Berufsmobilität und Lebensform. Sind berufliche ... - ifb
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<strong>ifb</strong> - Materialien 8-2001<br />
gründet, sind, zu Ungunsten der Familie, auseinandergedriftet. Für den amerikanischen Soziologen<br />
Mark Granovetter (1993) sind „starke, schwache Bindungen“, d.h. flüchtige, aber damit<br />
nicht zwangsläufig oberflächliche Formen der Gemeinsamkeit nutzbringender als langfristige,<br />
unauflösbare Verbindungen, die häufig nach einiger Zeit nicht mehr aus sich heraus, sondern<br />
aus formalen Gründen oder Zwängen aufrechterhalten werden. Ob solche Bindungen auch ein<br />
tragfähiges F<strong>und</strong>ament für Familie sein können, erscheint bislang kaum vorstellbar. Tendenzen<br />
des Wandels der Familie zeigen jedoch in diese Richtung. Es ist zu beobachten, dass die<br />
sich in der Arbeitswelt ausbreitenden Ideen zunehmend in die Familie eindringen <strong>und</strong> ein<br />
neues Bewusstsein auch von Familie schaffen. Dies mag beklagt werden oder nicht, vieles<br />
deutet jedoch darauf hin, dass die traditionelle Familie als Stabilitätsrest in einer immer dynamischer<br />
werdenden Gesellschaft wenig Zukunft hat. Für größere Teile der Bevölkerung<br />
wird Familie aufhören, etwas objektiv Gegebenes zu sein. Sie erhält dort den Charakter eines<br />
individuellen <strong>und</strong> partnerschaftlichen Projekts, offen für Redefinition <strong>und</strong> Rekonstruktion.<br />
Die neue, in der Arbeitswelt längst angewandte Formel, gilt vielleicht bald auch für das Familienleben:<br />
Die Bereitschaft zur Veränderung ist zielführender als das unnachgiebige Beharren<br />
auf Bestehendem. Möglich ist in diesem Sinne, dass die auf Mobilität <strong>und</strong> Veränderung<br />
ausgerichteten <strong>Lebensform</strong>en, wie sie Gegenstand dieser Untersuchung sind, Pioniercharakter<br />
haben.<br />
Betrachtet man die Situation in Deutschland, sind drei Strategien beim Umgang mit den teilweise<br />
konkurrierenden Optionen Beruf <strong>und</strong> Familie erkennbar bzw. denkbar. In einer ersten<br />
Form, die hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Folgen als „Polarisierung“ beschrieben wurde,<br />
sehen sich zahlreiche Menschen vor die Alternative gestellt, sich für Familie oder Beruf zu<br />
entscheiden. Eine zweite Strategie besteht in der Phasierung der Lebensbereiche Familie <strong>und</strong><br />
Beruf, d.h. beides wird hintereinander, aber nicht gleichzeitig gelebt. In Verbindung mit beruflich<br />
induzierten Mobilitätserfordernissen führt diese Strategie typischerweise zu folgenden<br />
modellhaften Phasen: Erhöhte <strong>berufliche</strong> Mobilität in einer Partnerschaft ohne Kinder - Familienphase<br />
mit eingeschränkter <strong>berufliche</strong>r Mobilität – multilokale Familie mit weiter reduzierter<br />
<strong>berufliche</strong>r Mobilität. Eine dritte, im Sinne einer synchronen Vereinbarung denkbare Strategie,<br />
bestünde darin, die Funktionslogiken von Beruf <strong>und</strong> Familie wieder anzunähern, wobei<br />
dies aus heutiger Sicht nur dadurch erfolgen kann, dass sich die Arbeitswelt weit aufgeschlossener<br />
als bisher für die Belange der Familie interessiert <strong>und</strong> darauf Rücksicht nimmt.<br />
Die Erfahrungen, Kenntnisse <strong>und</strong> Fähigkeiten der Mitarbeiter sind die vielleicht bedeutsamste<br />
Ressource von Unternehmen in der Zukunft. Im Sinne von „Human Resource Management<br />
Ansätzen“ werden diese Ressourcen zukünftig besser gepflegt werden müssen, als dies zum<br />
Teil gegenwärtig der Fall ist. Kleine Geburtskohorten bedeuten einen Rückgang des Angebots<br />
an Arbeitskräften. Unternehmen in diversen Bereichen werden womöglich schon bald um geeignete<br />
MitarbeiterInnen konkurrieren, wie dies heute schon in einigen Branchen (z.B. IT) der<br />
Fall ist. Geld wird ein Medium bleiben, um Mitarbeiter zu rekrutieren bzw. an sich zu binden.<br />
Die Bedingungen r<strong>und</strong> um den Arbeitsplatz werden als weiteres Medium an Bedeutung gewinnen.<br />
Zu einem der besonders wesentlichen Merkmale könnte sich dabei eine „familienorientierte<br />
Unternehmensphilosophie“ entwickeln, eine Philosophie, die mehr als bisher auf die<br />
privaten <strong>und</strong> familialen Belange der MitarbeiterInnen Rücksicht nimmt. Und das wäre durch-