Berufsmobilität und Lebensform. Sind berufliche ... - ifb
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12 ifb - Materialien 8-2001 tet von Phasen der Nichterwerbstätigkeit, etwa aufgrund von Arbeitslosigkeit, familienbezogener Erwerbspausen oder Sabbaticals (vgl. FiO 2000). Berufliche Mobilität, als Mobilität innerhalb eines Unternehmens oder als Wechsel der Arbeitgeber oder als sich ablösende Phasen mit selbständiger und nicht selbständiger Tätigkeit, ist meist mit Aus- und Fortbildung und mit regionaler Mobilität verbunden. Regionale berufliche Mobilität schließt berufsbezogene Wohnortwechsel bis hin zu längeren oder dauerhaften Auslandsaufenthalten, Tätigkeiten an wechselnden Einsatzorten, häufige Dienstreisen, längere Anfahrtswege und regelmäßige längere Abwesenheiten vom Wohnort ein. Die Mobilitätsbereitschaft der Menschen in Deutschland scheint dabei, nach den Ergebnissen einer vom Forschungsinstitut für Ordnungspolitik (FiO) 1999 durchgeführten Befragung gespalten zu sein: Die Bereitschaft zu Arbeitsplatz- und Tätigkeitswechseln in der Region ist insgesamt eher hoch, sobald solche Veränderungen mit regionaler Mobilität verbunden sind, sinkt die Mobilitätsbereitschaft deutlich ab. Regionale Mobilität wird mehrheitlich als notwendiges Übel empfunden und die individuelle Mobilitätsbereitschaft stößt vor allem dann an Grenzen, wenn nach einem beruflich bedingten Fernumzug eventuell über weitere Umzüge zu entscheiden ist. 1.2 Mobilität und Lebensform: Fragen und Thesen zu einem schwierigen Verhältnis Wie viel Mobilität verkraftet ein Familienleben? Welche Mobilitätsformen sind leichter, welche schwerer mit dem Familienleben vereinbar? Eines scheint in diesem Zusammenhang klar: Menschen streben nach einem ausgewogenen Verhältnis von Dauerhaftigkeit und Wandel, von Verlässlichkeit und Erneuerung. Wo Dauerhaftigkeit verordnet ist, wie einst in der Ehe, wirkt sie lähmend. Wo aber Dauerhaftigkeit nicht existiert und die Möglichkeiten fehlen, sie herzustellen, entsteht Desorientierung. Als Grundfigur der Moderne wird sich der am Arbeitsmarkt frei verfügbare Single nicht durchsetzen. Die weitaus meisten Menschen wollen in partnerschaftlichen Lebensformen leben und nicht allein. Die Partnerschaftsbeziehung ist für viele die tragende Säule des Lebens. Die Lebenszufriedenheit, das zeigen alle einschlägigen sozialwissenschaftlichen Studien, wird in erster Linie durch die Zufriedenheit in und mit Partnerschaft und Familie bestimmt und nicht durch Berufserfolg. Als Grundfigur der Moderne könnte sich der Mensch in gestaltungsoffenen und von außen respektierten Familienbeziehungen etablieren. Spätestens hier stellen sich einige Fragen nach dem Verhältnis von Berufskarriere und Familienentwicklung, die den Ausgangspunkt der vorliegenden Untersuchung bilden: • Be- oder verhindert eine hohe Mobilitätsbereitschaft die Gründung einer Familie? • Verringern familiale Bindungen die Mobilitätsbereitschaft? • Wie wirkt die Mobilität in das Privatleben und in die Familie hinein? • Schadet Mobilität dem Familienleben oder organisieren sich Familien nur anders? • Daraus abgeleitet stellen sich weitere konkrete Forschungsfragen, die Themen dieser Studie sind:
Berufsmobilität und Lebensform 13 • Wie entsteht beruflich (mit-)bedingte Mobilität? • Wie viele Menschen sind beruflich mobil? • Wer ist beruflich mobil? • Wie entstehen die unterschiedlichen Mobilitätsformen und wodurch sind sie gekennzeichnet? • Wie werden mobile Menschen durch Dritte wahrgenommen? • Welche spezifischen Belastungen und Vorzüge und welche Kosten sind mit den einzelnen Mobilitätsformen verbunden? • Welcher Unterstützungsbedarf besteht für mobile Lebensformen? Welche Beiträge können Politik und Arbeitgeber leisten? • Wie sind mobile Lebensformen zu interpretieren? Handelt es sich um neue Antworten auf die Frage der Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder um Reflexe auf wachsende Strukturzwänge? Aus den bisherigen Überlegungen sind einige Ausgangsthesen abgeleitet, die die Grundlage der weiteren Darstellungen bilden: • Beruflich induzierte Mobilitätserfordernisse haben in den letzten Jahren stark zugenommen (vgl. Haas 2000). Diese Einschätzung wird auch von Personalberatern führender Unternehmen bestätigt (vgl. z.B. den Beitrag „Lieber hier als dort“ in der „Zeit“, Nr. 28/1999). • Davon betroffen sind Berufstätige in vielen Branchen und auf fast allen Ebenen, in besonderem Maße jedoch Beschäftigte in der sogenannten New Economy und solche in leitenden Positionen. Karriere ohne Job-Mobilität ist in diesen Bereichen fast ausgeschlossen. Mobilität wird hier zunehmend zum Wert an sich erhoben. Mobilität hat dabei zwei Komponenten: Von den Mitarbeitern wird erwartet, an wechselnden Arbeitsorten tätig zu sein, oftmals auch für längere Zeit ins Ausland zu gehen und für eine erfolgreiche Berufskarriere wird es immer wichtiger, nicht zu lange bei einem Arbeitgeber tätig zu sein. • Mobilitätserfordernisse bestehen aber nicht nur im Kontext einer besonderen Karriereorientierung, sie entstehen auch im Zuge der Umstrukturierung des Arbeitsmarkts durch Arbeitsplatzverlust, Standortverlagerungen oder durch die grundlegende Veränderung der Arbeitsorganisation. Berufsmobilität entsteht hier durch die wirtschaftliche Notwendigkeit, einen Ausbildungsort oder einen Arbeitsplatz aufzusuchen, der vom Wohnsitz weit entfernt liegt. • Mobilität entsteht vermehrt auch dadurch, dass die Wahl des Wohnorts zunehmend von Präferenzen bezüglich der Wohnlage bestimmt wird, begünstigt durch die verbesserten Möglichkeiten zirkulär mobil zu sein. Die Wahl des Wohnorts entkoppelt sich tendenziell vom Arbeitsort, ein Prozess, der zusätzlich durch die erhöhte Wahrscheinlichkeit von Wechseln des Arbeitsorts verstärkt wird.
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Berufsmobilität <strong>und</strong> <strong>Lebensform</strong> 13<br />
• Wie entsteht beruflich (mit-)bedingte Mobilität?<br />
• Wie viele Menschen sind beruflich mobil?<br />
• Wer ist beruflich mobil?<br />
• Wie entstehen die unterschiedlichen Mobilitätsformen <strong>und</strong> wodurch sind sie gekennzeichnet?<br />
• Wie werden mobile Menschen durch Dritte wahrgenommen?<br />
• Welche spezifischen Belastungen <strong>und</strong> Vorzüge <strong>und</strong> welche Kosten sind mit den einzelnen<br />
Mobilitätsformen verb<strong>und</strong>en?<br />
• Welcher Unterstützungsbedarf besteht für mobile <strong>Lebensform</strong>en? Welche Beiträge können<br />
Politik <strong>und</strong> Arbeitgeber leisten?<br />
• Wie sind mobile <strong>Lebensform</strong>en zu interpretieren? Handelt es sich um neue Antworten auf<br />
die Frage der Vereinbarkeit von Beruf <strong>und</strong> Familie oder um Reflexe auf wachsende<br />
Strukturzwänge?<br />
Aus den bisherigen Überlegungen sind einige Ausgangsthesen abgeleitet, die die Gr<strong>und</strong>lage<br />
der weiteren Darstellungen bilden:<br />
• Beruflich induzierte Mobilitätserfordernisse haben in den letzten Jahren stark zugenommen<br />
(vgl. Haas 2000). Diese Einschätzung wird auch von Personalberatern führender Unternehmen<br />
bestätigt (vgl. z.B. den Beitrag „Lieber hier als dort“ in der „Zeit“,<br />
Nr. 28/1999).<br />
• Davon betroffen sind Berufstätige in vielen Branchen <strong>und</strong> auf fast allen Ebenen, in besonderem<br />
Maße jedoch Beschäftigte in der sogenannten New Economy <strong>und</strong> solche in leitenden<br />
Positionen. Karriere ohne Job-Mobilität ist in diesen Bereichen fast ausgeschlossen.<br />
Mobilität wird hier zunehmend zum Wert an sich erhoben. Mobilität hat dabei zwei<br />
Komponenten: Von den Mitarbeitern wird erwartet, an wechselnden Arbeitsorten tätig zu<br />
sein, oftmals auch für längere Zeit ins Ausland zu gehen <strong>und</strong> für eine erfolgreiche Berufskarriere<br />
wird es immer wichtiger, nicht zu lange bei einem Arbeitgeber tätig zu sein.<br />
• Mobilitätserfordernisse bestehen aber nicht nur im Kontext einer besonderen Karriereorientierung,<br />
sie entstehen auch im Zuge der Umstrukturierung des Arbeitsmarkts durch Arbeitsplatzverlust,<br />
Standortverlagerungen oder durch die gr<strong>und</strong>legende Veränderung der<br />
Arbeitsorganisation. Berufsmobilität entsteht hier durch die wirtschaftliche Notwendigkeit,<br />
einen Ausbildungsort oder einen Arbeitsplatz aufzusuchen, der vom Wohnsitz weit<br />
entfernt liegt.<br />
• Mobilität entsteht vermehrt auch dadurch, dass die Wahl des Wohnorts zunehmend von<br />
Präferenzen bezüglich der Wohnlage bestimmt wird, begünstigt durch die verbesserten<br />
Möglichkeiten zirkulär mobil zu sein. Die Wahl des Wohnorts entkoppelt sich tendenziell<br />
vom Arbeitsort, ein Prozess, der zusätzlich durch die erhöhte Wahrscheinlichkeit von<br />
Wechseln des Arbeitsorts verstärkt wird.