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Ausgabe 01/2013 - DFS Deutsche Flugsicherung GmbH

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Interview<br />

„Ob Schall negativ<br />

bewertet wird, hängt<br />

von vielen Faktoren ab“<br />

Wie wirkt Fluglärm? An den Flughäfen Frankfurt, Berlin, Köln/Bonn und Stuttgart wird diese Frage<br />

so umfassend untersucht wie nie zuvor in Europa. Prof. Dr. Rainer Guski, Umweltpsychologe an der<br />

Ruhr-Universität Bochum, leitet die Studie mit dem Titel „Noise Related Cognition and Health“, kurz<br />

NORAH. transmission sprach mit ihm über Schallpegel, Krankheitsrisiken – und darüber, warum<br />

Lautstärke allein nicht ausreicht, damit Lärm entsteht.<br />

In Frankfurt haben Sie mit der<br />

NORAH-Studie die Möglichkeit, die<br />

Lärmbelastung vor dem Ausbau mit<br />

der Belastung nach dem Ausbau zu<br />

vergleichen. Für einen Lärmforscher<br />

ist das ein Glücksfall, oder?<br />

PROF. RAINER GUSKI: In der Psychologie<br />

ist es ja durchaus üblich,<br />

in ein und derselben Untersuchungsgruppe<br />

Vorher und Nachher zu vergleichen.<br />

Dass sich beim Thema Fluglärm<br />

einmal die Chance dazu bietet,<br />

ist aber tatsächlich ein Glücksfall.<br />

NORAH ist die erste Fluglärmstudie<br />

in Deutschland, in der eine solche<br />

Änderungssituation tatsächlich einmal<br />

untersucht wird. Mein Verdacht<br />

ist: Ein Änderungsflughafen ist für die<br />

Zeit, in der sich etwas ändert, für die<br />

Betroffenen eine viel größere Belastung<br />

als ein Bestandsflughafen.<br />

Warum?<br />

GUSKI: Allein die Befürchtung, dass<br />

es lauter wird, ist eine enorme Belastung.<br />

So gesehen leben die Anwohner<br />

in Frankfurt schon seit Jahren in<br />

einer Ausnahmesituation, nicht erst<br />

seit Eröffnung der neuen Landebahn.<br />

Bei Bestandsflughäfen wird es<br />

„Ein Änderungsflughafen<br />

ist eine größere Belastung<br />

als ein Bestandsflughafen.“<br />

zwar auch lauter, wenn der Verkehr<br />

zunimmt, aber da ist die Veränderung<br />

ganz allmählich und kaum wahrnehmbar.<br />

Bei einem Ausbauflughafen dagegen<br />

steigt die Belastung sprunghaft<br />

an – und diesen Anstieg vergleichen<br />

die Betroffenen mit der Situation vorher.<br />

Wie laut es tatsächlich ist, spielt<br />

dabei gar nicht die entscheidende<br />

Rolle, das kann sowieso niemand<br />

genau hören. Die Betroffenen nehmen<br />

aber sehr genau wahr, dass es<br />

lauter ist als zuvor. Außerdem spielen<br />

psychologische Faktoren eine wichtige<br />

Rolle. Wenn die Menschen das Gefühl<br />

haben, dass man sie ernst nimmt,<br />

dass man ihnen die Wahrheit sagt,<br />

dass man sich darum bemüht, dass<br />

es leiser wird – dann nehmen sie auch<br />

den Lärm als weniger belastend wahr.<br />

Bei der Belästigungsstudie des Regionalen<br />

Dialogforums 2005 hat sich ja<br />

bereits herausgestellt, dass in Frankfurt<br />

das Vertrauen der Betroffenen in<br />

den Staat, in den Flughafenbetreiber<br />

und in die Justiz äußerst gering geworden<br />

ist. Da ist einiges schiefgelaufen.<br />

Der Lärm findet also im Kopf statt?<br />

GUSKI: Ja, da ist die Definition<br />

von Lärm: Lärm ist negativ bewerteter<br />

Schall. Ein Rockkonzert ist ja<br />

auch laut, aber wenn man die Musik<br />

mag, setzt man sich dem Krach gerne<br />

aus. Bewertet man die Quelle dagegen<br />

negativ, fühlt man sich durch<br />

den Lärm belästigt. Ob ein Schallereignis<br />

als belästigend bewertet wird<br />

oder nicht, hängt von vielen Faktoren<br />

ab. Wir können die Lärmbelästigung<br />

noch nicht hundertprozentig erklären.<br />

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