Beratung und Kooperation im Kontext von häuslicher ... - ifb - Bayern
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II Informationen <strong>und</strong> Empfehlungen für die <strong>Beratung</strong>spraxis<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> der skizzierten Barrieren ergeben sich für die <strong>Beratung</strong> folgende konkrete<br />
Implikationen:<br />
• Eine breite <strong>und</strong> intensive Öffentlichkeitsarbeit ist erforderlich, um das Angebot bekannt zu<br />
machen <strong>und</strong> über die zentralen Rahmenbedingungen der <strong>Beratung</strong> aufzuklären.<br />
• Bei der Außendarstellung sollte vermittelt werden, dass sich die Fachberatung an eine<br />
vielfältige Zielgruppe wendet – an Betroffene in Krisensituationen ebenso wie Betroffene,<br />
die Sachinformationen abrufen wollen oder punktuelle Unterstützung benötigen. Zudem<br />
gilt es deutlich erkennbar zu machen, ob das <strong>Beratung</strong>sangebot geschlechtsübergreifend<br />
oder ausschließlich für Frauen bzw. Männer ausgelegt ist.<br />
• Im Kontakt mit den Klient(inn)en gilt es, das eigene Angebot explizit vorzustellen <strong>und</strong> die<br />
Informationen durch Broschüren bzw. schriftliche Selbstdarstellung des eigenen Angebots<br />
zu festigen.<br />
• Die Inanspruchnahme <strong>von</strong> externen Hilfsangeboten sollte in der <strong>Beratung</strong> als wertvolle<br />
Strategie der Betroffenen explizit benannt <strong>und</strong> wertgeschätzt werden.<br />
• Im Zuge der Hilfekoordinierung gilt es, Zuständigkeiten einzelner Stellen <strong>und</strong> Personen <strong>im</strong><br />
Hilfesystem wiederholt zu benennen. Nachfragen der Klient(inn)en sollten ausdrücklich<br />
als eine wichtige personale Ressource gerahmt werden, die der konstruktiven Problembewältigung<br />
dient.<br />
2.2 Soziodemographische Merkmale <strong>und</strong> Beziehungssituation<br />
Soziodemographische Merkmale<br />
An bayerischen Fachberatungsstellen des Modellprojekts „Wege aus der häuslichen Gewalt –<br />
<strong>Beratung</strong> zur Flankierung des Gewaltschutzgesetzes“ wurden nahezu ausschließlich Frauen<br />
beraten – weniger als ein Prozent der Opfer war männlich (Smolka/Rupp 2005). Diese Erfahrungen<br />
entsprechen in etwa der Situation in anderen B<strong>und</strong>esländern, wenngleich der Anteil<br />
<strong>von</strong> beratenen Männern beispielsweise an den Interventionsstellen in Mecklenburg-Vorpommern<br />
mit 4 % deutlich höher liegt. Gr<strong>und</strong>sätzlich deuten vorliegende Studien darauf<br />
hin, dass Männer sich weniger durch häusliche Gewalt bedroht fühlen <strong>und</strong> die erfahrene Gewalt<br />
seltener in ein Muster <strong>von</strong> körperlicher Gewalt, Erniedrigung <strong>und</strong> Kontrolle eingebettet<br />
ist (s. I Kap. 1.1). Dies dürfte ein Hintergr<strong>und</strong> für die geringe Nachfrage nach <strong>Beratung</strong> sein.<br />
Daneben liegen auch Hinweise darauf vor, dass gewaltbetroffene Männer eine sehr hohe<br />
Hemmschwelle haben, <strong>Beratung</strong> aufzusuchen (s. II Kap. 3.4).<br />
Die meisten Klient(inn)en der bayerischen Fachberatungsstellen des Modellprojekts waren<br />
zwischen 26 <strong>und</strong> 45 Jahre alt. Nur etwa jede sechste Klientin war jünger als 26 Jahre <strong>und</strong><br />
jede fünfte war über 45 Jahre alt (Smolka/Rupp 2005). Betroffene, die <strong>von</strong> sich aus ein <strong>Beratung</strong>sangebot<br />
aufsuchen, verfügen deutlich häufiger über eine höhere schulische Bildung<br />
als diejenigen, die der <strong>Beratung</strong> fern bleiben (L<strong>im</strong>mer/Mengel 2005a). Diese Ergebnisse <strong>und</strong><br />
Erfahrungen aus der Praxis weisen darauf hin, dass Stellen mit einem zugehenden oder proaktiven<br />
<strong>Beratung</strong>skonzept breitere Schichten erreichen als Stellen, die sich ausschließlich an<br />
Selbstmelder(innen) wenden. Expertinnen berichten, dass sich gewaltbetroffene Personen<br />
oftmals in einer prekären finanziellen Situation befinden. Die Klärung <strong>von</strong> Fragen zur Absicherung<br />
des Lebensunterhalts sind als Voraussetzung für weitere Schritte, wie z. B. eine<br />
Trennung <strong>von</strong> der gewaltverübenden Person, in der Fachberatung ein wichtiges Thema<br />
(L<strong>im</strong>mer/Mengel 2005b).<br />
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