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Organ des mährisch-schlesischen Sudeten-Gebirgs-Wereines.

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— 10 -<br />

Felsens vereinigen, verursachten ein weithin vernehmbares<br />

Rauschen und die in den Kronen mächtiger<br />

Tannen und Fichten sich wiegenden Waldvögel ließen<br />

ihren Gesang ertönen.<br />

„Ich habe gefunden, was ich gewünscht,“ sagte<br />

Goldine zu ihrer Umgebung, „hier wollen wir bleiben.“<br />

— Sie ließ auf der felsigen Anhöhe eine Burg erbauen,<br />

die nach ihr Goldineneck (abgekürzt „Goldeck“) und<br />

erst später Goldenstein benannt wurde.<br />

Der verschmähte Freier aus dem Welschlande<br />

forschte dem Aufenthalte Goldinens so lange nach, bis<br />

er denselben ausfindig gemacht hatte.<br />

Trotz aller Vorsichtsmaßregeln, welche die Burgbesitzerin<br />

für ihre Sicherheit getroffen, gelang es dem<br />

Welschen, als Minnesänger verkleidet, in die Veste zu<br />

kommen und dort einige Tage als Gast sich aufzuhalten.<br />

Durch reiche Goldspenden gewann er mehrere<br />

Burginsassen für sich und konnte daher auf Verwirklichung<br />

seines Planes, Goldine mit Gewalt zu entführen,<br />

auch hoffen.<br />

Bei einem Spaziergange außerhalb der Burg<br />

wurde Goldine von dem vermeintlichen Minnesänger<br />

überfallen und da <strong>des</strong>sen Reisige seinen früher getroffenen<br />

Anordnungen gemäß in der Nähe der Burg<br />

lauerten, von diesen entführt.<br />

Unter<strong>des</strong>sen hatte die treugebliebene Mannschaft<br />

von der Entführung ihrer Gebieterin Kunde erhalten,<br />

machte sich rasch auf und eilte den Entführern nach,<br />

die sie auch bald erreichte. Nach einem sehr heißen<br />

Kampfe gelang es, die Welschen zu besiegen, ihren<br />

Führer gefangen zu nehmen und Goldine unversehrt<br />

wieder auf die Burg zu bringen. Der listige Venezianer<br />

musste sein Wagnis mit lebenslänglicher Gefangenschaft<br />

im Burgverlies büßen.<br />

Da später die Veste für das Gefolge zu klein<br />

geworden, gestattete Goldine, dass sich mehrere ihrer<br />

Leute außerhalb derselben ansiedelten und so den<br />

Grund zu dem nachmaligen Orte Goldeck (Goldenstein)<br />

legten, in <strong>des</strong>sen Umgebung eine Zeit lang auf<br />

gold- und silberhaltiges Gestein gegraben wurde.<br />

Nebst dem Schlosse ist die alte, ehrwürdige<br />

Kirche <strong>des</strong> Ortes als stattlicher Bau bemerkenswert.<br />

Gleich einer aufwärts strebenden Hand, deren Zeigefinger<br />

Mahnung, Drohung und Verheißung ankündigt,<br />

ragt der hohe, schlanke Thurm <strong>des</strong> Gotteshauses zum<br />

Himmel empor.<br />

Zehn Minuten oberhalb Goldenstein, an der linken<br />

Seite der Mittelbord, entstand in letzter Zeit eine liebliche<br />

Anlage, Vogelhaide genannt, von der man in das<br />

Thal einen prächtigen Ausblick genießt.<br />

Von dem kleinen Platze <strong>des</strong> Städtchens gelangten<br />

wir über den Fürstenweg, an der köstliches Wasser<br />

spendenden „Marienquelle“ vorüber, abwärts in das<br />

Bordthal. Unser nächstes Ziel war der Bahnhof. Sobald<br />

der Zug diesen verlässt, wird der Reisende am<br />

Saume der iinkeo Thalwand eines durch Umfang und<br />

Höhe bemerkenswerten Gebäu<strong>des</strong> gewahr, welches<br />

http://rcin.org.pl<br />

ehemals als herrschaftlicher Schüttboden gedient und<br />

als größter Bau dieser Art in Mähren und Schlesien<br />

galt. — Die bereits genannte Vogelhaide, mit einem<br />

niedlichen Aussichtshäuschen, gleitet ebenfalls links<br />

an uns vorüber.<br />

Das Mittelbordthal, an dem unser Auge von<br />

Hannsdorf bis her sich ergötzt hat, verlassen wir bei<br />

der sogenannten Floss, einem freundlich gelegenen<br />

Forsthause, und gelangen in ein linkes Seitenthal zu<br />

einem ansehnlichen Kalksteinbruche (Weëer und Langer<br />

gehörig).<br />

Während die Westseite meistens kahle oder spärlich<br />

bebaute Bergrücken aufweist, erfreut uns die Ostseite<br />

durch reiche Mannigfaltigkeit. Das Hellgrün der<br />

nahen Wiesengründe, die zerstreut liegenden Häuser<br />

von Spornhau, einem echten und rechten <strong>Gebirgs</strong>dorfe,<br />

und die hinter demselben über den <strong>Gebirgs</strong>kamm sich<br />

ausbreitenden Forste mit ihren tiefernsten Fichten und<br />

Tannen bilden eine Scenerie, die Auge und Herz<br />

erfreut. Von Spornhau sieht man mehrere Bergriesen ihre<br />

Häupter erheben ; zunächst ist es die „schwarze Kuppel“<br />

(1109 m) und der Sonntagsberg (1286 m), welche beide<br />

von den Kuppen <strong>des</strong> Köpernik (1424 m) und <strong>des</strong> Hochschaar<br />

(1350 m) überragt werden. Hinter der Station<br />

Spornhau wird auch die Westseite interessant und<br />

mannigfaltig. Es währt nicht lange, so hat die Bahn<br />

die <strong>mährisch</strong>-schlesische Grenze erreicht und damit<br />

ihren höchsten Standpunkt (Ramsauer Sattel, 759 m)<br />

erklommen; wir nähern uns dem bereits in Schlesien<br />

gelegenen Ramsau. Für die <strong>Sudeten</strong>wanderer ist dieser<br />

Ort ein wichtiger Ausgangspunkt nach den westlich<br />

gelegenen Theilen <strong>des</strong> Glatzer Berglan<strong>des</strong> und nach<br />

den östlichen <strong>des</strong> hohen Gesenkes. Im Sommer setzt<br />

daher jeder Personenzug in dieser Haltestelle eine ansehnliche<br />

Zahl von Touristen ab und nimmt ebenso<br />

viele wieder auf.<br />

Die landschaftlichen Reize der <strong>mährisch</strong>-<strong>schlesischen</strong><br />

<strong>Sudeten</strong>, von denen bisher uns nur Theile zu<br />

schnellem Genuße geboten waren, liegen jatzt in<br />

weitem Umkreise vor uns ausgebreitet. Die Strecke,<br />

welche die Bahn von Ramsau nach Oberlindewiese<br />

zurücklegt, ist unstreitig die schönste<br />

und interessanteste der Hannsdorf-Freiwaldauer<br />

Bahn. Die hohen und steilen Thalgehänge,<br />

an welchen die Bahn unter mannigfachen<br />

Krümmungen ihren Weg nimmt, um allmählich von<br />

der Höhe nach abwärts zu gelangen, gewähren dem<br />

entzückten Auge immer neue Landschaftsbilder. Wir<br />

gelangen an Felsenmassen vorüber, die dem flüchtigen<br />

Blicke verfallenen Ritterburgen ähnlich erscheinen.<br />

So oft der Wald uns einen freien Ausblick gewährt,<br />

werden wir gegen Südost der malerischen Formen<br />

<strong>des</strong> hohen Gesenkes und gegen Nordost in der Tiefe<br />

der wohlangebauten Fluren <strong>des</strong> Staritzthales gewahr.<br />

Die fleißige und thätige Hand <strong>des</strong> Schlesiers hat<br />

es verstanden, hier mannigfache Zweige der Industrie<br />

mit Erfolg in’s Leben zu rufen.

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