Berufsmobilität und Lebensform. Sind berufliche ... - ifb
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<strong>ifb</strong> - Materialien 8-2001<br />
bzw. Bewertung des Ortes überein. Das Individuum kann nun versuchen, sein Anspruchsniveau<br />
anzupassen oder seine Umgebung seinen Wünschen entsprechend zu verändern. Entscheidet<br />
es sich dagegen für die dritte Möglichkeit, Migration, dann werden Informationen<br />
über mögliche andere Wohnorte <strong>und</strong> die entsprechenden Wanderungskosten sowie über mögliche<br />
Hindernisse gesammelt. In einem letzten Schritt wird aufgr<strong>und</strong> der vorhandenen Informationen<br />
entschieden, ob ein Ortswechsel stattfindet.<br />
Kalter (1998, 1997) führt diesen Ansatz weiter aus. Er weist u.a. darauf hin, dass Wanderungsentscheidungen<br />
selten von einzelnen Individuen getroffen werden, sondern von Haushalten.<br />
Die empirisch belegte Tatsache, dass Paare oder Familien seltener wandern als Einzelpersonen,<br />
erklärt er dadurch, dass die Kosten einer Wanderung, besonders bei Doppelverdienern,<br />
wesentlich höher sein können als bei Einzelpersonen. In einer späteren Arbeit stellt<br />
er heraus, dass der Entscheidungsprozess bei Paaren häufiger bereits in einem sehr frühen<br />
Stadium abgebrochen wird: In Antizipation der Verhandlungsschwierigkeiten mit dem Partner<br />
<strong>und</strong> den daraus resultierenden Problemen für die Partnerschaft wird der Wunsch nach einem<br />
Ortswechsel überhaupt nicht artikuliert, sondern bereits „im Kopf ad acta gelegt“ (Kalter<br />
1998, 306). Ein weiteres Problem, das Kalter anspricht, ist die Tendenz zur Sesshaftigkeit,<br />
d.h. auch Personen, die ihren Nutzen durch Wanderung mit Sicherheit optimieren könnten,<br />
bleiben an ihrem Wohnort. Ein Bef<strong>und</strong>, der der Werterwartungstheorie auf den ersten Blick<br />
widerspricht. Kalter integriert diese Tatsache dadurch in das Konzept, indem er berücksichtigt,<br />
dass Individuen bei ihren Entscheidungen nicht nur monetäre Kosten kalkulieren,<br />
sondern auch soziale, z.B. Netzwerke oder ortsspezifische Kenntnisse, die sie sich erworben<br />
haben. Unter diesem Gesichtspunkt kann der Verbleib am Wohnort dann wieder wesentlich<br />
„rationaler“ erscheinen als unter dem rein monetären Aspekt. Ein letzter möglicher Einwand<br />
gegen das Modell, den Kalter zu entkräften versucht, ist schließlich, dass Akteure nicht nur<br />
aufgr<strong>und</strong> ihrer individuellen Präferenzen entscheiden können, ob sie wandern oder nicht, sondern<br />
dass sie sich in einer Situation befinden können, in der nicht mehr von einer Wahl gesprochen<br />
werden kann, z.B. bei Vertreibung oder Flucht. Er definiert auch diese Situation als<br />
Wahlmöglichkeit, allerdings mit nicht realisierbarem Nutzen <strong>und</strong> sehr hohen Kosten bei der<br />
Entscheidung zur Nicht-Wanderung (ebd., 64).<br />
Lebenslaufansatz<br />
Während in den bisherigen Erklärungsansätzen meist gefragt wurde wann oder warum jemand<br />
wandert, geht der letzte hier vorzustellende Ansatz der Frage nach, wer wandert <strong>und</strong><br />
wer nicht. Wagner (1989) hat die Bedeutung von objektiven, sozialen Merkmalen, wie z.B.<br />
Alter, Bildung oder Familienstand <strong>und</strong> deren Veränderung im Lebensverlauf für das Wanderungsverhalten<br />
von Individuen untersucht. Allerdings soll der Lebenslaufansatz nicht als<br />
Theorie zur Erklärung räumlicher Mobilität angesehen werden, sondern vielmehr als Instrument<br />
dafür dienen, verschiedene individuelle Bedingungen, wie den familialen Lebensverlauf,<br />
den <strong>berufliche</strong>n Werdegang, die Erwerbs- <strong>und</strong> Wohnbiographie zu verbinden, um in der<br />
Zusammenschau neue Erkenntnisse zu erlangen.<br />
Wagner belegt, dass eines der entscheidenden Merkmale bei Migranten das Alter ist. In der<br />
Phase zwischen 20 <strong>und</strong> 24 Jahren ist die Mobilität am höchsten – vor allem auch die beruflich