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Beratung und Kooperation im Kontext von häuslicher ... - ifb - Bayern

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II Informationen <strong>und</strong> Empfehlungen für die <strong>Beratung</strong>spraxis<br />

Besondere Anforderungen an die <strong>Beratung</strong><br />

Die inhaltliche <strong>Beratung</strong> <strong>von</strong> Opfern häuslicher Gewalt <strong>und</strong> Nachstellungen ist durch besondere<br />

Merkmale <strong>und</strong> Anforderungen gekennzeichnet, die eine einschlägige Fachberatung erforderlich<br />

machen. Zu den wesentlichen Merkmalen zählen:<br />

• <strong>Beratung</strong> vor dem Hintergr<strong>und</strong> existenzieller Notsituationen<br />

Die meisten Betroffenen, die sich an die <strong>Beratung</strong> wenden, haben lange Jahre in einer<br />

Gewaltbeziehung gelebt <strong>und</strong> bei vielen haben sich in der Folge psychische <strong>und</strong> physische<br />

Symptomatiken ausgebildet (vgl. I Kap. 1.). Diese Klient(inn)en befinden sich in einer massiven<br />

Krisensituation – sei es, dass sie nach einer erfahrenen Misshandlung bzw. Bedrohung<br />

Kontakt aufnehmen <strong>und</strong>/oder aufgr<strong>und</strong> einer unerwarteten tiefgreifenden Veränderung<br />

der Lebenssituation, die beispielsweise durch einen polizeilichen Platzverweis gegen<br />

den Partner ausgelöst wurde. Allgemein gilt für Menschen, die sich in einer akuten Krise<br />

<strong>und</strong>/oder in einer ges<strong>und</strong>heitlich schlechten Verfassung befinden, dass ihre Fähigkeit,<br />

neue Informationen aufzunehmen <strong>und</strong> zu verarbeiten, eingeschränkt ist. Für die Fachkräfte<br />

bedeutet dies, dass sie sehr genau abwägen müssen, in welchem Umfang die inhaltlichen<br />

Schwerpunkte <strong>im</strong> Bereich der Krisenintervention anzusiedeln sind <strong>und</strong> wie viele<br />

Informationen darüber hinaus vermittelt werden können (s. II Kap. 3.2).<br />

• Entscheidungsdruck<br />

Besonders Betroffene, die <strong>im</strong> Anschluss an eine polizeiliche Wegweisung der gewaltverübenden<br />

Person eine <strong>Beratung</strong> in Anspruch nehmen, sind bei der Entscheidung, wie sie<br />

die Intervention für sich nutzen wollen, einem erheblichen Zeitdruck ausgesetzt. Der<br />

Druck entsteht dadurch, dass sich die meisten Betroffenen nach der polizeilichen Intervention<br />

erstmals mit den juristischen Möglichkeiten <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen gr<strong>und</strong>sätzlichen<br />

Entscheidungen über ihre Lebenssituation auseinandersetzen. So beschäftigen<br />

sich viele Betroffene erstmalig ernsthaft mit der Frage einer Trennung <strong>von</strong> der gewaltverübenden<br />

Person – in aller Regel ihrem Partner. Zieht die/der Betroffene einen Antrag auf<br />

Wohnungszuweisung in Betracht, sind relativ schnell das weitere juristische Vorgehen<br />

<strong>und</strong> die lebenspraktischen Fragen zu klären, die sich mit der Trennung vom Partner oder<br />

<strong>von</strong> der Partnerin verbinden. Möchte die/der Betroffene den/die Partner(in) wieder in den<br />

Haushalt aufnehmen, sind Fragen, die den künftigen Schutz betreffen zu besprechen.<br />

• Informationsfülle bei unklarer <strong>Beratung</strong>sdauer<br />

Die Informationen, die Betroffene <strong>von</strong> Gewalt unterstützen können, sind ausgesprochen<br />

vielfältig <strong>und</strong> komplex. Gleichzeitig ist <strong>im</strong> Rahmen des Erstgesprächs zumeist nicht absehbar,<br />

ob die/der Betroffene nach dem Erstgespräch einen weiteren <strong>Beratung</strong>stermin in<br />

Anspruch n<strong>im</strong>mt oder nehmen kann. Die Beratenden sind daher gefordert, die Befindlichkeit<br />

der Betroffenen <strong>und</strong> ihre <strong>Beratung</strong>sbedarfe sensibel einzuschätzen <strong>und</strong> sicher zu stellen,<br />

dass alle wesentlichen Themen zumindest benannt wurden. Darüber hinaus ist es<br />

wichtig, die weitere Motivation zur Inanspruchnahme des Hilfesystems zu stärken. 43<br />

• Breite Vielfalt möglicher <strong>Beratung</strong>sbedarfe<br />

Entsprechend der Erwartung der Betroffenen ist <strong>Beratung</strong> zur unmittelbaren Gewalterfahrung<br />

ein zentrales Thema. Doch ist ein effektiver Schutz vor Gewalt <strong>und</strong> die Aufarbeitung<br />

<strong>von</strong> Gewalterfahrungen in aller Regel mit tiefgreifenden Veränderungen der eigenen Lebenssituation<br />

verb<strong>und</strong>en. In diesem Zusammenhang können sich vielfältige weitere <strong>Beratung</strong>sbedarfe<br />

ergeben. Von den Beratenden ist gefordert, dass sie in der Lage sind, die individuellen<br />

<strong>Beratung</strong>sbedarfe zu erkennen <strong>und</strong> zu decken bzw. an Stellen weiter zu<br />

vermitteln, die für die jeweiligen Anliegen qualifiziert sind.<br />

66 43 Zentrale Themen des Erstgesprächs s. MUM-Checkliste zur pro-aktiven Erstberatung, III Materialien, S. 100 – 102.

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