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Beratung und Kooperation im Kontext von häuslicher ... - ifb - Bayern

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I <strong>Kontext</strong> der Fachberatung<br />

2. Gesetzlicher Rahmen für den Schutz vor häuslicher Gewalt<br />

<strong>und</strong> Nachstellungen<br />

Im vorliegenden Kapitel wird zunächst auf wesentliche Probleme eingegangen, die mit der<br />

früheren Gesetzeslage verb<strong>und</strong>en waren <strong>und</strong> mit der Reform überw<strong>und</strong>en werden sollen<br />

(s. I Kap. 2.1). Im Anschluss daran werden die gesetzlichen Neuerungen <strong>und</strong> aktuelle Bef<strong>und</strong>e<br />

zur Wirkung der Gesetzesänderung vorgestellt (s. I Kap. 2.2).<br />

2.1 Ein Blick zurück: Probleme der früheren Rechtslage<br />

Die Einführung des Gewaltschutzgesetzes steht vor dem Hintergr<strong>und</strong> eines allmählichen gesellschaftlichen<br />

Bewusstseinswandels (s. I Kap. 1.1). Gewalt <strong>im</strong> sozialen Nahraum wurde bis<br />

Ende des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts nicht als soziales, sondern als individuelles Problem einiger weniger<br />

Frauen begriffen. Zudem besteht in Deutschland die rechtliche Auffassung, dass sich<br />

der Staat bei Eingriffen <strong>und</strong> Interventionen, die in die Ausgestaltung des Familienlebens hineinwirken,<br />

größtmögliche Zurückhaltung auferlegen sollte. Das fehlende Bewusstsein für<br />

die Problematik <strong>und</strong> die Vorbehalte gegenüber staatlichen Reglementierungen des Privatlebens<br />

schlugen sich bei der Ausgestaltung der gesetzlichen Ansprüche <strong>von</strong> Gewaltopfern<br />

nieder: Zwar ermöglichte die frühere zivilrechtliche Rechtslage den Schutz vor häuslicher<br />

Gewalt <strong>und</strong> Nachstellungen, doch war dieser mit erheblichen Einschränkungen <strong>und</strong> Schwierigkeiten<br />

verb<strong>und</strong>en. Auf einige zentrale Probleme soll <strong>im</strong> Folgenden hingewiesen werden:<br />

• § 1361 b BGB in seiner alten Fassung (vor 1.1.2002) sah eine Wohnungszuweisung nur in<br />

den Fällen vor, in denen Eheleute getrennt lebten oder einer <strong>von</strong> ihnen getrennt leben<br />

wollte. Zudem war der Nachweis einer schweren Härte gefordert, an den die Rechtsprechung<br />

zum Teil sehr hohe Anforderungen stellte. So mussten die Gewalterfahrungen entweder<br />

mehrfach aufgetreten sein, oder das Opfer erbrachte nach Auftreten einer einmaligen<br />

Gewalthandlung den Nachweis einer Wiederholungsgefahr (vgl. Schweikert/Baer<br />

2002). Einen dem § 1361 b BGB vergleichbaren Anspruch auf Wohnungszuweisung gab<br />

es für Betroffene, die in anderen Lebensformen, wie z. B. nichtehelichen Lebensgemeinschaften,<br />

häusliche Gewalt erlebten, nicht. Vereinzelt wurden durch die Gerichte zwar<br />

Wohnungszuweisungen ausgesprochen, doch war nicht <strong>im</strong>mer klar, auf welcher rechtlichen<br />

Gr<strong>und</strong>lage diese erfolgten. Die Rechtsprechung war daher angre<strong>ifb</strong>ar (BT-Drs.<br />

14/5429: 12). Zudem bestand kaum die Möglichkeit, eine solche Wohnungszuweisung<br />

außerhalb des Anwendungsbereichs des § 1361 b BGB <strong>im</strong> Eilverfahren zu vollstrecken.<br />

• Von den bestehenden Möglichkeiten, einen Antrag auf Unterlassung <strong>von</strong> Gewalthandlungen<br />

zu stellen, wurde kaum Gebrauch gemacht, da der Rechtsanspruch nicht eindeutig<br />

geregelt war. Zudem blieben Übertretungen gegen zugebilligte Unterlassungen für die<br />

gewaltverübende Person häufig folgenlos, da Täter(innen), die unter dem Einfluss <strong>von</strong><br />

Drogen (Alkohol, Drogen, Tabletten) standen, nur begrenzt zur Rechenschaft gezogen<br />

werden konnten (Kunze/Lachenmaier/Klocke/Oberndorfer 1999).<br />

• Eine Beeinträchtigung des Kindeswohls konnte bei der Beurteilung des Vorliegens einer<br />

schweren Härte <strong>im</strong> Rahmen <strong>von</strong> Verfahren auf Wohnungszuweisung zwar berücksichtigt<br />

werden, doch war dies gesetzlich nicht geregelt.<br />

• Einstweilige Anordnungen wurden in der juristischen Praxis nur in seltenen Fällen bewilligt,<br />

<strong>und</strong> vor der Entscheidung fand in aller Regel eine Anhörung des/der Beschuldigten<br />

statt (Hofmann/Oberndorfer/Buba 1999).<br />

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