Berufsmobilität und Lebensform. Sind berufliche ... - ifb

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21.12.2013 Aufrufe

104 ifb - Materialien 8-2001 1. Hohe Belastung: Fernpendler, Shuttles, Varimobile 2. Mittlere Belastung: Fernbeziehungen 3. Niedrige Belastung: Rejectors, Umzugsmobile, Ortsfeste Die Gruppe der Umzugsmobilen findet sich in diesem Fall bei den nicht mobilen Lebensformen, weil die Mobilität nur punktuell aufgetreten ist, sich die Lebensform dann aber hinsichtlich der Belastungen kaum mehr von Nichtmobilen unterscheidet. Die Vermutung liegt nahe, dass die empfundene Belastung, neben anderen Bedingungen, auch damit zusammenhängt, wie selbstbestimmt eine Lebensform gewählt wurde, also ob man sich nur durch die äußeren Umstände in eine Lebensform gedrängt sieht oder ob man das Gefühl hat, bei der eigenen Lebensgestaltung selbst mitwirken zu können. Die zu testende Hypothese lautet demnach, dass eine als selbstbestimmt empfundene Entscheidung für eine Lebensform dazu führt, deren Folgen auch positiver zu bewerten. Zwischen den beiden Variablen Freiwilligkeit der Lebensform und subjektives Belastungsempfinden besteht auch ein relativ starker linearer Zusammenhang (Pearson’s Korrelationskoeffizient = .41; Signifikanzniveau 0,01). Aufgrund obiger Überlegungen ist klar, dass die Richtung des Zusammenhangs einen Einfluss der zeitlich vorgelagerten Entscheidung auf das aktuelle Belastungsempfinden darstellt. Das Ergebnis zeigt einen negativen Zusammenhang, d.h. eine Abnahme der Freiwilligkeit, im Sinne von subjektiv empfundener Selbstbestimmtheit, hat eine Zunahme der subjektiven Belastung zur Folge. Dies gilt allerdings nicht für alle Gruppen in gleicher Weise. Der stärkste Zusammenhang findet sich nicht bei den mobilen Gruppen, sondern bei den Rejectors (r=.52; Signifikanzniveau: 0,01). Belastung bedeutet für diese Gruppe vor allem das Wissen um die entgangenen Verdienstmöglichkeiten der abgelehnten Stelle. Diese werden verstärkt dann auftauchen, wenn die Selbstbestimmung, was häufig der Fall war, durch die Weigerung des Partners zur Mobilität eingeschränkt wird. Relativ stark ist auch der Zusammenhang bei den Shuttles (r=.43; Signifikanzniveau: 0,01) und bei den Varimobilen (r=.41; Signifikanzniveau: 0,01), die die subjektive Belastung durch ihre jeweilige Lebensform niedriger einschätzen, wenn sie sich ihrem eigenen Gefühl zufolge freiwillig dafür entschieden haben. Weniger ausgeprägt ist der Zusammenhang bei Fernbeziehungen (r=.37; Signifikanzniveau: 0,01) und bei den Ortsfesten (r=.29; Signifikanzniveau: 0,01). Belastungen hängen hier zu großen Teilen von anderen Faktoren ab und werden nicht mit der Lebensform in Zusammenhang gebracht. Bei Fernpendlern und Umzugsmobilen liegt schließlich kein signifikanter Zusammenhang vor. In Zusammenhang mit dem subjektiven Belastungsempfinden soll schließlich überprüft werden, ob die Lebensform einen eigenständigen Einfluss auf die Belastung hat. Die Frage lautet, ob allein die Tatsache, dass man in einer bestimmten Lebensform lebt, bereits Folgen für das Belastungsempfinden hat. Bereits mit einer einfachen linearen Regressionsanalyse lässt sich ein signifikantes 41 R² von .34 feststellen. In welcher Lebensform man lebt, hat also durchaus einen Einfluss auf das subjektive Belastungsempfinden, wobei der Einfluss aller Lebensformen signifikant ist. Bei Rejectors, Ortsfesten und Umzugsmobilen wirkt sich die Lebensform positiv, bei Fernpendlern, Shuttles und Varimobilen dagegen negativ aus. Um die Untersu- 40 Signifikanzniveau .05 41 Signifikanzniveau: .000; alle nachfolgend referierten R² sind ebenfalls auf diesem Niveau signifikant

Berufsmobilität und Lebensform 105 chungsgesamtheit auf Personen zu konzentrieren, die sich ungefähr in der gleichen Lebensphase befinden, so dass Alterseffekte ausgeschlossen werden können, wurde die Grundgesamtheit nach dem Alter kontrolliert, d.h. es wurden nur Personen zwischen 30 und 40 Jahren ausgewählt, womit sich der Fit des Modells nochmals erhöhte und R² auf .42 anstieg. In diesem Fall ist der Einfluss allerdings nur noch für Rejectors, Umzugsmobile und Ortsfeste signifikant. Danach wurde zusätzlich noch Elternschaft kontrolliert, wobei sich im Fall von Personen ohne Kinder im Haushalt der Fit auf ein R² von .40 verringerte (Einfluss signifikant für Rejectors, Umzugsmobile und Ortsfeste) und im Falle von Personen mit Kindern nochmals auf ein R² von .48 (signifikant für Fernpendler, Shuttles und Varimobilen) erhöhte. Zusätzlich nach dem Alter des jüngsten Kindes differenziert, erhöhte sich R² bei Personen mit Kindern unter drei Jahren auf .51 (signifikant für Fernpendler, Shuttles und Varimobile) und bei denjenigen mit Kindern über drei Jahren sogar auf .54 (signifikant für Rejectors, Ortsfeste und Umzugsmobile). Da Personen mit Kindern zum überwiegenden Teil verheiratet sind, wurde bei dieser Gruppe auf eine Differenzierung nach Familienstand verzichtet, bei Personen ohne Kinder dagegen nicht. In der Gruppe der kinderlosen nicht verheirateten Personen fiel der Fit des Modells mit .27 relativ niedrig aus (signifikant für Rejectors, Ortsfeste und Umzugsmobile), in der Gruppe der kinderlosen verheirateten mit .53 relativ hoch (signifikant für Rejectors, Ortsfeste und Umzugsmobile). Die dargestellten Ergebnisse lassen sich folgendermaßen interpretieren: Die Lebensform hat einen eigenständigen Einfluss auf das subjektive Belastungsempfinden der jeweiligen Personen, die in den verschiedenen mobilen und nicht mobilen Konstellationen leben. Bei Rejectors, Ortsfesten und Umzugsmobilen wirkt sie sich im Vergleich zu den anderen Gruppen positiv, d.h. verringernd auf die subjektiv empfundene Belastung aus. Der Effekt der Lebensform verstärkt sich, wenn nur Kinder über drei Jahren oder wenn keine Kinder im Haushalt leben. In letzterem Fall ist der Einfluss stärker, wenn die Partner verheiratet sind, als wenn sie ledig sind. Bei Fernpendlern, Shuttles und Varimobilen wirken sich die jeweiligen Lebensformen hingegen negativ auf die subjektive Belastung aus. Dieser Einfluss verstärkt sich, wenn Kinder im Haushalt leben, vor allem wenn das jüngste Kind unter drei Jahren alt ist. Diese Ergebnisse bestätigen die bisherigen Erkenntnisse: Die nur punktuelle Mobilität von Umzugsmobilen hat einen ähnlichen Effekt wie Nichtmobilität, sie stellt keine erhöhte Belastung dar – zumindest nicht langfristig. Dass dies vor allem bei verheirateten Paaren ohne Kinder bzw. bei Paaren ohne Kinder ganz allgemein der Fall ist, könnte eventuell ein Hinweis darauf sein, dass die Entscheidung für einen Umzug oder gegen Mobilität bei den entsprechenden Gruppen meist im Einvernehmen mit dem Partner getroffen wurde. Gleichzeitig waren keine größeren Abstimmungsprozesse mit weiteren Personen im Haushalt nötig. Dies wiederum würde sich positiv auf die Partnerschaft auswirken und damit die subjektive Belastung in der Lebensform verringern. Ständige Mobilität belastet dagegen die davon betroffenen Individuen, besonders wenn auch noch Kinder – und hier vor allem Kinder unter drei Jahren – im Haushalt leben. In allen drei Gruppen wurde vornehmlich über Zeitknappheit und die direkte Belastung durch das Fahren geklagt, was auch hauptsächlich für die hier gemessene, subjektiv empfundene Gesamtbelastung verantwortlich sein dürfte.

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chungsgesamtheit auf Personen zu konzentrieren, die sich ungefähr in der gleichen Lebensphase<br />

befinden, so dass Alterseffekte ausgeschlossen werden können, wurde die Gr<strong>und</strong>gesamtheit<br />

nach dem Alter kontrolliert, d.h. es wurden nur Personen zwischen 30 <strong>und</strong> 40 Jahren<br />

ausgewählt, womit sich der Fit des Modells nochmals erhöhte <strong>und</strong> R² auf .42 anstieg. In diesem<br />

Fall ist der Einfluss allerdings nur noch für Rejectors, Umzugsmobile <strong>und</strong> Ortsfeste signifikant.<br />

Danach wurde zusätzlich noch Elternschaft kontrolliert, wobei sich im Fall von Personen<br />

ohne Kinder im Haushalt der Fit auf ein R² von .40 verringerte (Einfluss signifikant für<br />

Rejectors, Umzugsmobile <strong>und</strong> Ortsfeste) <strong>und</strong> im Falle von Personen mit Kindern nochmals<br />

auf ein R² von .48 (signifikant für Fernpendler, Shuttles <strong>und</strong> Varimobilen) erhöhte. Zusätzlich<br />

nach dem Alter des jüngsten Kindes differenziert, erhöhte sich R² bei Personen mit Kindern<br />

unter drei Jahren auf .51 (signifikant für Fernpendler, Shuttles <strong>und</strong> Varimobile) <strong>und</strong> bei denjenigen<br />

mit Kindern über drei Jahren sogar auf .54 (signifikant für Rejectors, Ortsfeste <strong>und</strong><br />

Umzugsmobile). Da Personen mit Kindern zum überwiegenden Teil verheiratet sind, wurde<br />

bei dieser Gruppe auf eine Differenzierung nach Familienstand verzichtet, bei Personen ohne<br />

Kinder dagegen nicht. In der Gruppe der kinderlosen nicht verheirateten Personen fiel der Fit<br />

des Modells mit .27 relativ niedrig aus (signifikant für Rejectors, Ortsfeste <strong>und</strong> Umzugsmobile),<br />

in der Gruppe der kinderlosen verheirateten mit .53 relativ hoch (signifikant für Rejectors,<br />

Ortsfeste <strong>und</strong> Umzugsmobile).<br />

Die dargestellten Ergebnisse lassen sich folgendermaßen interpretieren: Die <strong>Lebensform</strong> hat<br />

einen eigenständigen Einfluss auf das subjektive Belastungsempfinden der jeweiligen Personen,<br />

die in den verschiedenen mobilen <strong>und</strong> nicht mobilen Konstellationen leben. Bei Rejectors,<br />

Ortsfesten <strong>und</strong> Umzugsmobilen wirkt sie sich im Vergleich zu den anderen Gruppen positiv,<br />

d.h. verringernd auf die subjektiv empf<strong>und</strong>ene Belastung aus. Der Effekt der <strong>Lebensform</strong><br />

verstärkt sich, wenn nur Kinder über drei Jahren oder wenn keine Kinder im Haushalt<br />

leben. In letzterem Fall ist der Einfluss stärker, wenn die Partner verheiratet sind, als wenn sie<br />

ledig sind. Bei Fernpendlern, Shuttles <strong>und</strong> Varimobilen wirken sich die jeweiligen <strong>Lebensform</strong>en<br />

hingegen negativ auf die subjektive Belastung aus. Dieser Einfluss verstärkt sich,<br />

wenn Kinder im Haushalt leben, vor allem wenn das jüngste Kind unter drei Jahren alt ist.<br />

Diese Ergebnisse bestätigen die bisherigen Erkenntnisse: Die nur punktuelle Mobilität von<br />

Umzugsmobilen hat einen ähnlichen Effekt wie Nichtmobilität, sie stellt keine erhöhte Belastung<br />

dar – zumindest nicht langfristig. Dass dies vor allem bei verheirateten Paaren ohne Kinder<br />

bzw. bei Paaren ohne Kinder ganz allgemein der Fall ist, könnte eventuell ein Hinweis<br />

darauf sein, dass die Entscheidung für einen Umzug oder gegen Mobilität bei den entsprechenden<br />

Gruppen meist im Einvernehmen mit dem Partner getroffen wurde. Gleichzeitig waren<br />

keine größeren Abstimmungsprozesse mit weiteren Personen im Haushalt nötig. Dies<br />

wiederum würde sich positiv auf die Partnerschaft auswirken <strong>und</strong> damit die subjektive Belastung<br />

in der <strong>Lebensform</strong> verringern. Ständige Mobilität belastet dagegen die davon betroffenen<br />

Individuen, besonders wenn auch noch Kinder – <strong>und</strong> hier vor allem Kinder unter drei Jahren –<br />

im Haushalt leben. In allen drei Gruppen wurde vornehmlich über Zeitknappheit <strong>und</strong> die direkte<br />

Belastung durch das Fahren geklagt, was auch hauptsächlich für die hier gemessene,<br />

subjektiv empf<strong>und</strong>ene Gesamtbelastung verantwortlich sein dürfte.

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