Untitled - Aufgehorcht
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AufgeHorcht<br />
Aus der Not eine Tugend gemacht<br />
Kunststoffentwicklung für Karosserieverkleidungen Teil 1<br />
Erste Versuche zur Kunststoffverkleidung<br />
von Karosserien in Zwickau<br />
wurden mit Thermoplastfolien auf<br />
PVC-Basis durchgeführt. Ein Beispiel<br />
war dieser F8 von 1951.<br />
Kunststoff gewinnt ob seiner Gewichtsvorteile gegenüber Stahl wieder an Bedeutung für den Karosseriebau. In<br />
Sachsen stand dieses Thema bereits seit den 1930er Jahren auf der Agenda der Automobilbauer. Aus der Not<br />
eine Tugend machen mussten beispielsweise ab den 1950er Jahren die Trabantbauer in Zwickau. Über die damaligen<br />
Hintergründe und Vorgehensweisen bei der Entwicklung eines geeigneten Kunststoffes für Karosserieteile<br />
informieren die Autoren des nachfolgenden Beitrages, der u. a. Beachtung auf dem Internationalen Symposium<br />
für nachwachsende Rohstoffe 2002 in Kassel fand. Dr. Winfried Sonntag hat u. a. als Technischer Direktor<br />
des VEB Sachsenring Automobilbau Zwickau sowie als Direktor des Wissenschaftlich-Technischen Zentrums<br />
Automobilbau die Geschicke des DDR-Fahrzeugbaus mit gelenkt. Wolfgang Barthel war federführend bei der<br />
Entwicklung des Kunststoffs für die Trabant-Karosserie.<br />
In Deutschland bemühte sich die Auto Union ab 1935 um die<br />
Entwicklung eines geeigneten Kunststoffmaterials. Ziel war<br />
neben der Ablösung der mit Kunstleder verkleideten Holzkarosserien<br />
die Reduzierung des Stahlbedarfs zu Gunsten kriegswichtiger<br />
Zwecke. In das Vorhaben eingebunden waren damals<br />
die Römmler AG in Spremberg und die Dynamit AG in<br />
Troisdorf. Als Bindemittel verwendete man vorwiegend Phenolharze<br />
und probierte mit verschiedenen Verstärkungsstoffen<br />
wie Papier, Holzspänen, Holzmehl und unterschiedlichen Fasern.<br />
Nach ersten Ergebnissen wurden 1936 gepresste Türen<br />
für DKW-Karosserien zur Erprobung in den Karosserie-Herstellerbetrieb<br />
nach Spremberg geschickt. Die Festigkeiten befriedigten<br />
noch nicht. Von großem Nachteil war der erhebliche<br />
Druckaufwand bei der Teileherstellung, der die für die späteren<br />
Trabantteile erforderlichen Drücke etwa um das Zehnfache<br />
überstieg und damit enorm schwere und entsprechend teure<br />
Pressen erforderte. Die Dynamit AG verwendete in späteren<br />
18<br />
02/2008<br />
Versuchen leichter verformbares Krepppapier, das aber zu geringeren<br />
Festigkeiten führte als das Römmler-Material. Eine<br />
Weiterentwicklung gelang Dynamit nach einem Patent von<br />
Wolf und Habelschwerdt. Das Material erhielt den Namen<br />
„Pete“. In Chemnitz nannte man es dagegen „Auto-Union-<br />
Pressstoff“. Patentstreitigkeiten füllten ganze Aktenordner.<br />
Ersatz für Tiefziehblech gefragt<br />
Auch die DDR war schnell gezwungen, sich der Entwicklung<br />
von Kunststoff-Karosserieverkleidungen zu widmen. Im Rahmen<br />
des Kalten Krieges sperrten die westlichen Länder die Lieferung<br />
von Tiefziehblech. Im damaligen VEB Audi-Werke Zwickau<br />
wurden Anfang der 1950er Jahre Pkw F8 und gemeinsam mit<br />
den benachbarten Horch-Werken F9 gebaut, die man in der<br />
BRD unter der Bezeichnung 3=6 auch herstellte.