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Leitlinienreport „Diagnostik von primären Immundefekten“ - AWMF

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027-050 – <strong>Leitlinienreport</strong> PID aktueller Stand: 09/2011<br />

publiziert bei:<br />

<strong>AWMF</strong>-Register Nr. 027/050 Klasse: S2k<br />

<strong>Leitlinienreport</strong><br />

<strong>„Diagnostik</strong> <strong>von</strong> <strong>primären</strong> <strong>Immundefekten“</strong><br />

1. Geltungsbereich und Zweck<br />

Primäre Immundefekte werden bei Kindern und Erwachsenen in Deutschland zu<br />

häufig gar nicht oder zu spät diagnostiziert. Es werden mittlerweile ca. 170 primäre<br />

Immundefekte unterschieden. Daten aus den USA zeigen eine geschätzte Prävalenz<br />

<strong>von</strong> klinisch relevanten <strong>primären</strong> Immundefekten zwischen 1:1200 und 1:2000, aber<br />

nur ein kleiner Teil der Patienten werden auch mit der Diagnose eines <strong>primären</strong><br />

Immundefektes identifiziert. Die verspätete Diagnosestellung und damit verzögerte<br />

Einleitung einer adäquaten Therapie ist für viele Patienten mit einer erheblichen<br />

Morbidität und Mortalität verbunden.<br />

Die Leitlinie wurde zur Identifizierung für Patienten jeden Alters und beiderlei<br />

Geschlechts mit einem <strong>primären</strong> Immundefekt entwickelt. Sie soll ambulant oder<br />

klinisch tätigen Ärzten, die nicht im immunologischen Fachbereich arbeiten,<br />

Empfehlungen und Warnzeichen geben, wann an einen <strong>primären</strong> Immundefekt<br />

gedacht werden muss und welche weiteren Schritte bei Verdacht auf einen <strong>primären</strong><br />

Immundefekt erfolgen sollen. Durch diese Empfehlungen sollen Patienten mit<br />

<strong>primären</strong> Immundefekten frühzeitig diagnostiziert werden. Die frühzeitige<br />

Diagnosestellung kann durch Einleitung gezielter Therapien dazu beitragen,<br />

Komplikationen, wie z.B. Organschäden und chronische Infektionen zu verhindern,<br />

sie kann die Mortalität der Patienten senken (z.B. durch rechtzeitige<br />

Knochenmarktransplantation bei schweren kombinierten Immundefekten), sowie die<br />

Lebensqualität der Patienten verbessern.<br />

2. Zusammensetzung der Leitliniengruppe: Beteiligung <strong>von</strong><br />

Interessengruppen<br />

Patienten mit <strong>primären</strong> Immundefekten stellen sich primär bei einem<br />

niedergelassenen oder klinisch tätigen Arzt vor. Dabei werden pädiatrisch oder<br />

internistisch tätige Ärzte verschiedener Fachrichtungen aufgesucht. Vertreter der am<br />

häufigsten <strong>von</strong> Patienten mit <strong>primären</strong> Immundefekten aufgesuchten Fachrichtungen<br />

wurden zum Konsensustreffen eingeladen.<br />

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Da bei der Entwicklung der ärztlichen Leitlinie auch eine Basisdiagnostik bei<br />

Verdacht auf <strong>primären</strong> Immundefekt empfohlen werden sollte, wurde auch ein<br />

Vertreter der Laboratoriumsmedizin zum Konsensusprozess hinzugezogen.<br />

Eine weitere Möglichkeit für Patienten, sich über einen <strong>primären</strong> Immundefekt zu<br />

informieren und z.B. eine Empfehlung für eine Weiterbetreuung zu bekommen,<br />

besteht über die Selbsthilfegruppe. Daher war auch ein Vertreter der<br />

Selbsthilfegruppe (dsai) beim Konsensusprozess beteiligt.<br />

Es nahmen Vertreter folgender Fachgesellschaften, Vereinigungen und Verbände<br />

am nominalen Gruppenprozess teil: Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Immunologie<br />

(API), Deutsche Gesellschaft für Immunologie (DGfI), Deutsche Gesellschaft für<br />

Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische<br />

Infektiologie (DGPI), Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie (GPP),<br />

Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Gesellschaft für Kinder- und<br />

Jugendrheumatologie (GKJR), Deutsche Gesellschaft für Internistische Medizin<br />

(DGIM), Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO), Deutsche<br />

Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), Österreichische AG Immunologie (ohne<br />

Stimmrecht), Deutsche Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie<br />

e.V., Interdisziplinäre Gruppe für Labormedizin & Durchflusszytometrie e.V. (IGLD),<br />

Deutsche Vereinte Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin e.V.<br />

(DGKL) und Deutsche Selbsthilfe Angeborene Immundefekte (dsai).<br />

3. Methodologische Exaktheit<br />

3.1. Recherche, Auswahl und Bewertung wissenschaftlicher Belege<br />

(Evidenzbasierung)<br />

Für die Entwicklung der Leitlinie wurden zunächst folgende Schlüsselfragen<br />

aufgestellt:<br />

→ Welche Leitsymptome und Warnzeichen kennzeichnen primäre Immundefekte<br />

im Kindes- und Erwachsenenalter?<br />

→ Welche Differentialdiagnosen müssen berücksichtigt werden?<br />

→ Welche Basisdiagnostik sollte bei Verdacht auf einen <strong>primären</strong> Immundefekt<br />

erfolgen?<br />

→ Wie definieren sich immunologische Notfälle?<br />

→ Wie sollen Patienten mit <strong>primären</strong> Immundefekten betreut werden?<br />

Für die zur Erarbeitung des Manuskriptes aufgestellten Fragen konnten über<br />

PubMed-Suche und Recherche <strong>von</strong> Empfehlungen anderer Länder keine<br />

randomisierten, kontrollierten Studien identifiziert werden. Grundlage der Leitlinie<br />

sind daher im Wesentlichen Expertenmeinungen auf der Basis bereits verfügbaren<br />

Leitlinien und Empfehlungen aus Deutschland und anderen Ländern, ergänzt durch<br />

Daten aus Studien, die die getroffenen Kernaussagen unterstützen (Evidenzgrad III).<br />

Da keine systematische Evidenzbasierung möglich war, entstand eine<br />

konsensbasierte Leitlinie mit repräsentativer Entwicklergruppe und strukturierter<br />

Konsensusfindung (S2k).<br />

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3.2. Formulierung der Empfehlungen und strukturierte Konsensfindung<br />

Die formulierten Schlüsselfragen wurden mit der zur Verfügung stehenden Literatur<br />

bearbeitet und daraus ein Manuskript mit Kernaussagen erstellt. Als Methodik für die<br />

Konsensfindung wurde der nominale Gruppenprozess gewählt. Das Manuskript<br />

wurde den Teilnehmern des geplanten nominalen Gruppenprozesses im Januar<br />

2011 zugeschickt. Der nominale Gruppenprozess fand im April 2011 statt und wurde<br />

<strong>von</strong> Frau Dr. Cathleen Muche-Borowski <strong>von</strong> der Arbeitsgemeinschaft der<br />

Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (e.V.) (<strong>AWMF</strong>) moderiert.<br />

Der Ablauf gestaltete sich in Einvernehmen mit den Empfehlungen der <strong>AWMF</strong> wie<br />

folgt:<br />

o Präsentation der zu konsentierenden Aussagen/Empfehlungen<br />

o Stille Notiz: Welcher Empfehlung/welchem Empfehlungsgrad stimmen Sie<br />

nicht zu? Ergänzung, Alternative?<br />

o Registrierung der Stellungnahmen im Umlaufverfahren und<br />

Zusammenfassung <strong>von</strong> Kommentaren durch den Moderator<br />

o Vorabstimmung über Diskussion der einzelnen Kommentare – Erstellung einer<br />

Rangfolge<br />

o Debattieren/Diskussion der Diskussionspunkte<br />

o Endgültige Abstimmung über jede Empfehlung und über alle inhaltlichen<br />

und/oder sprachlichen Alternativen<br />

o Schritte werden für jede Empfehlung wiederholt<br />

Die Leitlinie hat eine frühzeitige Diagnosestellung <strong>von</strong> Patienten mit <strong>primären</strong><br />

Immundefekten zum Ziel. Es ist da<strong>von</strong> auszugehen, dass die meisten Patienten <strong>von</strong><br />

einer frühen Diagnosestellung und damit Therapieeinleitung hinsichtlich der<br />

Krankheitsmorbidität und Lebensqualität profitieren. Der natürliche Verlauf der<br />

meisten <strong>primären</strong> Immundefekte zeigt, dass die Patienten ein hohes Risiko für die<br />

Entwicklung <strong>von</strong> Organschäden und chronischen Infektionen haben.<br />

4. Externe Begutachtung und Verabschiedung<br />

Die Entwicklung der Leitlinie und die in der Leitlinie beschlossenen Kernaussagen<br />

wurden in der Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Immunologie (API)<br />

im Mai 2011 und werden in der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für<br />

Immunologie (DGfI) im September 2011 dem Vorstand und den Mitgliedern der<br />

Fachgesellschaften vorgestellt und verabschiedet.<br />

Es ist geplant, die in der Leitlinie aufgestellten Warnzeichen für primäre<br />

Immundefekte (s. Kernaussage 4) auf ihre Anwendbarkeit und Gültigkeit hin zu<br />

testen. Dafür sollen immunologisch erfahrene Ärzte, die in Spezialambulanzen<br />

arbeiten, die Warnzeichen bei ihren Patienten anwenden und mittels eines<br />

Fragebogens erheben, wie gut die Warnzeichen Patienten mit <strong>primären</strong><br />

Immundefekten identifizieren. Zusätzlich sollte eine prospektive multizentrische<br />

Untersuchung zeigen, welcher Anteil der <strong>primären</strong> Immundefekte durch die<br />

empfohlene Basisdiagnostik erfasst wird.<br />

Es erfolgte keine externe Begutachtung der Leitlinie.<br />

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5. Redaktionelle Unabhängigkeit<br />

Zur Entwicklung der Leitlinie leisteten die Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische<br />

Immunologie (API) mit 4500 €, die Deutschen Gesellschaft für Immunologie (DGfI)<br />

mit 2500 € und die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) mit<br />

5000 € finanzielle Unterstützung. Die Finanzierung wurde für das<br />

Arbeitsgruppentreffen im April 2010 und den nominalen Gruppenprozess im April<br />

2011 für die Tagung, Reise, Unterbringung und Verpflegung der Teilnehmer<br />

eingesetzt. Ein Teil der Finanzierung soll für die Implementierung der Leitlinie (z.B.<br />

Druck <strong>von</strong> Flyern) genutzt werden.<br />

Jedes Mitglied der Leitlinienentwicklungsgruppe hat dem Leitlinienkoordinator eine<br />

Erklärung über seine Interessenkonflikte abgegeben. Diese wurden in einer<br />

tabellarischen Zusammenfassung der <strong>AWMF</strong> vorgelegt.<br />

6. Verbreitung und Implementierung<br />

Im nominalen Gruppenprozess wurden die Möglichkeiten, wie die Leitlinie<br />

implementiert werden kann, diskutiert und z.T. beschlossen. Die Leitlinie soll in<br />

deutschsprachigen und englischsprachigen Zeitschriften veröffentlicht werden, dabei<br />

sollen v.a. Zeitschriften gewählt werden, die eine große Verbreitung unter den<br />

pädiatrischen und internistischen Fachgesellschaften haben (z.B. Monatsschrift für<br />

Kinderheilkunde, Klinische Pädiatrie, Deutsches Ärzteblatt, Deutsche Medizinische<br />

Wochenschrift). Außerdem soll eine Kurzversion der Leitlinie und die Kernaussagen<br />

in tabellarischer Form im pdf-Format auf die Homepages der verschiedenen<br />

pädiatrischen und internistischen Fachgesellschaften und der Selbsthilfegruppe<br />

(dsai) eingestellt werden. Die Kernaussagen sollen als Flyer und in einer<br />

„Kitteltaschen“-Version gedruckt werden, die auf Fortbildungsveranstaltungen verteilt<br />

werden können. Es soll eine Vortragsvorlage der Leitlinie für ärztliche<br />

Fortbildungsveranstaltungen erstellt werden. Bereits geplant ist die Vorstellung der<br />

Leitlinie als Poster und als Symposiumsbeitrag auf der Jahrestagung der DGKJ in<br />

Bielefeld im September 2011.<br />

Es wird da<strong>von</strong> ausgegangen, dass sich die Empfehlungen in der Leitlinie leicht<br />

anwenden lassen. Sie erfordern keine aufwendige Zusatzdiagnostik und die Kosten<br />

der empfohlenen Basisdiagnostik sind gering. Da empfohlen wird, dass die weitere<br />

Diagnostik in Absprache mit einem immunologisch erfahrener Arzt durchführt wird<br />

oder diese <strong>von</strong> diesem erfolgt, wird erwartet, dass unnötige Laboruntersuchungen<br />

entfallen, Patienten früher diagnostiziert werden und damit Kosten gespart werden.<br />

In Deutschland gibt es relativ wenige immunologisch erfahrene Ärzte und<br />

Spezialambulanzen für Patienten mit <strong>primären</strong> Immundefekten. Um den Anwendern<br />

der Leitlinie den Kontakt zu immunologisch erfahrenen Ärzten zu vereinfachen,<br />

wurde in der Leitlinie auf die Homepages der herausgebenden Fachgesellschaften<br />

(API und DGfI) verwiesen. Auf den Homepages sind entsprechende Anlaufstellen<br />

genannt. Durch die Leitlinie wird eine höhere Diagnoserate <strong>von</strong> Patienten mit<br />

<strong>primären</strong> Immundefekten erwartet, dadurch kann sich das Problem ergeben, dass ein<br />

höherer Bedarf an spezialisiertem Personal besteht. Diese neuen Anforderungen<br />

können nur auf gesundheitspolitischer Ebene bearbeitet werden.<br />

Über die Meldung <strong>von</strong> Patienten mit <strong>primären</strong> Immundefekten in Registern, wie z.B.<br />

dem europäische Register (www.esid.org), können ein Anstieg der Patientenzahl<br />

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sowie Daten zur Erkrankung und Therapie erfasst werden. Damit werden<br />

orientierend die Auswirkungen der Leitlinie für Deutschland messbar.<br />

7. Gültigkeitsdauer und Aktualisierungsverfahren<br />

Die Leitlinie hat eine Gültigkeit <strong>von</strong> 3 Jahren und wird im September 2014<br />

aktualisiert. Ansprechpartner für die Aktualisierung der Leitlinie sind Dr. Ilka Schulze<br />

und Dr. Susan Farmand. Es werden alle Teilnehmer des Konsensprozesses<br />

kontaktiert und auf zu aktualisierende Bereiche der Leitlinie angesprochen. Wenn<br />

nötig, werden die Aktualisierungen in einem weiteren Treffen der Teilnehmer<br />

diskutiert und abgestimmt.<br />

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