Untitled - Aufgehorcht
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Der F8 hatte zwar eine kunstlederbezogene Holzkarosserie,<br />
jedoch wurden für die Kotflügel und Motorhauben Karosseriebleche<br />
gebraucht, so dass erhebliche Störungen entstanden und<br />
oft unfertige Fahrzeuge das Werksgelände füllten. Von dem im<br />
Krieg stark gebeutelten Osten konnte nur geringe Hilfe erwartet<br />
werden. Die Leitung des Fahrzeugbaus hatte daher die Vorstellung,<br />
nicht nur für die oft zu komplettierenden Teile, sondern<br />
auch für einen neu zu entwickelnden Pkw eine Möglichkeit zum<br />
Austausch des Karosserieblechs zu schaffen. Ein geeignetes Material<br />
war für diese Zwecke zu finden. Das in erster Linie in Betracht<br />
kommende Polyesterharz und alkaliarme Glasfaser als Verstärkungsmittel<br />
standen nicht zur Verfügung. Eigene Entwicklungen<br />
wurden notwendig. Daran waren viele Bedingungen geknüpft.<br />
1. Die erforderlichen Rohstoffe mussten im eigenen Land<br />
vorhanden oder preisgünstig beschaffbar sein.<br />
2. Die für die Herstellung notwendigen Maschinen und Vorrichtungen<br />
mussten in der DDR mit eigenen Kräften möglich<br />
oder im Produktionssortiment des Landes vorhanden sein.<br />
3. Die Verpressung der Teile sollte mit Rücksicht auf die<br />
Pressenkosten bei wesentlich geringeren Drücken möglich<br />
werden als sie bei Pressmassen üblich waren.<br />
4. Die herzustellenden Teile mussten sich nach noch zu entwickelnden<br />
Verfahren mit dem Karosseriegerippe verbinden<br />
lassen.<br />
5. Das Verfahren musste die Produktion höherer Serienstückzahlen<br />
ermöglichen und sollte daher weitgehend mechanisierbar<br />
sein.<br />
6. Die Witterungsbeständigkeit von Stahlblech war zu übertreffen.<br />
7. Es sollte eine Massesenkung gegenüber Blech erzielt werden.<br />
8. Das Material musste lackierbar sein.<br />
9. Die Kosten vergleichbarer Stahlblechformteile sollten nicht<br />
überschritten werden.<br />
Arbeitsergebnisse vor und nach 1945<br />
Die den Vorkriegsstand repräsentierenden typisierten Phenolharz-Pressmassen<br />
mit unterschiedlicher Faserverstärkung<br />
AufgeHorcht<br />
schieden aus, da die notwendigen Eigenschaften damit nicht<br />
erzielbar waren. Außerdem hätte man die enormen Verarbeitungsdrücke<br />
für die Großteile nicht realisieren können. Für<br />
eine Tür war damals eine Presse mit einer Druckkraft von<br />
5000 Tonnen notwendig. Für die Kunststoff-Türen des Trabant<br />
reichte infolge einer anderen Verfahrensart eine 440-Tonnen-<br />
Presse aus.<br />
Bei einem weiteren Verfahren<br />
waren Polyvinylchlorid in Dispersionsform<br />
sowie eine besondere<br />
Sorte Holzschliff und Baumwollfasern<br />
als Verstärkungsmaterial<br />
die Hauptstoffe für Pressteile, die<br />
u. a. an dieser F9-Karosserie von<br />
1952 eingesetzt wurden.<br />
Obwohl die Auto Union nie selbst Pressstoffteile hergestellt<br />
hat, nahm sie für sich die meisten Schutzrechte in Anspruch.<br />
Bis 15. März 1944 handelte es sich um 67 deutsche und 241<br />
ausländische Patentanmeldungen in Verbindung mit der Kunststoffkarosserie.<br />
Neben den üblichen Festigkeitsprüfungen führte<br />
man bei der Auto Union auch Versuche an fertigen Karosserien<br />
durch – ähnlich den späteren Crashtests – und stellte Vergleiche<br />
an mit Sperrholz sowie blechverkleideten Karosserien.<br />
Die Blechausführungen waren für den Export bestimmt. Später<br />
bezog man auch den Opel Kadett mit seiner Blechkarosserie<br />
in die Vergleiche ein und führte in der Zentralen Versuchsanstalt<br />
der Auto Union in Chemnitz letzte Crashversuche<br />
bei 50 km/h Aufprallgeschwindigkeit durch. Dabei zeigten sich<br />
die kunststoffverkleideten Karosserien überlegen. Der Zweite<br />
Weltkrieg beschränkte die Entwicklungen auf diesem Gebiet.<br />
Die Auto Union aber machte weiter und bezog den F9 mit<br />
ein, der aber eine Blechkarosserie hatte. Dächer und Kofferklappen<br />
sollten aus anderen Materialien hergestellt werden.<br />
In den 1950er Jahren gab es in mehreren Ländern Bemühungen,<br />
Kunststoffe für Karosserieteile zu verwenden, da die rostgefährdeten<br />
Bleche das Leben der Fahrzeuge begrenzten. Bei<br />
handwerklicher Fertigung blieben die Stückzahlen gering und<br />
uninteressant. Dagegen wurden und werden für verschiedene<br />
Fahrzeuge inzwischen Einzelteile aus Kunststoff eingesetzt,<br />
vorwiegend sogenannte Polyesterprepegs zur Verarbeitung<br />
im Pressverfahren.<br />
Ein Spritzgussverfahren für die serienmäßige Herstellung von<br />
Heckklappen für den Citroen 2X 19 konnte in Frankreich besichtigt<br />
werden. Die Festigkeiten lagen infolge von Faserentmischung<br />
und Faserausrichtung weit unter denjenigen des<br />
Trabant-Pressstoffs. Gute Ergebnisse erzielte man dagegen mit<br />
02/2008 19