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Beratung und Kooperation im Kontext von häuslicher ... - ifb - Bayern

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II Informationen <strong>und</strong> Empfehlungen für die <strong>Beratung</strong>spraxis<br />

• Unvoreingenommene Abklärung des Gewaltverhältnisses<br />

Wenden sich Männer als Opfer häuslicher Gewalt oder Nachstellungen an die <strong>Beratung</strong>,<br />

gilt es eine unvoreingenommene Abklärung der Gewaltsituation vorzunehmen. Dies setzt<br />

voraus, dass die Beratenden dazu in der Lage sind, sich <strong>von</strong> Opfer-Täter-Klischees zu distanzieren.<br />

Erfahrene Fachkräfte berichten da<strong>von</strong>, dass sich vereinzelt Männer an Opferberatungseinrichtungen<br />

wenden würden, deren Partnerin ebenfalls die Einrichtung kontaktiert<br />

hätte <strong>und</strong> sich beide als Opfer <strong>von</strong> Beziehungsgewalt darstellen würden (L<strong>im</strong>mer/<br />

Mengel 2005b). In diesen Fällen gilt es besonders sorgfältig zu prüfen, ob das <strong>Beratung</strong>sangebot<br />

strategisch genutzt wird, um verübte Gewalt zu verschleiern oder Informationen<br />

über den/die Partner(in) zu erlangen.<br />

• Mitgefühl <strong>und</strong> Wahrnehmung der spezifischen Belastungen<br />

Gewaltbetroffene Klienten sollten in der <strong>Beratung</strong> in gleicher Weise wie Klientinnen<br />

Empathie, Akzeptanz <strong>und</strong> Parteilichkeit erfahren (vgl. Hahn 2000; Helfferich/Kavemann/<br />

Lehmann 2004). Dabei sollten die Berater(innen) einen offenen Blick für die spezifischen<br />

Belastungen haben, die für Männer entstehen können, wenn sie Opfer weiblicher Beziehungsgewalt<br />

werden.<br />

• Entwicklung adäquater Hilfen<br />

Bei der Entwicklung passgenauer Sicherheitsstrategien <strong>und</strong> der <strong>Kooperation</strong> mit anderen<br />

Stellen gilt es, die spezifische gesellschaftliche Bedeutung <strong>von</strong> Gewalterfahrungen <strong>von</strong><br />

Männern zu berücksichtigen. Während es beispielsweise für Frauen hilfreich sein kann,<br />

Absprachen für den Fall einer Gefahrensituation mit einer Nachbarin zu treffen oder die<br />

Polizei zu rufen, können sich diese Strategien für Männer als problematisch erweisen, da<br />

sie häufiger auf Unglauben oder Unverständnis stoßen. Es sollte daher geprüft werden,<br />

welche Personen wie genau um Unterstützung gebeten werden.<br />

Im <strong>Kontext</strong> fallbezogener <strong>und</strong> fallübergreifender <strong>Kooperation</strong>en sollte die Fachberatung<br />

dazu beitragen, dass sich die <strong>Kooperation</strong>spartner kritisch mit gesellschaftlichen Klischees<br />

über Opfer <strong>und</strong> Täter auseinandersetzen <strong>und</strong> Vorgehensweisen entwickelt werden, die auch<br />

männlichen Opfern den Zugang ins Hilfesystem <strong>und</strong> eine angemessene Unterstützung ermöglichen.<br />

<strong>Beratung</strong> <strong>von</strong> älteren Menschen<br />

Auch <strong>im</strong> fortgeschrittenen Lebensalter sind Erfahrungen <strong>von</strong> häuslicher Gewalt oder Nachstellungen<br />

weit verbreitet. Gewalterfahrungen treten am häufigsten in der Partnerschaft <strong>und</strong><br />

in Pflegebeziehungen auf. In Pflegebeziehungen wird die Gewalt ebenfalls häufig durch<br />

den/die Partner(in) verübt. Daneben kann es sich bei der gewaltverübenden Person auch um<br />

pflegende Angehörige, wie z. B. die eigenen Kinder, handeln. Aufgr<strong>und</strong> wachsender ges<strong>und</strong>heitlicher<br />

Probleme spielt <strong>im</strong> Alter, neben Gewalt durch aktives Handeln, Gewalt durch Unterlassungen<br />

eine zunehmende Rolle. Dies kann sich in Form passiver Versäumnisse, wie<br />

z. B. Mangelernährung, sowie aktiver (z. B. unzureichende Pflege) oder psychischer Vernachlässigung<br />

(z. B. Alleinlassen) manifestieren. Eine Repräsentativbefragung kommt zu dem<br />

Ergebnis, dass r<strong>und</strong> 7 % der über 60-Jährigen innerhalb der zurückliegenden fünf Jahre <strong>von</strong><br />

körperlicher Gewalt berichten (Wetzels/Greve/Mecklenburg/Blisky/Pfeiffer 1995). Ein Anteil<br />

<strong>von</strong> weiteren r<strong>und</strong> 1,8 % Befragten berichtet <strong>von</strong> schwerer körperlicher Gewalt. Angesichts<br />

der schwierigen Erreichbarkeit dieser Betroffenengruppe ist da<strong>von</strong> auszugehen, dass die<br />

vorliegenden Daten die Verbreitung <strong>von</strong> Gewalt <strong>im</strong> Leben älterer Menschen erheblich unterschätzen.<br />

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