wieder gut in Griechenland? - Institut für Weltwirtschaft
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hat damit <strong>in</strong> <strong>Griechenland</strong> <strong>in</strong> den letzten Jahrzehnten<br />
nicht stattgefunden.<br />
Als wenig zukunftsträchtig zeigt sich auch<br />
das Baugewerbe: Mit weniger als 6 Prozent der<br />
Beschäftigten war dieses 2012 immer noch e<strong>in</strong>er<br />
der größeren Arbeitgeber. Jedoch schrumpfte<br />
der Beschäftigtenanteil von 2008 auf 2012 um<br />
fast 50 Prozent, was dem starken Rückgang der<br />
Baunachfrage geschuldet ist. Die noch <strong>in</strong> den<br />
2000er Jahren regen Bauaktivitäten fallen damit<br />
als Konjunkturtreiber aus, der Bausektor ist<br />
selbst zu e<strong>in</strong>em Teil der Krise geworden.<br />
Die Hoffnungen auf e<strong>in</strong>e zukunftsträchtige Beschäftigung<br />
ruhen daher auf dem dom<strong>in</strong>ierenden<br />
Dienstleistungssektor. Der Anteil des tertiären<br />
Sektors lag zu Beg<strong>in</strong>n der 2000er Jahre schon bei<br />
etwas über 60 Prozent, bis 2012 stieg dieser auf<br />
fast 71 Prozent. Der relative Anstieg seit 2008 ist<br />
allerd<strong>in</strong>gs darauf zurückzuführen, dass die Beschäftigung<br />
im Dienstleistungssektor bis 2012<br />
mit 12 Prozent nur unterdurchschnittlich geschrumpft<br />
ist (Tabelle 1). Der Dienstleistungssektor<br />
gibt aber nur dann die dr<strong>in</strong>gend benötigten<br />
Wachstumsimpulse zur Krisenüberw<strong>in</strong>dung,<br />
wenn der „richtige“ strukturelle Mix vorliegt. Insbesondere<br />
produktions- bzw. unternehmensbezogene<br />
Dienstleistungen rechtfertigen e<strong>in</strong> überdurchschnittliches<br />
E<strong>in</strong>kommensniveau aufgrund<br />
e<strong>in</strong>es im Durchschnitt höheren E<strong>in</strong>satzes qualifizierter<br />
Arbeit. Doch gerade diese Dienstleistungen<br />
fehlen <strong>in</strong> <strong>Griechenland</strong>: Weniger als 15 Prozent<br />
der Dienstleistungsbeschäftigten entfällt auf<br />
diese Kategorie. Es dom<strong>in</strong>ieren vielmehr Arbeitsplätze<br />
<strong>in</strong> den Bereichen Handel und Tourismus,<br />
wo Qualifikation und E<strong>in</strong>kommen ger<strong>in</strong>g s<strong>in</strong>d,<br />
mit etwa 35 Prozent der Dienstleistungsbeschäftigten,<br />
gefolgt von öffentlichen Bediensteten (<strong>in</strong><br />
Verwaltung, Verteidigung und Sozialversicherung<br />
sowie im Sozial-, Gesundheits- und Bildungswesen)<br />
mit mehr als 34 Prozent. Zwar ist<br />
die formale Qualifikation im öffentlichen Dienst<br />
meist höher, Wertschöpfung und Produktivität<br />
s<strong>in</strong>d h<strong>in</strong>gegen allgeme<strong>in</strong> niedriger. An der Gesamtbeschäftigung<br />
hat der hier so abgegrenzte<br />
öffentliche Dienst e<strong>in</strong>en Anteil von 23 Prozent.<br />
Zählt man die Beschäftigten der überwiegend<br />
staatlichen Energie- und Wasserversorger h<strong>in</strong>zu,<br />
steigt der Anteil auf über 24 Prozent, was mehr<br />
als 900 000 Beschäftigten entspricht. Dazu kommen<br />
Beschäftigte im Staatsunternehmen – etwa<br />
<strong>in</strong> den Bereichen Verkehrs<strong>in</strong>frastruktur, Nachrichtenübermittlung,<br />
Medien sowie Versicherungs-<br />
und F<strong>in</strong>anzdienstleistungen –, so dass der<br />
Staatsanteil an der Beschäftigung auf mehr als<br />
25 Prozent oder e<strong>in</strong>e Million Beschäftigte ansteigt.<br />
Von dieser Größenordnung geht auch die<br />
ILO (2013) <strong>in</strong> ihrer Abgrenzung der öffentlichen<br />
Beschäftigung <strong>Griechenland</strong>s aus.<br />
E<strong>in</strong> Fazit<br />
Die stark gestiegene Arbeitslosigkeit <strong>in</strong> <strong>Griechenland</strong><br />
ist vor allem auf Entlassungen <strong>in</strong> der<br />
Privatwirtschaft zurückzuführen. Der öffentliche<br />
Dienst wurde h<strong>in</strong>gegen weitgehend verschont.<br />
Nur die E<strong>in</strong>kommense<strong>in</strong>bußen signalisieren<br />
auch hier notwendige Anpassungen, die <strong>in</strong>folge<br />
leerer Staatskassen und des Drucks der <strong>in</strong>ternationalen<br />
Geldgeber unausweichlich wurden. Das<br />
strukturelle Grundproblem der griechischen<br />
Wirtschaft bleibt damit aber ungelöst – es wird<br />
vielmehr umso sichtbarer. Denn die sektoralen<br />
Beschäftigungsstrukturen <strong>Griechenland</strong>s im Jahr<br />
2012 signalisieren sehr deutlich, dass sich die<br />
griechische Wirtschaft seit Jahrzehnten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Entwicklungsstau bef<strong>in</strong>det. Es fehlen offensichtlich<br />
Anbieter von hochwertigen Waren und<br />
Dienstleistungen, die im globalen Wettbewerb<br />
um lukrative Märkte und damit um hohe E<strong>in</strong>kommen<br />
mithalten könnten.<br />
<strong>Griechenland</strong> ersche<strong>in</strong>t nicht als e<strong>in</strong> hochentwickeltes<br />
europäisches Industrieland, das die<br />
Chancen der Globalisierung auf den schnell<br />
wachsenden Märkten der Schwellenländer nutzen<br />
könnte, sondern vielmehr als e<strong>in</strong> Standort<br />
<strong>für</strong> arbeits- und rohstoff<strong>in</strong>tensive Produktionen,<br />
der mit weniger entwickelten Ländern auf preiselastischen<br />
Konsumgütermärkten konkurrieren<br />
muss. Der griechischen Industrie fehlen wertschöpfungsstarke<br />
Investitionsgüterproduktionen,<br />
die Arbeitsplätze <strong>für</strong> höher Qualifizierte bieten.<br />
<strong>Griechenland</strong>s Dienstleistungsangebot ist überwiegend<br />
<strong>in</strong> Niedrige<strong>in</strong>kommensbereichen und<br />
im Bereich nichthandelbarer öffentlicher Dienstleistungen<br />
angesiedelt, wo auch der Beschäftigungsschwerpunkt<br />
liegt. Die Landwirtschaft mit<br />
ebenfalls ger<strong>in</strong>gen E<strong>in</strong>kommenserzielungspotenzialen<br />
weist darüber h<strong>in</strong>aus mehr Beschäftigte<br />
auf als die schnell schrumpfende griechische