Berufsmobilität und Lebensform. Sind berufliche ... - ifb
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Berufsmobilität <strong>und</strong> <strong>Lebensform</strong> 25<br />
• Frauen sind mobiler als Männer.<br />
• Migration wird hauptsächlich durch ökonomische Gründe ausgelöst.<br />
Der Anspruch Ravensteins auf allgemeine Gültigkeit seiner Gesetze muss aus heutiger Sicht<br />
relativiert werden, da sie zu einem großen Teil nur die spezifische damalige Situation beschreiben.<br />
So bezieht sich z.B. die sechste Aussage auf die hohe Land-Stadt-Migration im<br />
England des ausgehenden 19. Jahrh<strong>und</strong>erts oder die siebte Aussage auf die hohe Mobilität<br />
von alleinstehenden Frauen dieser Zeit, die oft als Hausangestellte arbeiteten <strong>und</strong> deshalb<br />
häufiger den Arbeitgeber wechselten (Franz 1994, 53). Trotz dieser Einschränkungen waren<br />
Ravensteins Gesetze Ausgangspunkt für eine Vielzahl weiterführender Theorien.<br />
Distanz- <strong>und</strong> Gravitationsmodelle<br />
Ravensteins Überlegungen zur Bedeutung der räumlichen Distanz bei Migrationsprozessen<br />
bildeten den Anstoß zur Formulierung von Distanz- <strong>und</strong> Gravitationsmodellen. In diesen Modellen<br />
sollen Wanderungsströme zwischen zwei Regionen mathematisch beschrieben werden,<br />
wobei die Entfernung zwischen Herkunfts- <strong>und</strong> Zielregion die Hauptdeterminante darstellt.<br />
Zu nennen sind in diesem Zusammenhang die Arbeiten von Reilly, Stewart, Young <strong>und</strong> Zipf<br />
(vgl. Albrecht 1972, 93f.). In Distanzmodellen soll ein direkter Zusammenhang zwischen Entfernung<br />
<strong>und</strong> Wanderungsvolumen hergestellt werden, wobei die Hauptaussage sich dahingehend<br />
zusammenfassen lässt, dass die Zahl der Migranten mit wachsender Entfernung zwischen<br />
Herkunfts- <strong>und</strong> Zielregion abnimmt. Diese Modelle wurden in Anlehnung an das<br />
Gravitationsgesetz von Newton erweitert, wobei vor allem die Ansätze von Zipf (1946) <strong>und</strong><br />
Stewart (1948) von Bedeutung sind (vgl. Wagner 1989, 216). In Gravitationsmodellen wird<br />
als zusätzliche Größe die Bevölkerungszahl in den jeweiligen Regionen eingeführt. Die<br />
Stärke eines Wanderungsstroms in ein Gebiet wird nicht mehr allein durch die Entfernung,<br />
sondern auch durch die Einwohnerzahl dieses Gebiets beeinflusst. Der Wanderungsstrom ist<br />
demnach - bei gleicher Distanz - um so stärker, je größer die Einwohnerzahl <strong>und</strong> damit die<br />
„Anziehungskraft“ ist.<br />
Diese Ansätze sind rein deskriptiv angelegt, d.h. sie können weder über Wanderungsmotive<br />
noch über spezielle Merkmale von Migranten Auskunft geben. Ferner sind die Modelle soweit<br />
vereinfacht, dass sie die Realität nur noch sehr unzureichend abbilden. Die Modelle arbeiten<br />
alle mit der Annahme, dass Migranten über umfassende Informationen über alle möglichen<br />
Zielregionen verfügen, dass Wanderungskosten vernachlässigt werden könnten <strong>und</strong> dass<br />
objektive Gegebenheiten durch alle Menschen gleich bewertet würden. So hat Hägerstrand<br />
(1957) darauf hingewiesen, dass die Bedeutung der Distanz wesentlich relativiert wird, wenn<br />
der Informationsstand der Migranten über potentielle Zielgebiete mit berücksichtigt wird.<br />
Personen wandern in solche Regionen, über die sie die meisten Informationen haben, unabhängig<br />
von der Distanz. Stouffer (1940; 1960) hat die beiden Variablen Entfernung <strong>und</strong> Einwohnerzahl<br />
durch die Begriffe der opportunities (Gelegenheiten) <strong>und</strong> der intervening opportunities<br />
(intervenierende Gelegenheiten) erweitert. Seine These lautet, dass Migranten sich<br />
auch an Orten zwischen Herkunfts- <strong>und</strong> ursprünglicher Zielregion niederlassen, wenn sie dort<br />
eine günstige Ausgangssituation vorfinden. Dies wird umso wahrscheinlicher, je größer die<br />
Distanz zwischen Herkunfts- <strong>und</strong> ursprünglicher Zielregion ist.