Organ des mährisch-schlesischen Sudeten-Gebirgs-Wereines.
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ALTVATER<br />
<strong>Organ</strong> <strong>des</strong> <strong>mährisch</strong>-<strong>schlesischen</strong> <strong>Sudeten</strong>-<strong>Gebirgs</strong>-<strong>Wereines</strong>.<br />
Redigiert von Adolf Kettner in Freiwaldau.<br />
Für Mitglieder unentgeltlich 5 für Nichtmitglieder pro Jahr 1 fl. 50 kr. oder 3 Mark.<br />
Nr. 7 der neuen Folge. 12 Nummern bilden einen Band._______________________<br />
Nr. 1. Freiwaldau, 1. Jänner 1890. VIII. Jahrgang.<br />
Eine Wanderung im Reichensteiner<br />
Gebirge.*)<br />
In Ausführung einer längeren <strong>Gebirgs</strong>tour begriffen,<br />
hatte ich mir für den 20. August 1. J . zur<br />
Aufgabe gesetzt, von Jauernig durch den Krebsgrund<br />
auf den Kamm <strong>des</strong> Reichensteiner Gebirges und längs<br />
<strong>des</strong>selben über den Fichtlich nach Ramsau zu gelangen.<br />
Bei vorherrschendem Südwinde brach ich am<br />
genannten Tage um 6 */a Uhr morgens von Jauernig<br />
auf und wanderte in mäßigem Tempo auf gut markiertem<br />
Wege südlich dem Walde zu. In 3/4 Stunden kam<br />
ich zum sogenannten Gloriette, und in einer weiteren |<br />
halben Stunde stand ich auf der Ruine Reichenstein.<br />
Beide Punkte gewähren einen hübschen Ausblick auf<br />
die romantische Waldschlucht <strong>des</strong> Krebsgrun<strong>des</strong>. Nur<br />
wenige Minuten brauchte ich zum Abstieg in’s Thal,<br />
durch welches sich der Krebsbach mit seinem krystall-<br />
klaren Wasser in starkem Gefälle hinabschlängelt.<br />
Ungefähr eine halbe Stunde wanderte ich auf dem<br />
sorgfältig gepflegten Fahrwege dicht neben dem rauschenden<br />
Bache thalaufwärts, da gelangte ich zum<br />
Waldhause, wo ich eine kurze Rast hielt. Gegen<br />
9 Vs Uhr setzte ich meinen Weg fort, bog nach einer<br />
halben Stunde links ab und stieg, einen primitiven<br />
Waldweg benützend, an der Östlichen Lehne hinan.<br />
Nach einer Stunde allmählichen Steigens kam ich zum<br />
hochgelegenen Grenzdörfel. Von den letzten Häusern<br />
dieses kleinen Ortes gewann ich einen überraschenden<br />
Rückblick auf die preußische Ebene. —<br />
Nachdem ich weiters eine Einsenkung, durch welche<br />
die kleine Fahrstraße von Wildschütz in’s Glatz’sche<br />
führt, passiert hatte, stieg ich wieder aufwärts an<br />
einzelnen Gehöften vorbei dem bewaldeten Kamme zu<br />
und gelangte gegen 11 Uhr zur Reichsgrenze. In<br />
meiner Erwartung, daselbst einen halbwegs gangbaren<br />
Fußsteig zu finden, der mich längs der Grenze bis<br />
zum Fichtlich führen würde, sah ich mich leider getäuscht;<br />
es waren wohl hie und da Spuren vorhanden,<br />
doch zeigte sich der schmale Pfad zumeist vollständig<br />
verwachsen. Es blieb mir somit nichts anderes übrig,<br />
als die Grenzsteine allein zur Orientierung zu benützen,<br />
*) Wir ersuchen die p. t. Vereinsmitglieder, recht oft mit<br />
ähnlichen sachgemäßen Berichten im „Altvater“ Einkehr zu halten.<br />
Die Redaction.<br />
was jedoch die unangenehme Folge hatte, dass ich<br />
durch Dick und Dünn, bergauf und bergab meinen<br />
Weg nehmen musste. Zum Ueberflusse waren noch<br />
einzelne Grenzsteine im hohen Grase oder im dichten<br />
Gestrüppe versteckt, so dass durch das Aufsuchen derselben<br />
übermäßig viel Zeit verloren gieng. In dieser<br />
Weise war ich beinahe 2 Stunden gewandert, als ich<br />
in ein Dickicht gerieth, wo mir trotz Kompass und<br />
Specialkarte jede Orientierung zur Unmöglichkeit<br />
wurde. Ich musste mich, so unangenehm und programmwidrig<br />
dies auch war, dazu entschließen, den<br />
Kamm <strong>des</strong> Gebirges, welcher mir trotz aller Beschwerden<br />
manch schöne Aussichtspunkte gewährt<br />
hatte, zu verlassen und ins Thal abzusteigen. Nachdem<br />
ich mich im Jungwald einigermaßen durchgearbeitet<br />
und einen ziemlich steilen Abhang überwunden hatte,<br />
fand ich endlich einen Jagdsteig, welcher'mich in<br />
einer halben Stunde ins Thal der Biele führte. Bei<br />
einer einsam gelegenen kleinen Mühle erreichte ich<br />
die Landstraße und kam nach kurzer Wanderung<br />
gegen 2 Uhr nachmittags nach Neu-Bielendorf<br />
in der Grafschaft Glatz. — Hätte ich von Grenzdörfel<br />
aus den Thalweg über Gersdorf und Alt-Bielendorf<br />
eingeschlagen, so würde ich ungefähr die Hälfte der<br />
Zeit verbraucht haben. Nachdem ich daselbst Mittagsrast<br />
gehalten und auch das Ende eines inzwischen<br />
niedergegangenen starken Gewitters abgewartet hatte,<br />
machte ich mich um 4 Uhr wieder marschbereit, um<br />
noch vor Anbruch der Dunkelheit Spornhau zu<br />
erreichen.<br />
Anfänglich führt ein gut erhaltener Fahrweg unmittelbar<br />
an der Biele aufwärts, welcher nach 1*/,<br />
Stunden in einen Fußsteig übergeht und trotz der<br />
fehlenden Markierung nicht leicht zu verfehlen ist.<br />
Nach zweistündiger Wanderung durch das reizende,<br />
theils durch liebliche Waldgehänge, theils durch im-<br />
posante IT eisenwände eingeengte Thal, welche mich<br />
für die Mühen <strong>des</strong> Vormittags vollauf entschädigte,<br />
erreichte ich wiederum die Reichsgrenze, kreuzte den<br />
vom Fichtlich nach Saalwiese führenden Touristensteig<br />
und gelangte an die Südlehne <strong>des</strong> Wiesenberges<br />
(1124 m). Auf dem Wege zum D o r n h a ü h ü b e 1<br />
(1061 m), einem weit nach Süden vorgeschobenen<br />
Ausläufer <strong>des</strong> Fichtenkammes, genoss ich eine überraschende<br />
Fernsicht nach Mähren, namentlich präsen<br />
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