wieder gut in Griechenland? - Institut für Weltwirtschaft
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der“ hat nicht stattgefunden, trotz zweistelliger<br />
Exportzuwächse (mit Erdölprodukten). 13 Auch<br />
die revidierten Daten legen nahe, dass <strong>in</strong> <strong>Griechenland</strong><br />
Erdölprodukte mit überschaubarer<br />
eigener Wertschöpfung durchgehandelt werden<br />
und den Außenhandel verzerren.<br />
Strukturelle Schwächen<br />
Aber das griechische Exportproblem liegt letztendlich<br />
nicht bei der statistischen Erfassung von<br />
Erdöl(-produkten), problematisch ist vielmehr<br />
die zu beobachtende Strukturschwäche im griechischen<br />
Exportmix <strong>in</strong>sgesamt: E<strong>in</strong> Blick auf<br />
die über die letzten Jahre relativ stabilen Top-<br />
10-Exportgüter macht deutlich, dass es <strong>in</strong><br />
<strong>Griechenland</strong> an der <strong>für</strong> e<strong>in</strong> hochentwickeltes<br />
Industrieland typischen Exportpalette mangelt<br />
(Abbildung 12). Auch wenn man die Warengruppe<br />
33 ausblendet, dom<strong>in</strong>ieren landwirtschaftliche<br />
Erzeugnisse sowie Industrieprodukte,<br />
bei deren Herstellung ger<strong>in</strong>g-qualifizierte Arbeitskräfte<br />
oder aber e<strong>in</strong>e relativ große Kapitalausstattung<br />
benötigt werden. Diese Exportstruktur<br />
<strong>Griechenland</strong>s vermittelt nicht den E<strong>in</strong>druck<br />
e<strong>in</strong>er Hightech-Volkswirtschaft der 2000er Jahre,<br />
sondern er<strong>in</strong>nert vielmehr an westeuropäische<br />
Volkswirtschaften der 50er und 60er Jahre. Diese<br />
Importseite wirkt dabei wie e<strong>in</strong> Spiegelbild: Die<br />
Top-10-Importgüter lassen erkennen, dass das<br />
heutige <strong>Griechenland</strong> – neben Erdöl – auf den<br />
Import technologie<strong>in</strong>tensiver Investitions- und<br />
Gebrauchsgüter angewiesen ist (Abbildung 13).<br />
E<strong>in</strong>en systematischen E<strong>in</strong>blick verschafft e<strong>in</strong>e<br />
Analyse der Exporte und Importe nach Faktor<strong>in</strong>tensitäten.<br />
E<strong>in</strong>e solche Klassifikation wird aus<br />
der Produktzyklushypothese abgeleitet. Sie besagt,<br />
dass hoch entwickelte Länder komparative<br />
Vorteile bei technologie- und humankapital<strong>in</strong>tensiven<br />
Gütern („Schumpeter-Güter“) haben,<br />
während sich weniger entwickelte Länder auf<br />
die Produktion von rohstoff<strong>in</strong>tensiven Gütern<br />
(„Ricardo-Güter“) und von arbeits- und kapital<strong>in</strong>tensiven<br />
Gütern („Heckscher-Ohl<strong>in</strong>-Güter“)<br />
spezialisieren. Bei den „Schumpeter-Gütern“<br />
kann zudem nach mobilen und immobilen Gü-<br />
____________________<br />
13 Auch die neueste Veröffentlichung von HSA mit Daten<br />
<strong>für</strong> Februar 2013 bestätigt diese E<strong>in</strong>schätzung (HSA<br />
2013c).<br />
tern differenziert werden: Selektionskriterium ist<br />
der räumliche Zusammenhang zwischen Forschung<br />
und Produktion. E<strong>in</strong>e Trennung von Forschung<br />
und Produktion ist bei den mobilen Gütern<br />
mit vergleichsweise ger<strong>in</strong>gen Kosten möglich,<br />
während diese bei den immobilen Gütern<br />
aufgrund des Ausmaßes der Komplementaritäten<br />
nur schwer durchführbar ist. Das bedeutet,<br />
dass der Wissenstransfer bei den mobilen<br />
„Schumpeter-Gütern“ relativ leicht ist, diese<br />
also auch leichter zu imitieren s<strong>in</strong>d, was bei den<br />
immobilen „Schumpeter-Gütern“ schwerer fällt.<br />
Denn bei immobilen „Schumpeter-Gütern“ kann<br />
e<strong>in</strong> Unternehmen nicht nur die Produktionsstätte<br />
<strong>in</strong>s Ausland verlagern. Es muss darüber h<strong>in</strong>aus<br />
zum<strong>in</strong>dest große Teile der Forschung und Entwicklung<br />
mit verlagern. Immobile „Schumpeter-<br />
Güter“ s<strong>in</strong>d daher stärker standortgebunden und<br />
besonders humankapital<strong>in</strong>tensiv (vgl. Heitger<br />
et al. 1992: 43–45). 14<br />
Während e<strong>in</strong> hochentwickeltes Industrieland,<br />
wie zum Beispiel Deutschland, se<strong>in</strong>en Exportschwerpunkt<br />
bei mobilen und <strong>in</strong>sbesondere immobilen<br />
Schumpeter-Gütern hat, lag der Schwerpunkt<br />
<strong>Griechenland</strong>s mit 36 Prozent des Gesamtexports<br />
schon vor der Krise <strong>in</strong> den Jahren 2006<br />
bis 2008 bei rohstoff<strong>in</strong>tensiven Gütern; <strong>in</strong> den<br />
Krisenjahren von 2009 bis 2011 stieg dieser Anteil<br />
sogar weiter auf fast 47 Prozent an (Tabelle<br />
2). Es folgten die Exporte arbeits- und kapital<strong>in</strong>tensiver<br />
Güter, während sich der Anteil humankapital-<br />
bzw. technologie<strong>in</strong>tensiver Güter<br />
von e<strong>in</strong>em schon sehr niedrigen Vorkrisenwert<br />
von knapp 25 Prozent – mobile und immobile<br />
Schumpeter-Güter zusammengefasst – auf weniger<br />
als 17 Prozent <strong>in</strong> den Krisenjahren weiter<br />
verr<strong>in</strong>gerte. Der deutsche „Hightech“-Anteil betrug<br />
h<strong>in</strong>gegen zum Vergleich durchschnittlich<br />
mehr als 60 Prozent. 15 Entsprechend ger<strong>in</strong>g ist<br />
die Wettbewerbsfähigkeit <strong>Griechenland</strong>s bei den<br />
beiden Schumpeter-Gütergruppen, wie deutlich<br />
negative RCA-Werte zeigen. Die relativen Stärken<br />
<strong>Griechenland</strong>s, die sich <strong>in</strong> positiven RCA-<br />
Werten widerspiegeln, liegen h<strong>in</strong>gegen bei den<br />
anderen Gütergruppen, wo Entwicklungs- und<br />
____________________<br />
14 Siehe Übersicht A1 im Anhang zu der Klassifikation<br />
des Außenhandels nach Faktor<strong>in</strong>tensitäten.<br />
15 Siehe dazu auch Schrader und Laaser (2012: 44–49).