Beratung und Kooperation im Kontext von häuslicher ... - ifb - Bayern
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I <strong>Kontext</strong> der Fachberatung<br />
Kernstück der Neuregelungen ist das Gewaltschutzgesetz (GewSchG). Das am 1.1.2002 in<br />
Kraft getretene Gesetz regelt die gerichtlichen Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt <strong>und</strong><br />
Nachstellungen (§ 1) sowie die Überlassung einer gemeinsam genutzten Wohnung (§ 2).<br />
Ferner enthält das Gesetz eine Strafandrohung (§ 4) für den Fall einer Zuwiderhandlung gegen<br />
eine Anordnung nach § 1. Zudem hält der Gesetzgeber fest, dass das Gesetz pr<strong>im</strong>är zum<br />
Schutz erwachsener Opfer <strong>von</strong> Gewalt anzuwenden ist (§ 3 Abs. 1 ). 10 Die Geltendmachung<br />
<strong>von</strong> weitergehenden Ansprüchen der verletzten Person, z. B. auf Schmerzensgeld, wird<br />
durch das Gewaltschutzgesetz nicht eingeschränkt (§ 3 Abs. 2). Flankierend zur Einführung<br />
des Gewaltschutzgesetzes wurden weitere, bereits bestehende Gesetze neu gefasst, um den<br />
Schutz vor häuslicher Gewalt <strong>und</strong> Stalking zu erhöhen. 11<br />
In den folgenden Abschnitten wird zunächst auf die aktuellen zivilgerichtlichen Maßnahmen<br />
zum Schutz vor Gewalt <strong>und</strong> Nachstellungen (s. I Kap. 2.2.1) <strong>und</strong> die zivilgerichtlichen Möglichkeiten<br />
der Wohnungszuweisung (s. I Kap. 2.2.2) eingegangen. Im Weiteren werden die<br />
mit dem neuen Gesetz verb<strong>und</strong>enen gerichtlichen Zuständigkeiten <strong>und</strong> Regelungen <strong>im</strong> Verfahrens-<br />
<strong>und</strong> Vollstreckungsrecht vorgestellt (s. I Kap. 2.2.3). In einem eigenen Abschnitt<br />
wird die veränderte Rechtslage für Betroffene mit ausländischer Staatsangehörigkeit dargelegt<br />
(s. I Kap. 2.2.4). Abschließend wird der Frage nachgegangen, ob das gesetzgeberische<br />
Ziel, den Schutz <strong>von</strong> Gewaltbetroffenen zu erhöhen, erreicht werden konnte (s. I Kap. 2.2.5).<br />
2.2.1 Zivilgerichtliche Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt <strong>und</strong> Nachstellungen<br />
Bestand vormals Unsicherheit über den rechtlichen Handlungsspielraum Schutzanordnungen<br />
auszusprechen, werden nun <strong>im</strong> Rahmen <strong>von</strong> § 1 GewSchG die Befugnisse der Gerichte explizit<br />
geregelt (s. Abb. I 2.1). Diese Veränderung trägt zu einer deutlich erhöhten Rechtssicherheit<br />
für die Antragstellenden bei. Von den Schutzmöglichkeiten kann unabhängig <strong>von</strong> der<br />
Art der Beziehung, die zur gewaltverübenden Person besteht, Gebrauch gemacht werden.<br />
Mit den Ausführungen in Absatz 1 Nr. 1 - 5 werden gr<strong>und</strong>sätzliche Handlungsmöglichkeiten<br />
des Gerichts umrissen. Es handelt sich hierbei um keine abschließende Aufzählung <strong>und</strong> das<br />
Gericht wird nur auf Antrag der betroffenen Person tätig. Bei der konkreten Ausgestaltung<br />
der Anordnungen sind die Richter(innen) gehalten, vor dem Hintergr<strong>und</strong> der jeweiligen Situation<br />
der Antragstellenden konkrete <strong>und</strong> passgenaue Anordnungen zu treffen. In Absatz 1<br />
<strong>und</strong> 2 <strong>von</strong> § 1 GewSchG werden die Formen der Gewalt spezifiziert, die zu Schutzanordnungen<br />
berechtigen (s. Abb. I 2.1): § 1 Absatz 1 erfasst Fälle einer tatsächlichen (vorsätzlichen<br />
<strong>und</strong> rechtswidrigen) Verletzung des Körpers, der Ges<strong>und</strong>heit oder der Freiheit. Dazu gehören<br />
auch – durch physische oder psychische Gewalt ausgelöste – medizinisch feststellbare<br />
psychische Ges<strong>und</strong>heitsschäden. Daneben schützt das Gesetz in Absatz 2 aber auch vor<br />
Drohungen <strong>und</strong> Nachstellungen als Formen <strong>von</strong> psychischer Gewalt.<br />
18<br />
10 Die Vorschriften des Gewaltschutzgesetzes finden dann keine Anwendung, wenn eine unter elterlicher Sorge, Vorm<strong>und</strong>schaft oder Pflegschaft<br />
stehende Person <strong>von</strong> den Eltern oder <strong>von</strong> einer aufgr<strong>und</strong> ihrer Eigenschaft als Vorm<strong>und</strong> oder Pfleger sorgeberechtigten Person verletzt wird, da der<br />
Schutz des Kindes in diesen Fällen durch die Vorschrift des § 1666 BGB oder über die Regelungen des Vorm<strong>und</strong>schafts- oder Pflegschaftsrechts sicher<br />
gestellt wird (§ 3 bs. 1).<br />
11 Für weiterführende Literatur zum Gewaltschutzgesetz s. Löhning/Sachs (2002); Schweikert/Baer (2002); Heinke (2005a) u. (2005b).