Beratung und Kooperation im Kontext von häuslicher ... - ifb - Bayern
Beratung und Kooperation im Kontext von häuslicher ... - ifb - Bayern
Beratung und Kooperation im Kontext von häuslicher ... - ifb - Bayern
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
II Informationen <strong>und</strong> Empfehlungen für die <strong>Beratung</strong>spraxis<br />
• Ergebnisoffenheit<br />
Ergebnisoffenheit ist ein zentraler Gr<strong>und</strong>satz jeder <strong>Beratung</strong>stätigkeit. Im <strong>Kontext</strong> häuslicher<br />
Gewalt <strong>und</strong> Nachstellungen kann dies für die Berater(innen) mit besonderen Herausforderungen<br />
verb<strong>und</strong>en sein. Dies gilt besonders dann, wenn sich Klient(inn)en für ein<br />
Verhalten entscheiden, mit dem sie sich mit großer Wahrscheinlichkeit erneut gefährden.<br />
Die Beratenden haben die Aufgabe, mögliche Bedenken zu äußern <strong>und</strong> den Entscheidungsweg<br />
der Klient(inn)en konstruktiv zu begleiten. Dabei gilt es deutlich zu machen,<br />
dass die letztliche Entscheidung sowie die Art der Umsetzung bei der Klientin bzw. dem<br />
Klienten liegt <strong>und</strong> diese Schritte <strong>von</strong>seiten der Fachkräfte respektiert werden.<br />
• Unterstützung der Handlungskompetenz, Ressourcenorientierung,<br />
Stärkung des Selbstwertgefühls<br />
Die drei genannten Arbeitsprinzipien sind eng miteinander verwoben. Entsprechend der<br />
Aufgaben der Fachberatung ist die Wiederherstellung bzw. Erweiterung der Handlungskompetenz<br />
ein gr<strong>und</strong>legendes Arbeitsprinzip. Die Fachberatung ist einer differenzierten<br />
Perspektive verpflichtet <strong>und</strong> distanziert sich damit auch <strong>von</strong> dem verbreiteten Stereotyp,<br />
dass es sich bei Gewaltbetroffenen per se um „hilflose Opfer“ handelt (s. u. a. Helfferich<br />
et al. 2004: 75). Eine zentrale Gr<strong>und</strong>lage für Ressourcenorientierung <strong>und</strong> Empowerment in<br />
der Fachberatung bietet u. a. Brückner (1998), die betont, dass Betroffene <strong>von</strong> langjähriger<br />
Beziehungsgewalt zwar einerseits hilflos bei der Beziehungsgestaltung sind („Beziehungsschwäche“)<br />
andererseits jedoch über eine erhebliche „Lebensstärke“ verfügen,<br />
die ihnen das Überleben oftmals überhaupt ermöglicht. In der <strong>Beratung</strong> gilt es, die<br />
Ressourcen der Betroffenen zu benennen <strong>und</strong> zu stärken, ohne dabei die Erfahrung <strong>von</strong><br />
Hilflosigkeit zu leugnen. Mit der Unterstützung der Handlungskompetenz <strong>und</strong> der Ressourcenorientierung<br />
untrennbar verb<strong>und</strong>en ist die Stärkung des Selbstwertgefühls, das<br />
zwar nicht bei allen, aber einem großen Teil der Gewaltbetroffenen beeinträchtigt ist.<br />
• Unterstützung der Betroffenen unter Berücksichtigung aller relevanten Lebensbezüge<br />
Gewalthandlungen stehen in einem jeweils spezifischen individuellen <strong>Kontext</strong>. Die <strong>Beratung</strong><br />
bezieht die vielfältigen Zusammenhänge zwischen den Gewalthandlungen <strong>und</strong> weiteren<br />
situativen (z. B. sozioökonomische Situation, Wohnsituation) sowie individuellen<br />
Merkmalen (z. B. personale Ressourcen, Lebensform) der Betroffenen ein.<br />
1.3 Organisatorische <strong>und</strong> institutionelle Rahmenbedingungen<br />
Damit die Fachberatung den ihr gesteckten Zielen gerecht werden kann, sind adäquate Rahmenbedingungen<br />
erforderlich. Besonders wesentlich ist in diesem Zusammenhang die Gestaltung<br />
der Kontaktaufnahme, des <strong>Beratung</strong>ssettings sowie der Qualitätssicherung des <strong>Beratung</strong>sangebots,<br />
auf die in den folgenden Abschnitten näher eingegangen wird.<br />
Niedrigschwellige Kontaktaufnahme<br />
• Telefonische Erreichbarkeit<br />
Die telefonische Erreichbarkeit der Stelle dient der Terminvereinbarung, der Information<br />
über das <strong>Beratung</strong>sangebot, dem Führen <strong>von</strong> <strong>Beratung</strong>sgesprächen <strong>und</strong> hat in der Fachberatung<br />
einen zentralen Stellenwert: Wenden sich Betroffene <strong>von</strong> sich aus an die <strong>Beratung</strong>,<br />
geschieht dies zunächst in aller Regel telefonisch. Neben der Terminabklärung nutzen<br />
die Betroffenen den ersten Kontakt auch dazu, um herauszufinden, auf welche Reaktionen<br />
sie in der <strong>Beratung</strong>sstelle mit ihrem Anliegen treffen, bevor sie sich persönlich vorstellen<br />
(Firle et al. 1996: 42). Die telefonische Erreichbarkeit einer Fachkraft sollte r<strong>und</strong> um die Uhr<br />
54