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Untitled - Aufgehorcht

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AufgeHorcht<br />

diesem Zeitpunkt war er Mitglied der SED. Bei einer generellen<br />

Überprüfung aller Parteimitglieder Anfang der 1950er<br />

Jahre wurde er ausgeschlossen. Zu spät erkannte die Parteileitung<br />

der TH Dresden, dass damit der direkte Parteieinfluss<br />

auf die Fakultät nicht mehr gegeben war. Mit allen erdenklichen<br />

Mitteln versuchte man, die Entscheidung rückgängig zu<br />

machen und Jante wieder zum Eintritt in die SED zu bewegen.<br />

Doch er lehnte jedes Gespräch dazu ab. Dieses Verhalten trug<br />

sicher zur Meinung bei, dass er ein sturer Kopf sei.<br />

Ehrung und Herausforderung zugleich war für ihn die Wahl<br />

zum ordentlichen Mitglied der Deutschen Akademie der<br />

Wissenschaften zu Berlin 1954 . Besonders erfreute ihn 1965<br />

die Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Fakultät<br />

Verkehrswissenschaften der TU Budapest.<br />

Ein sicher schwer zu verkraftender Schlag traf Prof. Jante mit<br />

der 3. Hochschulreform der DDR. Deren Hauptziel war es,<br />

die Macht der alten Ordinarien zu brechen. Mit Mühe konnte<br />

er erreichen, dass Motor und Fahrzeug als Lehr- und Forschungseinheit<br />

fortbestanden. Ab 1968 war er dann nicht mehr Direktor<br />

seines Instituts, sondern unterstand als Bereichsleiter<br />

einer parteidominierten Sektionsleitung. 1973 wurde Prof.<br />

Jante emeritiert. Auch danach kam er noch stundenweise ins<br />

IVK und war jederzeit für Fragen und Konsultationen offen,<br />

was von uns alten Kollegen gern genutzt wurde.<br />

Betrachtet man das wissenschaftliche Werk von Prof. Jante im<br />

Überblick, kann man dem nur höchste Bewunderung zollen,<br />

und man steht bei der Hervorhebung von etwas Besonderem<br />

ob der Vielzahl der Einzelthemen und Problemkreise vor einer<br />

schier unlösbaren Aufgabe. Diese Schwierigkeit hat er offenbar<br />

auch selbst erkannt, denn in seiner fachlichen Rückschau aus<br />

dem Jahre 1982 schreibt er selbst: „Als ich nach Jahrzehnten<br />

einen alten Studienfreund – einer anderen Fachrichtung – traf<br />

und wir uns unterhielten, meinte er: ‚Na ja, Du hast 25 Jahre an<br />

der TU gewirkt und was ist dabei heraus gekommen?‘ Diese<br />

Frage gab mir zu denken, den wer sollte sie beantworten, wenn<br />

nicht ich selbst?“<br />

Mit Verweis auf die zugehörigen Literaturstellen führte er<br />

dann eine Reihe von Themen an, die er als besonders wichtig<br />

und prägend angesehen hat. Im Einzelnen sind dies: Kreisprozess-Charakteristiken,<br />

rationelle Teillastverfahren, thermische<br />

Aufladung, Bezugs-Kreisprozesse, Motoren-Kennfelder, Normal-<br />

Fahrzustands-Diagramm, grafische Verfahren zur Fahrplanung,<br />

Getriebeauslegung, Fahrleistung, Fahrgeschwindigkeit und<br />

Fahrzeugabstand, Luftwiderstand, Gemischbildung und -verteilung<br />

am Ottomotor, Spülbilder, Auspuff-Druckwellen, Simpelmotor,<br />

Traktoren, Mechanik des Ausgleichsgetriebes, Lenkgetriebe,<br />

Anfahrvorgang und Brennverlauf nach WIEBE. Vieles<br />

aber fehlt in der Aufzählung wie die theoretischen und praktischen<br />

Untersuchungen für Diesel-Einspritzung. Die angeführte<br />

umfangreiche Literaturzusammenstellung gibt jedoch Auskunft<br />

über viele andere Themenkreise, die von ihm initiiert im IVK<br />

bearbeitet wurden.<br />

Besonders hervorheben möchte ich seine Arbeiten zu Motoren-Kennfeldern.<br />

Bereits 1930 hatte er das klassische Kennfeld<br />

entwickelt, in das zusätzlich Leistungshyperbeln und verschiedene<br />

Iso-Linien eingetragen werden können. Darauf griff<br />

er bei der Entwicklung des Normal-Fahrzustands-Diagramms<br />

zurück, das ebenfalls einen wesentlichen Baustein seines<br />

Lebenswerkes bildet. Sehr am Herzen lag ihm bei den<br />

Verbrennungsmotoren die Verbesserung des thermischen<br />

Wirkungsgrades, d. h. in der Praxis die Senkung des spezifischen<br />

Kraftstoffverbrauchs. Mit seinen Kreisprozess-Charak-<br />

28<br />

02/2008<br />

teristiken schuf er die Grundlagen für die genaue Beurteilung<br />

und den exakten Vergleich von einzelnen, unterschiedlichen<br />

Kreisprozessen und wollte objektiv aufzeigen, wo Verbesserungspotenziale<br />

liegen. Das ist insbesondere für Teillastzustände,<br />

die im Wesentlichen in der Praxis vorliegen, von größter<br />

Bedeutung. Prof. Jante zeigte damit Wege zu rationellen<br />

Teillastverfahren auf. Die von ihm u. a. genannten Möglichkeiten<br />

wie variable Ventilsteuerzeiten, Zylinderabschaltung und<br />

Verdichtungsregelung sind heute Realität – damals waren sie<br />

Visionen.<br />

Entwickler des Normal-Fahrzustands-Diagramms<br />

Nachhaltig beeinflusst hat sein späteres Tun die Aufgabe zur<br />

Auswertung der Standard-30-Tagefahrt auf dem Nürburgring.<br />

20 verschiedene Serienfahrzeuge unterschiedlicher Fabrikate<br />

fuhren 30 Tage lang auf dem Ring und mussten objektiv bewertet<br />

sowie übersichtlich verglichen werden. Um dies zu ermöglichen,<br />

entwickelte Alfred Jante bereits 1931 das – man kann<br />

schon sagen – geniale Normal-Fahrzustands-Diagramm (NFD).<br />

In diesem Diagramm wird für ein konkretes Fahrzeug unter<br />

Berücksichtigung aller Fahrwiderstände die verfügbare Zugkraft,<br />

durch Bezug auf das Fahrzeuggewicht, dimensionslos als<br />

relativ freie Zugkraft über der Fahrgeschwindigkeit für jeden<br />

Gang einschließlich der Kraftstoffverbrauchslinien dargestellt.<br />

Damit ist es möglich, den direkten Vergleich z. B. eines 44-<br />

Tonnen-Lastzugs mit einem Moped vorzunehmen. Anlässlich<br />

des 75. Geburtstages von Jante 1983 haben wir ihm zu Ehren<br />

für das NFD die Bezeichnung Jante-NFD eingeführt. Diese<br />

frühen grundlegenden Arbeiten und nachfolgend weitere prin-<br />

Das Normal-Fahrzustands-Diagramm von Jante, einer der Meilensteine in<br />

seinem Schaffen.

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