Berufsmobilität und Lebensform. Sind berufliche ... - ifb
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38 ifb - Materialien 8-2001 ner reziproken Beziehung verändert. Dies und die Einführung von Bewertungsprozessen bei der Definition des Ereignisses führt zu einer Annäherung an das transaktionale Stressmodell von Lazarus. Im Rahmen des „Typology Model of Family Adjustment and Adaptation“ werden zudem weitere Konzepte, die im Zusammenhang mit der Bewertung und Anpassung an Ereignisse stehen, eingeführt: • Vulnerabilität: Die Vulnerabilität einer Familie wird von zwei Faktoren bestimmt. Es handelt sich dabei zum einen um die Gesamtheit der Anforderungen, die sich der Familie beim Eintritt eines Belastungsereignisses stellen. Zum anderen wird angenommen, dass mit den einzelnen Phasen des Familienentwicklungsprozesses sowohl spezifische gesellschaftliche Anforderungen als auch spezifische Ressourcen und familiale Stärken verknüpft sind. Jede Phase hat somit einen spezifischen Einfluss auf die Vulnerabilität. • Familientypus: Es wird angenommen, dass Familien charakteristische überdauernde Annahmen, Interaktionsmuster und Bewertungen entwickeln, die die Krisenanfälligkeit beeinflussen. • Familiale Widerstandskräfte: Alle Fähigkeiten einer Familie, die dazu beitragen eine Krise zu verhindern und die Anpassung an bestehende Anforderungen zu fördern, werden hier subsummiert. Schneewind (1991) legt mit seinem integrativen Stressmodell eine Weiterführung des doppelten ABC-X Modells vor. Im Unterschied zur ursprünglichen Konzeption werden systemische Aspekte stärker hervorgehoben und der Stressbegriff sowie die Zielsetzung und Effektivität familialer Bewältigung weiter differenziert. Zentral bei der Ausarbeitung des Stressbegriffs ist die Unterscheidung zwischen • Belastungen, die durch antizipierte oder faktische Bewältigung von Stressoren entstehen (Bewältigungsstress), • Belastungen, die sich durch die Unfähigkeit zur Stressbewältigung einstellten(Krisenstress), • Stress, der bei fehlenden Bewältigungsmöglichkeiten und/oder fehlender Bewältigungsmotivation ertragen wird (Duldungsstress). Die Arbeitsgruppe von Burr (Burr et al. 1994) legt ein systemisches Familienstressmodell vor und verlässt damit den Rahmen der ABC-X Forschung. Kernelemente des ABC-X Modells bleiben erhalten, wie z.B. die familiale Situationsdefinition, doch interessiert nicht mehr die deterministische Beziehung zwischen der Situationsdefinition der Familie und der Krisenentstehung, sondern der Einfluss der Definition auf verschiedene Prozesse innerhalb des Familiensystems (Burr et al. 1994, 38). In der Konzeption der Arbeitsgruppe von Burr entsteht Stress dann, wenn das System Familie nicht über ausreichende Transformationsregeln verfügt, um Ereignisse so zu verarbeiten, dass die angestrebten familialen Standards erreicht werden. Eine Hauptkritik an den vorgestellten Familienstressmodellen ist, dass die Familie als Einheit konzipiert und dabei die Bedeutung der Familienmitglieder als Individuen nicht berücksichtigt wird. Ferner dominiert die Beschäftigung mit der Entstehung und Bewältigung familialer
Berufsmobilität und Lebensform 39 Krisen, während die Beschäftigung mit Mikrostressoren bzw. „daily hassles“ ein eher randständiges Thema ist. Während sich die vorgestellten Theorien in der Tradition der familiensoziologischen Stressforschung entwickelt haben, steht Bodenmann in der Tradition der psychologischen Stressforschung. Ausgehend von der Theorie von Lazarus entwickelt er sein systemischtransaktionales Stress-Coping-Konzept für Partnerschaften. Menschen in partnerschaftlichen Lebensformen fühlen sich dann belastet, wenn „jeder Partner für sich genommen bzw. die Synergie beider Partner und ihrer externen individuellen und dyadischen Ressourcen nicht dazu ausreichen, die internen oder externen Anforderungen an jeden einzelnen bzw. das Paar angemessen zu bewältigen“ (Bodenmann 1995, 33). Bodenmann setzt bei der Weiterführung der Theorie von Lazarus an den Bewertungsprozessen an. Bei der Primäreinschätzung wird die Bedeutung der Situation für die eigene Person wie für den Partner beurteilt und es erfolgt eine Bewertung im Hinblick auf das Paar als Dyade. Auch bei der Sekundäreinschätzung werden neben den eigenen Bewältigungsressourcen die des Partners sowie die gemeinsamen Ressourcen beurteilt. Der Bewertung einer Situation als Belastung schließt sich ein Bewältigungsprozess an, der auf einem kognitiven, teils offenem Abstimmungsprozess der Partner basiert. Im Rahmen des Kaskadenmodells von Stress und Coping arbeitet Bodenmann (1997c) das Verhältnis zwischen individuellen Bewältigungsstrategien und Strategien, die auf Mitwirkung der sozialen Umwelt abzielen, aus. Es wird angenommen, dass bei einer Belastung – unabhängig davon, ob der Partner in der Situation anwesend ist oder nicht – zunächst individuelle Bewältigungsstrategien eingesetzt werden. Bleibt die Belastung bestehen, werden die individuellen Strategien durch dyadische Strategien ergänzt. Setzt sich die Belastung weiterhin fort, wird mit zunehmender Wahrscheinlichkeit flankierend zu den bestehenden Bewältigungsbemühungen soziale Unterstützung von außen mobilisiert. 2.3.3 Fazit Im Rahmen der vorliegenden Studie interessieren Belastungen, die Menschen im Zusammenhang mit der spezifischen mobilen oder nicht mobilen partnerschaftlichen oder familialen Lebensform erleben. Dabei soll die Perspektive beider Partner berücksichtigt werden und wir nehmen an, dass die Belastungen auf verschiedenen Ebenen angesiedelt sein können. Als relevant erachten wir dabei insbesondere die Ebene des Individuums, der Partnerschaft, des Kindes bzw. der Familie, des Berufs und des Bürgerengagements. Im Unterschied zum intersubjektiv-objektiven Ansatz von Holmes und Rahe (1967) gehen wir nicht davon aus, dass bestimmten Mobilitätsformen oder Mobilität an sich ein bestimmtes Belastungsausmaß inhärent ist. Vielmehr folgen wir dem transaktionalen Ansatz, demzufolge das Belastungserleben aus der Wechselbeziehung von Person und Umwelt resultiert. Die dargelegten Familienstressmodelle sind als theoretischer Rahmen für die vorliegende Studie ungeeignet, da sie Familie bzw. das Paar als Einheit konzipieren und die individuelle Perspektive der Familienmitglieder bzw. Partner hier nicht von Interesse ist. Als adäquater theoretischer Rahmen erscheint uns das systemisch-transaktionale Stress-Coping-Modell von Bodenmann, der das Belastungserleben der Partner als Individuen im Kontext ihrer partnerschaftlichen Lebensform ausarbeitet.
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Krisen, während die Beschäftigung mit Mikrostressoren bzw. „daily hassles“ ein eher randständiges<br />
Thema ist.<br />
Während sich die vorgestellten Theorien in der Tradition der familiensoziologischen Stressforschung<br />
entwickelt haben, steht Bodenmann in der Tradition der psychologischen Stressforschung.<br />
Ausgehend von der Theorie von Lazarus entwickelt er sein systemischtransaktionales<br />
Stress-Coping-Konzept für Partnerschaften. Menschen in partnerschaftlichen<br />
<strong>Lebensform</strong>en fühlen sich dann belastet, wenn „jeder Partner für sich genommen bzw. die<br />
Synergie beider Partner <strong>und</strong> ihrer externen individuellen <strong>und</strong> dyadischen Ressourcen nicht<br />
dazu ausreichen, die internen oder externen Anforderungen an jeden einzelnen bzw. das Paar<br />
angemessen zu bewältigen“ (Bodenmann 1995, 33). Bodenmann setzt bei der Weiterführung<br />
der Theorie von Lazarus an den Bewertungsprozessen an. Bei der Primäreinschätzung wird<br />
die Bedeutung der Situation für die eigene Person wie für den Partner beurteilt <strong>und</strong> es erfolgt<br />
eine Bewertung im Hinblick auf das Paar als Dyade. Auch bei der Sek<strong>und</strong>äreinschätzung<br />
werden neben den eigenen Bewältigungsressourcen die des Partners sowie die gemeinsamen<br />
Ressourcen beurteilt. Der Bewertung einer Situation als Belastung schließt sich ein Bewältigungsprozess<br />
an, der auf einem kognitiven, teils offenem Abstimmungsprozess der Partner<br />
basiert. Im Rahmen des Kaskadenmodells von Stress <strong>und</strong> Coping arbeitet Bodenmann<br />
(1997c) das Verhältnis zwischen individuellen Bewältigungsstrategien <strong>und</strong> Strategien, die auf<br />
Mitwirkung der sozialen Umwelt abzielen, aus. Es wird angenommen, dass bei einer Belastung<br />
– unabhängig davon, ob der Partner in der Situation anwesend ist oder nicht – zunächst<br />
individuelle Bewältigungsstrategien eingesetzt werden. Bleibt die Belastung bestehen, werden<br />
die individuellen Strategien durch dyadische Strategien ergänzt. Setzt sich die Belastung weiterhin<br />
fort, wird mit zunehmender Wahrscheinlichkeit flankierend zu den bestehenden Bewältigungsbemühungen<br />
soziale Unterstützung von außen mobilisiert.<br />
2.3.3 Fazit<br />
Im Rahmen der vorliegenden Studie interessieren Belastungen, die Menschen im Zusammenhang<br />
mit der spezifischen mobilen oder nicht mobilen partnerschaftlichen oder familialen <strong>Lebensform</strong><br />
erleben. Dabei soll die Perspektive beider Partner berücksichtigt werden <strong>und</strong> wir<br />
nehmen an, dass die Belastungen auf verschiedenen Ebenen angesiedelt sein können. Als relevant<br />
erachten wir dabei insbesondere die Ebene des Individuums, der Partnerschaft, des<br />
Kindes bzw. der Familie, des Berufs <strong>und</strong> des Bürgerengagements. Im Unterschied zum intersubjektiv-objektiven<br />
Ansatz von Holmes <strong>und</strong> Rahe (1967) gehen wir nicht davon aus, dass<br />
bestimmten Mobilitätsformen oder Mobilität an sich ein bestimmtes Belastungsausmaß inhärent<br />
ist. Vielmehr folgen wir dem transaktionalen Ansatz, demzufolge das Belastungserleben<br />
aus der Wechselbeziehung von Person <strong>und</strong> Umwelt resultiert. Die dargelegten Familienstressmodelle<br />
sind als theoretischer Rahmen für die vorliegende Studie ungeeignet, da sie<br />
Familie bzw. das Paar als Einheit konzipieren <strong>und</strong> die individuelle Perspektive der Familienmitglieder<br />
bzw. Partner hier nicht von Interesse ist. Als adäquater theoretischer Rahmen erscheint<br />
uns das systemisch-transaktionale Stress-Coping-Modell von Bodenmann, der das Belastungserleben<br />
der Partner als Individuen im Kontext ihrer partnerschaftlichen <strong>Lebensform</strong><br />
ausarbeitet.