Gesamtkonzeption Nachhaltigkeit - VCP - Verband Christlicher ...

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<strong>VCP</strong> Bundeslager 2010<br />

Leinen los, auf zu neuen Abenteuern!<br />

Rahmenkonzeption „<strong>Nachhaltigkeit</strong>“


2 Rahmenkonzeption „<strong>Nachhaltigkeit</strong>“ - <strong>VCP</strong> Bundeslager 2010<br />

„Verlasse die Welt ein bisschen besser als du sie vorgefunden hast.“<br />

„Leave the world a little better than you found it.“<br />

Robert Stephenson Smyth Baden Powell<br />

(*22. Februar 1857 in London †8. Januar 1941 in Nyeri)


Rahmenkonzeption „<strong>Nachhaltigkeit</strong>“ - <strong>VCP</strong> Bundeslager 2010 3<br />

Der <strong>Verband</strong> <strong>Christlicher</strong> Pfadfinderinnen und Pfadfinder (<strong>VCP</strong>) veranstaltet alle vier<br />

Jahre ein Bundeslager an wechselnden Orten. Diese Großlager werden von ehrenamtlichen<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern organisiert und geleitet.<br />

2010 findet das nächste Bundeslager in Almke bei Wolfsburg statt. Die Lagerleitung,<br />

die Bundesleitung und der Bundesrat haben beschlossen, das Lager nachhaltig auszurichten<br />

– thematisch wie organisatorisch.<br />

1. Begriffsklärung<br />

Das Prinzip der ‚<strong>Nachhaltigkeit</strong>’ wurde erstmals als Grundidee 1560 in der kursächsischen<br />

Forstordnung angewandt und beinhaltet hier, „.....daß den Untertanen und<br />

Bergwerken, soviel möglichen und die Gehölze ertragen können, eine währende Hilfe,<br />

auch eine unseren Ämtern eine vor und vor bleibende und beharrliche Nutzung<br />

bleiben möge.“ Im heutigen Sprachgebrauch würde dies bedeuten, dass regenerierbare<br />

lebende Ressourcen nur in einem Maße benutzt werden dürfen, wie sie natürlich<br />

nachwachsen.<br />

Der Begriff wird erstmals, ebenfalls in der Forstwirtschaft, in der „Sylvicultura oeconomica<br />

oder haußwirthliche Nachricht und Naturmäßige Anweisung zur wilden<br />

Baum-Zucht„ von Hans Carl von Carlowitz aus dem Jahre 1713 benutzt, in der einer<br />

„nachhaltigen Nutzung“ der Wälder beschrieben wird. Allerdings verzichtet<br />

Carlowitz darauf, den Begriff näher zu definieren. Dies holte Georg Ludwig Hartig<br />

1795 in seiner „Anweisung zur Taxation und Beschreibung der Forstbestände“ nach.<br />

Obwohl er den Begriff nicht benutzte, beschrieb er hier die <strong>Nachhaltigkeit</strong> als eine<br />

„Wirtschaftungsweise des Waldes bei der immer nur soviel Holz entnommen wird wie<br />

nachwachsen kann“. So sollte verhindert werden, dass ein Wald in Gänze abgeholzt<br />

wird, sondern sich regenerieren kann. Später wurde der Begriff als „sustained yield“<br />

in englische übersetzt und fand dort Eingang in die internationale Forstwissenschaft.<br />

Der englische Begriff des „sustainable“ taucht später, ausserhalb der Forstwirtschaft,<br />

in einem umfassenderen Kontext wieder auf und beschreibt 1972 einen Zustand des<br />

globalen Gleichgewichts bei Dennis Meadows „The Limits of Growth“, ein sozialethisches<br />

Leitbild beim Ökumenischen Rat der Kirchen 1974 oder eine Richtlinie für den<br />

weltweiten Naturschutz in der World Conservation Strategy von 1980 die unter der<br />

Schirmherrschaft des Generalsekretärs der Vereinten Nationen erarbeitet wurde.<br />

Die heutige Definition des Begriffs „<strong>Nachhaltigkeit</strong>“ geht auf die so genannte<br />

„Brundtland-Kommission“, die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung der<br />

Vereinten Nationen aus dem Jahr 1983 zurück. In ihrem Abschlussdokument „Unsere<br />

gemeinsame Zukunft“ von 1987 wird das Konzept der nachhaltigen Entwicklung<br />

so definiert: „Entwicklung zukunftsfähig zu machen, heißt, dass die gegenwärtige<br />

Generation ihre Bedürfnisse befriedigt, ohne die Fähigkeit der zukünftigen Generation<br />

zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen zu können.“.


4 Rahmenkonzeption „<strong>Nachhaltigkeit</strong>“ - <strong>VCP</strong> Bundeslager 2010<br />

Dieses Konzept verband erstmalig die unterschiedlichen Felder Umwelt, Soziales und<br />

Wirtschaft, um auf Schuldenprobleme der ärmeren Länder und Umweltprobleme der<br />

Industriestaaten zusammen und gleichermaßen reagieren zu können.<br />

Generell kann man daraus ableiten, dass das Konzept der <strong>Nachhaltigkeit</strong> eine Entwicklung<br />

beschreibt, das den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne<br />

die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden oder zu beschränken.<br />

Im allgemeinen Verständnis basiert das Prinzip der <strong>Nachhaltigkeit</strong> heute auf drei<br />

Säulen:<br />

––<br />

Die ökologische Dimension umfasst die Erhaltung der Natur für künftige Generationen<br />

und beinhaltet damit unter anderem den Erhalt der Vielfalt von Lebewesen<br />

und Lebensräumen, die Pflege der Kultur- und Naturlandschaften sowie den<br />

Klimaschutz.<br />

––<br />

Die ökonomische Dimension beschreibt eine Wirtschaftsweise, die so angelegt ist,<br />

dass sie dauerhaft eine Grundlage für Erwerb und Wohlstand ist.<br />

––<br />

Die soziale Dimension beschreibt eine Entwicklung der Gesellschaft hin zu einer<br />

Gesellschaftsform, die die Partizipation aller Mitglieder ermöglicht, um eine zukunftsfähige<br />

lebenswerte Gesellschaft zu erreichen.<br />

Die Umsetzung dieses Konzepts betrifft alle Betrachtungsebenen und sollte daher<br />

neben den lokalen und regionalen auch nationale und globale Ansätze verfolgen.<br />

Das Prinzip der drei Säulen ist aber nicht unumstritten. Generell gibt es Ansätze, das<br />

Konzept der <strong>Nachhaltigkeit</strong> nicht nur auf die Generationengerechtigkeit, sondern auf<br />

die globale Gerechtigkeit hin auszudehnen. Es ist fraglich, ob es deshalb sinnvoll ist,<br />

von drei Säulen zu sprechen, insofern wesentliche Teile der ökonomischen und sozialen<br />

Dimension nicht der Konzeption entsprechen.<br />

Inzwischen ist der Begriff <strong>Nachhaltigkeit</strong> zu einem Modewort geworden und wird<br />

häufig ohne adäquate Konzepte angewendet. Daher ist die Idee der <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

in den <strong>VCP</strong> und das Bundeslager, aber auch nach außen so zu kommunizieren, dass die<br />

konzeptionelle Idee des <strong>VCP</strong> erhalten bleibt.


Rahmenkonzeption „<strong>Nachhaltigkeit</strong>“ - <strong>VCP</strong> Bundeslager 2010 5<br />

2. Selbstverständnis des Bundeslagers<br />

Das Bundeslager bietet eine Plattform der Begegnung zwischen Pfadfinderinnen und<br />

Pfadfinder, Rangern und Rovern des <strong>VCP</strong> sowie nationalen und internationalen Gästen,<br />

die sich thematisch mit dem Prinzip der <strong>Nachhaltigkeit</strong> beschäftigen. Die Inhalte<br />

und Organisation des Bundeslagers orientieren sich an der Bundesordnung des <strong>VCP</strong>,<br />

den Grundsätzen der internationalen Pfadfinderinnen- und Pfadfinderbewegung in<br />

einer demokratischen und menschenfreundlichen Grundhaltung. Das Bundeslager soll<br />

ressourcenschonend und klimaneutral durchgeführt werden. Dabei orientiert sich die<br />

Durchführung an nachhaltigen, vor allem aber ökologischen Grundsätzen.<br />

2.1 Leitbild des Bundeslagers<br />

„Verlasse die Welt ein bisschen besser als du sie vorgefunden hast.“<br />

„Leave the world a little better than you found it.“<br />

Robert Stephenson Smyth Baden Powell, der Begründer der internationalen Pfadfinderbewegung<br />

hinterließ einen Brief, der erst nach seinem Tod am 8. Januar 1941<br />

veröffentlicht werden sollte. In seiner „last message“ richtete er sich an die Pfadfinderinnen<br />

und Pfadfinder mit verschiedenen Leitgedanken, die auch den Umgang<br />

mit der Natur beschreiben: „Nature study will show you how full of beautiful and<br />

wonderful things God has made the world for you to enjoy.”. Der darin ebenfalls von<br />

ihm formulierte Leitgedanke „Leave the world a little better than you found it.“ gilt<br />

mittlerweile eines der Grundprinzipien der weltweiten Pfadfinderinnen- und Pfadfinderbewegung.<br />

Der <strong>VCP</strong> möchte sein Bundeslager 2010 im Sinne dieses Leitgedanken<br />

durchführen und versuchen ihm - auch in Gedenken an Baden Powell und seine Frau<br />

- gerecht zu werden.<br />

2.2 <strong>Nachhaltigkeit</strong>slogo und -leitwort<br />

„Wir zelten Grün“ ist der ‚Kampagne’ für die Schwarzzelte entnommen und hat daher<br />

im <strong>Verband</strong> einen Wiedererkennungseffekt. Außerhalb des <strong>Verband</strong>es assoziiert<br />

man mit ‚Grün’ Ökologie, so dass eine direkte Verbindung zu einem nachhaltigen<br />

Zeltlager besteht.<br />

Verschiedene Thematiken im Programmbereich können zudem über andere Slogans<br />

prägnant gemacht werden. Beispielsweise kann „Jurte statt Plastik“ als Wegweiser<br />

zu Diskussionen und Programmpunkten dienen, die sich mit Ressourcennutzung beschäftigen,<br />

da in diesem Fall beide Materialen (Baumwolle vs. Plastik) ihre Schwachpunkte<br />

haben.


6 Rahmenkonzeption „<strong>Nachhaltigkeit</strong>“ - <strong>VCP</strong> Bundeslager 2010<br />

3. Programm und Inhalte<br />

Die Lagerleitung des Bundeslagers hat es sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur die<br />

Strukturen und Prozesse der Organisation des Lagers nachhaltig umzusetzen, sondern<br />

die Thematik auch in den Programminhalten des Lagers fest zu verankern, um so einen<br />

Beitrag zur Bildung von Kindern und Jugendlichen zu leisten.<br />

Bei der Durchführung des Programms ist Ressourcenverbrauch unvermeidbar, soll<br />

aber auf ein Minimum reduziert werden. Alle genutzten Materialien sollen möglichst<br />

umweltschonend produziert, wieder verwendbar oder verwertbar sein. Dabei wird<br />

Wert darauf gelegt, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern den Aufwand der Programmmaßnahme<br />

zu verdeutlichen.<br />

Im Rahmen des Bundeslagers finden Ausflüge, Ernteeinsätze und Haijks in die Region<br />

statt. Sie sind Teil des Programms und sollen möglichst nachhaltig gestaltet werden.<br />

Für Ausflüge in die nähere Umgebung sollen Fahrräder bereitgestellt oder Fahrgemeinschaften<br />

gebildet werden.<br />

Das Verpflegungskonzept wird pädagogisch aufgearbeitet. Hierzu werden die Gruppen<br />

im Vorfeld mit den nötigen Informationen und Arbeitshilfen versorgt. Den Gruppen<br />

soll vor allem die Herkunft der Lebensmittel vermittelt werden. Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmern werden bei der Ernte helfen, so dass die „eigenen“ Ackerfrüchte<br />

geerntet werden. Im Vorfeld des Bundeslagers kann auf oder in direkter Nähe des<br />

Jugendzeltplatzes ein Nutzpflanzengarten mit alten Kultursorten in Form eines botanischen<br />

Gartens angelegt werden, um auf das Problem des Aussterbens alter Sorten<br />

hinzuweisen.<br />

3.1 Oasenkonzeption<br />

Die Oasen, als Programmangebot und im Bereich Gastronomie auf dem Lager,<br />

unterliegen ebenfalls der ‚Rahmenkonzeption <strong>Nachhaltigkeit</strong>’. Die Anbieter im Gastronomiebereich<br />

sollen Produkte aus biologischem Landbau nutzen. Nach Möglichkeit<br />

sollen die verwendeten Nahrungsmittel über den Lagermarkt bezogen werden,<br />

um keine Sekundärstrukturen in den Transportwegen aufzubauen. Die Oasen sind<br />

ausschließlich mit Mehrweggeschirr zu betreiben. Das nachhaltige Spülkonzept wird<br />

selbstverständlich hohen hygienischen Standards entsprechen. Dabei soll darauf geachtet<br />

werden, dass ein überflüssiger Strom- und Wasserverbrauch vermieden wird.<br />

Dies ist über geeignete Spülsysteme sicherzustellen.


Rahmenkonzeption „<strong>Nachhaltigkeit</strong>“ - <strong>VCP</strong> Bundeslager 2010 7<br />

4. Internationalität<br />

Ein Bundeslager ist international. Traditionell laden die <strong>VCP</strong>-Gruppen ihre ausländischen<br />

Partnergruppen dazu ein und das Bundeslager wird international ausgeschrieben.<br />

Den ausländischen Gästen soll der Leitgedanke des Bundeslagers vermittelt<br />

werden. Dazu gehört auch, sie mit ausreichenden Hintergrundinformationen zu dieser<br />

Konzeption zu versorgen. Auch von den ausländischen Teilnehmerinnen und Teilnehmern<br />

wird erwartet, dass sie sich über eine umweltschonende Anreise Gedanken<br />

machen und das Verpflegungskonzept übernehmen. Das Lagerkochbuch soll auch<br />

in englischer Sprache vorliegen und und möglichst viele Gerichte anbieten, die Geschmack<br />

und Regeln anderer Religionen oder Kulturen akzeptieren. Auch Gastgruppen<br />

sind eingeladen, Gerichte zum Kochbuch beizutragen, um die kulturelle Vielfalt,<br />

die eine globale Welt mit sich bringt, zu präsentieren. Von den Partnergruppen und<br />

der Lagerleitung sind im Vorfeld des Bundeslagers geeignete Mehrweggefäße für die<br />

ausländischen Gruppen zu sammeln, damit ein hoher Transportaufwand für sie vermieden<br />

werden kann. Zudem sollte den Gruppen angeboten werden, ihnen Zelte zu<br />

Verfügung zu stellen, um den Transportaufwand zu minimieren.<br />

Wichtige Arbeitshilfen und Programmangebote für das Bundeslager sollen auf Englisch<br />

vorliegen.<br />

5. Infrastruktur<br />

Für das Bundeslager werden über 4000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet.<br />

Die von ihnen benötige Fläche, inklusive der Betriebsflächen umfasst ca. 25 Hektar.<br />

Als Flächen für das Bundeslager stehen die verfügbaren Teile des Jugendzeltplatzes<br />

und umliegende Agrarflächen zu Verfügung. Zusätzliche Flächen müssen nicht durch<br />

Rodung oder ähnliches geschaffen werden. Baumaßnahmen von festen Aufbauten<br />

finden durch das Bundeslager nicht statt. Daher kann in diesem Eingriff auf eine Ausgleichsmaßnahme<br />

verzichtet werden.<br />

Die Durchführung einer Großveranstaltung dieser Art, die neben dem Programmangebot<br />

auch die Unterbringung und Verpflegung einer hohen Teilnehmendenzahl<br />

vorsieht, bedarf einer umfassenden und intensiven Planung. Die Umsetzung eines<br />

nachhaltig orientierten Bundeslagers greift daher vor allem in diese Organisationsabläufe<br />

ein.


8 Rahmenkonzeption „<strong>Nachhaltigkeit</strong>“ - <strong>VCP</strong> Bundeslager 2010<br />

5.1 An- und Abreise<br />

Die An- und Abreise der Teilnehmerinnen und Teilnehmer erfolgt so weit wie möglich<br />

über die Bahn und den Nahverkehr. Ein zentraler Transport mittels Sonderzügen und<br />

Sonderbussen ist anzustreben, um die Verkehrsmittel so gut wie möglich auszulasten.<br />

Der Transport des Gruppenmaterials ist entsprechend über regionale Sammelpunkte<br />

und einem zentralen Transport zu organisieren. Bei Anreisen mit dem PKW sollten nach<br />

Möglichkeit Fahrgemeinschaften gebildet werden.<br />

An- und Abreisen zu Vorbereitungstreffen und ähnlichen Veranstaltungen sollten nach<br />

Möglichkeit mit Öffentlichen Verkehrsmitteln durchgeführt werden. Auch hier gilt, dass<br />

bei der Anreise mit dem PKW Fahrgemeinschaften gebildet werden sollen.<br />

Alle von Teilnehmerinnen und Teilnehmer oder Organisatoren zurückgelegten Distanzen<br />

sollen festgehalten und zentral gesammelt werden, um sie zu einem späteren Zeitpunkt<br />

zu dokumentieren und auszugleichen. Dabei wird Wert darauf gelegt, dass die einzelnen<br />

Stämme auch mit Aktionen vor Ort ihre verbrauchten Ressourcen ausgleichen.<br />

5.2 Lagerbauten<br />

Schwarzzelte benötigen zum Aufbau Stangenholz. Die Gruppen werden dazu aufgerufen,<br />

möglichst auf mehrfach nutzbare Stecksysteme zurückzugreifen. Zusätzlich benötigtes<br />

Stangenholz sollte nach Möglichkeit regional geschlagen werden und aus einem<br />

nachhaltig, und wenn möglich ökologisch bewirtschafteten Wald stammen. Auch Holz<br />

für andere Maßnahmen (z.B. Lagerbauten wie Kochtische, Feuerholz, Bodenbeläge,<br />

Paletten, Materialien im Programmbereich) sollten aus dieser Bewirtschaftungsform<br />

stammen. Das für Schwarzzelte notwendige Seilmaterial sollte zumindest aus nachwachsenden<br />

Rohstoffen bestehen. Bei Zelten anderer Art ist auf die Verwendung von<br />

nachwachsenden Rohstoffen zu achten. Große Gerüstzelte sollten nach Möglichkeit auf<br />

Rasen- oder versiegelten Flächen aufgebaut werden, wo sie sensiblen Boden nicht verdichten<br />

und keine Vegetation zerstören.<br />

5.3 Verpflegung<br />

Die Gruppen kochen während des Bundeslagers selbst und werden zentral über einen<br />

Lagermarkt mit Lebensmitteln versorgt. Eine zentrale Verpflegung ist nur für Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter des Lagers vorgesehen. Im Vorfeld des Bundeslagers<br />

bekommen die Gruppen ein Kochbuch, aus dem sie sich einen Speiseplan zusammenstellen<br />

um dann auf dem Bundeslager die Lebensmittel für einen Tag entsprechend<br />

der ausgesuchten Gerichte ausgeteilt zu bekommen.<br />

Das Verpflegungskonzept sieht vor, dass ein möglichst hoher Anteil der Lebensmittel<br />

aus der direkten Region stammt. Bei der Auswahl der Erzeuger und Lieferanten<br />

spielen unterschiedliche Kriterien (z.B. biologischer Anbau, Transportstrecken, Energiebedarf<br />

für Produktion, Kühlung, und Lagerung, Stärkung regionaler und kleinbäuerlicher<br />

Strukturen) eine Rolle. Generell gilt, dass jedes einzelne Produkt des Lagermarktes<br />

auf seine <strong>Nachhaltigkeit</strong> hin überprüft werden soll.<br />

Da die zusätzliche Versorgung von 4000 Personen regionale Betriebe vor eine Herausforderung<br />

stellt, wird die Versorgung zeitlich entzerrt, indem beispielsweise schon<br />

im Vorfeld haltbare Lebensmittel (z.B. Honig und Marmelade) regional produziert<br />

werden. Zudem werden zusätzliche Agrarflächen gepachtet, auf denen gezielt für<br />

das Bundeslager Ackerfrüchte angebaut werden.


Rahmenkonzeption „<strong>Nachhaltigkeit</strong>“ - <strong>VCP</strong> Bundeslager 2010 9<br />

Lebensmittel aus tropischen Regionen (z.B. Südfrüchte, Kakao, Tee, Kaffee) sollen aus<br />

ökologischem Anbau stammen und fair gehandelt sein. Hier steht die Gepa als möglicher<br />

Kooperationspartner zu Verfügung, der eine breite Palette von fair gehandelten<br />

Produkten anbietet. Außerdem ist der <strong>VCP</strong> über die aej als Gesellschafter mit dem<br />

Unternehmen verbunden.<br />

Nach Möglichkeit sollen aber auch Projekt-Partnerschaften direkt mit dem Erzeuger<br />

eingegangen werden, um kleinbäuerliche Strukturen in armen Ländern zu stärken.<br />

Ein Beispiel einer solchen direkten Projekt-Partnerschaft wäre der Bezug des Kaffees<br />

über http://www.originalfood.ch, dort wird der Kaffee direkt aus Äthiopien bezogen.<br />

In diesem Projekt wird soziale und ökologische Arbeit geleistet. (für nähere Informationen<br />

siehe Anhang 1).<br />

Bei Grundnahrungsmitteln wird auf Reis aufgrund der aufwändigen und wasserintensiven<br />

Produktion verzichtet und stattdessen auf regionale und nationale Grundnahrungsmittel<br />

wie Kartoffeln und Nudeln zurückgegriffen. Bei Lebensmitteln, die<br />

sowohl regional wie auch national oder global bezogen werden können, ist den regionalen<br />

der Vorzug zu geben, auch wenn diese im Einkauf teurer sind. Dies gilt nicht,<br />

wenn der Aufwand zur regionalen Erzeugung größer ist als der des Transportes.<br />

Der Bezug der regionalen Lebensmittel vom Erzeuger sowie die Weiterverteilung<br />

an die Gruppen finden über ein verpackungsparendes Kistensystem statt, über das<br />

Einweg-Verpackungen deutlich reduziert werden können. Lebensmittel von Großlieferanten<br />

sollten in Großgebinden abgenommen werden, um sie ebenfalls im Kistensystem<br />

an die Gruppen weiterzugeben. Auf Umverpackungen wird weitgehend<br />

verzichtet und, falls unumgänglich, direkt beim Lieferanten belassen. Die Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer werden bereits im Vorfeld des Bundeslagers darüber informiert<br />

geeignete, wieder verwendbare Verpackungen zu sammeln. Darunter fallen<br />

beispielsweise 5- und 10-Liter-Eimer aus Imbissbetrieben, Spülmittel- und sonstige<br />

Plastikflaschen sowie Gefäße zur Aufbewahrung von Wurstwaren oder Käse.<br />

Bei der Anlieferung der Nahrungsmittel durch die vielen regionalen Lieferanten ist<br />

ein möglichst Ressourcen schonendes Konzept zu entwickeln.<br />

5.4 Küchenführung<br />

Alle Küchen auf dem Bundeslager sind Selbstversorgerküchen, die von den Gruppen<br />

selber aufgebaut und genutzt werden. Den Gruppen ist es erlaubt, auf den Zeltflächen<br />

Küchenzelte zu errichten und dort Speisen zuzubereiten. Auch hier sollen die<br />

Gruppen dazu aufgerufen werden, möglichst viel Gas- und/oder Feuerholz zu sparen<br />

(z. B. durch geschlossene statt geöffnete Töpfe) und den Verbrauch zu dokumentieren.<br />

Eine dezentrale Lagerung von Lebensmitteln soll möglichst verhindert werden,<br />

indem die Gruppen ihre Lebensmittel frisch und für die sofortige Zubereitung abholen.<br />

Nur Produkte, die ohne Energieverbrauch gelagert werden können, dürfen in<br />

den Kleinküchen gelagert werden.<br />

Über das Verpflegungskonzept werden die Gruppen mit regionalen und saisonalen<br />

Produkten versorgt, was zu einer gesunden Ernährung beiträgt. Zusätzliche Hilfen<br />

und Anregungen zur gesunden Ernährung und zum Sparen von Energie während des<br />

Kochens finden sich im Kochbuch des Bundeslagers, das allen Gruppen zur Verfügung<br />

gestellt wird.


10 Rahmenkonzeption „<strong>Nachhaltigkeit</strong>“ - <strong>VCP</strong> Bundeslager 2010<br />

6. Ressourcennutzung<br />

Generell gilt, dass so schonend wie möglich mit Ressourcen umgegangen werden soll.<br />

Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um regenerierbare oder nicht-regenerierbare<br />

Ressourcen handelt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter werden mit entsprechenden Informationen darauf hingewiesen.<br />

6.1 Energie.<br />

Im Bereich des Stromverbrauchs und der Warmwasserbereitung soll auf verträgliche,<br />

regenerierbare Energieträger wie Solarenergie oder Photovoltaik, zurückgegriffen<br />

werden. Nur falls es nicht anders möglich ist, soll auf allgemeine regenerierbare zurückgegriffen<br />

werden. Konventionelle Energieträger werden für die Stromerzeugung<br />

nicht genutzt. Auf dem gesamten Lager sind energiesparende Leuchtmittel einzusetzen.<br />

Wo möglich, soll auf Kühlschränke oder Elektrogräte mit hohem Verbrauch<br />

verzichtet werden. Gerade im Bereich der Oasen und Programmzentren soll jedes<br />

Gerät auf seine Notwendigkeit hin überprüft werden und zudem werden ausschließlich<br />

energiesparende Elektrogeräte und Glühlampen eingesetzt. Falls eine Wegebeleuchtung<br />

vorgesehen ist, sollte diese vollkommen unabhängig vom Stromnetz über<br />

Solarlampen sichergestellt werden. Der gesamte Stromverbrauch des Lagers ist zu dokumentieren.<br />

Der für ein Lager dieser Größenordnung notwendige Fuhrpark soll aus<br />

Fahrzeugen bestehen, die auf der Basis von nachwachsenden Rohstoffen angetrieben<br />

werden können (z.B. Elektro- und Hybridfahrzeuge) oder zumindest aus Benzin sparenden<br />

Fahrzeugen. Den Fahrerinnen und Fahrern ist über entsprechende Trainingsmodule<br />

eine sparsame Fahrweise beizubringen.<br />

6.2 Wasser<br />

Das regionale Sparen der Ressource Wasser hat in Deutschland Tradition. Während in<br />

den 1970er Jahren noch Ziegelsteine in den Spülkasten gelegt wurden, hat sich seit<br />

dieser Zeit die Technologie und das Bewusstsein zum sparsamen Umgang mit Wasser<br />

erheblich verbessert, so dass sich heute in manchen Gärten sogar kleine Kläranlagen<br />

befinden. Mit den heutigen globalen Wasserproblemen haben diese Bemühungen<br />

aber nichts zu tun, da Mitteleuropa zu den humiden Gebieten der Erde zählt. Damit<br />

gehört Deutschland zu einer Region, in der regelmäßiger Niederschlag das Grundwasser<br />

auffüllt. Auch eine Halbierung unseres direkten Wasserverbrauchs würde die<br />

Brunnen in den Trockengebieten nicht füllen. Das höchste nachhaltige Sparpotential<br />

birgt bei jedem Einzelnen und in der internationalen Politik daher das so genannte<br />

‚virtuelle Wasser’. Mit diesem Begriff, den von dem englischen Geographen John Anthony<br />

Allan 1995 geprägt wurde, wird das Wasser bezeichnet, das verbraucht wird,<br />

um andere Konsumgüter, Genuss- und Nahrungsmittel herzustellen. Beispielsweise<br />

wird für die Herstellung von einer Tasse Kaffee zwar nur ca. 0.2 Liter regionales Wasser<br />

verbraucht, zur Herstellung des Kaffeepulvers müssen aber ca. 140 Liter virtuelles<br />

Wasser aufgewendet werden, die nicht dem deutschen Wasserhaushalt entnommen<br />

werden. Zieht man eine Gesamtbilanz dieses Wassers, so verbraucht jeder Deutsche<br />

täglich 4000 Liter Wasser. Deutschland gehört weltweit zu den zehn größten Importeuren<br />

von virtuellem Wasser, was vor allem auf die wasserintensiven Genussmittel


Rahmenkonzeption „<strong>Nachhaltigkeit</strong>“ - <strong>VCP</strong> Bundeslager 2010 11<br />

Kaffee, Tee und Kakao zurückzuführen ist. Dieses Problem und die Schaffung einer<br />

neuen Umverteilung kann nur eine neue globale Agrarpolitik ändern, indem zum Beispiel<br />

Deutschland im Gegenzug mehr Weizen in Trockengebiete exportiert. Trotzdem<br />

kann jeder Einzelne seinen Beitrag leisten, indem man bewusst Genussmittel wieder<br />

genießt oder auf wasserintensive Produkte wie Reis und Mais verzichtet.<br />

6.2.1 regionales Wasser<br />

Falls Sanitäranlagen angemietet werden, sind Wasser sparende Dusch- und Toilettenanlagen<br />

zu bevorzugen. Über ein entsprechendes Konzept ist sicherzustellen, dass<br />

das Abwasser, aber vor allem auch das Kochwasser der Gruppen der Kanalisation<br />

zugeführt wird. Die Aufstellung der Toilettencontainer ist dezentral so zu wählen,<br />

dass nach Möglichkeit das „wilde Pinkeln“ verhindert wird. Die Container sollten mit<br />

umweltverträglichen Chemikalien gereinigt werden. Die für das Spülen und Reinigen<br />

benutzten Reinigungsmittel müssen umweltverträglich und biologisch abbaubar sein.<br />

Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden für ihre Vorbereitung daher auf die Arbeitshilfe<br />

Wasser des <strong>VCP</strong> hingewiesen, in der u. a. Möglichkeiten zum Wassersparen zu<br />

finden sind.<br />

6.2.2 globales Wasser<br />

Auf dem Bundeslager verwendete Produkte sollen nach Möglichkeit auf ihren Verbrauch<br />

von virtuellem Wasser hin analysiert werden. Wasserintensive Genussmittel<br />

wie Kaffee, Tee, Kakao und Schokoladesollen auf dem Lager nicht verboten, aber<br />

ihr Konsum reduziert werden. Wasserintensive Importnahrungsmittel wie Reis und<br />

Soja sollen nicht konsumiert werden. Andere wasserintensive Agrarprodukte wie beispielsweise<br />

Mais oder Fleisch sollen nur aus regionalem Anbau stammen.<br />

Geschätzter Verbrauch virtuellen Wassers verschiedener landwirtschaftlicher<br />

Produkte (m³ Wasser/Tonne Produkt)<br />

Hoekstra<br />

& Hung<br />

(2003)<br />

Chapagain<br />

& Hoekstra<br />

(2003)<br />

Zimmer<br />

& Renault<br />

(2003)<br />

Oki<br />

et al.<br />

(2003) Durchschnitt<br />

Rindfleisch 15977 13500 20700 16726<br />

Schweinefleisch 5906 4600 5900 5469<br />

Käse 5288 5288<br />

Hühnerfleisch 2828 4100 4500 3809<br />

Eier 4657 2700 3200 3519<br />

Reis 2656 1400 3600 2552<br />

Sojabohnen 2300 2750 2500 2517<br />

Weizen 1150 1160 2000 1437<br />

Mais 450 710 1900 1020<br />

Milch 865 790 560 738<br />

Kartoffeln 160 105 133<br />

Der Verbrauch von virtuellem Wasser durch das Bundeslager soll über den so genannten<br />

Wasser-Fußabdruck nachvollzogen werden und in die Dokumentation einfließen.


12 Rahmenkonzeption „<strong>Nachhaltigkeit</strong>“ - <strong>VCP</strong> Bundeslager 2010<br />

6.3 Papier<br />

Wo möglich, sollte auf den Verbrauch von Papier oder Kartonagen verzichtet werden.<br />

Papier ist beidseitig zu bedrucken und beim Einkauf ist darauf zu achten, dass es die<br />

entsprechenden Siegel trägt.<br />

6.4 Abfall<br />

Oberstes Prinzip ist die Müllvermeidung. Müll, der nicht anfällt, muss auch nicht entsorgt<br />

werden. Zur effektiven Müllvermeidung werden daher den Gruppen folgende<br />

Grundregeln empfohlen: Verzicht auf Tüten und Einmaltragesysteme und Transport<br />

in mehrfachnutzbaren Behältnissen, lose Ware statt abgepackter Ware und Mehrweg<br />

statt Einweg.<br />

Anfallender Müll wird auf dem Bundeslager getrennt entsorgt, um ihn effizient als<br />

Sekundärrohstoff der Wiederverwertung zuzuführen. Eine sortenreine Trennung erfolgt<br />

nach: Papier und Pappe, Glas, Biomüll, Speisereste, Verpackung und Kunststoffe<br />

(Duales System), Metalle, Restmüll, Batterien und Holzreste. Die Entsorgung wird<br />

durch den kommunalen Betrieb sichergestellt. Im Falle der Speisereste sollte ein spezieller<br />

und zertifizierter Entsorgungsbetrieb beauftragt werden. Holzreste werden<br />

nach Möglichkeit dem Jugendzeltplatz als Brennholz zu Verfügung gestellt.<br />

7. Kommunikation<br />

Der Informationsfluss zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und zu den<br />

Teilnehmerinnen und Teilnehmer soll nachhaltig gestaltet sein. Dabei wird auf unnötige<br />

Kommunikation verzichtet. Der Schriftverkehr ist auf das nötige effiziente Minimum<br />

zu reduzieren, um Ressourcen wie Papier und Energie einzusparen. Emails und<br />

Briefe sind so zu gestalten, dass eine Zustimmung ohne Antwort zu signalisieren ist.<br />

Es ist nur entsprechend zertifiziertes Papier zu nutzen und beidseitig zu bedrucken.<br />

Gerade bei großen Druckerzeugnissen ist darauf zu achten, dass die Druckmittel ökologisch<br />

verträglich sind. Der Papierverbrauch sowohl auf dem Lager, wie auch in der<br />

Vorbereitung ist zu dokumentieren.<br />

8. Öffentlichkeitsarbeit<br />

Über eine Präsenz in den regionalen und überregionalen Printmedien sowie in Funk,<br />

Fernsehen und Internet soll sowohl der inhaltlich wie auch der organisatorisch nachhaltige<br />

Ansatz des Bundeslagers vermittelt werden.<br />

Zusätzlich soll das nachhaltige Konzept, vor allem aber die inhaltliche Konzeption des<br />

Bundeslagers als Dekadeprojekt bei der UN Dekade Bildung zur nachhaltigen Entwicklung<br />

angemeldet werden.


Rahmenkonzeption „<strong>Nachhaltigkeit</strong>“ - <strong>VCP</strong> Bundeslager 2010 13<br />

9. Sponsoring<br />

Da durch das Verpflegungskonzept und die Ausgleichsmaßnahmen erhöhte Kosten<br />

zu erwarten sind, die nicht komplett auf die jugendlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />

umgelegt werden sollen, ist beabsichtigt über Sponsoren zusätzliche Mittel<br />

zu beschaffen. Mögliche Partner sind hier die entsprechenden Ministerien, Umweltstiftungen<br />

und bestimmte Industriezweige.<br />

10. Finanzen<br />

In den Finanzhaushalt sind entsprechende Mittel für die Ausgleichsmaßnahmen einzustellen.<br />

Dies sollte offen kommuniziert werden, um auch den Teilnehmerinnen und<br />

Teilnehmern zu signalisieren, dass ein Teil ihres Lagerbeitrages für diesen Zweck ausgegeben<br />

wird.<br />

11. Ausgleichmaßnahmen<br />

Generell für alle Ausgleichsmaßnahmen gilt, dass sie nachhaltig gestaltet werden sollen.<br />

Dies bedeutet vor allem, dass eine Pflege der ausgesuchten Maßnahmen sicherzustellen<br />

ist.<br />

Das Bundeslager soll weitestgehend klimaneutral durchgeführt werden. Das Ausmaß<br />

der produzierten Abgase wird errechnet, im Umweltbericht dargelegt und ausgeglichen.<br />

Hierzu bietet sich das <strong>VCP</strong> eigene Klimaprojekt an (siehe Anlage 2 | Be in Balance).<br />

Hierbei fallen vor allem die durch den Transport von Teilnehmerden und Material<br />

anfallenden Abgase ins Gewicht. Ausgeglichen werden aber auch anfallende Abgase<br />

aus der Lebensmittelproduktion und dem Gasverbrauch.<br />

Neben den anfallenden Gasen sollen auch verbrauchte Ressourcen anteilig ausgeglichen<br />

werden. Hier ist vor allem der Holzverbrauch in Form von Stangenholz, Bauholz<br />

und Papier in Form von Neupflanzungen auszugleichen.<br />

Auch wenn das Bundeslager keine zusätzlichen Flächen verbraucht oder versiegelt, so<br />

stellt ein Lager dieser Größe einen Eingriff in die Natur dar. Zum Beispiel findet das<br />

Lager während der Brutperiode statt und es ist nicht auszuschließen, dass Brutvögel<br />

oder andere Tiere so stark gestört oder beeinträchtigt werden, dass sie den Nachwuchs<br />

aufgeben. Eingriffe in den Naturhaushalt sollen daher regional und nachhaltig<br />

ausgeglichen werden. Geeignete Projekte sind mit den Betreibern des Jugendzeltplatzes<br />

und den regionalen Naturschutzverbänden abzusprechen. Vorstellbar sind<br />

beispielsweise die Anlage eines Kleingewässers oder Modulen zur Naturpädagogik<br />

auf dem Zeltplatz.


14 Rahmenkonzeption „<strong>Nachhaltigkeit</strong>“ - <strong>VCP</strong> Bundeslager 2010<br />

12. Umweltbericht<br />

Dieses Konzept soll nach dem Bundeslager reflektiert und in einem gesonderten Umweltbericht<br />

dargestellt werden. Dazu werden alle relevanten Daten wie Ressourcenverbrauch,<br />

Menge der Abgase, Auswahl der Lebensmittel und Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen<br />

gesammelt und verglichen.<br />

Der Bericht fließt nicht nur in den Gesamtbericht des Bundeslagers ein, sondern wird<br />

entsprechend separat veröffentlich und möglichen Sponsoren zu Verfügung gestellt.<br />

13. Dokumentation<br />

In der vorliegenden Konzeption wird oftmals eine – teilweise – umfangreiche Dokumentation<br />

gefordert. Die Dokumentation ist vor allem notwendig, weil<br />

––<br />

dokumentiert werden soll, wie viel Ressourcen auf einem Bundeslager verbraucht<br />

werden;<br />

––<br />

Bewusstsein für einen möglichst Ressourcen schonenden Umgang <br />

geschaffen werden soll;<br />

––<br />

die Kriterien einer Zertifizierung erfüllt werden sollen, ohne dass eine <br />

Zertifizierung angestrebt wird;<br />

––<br />

und ein Umweltbericht mit Daten und Fakten verfasst werden soll.<br />

Die einzelnen Bereiche und Verantwortungsträger erhalten zur Unterstützung der<br />

Dokumentation eine Vorlage, mit der sie arbeiten können. Meist reicht die Angabe<br />

einer ungefähren Zahl, manchmal muss dies genauer dokumentiert werden. Die<br />

Expertengruppe <strong>Nachhaltigkeit</strong> im <strong>VCP</strong> und der für das Bundeslager entsprechend<br />

Verantwortliche unterstützen bei der Erstellung der Dokumentation und stehen für<br />

Fragen zur Verfügung.


Rahmenkonzeption „<strong>Nachhaltigkeit</strong>“ - <strong>VCP</strong> Bundeslager 2010 15<br />

Anhang 1: Informationen zum Kaffa-Projekt<br />

Von Christiane Grefe | © DIE ZEIT, 12.02.2009 Nr. 08<br />

Farn, Smaragd, Pistazie, Jade, so viele Grüntöne an einem Ort! Vor fast schwarzgrünen<br />

Wänden aus Urwaldriesen, Schling- und Aufsetzerpflanzen leuchten die Farben<br />

umso intensiver, wenn nach dem Regen ein paar Sonnenstrahlen durch das hohe Dach<br />

der Baumkronen dringen. Im Bergnebelwald der äthiopischen Provinz Kaffa glaubt<br />

man die Grünschattierungen sogar zu riechen zwischen Düften von Honig und feuchtem<br />

Lehm. Da raschelt das Blattwerk: Ein scheuer Mantelaffe schwingt sich von Wipfel<br />

zu Wipfel und lässt seinen Umhang aus weißen Haaren fliegen. Bleibt neben einem<br />

Artgenossen hocken und beäugt von oben herab neugierig die Eindringlinge – wie<br />

diese ihn.<br />

Unten sind auf schmalem Pfad einige Bauern aus dem Dorf Uffa auf dem Weg zu<br />

ihren Urwaldschätzen. Begleitet werden sie von Entwicklungsexperten und Naturschützern,<br />

weit gereist, die eine außergewöhnliche deutsch-äthiopische Zusammenarbeit<br />

voranbringen wollen. In ihrem Mittelpunkt stehen der 53-jährige Florian Hammerstein,<br />

ein Unternehmer aus Freiburg, und seine Firma Original Food. Seit einigen<br />

Jahren bemüht er sich in den Wäldern von Kaffa, eine dauerhafte Balance zu finden<br />

auf der »immer dünner werdenden Linie zwischen Wandel und Zerstörung«, wie der<br />

mitgereiste Naturschützer und Äthiopienexperte Michael Succow sagt. Succow ist<br />

Landschaftsökologe an der Universität Greifswald und Träger des Alternativen Nobelpreises.<br />

Und wie er erleben kann, sind Hammerstein und seine Mitstreiter schon weit<br />

gekommen: Es ist ihnen gelungen, ein Geschäft aufzubauen und dabei 6600 äthiopische<br />

Bauern mit ihren meist sehr großen Familien einem harten, dem schieren Überleben<br />

gewidmeten Einzelkampf zu entreißen. Der abgelegenen Region Kaffa haben sie<br />

zu einer besseren wirtschaftlichen Perspektive verholfen. Und zu der Hoffnung, dass<br />

auch der Urwald zu retten sei.<br />

40 Prozent des Landes waren mit Wald bedeckt, heute sind es drei Prozent<br />

»Kaffas Wälder bluten!« Mesfin Tekeles Warnung könnte in kaum größerem Widerspruch<br />

zur Opulenz der Sinnesreize stehen. Der Forstwirt lehnt sich an einen bemoosten<br />

Stamm und zieht eine bittere Bilanz: Allein zwischen 1980 und 2000 seien 43<br />

Prozent des dichten Grüns gerodet worden. »Seither hat sich die Zerstörung im Bonga<br />

Forest eher noch beschleunigt«, ergänzt Svane Bender-Kaphengst vom Naturschutzbund<br />

Nabu. Und dieser Wald ist einer der letzten Äthiopiens: Noch in den siebziger<br />

Jahren lagen 40 Prozent des Landes unter einer dichten Vegetationsdecke – übrig sind<br />

keine drei Prozent mehr. Sirenenhaft sirren die Zikaden, ein Hornvogelpaar schreit.<br />

Dabei ist der Dschungel von Kaffa nicht nur seiner Schönheit und der Mannigfaltigkeit<br />

seiner 244 Pflanzen- und 294 Tierarten wegen so kostbar, wegen der nur hier<br />

vorkommenden Blumen und Heilgewächse, wegen der Käfer, Schmetterlinge, Vögel,<br />

Flusspferde, Antilopen; selbst von einzelnen Leoparden und Löwen wird er, erzählen<br />

die Bauern respektvoll, dann und wann noch durchstreift. Die Wälder sind auch eine<br />

existenzielle Ressource für alles Leben, alles Wirtschaften in der Region: Über den<br />

ewigen Kreislauf aus Wasserspeicherung und Verdunstung kühlen sie das lokale Klima.<br />

Sie speisen die fruchtbaren Äcker des südwestlichen Hochlandes mit Feuchtigkeit


16 Rahmenkonzeption „<strong>Nachhaltigkeit</strong>“ - <strong>VCP</strong> Bundeslager 2010<br />

und nähren aus den Mooren und Feuchtgebieten in ihrer Tiefe den Gojeb-Fluss, der in<br />

die afrikanische Lebensader Omo mündet. Zu schweigen davon, wie viel Kohlenstoff<br />

die üppige Pflanzenwelt bindet. Wie kann, daran arbeiten Unternehmen, Entwicklungshelfer<br />

und Biologen, diese Wildnis erhalten werden? Vor allem: Wie verbessert<br />

man gleichzeitig die Lage der Bauern?<br />

Denn auch ihrer Armut wegen setzt sich der Raubbau an den verbliebenen rund<br />

340000 Hektar teils noch unberührten Waldes fort. Mit krummem Rücken schleppen<br />

die Frauen wahre Holzgebirge als Brennstoff und Baumaterial die Staubstraßen<br />

entlang. Ihre Familien werden größer und roden mächtige Urwaldriesen, um kultivierbares<br />

Land zu gewinnen. Selbst an erdrutschgefährdeten Steilhängen kümmern<br />

zwischen den Baumriesenstümpfen Mais- und Hirsepflanzen, die auch Zuwanderer<br />

aus Äthiopiens vertrocknendem Norden angebaut haben. Überdies wollen Investoren<br />

Plantagen anlegen, um die Ernte später zu exportieren. Oft werden sie dabei von der<br />

Regierung in der Hauptstadt Addis Abeba gefördert, die Devisen in erster Linie aus<br />

der Agrarproduktion ziehen kann.<br />

Die Chance auf Wandel ohne Zerstörung bietet nun ein Strauch, dessen rostrote Kirschen<br />

im Dickicht des Urwalds ins Auge stechen: Coffea arabica, die edelste Kaffeeart,<br />

mit der jeden Tag Millionen Menschen weltweit ihren Tag beginnen. Ihren Ursprung<br />

hat sie genau hier: im Bergnebelwald von Kaffa. Im Schatten seiner grünen Schirme<br />

gedeiht die lichtscheue Pflanze in schier grenzenloser Vielfalt; auf zierlichen Büschen<br />

und manchmal über hundertjährigen, als heilig verehrten Stämmen bringt sie immer<br />

neue Erscheinungsformen, Widerstandsfähigkeiten, Geschmacksnoten hervor. Es ist<br />

Kaffee in seiner Urform.<br />

Seit einigen Jahren werden diese wilden Bohnen nun von Hammerstein mit wachsendem<br />

Erfolg vermarktet. Und damit zugleich noch ganz andere Dinge belegt: zum<br />

Beispiel, dass es Formen des Kapitalismus gibt, die den menschlichen Eigennutz mit<br />

dem Respekt für Gemeinschaftsgüter versöhnen; auch, dass ein Unternehmer sehr viel<br />

mehr Ziele befördern kann als nur sein eigenes Profitinteresse.<br />

Hammerstein arbeitete zuletzt als Marketingberater in der Lebensmittelbranche.<br />

Dann gründete er mit Partnern Original Food. Heute importiert er vor allem den Wildkaffee<br />

aus Äthiopien – neben nachhaltig erzeugtem Tee aus Nepal und Kakao aus<br />

Ecuador. Gerade mal zehn feste Mitarbeiter hat sein Kontor in Freiburg; vier Röster<br />

und Lagerhalter sind Auftragnehmer. Rund 145 Tonnen Wildkaffee kauft das »Sozialunternehmen«<br />

in dieser Saison in Kaffa auf. Damit sollen drei Viertel des Umsatzes<br />

von rund zwei Millionen Euro erwirtschaftet werden.<br />

Je nach Bezugsquelle sind die Verbraucher bereit, für 250 Gramm zwischen 6,95 Euro<br />

und 9,50 Euro für den – zertifizierten – ökologischen und sozialen Mehrwert des Kaffees<br />

auszugeben. Rund die Hälfte dieser Summe bleibe im Handel, sagt Florian Hammerstein.<br />

Zum hohen Preis trage auch eine Veredelungsmethode bei, die aufwendiger<br />

und teurer sei als die für Industriekaffee. Beziehen kann man den Wildkaffee über das<br />

Internet und in bisher 400 Bio-, Dritte-Welt- und Delikatessläden. Zu den Abnehmern<br />

gehören auch einige Großkunden und Edelgastronomen wie das 3-Sterne-Restaurant<br />

Schwarzwaldstube in Baiersbronn.<br />

Den Kaffeesammlern in Bonga brachte ihre rote Bohne im Jahr 2007 rund 60 Prozent<br />

mehr als den Weltmarktpreis und im vergangenen Jahr das Doppelte. Von Anfang an,


Rahmenkonzeption „<strong>Nachhaltigkeit</strong>“ - <strong>VCP</strong> Bundeslager 2010 17<br />

sagt Florian Hammerstein, sei es ihm nicht allein um das Geschäft mit der Mischung<br />

aus Genuss und reinem Gewissen gegangen. »Ich wollte den Kleinbauern einen Weg<br />

in die positiven Dimensionen der Globalisierung ebnen«, sagt er, »damit sie deren<br />

negativen Wirkungen nicht mehr mittellos ausgeliefert sind.«<br />

Den ersten Anstoß bekam der Diplomkaufmann im Jahr 2001 von einem anderen<br />

Pionier: Reiner Klingholz, damals Geschäftsführer des Vereins Geo schützt den Regenwald,<br />

hatte es bei einer Afrikareise in Kaffas Verwaltungsstädtchen Bonga verschlagen,<br />

und immer wieder luden ihn die Bauern dort zur traditionellen Kaffeezeremonie<br />

ein. Auf niedrigen Dreibeinern hockt man dabei um ein Stövchen aus Gusseisen, der<br />

Brandgeruch der glühenden Holzkohle verflüchtigt sich im Weihrauchduft. Darüber<br />

rösten Frauen die Bohnen frisch in der Pfanne. Dann werden sie mit dem Mörser<br />

zerstampft, heiß überbrüht, in Schalen aus Bambus gegossen, und schließlich genießt<br />

man den Kaffee gewürzt mit Kardamom aus Kaffas Wäldern.<br />

Klingholz, der nicht nur Waldschützer ist, sondern auch Gourmet, war begeistert:<br />

Welch ein Geschmack! Dieser unverzüchtete, in der Sonne getrocknete Kaffee hatte<br />

wenig Säure und einen besonderen Reichtum an Aromen; intensiv fruchtig und süßlich.<br />

Umso erstaunlicher, dass die armen Farmer ihn allenfalls lokal verkauften. Doch<br />

auf den Weltmärkten gab es in jenen Jahren ein immenses Überangebot, und die<br />

Preise lagen tief. Da lohnte sich für die »Kaffechos«, wie sich die Nachfahren eines<br />

alten Königreiches nennen, weder der Anbau noch die Ernte im Wald.<br />

So kam die Idee auf: Wenn man den Bauern den doppelten Weltmarktpreis dafür<br />

bezahlte, dass sie den Urkaffee pflücken, dachte Klingholz; wenn man ihnen überdies<br />

die Abnahme ihrer Ernte garantierte, dann würden sie nicht nur besser verdienen,<br />

sondern zugleich ein größeres Interesse am Waldschutz entwickeln. Denn dann würde<br />

der Dschungel nicht mehr durch Raubbau zur Einkommensquelle, sondern durch<br />

langfristige Nutzung.<br />

Die Logik lag auf der Hand, doch wer sollte die neue Wertschöpfungskette bis nach<br />

Europa Glied für Glied schmieden? Zu Beginn des Jahrtausends war fairer Handel noch<br />

auf wenige Dritte-Welt-Laden-Getreue beschränkt und eine Vielfalt der Kaffeesorten<br />

wie heute bei Alnatura oder Starbucks unbekannt. In Kaffa selbst gab es zudem nur<br />

Staubstraßen und weder Transportmittel noch Lagerhäuser, ja nicht mal Säcke. Als<br />

wenig hilfreich erwiesen sich die Experten des Massengeschäfts, denen Klingholz eine<br />

Probe des Waldkaffees unter die Nase hielt. Die Geschmackstester von Tchibo zum<br />

Beispiel waren zwar hingerissen. Aber dann schickten sie ihre Gewährsleute nach<br />

Bonga, um sich die hochwertigen Bohnen, die sie selbst in ihrer Welt aus internationalen<br />

Börsengeschäften und Billigmischungen nie entdeckt hatten, im Vorgriff zu<br />

sichern. Schon für die Schiffscontainer erwies sich die Menge des Wildkaffees jedoch<br />

als zu gering. Und den Bauern mehr zahlen? Anders Florian Hammerstein. Der sagte<br />

am Telefon sofort: »Das mach ich!«<br />

Dass da ein paar Deutsche für den Waldkaffee etwas bieten wollten, sprach sich in<br />

Kaffa schnell herum. Doch als die Bauern 2002 die ersten Zentner mit dem Esel zur<br />

Sammelstelle nach Bonga brachten, zeigten sich dem unbekümmert risikofreudigen<br />

Unternehmer und dem Regenwaldschützer weitere Hindernisse: Reife und noch ganz<br />

grüne, erstklassige und von Feuchtigkeit angeschimmelte Bohnen waren miteinander<br />

vermischt »wie ein französischer Premier Grand Cru Classé mit algerischem Land-


18 Rahmenkonzeption „<strong>Nachhaltigkeit</strong>“ - <strong>VCP</strong> Bundeslager 2010<br />

wein«, erinnern sich Klingholz und Hammerstein. Um Zeit bei der mühsamen Pflückerei<br />

an verstreuten Bäumchen zu sparen, hatten die Sammler alle Früchte gleichzeitig<br />

von den Sträuchern gezupft.<br />

Sobald es regnet, eilen die Frauen herbei, um die Bohnen abzudecken<br />

Es dauerte eine Saison lang, bis zunächst 400 Bauern gelernt hatten, den europäischen<br />

Qualitätsansprüchen an ein Produkt für Feinschmecker gerecht zu werden. Nur<br />

die reifen roten Kirschen dürfen sie ernten. Überall sieht man den Kaffee jetzt auf Gerüsten<br />

statt am Boden in der Sonne trocknen, und sobald es regnet, eilen die Frauen<br />

aus ihren runden Hütten, um ihn mit einer Plane abzudecken. Ein geliehener Lkw der<br />

lokalen Regierung konnte schließlich im Juni 2003 die ersten Säcke mit Waldkaffee<br />

nach Addis Abeba bringen. Über Dschibuti reist er seither in langsam wachsenden<br />

Mengen nach Europa.<br />

Damit möglichst wenig gestritten und die Natur geschont wird, haben die Bauern<br />

Waldnutzer-Organisationen gegründet. Auch die Sammler in Uffa legen für ein abgestecktes<br />

Gebiet und meist auf der Grundlage traditioneller Übereinkünfte gemeinsam<br />

Rechte, Regeln und einen Managementplan fest, erzählt ihr Dorfvorsteher Asafa<br />

Wolde Sanbet.<br />

Reich wird zwar auch heute noch keiner. Wolde Sanbet lebt mit seiner Frau und fünf<br />

Kindern weiter von seinen Tieren, vom Brot aus einheimischem Teff-Getreide oder<br />

der Enset-Banane, von Hülsenfrüchten. 4,5 Hektar Land bestellt er mit Ochsen und<br />

Hakenpflug, ein hartes Joch. So war es schon immer für den hochgewachsenen Mann<br />

mit den feinen Gesichtszügen, und wenn man ihn fragt, ob er lieber etwas anderes<br />

machen würde, dann schüttelt er stolz den Kopf: »Sagen Sie doch nicht so was.«<br />

Aber er sagt auch: »Ich sehe eine hellere Zukunft vor uns liegen, seit wir ein Zusatzeinkommen<br />

haben.« Die Erfüllung seines Traumes von modernen Ackermaschinen rücke<br />

in greifbare Nähe; vielleicht auch der von einer eigenen Mühle im Dorf. Schon jetzt<br />

sei das Leben besser: »Wir haben mehr Sicherheit, dass es für unsere Kinder genug zu<br />

essen gibt. Wir können uns stabilere Häuser und genug Kleider leisten.«<br />

Früher hätten die Leute auch deshalb kaum Kaffee vermarktet, sagt der Dorfvorsteher,<br />

weil Zwischenhändler ihre Not mit willkürlichen Preisen ausnutzten; »dann hat<br />

man sie nie wieder gesehen«. Beim Direktverkauf an den Importeur indes bekämen<br />

die Subsistenzbauern nicht nur den besseren Preis: »Es gibt auch Dividenden!«<br />

Was heißt überhaupt »wilder Kaffee« oder »Waldkaffee«?<br />

Dafür sorgt die Kaffa Forest Coffee Farmers Cooperative Union, zu der sich 25 lokale<br />

Genossenschaften zusammengeschlossen haben. Sie zahlt eine Ausschüttung, wenn<br />

sie den Kaffee gut absetzen konnte. Das gelingt immer besser; der weltweite Spezialitäten-Hype<br />

führt dazu, dass sich in der Region neue Abnehmer tummeln. Hitzig wird<br />

schon debattiert, welche Ware überhaupt »wild« oder »Waldkaffee« genannt werden<br />

darf. Denn die Leute in Kaffa kultivieren Pflanzen aus dem Wald auch in ihrem<br />

Garten oder lassen ihre Landsorten auf geschlagenen Lichtungen wachsen. Der Wettbewerb<br />

jedenfalls blüht, mit dem Florian Hammerstein den Bauern den Rücken stärken<br />

wollte, und der Importeur hat darin nun selbst zu bestehen: Dieses Jahr musste er<br />

sein Angebot an die Kooperative um einige Cent pro Kilo erhöhen, um den Zuschlag<br />

für die Ware zu bekommen. Auch deshalb wird Original Food vermutlich erst im Jahr<br />

2009 in die Gewinnzone kommen. Aber dank Anteilseignern wie dem engagierten


Rahmenkonzeption „<strong>Nachhaltigkeit</strong>“ - <strong>VCP</strong> Bundeslager 2010 19<br />

Hamburger Unternehmensberater Hans Hermann Münchmeyer hatte die Firma einen<br />

langen finanziellen Atem.<br />

Zur Wahrheit über Original Food gehört auch, dass ein so kleines Unternehmen die<br />

Aufbauarbeit in Kaffa allein nicht hätte stemmen können. Vor allem in die Kooperativen,<br />

den Aufbau ihrer Verwaltung und die Schulung der Bauern flossen insgesamt<br />

1,5 Millionen Euro an Geld- und Sachleistungen durch Unterstützung der Gesellschaft<br />

für Technische Zusammenarbeit (GTZ). Zu dem Helfer-Konsortium gehören außerdem<br />

Geo schützt den Regenwald, der Nahrungskonzern Kraft Jacobs und der Naturschutzbund<br />

Nabu. Die Stiftung Weltbevölkerung versucht derweil, mit Projekten<br />

zur Familienplanung zum Waldschutz beizutragen; man kooperiert überdies mit der<br />

Welternährungsorganisation FAO. Gemeinsam schufen die Beteiligten die Voraussetzung<br />

dafür, dass die Kaffeebauern ein vermarktbares Produkt anbieten können – und<br />

Pflanzen und Tiere eine Überlebenschance haben.<br />

Bisher hat die GTZ die Koordination in Bonga übernommen, die übrigen Partner sorgen<br />

sich jedoch, dass sie aussteigt. Denn die GTZ will nach eigenen Angaben eher Anstoßgeber<br />

sein als Dauerpartner. Dabei könnte der waldschützende Kaffeehandel in<br />

einer nächsten Ausbaustufe noch weitere Kreise ziehen: Ein Biosphärenreservat nach<br />

Regeln der Unesco soll in Kaffa entstehen und dem Raubbau am Urwald noch wirksamer<br />

vorbeugen. Dabei werden zwar bestimmte Zonen – wie es die Organisation für<br />

den Schutz des Weltkulturerbes verlangt – ganz für tabu erklärt. Aber andere Teile<br />

des Reservates könnten die Bewohner auch noch für sanften Tourismus erschließen.<br />

Letztlich, so die optimistische Prognose Florian Hammersteins, könnten fünfmal so<br />

viele Bauernfamilien am Edelkaffee verdienen wie heute. Die Naturschützer werden<br />

nur darauf achten müssen, dass der Erfolg nicht paradoxerweise neuen Raubbau begründet.


20 Rahmenkonzeption „<strong>Nachhaltigkeit</strong>“ - <strong>VCP</strong> Bundeslager 2010<br />

Anhang 2: Be in Balance - Klima Projekt des <strong>VCP</strong><br />

Ziel<br />

Hintergrund<br />

Programm<br />

Projekte<br />

Der <strong>VCP</strong> baut bis Ende 2009 ein Programm auf, das die Möglichkeit<br />

gibt, Ausgleich für den durch den <strong>VCP</strong> oder seine Mitglieder verursachten<br />

Schadstoffausstoß auszugleichen.<br />

Der <strong>VCP</strong> verursacht durch seine nationalen und die Beteiligung an internationalen<br />

Gremientagungen, Lager, Aktivitäten und der Teilnahme<br />

an internationalen Großveranstaltungen sowie durch den Betrieb<br />

seiner Bundeszentren einen nicht zu vernachlässigen Schadstoffausstoß.<br />

Mittlerweile werden von unterschiedlichen Vereinen, Vereinigungen<br />

und Institutionen Ausgleichsprogramme angeboten, bei denen man<br />

über eine Geldspende zu einem nachhaltigen Schutzprojekt beitragen<br />

kann, um den verursachten Schadstoffauststoß auszugleichen.<br />

Im Sinne der weltweiten Pfadfinderinnen- und Pfadfinderbewegung<br />

will der <strong>VCP</strong> sein eigenes Programm aufbauen, um direkt eigene und<br />

internationale Pfadfinderinnen- und Pfadfinderprojekte mit einem<br />

Fokus auf Afrika zu unterstützen, die im Sinne der <strong>Nachhaltigkeit</strong> und<br />

der Natur- und Umweltbildung einen Ausgleich zu dem Schadstoffausstoß<br />

schaffen.<br />

Der Ausgleich und auch die Höhe des Ausgleichs soll eine freiwillige<br />

Verpflichtung sein. Der <strong>VCP</strong> will die Plattform schaffen, um dieser<br />

Freiwilligkeit gerecht zu werden. Ein Ausgleich sollte generell in den<br />

Haushalte von nationalen und internationalen Gremientagungen,<br />

Großveranstaltungen und dem Betrieb der Zentren vorgesehen sein.<br />

Der <strong>VCP</strong> bietet verschiedene Projekte an, in denen der Ausgleich geschaffen<br />

werden kann. Der <strong>VCP</strong> begleitet diese Projekte und evaluiert<br />

sie regelmäßig. Alle Projekte sollen einen pfadfinderischen Hintergrund<br />

haben. Sie werden der Bundesleitung von der Arbeitsgruppe<br />

Ökologie/<strong>Nachhaltigkeit</strong> vorgeschlagen und von der Bundesleitung<br />

bestätigt. Die Projekte sind nicht festgeschrieben und können jederzeit<br />

unter Absprache der Arbeitsgruppe und der Bundesleitung erweitert<br />

werden oder unter Zustimmung des Bundesrates beendet werden.<br />

Der Bundesrat ist von der Arbeitsgruppe oder der Bundesleitung<br />

regelmäßig über den Fortgang der Projekte zu unterrichten.


Rahmenkonzeption „<strong>Nachhaltigkeit</strong>“ - <strong>VCP</strong> Bundeslager 2010 21<br />

1. Anpflanzungen auf dem Bundeszeltplatz<br />

Da Pflanzen CO 2<br />

verbrauchen und Sauerstoff ausstoßen liegt der Schwerpunkt<br />

vieler Ausgleichsmassnahmen auf Anpflanzungen und dem Aufbau<br />

von Wäldern. Ein Teil der finanziellen Förderung soll daher dazu<br />

dienen auf dem Bundeszeltplatz des <strong>VCP</strong> weitere Bäume und Hecken<br />

anzupflanzen, was zusätzlich eine Identifikation mit dem Platz fördert.<br />

2. Ausbau der Nutzung der Solarenergie auf dem BZG<br />

Der <strong>VCP</strong> hat auf seiner Bundesversammlung beschlossen, dass die Zentren<br />

des <strong>Verband</strong>es Strom aus erneuerbaren Energien beziehen sollen. Der<br />

BZG will diesen Beschluss aufgreifen und ihn soweit erweitern, dass er<br />

umweltschonende erneuerbare Energien verstärkt nutzen will. Daher soll<br />

auf dem Platz die Photovoltaik und Solartechnik ausgebaut werden, die<br />

beide eher CO 2<br />

extensiv sind. Die Nutzung dieser Energieformen ist ökologisch<br />

nachhaltig und soll über das Programm teilfinanziert werden.<br />

3. Unterstützung von WOSM Äthiopien<br />

WOSM Äthiopien haben in der Umweltbildung und in Naturschutzmaßnahmen<br />

einen der Schwerpunkte des <strong>Verband</strong>es gelegt. Zur Zeit<br />

führen sie Gespräche mit der Regierung eine Schutzfläche in der Peripherie<br />

von Addis Abbeba in direkter Nähe des Flughafens zu übernehmen<br />

und als Schutzgebiet zu entwickeln und zu pflegen. Das Gebiet<br />

soll zudem der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und es sollen<br />

dort Maßnahmen zur Umwelt- und Naturbildung des <strong>Verband</strong>es<br />

stattfinden.<br />

Hierzu hat der <strong>Verband</strong> deutlich gemacht, dass er sich in zwei Aspekten<br />

Hilfe erwünscht:<br />

––<br />

Vermittlung von Wissen in der Entwicklung eines solchen Gebietes<br />

––<br />

Finanzielle Förderung der Wiederaufforstungsmaßnahmen.<br />

Der <strong>VCP</strong> hat die Möglichkeiten den <strong>Verband</strong> in beiden Aspekten zu<br />

unterstützen. Über das Programm kann eine Teilfinanzierung der<br />

Aufforstungs- und Entwicklungs-maßnahmen im vollen Sinne der<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong> gewährleistet werden. Zudem kann er sich bemühen,<br />

WOSM Äthiopien und die GTZ als Partner zu entwickeln.<br />

Über später stattfindende Delegationsreisen kann zudem ein zweites<br />

Standbein in Afrika entwickelt werden, wenn die Partnerschaft mit<br />

Zambia/Zimbabwe vollständig angelaufen ist oder beendet werden<br />

müsste.<br />

Projektvorschläge<br />

Dieses Partnerschaftsprojekt kann zusätzlich als Dekadeprojekt zur<br />

Dekade für die Bildung zur <strong>Nachhaltigkeit</strong> angemeldet werden, was<br />

hier die Rolle des <strong>VCP</strong> als Teil einer weltweiten Jugendbewegung verdeutlichen<br />

würde.

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