulturelles Erbe der Völkerbewegungen, der Stadtgründungen<br />

unter Alexander dem Großen, der Handelskontakte<br />

nach Ost und West entstand in der Region Gandhara, im heutigen<br />

Ostafghanistan und Nordwestpakistan, eine einzigartige<br />

Kulturlandscha. Sie verband indisch-buddhistische, griechische<br />

und persische Elemente zur so genannten Gandhara-Kunst und<br />

wirkte bis weit nach Zentral- und Südostasien hinein. Charakteristisch<br />

für diesen Mischstil sind neben dem einheitlichen Material,<br />

Stuck oder Schiefer, im Wesentlichen die Verarbeitung griechisch-römischen<br />

Formenreichtums mit buddhistischen Motiven.<br />

Neben der Abkehr von der bildlosen Verehrung Buddhas finden<br />

sich griechische Göerbildnisse, die Wiedergabe von Szenen aus<br />

dem Trojanischen Krieg oder die Übernahme von hellenistischen<br />

Herrscherporträts. Der Halbgo Herakles wird als Vajrapani, als<br />

Begleiter Buddhas, dargestellt, Buddha selbst verschmilzt mit<br />

Apollon. In Mimik, Gestik, Körperhaltung und vor allem im Faltenwurf<br />

der Gewänder ist die griechisch-römische Antike deutlich<br />

zu erkennen. In der Gandhara-Tradition stehen letztlich noch<br />

die ins 6. Jh. n.Chr. datierten Buddha-Statuen von Bamian, die<br />

2001 von den afghanischen Taliban gesprengt wurden.<br />

Loretana de Libero<br />

27<br />

bpk/Museum für Asiatische Kunst/SMB

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