Untitled - Aufgehorcht
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zipielle wissenschaftliche Arbeiten führten dazu, dass er seit der<br />
14. Auflage des Automobiltechnischen Handbuchs den Abschnitt<br />
„Kraftfahrtmechanik“ eingebracht hat. Man kann also<br />
Jante durchaus als Vater der Kraftfahrtmechanik betrachten.<br />
„Seine Leute“ mit guter Bewährung in der Praxis<br />
Eine wichtige Aufgabe an einer Hochschule ist die Ausbildung<br />
des Ingenieur-Nachwuchses. Bis zu seiner Emeritierung hat<br />
Prof. Jante über 450 Diplom-Ingenieure ausgebildet. Die Zahl<br />
kann nicht größer sein, da in der Fachrichtung Kraftfahrzeugtechnik<br />
jährlich nur 25 Studenten immatrikuliert werden durften.<br />
Ebenso hat er eine große Zahl von Doktoranden betreut<br />
und häufig zur Bearbeitung bestimmter Themen angeregt. Ein<br />
Grundsatz von ihm war: „Jeder muss einmal am Motor gearbeitet<br />
haben“. Die Ausbildung am alten IVK ist offenbar nicht<br />
schlecht gewesen, denn „seine Leute“ haben sich durchweg in<br />
vielen Positionen in Wirtschaft und Wissenschaft bewährt.<br />
Es gibt bei Prof. Jante so viele Dinge, die bei einer Würdigung<br />
genannt werden müssten. Das ist aber einfach unmöglich.<br />
Dennoch möchte ich im Zeitalter um sich greifender Fahrerassistenzsysteme<br />
ein Zitat von ihm anführen, das Zeugnis für<br />
das analytische Herangehen und seinen fordernden Weitblick<br />
ablegt: „Man wird mit wachsendem Verkehr eine für die<br />
Sicherheit so wichtige Aufgabe, die richtige Entfernung zum<br />
vorfahrenden Wagen einzuhalten, nicht mehr der Schätzung<br />
des Fahrers überlassen können, sondern wird ihm zuverlässige<br />
Hilfsmittel dafür zu Verfügung stellen müssen. Das ist eine für<br />
die Verkehrssicherheit ungeheuer wichtige Entwicklungsaufgabe<br />
und es ist zu wünschen, dass sie bald intensiv in Angriff<br />
genommen wird.“ Das Zitat datiert von 1955!<br />
Auf noch etwas möchte ich unter dem Aspekt Weitsicht hinweisen.<br />
1973 erschien in der Fachzeitschrift Kraftfahrzeugtechnik<br />
eine Veröffentlichung von Prof. Jante zum Thema<br />
Energiebilanzen, ein Beitrag, der angesichts der gegenwärtigen<br />
Diskussion über CO 2 und Klima, Ressourcenknappheit,<br />
Biokraftstoffe nach wie vor aktuell ist. Er gipfelt in dem Ausblick:<br />
„Auch wenn es<br />
gelingt, die ‚Energiedecke<br />
zu strecken‘<br />
steht für den Motorenbauer<br />
die Aufgabe,<br />
den spezifischen<br />
Kraftstoffverbrauch<br />
zu senken, an erster<br />
Stelle. Gleich danach<br />
rangiert die<br />
Aufgabe der Emissionsminderung<br />
von<br />
Schadstoffen; doch<br />
darf diese nicht auf<br />
Kosten der Kraftstoffökonomie<br />
gelöst werden. Viel<br />
eher könnte man<br />
einer Erhöhung des<br />
regenerierbaren<br />
Materialeinsatzes<br />
zustimmen.“<br />
Dr.-Ing.<br />
Manfred Bergmann<br />
1993 erhielt das Gebäude der TU Dresden, in<br />
dem Prof. Jante 25 Jahre lang wirkte, ihm zu<br />
Ehren den Namen Jante-Bau.<br />
Foto: TU Dresden<br />
AufgeHorcht<br />
Wissenschaftler, Ingenieur und Humanist<br />
Zu den Weggefährten von Prof. Jante gehörte Prof. Ernst<br />
Fiala. Der gebürtige Wiener war u. a. Versuchsingenieur<br />
bei Daimler Benz, danach ordentlicher Professor an der<br />
TU Berlin und bis 1988 Mitglied des Vorstandes der<br />
Volkswagen AG. Zum 3. Autoforum Sachsen erinnerte er<br />
in einem Festvortrag an Alfred Jante. Hier ein kleiner<br />
Auszug:<br />
Der Name Jante trat das erste Mal in mein Bewusstsein, als<br />
ich Assistent an der TH Wien war und mein verehrter<br />
Chef, Prof. Ludwig Richter, vom damals 45-jährigen Jante<br />
schwärmte: von seinen Impulsen, die er dem Motorenbau<br />
gegeben hat, seiner Gabe sich klar und griffig auszudrücken,<br />
seinem Mut sich einer schwierigen Aufgabe anzunehmen<br />
statt sich den bequemeren Weg zu wählen.<br />
Als ich Professor an der TU Berlin wurde, habe ich alle<br />
Nachbarinstitute für Kraftfahrzeuge angeschrieben und um<br />
einen Termin gebeten, um mich vorzustellen und<br />
Möglichkeiten einer Zusammenarbeit zu sondieren. Über<br />
die Einladung Jantes habe ich mich besonders gefreut. Von<br />
manchem Berliner Kollegen und Beamten wegen eines<br />
Besuchs in der DDR schief angesehen, bin ich nach<br />
Dresden gefahren und wurde von Jante in meinen hochgestellten<br />
Erwartungen weit übertroffen. Arbeit und Einrichtung<br />
seines Instituts haben mir ebenso imponiert wie<br />
die Teilnahme an einem Kolloquium, in der ein Student<br />
seine Diplomarbeit verteidigte. Jante bestand darauf, dass<br />
ich länger als geplant in Dresden blieb, einen Abend mit<br />
seiner Familie in der Pardiesgasse verbringe. Bei einem<br />
abendlichen Spaziergang kamen wir an einer Auslage vorbei,<br />
in der der Slogan „Eigentum macht frei“ drapiert war.<br />
Ich konnte mir eine anzügliche Bemerkung nicht verkneifen,<br />
was zu einer tiefsinnigen Betrachtung über die Bedeutung<br />
der Eigentumsverhältnisse von Produktionsmitteln<br />
führte. In einer Viertelstunde nahm Jante vorweg, was<br />
inzwischen von Englewood Cliffs bis Tobias Tay über die<br />
Steuerung der Kapitalströme gesagt wurde. Diese intimen<br />
Exkurse haben uns immer wieder zusammengeführt, nach<br />
Dresden, Ost-Berlin und Wolfsburg. Einmal sind wir im<br />
Berliner Zoo zwischen den Affenkäfigen hin und her<br />
gewandert, um nicht abgehört zu werden.<br />
Alfred Jante war nicht nur ein scharfsinniger Denker und<br />
Ingenieur, sondern auch ein warmherziger Mensch, der im<br />
schöpferischen Tatendrang zuhören konnte. Was hätte er<br />
in der mit der deutschen Wiedervereinigung einkehrenden<br />
Meinungsfreiheit gesagt?<br />
Alfred Jante war Humanist: Es ging ihm darum, den Menschen<br />
zu Frieden und Wohlstand zu verhelfen. Als<br />
Ingenieur und Wissenschaftler hat er sich in den Fragen<br />
Transport und Verkehr um Optimierung bemüht. Die<br />
Prozesse verstehen, Sicherheit und Effizienz erhöhen,<br />
Kraftstoff sparen – das waren seine Beiträge in einer<br />
Umgebung, die seiner Begabung Grenzen gesetzt hat.<br />
Lassen Sie uns in seinem Geiste weiter schreiten, die<br />
Probleme nicht als Katastrophe, sondern als Anregung verstehen,<br />
ohne Hast eine bessere Zukunft erstreben. (Anm.<br />
d. Red.: Prof. Fiala hat in seinem Vortrag vor allem zu aktuellen<br />
Themen von CO 2, Klima und Energieressourcen<br />
gesprochen.)<br />
02/2008 29