Berufsmobilität und Lebensform. Sind berufliche ... - ifb

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50 ifb - Materialien 8-2001 Die Zeitökonomie ist ein weiterer Vorteil gegenüber dem postalisch zugestellten Fragebogen. Die Dauer der Erhebungsphase ist in höherem Maße steuerbar als der Rücklauf von Fragebogen. Neben den Vorteilen ist beim Einsatz von vollstandardisierten Telefoninterviews mit folgenden Schwierigkeiten zu rechnen: Als einziger Kommunikationskanal steht das gesprochene Wort zur Verfügung. Eine visuelle Aufbereitung von Fragen zur Unterstützung des Verständnisses entfällt somit. Dies hat zur Folge, dass die Einstufung von Antworten auf einer Likertskala oder die Auswahl einer zutreffenden Antwort unter verschiedenen Antwortalternativen im Telefoninterview vom Befragten eine höhere Konzentrationsleistung abverlangt. „Ich hatte das Gefühl, es ist schon anstrengend und braucht Konzentration und Aufmerksamkeit - also mehr, wie wenn ich die Fragen und Skalen direkt vor mir gehabt hätte. Da ist es einfacher, wenn man das auch sichtbar vor sich hat und beim Durchlesen und Ankreuzen so das eigene Tempo haben kann.“ (Fernpendler). Auch die Gestaltung eines guten Kontakts zwischen Befragten und Interviewerin ist schwieriger, da Gestik und Mimik als wichtige Träger der nonverbalen Kommunikation nicht genutzt werden können. Diesen spezifischen Schwierigkeiten wurde im Rahmen der Ausarbeitung des Fragebogens sowie der Schulung der Interviewerinnen Rechnung getragen. Bei der Ausarbeitung des Instruments wurde darauf geachtet, dass die Fragen kurz und verständlich formuliert sind. Das Antwortformat wurde weitgehend vereinheitlicht und die Aufeinanderfolge der Themen so gestaltet, dass sich Fragen mit komplexeren Antwortvorgaben mit vergleichsweise einfachen abwechselten. In der Schulung erhielten die Interviewerinnen neben der ausführlichen Einführung in das Instrument ein intensives Training im Hinblick auf die spezifischen Schwierigkeiten von Telefoninterviews. Neben den für vollstandardisierte face-to-face Interviews üblichen Schulungsinhalten müssen im Fall von Telefoninterviews zusätzlich folgende Inhalte vermittelt werden: • Das Antwortformat präsent halten: Da die bzw. der Befragte keine schriftliche Fixierung der Fragen vor sich hat, muss die Interviewerin durch häufiges Wiederholen der Antwortalternativen die Bearbeitung der Frage ermöglichen. • Transparenz des Interviewverlaufs gewährleisten: Das sichtbare Abarbeiten von Fragebogen und damit die Kontrolle über den zeitlichen Verlauf entfällt, wenn ein telefonisches Interview geführt wird. Der zeitliche Verlauf muss daher verbalisiert werden (u.a. Vorinformation zum Aufbau und der Dauer des Interviews geben; während des Interviews mitteilen, wo man sich befindet). • Gut verständliche Aussprache: Die Kommunikation via Telefon erfordert eine besonders deutliche Aussprache – zum einen muss mit einem Rauschen in der Leitung gerechnet werden und zum anderen entfällt auch hier die optische Unterstützung, die bei einem face-to-face Interview gegeben ist. • Einen guten Interviewkontakt herstellen Folgende Aspekte, die zu einem guten Interviewkontakt beitragen, sind im Fall von Telefoninterviews zu berücksichtigen

Berufsmobilität und Lebensform 51 • Konzentration auf den Gesprächspartner, die Gesprächspartnerin: Die Interviewerin muss sich im Vergleich zum vollstandardisierten face-to-face Interview in höherem Maß auf ihr Gegenüber konzentrieren. Da visuelle Stellgrößen der Kommunikation fehlen, ist die Gefahr größer, dass die Interviewerin ihr eigenes Tempo anschlägt und die Fragen automatisiert „abspult“. Abgesehen davon, dass dieses Problem in der Schulung thematisiert werden muss und im Erhebungsverlauf entsprechende Kontrollen erfolgen sollten, ist es sinnvoll, die Anzahl von Interviews pro Interviewerin zu beschränken. • Gesprächspausen thematisieren: Die Einordnung von Gesprächspausen ist am Telefon, anders als bei einem face-to-face Kontakt, schwieriger. Die Interviewerinnen wurden daher angehalten, eigene Pausen zu kommentieren (Bei einer Pause, die durch das Springen zum nächsten Filter entsteht: „Einen Moment bitte, ich muss jetzt blättern“). Bei Pausen der UntersuchungsteilnehmerInnen sollten die Interviewerinnen nachfragen, ob er/sie Zeit zum Nachdenken benötigt oder ob Unklarheiten bestehen. • Auf paraverbale Signale eingehen: Zwar entfallen Gestik und Mimik, doch können paraverbale Signale als weitere ergänzende Ebene der Kommunikation genutzt werden: Klingt eine Befragte genervt oder unsicher, ist es für den weiteren Interviewverlauf wichtig, dies zu thematisieren. 3.4.2 Das leitfadengeführte Telefoninterview - eine neue Methode der qualitativen Datenerhebung Während sich das Telefoninterview als Methode der quantitativen Datenerhebung zunehmend etabliert, ist es als Methode der qualitativen Erhebung nicht gebräuchlich. Eine der uns bekannten Ausnahmen ist die Studie von Nave-Herz, Onnen-Isemann und Oßwald (1996). 1 Die narrativen Telefoninterviews wurden hier positiv bewertet. Über die Gründe, die dazu führen, dass das Telefoninterview im Rahmen qualitativer Befragungen nicht genutzt wird, kann allenfalls spekuliert werden, da es in der einschlägigen Literatur zu qualitativen Methoden nicht erwähnt wird. Vor dem Hintergrund der regional weit gestreuten Untersuchungsstichprobe und den häufig geäußerten Terminschwierigkeiten bei den mobilen Befragten, erschien es uns zwingend, die Einsatzmöglichkeiten des Telefoninterviews im Rahmen der qualitativen Befragung zumindest zu prüfen. Eine intensive Erprobungsphase ergab ein überraschend deutlich positives Ergebnis, das für den Einsatz der Methode ausschlaggebend war. Im Folgenden werden zunächst antizipierte Problembereiche und unsere Erfahrungen dargestellt. Im Anschluss daran werden die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Einsatz der Methode skizziert. Antizipierte Problembereiche und die Erfahrungen in der Erprobungsphase sowie der Untersuchungsdurchführung • Werden am Telefon persönliche Informationen preisgegeben – kann eine dichte Gesprächsatmosphäre hergestellt werden? 1 Auch McGraw, Zvonkovic & Walker (2000) und die Arbeitsgruppe von Gottman (2000) führen in ihren Studien qualitative Befragungen via Telefon durch.

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<strong>ifb</strong> - Materialien 8-2001<br />

Die Zeitökonomie ist ein weiterer Vorteil gegenüber dem postalisch zugestellten Fragebogen.<br />

Die Dauer der Erhebungsphase ist in höherem Maße steuerbar als der Rücklauf von Fragebogen.<br />

Neben den Vorteilen ist beim Einsatz von vollstandardisierten Telefoninterviews mit folgenden<br />

Schwierigkeiten zu rechnen: Als einziger Kommunikationskanal steht das gesprochene<br />

Wort zur Verfügung. Eine visuelle Aufbereitung von Fragen zur Unterstützung des Verständnisses<br />

entfällt somit. Dies hat zur Folge, dass die Einstufung von Antworten auf einer Likertskala<br />

oder die Auswahl einer zutreffenden Antwort unter verschiedenen Antwortalternativen<br />

im Telefoninterview vom Befragten eine höhere Konzentrationsleistung abverlangt.<br />

„Ich hatte das Gefühl, es ist schon anstrengend <strong>und</strong> braucht Konzentration <strong>und</strong> Aufmerksamkeit<br />

- also mehr, wie wenn ich die Fragen <strong>und</strong> Skalen direkt vor mir gehabt hätte. Da<br />

ist es einfacher, wenn man das auch sichtbar vor sich hat <strong>und</strong> beim Durchlesen <strong>und</strong> Ankreuzen<br />

so das eigene Tempo haben kann.“ (Fernpendler).<br />

Auch die Gestaltung eines guten Kontakts zwischen Befragten <strong>und</strong> Interviewerin ist schwieriger,<br />

da Gestik <strong>und</strong> Mimik als wichtige Träger der nonverbalen Kommunikation nicht genutzt<br />

werden können. Diesen spezifischen Schwierigkeiten wurde im Rahmen der Ausarbeitung<br />

des Fragebogens sowie der Schulung der Interviewerinnen Rechnung getragen. Bei der<br />

Ausarbeitung des Instruments wurde darauf geachtet, dass die Fragen kurz <strong>und</strong> verständlich<br />

formuliert sind. Das Antwortformat wurde weitgehend vereinheitlicht <strong>und</strong> die Aufeinanderfolge<br />

der Themen so gestaltet, dass sich Fragen mit komplexeren Antwortvorgaben mit vergleichsweise<br />

einfachen abwechselten.<br />

In der Schulung erhielten die Interviewerinnen neben der ausführlichen Einführung in das Instrument<br />

ein intensives Training im Hinblick auf die spezifischen Schwierigkeiten von Telefoninterviews.<br />

Neben den für vollstandardisierte face-to-face Interviews üblichen Schulungsinhalten<br />

müssen im Fall von Telefoninterviews zusätzlich folgende Inhalte vermittelt werden:<br />

• Das Antwortformat präsent halten: Da die bzw. der Befragte keine schriftliche Fixierung<br />

der Fragen vor sich hat, muss die Interviewerin durch häufiges Wiederholen der Antwortalternativen<br />

die Bearbeitung der Frage ermöglichen.<br />

• Transparenz des Interviewverlaufs gewährleisten: Das sichtbare Abarbeiten von Fragebogen<br />

<strong>und</strong> damit die Kontrolle über den zeitlichen Verlauf entfällt, wenn ein telefonisches<br />

Interview geführt wird. Der zeitliche Verlauf muss daher verbalisiert werden (u.a.<br />

Vorinformation zum Aufbau <strong>und</strong> der Dauer des Interviews geben; während des Interviews<br />

mitteilen, wo man sich befindet).<br />

• Gut verständliche Aussprache: Die Kommunikation via Telefon erfordert eine besonders<br />

deutliche Aussprache – zum einen muss mit einem Rauschen in der Leitung gerechnet<br />

werden <strong>und</strong> zum anderen entfällt auch hier die optische Unterstützung, die bei einem<br />

face-to-face Interview gegeben ist.<br />

• Einen guten Interviewkontakt herstellen<br />

Folgende Aspekte, die zu einem guten Interviewkontakt beitragen, sind im Fall von Telefoninterviews<br />

zu berücksichtigen

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