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Berufsmobilität und Lebensform. Sind berufliche ... - ifb

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<strong>ifb</strong> - Materialien 8-2001<br />

Ökonomische Migrationsmodelle<br />

Unter den Gesetzen Ravensteins finden sich auch solche, die die Bedeutung von ökonomischen<br />

Faktoren für Wanderungen hervorheben. In dieser Tradition stehen Ansätze der neoklassischen<br />

Ökonomie (Hicks 1963), die nicht mehr die Distanz, sondern Differenzen im<br />

Lohnniveau oder im Arbeitskräfteangebot zum entscheidenden Erklärungsfaktor erheben.<br />

Demnach werden Wanderungen dadurch ausgelöst, dass Regionen mit höherem Lohnniveau<br />

solange Personen aus Regionen mit niedrigem Lohnniveau anziehen, bis sich die Unterschiede<br />

ausgeglichen haben. Migration fungiert in diesen Ansätzen sozusagen als Mittler zwischen<br />

zwei Regionen oder Märkten zum Ausgleich von bestehenden Ungleichgewichten. Allerdings<br />

gilt für diese Ansätze die gleiche Kritik wie für die Distanz- <strong>und</strong> Gravitationsmodelle: Die<br />

Modellannahmen sind soweit vereinfacht, dass sie die Realität nur noch sehr unzureichend<br />

abbilden können.<br />

Hinter allen ökonomischen Ansätzen steht ein sogenanntes Push-Pull Konzept, wonach in der<br />

Herkunftsregion Faktoren existieren, die ein Individuum quasi „abstoßen“ (Push), während<br />

gleichzeitig in der Zielregion „anziehende“ (Pull) Kräfte wirken. Vereinfacht lässt sich dies<br />

am Beispiel von Lohn- <strong>und</strong> Arbeitskräftedifferenz veranschaulichen: Während in einer Region<br />

niedrige Löhne <strong>und</strong> hohe Arbeitslosigkeit herrschen (Push), weist eine Nachbarregion ein<br />

höheres Lohnniveau <strong>und</strong> Arbeitskräftemangel auf (Pull), so dass ein positiver Wanderungssaldo<br />

zugunsten der Nachbarregion entsteht. Push- <strong>und</strong> Pull-Faktoren müssen nicht auf ökonomische<br />

Merkmale beschränkt bleiben. Theoretisch kann alles, was ein Individuum zur Migration<br />

bewegt, als Push- oder als Pull-Faktor interpretiert werden. So hat Somermeijer (1961)<br />

statt der physikalischen Distanz das Kriterium der sozialen Distanz eingeführt, Nelson (1959)<br />

eine „Informationsdistanz“ <strong>und</strong> Nipper (1975) eine „funktionale Distanz“. Lowry (1966) hat<br />

mehrere ökonomische Merkmale der Herkunfts- <strong>und</strong> Zielregionen kombiniert <strong>und</strong> Todaro<br />

(1976) schließlich arbeitet mit der Wahrscheinlichkeit, einen Arbeitsplatz zu finden. Kariel<br />

(1963) <strong>und</strong> Cebula (1981) berücksichtigen in ihren Untersuchungen als Push- <strong>und</strong> Pull-<br />

Faktoren außerdem Merkmale zur klimatischen Situation, zur Umweltbelastung <strong>und</strong> zur Infrastrukturausstattung<br />

(vgl. Bähr 1984, 298; Wagner 1989).<br />

Wie am oben vorgestellten Beispiel bereits deutlich wird, lässt sich ein Push-Faktor einer Region<br />

immer auch als ein Pull-Faktor einer anderen Region interpretieren. Hohe Arbeitslosigkeit<br />

in der Herkunftsregion führt z.B. dazu, dass im Gegenzug niedrigere Arbeitslosigkeit in<br />

allen anderen Regionen als Pull-Faktor wirkt. Die Folge ist ein Zuordnungsproblem hinsichtlich<br />

der Frage, welche Faktoren für den Wanderungsprozess entscheidend sind, in welche<br />

Richtung sie wirken <strong>und</strong> wie stark sie eine Wanderungsentscheidung beeinflussen. Solche<br />

Fragen können jedoch nicht auf der Aggregatebene gelöst werden, hierzu sind Erklärungsansätze<br />

auf der Individualebene nötig.<br />

Migrationstheorie von Lee<br />

Einen ersten Vorstoß zur Lösung dieses Problems durch die Verlagerung von Erklärungsfaktoren<br />

auf die individualtheoretische Ebene unternahm Lee (1972, zuerst 1966). Seine Überlegungen<br />

basieren ebenfalls auf einem Push-Pull Modell. Sein Ansatz enthält Faktoren, die mit<br />

dem Herkunftsgebiet <strong>und</strong> Faktoren, die mit dem Zielgebiet in Verbindung stehen. Denkbar

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