wieder gut in Griechenland? - Institut für Weltwirtschaft
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aus der tiefsten Krise auferstanden ist, e<strong>in</strong>er kritischen<br />
Überprüfung stand? Zweifel s<strong>in</strong>d angebracht,<br />
zumal die politische Krise <strong>in</strong> Italien und<br />
der Be<strong>in</strong>ahebankrott Zyperns zu Beg<strong>in</strong>n des Jahres<br />
die Krise im Euroraum <strong>wieder</strong> <strong>in</strong> das politische<br />
und öffentliche Bewusstse<strong>in</strong> zurückbefördert<br />
haben. Die Erkenntnis ist gewachsen, dass die<br />
„Euro-Staatsschulden-Krise“ eben noch nicht<br />
überwunden ist und auch die Krisenbewältigung<br />
<strong>in</strong> <strong>Griechenland</strong> <strong>wieder</strong> kritischer h<strong>in</strong>terfragt werden<br />
sollte. Dies ist die Zielsetzung des vorliegenden<br />
IfW-Krisenchecks zur Lage <strong>in</strong> <strong>Griechenland</strong>.<br />
Dieser umfasst e<strong>in</strong>e Bestandsaufnahme der griechischen<br />
Wirtschafts- und Reformentwicklung<br />
und gibt e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>schätzung zu den wirtschaftlichen<br />
Genesungsaussichten des „Patienten <strong>Griechenland</strong>“.<br />
Im E<strong>in</strong>zelnen ist die Analyse wie folgt<br />
gegliedert: In Abschnitt 2 werden das aktuelle<br />
Ausmaß der griechischen Wirtschaftskrise und<br />
die kurzfristigen Entwicklungsperspektiven dargestellt.<br />
In Abschnitt 3 wird schwerpunktmäßig<br />
auf die <strong>in</strong>ternationale Wettbewerbsfähigkeit des<br />
Landes und die Aussichten auf e<strong>in</strong> exportbasiertes<br />
Wachstum e<strong>in</strong>gegangen. In Abschnitt 4 geht<br />
es um die Verschuldung der staatlichen und privaten<br />
Haushalte. Es sollen die Tragfähigkeit der<br />
griechischen Staatsverschuldung beurteilt und die<br />
Fortschritte bei der Haushaltssanierung h<strong>in</strong>terfragt<br />
werden. Ergänzend wird die Schuldensituation<br />
der privaten Haushalte <strong>in</strong> <strong>Griechenland</strong> analysiert<br />
und die private Schuldentragfähigkeit vor<br />
dem H<strong>in</strong>tergrund der negativen E<strong>in</strong>kommensentwicklung<br />
im Land diskutiert. In Abschnitt 5<br />
wird h<strong>in</strong>terfragt, wie erfolgreich die griechischen<br />
Strukturreformen, die zu e<strong>in</strong>er Steigerung der<br />
Wettbewerbsfähigkeit der griechischen Wirtschaft<br />
und der Attraktivität des Standorts <strong>Griechenland</strong><br />
führen sollen, bisher verlaufen s<strong>in</strong>d. In Abschnitt<br />
6 wird abschließend die Frage beantwortet,<br />
ob <strong>in</strong> <strong>Griechenland</strong> tatsächlich die Wende zum<br />
Besseren e<strong>in</strong>geleitet wurde oder ob die griechische<br />
Krise als Dauerthema der europäischen Rettungspolitik<br />
erhalten bleibt.<br />
2 Die wirtschaftliche Talfahrt<br />
<strong>Griechenland</strong>s<br />
Seit dem offenen Ausbruch der griechischen<br />
Wirtschaftskrise und dem ersten Rettungspaket<br />
im Jahr 2010 warten die Rettungseuropäer auf<br />
die Wende. Doch die wirtschaftliche Talfahrt<br />
<strong>Griechenland</strong>s hat immer noch ke<strong>in</strong> Ende genommen:<br />
Die Wirtschaft schrumpft, die Arbeitslosigkeit<br />
steigt, der prognostizierte Wendepunkt<br />
wird von Krisenjahr zu Krisenjahr <strong>in</strong> die Zukunft<br />
verschoben. Allerd<strong>in</strong>gs waren die Rettungsmaßnahmen<br />
auch dadurch begründet, dass<br />
die mit Reformauflagen vergebenen Rettungskredite<br />
<strong>Griechenland</strong> die Rückkehr zu e<strong>in</strong>em angemessenen<br />
Wirtschaftswachstum ermöglichen<br />
sollen. <strong>Griechenland</strong> soll aus se<strong>in</strong>er Verschuldung<br />
herauswachsen und gleichzeitig wettbewerbsfähige<br />
Arbeitsplätze schaffen können. Wie<br />
wahrsche<strong>in</strong>lich ist e<strong>in</strong>e solche Entwicklung im<br />
vierten Jahr der <strong>Griechenland</strong>rettung?<br />
2.1 Die Wachstumskrise: Warten auf<br />
die Wende<br />
Bis zum Ausbruch der aktuellen Krise war das<br />
griechische reale Wirtschaftswachstum relativ<br />
hoch und stabil (Abbildung 1). Bis auf das Jahr<br />
2005, als „nur“ 2,3 Prozent erreicht wurden, erzielte<br />
<strong>Griechenland</strong> vom Millennium bis 2007<br />
stets e<strong>in</strong> Wachstum, das sich <strong>in</strong> der Bandbreite<br />
zwischen 3,5 bis fast 6 Prozent im Jahr bewegte.<br />
Damit lag die griechische Wachstumsrate auch<br />
im europäischen Vergleich überraschend hoch.<br />
Seit 2001 wuchs <strong>Griechenland</strong> deutlich rascher<br />
als der Durchschnitt der EU-27; <strong>in</strong>sbesondere<br />
die Wachstumsrate von be<strong>in</strong>ahe 6 Prozent im<br />
Jahre 2003 war nahezu viermal so hoch wie die<br />
der EU-27. 1 Erst die Rezession im Gefolge der<br />
Staatsschuldenkrise beendete dieses griechische<br />
Wachstumswunder. Dabei zeigte sich, dass die<br />
hohen Wachstumsraten ke<strong>in</strong> Zeichen <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e<br />
nachhaltige Entwicklung waren, sondern eher<br />
<strong>für</strong> e<strong>in</strong>en exzessiven, überwiegend auslandsf<strong>in</strong>anzierten<br />
Konsum standen.<br />
____________________<br />
1 Siehe zum europäischen Vergleich des griechischen<br />
Wachstums vor der Krise ferner ausführlich Schrader und<br />
Laaser (2012: 10–11, Abbildungen 4 und 5).