Beratung und Kooperation im Kontext von häuslicher ... - ifb - Bayern
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I <strong>Kontext</strong> der Fachberatung<br />
4.4 Einbezug der gewaltverübenden Person <strong>und</strong> <strong>Kooperation</strong><br />
mit Angeboten der Täterarbeit<br />
„Können Sie ein Gespräch mit mir <strong>und</strong> meinem Mann führen? Es ist unmöglich, mit ihm allein<br />
über dieses Thema zu sprechen.“ – Viele Betroffene <strong>von</strong> Partnerschaftsgewalt wünschen<br />
sich ein gemeinsames Gespräch mit der gewaltverübenden Person, um best<strong>im</strong>mte<br />
Anliegen zu klären. Dabei handelt es sich häufig um Fragen, die den Umgang mit den Kindern<br />
betreffen oder eine Klärung der Voraussetzungen, unter denen die Betroffenen eine<br />
Weiterführung der Partnerschaft wünschen (für weitere Hinweise zur Situation <strong>von</strong> Betroffenen<br />
s. II Kap. 2.3). Ausgehend <strong>von</strong> diesen Anfragen sind Fachberatungsstellen gefordert zu<br />
entscheiden, ob <strong>und</strong> wie der Einbezug der gewaltverübenden Person in die <strong>Beratung</strong> hergestellt<br />
wird. Mit zunehmender Verbreitung <strong>von</strong> Täterangeboten stellt sich zudem die Frage,<br />
wie die <strong>Kooperation</strong> mit diesen Einrichtungen konzeptionell verankert wird. Neben einer<br />
punktuellen fallbezogenen Zusammenarbeit, die auf expliziten Wunsch der Opfer zustande<br />
kommt, ist eine systematische <strong>Kooperation</strong> zu erwägen, die sich durch fallübergreifende<br />
Strategien der Zusammenarbeit auszeichnet. Ein Beispiel für eine solche systematische <strong>Kooperation</strong><br />
ist das Londoner Domestic Violence Project (DVIP). Dieses Projekt knüpft an einer<br />
häufigen Problematik <strong>von</strong> Täterprogrammen an, die auch in Deutschland bekannt ist: Die<br />
(ehemaligen) Partnerinnen der Männer, die an einschlägigen Programmen teilnehmen, 38 gehen<br />
oftmals da<strong>von</strong> aus, dass sie nun keine weitere Gewalt befürchten müssten. Opfer, die<br />
bereits ein eigenes <strong>Beratung</strong>sangebot aufgesucht haben, geben dieses daher oftmals auf.<br />
Doch die Annahme, dass durch das Täterprogramm weitere Gewalthandlungen unterb<strong>und</strong>en<br />
werden, erweist sich häufig als trügerisch. Zudem sind Gewaltbetroffene, die noch keinen<br />
Kontakt mit Opferberatungsstellen hatten, zumeist nicht über bestehende Angebote informiert<br />
(WiBIG 2004c: 46). Im Rahmen einer systematischen <strong>Kooperation</strong> können diese<br />
Schwachstellen überw<strong>und</strong>en werden. In Deutschland wird eine Umsetzung dieser Konzeption<br />
derzeit <strong>von</strong> mehreren Interventionsprojekten geprüft.<br />
g<br />
Domestic Violence Intervention Project (DVIP)<br />
1991 wurde in London das DVIP gegründet. Es handelt sich hierbei um eine enge <strong>Kooperation</strong> zwischen Angeboten der<br />
Täterarbeit <strong>und</strong> Opferberatungseinrichtungen. Entsprechend den <strong>Kooperation</strong>svereinbarungen werden die (ehemaligen)<br />
Partnerinnen der Teilnehmer an Täterprogrammen aktiv <strong>und</strong> gezielt <strong>von</strong> den Mitarbeiter(inne)n der Opferberatung angesprochen.<br />
Die <strong>Beratung</strong>sarbeit selbst ist freiwillig <strong>und</strong> findet in getrennten Settings statt. Neben der Sicherheitsplanung<br />
<strong>und</strong> allgemeinen Unterstützungsarbeit werden die Betroffenen über den Ablauf der Trainingskurse <strong>und</strong> Entwicklungen<br />
des Täters informiert (für weitere Hinweise s. Kavemann 2001: 314 ff).<br />
Unabhängig da<strong>von</strong>, ob der Einbezug der gewaltverübenden Person punktuell oder <strong>im</strong> <strong>Kontext</strong><br />
einer fallübergreifenden oder systematischen <strong>Kooperation</strong> mit Täterangeboten erfolgt,<br />
ist Folgendes zu bedenken: Gespräche, die gemeinsam mit dem Opfer <strong>und</strong> der gewaltverübenden<br />
Person geführt werden, können mit gravierenden Problemen verb<strong>und</strong>en sein. Einige<br />
Opferberatungseinrichtungen lehnen diese Form der <strong>Beratung</strong>sarbeit daher gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
ab (WiBIG 2004c). Dies gilt auch für das Domestic Violence Intervention Project. Hier<br />
erhält das Opfer zwar gr<strong>und</strong>legende Informationen über den Täter, jedoch nicht in dessen<br />
Anwesenheit. Erfahrungen einiger Expertinnen deuten aber auch darauf hin, dass gemeinsame<br />
Gespräche sinnvoll sein können, wenn die Risiken bei der Ausgestaltung der konkreten<br />
Konzeption angemessen berücksichtigt werden (L<strong>im</strong>mer/Mengel 2005b). Dabei empfiehlt<br />
es sich u. a. folgende Fragen zu klären:<br />
48 38 Gewaltverübende Personen nehmen in aller Regel aufgr<strong>und</strong> einer justiziellen Verweisung in Folge eines Strafprozesses an Täterangeboten teil.