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von Klaus Fitzner (Stamm Schwanenritter<br />

Der aus geschnit tene Baum<br />

für de<strong>in</strong>e augen, zum stil len hören<br />

und bei nah zum grei fen nah<br />

Zur Jahres losung 2003<br />

Vor me<strong>in</strong>em Fens ter der ver zweig te Baum<br />

hat im Ge wirr der Krone wieder Raum;<br />

der Gärt ner hat das Dürre ab gesägt,<br />

dass übers Jahr er neue Scho ße trägt.<br />

Herb schmeckt der Saft, der aus den Wunden quillt.<br />

Viel Ab ge stor benes hängt verworr‘n und wild<br />

an mir und zehrt und steht im Weg dem Licht;<br />

doch se<strong>in</strong>er Last ent ledige ich mich nicht.<br />

E<strong>in</strong> schwar zes Ra scheln schlepp ich immer mit.<br />

Du Großer Gärt ner, lass den schar fen Schnitt<br />

mir angedeih‘n, ob ich auch dran verblut‘;<br />

Mir tät das We<strong>in</strong>en me<strong>in</strong>er Wunden gut.<br />

Die 18 Jahre im Exil ließen Kramer und se<strong>in</strong> Werk <strong>in</strong> Ver gessen heit geraten.<br />

Viel leicht blie ben se<strong>in</strong>e Ge dichte auch am Rand, weil sie sich mit<br />

eben jenem be schäf tigen. Die „bana len“ D<strong>in</strong>ge, die Be nachtei ligten und<br />

die Ehr lich keit mit sich selbst ver gisst man schnell. Erst <strong>in</strong> den 80er Jahren<br />

fand se<strong>in</strong> Werk wieder mehr Be ach tung. Aus dieser Zeit stam men auch die<br />

schö nen Melo dien (haupt säch lich von der Gruppe Zupfgeigenhansel).<br />

Die Lieder Kramers s<strong>in</strong>d spröde und zer brech lich, fest und e<strong>in</strong> fühl sam.<br />

Nichts für große S<strong>in</strong>ge runden. Eben für den Rand, den Rand des Tages an<br />

der letz ten Glut, wo sich Ge sprä che ent falten und es e<strong>in</strong> mal mehr wich tig<br />

ist, darü ber nach zu denken, was man eigent lich s<strong>in</strong>gt.<br />

Soweit e<strong>in</strong> Bild e<strong>in</strong>es trau rig frohen Lyri kers. Besser noch ist e<strong>in</strong> eige nes.<br />

Leider gibt es ke<strong>in</strong>e Ta schen buch aus gaben von Kramer gedich ten. Dem entspre<br />

chend s<strong>in</strong>d sie recht teuer. Viele s<strong>in</strong>d im Zsolnay-Ver lag er schie nen.<br />

E<strong>in</strong>em dieser Bände ist auch die Lese probe ent nommen. E<strong>in</strong>en spannenden<br />

E<strong>in</strong> blick <strong>in</strong> Kramers Ge dichte gibt auch die Zupfgeigenhansel<br />

CD „Andre die das Land so sehr nicht lieb ten...“. Sie ist im Pläne-Ver lag<br />

er schie nen.<br />

wieder an kommt<br />

die<br />

maske<br />

für<br />

dieses,<br />

jene<br />

für<br />

jenes –<br />

ge nau,<br />

über legen,<br />

welche<br />

es<br />

heute<br />

wieder<br />

se<strong>in</strong><br />

soll,<br />

welche<br />

heute<br />

wieder<br />

an kommt!<br />

Ver fasser<br />

un be kannt<br />

Hand aufs Herz: was sehe ich<br />

mit oder ohne Brille<br />

mit grauem oder grünem Star<br />

mit ge sunden Augen und<br />

dem bl<strong>in</strong> den Fleck?<br />

Ich sehe, was ich sehen will<br />

den Split ter <strong>in</strong> des ande ren Auge<br />

die D<strong>in</strong>ge, wie sie mir gefallen<br />

die Men schen auf den ersten Blick<br />

sympa thisch oder un sympa thisch?<br />

Ich sehe sche<strong>in</strong> bar objek tiv<br />

und lass vom An sche<strong>in</strong> oft mich blen den<br />

Ich sehe fern und krea tiv<br />

ganz aus schnitts weise und naiv<br />

die Augen-Blicke senden<br />

So weit die Fens ter offen stehen<br />

so tief der E<strong>in</strong> druck auch er geht<br />

ich sehe nichts bei allem Sehen<br />

ich warte allem Trug ent gegen<br />

und allem Zerr bild, das ent steht<br />

Muss ich nicht erst die Augen schlie ßen<br />

– nur mit dem Herzen sieht man gut -<br />

ganz <strong>in</strong>ne halten und genie ßen<br />

die Seelen bilder <strong>in</strong> der Flut<br />

muss nicht erst Gott mir über flie ßen<br />

Se<strong>in</strong> Urteil gilt es aus zu halten<br />

bei allem Men schen wunsch und Wahn<br />

Er wird es wunder sam ge stal ten<br />

was ich nicht sah, nicht aus gehal ten<br />

was mir nicht vor die Augen kam<br />

So viel gestal tig ist das Leben<br />

so kunter bunt – so formen reich<br />

und allem Schö nen h<strong>in</strong> gege ben<br />

Er sieht me<strong>in</strong> Herz und ster nen gleich<br />

will es sich se<strong>in</strong>er Wahl erge ben<br />

von Klaus Fitzner (Stamm Schwa nen ritter)<br />

40 literatur <strong>ostrakon</strong> I_03 41

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