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wieder gut in Griechenland? - Institut für Weltwirtschaft

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Reformen zügig voranzutreiben und e<strong>in</strong>en präzisen<br />

Reformkalender abzuarbeiten, ist angesichts<br />

der schlechten Erfahrungen mit vollmundigen<br />

Reformversprechen der Vergangenheit e<strong>in</strong>e Notwendigkeit.<br />

Es ist schwer nachvollziehbar, bei<br />

allmählichen Reformfortschritten, die nur auf<br />

Druck der „Troika“ zustande kommen, schon<br />

davon zu sprechen, dass <strong>Griechenland</strong> „geliefert“<br />

hätte. Und es ist kontraproduktiv, die Evaluierung<br />

durch die Troika vor Ort nur noch <strong>in</strong> größeren<br />

Zeitabständen durchführen oder gleich die<br />

„Troika-Praxis“ generell beenden zu wollen.<br />

Schönfärbereien und politischer Opportunismus<br />

dieser Art schaden der Krisenbekämpfung <strong>in</strong><br />

<strong>Griechenland</strong> und verr<strong>in</strong>gern die Anreize, auf<br />

„Reformkurs“ zu bleiben.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs wird die Überw<strong>in</strong>dung der Strukturkrise<br />

<strong>in</strong> <strong>Griechenland</strong> auch nicht dadurch erleichtert,<br />

wenn die Erwartungen an <strong>Griechenland</strong><br />

zu hoch gesteckt werden. Strukturreformen<br />

brauchen ihre Zeit, <strong>in</strong>sbesondere wenn parallel<br />

e<strong>in</strong>e funktionstüchtige Staatsverwaltung erst<br />

aufgebaut werden muss. E<strong>in</strong> Reformprozess, der<br />

über mehrere Jahrzehnte verschleppt wurde,<br />

kann von <strong>Griechenland</strong> nicht <strong>in</strong> wenigen Jahren<br />

nachgeholt bzw. erfolgreich implementiert werden.<br />

Hier steht aber die Frage im Raum, warum<br />

<strong>in</strong> Brüssel seit den achtziger Jahren beharrlich<br />

ignoriert wurde, dass <strong>in</strong> <strong>Griechenland</strong> weder<br />

e<strong>in</strong>e funktionstüchtige Marktwirtschaft noch<br />

e<strong>in</strong>e Staatsverwaltung, die das Geme<strong>in</strong>schaftsrecht<br />

umsetzen kann, entwickelt wurden sowie<br />

der notwendige Wandel der Wirtschaftsstrukturen<br />

nicht vorankam – e<strong>in</strong> Geheimnis war das<br />

nicht. 38 Es kann daher nicht verwundern, dass<br />

die gewachsenen Beharrungskräfte <strong>in</strong> Politik,<br />

Verwaltung und Verbänden dem gegenwärtigen<br />

Reformprozess skeptisch gegenüberstehen.<br />

Die politische Durchsetzbarkeit e<strong>in</strong>schneidender<br />

Strukturreformen wird weiterh<strong>in</strong> dadurch erschwert,<br />

dass die Reformen kurzfristig zu spürbaren<br />

E<strong>in</strong>kommensverlusten führen – sei es<br />

durch Lohnsenkungen, den Verlust des Arbeitsplatzes<br />

oder E<strong>in</strong>schnitte im Sozialsystem – und<br />

erst auf längere Frist e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e wirtschaftliche<br />

Erholung versprechen. Auch die parallel<br />

laufende Sanierung der Staatsf<strong>in</strong>anzen wird<br />

____________________<br />

38 Vgl. dazu ausführlich Laaser (1997).<br />

durchweg als negativ empfunden: Der Staat muss<br />

se<strong>in</strong>e Leistungen e<strong>in</strong>schränken, gleichzeitig aber<br />

die Abgaben erhöhen und Arbeitsplätze abbauen.<br />

Die Gefahr e<strong>in</strong>er Verweigerungshaltung und e<strong>in</strong>es<br />

draus resultierenden Reformkollapses mit ungewissen<br />

Folgen ist unübersehbar. E<strong>in</strong> politischer<br />

und gesellschaftlicher Konsens über die Notwendigkeit<br />

e<strong>in</strong>er harten Anpassung des Wohlstandsniveaus<br />

und damit der Lebensqualität an<br />

das Leistungsvermögen fehlt <strong>in</strong> <strong>Griechenland</strong>,<br />

anders als etwa <strong>in</strong> den ebenfalls von harten E<strong>in</strong>schnitten<br />

betroffenen baltischen Staaten. Aber<br />

wie kann die Krisenbewältigung <strong>in</strong> <strong>Griechenland</strong><br />

erleichtert werden?<br />

Das Outsourc<strong>in</strong>g von Reformprojekten: Die<br />

Krisenbewältigung würde erleichtert, wenn Reformmaßnahmen<br />

zügiger und professioneller<br />

durchgeführt werden. Mit der Organisation und<br />

Implementierung e<strong>in</strong>zelner Maßnahmen könnten<br />

<strong>in</strong> noch größerem Umfang als bisher externe Experten<br />

betraut werden, da Kompetenzdefizite der<br />

griechischen Staatsverwaltung e<strong>in</strong>en effizienten<br />

Reformprozess nicht zulassen. Bei den Experten<br />

kann es sich um EU-Bedienstete, Verwaltungsexperten<br />

aus anderen EU-Ländern oder Spezialisten<br />

<strong>in</strong>- und ausländischer Beratungsunternehmen<br />

handeln. Die Übertragung hoheitlicher<br />

Kompetenzen auf Externe im Rahmen der Projektdurchführung<br />

sollte e<strong>in</strong>e h<strong>in</strong>nehmbare E<strong>in</strong>schränkung<br />

staatlicher Souveränität se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>e<br />

nationale Deregulierungsagentur, die unabhängig<br />

von der Staatsbürokratie agiert und mit weitgehenden<br />

Kompetenzen ausgestattet ist, könnte<br />

dieses „Reform-Outsourc<strong>in</strong>g“ auf griechischer<br />

Seite koord<strong>in</strong>ieren.<br />

E<strong>in</strong>e Investitionsoffensive: Der Strukturwandel<br />

ließe sich beschleunigen, wenn die Investitionstätigkeit<br />

am Standort <strong>Griechenland</strong> angeregt<br />

würde. Dabei sollte es sich allerd<strong>in</strong>gs nicht, wie<br />

gegenwärtig diskutiert, um staatliche Investitionsprogramme<br />

– direkt oder <strong>in</strong>direkt durch EU,<br />

Eurogruppe oder EZB – handeln. Investitionen<br />

dieser Art haben <strong>in</strong> den letzten Jahren und Jahrzehnten<br />

ke<strong>in</strong>eswegs zur Entwicklung <strong>in</strong>ternational<br />

wettbewerbsfähiger Wirtschaftsstrukturen<br />

<strong>in</strong> <strong>Griechenland</strong> beigetragen. Mit Blick auf die<br />

verkrustete griechische Wirtschaftslandschaft<br />

sche<strong>in</strong>en staatliche oder staatlich gelenkte Investitionen<br />

sogar e<strong>in</strong>e gegenteilige Wirkung ent-

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