Burgk-Lempart, Wenn Wege sich trennen ... Ehescheidung als ...

Burgk-Lempart, Wenn Wege sich trennen ... Ehescheidung als ... Burgk-Lempart, Wenn Wege sich trennen ... Ehescheidung als ...

23.12.2013 Aufrufe

Burgk-Lempart, Dr. Andrea „Wenn Wege sich trennen …“, Ehescheidung als theologische und kirchliche Herausforderung, Stuttgart, 2010, 277 S. Das Scheitern am Lebensentwurf "Ehe" oder "lebenslanger Partnerschaft" stellt heute in gemeindlichen und kirchlichen Kontexten eine Realität dar, die viele Menschen betrifft. Das theologische Nachdenken über die Ehe hat sich lange Zeit vor allem an Idealen und Leitbildern orientiert. Die Faktizität der Scheidung wird von Theologie und Kirche bisher nur ungenügend in ihre Überlegungen einbezogen. Die Arbeit unternimmt deshalb den Versuch, die realen Beziehungserfahrungen der Menschen stärker in theologisches Denken einzubeziehen und Impulse für die kirchliche Praxis aufzuzeigen. In der Arbeit erfolgt zunächst eine differenzierte Wahrnehmung der Phänomene "Trennung und Ehescheidung" aus soziologischer, psychologischer und theologischer Perspektive. Dabei wird auf zentrale Ergebnisse empirischer Untersuchungen zurückgegriffen, um einen möglichst umfassenden Zugang zu Menschen zu gewinnen, die von einer Trennung oder Scheidung betroffen sind. Für die der Arbeit zugrunde liegende theologische Positionierung ist der Gedanke der Fragmentarität menschlichen Lebens grundlegend. In der Brüchigkeit von Beziehungen spiegelt sich die Endlichkeit und Unvollkommenheit menschlichen Lebens wider. Neben der Hoffnung auf Beständigkeit und der Verheißung, dass eine Ehe mit Gottes Hilfe gelingen kann, gibt es die Faktizität des Scheiterns und die Begrenzung von Liebe durch den physischen Tod der Eheleute oder das Sterben der Liebe. In der Kirche besteht ein Mangel an lebensbegleitenden Gottesdiensten, die die Gebrochenheit menschlicher Existenz in den Blick nehmen. Thematische Gottesdienste für Getrennte und Geschiedene, die mittlerweile in vielen Großstädten gefeiert werden, eröffnen einen Raum, um sich mit Erfahrungen des Scheiterns auseinanderzusetzen und sie zu theologischen und biblischen Aussagen in Beziehung zu setzen. Ein wesentlicher Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Analyse von Predigten und Ansprachen, die bei solchen Gottesdiensten gehalten worden sind, um herauszuarbeiten, welche (theologischen) Themen und Inhalte mit der Scheidungsthematik verknüpft werden. Um einen Überblick über die in den Redetexten angesprochenen Themen und Inhalte zu geben, ist eine Contentanalyse durchgeführt worden. Außerdem wurden exemplarisch ausgewählte Texte mithilfe des semantischen Ansatzes untersucht, um deren Argumentationsstruktur und Interpretationsmuster offen zu legen. Die Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass die Situation der von Trennung und Scheidung Betroffenen in den Predigten überwiegend sensibel und realitätsgerecht wahrgenommen wird. Die Predigten sind in erster Linie seelsorgerliche Predigten. Sie sind tröstlich und vermitteln Zuversicht und Hoffnung. Positive Aspekte einer Trennung oder Scheidung werden signifikant seltener benannt als die mit einer Trennung einhergehenden Schwierigkeiten und Probleme.

<strong>Burgk</strong>-<strong>Lempart</strong>, Dr. Andrea<br />

„<strong>Wenn</strong> <strong>Wege</strong> <strong>sich</strong> <strong>trennen</strong> …“, <strong>Ehescheidung</strong> <strong>als</strong> theologische und kirchliche Herausforderung,<br />

Stuttgart, 2010, 277 S.<br />

Das Scheitern am Lebensentwurf "Ehe" oder "lebenslanger Partnerschaft" stellt heute<br />

in gemeindlichen und kirchlichen Kontexten eine Realität dar, die viele Menschen<br />

betrifft. Das theologische Nachdenken über die Ehe hat <strong>sich</strong> lange Zeit vor allem an<br />

Idealen und Leitbildern orientiert. Die Faktizität der Scheidung wird von Theologie<br />

und Kirche bisher nur ungenügend in ihre Überlegungen einbezogen. Die Arbeit unternimmt<br />

deshalb den Versuch, die realen Beziehungserfahrungen der Menschen<br />

stärker in theologisches Denken einzubeziehen und Impulse für die kirchliche Praxis<br />

aufzuzeigen.<br />

In der Arbeit erfolgt zunächst eine differenzierte Wahrnehmung der Phänomene<br />

"Trennung und <strong>Ehescheidung</strong>" aus soziologischer, psychologischer und theologischer<br />

Perspektive. Dabei wird auf zentrale Ergebnisse empirischer Untersuchungen<br />

zurückgegriffen, um einen möglichst umfassenden Zugang zu Menschen zu gewinnen,<br />

die von einer Trennung oder Scheidung betroffen sind.<br />

Für die der Arbeit zugrunde liegende theologische Positionierung ist der Gedanke<br />

der Fragmentarität menschlichen Lebens grundlegend. In der Brüchigkeit von Beziehungen<br />

spiegelt <strong>sich</strong> die Endlichkeit und Unvollkommenheit menschlichen Lebens<br />

wider. Neben der Hoffnung auf Beständigkeit und der Verheißung, dass eine Ehe mit<br />

Gottes Hilfe gelingen kann, gibt es die Faktizität des Scheiterns und die Begrenzung<br />

von Liebe durch den physischen Tod der Eheleute oder das Sterben der Liebe.<br />

In der Kirche besteht ein Mangel an lebensbegleitenden Gottesdiensten, die die Gebrochenheit<br />

menschlicher Existenz in den Blick nehmen. Thematische Gottesdienste<br />

für Getrennte und Geschiedene, die mittlerweile in vielen Großstädten gefeiert werden,<br />

eröffnen einen Raum, um <strong>sich</strong> mit Erfahrungen des Scheiterns auseinanderzusetzen<br />

und sie zu theologischen und biblischen Aussagen in Beziehung zu setzen.<br />

Ein wesentlicher Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Analyse von Predigten und Ansprachen,<br />

die bei solchen Gottesdiensten gehalten worden sind, um herauszuarbeiten,<br />

welche (theologischen) Themen und Inhalte mit der Scheidungsthematik verknüpft<br />

werden. Um einen Überblick über die in den Redetexten angesprochenen<br />

Themen und Inhalte zu geben, ist eine Contentanalyse durchgeführt worden. Außerdem<br />

wurden exemplarisch ausgewählte Texte mithilfe des semantischen Ansatzes<br />

untersucht, um deren Argumentationsstruktur und Interpretationsmuster offen zu legen.<br />

Die Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass die Situation der von Trennung und<br />

Scheidung Betroffenen in den Predigten überwiegend sensibel und realitätsgerecht<br />

wahrgenommen wird. Die Predigten sind in erster Linie seelsorgerliche Predigten.<br />

Sie sind tröstlich und vermitteln Zuver<strong>sich</strong>t und Hoffnung. Positive Aspekte einer<br />

Trennung oder Scheidung werden signifikant seltener benannt <strong>als</strong> die mit einer Trennung<br />

einhergehenden Schwierigkeiten und Probleme.


Die analysierten Predigten sind im Hinblick auf theologische Äußerungen zurückhaltend.<br />

Die Predigten sind psychologisch differenzierter <strong>als</strong> theologisch. Nur in gut einem<br />

Drittel der Texte findet eine ausführlichere theologische Reflexion statt.<br />

Häufig nehmen die analysierten Texte auf die Schuldthematik Bezug. Diese Engführung<br />

wird problematisiert. Mit der Frage nach Schuld wird zwar ein wichtiges Thema<br />

des Trennungserlebens benannt, aber andere Aspekte werden zum Teil nur ungenügend<br />

bedacht.<br />

Die Arbeit zeigt auf, dass eine differenzierte Wahrnehmung der Situation von Getrennten<br />

und Geschiedenen Auswirkungen auf viele Bereiche pastoraler Praxis hat.<br />

Insbesondere im Umfeld von Kasualien wie der Taufe und der Konfirmation ergeben<br />

<strong>sich</strong> für Seelsorge sensible Situationen. In den Blick genommen werden modifizierte<br />

Formulierungen - insbesondere der Taufagende - die die besondere Situation von<br />

Familien mit Trennungshintergrund berück<strong>sich</strong>tigen. Außerdem wird angeregt,<br />

biographiebezogene Themen wie die Trennungsthematik, z. B. durch die Einführung<br />

eines "Beziehungssonntags", regelmäßig zur Grundlage eines Gottesdienstes zu<br />

machen. Eine stärkere wechselseitige Durchdringung lebensgeschichtlicher und theologischer<br />

Perspektiven wäre für viele Bereiche gemeindlichen und übergemeindlichen<br />

Lebens fruchtbar zu machen.<br />

Die Arbeit will insgesamt dazu beitragen, die von Trennung und Scheidung betroffenen<br />

Menschen und ihre Erfahrungen stärker <strong>als</strong> bisher ins Zentrum theologischer<br />

und kirchlicher Wahrnehmung zu rücken.

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