Untitled - Aufgehorcht
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Editorial<br />
Kein Ende bei den Jubiläen<br />
AufgeHorcht<br />
„Auch wenn es gelingt, die ‚Energiedecke zu strecken‘, steht für den Motorenbauer<br />
die Aufgabe, den spezifischen Kraftstoffverbrauch zu senken, an erster Stelle. Gleich<br />
danach rangiert die Aufgabe der Emissionsminderung von Schadstoffen; doch darf<br />
diese nicht auf Kosten der Kraftstoffökonomie gelöst werden. Viel eher könnte man<br />
einer Erhöhung des regenerierbaren Materialeinsatzes zustimmen.“ Dies schrieb<br />
und lehrte Prof. Dr. techn. h.c. Alfred Jante, von 1948 bis 1973 Direktor bzw.<br />
Bereichsleiter des Institutes für Verbrennungsmotoren und Kraftfahrwesen der<br />
TH/TU Dresden im Jahre 1973. Seine Erkenntnisse in der Kraftfahrtforschung<br />
haben bis heute Bestand. Prof. A. Jante wäre am 3. Juni dieses Jahres 100 Jahre alt<br />
geworden. Wir erinnern in dieser Ausgabe an diesen exzellenten Ingenieur und<br />
Wissenschaftler.<br />
Mit einer Festveranstaltung beging das August Horch Museum am 12. Juli den 20. Jahrestag seines<br />
Bestehens. Die wechselvolle Geschichte von den Ideen der Gründung der Ausstellung im<br />
VEB Sachsenring über die „Hürden der Wendezeit“ bis hin zur Gegenwart schilderte Dipl.-Ing.<br />
Roland Schulze in seinem die Zuhörer fesselnden Vortrag. Auszüge aus seiner Rede wollen wir<br />
den Lesern von „AufgeHorcht“ nicht vorenthalten. Die Leitung des August Horch Museums entschloss<br />
sich kurzfristig, in Verbindung mit diesem Jubiläum, zum Wechsel der Exponate der<br />
Sonderausstellung. So wurde die Gelegenheit wahrgenommen, die Ausstellung zum 50-jährigen<br />
Trabant-Jubiläum, die ursprünglich bis Oktober 2008 vorgesehen war, durch die Schau außergewöhnlicher<br />
„Staatskarossen“ unter dem Thema „Macht und Pracht“ zu ersetzen.<br />
Als nachfolgende Sonderausstellung wird eine Reminiszenz zum Automobilrennsport in der DDR<br />
vorbereitet – voraussichtlich zu sehen ab Oktober 2008.<br />
Jörgen Skafte Rasmussen, vor 130 Jahren in Dänemark geboren, gilt wie August Horch als sächsischer<br />
Automobilpionier. Er, der Gründer von DKW, der das Unternehmen und seine Produkte<br />
zu Weltruhm führte, übernahm 1928 die AUDI-Werke in Zwickau und legte damit den<br />
Grundstein für die 1932 mit der AUTO UNION entstehenden vier Ringe. Wir erinnern anlässlich<br />
seines 130. Geburtstages an sein Lebenswerk.<br />
Apropos – vier Ringe: Auch diese kommen aus den Feierlichkeiten nicht heraus. Im Jahr 2007,<br />
noch nicht vergessen, das Jubiläum zu 75 Jahre AUTO UNION. Aber da war doch noch etwas<br />
am 16. Juli 1909 ? Richtig – an diesem Tag gründete August Horch ein neues Unternehmen in<br />
Zwickau, das am 25. April 1910 unter dem Firmennamen AUDI-Automobilwerke GmbH in das<br />
Handelsregister eingetragen wurde.<br />
Somit - am 16. Juli 2009 begehen wir 100 Jahre AUDI. Wir freuen uns darauf.<br />
Dr. Rainer Albrecht<br />
Präsident des Gemeinnützigen Fördervereins Automobilmuseum August Horch Zwickau e. V.<br />
02/2008 3
AufgeHorcht<br />
Aus dem Inhalt<br />
300.000. Gast im Horch Museum begrüßt 6<br />
Besucherstrom hält weiter an<br />
Ein Stück mobiler Weltgeschichte<br />
Sonderausstellung „Macht und Pracht“<br />
im Horch Museum zeigt Autos von Prominenten<br />
Der letzte Horch von 1953 ist zurückgekehrt 7<br />
Verschollenes Bruhn-Fahrzeug von Texas nach Deutschland geholt<br />
Das harte Ringen um eine würdige Automobilausstellung 8–10<br />
Das heutige August Horch Museum Zwickau<br />
wurde vor 20 Jahren gegründet<br />
Nachbau des Auto Union Rennwagens Typ C 11<br />
für das Horch Museum Zwickau<br />
Aktueller Arbeitsstand und Ziele<br />
Der DKW-Vater 12–17<br />
Der Weg des Jørgen Skafte Rasmussen<br />
vom Kleinunternehmer zum Industriemagnaten<br />
Aus der Not eine Tugend gemacht 18–22<br />
Kunststoffentwicklung für Karosserieverkleidungen<br />
Das Sammlerstück Wanderer W52 Kabriolett<br />
4<br />
02/2008
AufgeHorcht<br />
Das hat der ‚Alte‘ doch schon vor 50 Jahren abgehandelt! 27–29<br />
Prof. Dr. Alfred Jante – Ingenieur und Wissenschaftler<br />
mit enormen Weitblick – 3. Autoforum Sachsen des VDI Dresden<br />
würdigte Leben und Werk anlässlich seines 100. Geburtstages<br />
am 3. Juni 2008<br />
Hart am Tod vorbei 30–33<br />
Aus dem Tagebuch eines Rennmechanikers der Auto Union – Teil 6<br />
Eine Tochter hat die Mutterrolle übernommen 34–35<br />
Westfalia Presstechnik Crimmitschau heute Hauptsitz<br />
der Westfalia Seat Parts Group – Automobilzulieferer<br />
mit Metallkompetenz für Sitz, Body und Chassis<br />
Sonderteil zur 2. Chemnitzer Oldtimermesse 36–40<br />
Mehr als 100 Autos und Motorräder werden präsentiert 36–37<br />
Mekka für Old- und Youngtimerfans auf der Messe Chemnitz<br />
Vielfalt auf zwei, drei und vier Rädern 38–39<br />
Fahrzeugmuseen bringen Kleinode mit<br />
zur 2. Chemnitzer Oldtimermesse<br />
Messe auf einen Blick – Gutschein 40<br />
Tanken an der Steckdose 42–43<br />
Elektroautos fahren aus der Nische heraus<br />
Veranstaltungskalender 44–45<br />
Aus der Leserpost – In eigener Sache<br />
02/2008 5
6<br />
AufgeHorcht<br />
300.000.<br />
Gast im Horch<br />
Museum begrüßt<br />
Besucherstrom hält weiter an<br />
45 Monate nach der Neueröffnung des<br />
August Horch Museums Zwickaus konnte<br />
Geschäftsführer Rudolf Vollnhals Anfang<br />
Juni bereits den 300.000 Besucher<br />
begrüßen. Es war für Helmut Brückner<br />
eine gelungene Überraschung, dass er<br />
mit einem Blumenstrauß und einem<br />
Ausstellungskatalog empfangen wurde.<br />
Helmut Brückner reiste mit seinen Eltern<br />
extra aus dem für einen großen Schokoladenproduzenten<br />
bekannten Stadtallendorf<br />
im Landkreis Marburg an der Lahn<br />
an, um den lebhaften Geschichten im<br />
Hause Brückner nachzugehen, die sein<br />
Großvater oft über seine Zeit bei Horch<br />
und der Auto Union in den 1930er und<br />
1940er Jahren erzählt hat. Vater Brückner<br />
stammt ursprünglich aus dem westsächsischen<br />
Langenhessen und schwärmte<br />
oft von dieser Zeit. Die Familie hat es<br />
sichtlich genossen, bei einer Privatführung<br />
im Museum dieses Jahres nochmals zu<br />
begegnen.<br />
Der Besucherstrom im Horch Museum<br />
hält unvermindert an. Erfreulich ist, das<br />
ein Großteil der Gäste wiederholt in<br />
diese Stätte automobiler Geschichte<br />
kommt.<br />
Direktor Rudolf Vollnhals (r.) begrüßte Anfang<br />
Juni Helmut Brückner aus Stadtallendorf als<br />
300.000. Gast im Horch Museum.<br />
Foto: Horch Museum<br />
02/2008<br />
Ein Stück mobiler Weltgeschichte<br />
Sonderausstellung „Macht und Pracht“<br />
im Horch Museum zeigt Autos von Prominenten<br />
Blick in die Sonderausstellung mit dem Seat-Papamobil auf dem<br />
Podest, dem Austro Daimler darunter, dem ZIL links daneben<br />
und dem Rolls Royce.<br />
Ein Austro Daimler 9/20 PS von 1910,<br />
ein Benz 28/80 PS Phaeton von 1918,<br />
ein ZIL 111 G aus den 1950er Jahren, ein<br />
Rolls Royce Phantom VI und die Sonderausführung<br />
eines Seat Panda, beide Anfang<br />
der 1980er Jahre gebaut, sind die<br />
Prunkstücke der neuen Sonderausstellung<br />
im August Horch<br />
Museum Zwickau. Das<br />
verbindende Element dieser<br />
unterschiedlichen Fahrzeuge:<br />
In ihnen wurden<br />
Prominente verschiedenster<br />
Couleur chauffiert.<br />
Diese Wagen versinnbildlichen<br />
ein Stück mobiler<br />
Weltgeschichte. „Macht<br />
und Pracht“ lautet deshalb<br />
der treffende Titel der Exposition.<br />
Der Austro Daimler war<br />
ein Geschenk des Österreichischen<br />
Automobilclubs<br />
an Kaiser Franz Josef I. zu<br />
dessen 80. Geburtstag. Er<br />
hielt eigentlich, wie sein<br />
deutscher Kollege, nicht<br />
viel von der neuartigen Fortbewegung<br />
und lehnte es ab, beim Einsteigen den<br />
Kopf zu beugen. Um ihn von den Vorteilen<br />
der Kraftfahrtechnik zu überzeugen,<br />
schuf Ferdinand Porsche einen „Kaiserwagen“<br />
mit extra hoher Karosserie,<br />
damit der Herrscher inklusive Krone erhobenen<br />
Hauptes einsteigen konnte.<br />
Den Benz, ein Sechszylinder-Sondermodell,<br />
bevorzugte der Generalfeld-<br />
marschall und Reichspräsident,<br />
Paul von Hindenburg,<br />
zu Repräsentationszwecken.<br />
In dem massiv<br />
gepanzerten ZIL wurde<br />
der ehemalige sowjetische<br />
Partei- und Staatschef,<br />
Nikita Chruschtschow,<br />
chauffiert. Der Rolls Royce<br />
diente der englischen<br />
Queen Elisabeth II. als<br />
präsentables Fortbewegungsmittel<br />
bei offiziellen<br />
Anlässen. Der neben den<br />
großen Luxuskarossen<br />
etwas unspektakuläre Seat<br />
Panda war 1982 als „Papamobil“<br />
im Einsatz. Er fuhr<br />
den damaligen Papst Johannes Paul II an<br />
den Gläubigen einer Messe im Stadion<br />
des FC Barcelona vorbei.<br />
Vor Zwickau hatte die Ausstellung bereits<br />
im Ingolstädter Audi museum mobile<br />
für Furore gesorgt. Dort waren u. a. auch<br />
Fahrzeuge mit den Vier Ringen zu sehen<br />
Der „Hindenburg-Benz“. Fotos: Ina Reichel<br />
wie ein Horch 830 BL, in dem de Gaulle<br />
gefahren ist. „Wir haben aber in diesem<br />
Zusammenhang bewusst auf die eigene<br />
Markengeschichte verzichtet“, erklärt<br />
Museumsdirektor Rudolf Vollnhals.<br />
Die Ausstellung ist noch bis Mitte<br />
Oktober im Horch Museum Zwickau zu<br />
sehen. IR<br />
www.horch-museum.de
Der letzte Horch<br />
von 1953 ist zurückgekehrt<br />
Verschollenes Bruhn-Fahrzeug von Texas nach Deutschland geholt<br />
Der letzte, jemals gebaute Horch in unrestauriertem Zustand. So war er im Juli und August im<br />
Audi museum mobile zu sehen. Foto: Audi<br />
Die großen Plüschsitze sind weit aufgerissen,<br />
der Dachhimmel ist zerfetzt, die<br />
Türverkleidungen sehen mitgenommen<br />
aus, der Innenraum riecht nach staubigen<br />
Polstern und altem Holz. Dennoch<br />
vermittelt das Fahrzeug eine gewisse<br />
Erhabenheit. Das rostschorfige Blech<br />
hat kaum an Substanz verloren. Der einzige,<br />
in Ingolstadt entstandene Horch<br />
sollte dem damaligen Chef der Auto<br />
Union GmbH, Dr. Richard Bruhn, treue<br />
Dienste leisten.<br />
Die Geschichte des letzten Horchs, der<br />
je gebaut wurde, begann 1953, als der<br />
Auto Union Geschäftsführer ein repräsentatives<br />
Fahrzeug brauchte. So entwickelte<br />
die DKW Versuchsabteilung<br />
auf Basis eines Horch 830 BL von 1938<br />
die Chauffeurslimousine. Im Juni wurde<br />
das Fahrzeug Dr. Bruhn überreicht.<br />
Später kaufte ein in Deutschland stationierter<br />
US-Soldat das Unikat und nahm es<br />
mit in seine Heimat. Irgendwann streikte<br />
das Getriebe und er gab den Wagen auf.<br />
Al Wilson, ein Autoliebhaber aus San<br />
Angelo, Texas, rettete den Horch schließlich<br />
vor der Schrottpresse. Er wusste mit<br />
der Marke Horch zwar nichts anzufangen,<br />
spürte aber, dass es sich um ein besonderes<br />
Fahrzeug handelte. So zahlte der<br />
frühere Leiter einer Schuhfabrik 500<br />
Dollar, um den Wagen mitzunehmen.<br />
Nun begann die Recherchearbeit. Er<br />
wandte sich nach Ingolstadt, an das<br />
Deutsche Museum in München und an<br />
den Experten Dr. Kirchberg in Dresden<br />
– aber niemand kannte das Auto. Dennoch<br />
behielt Al Wilson den Wagen und<br />
ließ ihn 40 Jahre auf seinem Anwesen in<br />
Texas stehen, wo er auch andere Fundstücke<br />
sammelt. Die Söhne des Texaners<br />
nahmen die Recherchearbeit wieder auf<br />
und schließlich erkannte Ralf Hornung,<br />
der bei Audi Tradition für den Ankauf und<br />
die Restaurierung von Fahrzeugen zuständig<br />
ist, das Auto: „Die Fotos zeigten<br />
eindeutig den Bruhn-Wagen, der Jahrzehnte<br />
verschollen war.“ Hornung flog<br />
unverzüglich nach Texas. Dort war Al<br />
Wilson zum Verkauf bereit: „Der Horch<br />
gehört nach Hause.“ PM<br />
Der Horch von 1953 im Neuzustand. Er wurde<br />
Richard Bruhn an dessen 67. Geburtstag übergeben.<br />
Foto: Audi<br />
AufgeHorcht<br />
02/2008 7
AufgeHorcht<br />
Das harte Ringen um eine<br />
würdige Automobilausstellung<br />
Das heutige August Horch Museum Zwickau wurde vor 20 Jahren gegründet<br />
Am Abend des 12. Juli 2008 kamen zahlreiche Gäste zu einem ganz besonderen Anlass ins August Horch<br />
Museum nach Zwickau. Mitarbeiter und Freunde des Hauses feierten das 20-jährige Bestehen dieses musealen<br />
Meisterstücks, dessen Gründung auf das Engagement früherer Sachsenring-Werker zurückgeht. Roland Schulze,<br />
zum Gründungszeitpunkt verantwortlich für Investitionen beim Trabantbauer und heute aktives Mitglied im Präsidium<br />
des Museumsfördervereins, blickte in seinem Festvortrag auf das Geschehen in den beiden Jahrzehnten zurück.<br />
Erste Gedanken, die Geschichte des<br />
sächsischen Pkw-Baus zu würdigen und<br />
museal darzustellen, gab es schon zur<br />
Jahreswende 1985/86. Zu diesem Zeitpunkt<br />
hatte sich das Geschichtsverständnis<br />
der DDR etwas geöffnet. Es<br />
wurde in Zwickau viel nach dem Wie,<br />
Wo und Wovon gesucht. Schloss Osterstein<br />
stand zur Diskussion, ebenso die<br />
Überlegung, ein Museum an einem Standort<br />
zu schaffen, welcher der Bedeutung<br />
der beiden Zwickauer Automobilwerke<br />
Horch und Audi gerecht wird.<br />
Ein nicht mehr genutzter Speisesaal im<br />
Keller, in dem früher Audi-Fahrzeuge<br />
montiert wurden, bot sich schließlich als<br />
Keimzelle der Automobilausstellung an.<br />
Für einige Fachleute war es undenkbar,<br />
in einem Keller ein Museum zu organisieren.<br />
Sie lehnten eine Mitarbeit schlichtweg<br />
ab. Dennoch begannen die Planungen.<br />
Eingeengt vom ständigen Mangel an<br />
materiellen Möglichkeiten kam nur ein<br />
stufenweiser Aufbau unter Verwendung<br />
der vorhandenen Strukturen in Frage.<br />
Die erste konstituierende Sitzung der<br />
Arbeitsgruppe „Automobilmuseum“ fand<br />
am 30. Januar 1986 statt. Es begann eine<br />
Zeit endloser Querelen um Exponate,<br />
Kosten, Raumaufteilung, Beschilderung<br />
und die Darstellung der politischen Vergangenheit.<br />
Zur zehnten Beratung wurden<br />
dann die Weichen für die Realisierung<br />
gestellt. Der Bau begann. Am 14. Juli 1988<br />
konnte der erste Bauabschnitt als betriebliche<br />
Automobilausstellung eröffnet<br />
werden. Neun Autos, fünf Motoren sowie<br />
Vitrinen mit Einzelteilen waren zu<br />
sehen. Drei weitere Horch und Audi<br />
befanden sich in der Vorbereitung. Schon<br />
damals hatte der Automobilhistoriker<br />
Prof. Peter Kirchberg (Anm. d. Red. –<br />
heute Mitglied im Museumsbeirat) in<br />
fachlich kompetenter Weise maßgeblichen<br />
Einfluss genommen.<br />
8<br />
02/2008<br />
Blick in die ehemalige Ausstellung vor dem Museumsneubau.<br />
Trotz politischer Turbulenzen wurde<br />
weiter gebaut. Am 15. Mai 1990 folgte<br />
die Übergabe des zweiten Bauabschnitts.<br />
Die Öffentlichkeit bekam<br />
Zugang zur Ausstellung. Mittlerweile<br />
waren zwölf Autos, sechs Motoren, viele<br />
Einzelstücke in Vitrinen sowie Leihgaben<br />
zu sehen. Es kamen Besucher, es wurde<br />
Eintritt erhoben, es begann ein bescheidener<br />
Museumsbetrieb.<br />
Dann setzten die Wirkungen der Wende<br />
ein. Das Sachsenring-Werk in Liquidation<br />
war Rechtsträger. Die Suche nach einem<br />
beständigen, zukunftssicheren Partner<br />
begann. Sachsenring hat von Anfang an<br />
den Standpunkt vertreten, dass das Mu-<br />
seum als Kulturstätte der Stadt Zwickau<br />
erhalten werden müsse. Dieser Tenor<br />
wurde so stark, dass er allen anderen<br />
und vor allem sinnwidrigen Ideen widerstehen<br />
konnte.<br />
Am 30. April 1991 lief der letzte Trabant<br />
vom Fließband. Die Rechtsträgervariante<br />
„Sachsenring“ wurde immer riskanter.<br />
Es gab jedoch auch Akteure, die immer<br />
so gehandelt haben, als hätten sie gewusst,<br />
dass dieses Museum trotz „Schräglage“<br />
wie Phönix aus der Asche neu<br />
erstehen wird. Männern wie Jürgen<br />
Pönisch, Dietmar Singer, Dr. Werner<br />
Lang, Dr. Werner Reichelt, Dr. Winfried<br />
Sonntag und Prof. Franz Meißner gebührt
Dank und Anerkennung. Eine solche<br />
Gruppe von Pionieren, darunter auch<br />
der frühere Generaldirektor der VVB<br />
Auto, Kurt Lang, kam auf die Idee, einen<br />
Förderverein zu bilden, da ein Verein<br />
doch einen gewissen Schutz genießt. Am<br />
27. Januar 1992 erfolgte die Gründung.<br />
Erster Präsident war Prof. Meißner.<br />
Die Zeit bis 1996 war bestimmt vom<br />
Kampf um Fördergelder, Bemühungen<br />
um eine sichere Trägerschaft, Klärung<br />
von Raum- und Personalfragen und<br />
neben der Sicherung des täglichen Museumsbetriebes<br />
vor allem von der Sorge<br />
um die Zukunft. Von 1991 bis 1993<br />
wurde das Museum von der SAQ verwaltet<br />
(Anm. d. Red. – einer Auffanggesellschaft,<br />
die im Zuge der Sachsenring-<br />
Liquidation entstand), 1993 bis 1994<br />
durch den Förderverein, 1995 bis 2000<br />
wieder durch die in Liquidation befindlichen<br />
Sachsenring-Werke.<br />
In all den Jahren waren jedoch die<br />
Mitglieder des Fördervereins die eigentlichen<br />
Museumsbetreiber. In all den Jahren<br />
stand die Museumsarbeit unter den<br />
von Anfang an geprägten gemeinnützigen<br />
Leitlinien, eine Ganzheit der Entwicklung<br />
von 1904 an durch alle Etappen<br />
hindurch zu zeigen, die Geschichte des<br />
Sehr viele Freunde des Museums waren zur<br />
Feier anlässlich des 20. Gründungsjahrestages<br />
gekommen.<br />
Museumsdirektor Rudolf Vollnhals (l.) mit den<br />
beiden langjährigsten Museumsmitarbeitern<br />
Andrea Heinemann und Jürgen Pönisch.<br />
AufgeHorcht<br />
Kulturgutes verständlich und umfassend<br />
ohne Gewinnstreben zu dokumentieren<br />
und zugänglich zu machen sowie die<br />
hohe Qualifikation der Mitarbeiter und<br />
ihre Motivation für die Entwicklung der<br />
Ausstellung zu nutzen.<br />
Von vielen Sorgen und Spannungen<br />
spürten die Besucher nichts. 1994 waren<br />
es nach jährlichem Anstieg von 15 bis 20<br />
Prozent insgesamt schon 21.600 Gäste.<br />
1995 stand es, trotz jahrelanger Mühen,<br />
schlecht um die Sache. Die Fahrzeuge<br />
sollten an das Land Sachsen gegeben,<br />
ein anderer Verein Betreiber werden.<br />
Damals hatte das Haus schon etwa 25<br />
Fahrzeuge, 1800 Fotos, Poster, Berichte,<br />
Dias, Bücher, Zeichnungen und andere<br />
Dokumente, weiterhin 2000 Ersatzteile,<br />
Einzelstücke vom Bremszylinder bis zur<br />
Zündkerze. Und es wurden Bücher geschrieben,<br />
die hinausgingen und auch den<br />
Namen Horch in einprägsamer Weise<br />
wiederbelebt haben. Im Ergebnis setzten<br />
sich jene Kräfte durch, die allein der<br />
gemeinnützigen Tradition folgend das<br />
Museum weiterbetrieben haben, ohne<br />
persönliche Nutzen zu ziehen.<br />
Elf Jahre nach Eröffnung des ersten Bauabschnitts<br />
waren dann 1999 die größten<br />
Hindernisse überwunden. Audi und die<br />
02/2008 9
AufgeHorcht<br />
Festredner Roland Schulze in der heutigen Ausstellung.<br />
Stadt Zwickau haben damals wesentliche<br />
Prämissen für den Museumsfortbestand<br />
festgeschrieben. Dazu gehörte die<br />
klare Aussage, dass die Stadt das Museum<br />
braucht, und der Förderverein die fachlichen<br />
Voraussetzungen hat, das Museum<br />
zu führen. Audi bekannte weiter, das<br />
Museum nicht betreiben zu wollen, aber<br />
Voraussetzungen für Restaurierung und<br />
Fortbestand zu schaffen, sobald die Besitzverhältnisse<br />
geklärt seien. Diese vernunftgetragene<br />
Haltung von Audi und<br />
der Stadt ist bis heute erhalten, und alle<br />
sind stolz auf die hervorragende Zusammenarbeit.<br />
Im Jahr 2000 passierten die entscheidenden<br />
Schritte. Grundstücks- und Eigentumsfrage<br />
wurden geklärt. Am 12. Dezember<br />
erfolgte die Gründung der<br />
August Horch Museum Zwickau gGmbH,<br />
an der zu je 50 Prozent Audi sowie die<br />
Stadt Zwickau Anteile halten. Ein Beirat<br />
wurde gebildet. Geschäftsführer Rudolf<br />
Vollnhals begann sofort, die Aktivitäten<br />
für den umfangreichen Umbau voranzutreiben.<br />
An einem internationalen<br />
Architektenwettbewerb nahmen 800<br />
Planer teil. Möglich wurden die umfassende<br />
Sanierung und Neugestaltung<br />
10<br />
02/2008<br />
durch eine Spende der Audi AG in Höhe<br />
von 6,6 Millionen Euro, die durch Fördermittel<br />
von Bund und Land auf 8,4<br />
Millionen Euro aufgestockt wurde.<br />
Am 27. September 2002 war Spatenstich.<br />
Am 10. September 2004 konnte das<br />
Museum im neuen Glanz am alten<br />
Standort der Audi-Produktionsstätte eröffnet<br />
werden. Die Innenräume hat die<br />
Agentur Ö-Konzept in kaum zu überbietender<br />
Anschaulichkeit unter Mithilfe<br />
von erfahrenen Fachleuten gestaltet. Ein<br />
Jahr später schon kam ein ergänzender<br />
Abschnitt mit der Darstellung von automobilen<br />
Technologiethemen jener Zeit,<br />
Rundkino und der Horch-Villa dazu. Die<br />
Ausstellungsfläche wurde auf jetzt 3000<br />
Quadratmeter erweitert. Bereits ein<br />
Jahr nach der Eröffnung, am 25. September<br />
2005, wurde der 100.000. Gast<br />
begrüßt. Ab sofort finden die Besucher<br />
auch noch einen neuen Parkplatz vor.<br />
Trotz Flächenzuwachs konnten nicht alle<br />
Wünsche der Experten vollständig<br />
berücksichtigt werden. So hätte der<br />
Förderverein ganz gern noch die für die<br />
Zwickauer so wichtige Duroplasttechnologie<br />
im Original untergebracht. Das<br />
ging aber nicht. Entscheidend dabei aber<br />
ist etwas ganz anderes: In diesen Fällen<br />
nämlich wurden immer Lösungen gefunden,<br />
die einerseits der Bedeutung des<br />
Details und andererseits auch der Verhältnismäßigkeit<br />
der Gesamtdarstellung<br />
gerecht wurden.<br />
Heute zeigt sich folgendes Bild: Geklärte<br />
Rechtsträgerschaft, koordinierte Interessenlage,<br />
weitsichtige Führungsarbeit,<br />
engagierte Mitarbeiter, gute Freunde<br />
und Partner sowie ein reger Förderverein<br />
erzeugen die feste Gewissheit für anhaltende<br />
Erfolge und höchste Besucherzahlen.<br />
Sonderschauen, Vorträge, Firmentreffen,<br />
Sonderführungen, Kulturveranstaltungen<br />
und andere Höhepunkte<br />
hier im Haus ergänzen die Quelle automobilen<br />
Wissens in hervorragender Art<br />
und Weise. Zuverlässigkeit ist eine der<br />
edlen Eigenschaften des Museums. In all<br />
den Jahren der Not, des Umbaus und<br />
der Neustrukturierung war das Haus<br />
außer an den planmäßigen Schließtagen<br />
immer geöffnet. Besucher achten und<br />
die hohen Anforderungen erfüllen, so<br />
heißt heute das Erfolgsrezept.<br />
Diesen hohen Status danken wir auch<br />
den vielen genannten und ungenannten<br />
Männern und Frauen der vergangenen<br />
Arbeitsjahre. Heute kann das Museum<br />
70 Autos zeigen, und es können zu gleicher<br />
Zeit zwei oder drei Veranstaltungen<br />
mit Leihgaben bedient werden. Der Anspruch<br />
und die Güte einer musealen Einrichtung,<br />
die durch Sammeln, Bewahren<br />
und Erhalten von Zeugnissen einer gelebten<br />
Vergangenheit die Funktion eines<br />
kollektiven Gedächtnisses wahrnehmen<br />
soll, wird dann in hohem Maße erfüllt,<br />
wenn auch der Betrachter aus der<br />
Gegenwart diesen Wert erkennen kann.<br />
Ein Blick in das Gästebuch bestätigt nicht<br />
nur das Gesagte, nein, es zeigt auch den<br />
Grad der Bekanntheit des Hauses, den<br />
es sich in wenigen Jahren erworben hat.<br />
Besucher aus den USA, Brasilien, Argentinien,<br />
Kolumbien, Chile, Russland, Weißrussland,<br />
der Ukraine, Usbekistan, Japan,<br />
China, Australien, Sri Lanka oder Malaysia<br />
haben neben vielen Eintragungen aus<br />
dem Inland ihre Zustimmung bekundet.<br />
2006 wurde das Museum im Wettbewerb<br />
„Land der Ideen“ mit dem Ehrentitel<br />
„Ort der Ideen“ ausgezeichnet.<br />
Ebenso ist es einer der 50 Deutschen<br />
Ankerpunkte in der „Route der industriellen<br />
Kultur Europas“.<br />
Aus dem Festvortrag von Roland Schulze<br />
zum 20-jährigen Gründungsjubiläum<br />
des August Horch Museums Zwickau<br />
Fotos: Horch-Museum
Nachbau des Auto Union<br />
Rennwagens Typ C für<br />
das Horch Museum Zwickau<br />
Aktueller Arbeitsstand und Ziele bis 2009<br />
Vorbereitung des Rennwagens für die im Vorjahr<br />
erfolgte Ausstellung im Horch Museum.<br />
Bis auf die in der dritten Etappe des Nachbaus<br />
erforderliche Triebwerkkonstruktion<br />
einschließlich Zündelektrik wurden alle<br />
weiteren Komponenten des Typ C aufwändig<br />
nachkonstruiert. Die Daten stehen<br />
als 3D + 2D Zeichnungen in CATIA<br />
V5 mit den entsprechenden Stücklisten<br />
zur Verfügung.<br />
In der Fertigung haben wir in der ersten<br />
Baustufe Karosserie, Chassisrahmen,<br />
Cockpit (Sitz, Instrumententafel mit Instrumenten,<br />
Lenksäule und das Pedalwerk)<br />
sowie Wasser- und Ölkühlerblock realisiert<br />
und nach Lackierung und Montage<br />
am 29. Mai 2007 im Horch Museum zur<br />
Ausstellung gebracht. Dieser Stand konnte<br />
nur mit kostenlosen Leistungen von Sponsorfirmen,<br />
umfangreicher ehrenamtlicher<br />
Arbeit von Fördervereinsmitgliedern und<br />
durch Spenden geschaffen werden.<br />
Wir arbeiten daran, die zweite Baustufe<br />
im zweiten Halbjahr 2009 abzuschließen.<br />
Sie umfasst Bau und Nachrüstung des<br />
Fahrwerks mit Vorder- und Hinterachse,<br />
Lenk- und Bremssystem sowie äußerer<br />
Getriebeschaltung, Wasser- und Ölkühlsystem.<br />
Aufgrund der nur aus Spenden<br />
verfügbaren finanziellen Mittel kann auch<br />
der weitere Fortgang der Arbeiten zur<br />
Realisierung der 2.Baustufe nur mit wei-<br />
Der Rennwagen nach Realisierung der ersten Baustufe<br />
im Horch Museum. Fotos: FES<br />
teren kostenlosen Leistungen von Sponsorfirmen,<br />
Spenden von Firmen, Institutionen<br />
und Personen sowie umfangreicher<br />
ehrenamtlicher Arbeit von Mitgliedern des<br />
Fördervereins oder anderer Freunde dieses<br />
Projekts erreicht werden.<br />
Folgende Leistungen müssen erbracht<br />
bzw. aus Spenden finanziert werden:<br />
– Herstellung von Stahl- und Al-Gießmodellen<br />
– Gießen der Stahl- und Al-Gussteile<br />
– Mechanische Fertigung (Drehen, Fräsen,<br />
Bohren, Schleifen u. a.) insbesondere<br />
der Fahrwerkteile<br />
– Oberflächengalvanik<br />
– Bau/Beschaffung Wasser- und Ölkühler<br />
– Bau/Beschaffung/Montage von Lenksystem,<br />
Bremssystem, Wasser- und Ölkühlsystem.<br />
– Bau/Beschaffung Haupt- und Radbremszylinder<br />
– Herstellung/Beschaffung Felgen/Reifen/<br />
Räder<br />
– Montagearbeiten<br />
Ein wesentlicher Teil der genannten Arbeiten<br />
ist bereits realisiert, dennoch freuen<br />
wir uns über weitere materielle und finanzielle<br />
Unterstützungen.<br />
Rainer Mosig<br />
Projektleiter<br />
AufgeHorcht<br />
Erneut großzügige<br />
Spende für Rennwagen<br />
Die Sparkasse Zwickau hat<br />
dem Förderverein des<br />
Horch Museums erneut eine<br />
großzügige Spende überreicht.<br />
Der Scheck in Höhe<br />
von 1000 Euro ist als weitere<br />
Unterstützung für den<br />
Nachbau des Rennwagens<br />
Typ C der Auto Union gedacht.<br />
Der Förderverein<br />
dankt herzlich für die kontinuierliche<br />
Hilfe des Geldinstituts<br />
bei der Realisierung<br />
des anspruchsvollen Projekts.<br />
Weitere Unterstützung für<br />
das Projekt Nachbau<br />
Rennwagen Typ C nimmt<br />
der Förderverein gern<br />
entgegen:<br />
Gemeinnütziger<br />
Förderverein<br />
Automobilmuseum<br />
August Horch Zwickau e.V.<br />
Audistraße 7<br />
08058 Zwickau<br />
Tel. 0375-2706587<br />
(dienstags und donnerstags<br />
jeweils 9.00 bis 11.00 Uhr)<br />
Fax 0375-2706587<br />
E-Mail:<br />
foerderverein<br />
@horch-museum.de<br />
Internet:<br />
http://foerderverein.<br />
horch-museum.de<br />
Spendenkonto:<br />
Sparkasse Zwickau<br />
BLZ 870 550 00<br />
Konto-Nr. 22 12 00 03 51<br />
Kennwort: RWC<br />
02/2008 11
12<br />
AufgeHorcht<br />
Im September 1898 kam der 22-jährige, elternlose Däne Jørgen<br />
Skafte Rasmussen zum Maschinenbaustudium an das Technikum<br />
Mittweida, das zu dieser Zeit bereits einen internationalen<br />
Ruf besaß. Zunächst von wenig Ehrgeiz besessen, erfüllte<br />
er die an ihn gestellten Erwartungen nicht und musste im<br />
Oktober 1900 das Studium liquidieren. Der „Rausschmiss“<br />
schien Wirkung zu zeigen. Er ging ins nahe Zwickau an die<br />
dortige Ingenieurschule, setzte das Studium fort und schloss<br />
im März 1902 als Maschinenbauingenieur ab.<br />
Bereits im Dezember desselben Jahres gründete er mit dem<br />
Kaufmann Ernst als Teilhaber die Firma Rasmussen & Ernst<br />
OHG in Chemnitz. Die Firma handelte zunächst mit Fremdprodukten,<br />
ab 1903 aber bereits mit Eigenentwicklungen für<br />
Zubehör und Baugruppen von Dampfkesseln. 1904 schied<br />
Teilhaber Ernst aus der Firma wieder aus. Rasmussen heiratete<br />
die Zwickauerin Theresie Liebe. Das Ehepaar bewohnte u. a.<br />
in Chemnitz das Gebäude der früheren „Alten Kunsthütte“,<br />
Annaberger Str. 25. Im Keller befand sich die Werkstatt, im<br />
Parterre das Büro, im Obergeschoss die Wohnung. Das Unternehmen<br />
entwickelte sich, Rasmussen unternahm Geschäftsreisen<br />
bis nach Russland.<br />
Die Produktionsfläche wurde zu klein. Rasmussen suchte ein<br />
geeignetes Fabrikgebäude und fand 1906 im strukturschwachen<br />
Erzgebirge nahe Zschopau die ehemalige, stillgelegte Tuchfabrik<br />
Barth. Dank seines Verhandlungsgeschickes kaufte er Fabrik<br />
und zusätzlich 25 Hektar Land für Erweiterungen mit einem<br />
Eigenkapital von nur 1000 Mark. Die Verwaltung des Unternehmens<br />
geschah noch von Chemnitz aus. 1910 ließ er seine<br />
zweite Firma als „Zschopauer Maschinenfabrik Jørgen Skafte<br />
Rasmussen, Zschopau“ im Handelsregister eintragen.<br />
1914 hatte sich Rasmussen als erfolgreicher Unternehmer im<br />
Apparate- und Maschinenbau etabliert. Er beschäftigte bereits<br />
150 Mitarbeiter. Grundlage seines Erfolges waren u. a. seine<br />
zahlreichen Erfindungen, die er sich als Gebrauchsmuster bzw.<br />
02/2008<br />
oben: Jørgen Skafte Rasmussen (1878–1964). Foto: Audi Tradition<br />
unten: Rasmussen als Student 1899 in Mittweida. Foto: ArTeG<br />
Der DKW-Vater<br />
Der Weg des Jørgen Skafte Rasmussen<br />
vom Kleinunternehmer zum Industriemagnaten<br />
Am 30. Juli 2008 jährte sich zum 130. Male der Geburtstag des DKW-<br />
Gründers Jørgen Skafte Rasmussen. Der gebürtige Däne schaffte innerhalb<br />
von nur zehn Jahren den Aufstieg zu einem der Großindustriellen in<br />
Deutschland, nicht zuletzt weil er es verstand, zum richtigen Zeitpunkt die<br />
richtigen Mitarbeiter für zu lösende Aufgaben zu finden. Mit seinen zahlreichen<br />
Betriebsgründungen trug Rasmussen zur Reduzierung der hohen<br />
Arbeitslosigkeit im Erzgebirge bei. Er war eine der großen Unternehmerund<br />
Konstrukteurpersönlichkeiten der Automobilindustrie in Deutschland.<br />
Patente schützen ließ. Er bewies ein ausgesprochenes Gespür<br />
für Innovationen. Selbst mitbeteiligt an verschiedenen Firmen<br />
gab es zur Kraftfahrzeugbranche einen ersten Kontakt durch<br />
seine Beteiligung an der Elite-Motorenwerk AG in Brand-<br />
Erbisdorf, zusammen mit dem Besitzer der Chemnitzer Presto-<br />
Werke, Georg Günther. Elite produzierte neben Fahrrädern<br />
und Stationärmotoren auch Automobile.<br />
Im ersten Weltkrieg expandierte die Fabrik. Rasmussen hatte<br />
sich 1917 nahe seiner Fabrik eine repräsentative Villa errichten<br />
lassen. Er lebte solide, gediegen mit Familie, nicht pompös,<br />
mied Organisationen und Verbände. In seinem Unternehmen<br />
pflegte er einen patriarchalischen Führungsstil, sorgte sich um<br />
und für seine Beschäftigten, wie der spätere Bau der DKW-<br />
Werkssiedlung belegte, zahlte übertariflich, erwartete aber<br />
unbedingten Einsatz für das Unternehmen.
Vom Spielzeugmotor zum DKW<br />
AufgeHorcht<br />
Die Treibstoffknappheit im Ersten Weltkrieg bewog Rasmussen,<br />
sich mit der Entwicklung von Dampfkraftwagen zu beschäftigen.<br />
Er stellte den darin erfahrenen dänischen Ingenieur Mathiesen<br />
ein, es entstehen einige Prototypen. Diese Fahrzeuge sind jedoch<br />
eine Episode – was bleibt, ist der Markenname DKW,<br />
Abkürzung für Dampf Kraft Wagen.<br />
1918 traf Rasmussen auf den Ingenieur Hugo Ruppe, der einen<br />
als Spielzeugmotor gedachten kleinen Zweitaktmotor (18 cm³;<br />
0,25 PS) mit Schwungrad-Magnetzünder entwickelt hatte. Als<br />
Antrieb für Spielzeug war das knatternde und Abgase produzierende<br />
Maschinchen im Kinderzimmer sicher ungeeignet.<br />
Dennoch erkannte Rasmussen das Potenzial, das in dem Motor<br />
steckte. Er stellte Ruppe in seinem Unternehmen ein, und dieser<br />
konstruierte einen Zweitaktmotor, der sowohl als Stationärmotor<br />
in Handwerksbetrieben als auch als Fahrradhilfsmotor,<br />
auf dem Gepäckträger montiert, einsetzbar war – im Volksmund<br />
als „Arschwärmer“ bezeichnet. DKW wird jetzt als Das Kleine<br />
Wunder interpretiert. Das verdeutlicht auch der Werbespruch:<br />
„DKW – das kleine Wunder, läuft bergauf wie andre runter“.<br />
Rasmussen erkannte, dass sich Motorisierung in Deutschland<br />
nach dem Krieg nur „von unten“ entwickeln konnte. Motorräder,<br />
gar Autos, waren für breite Bevölkerungsschichten unerschwinglich.<br />
Mit dem Fahrrad, dem motorisierten Fahrrad,<br />
konnte diese aber Erfolg versprechend beginnen.<br />
1921 unternahm Rasmussen seine erste Amerikareise. Er griff<br />
Henry Fords Idee der Fließbandfertigung auf. In diesem Jahr<br />
stellte er ebenfalls den 26-jährigen Ingenieur Hermann Weber<br />
ein. Er avancierte zum Leiter der Konstruktionsabteilung. Zahlreiche<br />
Innovationen bei DKW sind auf ihn zurück zu führen.<br />
Ebenfalls 1921 begann Dr. Carl Hahn als kaufmännischer Leiter<br />
im Unternehmen. Dieser brachte mit gezielter Werbung,<br />
Kundendienstschulung und Einführung der Ratenzahlung den<br />
Vertrieb maßgeblich in Schwung.<br />
Oben : Porträt aus dem Jahr 1913.<br />
Mitte: Rasmussen mit seinen Kindern Arne, Ove, Hans und Ilse (v. l.) an der Ostsee.<br />
Fotos: ArTeG<br />
links unten: Werbung für das Fahrrad mit Hilfsmotor.<br />
rechts unten: Dr. Carl Hahn kam 1921 als kaufmännischer Leiter zu DKW.<br />
Foto: Audi Tradition<br />
02/2008 13
14<br />
AufgeHorcht<br />
1922 konstruierte Weber ein Leichtmotorrad (148 cm³; 2,5 PS)<br />
das bei Rennen, z. B. der ADAC-Reichsfahrt, sehr erfolgreich<br />
ist – DKW nannte es „Reichsfahrtmodell“. Im Juni wurde der<br />
20.000. DKW-Motor ausgeliefert.<br />
Expansionen zwischen Erzgebirge und Berlin<br />
1923 erfolgte die Umwandlung des Unternehmens in eine Aktiengesellschaft,<br />
die „Zschopauer Motorenwerke J. S. Rasmussen<br />
AG“. Das Aktienkapital befand sich nahezu vollständig im Besitz<br />
von Rasmussen. Das Unternehmen expandierte rasant. Der<br />
damals 1906 preiswert erworbene Immobilienbesitz war nunmehr,<br />
nach Einführung der Rentenmark, ein Vielfaches wert.<br />
Bei den Banken war Rasmussen außerordentlich kreditwürdig,<br />
und er nutzte die sich bietenden Offerten. Damit geriet er<br />
aber auch schleichend in Abhängigkeit, vornehmlich bei der<br />
Sächsischen Staatsbank. Er ging daran, sein Unternehmen zu<br />
einem Großunternehmen auszubauen. Sein Ziel war ein sich<br />
selbst tragender Konzern. In rascher Folge kaufte bzw. gründete<br />
er von 1922 bis 1930 zwölf Unternehmen. Dazu gehörten<br />
die Metallwerke Zöblitz mit Zweigbetrieben und die Sattelfabrik<br />
Frankenberg (Fahrrad- u. Motorradsättel) aus der die<br />
Framo-Werke GmbH entstand. 1924 übernahm Rasmussen die<br />
Slaby-Beringer Automobil GmbH Berlin, an der er sich schon<br />
seit 1919 beteiligte, da er die kleinen, leichten Elektrofahrzeuge<br />
Dr. Slabys äußerst innovativ fand. Das Werk wurde unter Rasmussen<br />
zum Karosseriehersteller für die DKW-Produktion im<br />
Zwickauer Audi-Werk und in Berlin sowie zum Produzenten<br />
der „großen“ Pkw. 1925 folgte die Gründung der Elcamo-<br />
Motor-Aggregatebau GmbH in Erfenschlag für die Herstellung<br />
von Stationär- und Bootsmotoren, 1926 die Beteiligung an der<br />
Prometheus Maschinenfabrik GmbH Berlin, einem der größten<br />
deutschen Getriebehersteller, weiterhin die Übernahme der<br />
ehemaligen Moll-Werke Scharfenstein. Die im DKW-Werk<br />
Scharfenstein eingerichtete Herstellung von 6- und 8-Zylinder-<br />
Einbaumotoren mittels aus Insolvenzmasse erworbener amerikanischer<br />
Technologie wurde kein Geschäftserfolg. Dafür<br />
lohnte sich die Produktion von DKW-Kühlschränken für Haushalt<br />
und Gewerbe beträchtlich (DKW = Das Kühl Wunder).<br />
Rasmussen gründete außerdem die Eisengießerei Annaberg und<br />
übernahm das Eisenwerk von Nestler & Breitfeld. Das Zweig-<br />
links: Das DKW Werk in Zschopau.<br />
rechts oben: Werbung für den DKW-Kühlschrank. Foto: Archiv Erdmann/Audi Tradition<br />
rechts unten: Das Flugzeug DKW Erla Me 5a. Foto: ArTeG<br />
02/2008<br />
werk Erla wurde ab 1933 als Eisen- und Flugzeugwerke Erla<br />
KG bezeichnet. Dort erfolgte u. a. der Bau eines Einsitzer Flugzeuges<br />
Typ Erla Me5a.<br />
Nicht alle Firmenzukäufe waren erfolgreich, z. B. der Kauf der<br />
Schüttoff-Werke Chemnitz und der schon seit 1927 vom Konkurs<br />
bedrohten Audi-Werke in Zwickau, die Rasmussen mit<br />
Krediten der Sächsischen Staatsbank 1929 voll übernahm –<br />
für DKW eine große finanzielle Belastung. Weiterhin folgte die<br />
Gründung der Luma-Werke Stuttgart zur Produktion von<br />
DynaStart-Anlagen (Starter-Generator als Kompaktbaueinheit<br />
– heute in der Hybridantriebstechnik wieder interessant).<br />
Auf dem Gipfel ohne sicheren Boden<br />
Nach nunmehr ca. zehn Jahren stand Rasmussen auf dem Gipfel<br />
seiner Unternehmerkarriere aber betriebswirtschaftlich nicht<br />
mehr auf sicherem Boden. Er hatte ca. 15.000 Mitarbeiter. Das<br />
Rückgrat von DKW war der Bau von Motorrädern in Zschopau.<br />
1928 wurden 60.000 Stück hergestellt – DKW war damit zeitweilig<br />
der größte Motorradproduzent der Welt. Im DKW-<br />
Werk Berlin-Spandau kam der erste DKW-Pkw, der P15, heraus<br />
(600 cm³-Zweitaktmotor; 15 PS; Heckantrieb).<br />
Am 24. Oktober 1929 gab es an der New Yorker Börse einen<br />
kapitalen Crash, der eine Weltwirtschaftskrise auslöste und<br />
auch an DKW nicht spurlos vorbei ging: 1928 beliefen sich die<br />
Schulden des Rasmussen-Konzerns bereits auf 18 Millionen<br />
Reichsmark. Die Sächsische Staatsbank versuchte Schritt für<br />
Schritt, die Fäden des Unternehmens in die Hand zu nehmen,<br />
um ihre ausgereichten Kredite zu retten. Im November 1929<br />
saß ein Staatsbankdirektor als Vorsitzender im Aufsichtsrat der
Zschopauer Motorenwerke<br />
AG. 1930/31 kam es zu<br />
drastischen Umsatzeinbrüchen.<br />
Die Mitarbeiterzahl<br />
betrug Ende Juni 1930 nur<br />
noch 4737 Beschäftigte,<br />
Ende September 1930 gar<br />
nur 2397.<br />
Die Sächsische Staatsbank<br />
entsandte im November<br />
1930 einen erprobten Sanierer<br />
in den Aufsichtsrat,<br />
Dr. Richard Bruhn. Er hatte<br />
sich bereits in den Junkers-<br />
Werken bewährt. Von nun<br />
an griff Dr. Bruhn bei DKW<br />
in Entscheidungen ein und<br />
entwickelte selbst persönliche Machtansprüche. Rasmussen<br />
war nicht mehr Herr im Hause, er konnte diese für ihn neue<br />
Situation nicht mehr kontrollieren, wusste nicht, auf wen er<br />
sich noch verlassen konnte. Er überwarf sich auch noch völlig<br />
überflüssig mit einem seiner erfahrensten, immer loyal ihm und<br />
der Firma verbundenen Mitarbeiter, Dr. Carl Hahn.<br />
In der Krise gelang mit F1 großer Wurf<br />
In dieser schwierigen Lage gelang Rasmussen trotzdem<br />
1930/31 ein „großer Wurf“. Nach Vorarbeiten bei DKW in<br />
Zschopau konstruierten Ende 1930 die Audi-Ingenieure Arlt<br />
und Haustein in Zwickau den DKW-Front. Prototypen des<br />
zweisitzigen Roadsters standen innerhalb von sechs<br />
Wochen(!) bereit und bewährten sich auf Anhieb. Später F1<br />
genannt, war dieser Pkw der erste der legendären Front-Reihe<br />
(F1 bis F9), die DKW vor dem zweiten Weltkrieg entwickelte.<br />
Rasmussen beschloss die umgehende Serienproduktion, die<br />
im April 1931 anlief. Mit seinem 600 cm³-Zweizylinder-Zweitaktmotor,<br />
leichter Sperrholzkarosserie und ausgereiftem Frontantrieb<br />
zu einem Preis von nur 1685 Mark war der kleine Pkw<br />
der „Renner“. Dank des F1 rückte DKW bereits im Juni 1931<br />
in den Zulassungszahlen für Pkw nach Opel auf den zweiten<br />
Platz im Deutschen Reich vor.<br />
AufgeHorcht<br />
Um einem wirtschaftlichen Kollaps der sächsischen Automobilbranche<br />
zuvor zu kommen, drängten die Kreditgeber, allen<br />
voran die Sächsische Staatsbank, die inzwischen zum Konkurs<br />
reifen Horchwerke in Zwickau, die unprofitable Automobilsparte<br />
von Wanderer in Chemnitz, Rasmussens „angeschlagene“<br />
Werke wie Audi in Zwickau und die Zschopauer Motorenwerke<br />
AG in einem konzentriert gemanagten Konzern zusammenzufassen.<br />
Rasmussen war gezwungen, der Fusion wohl<br />
oder übel zuzustimmen, selbst hoffend, bei Besserung der gesamtwirtschaftlichen<br />
Lage eine Reprivatisierung seines DKW-<br />
Imperiums zu erreichen.<br />
Machtkampf im Auto Union-Vorstand<br />
Am 29. Juni 1932 (rückwirkend zum 1. November 1931) wurde<br />
der neue sächsische Automobilblock, die Auto Union AG,<br />
gegründet. Vorstandsvorsitzender war nun Dr. Richard Bruhn.<br />
Rasmussen gehörte dem Vorstand an, zuständig für den Bereich<br />
Technik. Dem bisher allein autoritär „herrschenden“ Unternehmer<br />
fiel es äußerst schwer, sich in die neue Auto Union AG<br />
einzugliedern. Schwerwiegende Zerwürfnisse zwischen ihm<br />
und den anderen Vorstandsmitgliedern, insbesondere Dr.<br />
Bruhn, waren vorprogrammiert. Es kam zum offenen Machtkampf<br />
im Vorstand, der damit in seinen eigentlichen Aufgaben<br />
gelähmt wurde. Rasmussen reagierte durch bewusstes Fernbleiben<br />
von seinem Vorstandsposten, litt gesundheitlich, ließ<br />
sich in Sanatorien pflegen und schließlich verlor er.<br />
Mit einer Reise in die USA versuchte er 1933 durch Verkauf<br />
von Lizenzen noch den Rückkauf von DKW aus der Auto Union<br />
zu finanzieren – ein vergebliches Bemühen, das ihm zusätzlich<br />
schadete. Seit 1933 herrschten in Deutschland durch die Machtergreifung<br />
der Nationalsozialisten neue politische Prioritäten.<br />
An einer Reprivatisierung des Staatskonzerns Auto Union AG<br />
bestand im Hinblick auf die künftige Rüstungspolitik kein<br />
Interesse.<br />
Die Situation im Vorstand eskalierte 1934 derartig, dass beide<br />
Seiten diese vor die Reichsleitung der NSDAP, Abteilung<br />
„Wahrung der Berufsmoral“, brachten. Rasmussen selbst war<br />
kein NSDAP-Mitglied. Er beeilte sich aber in einem Interview<br />
mit der dänischen Zeitung „Berlingske Tidente“ seiner Begeisterung<br />
für damalige nationalsozialistische Ideen Ausdruck zu<br />
verleihen. Begreiflich, dass er sich für<br />
die von Hitler 1934 ausgerufene „Volksmotorisierung“<br />
begeistern konnte, er<br />
profitierte schließlich davon. Mit dieser<br />
ausgedrückten „Bewunderung“ für<br />
die in Deutschland verkündete Politik<br />
hoffte er, seine bedrängte Situation<br />
verbessern zu können. Es nützte ihm<br />
nichts. Die Vorstandsmitglieder der<br />
Auto Union AG lehnten jede weitere<br />
Zusammenarbeit mit ihm ab. Im Dezember<br />
1934 kam es zu seiner fristlosen<br />
Kündigung. Dennoch ging der<br />
oben: Dr. Richard Bruhn. Foto: ArTeG<br />
unten: Der DKW F1, der erste in Großserie gebaute<br />
Frontantrieb. Foto: Erdmann/Audi Tradition<br />
02/2008 15
16<br />
AufgeHorcht<br />
Kampf auf juristischer<br />
Ebene noch Jahre weiter.<br />
An einer angemessenen<br />
Rehabilitierung von Rasmussen<br />
war letztendlich<br />
selbst Hitler gelegen, der<br />
seinen persönlichen Adjutanten<br />
zur Herbeiführung<br />
einer endgültigen Klärung<br />
beauftragte. Das<br />
bisherige Parteigerichtsverfahren<br />
wurde 1936 in<br />
ein Zivilrechtsverfahren<br />
überführt, wobei das zu<br />
erwartende Ergebnis<br />
durch Hitler bereits vorgegeben<br />
war. Alle Ansprüche<br />
Rasmussens kamen<br />
zur Verhandlung. So war z. B. einer der Punkte die Klärung<br />
der Entschädigungszahlungen für Lizenz- und Patentrechte,<br />
die ihm nach Gründung der Auto Union noch gehörten. Aber<br />
es ging nicht mehr nur um Ansprüche und Vorteile der einen<br />
oder anderen Seite. Es handelte sich auch um den zermürbenden,<br />
persönlichen „Stellungskrieg“ zwischen Dr. Bruhn und Rasmussen,<br />
in dem beide nicht sehen wollten, dass das Ergebnis<br />
des Verfahrens, „von höchster Stelle“ gewollt, bereits fest stand.<br />
Ende einer 30-jährigen Schaffensperiode<br />
Am 31. Januar 1938 wurde ein Schiedsgerichtsvertrag von beiden<br />
Seiten unterschrieben.<br />
Rasmussen wurde eine Entschädigungssumme von 1,3 Millionen<br />
Reichsmark zugestanden. Außerdem konnte er seine bei<br />
der Gründung der Auto Union AG ausgegliederten Betriebe<br />
Erla GmbH, Framo-Werke GmbH, Metallwerke Zöblitz<br />
GmbH und seine Beteiligung an den Prometheus-Werken<br />
Berlin behalten. Hitler verfügte außerdem, dass Rasmussen<br />
die Ehrendoktorwürde durch die Technische Universität<br />
Dresden zu verleihen ist. Trotz versuchter Intervention gegen<br />
diese Ehrung, insbesondere durch Dr. Bruhn, musste die Universität<br />
am 20. Juli 1938 den Akt vollziehen.<br />
Rasmussen schloss 1938 mit seiner 30-jährigen Schaffensperiode<br />
in Zschopau ab. Zu seinem 60. Geburtstag nahm er dort<br />
noch viele öffentliche Ehrungen entgegen.<br />
Der Versuch, einen zusammen mit seinen<br />
Söhnen in den Framo-Werken entworfenen<br />
Kleinwagen, auch als ein „Volkswagen“<br />
gedacht, an höchster Stelle in Berlin präsentieren,<br />
scheitert bei der Vorstellung des Prototypen<br />
vor der Reichskanzlei, indem das<br />
Fahrzeug bewusst der Lächerlichkeit preisgegeben<br />
wurde. Woher der Volkswagen<br />
kommen sollte, war vom „Führer“ bereits<br />
entschieden.<br />
oben: Rasmussen Anfang der 1930er Jahre, bereits gezeichnet<br />
von der kritischen Situation im Auto Union-Vorstand.<br />
unten: Nach seinem Rückzug nach Sacrow bei Potsdam<br />
widmete sich Rasmussen wieder Fahrzeugkonstruktionen.<br />
1941 entwarf er ein Leichtmotorrad mit Vollverkleidung.<br />
Fotos: ArTeG<br />
02/2008<br />
1939 zogen die Rasmussens nach Sacrow bei Potsdam. Die<br />
Familie bewohnte eine erworbene Villa an der Havel mit Wassergrundstück<br />
und eigener Yacht. Die Entscheidung, nahe<br />
Berlin leben zu wollen, dürfte mit dem Wohnsitz Berlin seiner<br />
verheirateten Tochter Ilse zusammengehangen haben, die aber<br />
leider noch im gleichen Jahr verstarb.<br />
Eine hohe Ehrung wurde Rasmussen 1939 durch den dänischen<br />
König zuteil. Er erhielt den Ritterschlag auf Lebenszeit durch<br />
Verleihung des Dannebrogsordens.<br />
In Sacrow begann Rasmussen wieder mit Fahrzeugkonstruktionen.<br />
1941 entwarf er ein Leichtmotorrad mit Vollverkleidung,<br />
von dem einige Muster gebaut wurden. Für die Ausführung<br />
der Verkleidung und die Kühlung des Motors beantragte er<br />
Gebrauchsmusterschutz.<br />
Beschauliches Leben nur kurz vergönnt<br />
Ein beschauliches Leben war dem sonst eher umtriebigen Rasmussen<br />
in der idyllischen Umgebung seines Wohnsitzes dennoch<br />
nur kurz vergönnt. Das nahende Ende des Zweiten<br />
Weltkrieges zwang ihn, alles aufzugeben und mit seiner Frau<br />
1945 nach Flensburg in Schleswig-Holstein zu flüchten. Seine<br />
Söhne verharrten noch in den Familienunternehmen im<br />
sowjetisch besetzten Teil Deutschlands in Zöblitz und Frankenberg.<br />
Sein Sohn Hans, der die Geschäfte von Framo leitete,<br />
bezahlt es mit dem Leben. Er starb in einem sowjetischen<br />
Internierungslager. Die Flüchtlinge Rasmussen büßten nahezu<br />
alle Vermögenswerte ein. Eine Einreise nach Dänemark verhinderten<br />
die dänischen Behörden – vielleicht eine Reaktion<br />
auf seine seinerzeit öffentlich gemachten Beifallsbekundungen<br />
für Hitlers Politik.<br />
Noch drei Jahre lebte Rasmussen mit seiner Frau in Flensburg<br />
unter bescheidenen Verhältnissen. Mit dem geringen Verfügbaren<br />
wurden die in der sowjetischen Besatzungszone zurückgebliebenen<br />
Kinder und Enkel unterstützt.<br />
Ende 1947 erhielt Rasmussen die Urkunde für seine dänische<br />
Staatsbürgerschaft und 1948 konnte das Ehepaar endlich<br />
übersiedeln. Es ließ sich nahe Kopenhagen in einem Gartenhaus<br />
nieder.<br />
Auf Vermittlung und mit der Hilfe seines Sohnes, Dr. Ove Rasmussen,<br />
versuchte er im Fahrzeugbau noch einmal Fuß zu fassen.<br />
Die vor dem Kriege im Familienbesitz gewesenen Betriebe<br />
lagen in der sowjetisch besetzten Zone, waren demontiert
und enteignet worden. Wie in vielen deutschen Unternehmen,<br />
die vor dem gleichen Schicksal standen, war es gelungen,<br />
wichtige Konstruktionsunterlagen zu retten. Den Deutschen<br />
Werken in Kiel wurden mehrere Projekte für eine Zusammenarbeit<br />
angeboten: ein ¾-Tonnen-Kleinlastwagen, ein Leichtmotorrad<br />
mit 125 cm³ Zweitaktmotor, ein Zweitakt-Gegenkolbenmotor.<br />
Für den Kleinlastwagen kam es 1951 zum Vertrag<br />
über Konstruktion und Prototypenbau. Doch das Projekt verzögerte<br />
sich und es trat inzwischen auch Konkurrenz auf. 1953<br />
lief das Projekt aus.<br />
Ein Motorrad-Projekt war etwas erfolgreicher: Rasmussen<br />
hatte bereits 1948 Kontakt mit der dänischen Waffenfabrik<br />
DISA aufgenommen, die nach dem Krieg Produkte des zivilen<br />
Sektors suchte. Zu dem von DISA organisierten Projektteam<br />
gehörten sowohl Rasmussen selbst als Konstrukteur als auch<br />
sein jüngster Sohn Arne Skafte, zuständig für den Musterbau.<br />
Leider wurde auch hier aus einer Serienproduktion nichts, da<br />
man die Waffenproduktion wegen des Korea-Krieges wieder<br />
hochfuhr. Lediglich eine Kleinserie mit einem zugekauften 98<br />
cm³-Motor kam 1951 zum Einsatz.<br />
Schlusspunkt unter Streitigkeiten<br />
Anlässlich seines 75. Geburtstages im Jahre 1953 wurden Rasmussen<br />
zahlreiche Ehrungen zuteil, u. a. die Ehrenmitgliedschaften<br />
im Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA)<br />
und im Automobilclub von Deutschland (AvD). Mit Genugtuung<br />
konnte er feststellen, dass die wieder neu gegründete<br />
Auto Union GmbH (Bruhn und Hahn waren die Protagonisten)<br />
einen Schlusspunkt unter die früheren Streitigkeiten zog,<br />
ja, ihm einen DKW 3=6 Sonderklasse schenkte und einen<br />
Ehrensold von 1000 DM monatlich bis zur Volljährigkeit des<br />
jüngsten Kindes seines 1945 zu Tode gekommenen Sohnes<br />
Hans zusagte.<br />
Jørgen Skafte Rasmussen starb, 86-jährig, am 12. August 1964<br />
in Kopenhagen.<br />
Eberhard Kreßner<br />
Förderverein<br />
Industriemuseum Chemnitz e. V.<br />
Leiter Arbeitsgruppe Kraftfahrzeugtechnik<br />
Die Ausführungen von Eberhard<br />
Kreßner entstanden mithilfe des<br />
Buches von Immo Sievers „Jørgen<br />
Skafte Rasmussen – Leben und Werk<br />
des DKW-Gründers“, erschienen im<br />
Delius Klasing Verlag. Das Werk gilt<br />
als die erste vollständige Lebensbeschreibung<br />
des DKW-Vaters. Es<br />
wurde mit dem MPC-Autobuch-Preis 2007 in der Kategorie<br />
„Bestes Autobuch Historie“ ausgezeichnet. Der Autor trug<br />
zahlreiche Details zusammen, die es ermöglichen, den<br />
Beitrag Rasmussens zur Geschichte der Motorisierung zu<br />
dokumentieren. Ebenso enthält es größtenteils erstmals<br />
veröffentlichte Fotos.<br />
Dr. phil. Immo Sievers, geboren 1958 in Berlin, studierte<br />
Geschichte und Rechtswissenschaften in Oxford und Berlin.<br />
1993 promovierte er über die Entwicklung der englischen<br />
Rasmussen an<br />
seinem 80. Geburtstag.<br />
Foto: Audi Tradition<br />
Bestes Autobuch Historie<br />
Termin<br />
AufgeHorcht<br />
Am 31. Oktober, 15.00 Uhr lädt das Industriemuseum<br />
Chemnitz zum Vortrag über Jørgen Skafte Rasmussen ein.<br />
Der Historiker Dr. Immo Sievers referiert über Leben und<br />
Werk des DKW-Gründers.<br />
und deutschen Automobilindustrie vor dem Ersten<br />
Weltkrieg. Seit 1991 erfüllt er Lehraufträge an der<br />
Humboldt Universität zu Berlin und seit 1997 bis heute an<br />
der Technischen Universität Berlin. Dort leitet er Seminare<br />
und Kurse zur Automobilgeschichte. Damit ist die TU Berlin<br />
die einzige deutschsprachige Universität, an der Automobilgeschichte<br />
als prüfungsrelevantes Fach jedes Semester<br />
angeboten wird.<br />
Viele Jahre war Dr. Sievers Vorsitzender der Automobilhistorischen<br />
Gesellschaft in Deutschland. 1999 gründete er<br />
den ArTeG-Verlag, seitdem lebt und arbeitet er in Berlin und<br />
Mecklenburg. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.<br />
Immo Sievers: Jørgen Skafte Rasmussen – Leben und Werk<br />
des DKW-Gründers,<br />
223 Seiten, ca. 250 Abbildungen, Format 21 x 24 cm,<br />
gebunden mit Schutzumschlag<br />
ISBN: 978-3-7688-1828-5, EUR: 24.90<br />
02/2008 17
AufgeHorcht<br />
Aus der Not eine Tugend gemacht<br />
Kunststoffentwicklung für Karosserieverkleidungen Teil 1<br />
Erste Versuche zur Kunststoffverkleidung<br />
von Karosserien in Zwickau<br />
wurden mit Thermoplastfolien auf<br />
PVC-Basis durchgeführt. Ein Beispiel<br />
war dieser F8 von 1951.<br />
Kunststoff gewinnt ob seiner Gewichtsvorteile gegenüber Stahl wieder an Bedeutung für den Karosseriebau. In<br />
Sachsen stand dieses Thema bereits seit den 1930er Jahren auf der Agenda der Automobilbauer. Aus der Not<br />
eine Tugend machen mussten beispielsweise ab den 1950er Jahren die Trabantbauer in Zwickau. Über die damaligen<br />
Hintergründe und Vorgehensweisen bei der Entwicklung eines geeigneten Kunststoffes für Karosserieteile<br />
informieren die Autoren des nachfolgenden Beitrages, der u. a. Beachtung auf dem Internationalen Symposium<br />
für nachwachsende Rohstoffe 2002 in Kassel fand. Dr. Winfried Sonntag hat u. a. als Technischer Direktor<br />
des VEB Sachsenring Automobilbau Zwickau sowie als Direktor des Wissenschaftlich-Technischen Zentrums<br />
Automobilbau die Geschicke des DDR-Fahrzeugbaus mit gelenkt. Wolfgang Barthel war federführend bei der<br />
Entwicklung des Kunststoffs für die Trabant-Karosserie.<br />
In Deutschland bemühte sich die Auto Union ab 1935 um die<br />
Entwicklung eines geeigneten Kunststoffmaterials. Ziel war<br />
neben der Ablösung der mit Kunstleder verkleideten Holzkarosserien<br />
die Reduzierung des Stahlbedarfs zu Gunsten kriegswichtiger<br />
Zwecke. In das Vorhaben eingebunden waren damals<br />
die Römmler AG in Spremberg und die Dynamit AG in<br />
Troisdorf. Als Bindemittel verwendete man vorwiegend Phenolharze<br />
und probierte mit verschiedenen Verstärkungsstoffen<br />
wie Papier, Holzspänen, Holzmehl und unterschiedlichen Fasern.<br />
Nach ersten Ergebnissen wurden 1936 gepresste Türen<br />
für DKW-Karosserien zur Erprobung in den Karosserie-Herstellerbetrieb<br />
nach Spremberg geschickt. Die Festigkeiten befriedigten<br />
noch nicht. Von großem Nachteil war der erhebliche<br />
Druckaufwand bei der Teileherstellung, der die für die späteren<br />
Trabantteile erforderlichen Drücke etwa um das Zehnfache<br />
überstieg und damit enorm schwere und entsprechend teure<br />
Pressen erforderte. Die Dynamit AG verwendete in späteren<br />
18<br />
02/2008<br />
Versuchen leichter verformbares Krepppapier, das aber zu geringeren<br />
Festigkeiten führte als das Römmler-Material. Eine<br />
Weiterentwicklung gelang Dynamit nach einem Patent von<br />
Wolf und Habelschwerdt. Das Material erhielt den Namen<br />
„Pete“. In Chemnitz nannte man es dagegen „Auto-Union-<br />
Pressstoff“. Patentstreitigkeiten füllten ganze Aktenordner.<br />
Ersatz für Tiefziehblech gefragt<br />
Auch die DDR war schnell gezwungen, sich der Entwicklung<br />
von Kunststoff-Karosserieverkleidungen zu widmen. Im Rahmen<br />
des Kalten Krieges sperrten die westlichen Länder die Lieferung<br />
von Tiefziehblech. Im damaligen VEB Audi-Werke Zwickau<br />
wurden Anfang der 1950er Jahre Pkw F8 und gemeinsam mit<br />
den benachbarten Horch-Werken F9 gebaut, die man in der<br />
BRD unter der Bezeichnung 3=6 auch herstellte.
Der F8 hatte zwar eine kunstlederbezogene Holzkarosserie,<br />
jedoch wurden für die Kotflügel und Motorhauben Karosseriebleche<br />
gebraucht, so dass erhebliche Störungen entstanden und<br />
oft unfertige Fahrzeuge das Werksgelände füllten. Von dem im<br />
Krieg stark gebeutelten Osten konnte nur geringe Hilfe erwartet<br />
werden. Die Leitung des Fahrzeugbaus hatte daher die Vorstellung,<br />
nicht nur für die oft zu komplettierenden Teile, sondern<br />
auch für einen neu zu entwickelnden Pkw eine Möglichkeit zum<br />
Austausch des Karosserieblechs zu schaffen. Ein geeignetes Material<br />
war für diese Zwecke zu finden. Das in erster Linie in Betracht<br />
kommende Polyesterharz und alkaliarme Glasfaser als Verstärkungsmittel<br />
standen nicht zur Verfügung. Eigene Entwicklungen<br />
wurden notwendig. Daran waren viele Bedingungen geknüpft.<br />
1. Die erforderlichen Rohstoffe mussten im eigenen Land<br />
vorhanden oder preisgünstig beschaffbar sein.<br />
2. Die für die Herstellung notwendigen Maschinen und Vorrichtungen<br />
mussten in der DDR mit eigenen Kräften möglich<br />
oder im Produktionssortiment des Landes vorhanden sein.<br />
3. Die Verpressung der Teile sollte mit Rücksicht auf die<br />
Pressenkosten bei wesentlich geringeren Drücken möglich<br />
werden als sie bei Pressmassen üblich waren.<br />
4. Die herzustellenden Teile mussten sich nach noch zu entwickelnden<br />
Verfahren mit dem Karosseriegerippe verbinden<br />
lassen.<br />
5. Das Verfahren musste die Produktion höherer Serienstückzahlen<br />
ermöglichen und sollte daher weitgehend mechanisierbar<br />
sein.<br />
6. Die Witterungsbeständigkeit von Stahlblech war zu übertreffen.<br />
7. Es sollte eine Massesenkung gegenüber Blech erzielt werden.<br />
8. Das Material musste lackierbar sein.<br />
9. Die Kosten vergleichbarer Stahlblechformteile sollten nicht<br />
überschritten werden.<br />
Arbeitsergebnisse vor und nach 1945<br />
Die den Vorkriegsstand repräsentierenden typisierten Phenolharz-Pressmassen<br />
mit unterschiedlicher Faserverstärkung<br />
AufgeHorcht<br />
schieden aus, da die notwendigen Eigenschaften damit nicht<br />
erzielbar waren. Außerdem hätte man die enormen Verarbeitungsdrücke<br />
für die Großteile nicht realisieren können. Für<br />
eine Tür war damals eine Presse mit einer Druckkraft von<br />
5000 Tonnen notwendig. Für die Kunststoff-Türen des Trabant<br />
reichte infolge einer anderen Verfahrensart eine 440-Tonnen-<br />
Presse aus.<br />
Bei einem weiteren Verfahren<br />
waren Polyvinylchlorid in Dispersionsform<br />
sowie eine besondere<br />
Sorte Holzschliff und Baumwollfasern<br />
als Verstärkungsmaterial<br />
die Hauptstoffe für Pressteile, die<br />
u. a. an dieser F9-Karosserie von<br />
1952 eingesetzt wurden.<br />
Obwohl die Auto Union nie selbst Pressstoffteile hergestellt<br />
hat, nahm sie für sich die meisten Schutzrechte in Anspruch.<br />
Bis 15. März 1944 handelte es sich um 67 deutsche und 241<br />
ausländische Patentanmeldungen in Verbindung mit der Kunststoffkarosserie.<br />
Neben den üblichen Festigkeitsprüfungen führte<br />
man bei der Auto Union auch Versuche an fertigen Karosserien<br />
durch – ähnlich den späteren Crashtests – und stellte Vergleiche<br />
an mit Sperrholz sowie blechverkleideten Karosserien.<br />
Die Blechausführungen waren für den Export bestimmt. Später<br />
bezog man auch den Opel Kadett mit seiner Blechkarosserie<br />
in die Vergleiche ein und führte in der Zentralen Versuchsanstalt<br />
der Auto Union in Chemnitz letzte Crashversuche<br />
bei 50 km/h Aufprallgeschwindigkeit durch. Dabei zeigten sich<br />
die kunststoffverkleideten Karosserien überlegen. Der Zweite<br />
Weltkrieg beschränkte die Entwicklungen auf diesem Gebiet.<br />
Die Auto Union aber machte weiter und bezog den F9 mit<br />
ein, der aber eine Blechkarosserie hatte. Dächer und Kofferklappen<br />
sollten aus anderen Materialien hergestellt werden.<br />
In den 1950er Jahren gab es in mehreren Ländern Bemühungen,<br />
Kunststoffe für Karosserieteile zu verwenden, da die rostgefährdeten<br />
Bleche das Leben der Fahrzeuge begrenzten. Bei<br />
handwerklicher Fertigung blieben die Stückzahlen gering und<br />
uninteressant. Dagegen wurden und werden für verschiedene<br />
Fahrzeuge inzwischen Einzelteile aus Kunststoff eingesetzt,<br />
vorwiegend sogenannte Polyesterprepegs zur Verarbeitung<br />
im Pressverfahren.<br />
Ein Spritzgussverfahren für die serienmäßige Herstellung von<br />
Heckklappen für den Citroen 2X 19 konnte in Frankreich besichtigt<br />
werden. Die Festigkeiten lagen infolge von Faserentmischung<br />
und Faserausrichtung weit unter denjenigen des<br />
Trabant-Pressstoffs. Gute Ergebnisse erzielte man dagegen mit<br />
02/2008 19
AufgeHorcht<br />
sogenannten Prepegs, pressfertige mit Polyester durchsetzte<br />
Glasfasermatten. Die Kosten überstiegen aber die vergleichbarer<br />
Blechteile. Von Interesse waren auch glasschuppengefüllte<br />
Polyurethane, die sich bei relativ geringen Drücken verarbeiten<br />
ließen. Die Füllung erhöhte den Elastizitätsmodul.<br />
Glasfaserverstärkung brachte dagegen Probleme infolge der<br />
Richtungsorientierung beim Ausgießen des Werkzeugs. In der<br />
Folge ergaben sich bei großen Teilen Verzugserscheinungen<br />
durch unterschiedliche Schwindung. Für einen Jeep in kleinerer<br />
Stückzahl kam auch der thermoplastische Kunststoff ABS<br />
zur serienmäßigen Anwendung; infolge des geringen E-Moduls<br />
konnte das Material jedoch nicht tragend im Karosserieverbund<br />
wirken. Grundsätzlich brauchen alle in größerer Serie hergestellten<br />
Karosserien ein tragendes Metallgerippe, das in der<br />
Regel ohne die Verkleidungsteile keine ausreichende Steifigkeit<br />
gegen Verwindung hat. Gefordert waren daher Kunststoffe mit<br />
hoher Festigkeit bei gleichzeitig hohem E-Modul.<br />
20<br />
Herangehensweisen im DDR-Fahrzeugbau<br />
Die chemische Industrie der DDR lehnte die vorgezeichnete<br />
Kunststoffentwicklung mangels Aussicht auf Erfolg ab. Der Fahrzeugbau<br />
versuchte daraufhin, die Aufgabe mit eigenen Kräften<br />
zu lösen und etablierte innerhalb des damaligen FEW Forschungs-<br />
und Entwicklungswerkes Chemnitz eine eigene Entwicklungsstelle.<br />
Die Ausgangsbasis hinsichtlich der verwendbaren Materialien<br />
und Maschinen war aufgrund von Demontagen nach dem Krieg<br />
äußerst schmal. Erste Versuche wurden mit Thermoplastfolien<br />
auf PVC-Basis durchgeführt. Gewebeartige Versteifungseinlagen<br />
verbesserten die Wärmeformbeständigkeit, Biege- und Schlagbiegefestigkeit.<br />
Ebenfalls ließ sich hierbei der E-Modul erhöhen.<br />
Das geschichtete Material wurde bei Einwirkung von Wärme<br />
zu Formteilen gepresst. Die erste hiermit verkleidete Karosserie<br />
war die eines F8 mit Trägergerippe aus Holz. Auch Motorhaube,<br />
Kotflügel und Kühlerrahmen waren aus diesem Material<br />
hergestellt. Das 1951 gefertigte Fahrzeug bewährte sich<br />
zwar im Betrieb, die Technologie war aber recht aufwändig.<br />
Es wurden neue Wege beschritten und in einem Verfahren<br />
gefunden, bei dem man Polyvinylchlorid in Dispersionsform<br />
sowie eine besondere Sorte Holzschliff der Stoffklasse 10 und<br />
Baumwollfasern als Verstärkungsmaterial verwendete. Die<br />
Aufbereitung erfolgte nass in einem sogenannten Holländer<br />
(Anmerkung: eine Einrichtung, die in der Papierindustrie eingesetzt<br />
wird). Zur Pressstofffertigung war die Bildung und<br />
Trocknung eines geformten Körpers aus dem gebildeten Faserbrei<br />
mittels eines Absaugwerkzeugs notwendig. Die Restfeuchtigkeit<br />
des geformten Körpers betrug ca. 50 Prozent. Vor der<br />
Verpressung zu einem Fertigteil musste er getrocknet werden.<br />
Der Bindemittelanteil lag bei 50 Prozent. 1952 erfolgte mit diesem<br />
Werkstoff u. a. die Verkleidung einer F9-Karosserie. Das<br />
Verfahren wurde zunächst serienmäßig für F9-Motorhauben<br />
und Lkw-Kabinenrückwände sowie Türverkleidungen eingesetzt.<br />
Es war jedoch recht aufwändig und schied für eine größere<br />
Serienfertigung aus. Die primitiven Anfänge hingen mit den<br />
wenigen verfügbaren Materialien in der DDR zusammen.<br />
Der Wunsch nach einem gegen Wärme- und Kälteeinwirkung<br />
weitgehend unempfindlichen Material mit höheren mechanischen<br />
Eigenschaften und zur Vereinfachung des Verfahrensablaufs<br />
führte schließlich über weitere Umwege zu einem härtbaren<br />
(duroplastischen) Werkstoff, dessen Qualität im Laufe<br />
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der Jahre verbessert werden konnte bei Vervollkommnung des<br />
Herstellungsverfahrens. Mitte der 1950er Jahre wurden in Versuchen<br />
zunächst Baumwollfasern auf einer Krempelmaschine<br />
zu einem Flor gebildet und einer sogenannten Pelztrommel<br />
aufgewickelt. Darüber war eine Kunstharzstreu- und -dosiereinrichtung<br />
angeordnet, die eine bestimmte Menge Kunstharzpulver<br />
zwischen die sich aufwickelnden Florlagen rieselte,<br />
so dass der Harzanteil bei 52 Prozent lag. Nach dem Erreichen<br />
der gewünschten Dicke wurde der harzdurchsetzte Pelz abgenommen,<br />
durch Kalanderwalzen zur besseren Handlichkeit<br />
verdichtet, mit zwei weiteren Pelzen anderer Zusammensetzung<br />
verstärkt und zu Formteilen verpresst. Diese Zusammensetzung<br />
aus drei Schichten hing mit dem Erreichen einer<br />
besonders witterungsbeständigen Oberfläche, hoher Festigkeit<br />
und Vermeidung von Verzug zusammen, der anderenfalls<br />
infolge der Nachwindung der Pressteile eingetreten wäre. Das<br />
watteförmige und nun mit Bindemittel durchsetzte Vormaterial<br />
ließ sich nach dem Zuschneiden zu gewünschten Formaten<br />
gut in die beheizten Pressformen einlegen und zu stabilen<br />
Formteilen verdichten. Anfangs gab es noch Probleme, weil<br />
Kunstharze auf Novolakbasis verwendet wurden, dem<br />
zwecks Aushärtung Hexamethylentetramin zugesetzt war.<br />
Von Nachteil war bei diesem puderförmigen Harz, das auch<br />
als Schleifscheibenbindemittel Verwendung fand, die starke<br />
Staubentwicklung bei der Verarbeitung. Es verursachte Hautausschläge<br />
bei hell- und rothaarigen Arbeitskräften.<br />
Verfahren für die Serie<br />
Für die Serienfertigung wurde nun ein Verfahren entwickelt,<br />
bei dem der Vorgang zur Bildung unterschiedlicher Schichten<br />
mit verschiedenen Faserarten, Harzarten und Harzgehalten<br />
mechanisch ablief einschließlich der Materialzuführung zu den<br />
einzelnen Maschinen: Fünf Wattekrempelmaschinen arbeiteten<br />
auf ein Transportband zu. Sie hatten die Aufgabe, die losen<br />
Faserflocken zu einem zusammenhängenden Flor umzuwandeln.<br />
Vor dem Ablegen der sich kontinuierlich bildenden Faserflore<br />
wurden sie mit speziell aufbereitetem Kunstharz berieselt<br />
und über ein Legerknie auf einem sich ständig fortbewegenden<br />
Sammeltransportband abgelegt. Da jede Maschine<br />
diesem Band ein etwas anders zusammengesetztes Material<br />
hinsichtlich Art und Menge zuführte, ergab sich die gewünschte<br />
Schichtung im Vormaterialpelz. Er wurde am Ende dieser<br />
Strecke noch durch ein Walzenpaar kontinuierlich auf handliche<br />
Dicke verdichtet. Das pressfertige, watteartige, mit Kunstharz<br />
durchsetzte Material hatte folgenden Aufbau: Die Oberund<br />
Unterschicht enthielt kein Kunstharz, damit keine Harzkörnchen<br />
ausfallen konnten. Die der Witterung ausgesetzte<br />
Deckschicht enthielt chemisch behandelte, von quellfähigen<br />
Bestandteilen völlig freie Baumwollfasern. Sie hatte gegenüber<br />
den unteren Schichten einen etwas höheren Harzanteil. In<br />
den Mittelschichten wurden die zurückgewonnenen Füllstoffe<br />
und Harze aus den Zuschnitten wieder mit eingesetzt. Die<br />
Fasern unter der Deckschicht waren nicht chemisch behandelt,<br />
sondern wurden nur mechanisch gereinigt, und die untere<br />
Schicht hatte die Aufgabe, den Stoff „auszubalancieren“ bzw.<br />
Verzugserscheinungen infolge der bei 0,15 Prozent liegenden<br />
Schwindung zu verhindern. Wichtig war die durch die Herstellungstechnik<br />
erreichte annähernd kreuzweise Lage der ausgerichteten<br />
Fasern, da sich anderenfalls in Längs- und Querrichtung<br />
zur Faserlage unterschiedliche Eigenschaften hin-
sichtlich Festigkeit und Schwindung ergeben hätten. Quer zur<br />
Faserrichtung ist die Schwindung höher und die erreichbare<br />
Festigkeit geringer. Eine ausgerichtete Faser trägt übrigens erheblich<br />
zur Festigkeitserhöhung bei; mit regellos zusammengekrümmten<br />
Fasern hätte man nur etwa die Eigenschaften<br />
von typisierten Pressmassen erreichen können.<br />
Der Zuschnitt zu rechteckigen Formaten erfolgte durch Einrichtungen<br />
am Ende der sogenannten Vliesstraße, wobei Zuschnittlänge<br />
und Breite nach Wunsch einstellbar waren. Ebenfalls<br />
ließ sich durch eine weitere Entwicklung die Vormaterialbreite<br />
nach Bedarf während des laufenden Vliesbildungsprozesses<br />
verstellen. Das erforderliche Flächengewicht wurde<br />
kontinuierlich durch eine mit Radioisotopen arbeitende Einrichtung<br />
kontrolliert. Kurvenschnitte, wie sie für die Herstellung<br />
der Kotflügel notwendig waren, wurden bei der gefertigten<br />
Stückzahl mit handgeführten elektrischen Rundmessern<br />
ausgeführt. Bei einer weiteren Stückzahlerhöhung hätte sich<br />
auch dieser Vorgang mechanisieren lassen. Vergleiche für die<br />
Aufwendungen hierzu zeigten aber, dass bei den zu zahlenden<br />
Löhnen diese Zuschnittart bis zu einer Produktion von etwa<br />
200.000 Fahrzeugen jährlich preisgünstiger war.<br />
Die Zuschnittabfälle wurden pneumatisch einem sogenannten<br />
Klopfwolf zugeführt, der Verstärkungsfaser und Kunstharz<br />
trennte. Die Baumwolle wurden bei der automatischen Vormaterialbildung<br />
den Mittelschichten wieder zugesetzt, ebenfalls<br />
das ausgetrennte Kunstharz, das man durch einen Siebvorgang<br />
kontinuierlich vor dem Wiedereinsatz reinigte. Die<br />
Rückführung dieser Materialien zu den Verarbeitungsstellen<br />
erfolgte pneumatisch über Rohrsysteme.<br />
Harz-Schwierigkeiten<br />
Schwierigkeiten brachte der Transport des bei höheren Temperaturen<br />
zum Sintern neigenden Kunstharzes. Es kam in Säcken<br />
vom Plastawerk Erkner mit der Eisenbahn nach Zwickau. Im<br />
Sommer traten in den Waggons Temperaturen bis zu etwa 50<br />
Grad Celsius auf, so dass die Entleerung der Säcke durch das<br />
zusammengesinterte Material große körperliche Anstrengungen<br />
verlangte. Die Bereitstellung von Kühlwaggons war nicht<br />
AufgeHorcht<br />
Die Vliesstraße zur Herstellung von Pressteilen auf Phenolharzbasis,<br />
der Technologie, die schließlich viele Jahre für die Trabant-Karosserie<br />
angewendet wurde.<br />
Kurvenschnitte mit Rundmesser.<br />
Die Beschneidung des Materials in<br />
Längs- und Querrichtung erfolgte<br />
mechanisch zu den gewünschten<br />
Formaten.<br />
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AufgeHorcht<br />
Das Harz war beim Transport zu einem Block gesintert. Serienmäßige Transportpalette mit gesintertem Harz.<br />
Ausschälen eines Harzblocks mit einer selbst entwickelten Vorrichtung<br />
zur Palettenentleerung.<br />
Entleerung eines<br />
Transportbehälters<br />
in einer hierfür entwickeltenWendeeinrichtung<br />
zur weiterenZerkleinerung.<br />
22<br />
02/2008<br />
möglich. Für den Transport wurden daher spezielle Paletten<br />
mit Aushebeschrägen entwickelt, die etwa 200 Kilogramm Fassungsvermögen<br />
hatten. Sie genügten allein noch nicht: An heißen<br />
Tagen wäre das geschmolzene Material an den Palettenwänden<br />
angeklebt. Eine Lösung brachten Einhänge aus PVC-beschichtetem<br />
Gewebe, so dass sich das Harz beim Wenden der<br />
Paletten mit einer hierfür gebauten Einrichtung entleeren ließ.<br />
Für den ersten Zerkleinerungsvorgang existierten keine Maschinen<br />
im eigenen Land und keine hiesige Firma war bereit,<br />
eine geeignete Einrichtung zu entwickeln. So musste die Harzbrech-<br />
und auch eine Entleervorrichtung aus eigener Kraft<br />
serientauglich entworfen und hergestellt werden. Die<br />
Weiterverarbeitung der faustgroßen Harzbrocken zu sandartiger<br />
Struktur erfolgte auf Schlagkreuzmühlen. Zudosiert wurden<br />
Talkum, um das Zusammensintern der Harzkörnchen zu<br />
verhindern, sowie Rübölfettsäure, um den Staub bei der Verarbeitung<br />
zu binden.<br />
Dr. Winfried Sonntag/Wolfgang Barthel<br />
Fotos: Archiv der Autoren<br />
Fortsetzung folgt<br />
Brecheinrichtung zur Zerkleinerung gesinterter Harzblöcke.
AufgeHorcht<br />
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AufgeHorcht<br />
02/2008
Technische Beschreibung<br />
Personenwagen Wanderer W52 Kabriolett<br />
Hersteller Wanderer Werke AG Siegmar-Schönau<br />
Produktion 1937 1341 Stück<br />
1938 52 Stück<br />
Gesamt 1393 Limousinen und Kabrioletts<br />
Gesamtfahrzeug<br />
Bauart: 2-türiges, 4-türiges Kabriolett in Rahmenbauweise<br />
mit Horch-Karosserie<br />
Antrieb:<br />
Hauptabmessungen:<br />
Hinterradantrieb durch 6-Zylinder-4-Takt-Reihenmotor<br />
längs im Fahrzeugbug angeordnet mit dahinter liegendem<br />
4-Gang-Schaltgetriebe<br />
Radstand: 3000 mm<br />
Spurweite vorn: 1350 mm<br />
Spurweite hinten: 1350 mm<br />
Gesamtlänge: 4620 mm<br />
Gesamtbreite: 1690 mm<br />
Gesamthöhe: 1660 mm<br />
Bodenfreiheit:<br />
Gewichte:<br />
205 mm<br />
Eigengewicht: 1495 kg<br />
Nutzlast: 400 kg<br />
Höchstgeschwindigkeit: 115 km/h<br />
Kraftstoffnormverbrauch: 14–16 l/100 km<br />
Preis: 6500 Reichsmark<br />
Triebwerk<br />
Motor:<br />
Bauart: 6-Zylinder-4-Takt-Reihenmotor<br />
Arbeitsverfahren: 4-Takt-Ottomotor<br />
Bohrung/Hub: 75 mm/100 mm<br />
Hubraum: 2651 cm3 Verdichtungsverhältnis: 6,4:1<br />
Höchstleistung:<br />
Werkstoff von Kurbelgehäuse<br />
62 PS bei 3500 U/min.<br />
und Zylinderkopf: Grauguss<br />
Anzahl der Kurbelwellenlager: 4<br />
Anordnung der Nockenwelle: seitlich im Motorgehäuse<br />
Antrieb der Nockenwelle: durch Doppelrollenkette<br />
Anordnung der Ventile: stehend<br />
Schmiersystem: Druckumlaufschmierung mit Ölfilter im Nebenstrom<br />
Motorölmenge: 7 l<br />
Vergaser: Horizontal-Flachstromvergaser<br />
Kühlung:<br />
Art und Füllmenge: Wasserkühlung durch Lamellenkühler, 10 l Inhalt<br />
Antrieb von Wasserpumpe und Lüfter: durch Keilriemen<br />
Temperaturreglung: durch Thermostat<br />
AufgeHorcht<br />
02/2008
AufgeHorcht<br />
02/2008<br />
Kraftstoffanlage:<br />
Anordnung des Kraftstoffbehälters: zwischen den Rahmenlängsträgern im Heck<br />
Inhalt: 53 l<br />
Kraftstoffförderung: von der Nockenwelle angetriebene mechanische Benzinpumpe<br />
Kupplung:<br />
Getriebe:<br />
Einscheibentrockenkupplung<br />
Bauart: 4-Gang-Schaltgetriebe mit Synchronisierung<br />
im 3., 4. Gang und Rückwärtsgang<br />
Übersetzungen: 1. Gang: 4,1:1<br />
2. Gang: 2,4:1<br />
3. Gang: 1,49:1<br />
4. Gang: 1,0:1<br />
Getriebeölfüllmenge:<br />
Rückwärtsgang: 4,84:1<br />
1,0 l<br />
Kraftübertragung zur Hinterachse: durch Rollwelle mit Hardy-Gelenkscheiben<br />
Achsgetriebe: in Gummilagern mit Rahmenquerträger verschraubt<br />
Übersetzung: 4,1:1<br />
Ölfüllmenge: 1,75 l<br />
Elektrische Anlage<br />
Bordspannung: 6 Volt<br />
Zündung: Batteriezündung mit automatischer Zündzeitpunktverstellung<br />
Zündfolge: 1 – 5 – 3 – 6 – 2 – 4<br />
Fahrwerk<br />
Vorderachse:<br />
Bauart: Einzelradaufhängung<br />
Federung: durch unten querliegende Halbelliptik-Blattfeder<br />
und zwei einfach wirkende hydraulische Hebelstoßdämpfer<br />
Hinterachse:<br />
Bauart: Einzelradaufhängung durch Pendelachse<br />
mit an Längslenkern geführten Hinterrädern<br />
Federung: durch hoch liegende, quer angeordnete Halbelliptik-Blattfeder<br />
und zwei einfach doppelt wirkende hydraulische Hebelstoßdämpfer<br />
Bremsen:<br />
Fußbremse: hydraulisch auf vier Rädern wirkende Trommelbremse<br />
Handbremse: mechanisch durch Seilzug betätigt auf die Hinterräder wirkend<br />
Temperaturreglung: durch Thermostat<br />
Lenkung:<br />
Bauart: Schneckenlenkgetriebe, nachstellbar und starre Lenksäule<br />
Räder/Reifen:<br />
Felgenart und -größe: Tiefbettfelgen 3,25 x 17<br />
Reifengröße: 5,25 x 17<br />
Fahrgestellschmiersystem: Zentralschmierung<br />
Quellen: Technische Daten und Beschreibungen aus Unterlagen des Automobilmuseums A. Horch e. V. Zwickau<br />
Fotos: FES GmbH vom Ausstellungsfahrzeug des Automobilmuseums A. Horch Zwickau<br />
Zusammenstellung: Dipl. Ing. K.-H. Brückner, Förderverein Automobilmuseum A. Horch e. V. Zwickau
Prof. Dr. Alfred Jante.<br />
AufgeHorcht<br />
Wenn der Name Jante fällt, dann wissen Fachleute des Fahrzeugbaus: Es geht um den Entwickler des Normal-<br />
Fahrzustands-Diagramms (NFD). Doch darin erschöpft sich noch lange nicht die Leistung, die Prof. Dr. techn.<br />
h.c. Alfred Jante für das Kraftfahrwesen erbrachte. Der Arbeitskreis Fahrzeug- und Verkehrstechnik im Dresdner<br />
Bezirksverein des VDI würdigte das Leben und Wirken dieses herausragenden Ingenieurs und Wissenschaftlers<br />
auf dem „3. Autoforum Sachsen – Sachsen wieder Autoland“ am 3. Juni 2008 anlässlich des 100. Geburtstages<br />
von Prof. Jante. Organisiert wurde es von Dr.-Ing. Manfred Bergmann, einem Schüler und Mitarbeiter Jantes, der<br />
in einem ganz persönlich geprägten Vortrag seines ehemaligen Chefs gedachte. „AufgeHorcht“ veröffentlicht<br />
nachfolgend Auszüge daraus.<br />
Es gibt kaum ein Gebiet des Fahrzeugs, des Motors und der<br />
Verkehrssicherheit, zu dem Prof. Jante sich nicht geäußert hat.<br />
Er zählte noch zu den Wenigen, die die Probleme des Fahrzeuges<br />
wie des Motors gleich gut überblickten und beherrschten. Damals,<br />
als junger Mensch, habe ich dies bei weitem nicht voll<br />
umfänglich erkannt. Doch die rasante Entwicklung der letzten<br />
20 Jahre, gerade beim Automobil, führte oft zu der Erkenntnis:<br />
Das hat der „Alte“ doch schon vor 50 Jahren abgehandelt! Aufgrund<br />
seiner systematischen, umfassenden, stets einen Schritt<br />
voraus in die Zukunft andeutenden Arbeitsweise zählt für mich Prof.<br />
Jante zu jenen wenigen Wissenschaftlern, die das taten, was der<br />
Begriff Wissenschaftler eigentlich beinhaltet: Sie „schaffen Wissen“.<br />
Alfred Jante wurde am 3. Juni 1908 in Schönlanke (heute Polen)<br />
geboren. Nach einer Lehre als Kfz-Schlosser (wo er z. B. das in<br />
Kisten gelieferte Ford-T-Modell mit zu montieren hatte), studierte<br />
er erfolgreich in Aachen und war bis 1933 Assistent am<br />
Maschinenlabor und Labor für Kraftfahrwesen der TH Aachen<br />
bei Prof. Langer. Da es in der Wirtschaftskrise schwierig war,<br />
Arbeit zu finden, gehörte er auf Empfehlung von Prof. Langer<br />
zum Auswertestab der Standard-30-Tagefahrt auf dem Nürburgring,<br />
die Mitte Oktober bis Mitte November 1931 stattfand.<br />
1933 ging er mit Referenzen zu KHD (Klöckner-Humboldt-<br />
Deutz) nach Köln, zunächst als Versuchsingenieur, später dann<br />
als Oberingenieur und Leiter der Dieselmotorenentwicklung.<br />
Nach Kriegsende kehrte er nach Sachsen zurück, wo seine Familie<br />
lebte, und war u. a. als Dozent an der Ingenieurschule<br />
Leipzig und als Leiter der Verkehrsabteilung der Sächsischen<br />
Landesregierung in Dresden tätig.<br />
Am 1. Januar 1948 wurde er u. a. aufgrund seiner zahlreichen<br />
wissenschaftlichen Veröffentlichungen, die er während seiner<br />
Industrietätigkeit erarbeitet hatte, als Ordinarius für<br />
Verbrennungsmotoren und Kraftfahrwesen an die TH<br />
Dresden berufen. Er war damit auch Direktor des Institutes für<br />
Kraftfahrwesen (IfK), das er 1954 mit der vollständigen Über-<br />
„Das hat der ‚Alte‘<br />
doch schon vor 50<br />
Jahren abgehandelt!“<br />
Prof. Dr. Alfred Jante – Ingenieur und Wissenschaftler mit<br />
enormem Weitblick – 3. Autoforum Sachsen des VDI<br />
Dresden würdigte Leben und Werk anlässlich seines 100.<br />
Geburtstages am 3. Juni 2008<br />
nahme der Verbrennungsmotorenforschung (wegen Kriegsschäden<br />
fiel die Motorenforschung im benachbarten Maschinenlabor<br />
aus) in Institut für Verbrennungsmotoren und Kraftfahrwesen<br />
(IVK) umbenannte. Von 1949 bis 1951 leitete Prof.<br />
Jante zugleich als Dekan die Fakultät für Maschinenwesen. Zu<br />
Prof. Dr. Ernst Fiala (l.) und Dr. Manfred Bergmann würdigten zum 3.<br />
Autoforum Sachsen des VDI Dresden Leben und Werk von Prof. Jante<br />
anlässlich seines 100. Geburtstages. Foto: VDI Dresden<br />
Rund 170 Teilnehmer, deutlich mehr als erwartet, kamen zum 3. Autoforum<br />
Sachsen. Foto: VDI Dresden<br />
02/2008 27
AufgeHorcht<br />
diesem Zeitpunkt war er Mitglied der SED. Bei einer generellen<br />
Überprüfung aller Parteimitglieder Anfang der 1950er<br />
Jahre wurde er ausgeschlossen. Zu spät erkannte die Parteileitung<br />
der TH Dresden, dass damit der direkte Parteieinfluss<br />
auf die Fakultät nicht mehr gegeben war. Mit allen erdenklichen<br />
Mitteln versuchte man, die Entscheidung rückgängig zu<br />
machen und Jante wieder zum Eintritt in die SED zu bewegen.<br />
Doch er lehnte jedes Gespräch dazu ab. Dieses Verhalten trug<br />
sicher zur Meinung bei, dass er ein sturer Kopf sei.<br />
Ehrung und Herausforderung zugleich war für ihn die Wahl<br />
zum ordentlichen Mitglied der Deutschen Akademie der<br />
Wissenschaften zu Berlin 1954 . Besonders erfreute ihn 1965<br />
die Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Fakultät<br />
Verkehrswissenschaften der TU Budapest.<br />
Ein sicher schwer zu verkraftender Schlag traf Prof. Jante mit<br />
der 3. Hochschulreform der DDR. Deren Hauptziel war es,<br />
die Macht der alten Ordinarien zu brechen. Mit Mühe konnte<br />
er erreichen, dass Motor und Fahrzeug als Lehr- und Forschungseinheit<br />
fortbestanden. Ab 1968 war er dann nicht mehr Direktor<br />
seines Instituts, sondern unterstand als Bereichsleiter<br />
einer parteidominierten Sektionsleitung. 1973 wurde Prof.<br />
Jante emeritiert. Auch danach kam er noch stundenweise ins<br />
IVK und war jederzeit für Fragen und Konsultationen offen,<br />
was von uns alten Kollegen gern genutzt wurde.<br />
Betrachtet man das wissenschaftliche Werk von Prof. Jante im<br />
Überblick, kann man dem nur höchste Bewunderung zollen,<br />
und man steht bei der Hervorhebung von etwas Besonderem<br />
ob der Vielzahl der Einzelthemen und Problemkreise vor einer<br />
schier unlösbaren Aufgabe. Diese Schwierigkeit hat er offenbar<br />
auch selbst erkannt, denn in seiner fachlichen Rückschau aus<br />
dem Jahre 1982 schreibt er selbst: „Als ich nach Jahrzehnten<br />
einen alten Studienfreund – einer anderen Fachrichtung – traf<br />
und wir uns unterhielten, meinte er: ‚Na ja, Du hast 25 Jahre an<br />
der TU gewirkt und was ist dabei heraus gekommen?‘ Diese<br />
Frage gab mir zu denken, den wer sollte sie beantworten, wenn<br />
nicht ich selbst?“<br />
Mit Verweis auf die zugehörigen Literaturstellen führte er<br />
dann eine Reihe von Themen an, die er als besonders wichtig<br />
und prägend angesehen hat. Im Einzelnen sind dies: Kreisprozess-Charakteristiken,<br />
rationelle Teillastverfahren, thermische<br />
Aufladung, Bezugs-Kreisprozesse, Motoren-Kennfelder, Normal-<br />
Fahrzustands-Diagramm, grafische Verfahren zur Fahrplanung,<br />
Getriebeauslegung, Fahrleistung, Fahrgeschwindigkeit und<br />
Fahrzeugabstand, Luftwiderstand, Gemischbildung und -verteilung<br />
am Ottomotor, Spülbilder, Auspuff-Druckwellen, Simpelmotor,<br />
Traktoren, Mechanik des Ausgleichsgetriebes, Lenkgetriebe,<br />
Anfahrvorgang und Brennverlauf nach WIEBE. Vieles<br />
aber fehlt in der Aufzählung wie die theoretischen und praktischen<br />
Untersuchungen für Diesel-Einspritzung. Die angeführte<br />
umfangreiche Literaturzusammenstellung gibt jedoch Auskunft<br />
über viele andere Themenkreise, die von ihm initiiert im IVK<br />
bearbeitet wurden.<br />
Besonders hervorheben möchte ich seine Arbeiten zu Motoren-Kennfeldern.<br />
Bereits 1930 hatte er das klassische Kennfeld<br />
entwickelt, in das zusätzlich Leistungshyperbeln und verschiedene<br />
Iso-Linien eingetragen werden können. Darauf griff<br />
er bei der Entwicklung des Normal-Fahrzustands-Diagramms<br />
zurück, das ebenfalls einen wesentlichen Baustein seines<br />
Lebenswerkes bildet. Sehr am Herzen lag ihm bei den<br />
Verbrennungsmotoren die Verbesserung des thermischen<br />
Wirkungsgrades, d. h. in der Praxis die Senkung des spezifischen<br />
Kraftstoffverbrauchs. Mit seinen Kreisprozess-Charak-<br />
28<br />
02/2008<br />
teristiken schuf er die Grundlagen für die genaue Beurteilung<br />
und den exakten Vergleich von einzelnen, unterschiedlichen<br />
Kreisprozessen und wollte objektiv aufzeigen, wo Verbesserungspotenziale<br />
liegen. Das ist insbesondere für Teillastzustände,<br />
die im Wesentlichen in der Praxis vorliegen, von größter<br />
Bedeutung. Prof. Jante zeigte damit Wege zu rationellen<br />
Teillastverfahren auf. Die von ihm u. a. genannten Möglichkeiten<br />
wie variable Ventilsteuerzeiten, Zylinderabschaltung und<br />
Verdichtungsregelung sind heute Realität – damals waren sie<br />
Visionen.<br />
Entwickler des Normal-Fahrzustands-Diagramms<br />
Nachhaltig beeinflusst hat sein späteres Tun die Aufgabe zur<br />
Auswertung der Standard-30-Tagefahrt auf dem Nürburgring.<br />
20 verschiedene Serienfahrzeuge unterschiedlicher Fabrikate<br />
fuhren 30 Tage lang auf dem Ring und mussten objektiv bewertet<br />
sowie übersichtlich verglichen werden. Um dies zu ermöglichen,<br />
entwickelte Alfred Jante bereits 1931 das – man kann<br />
schon sagen – geniale Normal-Fahrzustands-Diagramm (NFD).<br />
In diesem Diagramm wird für ein konkretes Fahrzeug unter<br />
Berücksichtigung aller Fahrwiderstände die verfügbare Zugkraft,<br />
durch Bezug auf das Fahrzeuggewicht, dimensionslos als<br />
relativ freie Zugkraft über der Fahrgeschwindigkeit für jeden<br />
Gang einschließlich der Kraftstoffverbrauchslinien dargestellt.<br />
Damit ist es möglich, den direkten Vergleich z. B. eines 44-<br />
Tonnen-Lastzugs mit einem Moped vorzunehmen. Anlässlich<br />
des 75. Geburtstages von Jante 1983 haben wir ihm zu Ehren<br />
für das NFD die Bezeichnung Jante-NFD eingeführt. Diese<br />
frühen grundlegenden Arbeiten und nachfolgend weitere prin-<br />
Das Normal-Fahrzustands-Diagramm von Jante, einer der Meilensteine in<br />
seinem Schaffen.
zipielle wissenschaftliche Arbeiten führten dazu, dass er seit der<br />
14. Auflage des Automobiltechnischen Handbuchs den Abschnitt<br />
„Kraftfahrtmechanik“ eingebracht hat. Man kann also<br />
Jante durchaus als Vater der Kraftfahrtmechanik betrachten.<br />
„Seine Leute“ mit guter Bewährung in der Praxis<br />
Eine wichtige Aufgabe an einer Hochschule ist die Ausbildung<br />
des Ingenieur-Nachwuchses. Bis zu seiner Emeritierung hat<br />
Prof. Jante über 450 Diplom-Ingenieure ausgebildet. Die Zahl<br />
kann nicht größer sein, da in der Fachrichtung Kraftfahrzeugtechnik<br />
jährlich nur 25 Studenten immatrikuliert werden durften.<br />
Ebenso hat er eine große Zahl von Doktoranden betreut<br />
und häufig zur Bearbeitung bestimmter Themen angeregt. Ein<br />
Grundsatz von ihm war: „Jeder muss einmal am Motor gearbeitet<br />
haben“. Die Ausbildung am alten IVK ist offenbar nicht<br />
schlecht gewesen, denn „seine Leute“ haben sich durchweg in<br />
vielen Positionen in Wirtschaft und Wissenschaft bewährt.<br />
Es gibt bei Prof. Jante so viele Dinge, die bei einer Würdigung<br />
genannt werden müssten. Das ist aber einfach unmöglich.<br />
Dennoch möchte ich im Zeitalter um sich greifender Fahrerassistenzsysteme<br />
ein Zitat von ihm anführen, das Zeugnis für<br />
das analytische Herangehen und seinen fordernden Weitblick<br />
ablegt: „Man wird mit wachsendem Verkehr eine für die<br />
Sicherheit so wichtige Aufgabe, die richtige Entfernung zum<br />
vorfahrenden Wagen einzuhalten, nicht mehr der Schätzung<br />
des Fahrers überlassen können, sondern wird ihm zuverlässige<br />
Hilfsmittel dafür zu Verfügung stellen müssen. Das ist eine für<br />
die Verkehrssicherheit ungeheuer wichtige Entwicklungsaufgabe<br />
und es ist zu wünschen, dass sie bald intensiv in Angriff<br />
genommen wird.“ Das Zitat datiert von 1955!<br />
Auf noch etwas möchte ich unter dem Aspekt Weitsicht hinweisen.<br />
1973 erschien in der Fachzeitschrift Kraftfahrzeugtechnik<br />
eine Veröffentlichung von Prof. Jante zum Thema<br />
Energiebilanzen, ein Beitrag, der angesichts der gegenwärtigen<br />
Diskussion über CO 2 und Klima, Ressourcenknappheit,<br />
Biokraftstoffe nach wie vor aktuell ist. Er gipfelt in dem Ausblick:<br />
„Auch wenn es<br />
gelingt, die ‚Energiedecke<br />
zu strecken‘<br />
steht für den Motorenbauer<br />
die Aufgabe,<br />
den spezifischen<br />
Kraftstoffverbrauch<br />
zu senken, an erster<br />
Stelle. Gleich danach<br />
rangiert die<br />
Aufgabe der Emissionsminderung<br />
von<br />
Schadstoffen; doch<br />
darf diese nicht auf<br />
Kosten der Kraftstoffökonomie<br />
gelöst werden. Viel<br />
eher könnte man<br />
einer Erhöhung des<br />
regenerierbaren<br />
Materialeinsatzes<br />
zustimmen.“<br />
Dr.-Ing.<br />
Manfred Bergmann<br />
1993 erhielt das Gebäude der TU Dresden, in<br />
dem Prof. Jante 25 Jahre lang wirkte, ihm zu<br />
Ehren den Namen Jante-Bau.<br />
Foto: TU Dresden<br />
AufgeHorcht<br />
Wissenschaftler, Ingenieur und Humanist<br />
Zu den Weggefährten von Prof. Jante gehörte Prof. Ernst<br />
Fiala. Der gebürtige Wiener war u. a. Versuchsingenieur<br />
bei Daimler Benz, danach ordentlicher Professor an der<br />
TU Berlin und bis 1988 Mitglied des Vorstandes der<br />
Volkswagen AG. Zum 3. Autoforum Sachsen erinnerte er<br />
in einem Festvortrag an Alfred Jante. Hier ein kleiner<br />
Auszug:<br />
Der Name Jante trat das erste Mal in mein Bewusstsein, als<br />
ich Assistent an der TH Wien war und mein verehrter<br />
Chef, Prof. Ludwig Richter, vom damals 45-jährigen Jante<br />
schwärmte: von seinen Impulsen, die er dem Motorenbau<br />
gegeben hat, seiner Gabe sich klar und griffig auszudrücken,<br />
seinem Mut sich einer schwierigen Aufgabe anzunehmen<br />
statt sich den bequemeren Weg zu wählen.<br />
Als ich Professor an der TU Berlin wurde, habe ich alle<br />
Nachbarinstitute für Kraftfahrzeuge angeschrieben und um<br />
einen Termin gebeten, um mich vorzustellen und<br />
Möglichkeiten einer Zusammenarbeit zu sondieren. Über<br />
die Einladung Jantes habe ich mich besonders gefreut. Von<br />
manchem Berliner Kollegen und Beamten wegen eines<br />
Besuchs in der DDR schief angesehen, bin ich nach<br />
Dresden gefahren und wurde von Jante in meinen hochgestellten<br />
Erwartungen weit übertroffen. Arbeit und Einrichtung<br />
seines Instituts haben mir ebenso imponiert wie<br />
die Teilnahme an einem Kolloquium, in der ein Student<br />
seine Diplomarbeit verteidigte. Jante bestand darauf, dass<br />
ich länger als geplant in Dresden blieb, einen Abend mit<br />
seiner Familie in der Pardiesgasse verbringe. Bei einem<br />
abendlichen Spaziergang kamen wir an einer Auslage vorbei,<br />
in der der Slogan „Eigentum macht frei“ drapiert war.<br />
Ich konnte mir eine anzügliche Bemerkung nicht verkneifen,<br />
was zu einer tiefsinnigen Betrachtung über die Bedeutung<br />
der Eigentumsverhältnisse von Produktionsmitteln<br />
führte. In einer Viertelstunde nahm Jante vorweg, was<br />
inzwischen von Englewood Cliffs bis Tobias Tay über die<br />
Steuerung der Kapitalströme gesagt wurde. Diese intimen<br />
Exkurse haben uns immer wieder zusammengeführt, nach<br />
Dresden, Ost-Berlin und Wolfsburg. Einmal sind wir im<br />
Berliner Zoo zwischen den Affenkäfigen hin und her<br />
gewandert, um nicht abgehört zu werden.<br />
Alfred Jante war nicht nur ein scharfsinniger Denker und<br />
Ingenieur, sondern auch ein warmherziger Mensch, der im<br />
schöpferischen Tatendrang zuhören konnte. Was hätte er<br />
in der mit der deutschen Wiedervereinigung einkehrenden<br />
Meinungsfreiheit gesagt?<br />
Alfred Jante war Humanist: Es ging ihm darum, den Menschen<br />
zu Frieden und Wohlstand zu verhelfen. Als<br />
Ingenieur und Wissenschaftler hat er sich in den Fragen<br />
Transport und Verkehr um Optimierung bemüht. Die<br />
Prozesse verstehen, Sicherheit und Effizienz erhöhen,<br />
Kraftstoff sparen – das waren seine Beiträge in einer<br />
Umgebung, die seiner Begabung Grenzen gesetzt hat.<br />
Lassen Sie uns in seinem Geiste weiter schreiten, die<br />
Probleme nicht als Katastrophe, sondern als Anregung verstehen,<br />
ohne Hast eine bessere Zukunft erstreben. (Anm.<br />
d. Red.: Prof. Fiala hat in seinem Vortrag vor allem zu aktuellen<br />
Themen von CO 2, Klima und Energieressourcen<br />
gesprochen.)<br />
02/2008 29
AufgeHorcht<br />
Hart am Tod vorbei<br />
Aus dem Tagebuch eines<br />
Rennmechanikers der Auto Union<br />
Am 28. Juli 1935, 11 Uhr, zum „Großen Preis von Deutschland“,<br />
hätte auch ich durch falschen Ehrgeiz auf dem Nürburgring<br />
bald den Tod gefunden. Die Gehirnerschütterung und der<br />
Schädelbruch, das ich beides damals davon trug, löschten alles<br />
Erleben in den letzten Stunden vor dem Unfall in meinem Gehirn<br />
aus. Ich konnte mich hinterher an nichts mehr erinnern.<br />
Sechs Wochen danach erzählte mir unser Rennleiter, W. Walb,<br />
wie sich alles ereignet hatte.<br />
Wieder standen die Rennwagen in Reih und Glied auf ihren<br />
Startnummern. In der Sonne blitzten die silbernen Leiber der<br />
deutschen Rennwagen zwischen den roten der Italiener. Die<br />
Rennfahrer wechselten mit den Monteuren noch einige Worte.<br />
Während vorn die Spitzenfahrer als letzte ihre Rennwagen<br />
bestiegen, liefen die Motoren der hinten stehenden Wagen<br />
schon auf hohen Drehzahlen. Die Uhr zeigte noch zwei Minuten<br />
bis zum Start. Fritz M. und ich, wir warfen mit einem Ruck<br />
Stucks Motor an. Er kam sofort. Wir überprüften schnell die<br />
Kerzen. Sie waren alle sechzehn sauber. Dann gingen wir zur<br />
Seite. Nun liefen die Motoren. Blaue durchsichtige Rizinuswolken,<br />
mit Äther und Benzol vermischt, schwebten über dem<br />
Startplatz. Schon diese Luft allein vor der aufgeregten Zuschauermenge<br />
der Tribüne ließ das Kommende ahnen.<br />
Die letzten Sekunden näherten sich. Die Rennfahrer schauten<br />
nach vorn und gaben bei eingeschaltetem Gang abwechselnd<br />
Vollgas. Eine Hand am Steuer, die andere an der Handbremse,<br />
einen Fuß auf dem Kupplungspedal, den anderen wippend am<br />
Gaspedal, konzentrierten die Rennfahrer ihre Nerven auf den<br />
Startmoment. Kompressoren heulten auf. Aus weiten Auspuffrohren<br />
donnerten die Abgase fünfhundertpferdiger Motoren.<br />
Am Start hatte Tausende Zuschauer das Nervenfieber gepackt.<br />
Da, was fiel Stuck ein? Er schob die Brille hoch, sah zu<br />
uns Monteuren herüber und hob aufgeregt beide Arme hoch.<br />
Ein Blick zu den Auspuffrohren, und wir wussten Bescheid.<br />
Stucks Motor war im entscheidenden Moment abgestorben.<br />
Was sich nun ereignete, war Sekundensache.<br />
Wir zwei Monteure Stucks wollten hinzuspringen. Fritz wurde<br />
von einem italienischen Rennmechaniker festgehalten. Ich soll<br />
auf meine Stoppuhr gesehen haben und mit der Andrehkurbel<br />
in der Hand in unüberlegter Begeisterung mitten in die noch<br />
30<br />
02/2008<br />
Teil 6<br />
Rudolf Friedrich hat als Rennmechaniker bei der Auto Union die großen Erfolge der Silberpfeile in den 1930er<br />
Jahren miterlebt und genauso die Schattenseiten des Rennsports kennen gelernt. In der Betriebszeitung des<br />
ehemaligen VEB Sachsenring Zwickau berichtete er Ende der 1950er Jahre über seine Zeit an der Seite von<br />
Stuck, Rosemeyer & Co. „AufgeHorcht“ veröffentlicht Auszüge aus diesem hochinteressanten Tatsachenbericht<br />
in der Serie „Aus dem Tagebuch eines Rennmechanikers der Auto Union“. In Teil 6 schildert er, wie er im Juli 1935<br />
beinahe selbst den Tod auf dem Nürburgring gefunden hätte. Ebenso berichtet er über das erfolgreiche<br />
Silberpfeil-Rennen von 1936 auf dieser renommierten Strecke.<br />
Auto Union-Monteure bereiten Hans Stucks Rennwagen für<br />
das Training vor, hinten der Autor dieser Serie Rudolf Friedrich.<br />
stehenden, brüllenden Rennwagen gerannt sein, um Stucks<br />
Motor wieder anzuwerfen. Zwei Schritte bis zum Rennwagen<br />
sollten noch gefehlt haben.<br />
Da leuchtete das grüne Licht auf und der Startschuss krachte.<br />
Von hinten kam der Rennfahrer Varzi auf unseren Rennwagen<br />
mit 80 Sachen herangeschossen, erfasste meinen Körper und<br />
nahm mich auf seinem Rennwagen eine kurze Strecke mit. Dann<br />
wurde ich zu Boden geschleudert und blieb bewusstlos liegen.
Ich wurde auf schnellstem Wege in ein Krankenhaus hinunter<br />
nach Adenau überführt. Zwei Ärzte hatten mich untersucht<br />
und behandelt. Ich hatte ein schwere Gehirnerschütterung<br />
und die hintere Schädelbasis war fünf Zentimeter aufgeplatzt.<br />
Dort lag ich nun vom Sonntag, 11 Uhr, bis Dienstag, 9 Uhr, ohne<br />
Besinnung.<br />
Als ich die Augen wieder öffnete, sah alles um mich trübe und<br />
verschwommen aus. Am Abend tauchte neben meinem Bett<br />
etwas Schwarzes auf und lächelte mich an. Aus saubergelegtem<br />
schwarzen Tuch schaute ein Gesicht heraus, das einzige,<br />
das etwas Menschliches verriet. Am Hals baumelte ein silbernes<br />
Kruzifix. Sah ich richtig? Eine Nonne! Jetzt dämmerte es<br />
bei mir. Ich war im Krankenhaus des St.-Josephs-Klosters untergebracht.<br />
Das konnte ja gut werden!<br />
Am anderen Morgen, als ich mit klarem Kopf erwachte, sah<br />
ich auf dem abseits stehenden Tisch einen Korb mit schönen<br />
Äpfeln und Birnen stehen. Das Dienstmädchen Änne vom Sporthotel<br />
hatte ihn für mich abgegeben. Daneben lag ein Brief. Ich<br />
öffnete ihn und las den Inhalt:<br />
Lieber Rudolf!<br />
Leider konnten wir Dich am Sonntag früh nicht sprechen. Du warst<br />
noch ohne Bewusstsein. Es tut uns sehr leid, dass Dir das Unglück<br />
zugestoßen ist. Mir ging dieser Unfall während des ganzen Rennens<br />
im Kopfe herum. Freue Dich mit mir, ich habe trotzdem den Zweiten<br />
gemacht. Werde bald wieder gesund und tue das nie wieder.<br />
Mit den besten Wünschen für Deine Gesundheit<br />
Deine getreuen Stucks<br />
In dem Brief lagen, noch unerwähnt, zwei Einhundertscheine<br />
von Stuck. Hans Stuck schenkte immer gern, ohne viel Worte<br />
zu machen.<br />
Am vierten Tag spätabends suchte ich das Klosett auf und sah<br />
durch ein kleines Fenster ins Freie. Gegenüber wurde in einer<br />
kleinen Mansardenkammer Licht gemacht. Ein Fenster wurde<br />
geöffnet. Dann erschien eine Nonne im Fensterrahmen. Sie<br />
glaubte sich unbeobachtet und begann sich zu entkleiden. Alles<br />
ist menschlich. Auch wenn sich eine Frau nachts vor dem<br />
Schlafengehen entkleidet. Aber hier hörte die Menschlichkeit<br />
auf. Als sie zum zweiten Mal ohne Kopfbedeckung am Fenster<br />
erschien, wischte ich mir erst die Augen aus. Dort stand eine<br />
etwa 30-jährige Frau in einem groben Nachthemd mit geschorenem<br />
Kopf am Fenster, nahm<br />
ihr Kruzifix vom Hals und begann<br />
zu beten. Doch dieser eine Fall<br />
konnte krankheitsbedingt sein.<br />
Am anderen Abend suchte ich die<br />
anderen Fenster ab und fand bestätigt,<br />
was ich wissen wollte.<br />
Zwei weitere Nonnen hatten<br />
keine Haare auf dem Kopf.<br />
Oh Mensch, Meisterwerk der<br />
Natur! Wo bleibt dein Verstand<br />
des 20. Jahrhunderts? In seliger<br />
Selbstversenkung zu Gott verneinten<br />
die Nonnenschwestern<br />
die Lebensbejahung dieser wirklichen<br />
Welt und suchten im finsteren<br />
Jenseits die Vereinigung mit<br />
ihrem unsichtbaren Gott. In blin-<br />
der Glaubenskraft an die katholische<br />
Kirche schändeten sie ihr<br />
menschliches Antlitz, um Gott zu<br />
gefallen und von ihren eingebil-<br />
Rudolf Hasse beim Boxenstopp<br />
zum Rennen am Nürburgring 1936.<br />
AufgeHorcht<br />
deten Sünden befreit zu werden. Den einzigen Zutritt dieser<br />
Nonnen in das gesellschaftliche Leben des Alltags, das die<br />
strenge Kirchenordnung zuließ, war die Pflege der Kranken.<br />
Ich hatte nun genug von meinem nächtlichen Beobachtungsstand,<br />
ging in mein Zimmer und machte mich über den Krug<br />
Rotwein her, den die Nonnenschwester zwei Mal am Tage für<br />
mich anfüllte.<br />
Vier Wochen sollte ich in diesem Krankenhaus bleiben. Nach<br />
einer Rücksprache mit meinem Arzt, Prof. Dr. Frings, verließ<br />
ich nach zehn Tagen dieses Betkrankenhaus mit seiner mittelalterlichen<br />
Mystik. In Leipzig ließ ich mich von einem Nervenarzt<br />
gründlich untersuchen und nahm meine Arbeit wieder<br />
auf.<br />
Großkampftag auf dem Nürburgring<br />
Der Großkampftag der Rennfahrzeuge 1936 auf dem Nürburgring<br />
war eines der größten Motorsportereignisse Europas. Die<br />
Wald-, Wiesen- und Ackerränder an der 22 Kilometer langen<br />
Rennstrecke waren zusammenhängend mit 320.000 Zuschauern<br />
übersät. Die Zuschauerplätze in Weberseifen, am Karussell und<br />
am Schwalbenschwanz glichen mit ihren vielen Zelten einem<br />
Heerlager. Von 400, 500, ja 600 Kilometer entfernten Orten<br />
kamen die ganz Begeisterten auf staubigen Straßen zum Nürburgring<br />
gefahren, um acht Stunden in brütender Hitze den<br />
Kampf der Motorräder und Rennwagen mitzuerleben.<br />
Zwanzig Rennwagen, die schnellsten der Welt, mit den besten<br />
und härtesten Rennfahrern Europas standen auf dem sonnengeheizten<br />
Asphalt und warteten auf den Sprung zum Sieg. In<br />
Reihen zu je drei und zwei Rennwagen in zehn Meter Abstand<br />
standen die menschlichen Beherrscher von kraftstrotzender<br />
Mechanik, von denen keiner sagen konnte, ob er nach vier Stunden<br />
lebend den Zielstreifen überfährt. Die wenigen Außenseiter<br />
mit den schwächsten Motoren, die nie entscheidend ins Rennen<br />
eingreifen konnten, hatten es immer am eiligsten mit dem Anwerfen<br />
der Motoren. Schon 15 Minuten vor dem Start machten<br />
sie mit ihrem Lärm die Zuschauer verrückt und nervös.<br />
Die Vordersten in den Startreihen waren Rosemeyer,<br />
Carraciola, Stuck, Brauchitsch und Nuvolari. Um sie herum<br />
02/2008 31
AufgeHorcht<br />
nichts als Menschen, nervöse, aufgeregte Menschen in Erwartung<br />
der kommenden Sekunden vor dem Start.<br />
32<br />
Wüste Szenen unter den Zuschauern<br />
Zwei bis drei Minuten vor dem Start warfen wir deutschen<br />
Mechaniker die Motoren unserer Rennwagen an. Alles am Rennwagen<br />
musste in Ordnung sein. Der Motor musste sofort sauber<br />
laufen, denn eine Minute vor dem Startzeichen hatten alle<br />
Mechaniker den Startplatz zu verlassen. Auf meiner Stoppuhr<br />
fehlten noch zehn Sekunden, da fingen Rosemeyer und<br />
Carraciola schon an zu schieben. Das war das Signal für die Zuschauer.<br />
Mit wilden Rufen erhoben sie sich von den Plätzen,<br />
schlugen sich die Hüte von den Köpfen und trommelten sich gegenseitig<br />
auf die Schultern. Stuck und Nuvolari in der zweiten<br />
Reihe rollten auch schon über den Strich. In dieser Sekunde verließ<br />
die Zuschauer die Vernunft, und rücksichtslos wurden alle<br />
Vordermänner niedergestaucht, um am Start ja alles genau zu<br />
sehen. Da krachte es am Zielturm. Wie Bestien sprangen die wildgewordenen<br />
fast 10.000 PS davon. Beim Wegspringen der Rennwagen<br />
– wegfahren konnte man das nicht nennen – hatte man<br />
das Gefühl, als würde 300 Meter weiter nur ein Trümmerhaufen<br />
mit Toten liegen bleiben. Aber schön hinter- und nebeneinander<br />
lagen die Rennwagen, unter der Fahrkunst kampfgestählter<br />
Männer am Steuer, im Rundbogen der Südkehre und donnerten<br />
an der Gegengeraden mit wenig Meter Abstand voneinander<br />
an unseren Boxen vorbei.<br />
Ehrenrunde nach Rosemeyers Sieg beim<br />
Großen Preis von Deutschland 1936.<br />
02/2008<br />
Zehn Minuten hatten nun die Zuschauer Zeit, bei derben Auseinandersetzungen<br />
ihre Kopfbedeckungen auszutauschen. Für<br />
uns Mechaniker waren die wüsten Szenen unter den Zuschauern<br />
am Start oft das Schönste vom ganzen Rennen.<br />
Wer kommt als erster an den Boxen vorbei? Doch kaum war die<br />
Luft am Startplatz rein, da zeigte der Voranzeiger auch schon<br />
Nummer 1. Rosemeyer jagte mit 500 Meter Abstand vor<br />
Carraciola auf Mercedes-Benz und Nuvolari auf Alfa-Romeo an<br />
uns vorüber, im weiteren Abstand dahinter folgten die anderen.<br />
Das Sauerwerden begann. Ein Maserati war schon ausgefallen.<br />
In der zweiten Runde fehlte ein Bugatti (Wimille). In der dritten<br />
Runde fehlte Seamem auf Maserati. Wir kannten die Tücken<br />
bei 36 Grad Hitze und wussten, dass noch einige liegen bleiben<br />
würden. Wer würde es sein?<br />
Strecke wurde zum Rennwagen-Friedhof<br />
Die Motoren rasten weiter. Wie kochendes Blut wurde das<br />
heiße Öl durch die Kanäle gepumpt. Wehe, wenn ein Pleueloder<br />
Hauptlager trockenlief. Millionen Funken sprühten die<br />
Kerzen in die Brennräume. Mit Tonnendruck wurden die Kolben<br />
2000 Mal in der Minute zurückgeschlagen. Ungeheure<br />
Kräfte tobten sich in den schwachen, erleichterten Teilen des<br />
Rennwagens aus und versuchten, das Material zu zerreißen.<br />
Das war ein Schieben, Drücken, Reißen und Zerren an den<br />
Getriebewellen und -rädern, beim Abbremsen und Beschleunigen<br />
in den Kurven. Und nur ein einziger verfehlter Fußdruck
Großer Preis von Deutschland 1936.<br />
Hans Stuck, der spätere Zweite.<br />
des Fahrers hätte genügt, um das bis ins Feinste durchkonstruierte<br />
Menschenwerk zum Trümmerhaufen zu machen.<br />
Da fuhr auch schon ein „Silberner“ an die Boxen vor.<br />
Carraciola auf Mercedes-Benz stieg aus und gab auf. In der<br />
fünften und siebenten Runde fehlten wieder zwei Wagen. Das<br />
Sterben ging weiter. Rosemeyer begann das Feld zu jagen. Fünf<br />
Minuten betrug schon sein Vorsprung. Lächelnd winkte er uns<br />
an den Boxen zu. Da zeigte ihm der Rennleiter an der Rückseite<br />
der Boxe die Fahne zum Reifenwechsel. Auf dem Betonboden<br />
vor der Boxe legten wir nun Reifen und Kupferhämmer bereit.<br />
Achtung, rief der Rennleiter. Rosemeyer tauchte auf und hielt<br />
mit den Hinterrädern genau bei den bereitgelegten Reifen. Mit<br />
kräftigen Schlägen wirbelten zwei Kupferhämmer durch die<br />
Luft. Mit zwei atü Druck rauschten 200 Liter Brennstoff in den<br />
Tank, und während der Schwimmer langsam das Ventil schloss,<br />
wurde auch schon die letzte Radkappe festgeschlagen. Die<br />
Stoppuhr zeigte 42 Sekunden, da raste Rosemeyer auch schon<br />
wieder davon. Langanhaltender Beifall kam von der Tribüne zu<br />
uns herüber.<br />
In der achten Runde hielt unser Ernst Delius mit zerfetzten<br />
Hautblasen an den Händen vor unserer Boxe zum Reifenwechsel.<br />
Das anstrengende Steuern in den Kurven hatte seine empfindlichen<br />
Hände zerschunden. Da hielt an der Mercedes-<br />
Boxe schon wieder ein Rennwagen. Der Fahrer Lang hatte in<br />
der zehnten Runde beim Schalten den Finger gebrochen.<br />
Rennleiter Neubauer nahm ratlos seinen Hut vom Kopf, kraulte<br />
sich hinter den Ohren und blies Luft in seine Backen. Nach<br />
langem, aufgeregten Diskutieren stieg Carraciola in Langs<br />
Wagen und fuhr weiter. Erst in der elften Runde fuhr der reifenschonende<br />
Hans Stuck an unsere Boxen. Wir wechselten<br />
zwei Reifen und tankten in einer Minute. Fritz M. und ich, wir<br />
haben Stuck die Reifen schon in 27 Sekunden gewechselt. Da<br />
kam wieder eine neue Sensationsmeldung. Diesmal von der<br />
„Antoniusbuche“. Chiron auf Mercedes hatte sich beim Überholen<br />
mit 260 km/h überschlagen und landete leicht verletzt<br />
rechts der Bahn im Graben. In derselben Runde fuhr<br />
Carraciola den zweiten Mercedes-Benz sauer und blieb dann<br />
auf der Strecke liegen. Zwei Runden danach gab auch der<br />
stärkste Italiener, Tazio Nuvolari, mit heißgelaufenem Motor<br />
auf.<br />
Das war ein mörderischer Kampf zwischen Menschen und<br />
Motoren bei brütender Hitze. Der Nürburgring wurde in diesen<br />
Stunden langsam ein Rennwagen-Friedhof. Jetzt hielt es<br />
Delius nicht mehr länger aus. Mit schmerzverzerrtem Gesicht<br />
fuhr er an unsere Boxe und ließ sich seine Finger verbinden.<br />
AufgeHorcht<br />
Auch Stuck und Hasse führten im Rennwagen mit der Hitze<br />
einen verbissenen Kampf. Da kam Rosemeyer zum letzten Mal<br />
langsam an unsere Boxe gerollt. Wir wechselten ihm alle vier<br />
Räder und tankten auf. Währenddessen wischte er sich mit<br />
einem nassen Schwamm sein mit Dreck vollgespritztes Gesicht<br />
ab. Während der Wagenheber hochgekippt wurde, machte er<br />
uns Mechanikern eine lange Nase und fuhr nach 1,7 Minuten<br />
lächelnd davon, als wäre nichts gewesen. Über solche Nerven<br />
konnten wir nur den Kopf schütteln. Einen solchen Rennfahrer<br />
gab es nur einmal.<br />
Abtasten von Nerven und Mechanik<br />
Nach drei Stunden, 48 Minuten und 39 Sekunden wurde<br />
Rosemeyer als Sieger dieses schweren Rennens ein großer<br />
grüner Eichenlaubkranz um die Schultern gelegt. Europameister<br />
Hans Stuck wurde Zweiter. Alle anderen Rennfahrer wurden<br />
mehrmals überrundet. Unsere Wagen kamen auf den ersten,<br />
zweiten, fünften und sechsten Platz. Drei Mercedes, drei Alfa<br />
Romeo, drei Maserati und ein Bugatti fielen aus. Rosemeyers<br />
feines Gefühl und Gehör für seinen Motor und seine Zehntel-<br />
Sekunden-Berechnung in den Kurven waren keine wilde Jagd,<br />
sondern ein feines Sich-Einander-Abtasten von Nerven und<br />
Mechanik im Kampf um Sekunden. Und das hatte zum Teil zehn<br />
Rennwagen seiner Kampfgefährten zur Strecke gebracht.<br />
24 Stunden danach tobte sich die Siegespropaganda im Anzeigenteil<br />
deutscher Zeitungen aus. Dort stand groß neben vier<br />
Ringen zu lesen: „Auto-Union siegt…siegt… Der anspruchsvolle<br />
Fahrer kauft noch heute einen der siegreichen Qualitätswagen,<br />
einen Horch 8-Zylinder.“ Was hatte denn nun ein Rennwagen<br />
mit dem Personenwagen ein und derselben Firma gemein?<br />
Nichts! Die auf vollen Touren laufende Kraftfahrzeug-Propaganda<br />
des erfolgreichen Rennjahres 1936 brachte den Aktionären<br />
der Auto Union Millionengewinne ein.<br />
Vier Stunden jagten sich die edlen, überzüchteten Fahrzeuge<br />
über eine vor dem Rennen glattgefegte Bahn. Edelstähle, veredeltes<br />
Dural, Spezialbetriebsstoff, Öl und Gummi dieser Rennwagen<br />
waren viel zu teuer, um sie konstruktiv und fertigungsgemäß<br />
nutzbringend bei der Serienfertigung von Personenwagen<br />
anwenden zu können. Und die angeblich daraus resultierenden<br />
Erfahrungswerte für die Gebrauchsfahrzeuge waren<br />
fast Null und nur Reklame für die Unternehmer.<br />
Fotos: Archiv Jürgen Pönisch<br />
Fortsetzung folgt<br />
Aufstellung der Rennwagen und Monteure am Haupttor<br />
des Werkes Horch am 6. November 1936 zum Empfang<br />
der erfolgreichen Auto Union-Rennmannschaft.<br />
02/2008 33
AufgeHorcht<br />
Februar 1998: Der Gebäudekomplex für die Westfalia Presstechnik in<br />
Crimmitschau nimmt Konturen an.<br />
Wie sich manche Vorzeichen doch wandeln:<br />
Ein Auftrag für die damalige<br />
Westfalia-Muttergesellschaft in Hilchenbach<br />
führte dazu, dass in Crimmitschau<br />
eine Tochterfirma entstand. Mittlerweile<br />
hat sich die Tochter gemausert und die<br />
Mutterrolle übernommen.<br />
Doch der Reihe nach: Das auf Rollformteile<br />
spezialisierte Westfalia-Unternehmen<br />
in Nordrhein-Westfalen konnte nur etwa<br />
die Hälfte des Auftragsumfangs realisieren.<br />
Die andere Hälfte umfasste Stanzteile,<br />
deren Herstellung eine große Presse<br />
erforderte. Deren Aufstellung war jedoch<br />
aufgrund der Gegebenheiten in Hilchen-<br />
34<br />
02/2008<br />
Mathias Schwarzendahl,<br />
seit zehn Jahren<br />
Vorsitzender der<br />
Geschäftsführung bei<br />
Westfalia Presstechnik.<br />
Der Westfalia-Komplex heute.<br />
Eine Tochter hat<br />
die Mutterrolle übernommen<br />
Westfalia Presstechnik Crimmitschau heute Hauptsitz der Westfalia<br />
Seat Parts Group – Automobilzulieferer mit Metallkompetenz für Sitz, Body und Chassis<br />
Der 4. September 2008 ist für die Westfalia Presstechnik GmbH & Co. KG in Crimmitschau ein historischer Tag.<br />
Das Datum steht für das zehnjährige erfolgreiche Agieren an diesem sächsischen Standort. „AufgeHorcht“ blickt<br />
auf wesentliche Etappen im ersten Jahrzehnt des Automobilzulieferers zurück.<br />
bach nicht möglich. Bei der Suche nach<br />
einer Alternative kamen die bereits bestehenden<br />
Kontakte zum Umformtechnischen<br />
Zentrum Zwickau ins Spiel. „Die<br />
Region war von jeher Autogegend. Es gab<br />
Fachkräfte, eine kompetente Hochschullandschaft.<br />
Außerdem konnten vom damaligen<br />
Umformtechnikkombinat Erfurt<br />
sofort fertige Pressen übernommen werden“,<br />
erinnert der Vorsitzende der<br />
Geschäftsführung, Mathias Schwarzendahl,<br />
an die Standortwahl.<br />
Der erfahrene Umformtechniker steuert<br />
seit November 1997 die Geschicke des<br />
Automobilzulieferers. Damals wurde<br />
übergangsweise in Erfurt produziert,<br />
während in Crimmitschau der Aufbau der<br />
Pressen passierte. Im Mai stand die erste<br />
630-Tonnen-Anlage sozusagen open air.<br />
Die Presse war zwar überdacht, aber die<br />
Hallenwände ringsum wurden erst noch<br />
errichtet. Anfang Juli erfolgte der erste<br />
Hub. Die Premierenteile waren Sitzschienen<br />
für Johnson Controls und Keiper.<br />
Jahresende 1998 liefen schon drei 630-<br />
Tonnen-Pressen, die Komponenten für<br />
Automobilsitze fertigten. „In den ersten<br />
Monaten fiel bereits die Entscheidung,<br />
dass sich Crimmitschau auf gestanzte<br />
Metallkomponenten rund um den Sitz<br />
konzentriert. Es ist das erste und einzige<br />
Werk in der Unternehmensgruppe mit<br />
diesem Produktspektrum“, informiert<br />
Mathias Schwarzendahl, der seit 2005<br />
Jens Mogdans als Geschäftsführer für<br />
Vertrieb & Marketing an seiner Seite<br />
hat.<br />
Die Konzentration auf den Sitz bestimmt<br />
auch heute noch das Geschehen<br />
bei Westfalia Presstechnik, doch mittlerweile<br />
in anderen Dimensionen. Während<br />
in den ersten Jahren vorwiegend die Sitzhersteller<br />
bedient wurden, steht das Unternehmen<br />
heute auch direkt mit Automobilproduzenten<br />
wie BMW, Daimler<br />
oder Volkswagen in Geschäftsbeziehungen.<br />
Die Produkte sind anspruchsvoller,<br />
komplexer geworden, das Teilespektrum<br />
umfangreicher. Neben Metallstrukturen<br />
für den Sitz fertigt das Crimmitschauer<br />
Werk zunehmend Komponenten für den<br />
Body- und Chassisbereich. Letztgenanntes<br />
Feld nimmt bereits rund ein<br />
Viertel des Umsatzes ein. „Wir können<br />
mit Fug und Recht sagen, dass Produkte<br />
von uns in allen Automarken der Welt
Mai 1998: Aufbau der ersten Presse.<br />
zu finden sind. Besonderes Know-how<br />
besitzen wir für die Verarbeitung von<br />
hoch- und höchstfesten Stählen. Mittlerweile<br />
weisen etwa 80 Prozent unserer<br />
Produktion diese Materialgüten auf“, sagt<br />
der Geschäftsführer.<br />
Verstärkungsblech für den Body- und Chassisbereich.<br />
Vermessung einer Rückenlehne. 2000 startete die Westfalia<br />
Presstechnik Crimmitschau mit der Herstellung solcher Großpressteile.<br />
Wesentlich für diese Entwicklung war der<br />
Aufbau einer fachlich versierten und motivierten<br />
Belegschaft sowie kontinuierliche<br />
Investitionen. Die Zahl der Mitarbeiter<br />
bei der Westfalia Presstechnik hat<br />
sich von anfangs 20 auf gegenwärtig rund<br />
160 verachtfacht. Nach den Anfangsinvestitionen<br />
1998 folgten 1999 bereits eine<br />
800- und eine 1600-Tonnen-Presse. 2001<br />
wurde eine weitere 1600-Tonnen-Anlage<br />
installiert, 2004 eine 500-Tonnen-Tryout-<br />
Presse und 2006 eine weitere 800-<br />
Tonnen-Presse. Seit 2000 führt das Unternehmen<br />
auch Schweißzusammenbauten<br />
aus und hat sich dafür einen modernen<br />
Roboterpark angeschafft. CNC-Messtechnik<br />
gehört ebenso zur Ausstattung<br />
wie Autoform-CAD-Arbeitsplätze für<br />
Ziehanalysen und -simulationen. „Wir<br />
können uns damit weiter als Entwicklungslieferant<br />
unserer Kunden profilieren.<br />
Technologie- und Produkt-Know-how<br />
auszubauen, ist unser Ziel“, erklärt<br />
Mathias Schwarzendahl.<br />
Synergien dafür ergeben sich aus der Zu-<br />
AufgeHorcht<br />
Heute werden auf sieben Pressen Komponenten für Sitz, Body und<br />
Chassis hergestellt.<br />
sammenarbeit mit der benachbarten H&T<br />
Produktionstechnologie, wie Westfalia ein<br />
Unternehmen unter dem Dach der<br />
Heitkamp & Thumann Gruppe. Die 115<br />
H&T-Mitarbeiter in Crimmitschau sind<br />
auf den Werkzeug-, Prototypen- und<br />
Sondermaschinenbau spezialisiert. Zum<br />
Verbund gehört weiterhin der 30 Beschäftigte<br />
zählende Logistik-Dienstleister<br />
Transconnect.<br />
Die Westfalia Presstechnik fühlt sich damit<br />
laut Mathias Schwarzendahl „gut gerüstet<br />
für viele weitere Jahre“. Mit der<br />
2007 erfolgten Neustrukturierung der<br />
Gruppe und der Verlagerung des Hauptsitzes<br />
für die Westfalia Seat Parts Group<br />
nach Crimmitschau wurde der Aufgabenbereich<br />
nochmals größer. Der sächsische<br />
Standort trägt jetzt Verantwortung für<br />
die Fertigung in Deutschland, das vor<br />
zwei Jahren neu gegründete Presswerk<br />
in Tschechien sowie eine Niederlassung<br />
in Frankreich.<br />
Ina Reichel<br />
Fotos: Westfalia Presstechnik<br />
Feiern mit Kunden,<br />
Mitarbeitern und der Region<br />
Ihr zehnjähriges Bestehen feiert die Westfalia Presstechnik<br />
Crimmitschau vom 4. bis 6. September mit ihren Kunden,<br />
Partnern, Mitarbeitern und der Region.<br />
Am 4. September stehen zum Westfalia Inno DAY Fachvorträge<br />
und Betriebsbesichtigungen für Kunden und weitere<br />
Partner auf dem Programm.<br />
Am 5. September feiert die Belegschaft ihr Jubiläum. Am<br />
6. September lädt die Westfalia Presstechnik gemeinsam<br />
mit ihrem benachbarten Partnerunternehmen H&T<br />
Produktionstechnologie von 13.00 bis 17.00 Uhr alle<br />
Interessenten zum Tag der offenen Tür ein. Von 14 bis 16<br />
Uhr finden Betriebsrundgänge statt.<br />
02/2008 35
36<br />
AufgeHorcht<br />
2. Chemnitzer Oldtimermesse<br />
Links oben: Impression von der 1. Chemnitzer Oldtimermesse im Vorjahr.<br />
Links unten: Eine Schau historischer Opel-Fahrzeuge wird es auch zur 2. Oldtimermesse geben.<br />
Rechts: Ein Framo-Pritschenfahrzeug, ähnlich dem abgebildeten, wird in der Schau „IFA & Co.“<br />
zu sehen sein.<br />
02/2008<br />
Mehr als 100 Autos und<br />
Mekka für Old- und Youngtimerfans<br />
An traditionsreicher Stätte im Wanderer-<br />
Viertel lädt die Chemnitzer Oldtimermesse<br />
am 6. und 7. September zu ihrer<br />
zweiten Auflage ein. Wo einst zwei- und<br />
vierrädrige Kraftfahrzeuge der Marke<br />
Wanderer produziert wurden, befindet<br />
sich heute die Messe Chemnitz und verwandelt<br />
ihr Areal am ersten Septemberwochenende<br />
in ein Mekka für Old- und<br />
Youngtimerfans.<br />
Nach dem Erfolg versprechenden Auftakt<br />
im Vorjahr können Messechef Michael<br />
Kynast und sein Team den Besuchern in<br />
diesem Jahr noch mehr zum Schauen und<br />
Staunen bieten. Rund 11.000 Quadratmeter<br />
sind in beiden Messehallen gebucht.<br />
Die Aussteller, darunter Fahrzeugmuseen,<br />
Oldtimerclubs und Autohändler,<br />
zeigen eine breite Produktpalette an Kraftfahrzeugen<br />
vergangener Zeiten. Ebenso<br />
gehören Ersatzteile, Zubehör, Literatur,<br />
historische Werbung und Modellfahrzeuge<br />
zu den Exponaten.<br />
Allein in Messehalle 1 werden mehr als<br />
100 Autos und Motorräder aus dem vergangenen<br />
Jahrhundert präsentiert. Der<br />
1. Chemnitzer Oldtimerclub stellt unter<br />
dem Motto „IFA & Co.“ Fahrzeuge aus<br />
der DDR-Modellpalette vor. Dazu gehören<br />
ein Wartburg 311 Coupe aus dem<br />
Jahr 1964, eine Wartburg 311 Limousine<br />
und ein Wartburg 313 Sport Roadstar<br />
sowie ein P 70 Coupe aus dem Jahr 1956.<br />
Auch historische Nutzfahrzeuge aus dieser<br />
Zeit werden zu sehen sein, beispielsweise<br />
ein Framo V901 Pritsche von 1959.<br />
Eine Sonderschau widmet sich seltenen
Motorräder werden präsentiert<br />
auf der Messe Chemnitz<br />
AufgeHorcht<br />
am 6. und 7. September 2008<br />
Militärfahrzeugen aus dem vergangenen<br />
Jahrhundert. Gezeigt werden u. a. ein russischer<br />
SiL und ein Panzer T 34, ein Willys-<br />
Jeep der US-Army, Wehrmachts-Motorräder<br />
wie die BMW R12 und die Zündapp<br />
KS 750 sowie das besonders seltene<br />
NSU-Kettenrad von 1942, eine Mischung<br />
aus Kettenfahrzeug und Motorrad. Auch<br />
Fahrzeuge der NVA gehören zur Ausstellung.<br />
Ebenso zeigen Automarken wie Honda,<br />
Skoda oder Opel Old- bzw. Youngtimer<br />
aus ihrer Produktion.<br />
Auf eine besondere Präsentation können<br />
sich Freunde der Automobilrestauration<br />
freuen. Die renommierte Firma Technische<br />
Restaurationen Werner Zinke aus<br />
Zwönitz gibt auf der Oldtimermesse<br />
einen Einblick in ihre Arbeit und stellt<br />
Teile des Restaurationsprozesses von<br />
Oldtimern an Beispielen vor.<br />
Separater Teilemarkt begleitet Messe<br />
Begleitet wird die Messe von einem großen<br />
Teilemarkt in Halle 2, auf dem Sammler<br />
nach gesuchten Originalersatzteilen<br />
oder wertvollem Zubehör stöbern können.<br />
Auch der Übergang von Halle 1 zu<br />
Halle 2 gehört den Anbietern und<br />
Interessenten dieser Objekte.<br />
IR/PM<br />
Fotos: Archiv Reichel<br />
Mehr Informationen unter:<br />
www.oldtimermesse-chemnitz.de<br />
Rechts oben: Militärfahrzeuge, darunter auch aus NVA-Zeiten, bilden eine Sonderschau.<br />
Rechts unten: Ähnlich schmucke historische Fahrzeuge wie zur Chemnitz Classics 2004 können zur<br />
Oldtimermesse bestaunt werden.<br />
Links: Einblicke in den komplizierten Restaurierungsprozess von Oldtimern werden Werner Zinke<br />
und sein Team geben.<br />
02/2008 37
38<br />
AufgeHorcht<br />
2. Chemnitzer Oldtimermesse<br />
Vielfalt auf zwei, drei und vier Rädern<br />
Fahrzeugmuseen bringen Kleinode mit zur 2. Chemnitzer Oldtimermesse<br />
Einen guten Teil der Ausstellungsfläche in<br />
Halle 1 haben sich Fahrzeugmuseen aus<br />
dem sächsisch-fränkischen Raum reservieren<br />
lassen. Das August Horch Museum<br />
Zwickau kommt mit zwei Kleinoden<br />
nach Chemnitz, einem Horch 951 A von<br />
1940 und einem DKW F5 von 1936. Der<br />
H 951 kam erstmals im November 1936<br />
auf den Markt. Mit einem Radstand von<br />
3,80 Metern, 2,9 Tonnen Gewicht und<br />
einer Gesamtlänge von 5,65 Metern<br />
stellte er alles bisher Dagewesene in den<br />
Schatten. Er wurde zum Flaggschiff des<br />
Unternehmens und verkörperte wie<br />
kein anderes Modell die voluminöse Größe<br />
und majestätische Eleganz der großen<br />
Horch Reisewagen. Das mit einer Karosserie<br />
der renommierten Firma Erdmann<br />
& Rossi in Berlin bestückte Sedan-Kabriolett<br />
ist als eines der letzten Exemplare<br />
vor dem Ende der Fertigung von Zivilfahrzeugen<br />
im Herbst 1940 gebaut worden.<br />
Seine gediegene und luxuriöse Ausstattung<br />
weist neben einem Radio auch<br />
eine Bar und einen Klapptisch auf. Der<br />
damalige Preis betrug 20.500 Reichsmark.<br />
Das Luxus-Cabriolet DKW F5 stellte die<br />
Auto Union 1935 auf der Internationalen<br />
Zwei der Kleinode, die zur Oldtimermesse<br />
zu sehen sind: das DKW F5 Luxus-Cabriolet<br />
(oben) und das Horch 951 A Sedan-Kabriolett<br />
aus dem Horch Museum Zwickau.<br />
Fotos: Horch Museum<br />
02/2008<br />
Automobil- und Motorradausstellung in<br />
Berlin vor. Vom Publikum begeistert aufgenommen<br />
– man sprach vom „kleinen<br />
Horch“ – übertraf der Absatz die Erwartungen<br />
des Unternehmens bei weitem.<br />
Die gezeigte Ausführung kostete damals<br />
3250 Reichsmark.<br />
Das Industriemuseum Chemnitz zeigt<br />
einen Feuerwehr-Barkas und stellt Modellteile<br />
eines Awtowelo-Rennwagens<br />
vor, ein Projekt, das in Zusammenarbeit<br />
mit der Westsächsischen Hochschule<br />
Zwickau durchgeführt wird. Die Geschichte<br />
des Awtowelo geht auf die<br />
sowjetische Besatzungszeit zurück. Damals<br />
wurde in Chemnitz ein Automobiltechnisches<br />
Büro gebildet, in dem vorwiegend<br />
Auto Union-Fachleute ihre<br />
Kenntnisse für die UdSSR verwerten sollten.<br />
Zwischen 1950 und 1952 entstanden<br />
zwei komplette Rennwagen mit der<br />
Typenbezeichnung 650, kurz Awtowelo<br />
650 genannt, und drei zugehörige Motoren.<br />
Die Fahrzeuge wurden, kaum fertiggestellt<br />
und noch weniger fahrerprobt,<br />
auf Betreiben des Stalin-Sohnes Wassilij<br />
in die Sowjetunion verbracht, wo diese<br />
aus Unkenntnis der richtigen Kraftstoff-<br />
zusammensetzung mehr schlecht als recht<br />
zum Laufen kamen. Fragmente des einen<br />
Fahrzeuges befinden sich seit Jahren im<br />
Besitz der Kustodie der TU Dresden und<br />
harren einer Restaurierung. Das zweite<br />
Fahrzeug wird im Rennsportmuseum in<br />
Donington (England) fälschlicherweise<br />
als ein Auto Union Rennwagen gezeigt.<br />
Das Nutzfahrzeugmuseum Hartmannsdorf<br />
bei Chemnitz kommt mit einem Lkw<br />
Granit 27 von 1952 aus dem Phänomen-<br />
Werk Zittau, einem B 1000-3Achser Abschleppwagen<br />
mit Trabi, einem L60 und<br />
einem Opel-Blitz Krankenwagen zur Oldtimermesse.<br />
Das Fahrzeugmuseum Frankenberg<br />
zeigt u. a. ein Framo-Dreirad<br />
LT 300 2b.<br />
Zentrum für mobile Klassik<br />
Aus dem Fränkischen reist ein Team des<br />
OFENWERKS Nürnberg an. Das OFEN-<br />
WERK ist ein „Fachzentrum“ für Liebhaber<br />
klassischer Fahrzeuge. Hier dreht sich<br />
alles um Autos und Motorräder. An diesem<br />
Ort hat sich ein umfassendes Dienstleistungs-<br />
und Produktangebot von pro-
AufgeHorcht<br />
am 6. und 7. September 2008<br />
fessionellen Anbietern und Fachwerkstätten<br />
für Old- und Youngtimer zusammengefunden.<br />
Es beinhaltet An- und Verkauf,<br />
Wartung, Lagerung, Ausstellung, Restaurierung,<br />
Gutachten, Zubehör – alles<br />
was zur mobilen Liebhaberei dazu gehört.<br />
Darüber hinaus ist im OFENWERK ein<br />
lebendiger Treffpunkt zum angeregten Erfahrungsaustausch<br />
für zahlreiche Automobilclubs<br />
entstanden sowie eine optimale<br />
Umgebung für Veranstaltungen in<br />
diesem Bereich.<br />
www.horch-museum.de<br />
www.saechsischesindustriemuseum.de<br />
www.nutzfahrzeugmuseum.de<br />
www.ofenwerk.de<br />
Auf dem Podium der 2. Chemnitzer<br />
Oldtimermesse nehmen am 6. September<br />
ab 16.00 Uhr die Väter des Trabant<br />
Platz. Der ehemalige Generaldirektor<br />
der VVB Automobilbau, Dr.<br />
Winfried Sonntag, der ehemalige Technische<br />
Direktor des VEB Sachsenring<br />
Automobilwerke Zwickau, Dr. Werner<br />
Lang, und der Abteilungsleiter Kunststoffverarbeitung,<br />
Dr. Werner Reichelt,<br />
werden gemeinsam mit Remo Dietrich<br />
und Konrad Naumann vom Verein<br />
Inter Trab e. V. über die Zwickauer<br />
Legende auf vier Rädern diskutieren.<br />
Väter des Trabant zu Gast<br />
Neben dem Rückblick auf die<br />
Geschichte und die Schwierigkei-ten<br />
bei Entwicklung und Bau des<br />
„Volkswagen des Ostens“ sowie den<br />
Rahmenbedingungen der DDR-Fahrzeugindustrie<br />
wird auch die Trabant-<br />
Traditionspflege in den mehr als 230<br />
Vereinen in Deutschland und Europa<br />
ein Thema dieser Runde sein. Zudem<br />
zeigt der Verein Inter Trab historische<br />
und aktuelle Filme über den Trabi. Dr.<br />
Werner Lang wird sein Buch „Wir<br />
Horch-Arbeiter bauen wieder Fahrzeuge“<br />
vorstellen und signieren.<br />
02/2008 39
40<br />
AufgeHorcht<br />
2. Chemnitzer Oldtimermesse<br />
am 6. und 7. September 2008<br />
Messe Chemnitz.<br />
02/2008<br />
Die Messe auf einen Blick<br />
Öffnungszeiten:<br />
Samstag, 6. September 2008 und<br />
Sonntag, 7. September 2008,<br />
jeweils 10.00 bis 18.00 Uhr<br />
Ort:<br />
Messe Chemnitz<br />
Eintrittspreise:<br />
Tageskarte: 6,50 EUR<br />
Tageskarte ermäßigt: 5,00 EUR<br />
(Ermäßigte Eintrittskarten für Schüler<br />
und Studenten gegen Vorlage eines<br />
entsprechenden Ausweises.)<br />
Familienticket: 15,00 EUR<br />
(Eltern + bis zu 2 Kindern)<br />
Die Tageskarten gelten am Entwertungstag<br />
als Fahrausweis auf allen Bus- und Straßenbahnlinien<br />
sowie in den Zügen des Nahverkehrs<br />
im Verbundraum VMS zur einmaligen<br />
Fahrt zur Messe Chemnitz und<br />
zurück. Der Erwerb der Tageskarten ist im<br />
Vorverkauf an entsprechenden Vorverkaufsstellen<br />
und im Internet möglich.<br />
„AufgeHorcht“-Leser können ebenfalls<br />
von den ermäßigten Preisen profitieren.<br />
Mit Vorlage des unten abgebildeten Gutscheins<br />
erhalten sie ebenfalls die Tageskarte<br />
für 5,00 statt für 6,50 Euro.<br />
www.oldtimermesse-chemnitz.de
AufgeHorcht<br />
02/2008 41
AufgeHorcht<br />
Der Golf TwinDrive kombiniert Elektro- und Verbrennungsmotor. Foto: VW<br />
Tanken an der Steckdose<br />
Elektroautos fahren aus der Nische heraus<br />
In automobilen Fachzeitschriften übertrumpfen sich derzeit Experten<br />
mit ihren Vorhersagen zum Siegeszug des Elektroautos.<br />
Der Branchenfachmann Prof. Ferdinand Dudenhöffer von der<br />
Fachhochschule Gelsenkirchen stellt für 2025 eine Welt voller<br />
Stromer in Aussicht. Seine Prognose lautet, dass dann alle neuen<br />
Autos von Elektromotoren angetrieben werden. Eine Studie der<br />
Unternehmensberatung Frost & Sullivan sieht bis zum Jahr 2015<br />
mehr als 250.000 Elektroautos auf Europas Straßen fahren.<br />
Demgegenüber gibt es Stimmen, die dem Verbrennungsmotor<br />
noch ein jahrzehntelanges Leben prophezeien.<br />
Wahrscheinlich haben beide Lager recht. Angesichts explodierender<br />
Kraftstoffpreise sind alternative Antriebe immer mehr<br />
gefragt. Doch die neuen sparsamen und umweltschonenden<br />
Aggregate stecken noch in den Kinderschuhen. Deshalb wer-<br />
42<br />
02/2008<br />
den sich in naher Zukunft wohl hybride Lösungen weiter<br />
durchsetzen. Beim elektrisch angetriebenen Auto bilden<br />
Batterieleistung und die sich daraus ergebende Reichweite des<br />
Fahrzeugs, die meist nur für den Stadtverkehr langt, gegenwärtig<br />
die Achillesferse. Ebenso ist die Akkumulatorentechnik<br />
nicht gerade günstig. Derzeit liegen die Kosten für ein Batteriepack<br />
zwischen 15.000 und 20.000 Euro. Den Durchbruch zur<br />
Produktion leistungsfähiger Lithium-Ionen-Batterien für einen<br />
Preis von etwa 2000 Euro erwarten Branchenkenner nicht vor<br />
2015. Auch infrastrukturell gibt es noch viele Probleme zu<br />
lösen. Das Aufladen einer Batterie braucht im Gegensatz zum<br />
minutenschnellen Tanken von Benzin oder Diesel mehrere<br />
Stunden. Überlegt werden hier Konzepte für den Tausch von<br />
leerem zu vollem Akku an der Tankstelle.
Bis das Elektroauto zum Massenphänomen wird, werden noch<br />
Jahre oder gar Jahrzehnte vergehen. Dennoch arbeiten die<br />
Automobilhersteller zwischen Detroit, Wolfsburg und Tokio<br />
derzeit mit Hochdruck an diesem Thema. Mercedes hat<br />
bereits einen Flottenversuch mit Smart gestartet. BMW kündigte<br />
einen Test mit mehreren hundert Elekto-Minis an.<br />
Renault und Nissan planen Projekte mit Elektroautos in Israel<br />
und Portugal. Mitsubishi, Peugeot und Citroen kooperieren<br />
für ein neues Elektrofahrzeug. General Motors will ab 2010<br />
den Chevrolet Volt serienmäßig auf den US-Markt und zeitnah<br />
auch nach Europa bringen. Volkswagen plant für diesen<br />
Zeitpunkt eine Kleinserie des Golf TwinDrive.<br />
Schaut man genauer hinter die Antriebskonzepte, dann wird<br />
deutlich, dass sich die Hersteller eben aufgrund der schon<br />
skizzierten ungelösten Fragen nicht allein auf den Elektromotor<br />
verlassen. So schafft der Volt nicht mehr als 100 Kilometer<br />
mit Batterie. Deshalb hat er auch einen kleinen Verbrennungsmotor<br />
mit an Bord, der Strom für rund 500 Kilometer<br />
erzeugen kann. Der Golf TwinDrive fährt ähnlich, ca.<br />
50 Kilometer mit Batteriebetrieb, auf Langstrecken sorgt der<br />
Verbrennungsmotor für die nötige Power. „Die Gegenwart des<br />
Automobils ist ohne hocheffiziente Benzin- und Dieselmotoren<br />
nicht denkbar. Die Zukunft aber, das ist sicher, wird den<br />
Elektromotoren gehören – betankt an der Steckdose. Auf dem<br />
Weg in diese Zukunft verschmelzen gerade unsere TDI und<br />
TSI mit Elektromotoren und höchst effizienten Batteriesystemen<br />
zu einem neuen Antriebssystem“, erklärte Prof. Dr. Martin<br />
Winterkorn, Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG, bei<br />
der Vorstellung des TwinDrive.<br />
Während viele Hersteller ihre Elektroauto-Ambitionen im Bereich<br />
der Kleinwagen bzw. der unteren Mittelklasse verwirklichen,<br />
kommt aus den USA ab 2009 mit dem Tesla Roadster<br />
ein Elektrosportwagen, dessen Einstiegspreis bei rund 120.000<br />
Euro liegt. Die europäische Version wird von einem Elektromotor<br />
angetrieben, dessen Leistung laut Tesla von 184 kW/<br />
250 PS auf 221 kW/300 PS gesteigert wurde. Damit beschleunigt<br />
der 1,2 Tonnen schwere und 3,95 Meter lange Wagen in<br />
3,9 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 und erreicht ein<br />
Höchsttempo von 200 Stundenkilometern. Immerhin soll er 400<br />
Kilometer weit kommen, bis er die nächste Steckdose braucht.<br />
Ina Reichel<br />
Termin<br />
AufgeHorcht<br />
Das Beste von Diesel<br />
und Otto kombiniert<br />
Das Industriemuseum Chemnitz zeigt bis 25. September<br />
in seinem Eingangsbereich einen VW Touran<br />
mit einem brandneuen CCS-Motor. Das Combined<br />
Combustion System (kombiniertes Verbrennungssystem,<br />
Zündung teils mit Kerze, teils mit Selbstentzündung)<br />
vereint die geringen Emissionen eines Benziners<br />
mit dem geringen Kraftstoffverbrauch eines<br />
Dieselmotors. Mit diesem Projekt führt die VW-Forschung<br />
die jeweiligen Vorzüge von Otto und Diesel<br />
zusammen.<br />
Zu einer extrem sauberen Verbrennung und Emissionsminderung<br />
ist ein spezieller synthetischer<br />
Dieseltreibstoff nötig, der auch aus Erdgas (SynFuel)<br />
oder Biogas (SunFuel) erzeugt werden kann. Das<br />
Verfahren zur Herstellung von Sun-Diesel aus Biomasse<br />
wie Holz und Stroh entwickelte das Unternehmen<br />
Choren im sächsischen Freiberg.<br />
www.saechsisches-industriemuseum.de<br />
Kombiniertes Verbrennungssystem von Diesel und Benzin im neuen CCS-<br />
Motor des VW Touran. Foto: VW<br />
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AufgeHorcht<br />
02/2008<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
Veranstaltungen 2. Halbjahr 2008/1. Halbjahr 2009<br />
Freitag/Sonnabend, 26./27. September 2008<br />
Exkursion in die Lausitz<br />
1. Tag: Besuch des Lausitzrings mit Dekra Test Center<br />
2. Tag: Ausflug in den Spreewald<br />
Kostenbeitrag ca. 40,00 Euro pro Person (Bustransfer, Eintritte etc.)<br />
Hotelkosten ca. 40,00 Euro pro Person (zahlen Teilnehmer selbst vor Ort)<br />
Anmeldungen beim Förderverein zu dessen Geschäftszeiten dienstags und donnerstags, jeweils 9.00 bis 11.00 Uhr, unter<br />
Tel./Fax 0375-2706587<br />
Donnerstag, 2. Oktober 2008, 16.30 Uhr<br />
Vortrag: Die Entwicklung der Fertigungssteuerung im Automobilbau aus der Sicht der Informatik,<br />
dargestellt an Beispielen von Horch, Audi, Sachsenring und VW Sachsen<br />
Vortragender: Dr. Günter Hetmank, Zwickau<br />
Ort: August Horch Museum Zwickau, Vortragssaal<br />
Donnerstag, 6. November 2008, 16.30 Uhr<br />
Vortrag: Die Entwicklung der Benzineinspritzung bei Zwei- und Viertakt-Ottomotoren von Anbeginn bis zum Jahre 1960<br />
Vortragender: Walter Siepmann, Chemnitz<br />
Ort: August Horch Museum Zwickau, Vortragssaal<br />
Donnerstag, 4. Dezember 2008, 16.30 Uhr<br />
Laborbesichtigung in der Westsächsischen Hochschule Zwickau<br />
Überblick zum derzeitigen Anwendungsstand der „Digitalen Fabrik“ in der Automobilindustrie<br />
(ausgewählte Werkzeuge zur Fabrikplanung, Simulationssoftware „Flexim“, 3D-Layoutplanung am visTABLE)<br />
Erläuterungen von Prof. Dr. Andrea Kobylka und Prof. Dr. Thomas Gäse<br />
Ort: Eingang Technikum 1, Rasmussen-Bau, Schneeberger Str. 15, Zwickau<br />
Donnerstag, 5. März 2009, 16.30 Uhr<br />
Vortrag: Automobile der Auto Union - die Stromlinie<br />
Vortragender: Walter Siepmann, Chemnitz<br />
Ort: August Horch Museum Zwickau, Vortragssaal<br />
Sonnabend, 18. April, 10.00 Uhr<br />
Jahreshauptversammlung des Fördervereins Automobilmuseum August Horch Zwickau e. V.<br />
mit Wahl des Präsidiums<br />
Ort: August Horch Museum Zwickau, Vortragssaal<br />
Donnerstag, 7. Mai 2009, 16.30 Uhr<br />
Vortrag: August Horchs letzter Lehrling – persönliche Erinnerungen und Eindrücke an die Begegnung mit August Horch<br />
Vortragender: Edgar Friedrich sen., Hof<br />
ergänzend dazu historische Filmaufnahmen<br />
Ort: August Horch Museum Zwickau, Vortragssaal<br />
Weitere Informationen, Nachfragen, Anmeldungen unter<br />
Telefon: 0375-2706587<br />
(jeweils dienstags und donnerstags von 9.00 bis 11.00 Uhr) bzw. unter<br />
Fax: 0375-2706587 sowie<br />
E-Mail: foerderverein@horch-museum.de<br />
Änderungen vorbehalten!
Aus der Leserpost<br />
Zum Beitrag „Ein Pkw für Ost und West“ in Ausgabe 01/2008 erhielten wir folgende<br />
Leserzuschrift sowie das obenstehende Foto:<br />
Mit Vergnügen habe ich den Artikel über den F9 gelesen. Vermisst habe ich die Erwähnung,<br />
dass das Auto noch lange Jahre in Brasilien produziert wurde und noch heute<br />
zu Rennen in Sao Paulo benutzt wird. Als ich vor ein paar Jahren in Interlagos an einem<br />
Sportwagenrennen teilnahm, habe ich das beiliegende Foto gemacht.<br />
Albert Hiller, per E-Mail<br />
Nach Recherchen von „AufgeHorcht“ hat der brasilianische Kleinserien-Sportwagenhersteller<br />
Puma in den 1960er Jahren Fahrzeuge auf DKW-Basis hergestellt. Der<br />
Rennfahrer Rino Malzoni begann 1964 für den Einsatz auf der Rennstrecke seinen<br />
eigenen Wettbewerbswagen zu bauen. Basis war die Technik des „DKW 3=6“ mit<br />
Zweitaktmotor und dem DKW-typischen Frontantrieb. Diese frühen Fahrzeuge werden<br />
heute „DKW-Malzoni“ genannt, damals hießen sie schlicht „GT Malzoni“, ab 1966<br />
„GT DKW“. Das Fahrzeug bestand aus einem Zentralrohrrahmen und einer Fiberglaskarosserie.<br />
Hinweise auf die Fertigung von DKW F9 haben wir bislang nicht<br />
gefunden. Die Redaktion<br />
AufgeHorcht<br />
In eigener Sache<br />
Veränderungen<br />
bitte mitteilen<br />
Liebe Leserinnen und Leser<br />
von „AufgeHorcht“,<br />
dies ist mittlerweile schon die neunte<br />
Ausgabe des Journals für Autofreunde.<br />
Viele von Ihnen sind treue<br />
Stammleser. Ebenso kommen von<br />
Ausgabe zu Ausgabe neue Interessenten<br />
hinzu, die wir in unsere<br />
Abonnentendatei aufnehmen können.<br />
Dabei bleibt es nicht aus, dass sich<br />
Daten ändern. Man zieht um und<br />
hat eine neue Adresse oder man<br />
wechselt die Bankverbindung. Bitte<br />
denken Sie bei allen Veränderungen<br />
auch daran, den Verlag von<br />
„AufgeHorcht“ zu informieren. Nur<br />
wenn wir Ihre aktuellen Daten<br />
haben, können wir Ihnen die<br />
„AufgeHorcht“ direkt ins Haus zustellen.<br />
Auch die Angabe der richtigen<br />
Kontoverbindung bei denen, die<br />
das Abo abbuchen lassen, hilft, unnötigen<br />
Ärger und bares Geld zu<br />
sparen.<br />
Ihre Änderungsmeldungen nimmt<br />
entgegen:<br />
Marketingagentur Reichel<br />
Kleinolbersdorfer Str. 6<br />
09127 Chemnitz<br />
Fax: 0371-7743511<br />
E-Mail: mareichel@ma-reichel.de<br />
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AufgeHorcht<br />
02/2008<br />
Impressum<br />
Herausgeber<br />
Gemeinnütziger Förderverein<br />
Automobilmuseum<br />
August Horch Zwickau e.V.<br />
Audistraße 7<br />
08058 Zwickau<br />
foerderverein@horch-museum.de<br />
http://foerderverein.horch-museum.de<br />
Redaktion<br />
Ina Reichel, Freie Journalistin,<br />
Chemnitz<br />
Anzeigenakquise, Layout, Satz<br />
Marketingagentur Reichel<br />
Kleinolbersdorfer Str. 6<br />
09127 Chemnitz<br />
Tel. 0371-7743510<br />
Fax 0371-7743511<br />
mareichel@ma-reichel.de<br />
Druck<br />
Druckerei Willy Gröer GmbH & Co.<br />
KG Chemnitz<br />
Redaktionsschluss<br />
dieser Ausgabe: 20. August 2008