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12 AufgeHorcht Im September 1898 kam der 22-jährige, elternlose Däne Jørgen Skafte Rasmussen zum Maschinenbaustudium an das Technikum Mittweida, das zu dieser Zeit bereits einen internationalen Ruf besaß. Zunächst von wenig Ehrgeiz besessen, erfüllte er die an ihn gestellten Erwartungen nicht und musste im Oktober 1900 das Studium liquidieren. Der „Rausschmiss“ schien Wirkung zu zeigen. Er ging ins nahe Zwickau an die dortige Ingenieurschule, setzte das Studium fort und schloss im März 1902 als Maschinenbauingenieur ab. Bereits im Dezember desselben Jahres gründete er mit dem Kaufmann Ernst als Teilhaber die Firma Rasmussen & Ernst OHG in Chemnitz. Die Firma handelte zunächst mit Fremdprodukten, ab 1903 aber bereits mit Eigenentwicklungen für Zubehör und Baugruppen von Dampfkesseln. 1904 schied Teilhaber Ernst aus der Firma wieder aus. Rasmussen heiratete die Zwickauerin Theresie Liebe. Das Ehepaar bewohnte u. a. in Chemnitz das Gebäude der früheren „Alten Kunsthütte“, Annaberger Str. 25. Im Keller befand sich die Werkstatt, im Parterre das Büro, im Obergeschoss die Wohnung. Das Unternehmen entwickelte sich, Rasmussen unternahm Geschäftsreisen bis nach Russland. Die Produktionsfläche wurde zu klein. Rasmussen suchte ein geeignetes Fabrikgebäude und fand 1906 im strukturschwachen Erzgebirge nahe Zschopau die ehemalige, stillgelegte Tuchfabrik Barth. Dank seines Verhandlungsgeschickes kaufte er Fabrik und zusätzlich 25 Hektar Land für Erweiterungen mit einem Eigenkapital von nur 1000 Mark. Die Verwaltung des Unternehmens geschah noch von Chemnitz aus. 1910 ließ er seine zweite Firma als „Zschopauer Maschinenfabrik Jørgen Skafte Rasmussen, Zschopau“ im Handelsregister eintragen. 1914 hatte sich Rasmussen als erfolgreicher Unternehmer im Apparate- und Maschinenbau etabliert. Er beschäftigte bereits 150 Mitarbeiter. Grundlage seines Erfolges waren u. a. seine zahlreichen Erfindungen, die er sich als Gebrauchsmuster bzw. 02/2008 oben: Jørgen Skafte Rasmussen (1878–1964). Foto: Audi Tradition unten: Rasmussen als Student 1899 in Mittweida. Foto: ArTeG Der DKW-Vater Der Weg des Jørgen Skafte Rasmussen vom Kleinunternehmer zum Industriemagnaten Am 30. Juli 2008 jährte sich zum 130. Male der Geburtstag des DKW- Gründers Jørgen Skafte Rasmussen. Der gebürtige Däne schaffte innerhalb von nur zehn Jahren den Aufstieg zu einem der Großindustriellen in Deutschland, nicht zuletzt weil er es verstand, zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Mitarbeiter für zu lösende Aufgaben zu finden. Mit seinen zahlreichen Betriebsgründungen trug Rasmussen zur Reduzierung der hohen Arbeitslosigkeit im Erzgebirge bei. Er war eine der großen Unternehmerund Konstrukteurpersönlichkeiten der Automobilindustrie in Deutschland. Patente schützen ließ. Er bewies ein ausgesprochenes Gespür für Innovationen. Selbst mitbeteiligt an verschiedenen Firmen gab es zur Kraftfahrzeugbranche einen ersten Kontakt durch seine Beteiligung an der Elite-Motorenwerk AG in Brand- Erbisdorf, zusammen mit dem Besitzer der Chemnitzer Presto- Werke, Georg Günther. Elite produzierte neben Fahrrädern und Stationärmotoren auch Automobile. Im ersten Weltkrieg expandierte die Fabrik. Rasmussen hatte sich 1917 nahe seiner Fabrik eine repräsentative Villa errichten lassen. Er lebte solide, gediegen mit Familie, nicht pompös, mied Organisationen und Verbände. In seinem Unternehmen pflegte er einen patriarchalischen Führungsstil, sorgte sich um und für seine Beschäftigten, wie der spätere Bau der DKW- Werkssiedlung belegte, zahlte übertariflich, erwartete aber unbedingten Einsatz für das Unternehmen.
Vom Spielzeugmotor zum DKW AufgeHorcht Die Treibstoffknappheit im Ersten Weltkrieg bewog Rasmussen, sich mit der Entwicklung von Dampfkraftwagen zu beschäftigen. Er stellte den darin erfahrenen dänischen Ingenieur Mathiesen ein, es entstehen einige Prototypen. Diese Fahrzeuge sind jedoch eine Episode – was bleibt, ist der Markenname DKW, Abkürzung für Dampf Kraft Wagen. 1918 traf Rasmussen auf den Ingenieur Hugo Ruppe, der einen als Spielzeugmotor gedachten kleinen Zweitaktmotor (18 cm³; 0,25 PS) mit Schwungrad-Magnetzünder entwickelt hatte. Als Antrieb für Spielzeug war das knatternde und Abgase produzierende Maschinchen im Kinderzimmer sicher ungeeignet. Dennoch erkannte Rasmussen das Potenzial, das in dem Motor steckte. Er stellte Ruppe in seinem Unternehmen ein, und dieser konstruierte einen Zweitaktmotor, der sowohl als Stationärmotor in Handwerksbetrieben als auch als Fahrradhilfsmotor, auf dem Gepäckträger montiert, einsetzbar war – im Volksmund als „Arschwärmer“ bezeichnet. DKW wird jetzt als Das Kleine Wunder interpretiert. Das verdeutlicht auch der Werbespruch: „DKW – das kleine Wunder, läuft bergauf wie andre runter“. Rasmussen erkannte, dass sich Motorisierung in Deutschland nach dem Krieg nur „von unten“ entwickeln konnte. Motorräder, gar Autos, waren für breite Bevölkerungsschichten unerschwinglich. Mit dem Fahrrad, dem motorisierten Fahrrad, konnte diese aber Erfolg versprechend beginnen. 1921 unternahm Rasmussen seine erste Amerikareise. Er griff Henry Fords Idee der Fließbandfertigung auf. In diesem Jahr stellte er ebenfalls den 26-jährigen Ingenieur Hermann Weber ein. Er avancierte zum Leiter der Konstruktionsabteilung. Zahlreiche Innovationen bei DKW sind auf ihn zurück zu führen. Ebenfalls 1921 begann Dr. Carl Hahn als kaufmännischer Leiter im Unternehmen. Dieser brachte mit gezielter Werbung, Kundendienstschulung und Einführung der Ratenzahlung den Vertrieb maßgeblich in Schwung. Oben : Porträt aus dem Jahr 1913. Mitte: Rasmussen mit seinen Kindern Arne, Ove, Hans und Ilse (v. l.) an der Ostsee. Fotos: ArTeG links unten: Werbung für das Fahrrad mit Hilfsmotor. rechts unten: Dr. Carl Hahn kam 1921 als kaufmännischer Leiter zu DKW. Foto: Audi Tradition 02/2008 13
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