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Ausgabe 01/2013 - DFS Deutsche Flugsicherung GmbH

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Interview<br />

„Für die konkrete Aufwachreaktion<br />

in der<br />

Nacht ist der Dauerschallpegel<br />

völlig uninteressant.<br />

Entscheidend ist<br />

der Maximalpegel.“<br />

die Frage der Lebensqualität und<br />

der Belästigung durch die verschiedenen<br />

Verkehrslärmarten. Im Rhein-<br />

Main-Gebiet haben wir dazu mehr als<br />

9.000 Menschen innerhalb des Untersuchungsgebiets<br />

telefonisch befragt,<br />

und zwar in mehreren Wellen: 2<strong>01</strong>1,<br />

also vor Eröffnung der neuen Landebahn,<br />

2<strong>01</strong>2 und 2<strong>01</strong>3. Diese Umfrage<br />

beschränkt sich aber nicht nur auf<br />

Frankfurt: Mit dem gleichen Instrument<br />

wurden auch die Anwohner am neuen<br />

Berliner Hauptstadtflughafen befragt,<br />

dem zweiten Veränderungsflughafen<br />

in der Studie. Zum Vergleich untersuchen<br />

wir auch noch die Bestandsflughäfen<br />

Stuttgart und Köln/Bonn. Hier<br />

hat die Befragung aber noch nicht<br />

stattgefunden, da müssen die Datenschützer<br />

noch zustimmen.<br />

Und die anderen beiden Module?<br />

GUSKI: Im Modul zwei geht es um<br />

den Zusammenhang zwischen Fluglärm<br />

und Krankheit. Dies wird auf verschiedene<br />

Weise untersucht. Zum<br />

einen werten wir die Daten von rund<br />

1,5 Millionen Versicherten aus, die<br />

uns die Krankenkassen zur Verfügung<br />

stellen. Dabei geht es um Krankheiten,<br />

die mit Lärm in Verbindung gebracht<br />

werden – Herzinfarkte, Schlaganfälle,<br />

Brustkrebs oder Depression. Wir interessieren<br />

uns für die Neuerkrankungen<br />

in den Jahren 1997 bis 2<strong>01</strong>0.<br />

Diese Daten werden – natürlich anonymisiert<br />

– in Bezug zur Lärmbelastung<br />

gesetzt. Nach meinem Wissen<br />

gibt es bislang eine einzige Studie,<br />

die so etwas gemacht hat, und zwar<br />

in der Schweiz. Wir sind sogar noch<br />

ein bisschen genauer als die Schweizer,<br />

weil wir auch Umzüge innerhalb<br />

dieser 14-Jahres-Spanne berücksichtigen.<br />

Zusätzlich machen wir eine so<br />

genannte Fallkontrollstudie. Wir bitten<br />

die Krankenkassen, denjenigen Versicherten,<br />

die neu erkranken, einen<br />

Fragebogen zuzuschicken. Auf diese<br />

Weise können wir Faktoren erfassen,<br />

die nach Ansicht der Mediziner ebenfalls<br />

einen Einfluss auf die Erkrankung<br />

haben könnten – beispielsweise Bewegung,<br />

Ernährung oder Rauchverhalten.<br />

Warum diese zusätzliche Untersuchung?<br />

GUSKI: Wenn man diese Variablen<br />

kontrolliert, kann man den Einfluss des<br />

Fluglärms sehr viel genauer bestimmen.<br />

Das sind dann sehr harte Daten;<br />

so intensiv wie bei NORAH ist das in<br />

Europa noch nie gemacht worden.<br />

Zusätzlich wird in dem zweiten Modul<br />

der Zusammenhang zwischen Lärm<br />

und Blutdruck untersucht – und zwar<br />

im Abstand von einem Jahr, jeweils<br />

über eine Zeitspanne von 14 Tagen.<br />

Das ist ein wichtiges Bindeglied. Eine<br />

Veränderung des Blutdrucks könnte<br />

also ein Frühindikator für eine spätere<br />

Erkrankung sein. Letzter Baustein in<br />

diesem Modul ist eine Schlafstudie.<br />

Wie läuft so eine Schlafstudie ab?<br />

GUSKI: Die Untersuchung erfolgt<br />

bei den Probanden vor Ort. Dabei<br />

werden die Hirnströme untersucht,<br />

außerdem EKG- und Bewegungsdaten<br />

gesammelt – das Ganze ist also sehr<br />

aufwendig. An der Kern-Untersuchung<br />

haben zunächst 40 Flughafen-Anwohner<br />

teilgenommen. Später kamen<br />

noch einmal knapp 50 Personen hinzu.<br />

Mit der Einführung des Nachtflugverbots<br />

wurde nämlich diskutiert, welche<br />

Rolle es spielt, wenn der Verkehr von<br />

der Nacht in die Randstunden am Morgen<br />

und am Abend verschoben wird.<br />

Gerade morgens zwischen 5 und 6<br />

Uhr ist das kritisch, denn da schläft<br />

man flacher, die Aufwachwahrscheinlichkeit<br />

steigt also. Umgekehrt weiß<br />

man, dass statistisch gesehen um 23<br />

Uhr etwa die Hälfte der Bevölkerung<br />

bereits im Bett liegt und schläft – oder<br />

es zumindest versucht. Deshalb wurde<br />

entschieden, die Randstundenproblematik<br />

gesondert zu untersuchen. Als<br />

das Design der NORAH-Studie festgelegt<br />

wurde, war ein Nachtflugverbot ja<br />

noch nicht absehbar.<br />

Und worum geht es in dem dritten<br />

Modul?<br />

GUSKI: In Modul drei wollen wir<br />

untersuchen, ob Lärm eventuell die<br />

kognitive Entwicklung von Kindern<br />

behindert. Wir haben an insgesamt<br />

1.249 Kindern in 29 Schulklassen<br />

innerhalb unseres Untersuchungsgebiets<br />

getestet, wie gut sich die Kinder<br />

Dinge merken können und wie sie bei<br />

Sprachtests abschneiden. Die Tests<br />

erfolgten sozusagen unter Laborbedingungen,<br />

der Umgebungslärm<br />

wurde mit Hilfe von Kopfhörern ausgeblendet.<br />

Nun warten wir noch auf<br />

die akustischen Daten, um die Ergeb-<br />

30 transmission 1 – 2<strong>01</strong>3

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