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wieder gut in Griechenland? - Institut für Weltwirtschaft

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39<br />

wiesen sie ausdrücklich auf die vielen Verzögerungen<br />

h<strong>in</strong> und betonen die Notwendigkeit,<br />

dass die griechische Politik die versprochenen<br />

Reformen auch zu liefern hätte und <strong>in</strong> den Reformbemühungen<br />

nicht nachlassen dürfte. Sie<br />

schätzten zudem die Gefahr, dass wichtige<br />

Politikmaßnahmen nicht umgesetzt würden,<br />

weiterh<strong>in</strong> als sehr hoch e<strong>in</strong>. Diese Ausführungen<br />

stehen im Kontrast zu dem zur Schau getragenen<br />

Optimismus der europäischen Politik im Dezember<br />

2012 und deuten auf nach wie vor schwerwiegende<br />

Defizite des griechischen Reformprozesses<br />

h<strong>in</strong>.<br />

Die Reformbaustellen<br />

Die Probleme <strong>Griechenland</strong>s werden bei der<br />

Analyse der e<strong>in</strong>zelnen Reformbaustellen deutlich,<br />

wo auf vielen der Fortschritt h<strong>in</strong>ter den Erwartungen<br />

zurückgeblieben ist. 33 E<strong>in</strong>en Überblick<br />

gibt Kasten A1 im Anhang, der folgende<br />

Schlüsse erlaubt:<br />

Arbeitsmarkt: Die Dezentralisierung der Lohnf<strong>in</strong>dung<br />

macht offensichtlich Fortschritte, was<br />

sich an zunehmenden Firmentarifverträgen und<br />

s<strong>in</strong>kenden Löhnen erkennen lässt – auch wenn<br />

dies dem Druck der rasant gewachsenen Arbeitslosigkeit<br />

<strong>in</strong> der Privatwirtschaft geschuldet<br />

se<strong>in</strong> mag. Ebenfalls sorgen die gesunkenen Kündigungskosten<br />

pr<strong>in</strong>zipiell <strong>für</strong> mehr Flexibilität,<br />

da nicht nur Entlassungen erleichtert werden,<br />

sondern auch der Anreiz <strong>für</strong> E<strong>in</strong>stellungen größer<br />

wird. Im Bereich des öffentlichen Dienstes,<br />

der weit mehr als die Staatsverwaltung umfasst,<br />

gab es zwar ebenfalls Lohnkürzungen. Aber e<strong>in</strong><br />

substantieller Stellenabbau, <strong>in</strong> dem sich die Notlage<br />

der öffentlichen F<strong>in</strong>anzen widerspiegelt,<br />

steht noch aus. 34 Die M<strong>in</strong>destlöhne wurden<br />

zwar gesenkt, s<strong>in</strong>d dennoch im europäischen<br />

____________________<br />

33 Vergleiche dazu auch e<strong>in</strong>e frühere Analyse von<br />

Schrader und Laaser (2012: 58–61).<br />

34 Die im April 2013 beschlossene Entlassung von 15 000<br />

öffentlich Bediensteten bis 2014 ändert an dieser<br />

Notwendigkeit nichts – zumal offensichtlich im Gegenzug<br />

15 000 neue Stellen <strong>für</strong> „qualifizierte“ Neue<strong>in</strong>steiger geschaffen<br />

werden sollen (Martens 2013; Christides und<br />

Schulz 2013). Wie bis 2015 <strong>in</strong>sgesamt die geplanten<br />

150 000 Stellen im Staatssektor abgebaut werden sollen,<br />

bleibt trotz oder besser wegen dieses jüngsten Beschlusses<br />

offen.<br />

Vergleich bei weitem nicht die niedrigsten. 35<br />

E<strong>in</strong>e anreizkompatible Arbeitsmarktpolitik zur<br />

Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit und<br />

e<strong>in</strong>e effektive Bekämpfung der Schwarzarbeit<br />

fehlen weiterh<strong>in</strong>.<br />

Liberalisierung regulierter Berufe: Bis zum Juni<br />

2012 wurde wenig getan, das bereits 2011 verabschiedete<br />

Gesetz zur freien Berufsausübung<br />

umzusetzen. Es bleibt abzuwarten, ob die Zugangsrestriktionen<br />

<strong>für</strong> regulierte Berufe jetzt tatsächlich<br />

effektiv abgebaut werden und sich die<br />

Zahl der Anbieter nachweislich erhöht. Gleiches<br />

gilt <strong>für</strong> die Preisfreigabe <strong>in</strong> diesen bislang regulierten<br />

Dienstleistungsbereichen, die sich <strong>in</strong><br />

Preissenkungen zeigen sollte.<br />

E<strong>in</strong>zelhandelsliberalisierung: Maßnahmen, die<br />

auf e<strong>in</strong>e Steigerung des Wettbewerbs im griechischen<br />

E<strong>in</strong>zelhandel abzielen, wurden ebenfalls<br />

e<strong>in</strong>geleitet. Es fehlen bislang große (ausländische)<br />

Investoren, die sich über e<strong>in</strong> weiträumiges<br />

Filialnetz e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>tensiven Wettbewerb liefern<br />

könnten. Hier sollte e<strong>in</strong> grundsätzlicher Strukturwandel<br />

angestoßen werden, der allerd<strong>in</strong>gs<br />

frühestens <strong>in</strong> den kommenden Jahren sichtbar<br />

werden könnte.<br />

Transportgewerbe: Der Versuch, die Markte<strong>in</strong>trittsbarrieren<br />

beim Straßentransport über ger<strong>in</strong>gere<br />

Lizenzkosten abzusenken, ist exemplarisch<br />

<strong>für</strong> das Beharrungsvermögen der bislang privilegierten<br />

Lizenzeigentümer und den gleichzeitig<br />

fehlenden politischen Durchsetzungswillen. In<br />

2010 verabschiedet, bis Anfang 2012 ausgesetzt<br />

und dann während des Dauerwahlkampfs nicht<br />

umgesetzt, steht e<strong>in</strong>e umfassende Marktöffnung<br />

immer noch aus. Allerd<strong>in</strong>gs ist man beim Straßentransport<br />

trotz fehlender Durchsetzung der<br />

beschlossenen Deregulierung weiter als bei anderen<br />

Zweigen des Transportgewerbes, wo die<br />

Strukturreformen weitgehend im Planungsstadium<br />

verharren.<br />

Deregulierung des Energiesektors: Auch <strong>in</strong> diesem<br />

Bereich ist vieles geplant bzw. angekündigt.<br />

Aber die Umsetzung lässt nach wie vor auf sich<br />

warten.<br />

____________________<br />

35 Dies gilt <strong>in</strong>sbesondere im Vergleich mit dem M<strong>in</strong>destlohn<br />

der mittel- und osteuropäischen Neumitglieder (vgl.<br />

Eurostat 2013l).

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