Finanzplatz Frankfurt â Ein Standort bewegt sich - Helaba ...
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<strong>Ein</strong>e Initiative des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Herausgeber:<br />
Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale<br />
Vorstandsstab & Konzernstrategie<br />
Volkswirtschaft, Redaktion Chefvolkswirt Dr. Gertrud R. Traud<br />
MAIN TOWER<br />
Neue Mainzer Straße 52-58, 60311 <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />
Telefon: 0 69/91 32-20 24, Telefax: 0 69/91 32-22 44<br />
volkswirtschaft@helaba.de<br />
Die Publikation ist mit größter Sorgfalt bearbeitet worden. Sie enthält jedoch lediglich<br />
unverbindliche Analysen und Prognosen zu den gegenwärtigen und zukünftigen Marktverhältnissen.<br />
Die Angaben beruhen auf Quellen, die wir für zuverlässig halten, für<br />
deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität wir aber keine Gewähr übernehmen<br />
können. Sämtliche in dieser Publikation getroffenen Angaben dienen der Information.<br />
Sie dürfen nicht als Angebot oder Empfehlung für Anlageentscheidungen verstanden<br />
werden.<br />
2 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Editorial<br />
Dr. Gertrud R. Traud<br />
Chefvolkswirt<br />
<strong>Helaba</strong><br />
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,<br />
in dieser Publikation wird die Marktstellung des <strong>Finanzplatz</strong>es <strong>Frankfurt</strong> im Vergleich zu anderen<br />
wichtigen europäischen und nationalen Finanzzentren ermittelt. Vor der Präsentation der Ergebnisse<br />
wird das Gesamtprojekt „<strong>Finanzplatz</strong>-Monitoring“ umrissen.<br />
Gemeinschaftsprojekt „<strong>Finanzplatz</strong>-Monitoring“<br />
Das Gemeinschaftsprojekt „<strong>Finanzplatz</strong>-Monitoring“ wurde von dem Hessischen Ministerium für<br />
Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung initiiert. Projektteilnehmer sind die Landesbank Hessen-Thüringen<br />
(<strong>Helaba</strong>), die HA Hessen Agentur GmbH, das Center for Financial Studies (CFS)<br />
an der Johann Wolfgang Goethe-Universität und die Hochschule für Bankwirtschaft (HfB). Die<br />
Projektkoordination hat die <strong>Helaba</strong> übernommen.<br />
Das „<strong>Finanzplatz</strong>-Monitoring“ umfasst drei Teilprojekte mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten:<br />
Die vorliegende Studie der <strong>Helaba</strong> in Zusammenarbeit mit der Hessen Agentur ist als<br />
Auftakt des Gesamtprojektes zu sehen. Darin wird eine <strong>Standort</strong>analyse der Finanzplätze <strong>Frankfurt</strong>,<br />
London und Paris vorgenommen. Diese Ausarbeitung hebt <strong>sich</strong> durch ihre breit angelegte<br />
Detailanalyse von bereits existierenden Publikationen ab. Das CFS erarbeitet einen Stimmungsindikator,<br />
der die <strong>Ein</strong>schätzung der Akteure über den <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> widerspiegelt. Abgerundet<br />
wird dies durch das datenbasierte System von <strong>Finanzplatz</strong>-Indikatoren der HfB.<br />
Im „<strong>Finanzplatz</strong>-Monitoring“ steht der Institutionen übergreifende, integrative Gedanke im Vordergrund.<br />
Unter den Arbeitsgruppen besteht ein reger Austausch – eine abgestimmte Terminologie<br />
umspannt die Projekte. Das Gesamtprojekt ist also mehr als die Summe seiner Teile.<br />
Fazit der Studie<br />
Schon der Titel der Studie „<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong>“ zeigt, dass <strong>sich</strong><br />
der <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> im Wandel befindet. Die Vorrangsstellung des <strong>Finanzplatz</strong>es <strong>Frankfurt</strong><br />
innerhalb Deutschlands bleibt unangefochten. Unsere Analyse belegt die herausragende Positionierung<br />
des <strong>Finanzplatz</strong>es London im europäischen Vergleich. In Kontinentaleuropa ist Paris ein<br />
ernstzunehmender Wettbewerber für das deutsche Finanzzentrum. Der <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> hat<br />
jedoch gute Chancen, mittelfristig die kontinentaleuropäische Führungsrolle zu erringen.<br />
Die Finanzmetropole am Main hat <strong>sich</strong> bereits in Bewegung gesetzt. Das Begonnene reicht aber<br />
noch nicht aus. Die weitere Entwicklung des <strong>Finanzplatz</strong>es <strong>Frankfurt</strong> hängt entscheidend davon<br />
ab, inwieweit er seine Stärken zu wahren und festigen weiß, Chancen erfolgreich ergreift, Schwächen<br />
ernsthaft angeht und bestehende Risiken minimiert.<br />
3 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Besondere Aktualität erhält die Studie durch den geplanten Zusammenschluss der New York<br />
Stock Exchange (NYSE) mit der Euronext. Dieser hätte zunächst keinen signifikanten <strong>Ein</strong>fluss auf<br />
die Stellung der beiden Finanzplätze <strong>Frankfurt</strong> und Paris zueinander. Aus europäischer Sicht wäre<br />
jedoch zu bedauern, dass die derzeitige Konsolidierung der Börsenwelt nicht in einer Zusammenführung<br />
der Deutschen Börse mit der Euronext mündet. Mit einer Fusion von Deutscher Börse und<br />
Euronext könnte eine „Superbörse“ in Europa entstehen, die die Messlatte für die amerikanische<br />
Konkurrenz hoch legen würde.<br />
Besonderheit der Studie<br />
Die zentrale Frage der Studie lautet: „Wie steht der <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> im europäischen Finanzgeschehen<br />
da, und wie wird er <strong>sich</strong> künftig entwickeln?“ Dazu werden die Wesensmerkmale<br />
eines <strong>Finanzplatz</strong>es betrachtet, die <strong>sich</strong> aus vielen <strong>Ein</strong>zelaspekten zusammensetzen. Der Umfang<br />
der aufgearbeiteten Daten sucht seines Gleichen. So kann man diese Studie auch als Enzyklopädie<br />
der komparativen <strong>Finanzplatz</strong>-Analyse bezeichnen.<br />
Es kommen innovative Forschungsansätze zum Tragen. So wurde erstmals die tatsächliche Anzahl<br />
der Banken und Auslandsbanken in den drei <strong>Finanzplatz</strong>regionen ermittelt und die aggregierte Finanzkraft<br />
der betrachteten drei Bankplätze analysiert. Hin<strong>sich</strong>tlich Kaufkraft, Auslandsaktivitäten<br />
und Finanzinnovationen bietet die Studie ein außergewöhnliches Spektrum an Daten. Darüber hinaus<br />
wird ein umfassender Überblick der MBA-Rankings für die drei Finanzplätze gegeben.<br />
Aufbau und Struktur der Studie<br />
Im ersten Kapitel werden die 12 Charakteristika eines <strong>Finanzplatz</strong>es definiert, im zweiten werden<br />
das deutsche, britische und französische Finanzzentrum anhand dieser Kriterien detailliert analysiert<br />
und gegenübergestellt. Im dritten Kapitel wird – dargestellt in einem Smiley-Tableau – resümierend<br />
eine zeitpunktbezogene <strong>Standort</strong>bestimmung der drei großen Finanzplätze Europas vorgenommen.<br />
Abschließend werden die Perspektiven bzw. das Entwicklungspotenzial des deutschen<br />
Finanzzentrums am Main aufgezeigt.<br />
Ihre<br />
<strong>Frankfurt</strong> am Main, den 8. Juni 2006<br />
4 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Inhalt<br />
Seite<br />
Editorial 3<br />
Zusammenfassung 6<br />
1 Was macht einen <strong>Finanzplatz</strong> aus? 9<br />
2 <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> versus London und Paris 11<br />
2.1 Regionale Bedeutung des Finanzsektors 11<br />
2.2 Akteure des <strong>Finanzplatz</strong>es 14<br />
2.2.1 Banken 14<br />
2.2.1.1 Banken allgemein 14<br />
2.2.1.2 Auslandsbanken 22<br />
2.2.1.3 Investmentbanking 23<br />
2.2.2 Ver<strong>sich</strong>erungen 25<br />
2.2.3 Investmentgesellschaften 26<br />
2.2.4 Börsen 27<br />
2.2.5 Finanzbezogene Institutionen 33<br />
2.2.6 <strong>Finanzplatz</strong>orientierte Dienstleister 35<br />
2.3 Finanzbezogene Wachstumsdeterminanten 36<br />
2.3.1 Finanzbezogene Bildung & Forschung 36<br />
2.3.2 Trends in der Finanzbranche 39<br />
2.3.2.1 Marktsegmente 40<br />
2.3.2.2 Produkte 45<br />
2.3.3 Auslandsaktivitäten 51<br />
2.4 Förderliche Rahmenbedingungen 53<br />
2.4.1 Historische Wurzeln 53<br />
2.4.2 <strong>Standort</strong>spezifische Qualitäten 55<br />
2.4.3 Eigenvermarktung 64<br />
3 Fazit und Ausblick 67<br />
3.1 <strong>Standort</strong>bestimmung der drei Finanzplätze 67<br />
3.2 <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – Blick in die Zukunft 70<br />
3.2.1 Stärken/Schwächen-Analyse 70<br />
3.2.2 Chancen: Marktpotenziale und politische Handlungsempfehlungen 70<br />
5 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Zusammenfassung<br />
Autor:<br />
Ulrike Bischoff, <strong>Helaba</strong><br />
Co-Autor:<br />
Uwe van den Busch, HA<br />
unter Mitarbeit von:<br />
Ute Bächle, <strong>Helaba</strong><br />
Johannes Harsche, HA<br />
Andreas Hess, <strong>Helaba</strong><br />
Der <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> ist neben London und Paris einer der drei großen Finanzstandorte<br />
Europas. Auf Grund der Ertragsprobleme des deutschen Bankensystems Anfang des Jahrtausends<br />
traten die Qualitäten seines Finanzzentrums in der öffentlichen Wahrnehmung in den<br />
Hintergrund. Wie steht der <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> tatsächlich da? Um diese Frage fundiert zu<br />
beantworten, definiert die <strong>Helaba</strong> in Zusammenarbeit mit der Hessen Agentur in dieser Studie<br />
12 Eigenschaften, die das Wesen eines <strong>Finanzplatz</strong>es ausmachen. Alle 12 Kriterien sind für<br />
die Identität eines <strong>Finanzplatz</strong>es notwendig – für seine nachhaltig erfolgreiche Positionierung<br />
im internationalen Wettbewerb sind fünf davon hinreichend bzw. unverzichtbar.<br />
Fazit<br />
Der <strong>Finanzplatz</strong> London nimmt in Europa eine unangefochtene Vorrangstellung ein. Innerhalb<br />
Kontinentaleuropas konkurrieren <strong>Frankfurt</strong> und Paris um die Führungsposition. Der <strong>Finanzplatz</strong><br />
<strong>Frankfurt</strong> hat gute Chancen, mittelfristig die kontinentaleuropäische Führungsrolle<br />
zu erringen und auf Dauer abzu<strong>sich</strong>ern, da mehr veränderbare Parameter zur Verfügung stehen<br />
als im zentralistisch geprägten Finanzzentrum Frankreichs. Die Finanzmetropole am<br />
Main hat <strong>sich</strong> bereits in Bewegung gesetzt. Das Begonnene reicht aber noch nicht aus. Für<br />
den nachhaltigen Erfolg des <strong>Finanzplatz</strong>es <strong>Frankfurt</strong> bedarf es sowohl mehr Engagements<br />
seitens seiner Akteure zur Erschließung von Marktpotenzialen als auch politischer Maßnahmen<br />
zur Schaffung günstigerer Rahmenbedingungen.<br />
<strong>Standort</strong>bestimmung der drei großen Finanzplätze Europas anhand der Kernkriterien<br />
Kriterium <strong>Frankfurt</strong> London Paris<br />
Banken<br />
☺ ☺<br />
Börsen<br />
☺ ☺ ☺<br />
Finanzbezogene Bildung & Forschung<br />
☺ ☺<br />
Trends in der Finanzbranche<br />
☺ <br />
<strong>Standort</strong>spezifische Qualitäten<br />
☺ <br />
☺ zeigt an, dass der <strong>Finanzplatz</strong> im Sinne internationaler Wettbewerbsfähigkeit gut aufgestellt ist; weist auf Defizite hin;<br />
signalisiert eine Position im Mittelfeld. Umfassende Tabelle mit 12 Kriterien siehe Seite 67.<br />
Quellen: <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft, Hessen Agentur<br />
• Die Gegenüberstellung der drei großen Finanzplätze Europas anhand der fünf wesentlichen<br />
Eigenschaften eines Finanzstandortes – Banken, Börsen, Finanzbezogene Bildung &<br />
Forschung, Trends in der Finanzbranche, <strong>Standort</strong>spezifische Qualitäten – zeigt die herausragende<br />
Positionierung Londons. Bei vier dieser Kriterien erhält das britische Finanzzentrum<br />
die Höchstnote. Lediglich die <strong>Standort</strong>spezifischen Qualitäten sind ange<strong>sich</strong>ts<br />
der hohen Kosten für Büroimmobilien und Lebenshaltung sowie der öffentlichen<br />
Infrastruktur insgesamt nur von mittlerer Güte.<br />
• Obgleich <strong>Frankfurt</strong> und Paris nicht in derselben Liga spielen wie London, so sind sie<br />
dem britischen Finanzzentrum zumindest teilweise ebenbürtig – z.B. hin<strong>sich</strong>tlich Börse<br />
– oder gar besser aufgestellt, wie im Falle <strong>Frankfurt</strong>s bei den <strong>Standort</strong>spezifischen Qualitäten.<br />
Die gute Infrastruktur der Main-Metropole in Kombination mit kurzen Wegen sowie<br />
die relativ niedrigen Kosten für Büroimmobilien und Lebenshaltung wiegen die relativ<br />
hohe Unternehmensbesteuerung in Deutschland tendenziell auf.<br />
6 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Datum · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Auf Grund der klaren Vorrangstellung des <strong>Finanzplatz</strong>es London richtet <strong>sich</strong> der Fokus im<br />
Folgenden auf den Vergleich des deutschen mit dem französischen Finanzzentrum. Bei<br />
den fünf Erfolgsfaktoren eines Finanzstandortes ergeben <strong>sich</strong> zwei gleiche Bewertungen, in<br />
zwei Bereichen ist Paris vorne und in einem <strong>Frankfurt</strong>:<br />
• Mit der Deutschen Börse und der Euronext verfügen derzeit sowohl <strong>Frankfurt</strong> als auch<br />
Paris über eine bedeutende, hoch kompetitive Börse. 1 Hin<strong>sich</strong>tlich der Marktkapitalisierung<br />
liegt die in <strong>Frankfurt</strong> beheimatete Deutsche Börse an der Spitze Europas – trotz der<br />
innerdeutschen Konkurrenz durch die Regionalbörsen. Zudem handelt es <strong>sich</strong> bei der<br />
Euronext um eine europäische Mehrländerbörse; im Derivatehandel konkurrieren Euronext<br />
inklusive der Londoner LIFFE mit der deutsch-schweizerischen Terminbörse Eurex.<br />
• Hin<strong>sich</strong>tlich der Trends in der Finanzbranche bewegen <strong>sich</strong> die Finanzplätze <strong>Frankfurt</strong><br />
und Paris im Mittelfeld. Neuere Finanzmarktströmungen können oftmals auf<br />
Grund gesetzlicher Vorgaben nur begrenzt umgesetzt werden. Die kontinentaleuropäischen<br />
Finanzplätze weisen verschiedene Akzente auf: Während in Deutschland die<br />
Märkte für den Kreditrisikotransfer schon weiter entwickelt sind, verfügt Frankreich bereits<br />
über REITs und eine dynamischere Investmentbranche. Internationale Private-<br />
Equity- und Hedge-Fonds-Gesellschaften betreiben umfangreiche Geschäfte in beiden<br />
Ländern; dem deutschen Markt schenken sie gegenwärtig allerdings besondere Beachtung.<br />
• Der Bankenplatz Paris ist ange<strong>sich</strong>ts der Zentralität sowie der hohen Rentabilität seiner<br />
Spitzeninstitute international gut aufgestellt, wohingegen <strong>sich</strong> die <strong>Frankfurt</strong>er Banken<br />
– wie auch die Branche in Deutschland insgesamt – bei diesem Kriterium nur im Mittelfeld<br />
bewegen. Zu berück<strong>sich</strong>tigen ist die unterschiedliche nationale Ausgangslage für den<br />
Bankensektor. Beispielsweise wirkte <strong>sich</strong> die konjunkturelle Situation Deutschlands<br />
jahrelang belastend aus; demgegenüber konnten die französischen Banken vor dem Hintergrund<br />
stimulierender Grundvoraussetzungen bessere Ergebnisse vorweisen. Die aktuell<br />
zu beobachtende Konjunkturbelebung in Deutschland fördert den Erholungskurs der hiesigen<br />
Kreditinstitute, die nun wieder Ertragszuwächse erzielen können.<br />
• Als Finanzbezogener Bildungs- und Forschungsstandort besitzt das deutsche Finanzzentrum<br />
noch nicht das internationale Renommee seines britischen und französischen<br />
Konkurrenten. <strong>Frankfurt</strong> hat aber Fortschritte gemacht und bietet eine wachsende intellektuelle<br />
Infrastruktur im Finanzwesen. Mit dem „House of Finance“ verfolgt die Main-<br />
Metropole den richtigen Weg, um ihren <strong>Finanzplatz</strong> an den Wurzeln zu stärken und seine<br />
Innovationskraft zu fördern. Hiermit wird eine weitere wichtige Wachstumsdeterminante<br />
eines <strong>Finanzplatz</strong>es – Trends in der Finanzbranche – ebenfalls gestärkt.<br />
• Hin<strong>sich</strong>tlich der <strong>Standort</strong>spezifischen Qualitäten ist <strong>Frankfurt</strong> gegenüber den anderen<br />
beiden Finanzplätzen im Vorteil. Während <strong>Frankfurt</strong> beim Gros dieser Kriterien gut aufgestellt<br />
ist, <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong> Paris hier nur im Mittelfeld. Die relativ teuren Büroimmobilien<br />
und hohen Lebenshaltungskosten in der französischen Metropole sind Faktoren, die nur<br />
schwer beeinflussbar sind. Die relativ ungünstige Unternehmensbesteuerung am deutschen<br />
Finanzzentrum könnte behoben werden, in Paris besteht bei der Besteuerung<br />
Hochqualifizierter Verbesserungsbedarf.<br />
1 Da die geplante Fusion zur NYSE Euronext voraus<strong>sich</strong>tlich erst Ende des Jahres abgeschlossen sein wird, ist zum gegebenen<br />
Zeitpunkt bei einer <strong>Standort</strong>analyse der Finanzplätze <strong>Frankfurt</strong>, Paris und London eine Status quo-Betrachtung von<br />
Deutscher Börse, Euronext und London Stock Exchange angemessen.<br />
7 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Politische Handlungsempfehlungen zur Stärkung des deutschen Finanzzentrums<br />
• Zur internationalen Stärkung des <strong>Finanzplatz</strong>es Deutschland ist anstelle der innerdeutschen<br />
Konkurrenz eine arbeitsteilige Konzentration auf Schwerpunktthemen anzustreben.<br />
Der Erfolg des <strong>Finanzplatz</strong>es Deutschland ist unmittelbar an den Erfolg seines<br />
Zentrums am Main gekettet – dem einzigen deutschen <strong>Finanzplatz</strong> von internationalem<br />
Niveau. Es gilt deshalb, Vorbehalte gegen eine Fokussierung auf den <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong><br />
abzubauen und das Bewusstsein der Akteure hin zu einer kritischen Masse zu<br />
wecken.<br />
• Das Netzwerk am <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> könnte durch eine ausschließliche Präsenz der<br />
nationalen Auf<strong>sich</strong>tsbehörde BaFin am Main intensiviert werden, dann entstünden aus<br />
der Konzentration aller wichtigen deutschen Institutionen des Finanzwesens nebst EZB<br />
Effizienzgewinne. Gerade in Zeiten fortschreitender Technologisierung bringen die Nähe<br />
zur „Community“ und persönliche Kontakte einen „Added Value“.<br />
• Der bereits eingeschlagene Weg zur Intensivierung der Finanzbezogenen Lehr- und<br />
Forschungsaktivitäten sollte weiter gegangen werden, um das Ansehen <strong>Frankfurt</strong>s als<br />
Wissensstandort im Finanzwesen zu erhöhen und zu einem international anerkannten<br />
Kompetenzzentrum zu machen. Denn dies ermöglicht nicht nur die Ausbildung von<br />
hochkarätigen Finanzspezialisten, sondern steigert auch die Innovationsdynamik vor Ort.<br />
Insofern werden auf diese Weise die nachhaltigen Entwicklungschancen des deutschen<br />
Finanzzentrums gleich doppelt gefördert.<br />
• Es bedarf einer Gesetzgebung, die aktuellen Trends in der Finanzbranche zeitnah zum<br />
Erfolg verhilft. Zum einen sollten bestehende gesetzliche Rahmenbedingungen international<br />
konkurrenzfähiger ausgestaltet werden – z.B. in den Bereichen Investmentfonds,<br />
Private-Equity und Hedge-Fonds –, damit die deutschen Gesellschaften ähnliche Ausgangsvoraussetzungen<br />
wie ihre ausländischen Konkurrenten haben und sie die gerade<br />
hierzulande vorhandenen Marktpotenziale besser nutzen können. Zum anderen sollte mit<br />
entsprechenden gesetzlichen Regelungen auf neue Strömungen im Finanzsektor reagiert<br />
werden (Beispiel REITs), um frühzeitig Marktanteile zu <strong>sich</strong>ern und die Entwicklung mit<br />
prägen zu können. Je mehr <strong>sich</strong> die deutsche Finanzmarktgesetzgebung Trends öffnet,<br />
umso größer ist die <strong>sich</strong> entfaltende Innovationskraft am <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> und somit<br />
sein Erfolg.<br />
• Ebenso sind die steuerlichen Rahmenbedingungen am <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> zu verbessern.<br />
Es gilt, die im internationalen Vergleich relativ hohe Steuerbelastung für Unternehmen<br />
zu reduzieren und Steueranreize für Hochqualifizierte zu schaffen. In Überlegungen<br />
der <strong>Standort</strong>wahl von Finanzinstituten und finanzplatzorientierten Dienstleistern sowie<br />
bei ihren Beschäftigten ist die Besteuerung schließlich ein wichtiger Faktor.<br />
• „Last but not least“ ist ein koordiniertes, selbstbewusstes Marketing für das deutsche<br />
Finanzzentrum – als Synonym für den <strong>Finanzplatz</strong> Deutschland insgesamt – dringend<br />
notwendig. Alle <strong>Finanzplatz</strong>-Akteure – von Finanzinstituten bis hin zu Bundesbank und<br />
BaFin – müssen an einem Strang ziehen und <strong>sich</strong> gemeinsam für den <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong><br />
stark machen. <strong>Ein</strong> Präsentationskonzept des Finanzzentrums am Main ist z.B. in<br />
Form einer umfassenden Internetplattform anzustreben. Mittels einer beeindruckenden<br />
Außendarstellung können die vielversprechenden Perspektiven des <strong>Finanzplatz</strong>es <strong>Frankfurt</strong><br />
einer breiten Öffentlichkeit im In- und Ausland stärker ins Bewusstsein gebracht<br />
werden.<br />
8 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
1 Was macht einen <strong>Finanzplatz</strong> aus?<br />
Spektrum von<br />
<strong>Finanzplatz</strong>-Charakteristika<br />
<strong>Ein</strong> <strong>Finanzplatz</strong> stellt im Kern eine räumliche Konzentration von Finanzmarktakteuren dar. Dies<br />
allein reicht aber nicht aus: Es sind viele Facetten, die das Wesen eines Finanzstandortes ausmachen<br />
und wichtig für seinen Erfolg sind. Im Folgenden definiert die <strong>Helaba</strong> 2 in Zusammenarbeit<br />
mit der Hessen Agentur 12 Wesens- bzw. Erfolgskriterien eines <strong>Finanzplatz</strong>es, die <strong>sich</strong> in vier<br />
Gruppen gliedern lassen. Alle 12 Kriterien sind für die Identität eines <strong>Finanzplatz</strong>es notwendig<br />
– für seine nachhaltig erfolgreiche Positionierung im internationalen Wettbewerb sind fünf davon<br />
hinreichend bzw. unverzichtbar. Durch das Fortschreiten von Globalisierung und weltweiter Finanzmarktintegration<br />
spielt bei fast allen Kriterien die Ausprägung der Internationalität eine wichtige<br />
Rolle. Auf Grund der vielseitigen Erscheinungsformen der Internationalität an einem Finanzzentrum<br />
wird sie als Grundvoraussetzung betrachtet.<br />
Charakteristika eines <strong>Finanzplatz</strong>es<br />
Banken<br />
Börsen<br />
Ver<strong>sich</strong>erungen<br />
Investmentgesellschaften*<br />
Akteure des<br />
<strong>Finanzplatz</strong>es<br />
Finanzbezogene<br />
Institutionen<br />
<strong>Finanzplatz</strong>orientierte<br />
Dienstleister<br />
Finanzbezogene<br />
Bildung & Forschung<br />
Regionale<br />
Bedeutung<br />
des Finanzsektors<br />
FINANZPLATZ<br />
Finanzbezogene<br />
Wachstumsdeterminanten<br />
Trends in der<br />
Finanzbranche<br />
Historische<br />
Wurzeln<br />
Förderliche Rahmenbedingungen<br />
Eigenvermarktung<br />
Auslandsaktivitäten<br />
<strong>Standort</strong>spezifische<br />
Qualitäten<br />
Die 12 <strong>Finanzplatz</strong>-Kriterien sind: Regionale Bedeutung des Finanzsektors, Banken, Ver<strong>sich</strong>erungen, Börsen, Finanzbezogene<br />
Institutionen, <strong>Finanzplatz</strong>orientierte Dienstleister, Finanzbezogene Bildung & Forschung, Trends in der Finanzbranche,<br />
Auslandsaktivitäten, Historische Wurzeln, <strong>Standort</strong>spezifische Qualitäten, Eigenvermarktung.<br />
* Investmentgesellschaften werden nicht explizit als Kriterium betrachtet, da sie eine prominente Stellung in dem Kriterium<br />
Trends in der Finanzbranche einnehmen.<br />
Von den 12 <strong>Finanzplatz</strong>-Kriterien sind die fünf zentralen rot gekennzeichnet.<br />
Quelle: <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Regionale Bedeutung des Finanzsektors<br />
<strong>Ein</strong>gebundenheit der Region<br />
Die Bedeutung eines Finanzstandortes bemisst <strong>sich</strong> auch nach seiner regionalen Verankerung; die<br />
<strong>Ein</strong>bettung eines <strong>Finanzplatz</strong>es in eine Wachstumsregion begünstigt seine Positionierung. Die<br />
Wechselwirkungen zwischen Metropole und Umland haben positive Effekte auf das Finanzzentrum<br />
und tragen letztendlich zu seiner Stellung im nationalen und internationalen Wettbewerb bei.<br />
2 Vgl. dazu <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft (2001): „<strong>Frankfurt</strong>: Das deutsche Finanzzentrum“.<br />
9 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Akteure des <strong>Finanzplatz</strong>es<br />
Hohe Dichte von Akteuren sorgt<br />
für lebhaften <strong>Finanzplatz</strong><br />
Banken und Börsen essenziell<br />
<strong>Ein</strong>e kritische Masse von <strong>Finanzplatz</strong>-Akteuren vor Ort ist unabdingbar. Je stärker die Aktivitäten<br />
des Finanzsektors an einem <strong>Standort</strong> konzentriert sind, um so mehr ergeben <strong>sich</strong> Effizienzgewinne<br />
und Agglomerationseffekte. Je höher und diversifizierter die Anzahl der an einem <strong>Standort</strong> beschäftigten,<br />
miteinander in Kontakt stehenden Finanzspezialisten sowie der von ihnen <strong>bewegt</strong>en<br />
und überwachten Volumina, umso lebhafter ist das Treiben am <strong>Finanzplatz</strong>. Die räumliche Nähe<br />
der Finanzspezialisten verschiedener Tätigkeitsfelder fördert den Dialog und die Geschäftstätigkeit<br />
am <strong>Finanzplatz</strong>. Nicht trotz, sondern gerade in Zeiten verstärkter Nutzung von Informations- und<br />
Kommunikationstechnologie spielen persönliche Kontakte vor Ort eine wichtige Rolle; schließlich<br />
ist das unmittelbare Gespräch nur schwer zu ersetzen.<br />
Unter den Akteuren des Finanzsektors sind Banken und Börsen von herausragender Bedeutung.<br />
Ohne die Anwesenheit einer Vielzahl dieser klassischen Finanzinstitute und einer aktiven Börse<br />
kann ein <strong>Standort</strong> nicht als <strong>Finanzplatz</strong> bezeichnet werden; zusammen bilden sie den ureigensten<br />
Kern eines Finanzzentrums. Daneben bedarf es auch der Ver<strong>sich</strong>erungs- und der Investmentbranche<br />
sowie finanzbezogener Institutionen. <strong>Ein</strong>e enge Verbindung der Finanzinstitute mit Zentralbanken<br />
und Finanzauf<strong>sich</strong>tsorganen erleichtert die Diskussion, so dass diese finanzbezogenen<br />
Organe ihre Entscheidungen praxisnah und effizient treffen können. Des weiteren siedeln <strong>sich</strong> an<br />
einem <strong>Finanzplatz</strong> viele Unternehmen aus anderen Branchen an, deren Geschäftstätigkeiten intensiv<br />
mit dem Finanzsektor verknüpft sind, z.B. Wirtschaftsprüfung und Rechtsberatung, Wirtschaftspresse,<br />
Rating-Agenturen. Diese werden als finanzplatzorientierte Dienstleister definiert.<br />
Daneben gibt es auch mittelbar vom <strong>Finanzplatz</strong> profitierende Unternehmen, wie Restaurants,<br />
Hotels und <strong>Ein</strong>zelhandel.<br />
Finanzbezogene Wachstumsdeterminanten<br />
Wachstumstriebkräfte nötig:<br />
Zentral sind Finanzbezogene<br />
Bildung & Forschung ...<br />
... und Trends in der<br />
Finanzbranche<br />
Für die Entwicklung und den Erfolg eines <strong>Finanzplatz</strong>es sind Wachstumsfaktoren unerlässlich.<br />
Ganz entscheidend ist die Ausstattung eines Finanzstandortes mit Humankapital gerade im Finanzwesen;<br />
auch hier spielt die Anwesenheit von Spezialisten vor Ort eine bedeutsame Rolle. Das<br />
Miteinander von Finanzmarktakteuren und -wissenschaftlern bereitet die Basis für einen regen<br />
Austausch sowohl inhaltlicher als auch personeller Art. <strong>Ein</strong>e qualitativ hochwertige Finanzbezogene<br />
Bildung & Forschung schafft die Vorraussetzungen für einen bereits an seinen Wurzeln<br />
starken <strong>Finanzplatz</strong> und steigert sein Innovationspotenzial.<br />
Und gerade Innovationskraft ist für einen <strong>Finanzplatz</strong> ein wesentliches Kriterium. Nur ein <strong>Finanzplatz</strong>,<br />
der Trends in der Finanzbranche anstößt und mitgeht, kann <strong>sich</strong> dauerhaft im internationalen<br />
Wettbewerb behaupten. Es bedarf nicht nur eines reichhaltigen Angebots an Produkten bzw.<br />
Instrumenten und Finanzierungsmöglichkeiten, sondern auch deren Weiter- und Neuentwicklung.<br />
Zudem sind die Auslandsaktivitäten eines <strong>Finanzplatz</strong>es eine seiner Wesensdeterminanten. Der<br />
Aufbau und die Pflege von grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen werden in Anbetracht<br />
der fortschreitenden Internationalisierung des Finanzwesen immer wichtiger.<br />
Förderliche Rahmenbedingungen<br />
Bei Rahmenbedingungen gerade<br />
<strong>Standort</strong>spezifische Qualitäten<br />
wichtig<br />
Ferner beeinflussen auch die Rahmenbedingungen eines <strong>Finanzplatz</strong>es seine Stellung im internationalen<br />
Finanzgeschehen. <strong>Ein</strong>e lange Tradition, gute <strong>Standort</strong>eigenschaften und ein aktives Marketing<br />
können den Erfolg eines Finanzzentrums fördern. Weit zurückreichende historische Wurzeln<br />
geben einem <strong>Finanzplatz</strong> die Möglichkeit, <strong>sich</strong> ausgehend von seiner im Zeitablauf erworbenen<br />
Reputation weiterzuentwickeln und der Globalisierung zu öffnen. Die <strong>Standort</strong>spezifischen<br />
Qualitäten eines <strong>Finanzplatz</strong>es spielen eine wichtige Rolle bei der <strong>Standort</strong>wahl von Finanzinstituten<br />
und -spezialisten. Diese umfassen z.B. die Verkehrsinfrastruktur, Kostenaspekte oder die<br />
Lebensqualität. Darüber hinaus begünstigt ein professionelles, konsequent verfolgtes Marketingkonzept<br />
die Bedeutung eines Finanzstandortes. Ohne eine intensive Außendarstellung werden<br />
seine positiven Eigenschaften nicht ausreichend wahrgenommen.<br />
10 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
2 <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> versus London und Paris<br />
2.1 Regionale Bedeutung des Finanzsektors<br />
<strong>Frankfurt</strong> London Paris<br />
Regionale Bedeutung<br />
☺ ☺ ☺<br />
☺ International gut aufgestellt Mittelfeld Defizite<br />
Quelle: <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Vergleich der Regionen<br />
ange<strong>sich</strong>ts <strong>Ein</strong>gebundenheit in<br />
<strong>Finanzplatz</strong>-Aktivitäten von<br />
besonderer Bedeutung<br />
Zum Vergleich der drei großen europäischen Finanzplätze werden in der vorliegenden Studie verschiedene<br />
räumliche Abgrenzungen verwendet: Zum einen wird auf Stadtebene <strong>Frankfurt</strong>, Paris<br />
und Inner London verglichen. Zum anderen werden auf regionaler Ebene der Regierungsbezirk<br />
Darmstadt (als Approximation für die Rhein-Main-Region) 3 , Île-de-France und Greater London<br />
gegenübergestellt. Denn die Finanzaktivitäten konzentrieren <strong>sich</strong> nicht nur auf die Metropolen,<br />
sondern stehen auch in Wechselwirkung mit dem Umland. Dies zeigen z.B. der spürbare Berufspendlerstrom<br />
aus den drei Regionen in ihre Finanzmetropole oder die <strong>sich</strong> vollziehenden Verlagerungsprozesse<br />
von Arbeitsplätzen aus der jeweiligen Stadt ins Umland. Der Anteil der täglichen<br />
Pendler an den sozialver<strong>sich</strong>erungspflichtig Beschäftigten liegt mit über Zweidrittel am deutschen<br />
Finanzzentrum allerdings weitaus höher als am britischen und französischen. So kommt der Regionalbetrachtung<br />
eine besondere Bedeutung zu. 4<br />
Ökonomische Kennzahlen der Finanzplätze bzw. -regionen<br />
<strong>Frankfurt</strong><br />
Regierungsbezirk<br />
Darm s tadt<br />
Paris<br />
Île-de-<br />
France<br />
Inner<br />
London<br />
Greater<br />
London<br />
Be völke rung<br />
(Tsd. <strong>Ein</strong>wohner)<br />
Be völke rung<br />
(nationaler<br />
Anteil in %)<br />
643 3.762 2.161 11.235 2.908 7.394<br />
0,8 4,6 3,6 18,7 4,9 12,4<br />
Fläche (km 2 ) 248 7.445 105 12.012 321 1.584<br />
Bevölkerungsdichte<br />
(<strong>Ein</strong>w . je km²)<br />
2.591 505 20.505 935 9.073 4.669<br />
BIP (nominal, Mrd. €) 47 135 157 448 186 299<br />
BIP je <strong>Ein</strong>wohner<br />
(Tsd. Euro)<br />
73 36 73 40 64 40<br />
Erwerbstätige (Tsd.) 603 2.012 1.689 5.406 2.565 4.555<br />
Arbeitslosenquote<br />
(%)<br />
9,1 7,7 10,7 9,3 8,9 6,8<br />
Bevölkerung, Fläche, BIP: 2003; Erwerbstätige: 2001; Arbeitslosenquote: 2004<br />
Quellen: Eurostat, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Größenunterschiede und<br />
Hauptstadtfunktion beachten<br />
Bei der komparativen Analyse dieser Studie sind generell die Größenunterschiede zwischen den<br />
drei <strong>Finanzplatz</strong>städten und -regionen ins Kalkül zu nehmen bzw. alle betrachteten Kenngrößen<br />
3 Aus Praktikabilitätsgründen wird ggf. die <strong>Finanzplatz</strong>region nach den <strong>Standort</strong>en wichtiger „Player“ ausgerichtet und<br />
kann somit insbesondere in Deutschland Bundesländergrenzen überschreiten.<br />
4 Für den Fall, dass keine Daten speziell für die drei Finanzplätze oder -regionen vorliegen, werden in dieser Studie nationale<br />
Vergleichsdaten zur Approximation herangezogen; schließlich spielen <strong>sich</strong> die finanzbezogenen Aktivitäten meist<br />
vornehmlich im jeweiligen Finanzzentrum ab.<br />
11 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
auch vor dem Hintergrund der Größenrelation zu beurteilen. Darüber hinaus gilt es zu beachten,<br />
dass <strong>Frankfurt</strong> primär deutsches Finanzzentrum und im Gegensatz zu London und Paris nicht<br />
gleichzeitig nationale Hauptstadt ist.<br />
Räumliche und personelle<br />
Größenunterschiede zwischen<br />
Finanzstädten bzw. -regionen<br />
Im Städtevergleich erstreckt <strong>sich</strong> Inner London (320km²) auf einer größeren Fläche als <strong>Frankfurt</strong><br />
mit knapp 250 km² und insbesondere Paris (gut 100 km²). Auf Regionenebene stellt <strong>sich</strong> die km²-<br />
Relation anders dar: Île-de-France liegt mit über 12.000 km² vor dem Regierungsbezirk Darmstadt<br />
mit knapp 7.500 km². Beide sind um ein Vielfaches größer als Greater London (knapp 1.600 km²).<br />
Jedoch leben und arbeiten am und rund um den <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> weit weniger Menschen als<br />
am französischen und britischen Finanzzentrum. Die <strong>Ein</strong>wohnerzahl im Rhein-Main-Gebiet beträgt<br />
knapp 3,8 Mio. gegenüber nahezu 7,4 Mio. im Londoner und über 11,2 Mio. im Pariser<br />
Großraum. Folglich gibt es in der <strong>Frankfurt</strong>er <strong>Finanzplatz</strong>region nur gut 2 Mio. Erwerbstätige, jedoch<br />
nahezu 4,6 Mio. bzw. 5,4 Mio. in Greater London und der Region Île-de-France. Beim Vergleich<br />
der Erwerbstätigen der <strong>Finanzplatz</strong>-Städte ist auffallend, dass in <strong>Frankfurt</strong> auf Grund der<br />
ausgeprägten Pendlerbewegungen die Anzahl der Erwerbstätigen mit rund 600.000 nur wenig<br />
unter der <strong>Ein</strong>wohnerzahl von gut 640.000 liegt. Weniger stark ausgeprägt ist dies in den Städten<br />
London und Paris. Die Arbeitslosenquote ist in allen drei Städten höher als im Umland. <strong>Frankfurt</strong><br />
bzw. Rhein-Main nimmt eine mittlere Position ein.<br />
Geringste Bevölkerungs- und Erwerbstätigenanzahl<br />
in und um <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> ...<br />
Mio.<br />
... bedingt niedrigeres absolutes Bruttoinlandsprodukt<br />
Mrd. €, 2003<br />
je <strong>Ein</strong>wohner<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
Bevölkerung<br />
Beschäftigte<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
BIP pro Kopf<br />
(rechte Skala)<br />
BIP absolut<br />
(linke Skala)<br />
50.000<br />
40.000<br />
30.000<br />
20.000<br />
10.000<br />
0<br />
Regierungsbezirk<br />
Darmstadt<br />
Ile de France<br />
Greater London<br />
0<br />
0<br />
Regierungsbezirk<br />
Darmstadt<br />
Île-de-France<br />
Greater London<br />
0<br />
Stand: Bevölkerung 2003, Erwerbstätige 2001<br />
Quellen: Eurostat, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Quellen: Eurostat, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Pro-Kopf-BIP beim<br />
Städtevergleich:<br />
<strong>Frankfurt</strong> auf einem Niveau<br />
mit Paris vor London<br />
Mit über 135 Mrd. € lag das nominale Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2003 im Regierungsbezirk<br />
Darmstadt zwar deutlich unter dem in Greater London erzielten von gut 300 Mrd. € und dem aus<br />
der Region Île-de-France mit knapp 450 Mrd. €; diese Reihenfolge gilt auch für die Städte. Bezogen<br />
auf die Bevölkerung schneidet der hiesige <strong>Finanzplatz</strong> dagegen relativ gut ab – das BIP pro<br />
Kopf betrug in Rhein-Main mit rund 36.000 € kaum weniger als im Raum Paris und London mit<br />
jeweils rund 40.000 €; im Städtevergleich liegt <strong>Frankfurt</strong> sogar gleichauf mit Paris und vor Inner<br />
London.<br />
Bedeutung des <strong>Frankfurt</strong>er Finanzsektors relativ hoch – aber begrenzte Dynamik<br />
Bedeutung des Finanzsektors<br />
in Regionen: London knapp<br />
vor <strong>Frankfurt</strong><br />
Bedeutung und Entwicklung des Finanzsektors differieren in den Regionen <strong>Frankfurt</strong>, Paris und<br />
London, wie eine Analyse des Forschungsinstitutes BAK Basel Economics 5 unter Verwendung<br />
realer, mittels Kaufkraftparitäten bereinigter BIP-Angaben belegt: Das höchste Gewicht kam der<br />
Finanzbranche 2004 mit einem BIP-Anteil von gut 17 % bzw. 16 % in London und <strong>Frankfurt</strong> zu.<br />
In Paris liegt er mit unter 10 % deutlich niedriger. Im Zeitraum 2000-2004 zeigte <strong>sich</strong> der Londoner<br />
Finanzsektor am dynamischsten und wuchs um durchschnittlich 7 %, wohingegen er in der<br />
5 Vgl. BAK Basel Economics im Auftrag der Wirtschaftsinitiative <strong>Frankfurt</strong>RheinMain (2006): „Wachstumsfaktoren für<br />
<strong>Frankfurt</strong>RheinMain.“<br />
12 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Region des deutschen und französischen Finanzzentrums nur um jeweils rund 2½ % zulegte. Damit<br />
fiel der durchschnittliche Wachstumsbeitrag des Finanzsektors zum BIP in diesem Zeitraum<br />
mit gut 1 Prozentpunkt in London am höchsten aus, in <strong>Frankfurt</strong> lag er bei 0,4 und in Paris sogar<br />
nur bei gut 0,2 Prozentpunkten. All dies illustriert, dass der Finanzsektor in London die größte<br />
Rolle spielt, gefolgt von <strong>Frankfurt</strong> und an dritter Stelle Paris.<br />
Wie geht es dem Finanzsektor?*<br />
Wachstumsrate in % **<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
London<br />
Paris<br />
Frankufrt<br />
0 4 8 12 16 20<br />
Anteil am BIP 2004 in %<br />
*Größe der Kreise signalisiert durchschnittlichen Wachstumsbeitrag des<br />
Finanzsektors zum BIP im Zeitraum 2000-2004; ** 2000-2004 p.a.<br />
Quellen: BAK Basel Economics, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Innerdeutscher Wirtschaftsvergleich<br />
München mit Fläche und<br />
Bevölkerung vor <strong>Frankfurt</strong><br />
Im innerdeutschen Vergleich der <strong>Finanzplatz</strong>regionen zeigt <strong>sich</strong> ein räumlicher und bevölkerungsbezogener<br />
Größenvorsprung Oberbayerns gegenüber dem Regierungsbezirk Darmstadt:<br />
Ökonomische Kennzahlen ausgewählter deutscher Städte bzw. Regionen<br />
<strong>Frankfurt</strong><br />
Regierungsbezirk<br />
Darm s tadt<br />
München<br />
Oberbayern<br />
Düsseldorf<br />
Regierungsbezirk<br />
Düsseldorf<br />
Be völke rung<br />
(Tsd. <strong>Ein</strong>wohner)<br />
Bevölkerung<br />
(Anteil an<br />
national in %)<br />
643 3.762 1.248 4.183 573 5.247<br />
0,8 4,6 1,5 5,1 0,7 6,4<br />
Fläche (km²) 248 7.445 310 17.530 217 5.290<br />
Bevölkerungsdichte<br />
2.591 505 3.998 239 2.637 992<br />
(<strong>Ein</strong>w . je km²)<br />
BIP (nominal,<br />
Mrd. €)<br />
47 135 65 160 36 153<br />
BIP je <strong>Ein</strong>wohner<br />
(Tsd. €)<br />
73 36 52 38 62 29<br />
Erw e rbs tätige<br />
(Tsd.)<br />
603 2.012 940 2.320 466 2.566<br />
Arbeitslosenquote<br />
(%)<br />
9,1 7,7 5,7 4,9 9,7 9,7<br />
Bevölkerung, Fläche, BIP: 2003; Beschäftigte: 2001; Arbeitslosenquote: 2004<br />
Quellen: Eurostat, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
13 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Auf einer Fläche von gut 17.500 km² leben am und um den Münchner <strong>Finanzplatz</strong> knapp 4,2 Mio.<br />
Menschen und gut 2,3 Mio. gehen einer Erwerbstätigkeit nach – mehr als in der <strong>Frankfurt</strong>er <strong>Finanzplatz</strong>region.<br />
So liegt das nominale BIP in Oberbayern höher, in Relation zur Bevölkerung gibt<br />
es aber kaum Unterschiede. Im Regierungsbezirk Düsseldorf finden <strong>sich</strong> auf vergleichsweise geringster<br />
Fläche die höchste <strong>Ein</strong>wohner- und Erwerbstätigenzahl. Absolut ist das nominale BIP dort<br />
recht hoch, relativ jedoch niedrig.<br />
2.2 Akteure des <strong>Finanzplatz</strong>es<br />
An einem nationalen Finanzzentrum konzentriert <strong>sich</strong> der Großteil der Akteure des Finanzgeschehens<br />
eines Landes. Nicht wegzudenken sind hier natürlich Finanzinstitute – insbesondere die Banken,<br />
die als klassische, weitreichend verankerte Akteure das Herzstück des Finanzwesens bilden.<br />
Aber auch die Ver<strong>sich</strong>erungen und Investmentgesellschaften spielen eine wichtige Rolle. Ebenso<br />
zentral wie Banken ist für einen <strong>Finanzplatz</strong> eine angesehene Börse. Zusammen prägen diese beiden<br />
seinen ureigensten Charakter. Ferner haben auch finanzbezogene Institutionen Auswirkungen<br />
auf die Stellung eines <strong>Standort</strong>s in der Finanzwelt. Darüber hinaus sind die an einem <strong>Finanzplatz</strong><br />
ansässigen Unternehmen anderer Branchen mehr oder minder Teil des Finanzgeschehen und in<br />
dieses involviert.<br />
2.2.1 Banken<br />
<strong>Frankfurt</strong> London Paris<br />
Banken<br />
☺ ☺<br />
☺ International gut aufgestellt Mittelfeld Defizite<br />
Quelle: <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
2.2.1.1 Banken allgemein<br />
Nach einer Schwächephase haben die schwerpunktmäßig in <strong>Frankfurt</strong> beheimateten Banken<br />
Deutschlands ihre Strukturprobleme überwunden. Die konjunkturelle Situation hellt <strong>sich</strong> auf, und<br />
die Banken weisen nun wieder Ertragsverbesserungen aus. Gleichzeitig hebt <strong>sich</strong> die Stimmung in<br />
der „Banking Community“, und der Bankenmetropole am Main wird verstärktes Interesse seitens<br />
ausländischer Akteure entgegengebracht.<br />
Bankenplatz <strong>Frankfurt</strong> im europäischen Vergleich<br />
Absolut am wenigsten<br />
Banken in <strong>Frankfurt</strong>er<br />
<strong>Finanzplatz</strong>region, relativ<br />
zur Bevölkerung<br />
am meisten<br />
Seit Anfang der 90er Jahre ist in den meisten europäischen Ländern ein vorwiegend inländischer<br />
Konsolidierungsprozess zu beobachten. In der Eurozone war dies seit 1995 am deutlichsten in<br />
Deutschland zu beobachten, aber auch in Frankreich und Großbritannien spürbar. So ist die Anzahl<br />
der Banken in allen drei Ländern bzw. an den großen drei europäischen Finanzplätzen gesunken.<br />
Ende 2004 waren in der <strong>Frankfurt</strong>er Region über 190 Kreditinstitute ansässig, am <strong>Finanzplatz</strong><br />
London gut 280 und 510 im Großraum Paris. 6 In Relation zur Bevölkerung weist die <strong>Finanzplatz</strong>region<br />
am Main mit 52 Banken je Mio. <strong>Ein</strong>wohner den höchsten Wert auf. Demgegenüber finden<br />
6 Hierbei handelt es <strong>sich</strong> um von der Europäischen Zentralbank (EZB) erfasste Kreditinstitute gemäß der Definition eines<br />
„Monetary Financial Institute“ (MFI); diese Abgrenzung ist enger gefasst als diejenige von der Deutschen Bundesbank für<br />
Kreditinstitute. Die Erfassung von Kreditinstituten durch die Deutsche Bundesbank richtet <strong>sich</strong> nach § 1 Abs. 1 KWG, d.h.<br />
Institute, die mindestens eines der in § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG aufgeführten Bankgeschäfte betreiben. Die EZB verwendet<br />
die Definition eines Kreditinstitutes als Monetary Financial Institution (MFI) nach der Banking Coordination Directive<br />
2000/12/EC vom März 2000 ergänzt durch 2000/28/EC. Hiernach gilt ein Unternehmen als Kreditinstitut, wenn es vom<br />
Publikum <strong>Ein</strong>lagen(substitute) entgegennimmt und Kredite auf eigene Rechnung gewährt.<br />
14 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
<strong>sich</strong> am und um das französische Finanzzentrum nur 45 Banken je Mio. <strong>Ein</strong>wohner, bei der britischen<br />
Finanzmetropole ist die Pro-Kopf-Anzahl am niedrigsten (38 Banken je Mio. <strong>Ein</strong>wohner).<br />
Kreditinstitute in den drei <strong>Finanzplatz</strong>regionen Ende 2004<br />
Anzahl<br />
je Mio. <strong>Ein</strong>wohner<br />
Spitzeninstitute an den drei Finanzplätzen 2005<br />
Vorsteuergewinn Mrd. €<br />
Cost-Income-Ratio<br />
%<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
Absolut<br />
(linke Skala)<br />
<strong>Frankfurt</strong> London Paris<br />
Pro-Kopf<br />
(rechte Skala)<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
20<br />
16<br />
12<br />
8<br />
4<br />
0<br />
<strong>Frankfurt</strong>:<br />
Deutsche Bank<br />
Vorsteuergewinn<br />
(linke Skala)<br />
London:<br />
HSBC<br />
Cost-Income-Ratio<br />
(rechte Skala)<br />
Paris:<br />
Credit Agricole<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Quellen: EZB, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Quellen: The Banker, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Deutsches Bankensystem mit<br />
Nachholbedarf bei Rentabilität<br />
Viele <strong>Frankfurt</strong>er Banken wiesen 2004 eine niedrigere Rentabilität auf als ihre europäischen Konkurrenten.<br />
Gerade an die hohe Ertragskraft und Profitabilität der Londoner Institute reichen sie<br />
nicht heran, aber auch die Banken in Paris schneiden besser ab. Dies belegt z.B. der Vergleich der<br />
jeweils größten Bank an den drei Finanzplätzen in Bezug auf Vorsteuergewinn und „Cost-Income-<br />
Ratio“, die die operativen Kosten in Relation zum Ertrag angibt. Auch wenn der deutsche Bankensektor<br />
hin<strong>sich</strong>tlich betriebswirtschaftlicher Erfolgskennziffern Nachholbedarf besitzt, nimmt er<br />
beim Produktivitätswachstum international eine Spitzenposition ein, wie eine Studie der Kreditanstalt<br />
für Wiederaufbau (KfW) 7 darlegt. In dieser Betrachtungsweise auf Basis von Daten aus der<br />
Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung liegen die Produktivitätszuwächse des Kreditgewerbes in<br />
Deutschland über denen in Großbritannien und Frankreich.<br />
Banken Top 100 in Europa: <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> bei aggregierter Bilanzsumme vor London<br />
Kernkapital<br />
Bilanzsumme<br />
in Mrd. €* in Mrd. €*<br />
160<br />
120<br />
Bilanzsumme<br />
(rechte Skala)<br />
4.000<br />
3.000<br />
80<br />
40<br />
Kernkapital<br />
(linke skala)<br />
2.000<br />
1.000<br />
0<br />
<strong>Frankfurt</strong> London Paris<br />
0<br />
*Summe der am jew. <strong>Finanzplatz</strong> ansässigen Banken unter europäischen Top 100 nach Kernkapital 2004<br />
Quellen: The Banker, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Bankenplatz <strong>Frankfurt</strong> bei<br />
aggregierter Bilanzsumme auf<br />
einem Niveau mit London<br />
Zudem ist das deutsche Finanzzentrum mit seinen Großbanken insgesamt besser im europäischen<br />
<strong>Finanzplatz</strong>geschehen positioniert als es der Vergleich einzelner Institute vermuten ließe: Unter<br />
den – gemessen am Kernkapital – 100 größten Banken Europas befinden <strong>sich</strong> sieben in und um<br />
<strong>Frankfurt</strong> (Deutsche Bank, Commerzbank, DZ Bank, Dresdner Bank, Eurohypo, Landesbank<br />
7 Vgl. KfW (2005): „Das deutsche Kreditgewerbe im internationalen Vergleich“.<br />
15 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Hessen-Thüringen, DekaBank) 8 . Diese kamen 2004 zusammen auf ein Kernkapital 9 von gut<br />
56 Mrd. € und auf eine Bilanzsumme von mehr als 2,6 Bill. €. In dieser Hin<strong>sich</strong>t ist <strong>Frankfurt</strong> vor<br />
London positioniert: Denn die vier Londoner Banken von herausragender Bedeutung in Europa<br />
(HSBC, Barclays, Lloyds, Standard Chartered) wiesen 2004 eine aggregierte Bilanzsumme von<br />
weniger als 2,2 Bill. € auf. Beim Kernkapital ist die Relation allerdings umgekehrt, hier liegen die<br />
vier Spitzeninstitute am <strong>Finanzplatz</strong> London mit zusammengenommen fast 95,5 Mrd. € <strong>sich</strong>tlich<br />
vor der Bankenmetropole am Main.<br />
Größte aggregierte Volumina am<br />
Bankenplatz Paris<br />
Belastende Struktur- und<br />
Konjunkturfaktoren in <strong>Frankfurt</strong><br />
Im Vergleich der drei Bankenplätze <strong>Frankfurt</strong>, London, Paris zeigt <strong>sich</strong> hingegen, dass in dieser<br />
aggregierten Betrachtungsweise des europäischen Top 100 Banken-Rankings das britische Finanzzentrum<br />
nicht vorn liegt. Denn nicht alle der britischen Megabanken sind in London beheimatet,<br />
sondern zwei davon haben ihren Hauptsitz in Edinburgh (Royal Bank of Scotland, HBOS), und die<br />
Abbey National wird seit der Übernahme ihrem spanischen Mutterkonzern Santander zugerechnet.<br />
So schneidet das französische Bankenzentrum bei den beiden Kriterien der aggregierten Bilanzsumme<br />
und Kernkapital am besten unter den drei europäischen Finanzmetropolen ab: Sechs Kreditinstitute<br />
aus Paris (Crédit Agricole, BNP Paribas, Groupe Caisse d`Epargne, Société Générale,<br />
Crédit Mutuel, Groupe Banques Populaires) rangieren unter den nach Kernkapital 100 größten<br />
europäischen (Kernkapital 2004 insgesamt über 141 Mrd. €) und vereinen eine Bilanzsumme von<br />
3,6 Bill. € auf <strong>sich</strong>.<br />
Kernkapital und Bilanzsumme reichen jedoch nicht aus, um ein abschließendes Urteil über die<br />
Stellung der deutschen Banken im Vergleich zu ihren britischen und französischen Wettbewerbern<br />
abgeben zu können. Vielmehr bedarf es der Berück<strong>sich</strong>tigung der maßgeblichen strukturellen und<br />
konjunkturellen <strong>Ein</strong>flussfaktoren. Die folgende Analyse zeigt, dass der Bankenplatz am Main in<br />
den letzten Jahren einigen Belastungen standhalten musste – anders als London oder Paris. Mittlerweile<br />
hat der deutsche Bankensektor seine strukturellen Anpassungsprobleme jedoch überwunden,<br />
und die Ertragslage verbessert <strong>sich</strong>.<br />
Strukturelle Gründe für die Positionierung <strong>Frankfurt</strong>s im europäischen Bankenwesen<br />
Die im Vergleich zu London und Paris niedrigere Anzahl an Banken am <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong><br />
lässt bereits eine abweichende Struktur der Bankensysteme vermuten.<br />
Anteil der Banken in der <strong>Finanzplatz</strong>region an nationaler Gesamtzahl<br />
%, Ende 2004<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
<strong>Frankfurt</strong> London Paris<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Quellen: EZB, Deutsche Bundesbank, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
8 In der hier verwendeten, europäischen Bankenrangliste aus „The Banker“ wird <strong>Frankfurt</strong> als <strong>Standort</strong> der Dresdner Bank<br />
angegeben. In der letzten verfügbaren Rangliste von September 2005 mit Angaben für 2004 ist die Fusion von Commerzbank<br />
und Eurohypo noch nicht enthalten.<br />
9 Kernkapital nach Definition der BIZ.<br />
16 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Begrenzte Bankenkonzentration<br />
am deutschen Finanzzentrum<br />
Hohe Bankenkonzentration in<br />
London und Paris<br />
Vorteil flächendeckender Bankdienstleistungen<br />
in Deutschland<br />
Geschäftsvolumina mitbedingt<br />
durch Bankensystemstruktur<br />
Deutsches Bankensystem stabil<br />
und widerstandsfähig<br />
Der Anteil von am jeweiligen nationalen Finanzzentrum ansässigen Banken 10 an den Banken eines<br />
Landes insgesamt belegt, dass <strong>Frankfurt</strong> im Vergleich zu den beiden anderen Finanzplätze strukturell<br />
differiert. Während die deutsche Bankenregion am Main weniger als 10 % aller Kreditinstitute<br />
Deutschlands beherbergt, ist die Konzentration auf die nationale Finanzmetropole in den anderen<br />
beiden Ländern wesentlich ausgeprägter. In London sind über Zweidrittel der britischen Banken<br />
vertreten, im Großraum Paris mehr als die Hälfte der französischen Kreditinstitute. Der Strukturunterschied<br />
zwischen dem deutschen Bankensektor einerseits und dem britischen sowie französischen<br />
andererseits liegt im jeweiligen Staatsaufbau und im historisch gewachsenen Bankensystem<br />
begründet.<br />
Die beiden ausländischen Bankenplätze profitieren vom zentralstaatlichen Aufbau Großbritanniens<br />
bzw. Frankreichs, wohingegen die Kreditinstitute in Deutschland nicht vornehmlich am deutschen<br />
Finanzzentrum beheimatet sind. Neben <strong>Frankfurt</strong> gibt es noch weitere, jedoch kleinere Bankenstandorte,<br />
die versuchen, zumindest in Teilbereichen mit <strong>Frankfurt</strong> zu wetteifern. Auch wenn diese<br />
keine wirklichen Konkurrenten darstellen, so mindern sie doch die Bedeutung des <strong>Finanzplatz</strong>es<br />
<strong>Frankfurt</strong>s und damit auch Deutschlands insgesamt. Denn so ist die kritische Masse am deutschen<br />
Bankenzentrum geringer als sie eigentlich sein könnte, was letztendlich auch die internationale<br />
Stellung beeinträchtigt. Insofern hinkt im Grunde der Vergleich der Bankenplätze London und<br />
Paris mit <strong>Frankfurt</strong>; eine Gegenüberstellung mit den Kreditinstituten in Deutschland insgesamt<br />
wäre allerdings zu weit gefasst.<br />
Die Dezentralität im deutschen Bankensystem hat jedoch auch positive Aspekte: Die hohe Anzahl<br />
von mehr als 2.100 Kreditinstituten – dank v.a. des Genossenschafts- und Sparkassensektors über<br />
ganz Deutschland verteilt – hat den Vorteil eines flächendeckenden Bankdienstleistungsangebot<br />
für die gesamte Bevölkerung. Demgegenüber geht die ausgeprägte Konzentration der rund 400<br />
britischen Institute in London zulasten der bevölkerungsweiten Versorgung mit Bankdienstleistungen;<br />
gerade in ländlichen Regionen besteht Bedarf, und eine nicht vernachlässigbare Anzahl an<br />
Briten besitzt überhaupt kein Konto. Mit insgesamt knapp 900 Banken liegt Frankreich zwischen<br />
den anderen beiden Ländern.<br />
Die Strukturunterschiede zwischen den Bankensektoren bedingen auch die Geschäftsvolumina der<br />
nationalen Spitzeninstitute: Das britische Bankensystem ist oligopolistischen Charakters, fünf<br />
Megabanken mit hohen Volumina dominieren weitgehend den Inlandsmarkt. Ganz anders ist das<br />
deutsche Bankwesen gestaltet, welches in Anbetracht seiner polypolistischen Struktur kein Kreditinstitut<br />
unter den europäischen Top 10 bzw. nur eines unter den Top 20 aufweisen kann. In Frankreich<br />
gibt es mittlerweile sechs große, besonders ertragsstarke Kreditinstitute, die eine große Rolle<br />
in Europa spielen; der <strong>sich</strong> seit Mitte der 1980er Jahre vollziehende Wandel der Branche hat zur<br />
Herausbildung dieser Spitzeninstitute geführt.<br />
Insgesamt hat <strong>sich</strong> das deutsche Bankensystem trotz der Belastungen der letzten Jahre bewährt. So<br />
ist es nach dem Urteil verschiedenster (inter)nationaler Institutionen 11 durch Stabilität und Widerstandsfähigkeit<br />
bzw. Schockresistenz gekennzeichnet. Wesentlich für die Leistungsfähigkeit und<br />
Robustheit des deutschen Bankensystems ist seine Dreisäulenstruktur, da sie einen intensiven<br />
Wettbewerb impliziert. Die unterschiedliche strategische Ausrichtung von Privatbanken, Sparkassensektor<br />
und Genossenschaftsbanken sorgt für die Beständigkeit des System.<br />
<strong>Frankfurt</strong> am Main führendes deutsches Finanzzentrum<br />
Deutsches Bankenzentrum<br />
am Main<br />
<strong>Frankfurt</strong> ist das Finanzzentrum Deutschlands. Dass die Metropole am Main im Bankwesen eine<br />
herausragende Stellung innehat, ist schon beim Blick auf die beeindruckende Skyline er<strong>sich</strong>tlich.<br />
10 MFIs gemäß EZB-Definition vgl. Fußnote 6.<br />
11 Internationaler Währungsfonds, Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsauf<strong>sich</strong>t, Deutsche Bundesbank, Sachverständigenrat,<br />
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung.<br />
17 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Keine andere deutsche Stadt bietet ein vergleichbares Bild, keine andere weist eine annähernd<br />
hohe Bankendichte auf.<br />
Bankenanzahl relativ stabil in <strong>Frankfurt</strong><br />
Anzahl der Banken in <strong>Frankfurt</strong> zum Jahresende<br />
400<br />
Banken gesamt<br />
400<br />
300<br />
200<br />
Auslandsbanken<br />
300<br />
200<br />
100<br />
100<br />
0<br />
1999 2000 2001 2002 2003* 2004* 2005<br />
*<br />
*<br />
0<br />
* Statistikänderungen beeinträchtigen die Aussagekraft<br />
Quellen: Deutsche Bundesbank, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Stabilisierung der Anzahl an<br />
Kreditinstituten im deutschen<br />
Bankenzentrum<br />
Gemäß Bundesbank-Statistik 12 waren Ende 2005 in <strong>Frankfurt</strong> 323 Kreditinstitute ansässig, davon<br />
211 mit (deutschem) Hauptsitz bzw. insgesamt 187 ausländische Banken. Damit endete der rückläufige<br />
Trend, und es waren genauso viele Kreditinstitute am Main vertreten wie Ende des Vorjahres.<br />
Weiterhin behauptet <strong>Frankfurt</strong> seine Position als nationales Bankenzentrum. In München, das<br />
<strong>sich</strong> zeitweise mit <strong>Frankfurt</strong> zu messen versuchte, sind lediglich rund 150 Kreditinstitute vertreten.<br />
Weniger als 50 Banken wählten die Stadt an der Isar als Ort ihres (deutschen) Hauptsitzes, gerade<br />
ausländische Institute ließen <strong>sich</strong> hier kaum nieder. Die Anziehungskraft Münchens als Bankenstandort<br />
ist nunmehr mit der Düsseldorfs vergleichbar.<br />
Hauptsitze von Banken an deutschen Finanzstandorten<br />
Anzahl, Ende 2005<br />
Banken Top 100 in Deutschland: <strong>Frankfurt</strong> an Spitze<br />
Kernkapital<br />
Bilanzsumme<br />
in Mrd. €* in Bill. €*<br />
200<br />
200<br />
70<br />
3,5<br />
160<br />
120<br />
80<br />
40<br />
160<br />
120<br />
80<br />
40<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Kernkapital<br />
(linke Skala)<br />
Bilanzsumme<br />
(rechte Skala)<br />
3,0<br />
2,5<br />
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0<br />
<strong>Frankfurt</strong> München Düsseldorf<br />
0<br />
0<br />
<strong>Frankfurt</strong> München Düsseldorf<br />
0,0<br />
Quellen: Landeszentralbanken, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
*Summe der am jew. <strong>Finanzplatz</strong> ansässigen Banken unter deutschen Top<br />
100 nach Kernkapital 2004, bei München unterhalb des Strichs ohne Hypo-<br />
Vereinsbank<br />
Quellen: The Banker, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Unangefochtene<br />
Vorrangsstellung <strong>Frankfurt</strong>s, ...<br />
Dass <strong>Frankfurt</strong> das Herzstück des deutschen Bankwesens darstellt, veranschaulicht auch die Ballung<br />
aller Bankengruppen am Main. Nicht nur die drei Säulen des deutschen Kreditgewerbes Privatbanken-,<br />
Genossenschafts- und Sparkassensektor sind hier stark vertreten, mit der Kreditanstalt<br />
für Wiederaufbau (KFW), der Landwirtschaftlichen Rentenbank und der Investitionsbank Hessen<br />
(IBH) sind wichtige staatliche Förderinstitute sowie zahlreiche Auslandsbanken (vgl. 2.2.1.2) in<br />
<strong>Frankfurt</strong> angesiedelt. Ebenso zeigt die Auflistung der 10 größten Kreditinstitute Deutschlands<br />
12 Zu den unterschiedlichen Definitionen eines Kreditinstituts von Bundesbank und EZB vgl. Fußnote 6.<br />
18 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
(gemessen am Kernkapital) 13 die Vorrangstellung der Main-Metropole im deutschen Bankenmarkt:<br />
Mit Deutscher Bank, Commerzbank, DZ Bank, Dresdner Bank und Eurohypo sind fünf der<br />
Spitzeninstitute in <strong>Frankfurt</strong> beheimatet 14 . Insgesamt wiesen diese 2004 ein Kernkapital von mehr<br />
als 50 Mrd. € auf bzw. eine aggregierte Bilanzsumme von knapp 2,4 Bill. €. Von den 20 größten<br />
deutschen Banken finden <strong>sich</strong> insgesamt sieben in der <strong>Finanzplatz</strong>region am Main. Zu den oben<br />
genannten kommen die Landesbank Hessen-Thüringen und die DekaBank hinzu.<br />
... München zurückgefallen und<br />
Niveau Düsseldorfs angenähert<br />
Demgegenüber gibt es mittlerweile nur noch eine Münchner Bank in den Top 10 (Bayerische Landesbank:<br />
Kernkapital gut 9 Mrd. €, Bilanzsumme knapp 325 Mrd. €). Die Übernahme der Hypo-<br />
Vereinsbank (2004 Kernkapital 15,7 Mrd. €, Bilanzsumme gut 467 Mrd. €) durch die italienische<br />
Unicredito hat den <strong>Finanzplatz</strong> München merklich an Bedeutung einbüßen lassen. Dies verdeutlicht<br />
auch das Top 100 Ranking deutscher Banken nach Kernkapital: Auf dem Spitzenplatz rangiert<br />
unangefochten <strong>Frankfurt</strong> mit 14 Banken, deren aggregiertes Geschäftsvolumen mit Abstand<br />
am höchsten ist. Dagegen fällt das aufsummierte Kernkapital bzw. die addierte Bilanzsumme der<br />
fünf Münchner Banken deutlich ab und <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong> nun eher auf dem Niveau der sieben Düsseldorfer<br />
Kreditinstitute.<br />
Großteil der deutschen Bankbeschäftigten ...<br />
... am deutschen Finanzzentrum am Main<br />
Tausend, 2004<br />
Anteil an Beschäftigten in deutschen Banken in %, 2004<br />
80<br />
80<br />
12<br />
12<br />
60<br />
60<br />
10<br />
8<br />
10<br />
8<br />
40<br />
40<br />
6<br />
6<br />
20<br />
20<br />
4<br />
2<br />
4<br />
2<br />
0<br />
<strong>Frankfurt</strong><br />
München<br />
0<br />
0<br />
<strong>Frankfurt</strong><br />
München<br />
0<br />
Quellen: Deutsche Bundesbank, LZB Bayern, Referat für Arbeit und Wirtschaft,<br />
<strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Quellen: Deutsche Bundesbank, LZB Bayern, Referat für Arbeit und Wirtschaft,<br />
<strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Stabile Quote <strong>Frankfurt</strong>s an<br />
deutscher Bankbeschäftigung<br />
Die Beschäftigungsentwicklung im deutschen Kreditgewerbe zeigt, dass <strong>sich</strong> die relative Bedeutung<br />
<strong>Frankfurt</strong>s in den letzten Jahren gestärkt hat: In München kam es schneller und deutlicher zu<br />
Entlassungen als in <strong>Frankfurt</strong>. Während die Anzahl Bankbeschäftigter am Main von Mitte 2002<br />
bis Mitte 2004 um knapp 9 % auf 73.000 zurückging, wurden die Stellen im Kreditgewerbe an der<br />
Isar im gleichen Zeitraum um 12 % auf weniger als 28.000 reduziert; 2005 setzte <strong>sich</strong> der Arbeitsplatzabbau<br />
in beiden Städten fort. Somit hat <strong>sich</strong> der Anteil <strong>Frankfurt</strong>s an der Gesamtzahl aller<br />
Arbeitsplätze in der deutschen Bankbranche relativ stabil bei gut 10 % gehalten, wohingegen der<br />
Anteil Münchens etwas gesunken ist und nun weniger als 4 % beträgt.<br />
Konjunkturelle Rahmenbedingungen für die Entwicklung der europäischen Bankenplätze<br />
Belastungsfaktor deutsche<br />
Wirtschaftsschwäche<br />
So wie das Prosperieren einer Volkswirtschaft den Boden für die Stärke ihres Finanzzentrums<br />
bereitet, so schlägt <strong>sich</strong> auch eine gesamtwirtschaftliche Schwächephase spürbar im Finanzsektor<br />
nieder. Durch das schwache Wirtschaftswachstum Deutschlands nach dem Boomjahr 2000 verschlechterten<br />
<strong>sich</strong> die makroökonomischen Rahmenbedingungen für das Kreditgewerbe: Der<br />
Aktienmarkteinbruch hinterließ deutliche Spuren in den Bilanzen der Banken, konjunkturbedingt<br />
reduzierte <strong>sich</strong> die Kreditnachfrage, mit sinkendem Zinsniveau reduzierten <strong>sich</strong> die Margen. Es<br />
kam zu rückläufigen Erlösen und Kreditausfällen infolge von Unternehmensinsolvenzen.<br />
13 Vgl. Fußnote 9.<br />
14 Vgl. Fußnote 8.<br />
19 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
BIP-Dynamik in Deutschland am geringsten<br />
% gg. Vj. (real, arbeitstäglich bereinigt)<br />
5<br />
5<br />
4<br />
Großbritannien<br />
4<br />
3<br />
Frankreich<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
-1<br />
-2<br />
Deutschland<br />
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006*2007*<br />
2<br />
1<br />
0<br />
-1<br />
-2<br />
* eigene Prognose<br />
Quellen: EcoWin, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Mehr Konjunkturdynamik in<br />
Großbritannien und Frankreich<br />
Aktienmarktbaisse in Deutschland<br />
am ausgeprägtesten<br />
Die Kreditinstitute Frankreichs und insbesondere Großbritanniens hatten ange<strong>sich</strong>ts einer dynamischeren<br />
Konjunkturentwicklung die vorteilhafteren Ausgangsbedingungen: Das britische Bruttoinlandsprodukt<br />
(BIP) stieg im Durchschnitt der letzten fünf Jahre um 2,3 % jährlich. Trotz einer<br />
deutlichen Verlangsamung betrug das Wachstum 2005 immerhin noch knapp 2 %. Frankreich<br />
zeigte <strong>sich</strong> mit einer durchschnittlichen BIP-Veränderung von gut 1,5 % vergleichsweise robust,<br />
auch 2005 nahm die gesamtwirtschaftliche Aktivität um 1,5 % zu. Demgegenüber entwickelte <strong>sich</strong><br />
die deutsche Wirtschaft nach dem Boomjahr 2000 kraftlos und erzielte seitdem nur ein Wachstum<br />
von durchschnittlich 0,7 %; im vergangenen Jahr waren es gut 1 %. So hatten die beiden anderen<br />
Länder einen anhaltenden Wachstumsvorsprung vor Deutschland mit positiven Folgen für die<br />
dortigen Banken, die in diesem Umfeld besser agieren konnten und mehr Entfaltungsmöglichkeiten<br />
hatten.<br />
Daneben wurden Deutschland und seine Banken härter vom Aktienmarktcrash 2000 ff. getroffen;<br />
der Rückgang des DAX von März 2000 bis März 2003 betrug gut 70 %. Demgegenüber belief <strong>sich</strong><br />
der Absturz des britischen FSTE auf rund 50 % und des französischen CAC auf über 60 %. Insofern<br />
hatten die deutschen Banken mehr unter der Aktienbaisse zu leiden, indem ihre Kapitalmarktgeschäfte<br />
und Bilanzen stärker angegriffen wurden.<br />
Rückgang des Dax war am deutlichsten, ...<br />
... ebenso beim deutschen Branchenindex Banken<br />
Index 01.01.2000 = 100<br />
Index 01.01.2000 = 100<br />
120<br />
120<br />
250<br />
250<br />
100<br />
CAC<br />
100<br />
200<br />
Großbritannien<br />
Frankreich<br />
200<br />
80<br />
FTSE<br />
80<br />
150<br />
150<br />
60<br />
60<br />
100<br />
100<br />
40<br />
DAX<br />
40<br />
50<br />
Deutschland<br />
50<br />
20<br />
Jan. 00 Jan. 01 Jan. 02 Jan. 03 Jan. 04 Jan. 05 Jan. 06<br />
20<br />
0<br />
Jan. 00 Jan. 01 Jan. 02 Jan. 03 Jan. 04 Jan. 05 Jan. 06<br />
0<br />
Quellen: EcoWin, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Quellen: EcoWin, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Positive Perspektiven für Bankenplatz <strong>Frankfurt</strong><br />
Positive Impulse<br />
von Konjunktur ...<br />
Wenn auch die strukturellen Belastungen für den deutschen Bankensektor bestehen bleiben, die<br />
konjunkturellen Rahmenbedingungen werden tendenziell besser. Die deutsche Volkswirtschaft<br />
20 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
belebt <strong>sich</strong> und lässt in diesem Jahr ein saison- und arbeitstäglich bereinigtes BIP-Wachstum von<br />
knapp 2 % erwarten – ähnlich wie in Frankreich mit gut 2 % und kaum weniger als in Großbritannien<br />
mit rund 2½ %. Allerdings dürfte die gesamtwirtschaftliche Dynamik in diesen beiden Ländern<br />
2007 anhalten, während in Deutschland – verursacht durch die Mehrwertsteueranhebung –<br />
bereits wieder mit einer Verlangsamung auf knapp 1½ % zu rechnen ist.<br />
... und Aktienmarkt<br />
Deutsche Banken auf<br />
Erholungskurs<br />
Unterstützung kommt in 2006 vom Aktienmarkt, der <strong>sich</strong> seit Erreichen der Talsohle im März<br />
2003 gerade in Deutschland dynamisch zeigt. Der Dax lag Mitte Mai rund 180 % über diesem<br />
Tief, womit er stärker zulegte als der entsprechende französische Index CAC mit etwa 140 % und<br />
der britische FTSE mit knapp 90 %. Genau wie der einst überdurchschnittliche Rückgang des<br />
deutschen Aktienmarktes die Banken hierzulande spürbar belastet hatte, gestaltet <strong>sich</strong> die Aktienmarktentwicklung<br />
seit 2003 für sie nun besonders positiv. Das Investoreninteresse an deutschen<br />
Banktiteln ist wieder geweckt; der diesbezügliche Branchenindex verzeichnete seit März 2003 in<br />
der Spitze einen Anstieg um nahezu 260 % gegenüber 180 % bzw. 70 % seines französischen und<br />
britischen Pendants.<br />
Zusammen mit der deutschen Wirtschaft gesunden auch die hiesigen Kreditinstitute: Die deutschen<br />
Banken verbessern sukzessive ihre Ertragslage. 2004 erzielten sie insgesamt einen Jahresüberschuss<br />
nach Steuern von knapp 5 Mrd. € und überwanden somit den Tiefpunkt des Vorjahres,<br />
in dem es erstmalig in ihrer Geschichte zu einem Fehlbetrag gekommen war. 2005 hat <strong>sich</strong> die Ertragslage<br />
weiter gefestigt. Viele Kreditinstitute haben im Rahmen einer massiven Restrukturierung<br />
Kosten gesenkt, ihre Strategie überarbeitet und <strong>sich</strong> auf Kernkompetenzen ausgerichtet sowie ihr<br />
Geschäftsportfolio stärker internationalisiert und ihre Risikosteuerung der veränderten Marktsituation<br />
angepasst – mit Erfolg. In Reaktion auf den Aktienmarkt zieht das Kapitalmarktgeschäft der<br />
Banken wieder an; mit rückläufiger Zahl von Unternehmensinsolvenzen sinkt der Risikovorsorgebedarf<br />
der Kreditinstitute. Zudem belebt <strong>sich</strong> das Kreditgeschäft in Deutschland vor dem Hintergrund<br />
einer erhöhten Investitionsneigung seitens der Unternehmen. Ferner laufen die Belastungen<br />
durch die Anpassungen an veränderte rechtliche Rahmenbedingungen aus (Mindestanforderungen<br />
für das Kreditgeschäft, Modifikation der Haftungsbedingungen des öffentlich-rechtlichen Bankensektors,<br />
differenziertere Eigenkapitalvorschriften durch Basel II). All dies lässt eine Fortsetzung<br />
der moderaten Ertragserholung im deutschen Bankwesen erwarten.<br />
Geschäftsklima im <strong>Frankfurt</strong>er Kreditgewerbe<br />
Index<br />
150<br />
140<br />
130<br />
Geschäftsklima<br />
(linke Skala)<br />
Investitionsindikator<br />
(rechte Skala)<br />
150<br />
125<br />
100<br />
120<br />
75<br />
110<br />
100<br />
Beschäftigungsindikator<br />
(rechte Skala)<br />
50<br />
25<br />
90<br />
2002 2003 2004 2005 2006<br />
0<br />
Quellen: IHK <strong>Frankfurt</strong>, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Stimmungsaufhellung in<br />
<strong>Frankfurt</strong>er Banken<br />
Die Stimmungsindikatoren des <strong>Frankfurt</strong>er Kreditgewerbes deuten an, dass <strong>sich</strong> die beginnenden<br />
Verbesserungen fortsetzen werden. Der IHK-Geschäftsklimaindex der Bankenbranche am Main ist<br />
Anfang des Jahres <strong>sich</strong>tlich auf knapp 145 Indexpunkte gestiegen und hat <strong>sich</strong> anschließend dort<br />
stabilisiert, wie die Mai-Umfrage belegt. Während <strong>sich</strong> die Lageeinschätzung weiter verbesserte,<br />
konsolidierte die Erwartung der <strong>Frankfurt</strong>er Kreditinstitute über ihr künftiges Geschäft jüngst<br />
etwas. Des weiteren deutet die Umfrage auf eine relative hohe Investitionsneigung hin sowie auf<br />
21 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
etwas bessere Beschäftigungsperspektiven, auch wenn der diesbezügliche Indikator nach seiner<br />
deutlichen Zunahme zu Jahresbeginn zuletzt wieder ein wenig nachgab.<br />
<strong>Frankfurt</strong> verstärkt im Blickfeld<br />
Mit der <strong>sich</strong> verbessernden Lage und Stimmung der deutschen Bankenbranche verstärkt <strong>sich</strong> auch<br />
das Interesse an der Bankenmetropole am Main. Die in den 90er Jahren zu beobachtende Präferenz<br />
für den <strong>Finanzplatz</strong> London zulasten <strong>Frankfurt</strong>s und die damit verbundene zwischenzeitliche Abwanderungstendenz<br />
von Analysten vom Main an die Themse herrscht nun nicht mehr vor. Ausländische<br />
Banken sehen den deutschen Markt wieder positiv.<br />
2.2.1.2 Auslandsbanken<br />
<strong>Frankfurt</strong> gilt als Drehscheibe<br />
des Finanzgeschehens<br />
Kontinentaleuropas<br />
Gleicher<br />
Internationalisierungsgrad<br />
am <strong>Frankfurt</strong>er und Londoner<br />
<strong>Finanzplatz</strong><br />
Bei der Wahl ihres europäischen <strong>Standort</strong>s denken Auslandsbanken meist zuerst an London, aber<br />
auch <strong>Frankfurt</strong> und Paris spielen für sie eine wichtige Rolle. In Abhängigkeit von ihrer Größe<br />
streben viele ausländische Institute eine Präsenz an allen drei dieser wichtigen Finanzzentren<br />
Europas an, um so ihre internationale Position durch Niederlassungen vor Ort zu stärken. Denn die<br />
Nähe zu anderen Finanzmarktakteuren und Kunden ist unverzichtbar für den Erfolg des eigenen<br />
Geschäfts. <strong>Frankfurt</strong> gilt den Auslandsbanken dabei als Drehscheibe der kontinentaleuropäischen<br />
Finanzaktivitäten.<br />
In <strong>Frankfurt</strong> angesiedelte Kreditinstitute 15 kommen zu rund 30 % aus dem Ausland. Damit liegt<br />
der Anteil genauso hoch wie am <strong>Finanzplatz</strong> London und mehr als doppelt so hoch wie in Paris.<br />
Gemessen an den Absolutzahlen stellt <strong>sich</strong> das Bild etwas anders dar: Am deutschen Finanzzentrum<br />
sind 53 Auslandsbanken aus 19 verschiedenen Ländern vertreten, fast so viele ausländische<br />
Kreditinstitute (52) gibt es am Pariser <strong>Finanzplatz</strong>. In London sind es 78 aus nur 15 unterschiedlichen<br />
Herkunftsländern.<br />
Hoher Anteil der Auslandsbanken am <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong><br />
%, Ende 2004<br />
Viele Länder vertreten<br />
Auslandsbanken in <strong>Frankfurt</strong>, Ende 2004<br />
30<br />
30<br />
NL<br />
US<br />
IT<br />
CN<br />
AT<br />
20<br />
20<br />
IE<br />
GR<br />
10<br />
0<br />
<strong>Frankfurt</strong> London Paris<br />
10<br />
0<br />
FR<br />
GB<br />
TR<br />
FI<br />
PK<br />
AU<br />
BR<br />
ES<br />
IR<br />
LU<br />
IN<br />
SE<br />
Quellen: EZB, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Quellen: EZB, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Auslandsbanken wieder verstärkt<br />
an deutschem Bankenzentrum<br />
interessiert<br />
Nach der Bundesbank-Definition eines Kreditinstituts 16 waren Ende 2005 knapp 190 Auslandsbanken<br />
in <strong>Frankfurt</strong> angesiedelt. Davon unterhielten gut 140 ihren Hauptsitz am Main, die anderen<br />
eine Repräsentanz. Ausländische Kreditinstitute haben ihren in den letzten Jahren zu beobachtenden<br />
Rückzug beendet, so dass ihre Anzahl 2005 im Vergleich zum Vorjahr nahezu konstant blieb.<br />
Sie zeigen wieder vermehrt Interesse am deutschen Bankenmarkt sowie seinem Zentrum am Main.<br />
Sie bauen ihre Aktivitäten hier aus und erschließen neue Geschäftsfelder; ferner konnten viele ihr<br />
Geschäftsvolumen im hiesigen Bankenmarkt 2005 deutlich steigern. So ist der Bankenplatz <strong>Frankfurt</strong><br />
wieder verstärkt in den Fokus internationaler Institute v.a. des Investmentbankings gerückt,<br />
damit diese von hier aus ihr Deutschlandgeschäft intensiver betreiben können (vgl. 2.2.1.3).<br />
15 MFIs gemäß EZB-Definition vgl. Fußnote 6.<br />
16 Vgl. Fußnote 6.<br />
22 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Auslandsbanken wieder mehr interessiert und...<br />
Anzahl Auslandsbanken in <strong>Frankfurt</strong><br />
... stark konzentriert am <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> vertreten<br />
Anzahl, Ende 2005<br />
250<br />
200<br />
Repräsentanzen<br />
Hauptsitze<br />
250<br />
200<br />
200<br />
150<br />
200<br />
150<br />
150<br />
150<br />
100<br />
100<br />
100<br />
100<br />
50<br />
50<br />
50<br />
50<br />
0<br />
1999 2000 2001 2002 2003* 2004* 2005<br />
0<br />
0<br />
<strong>Frankfurt</strong> München Düsseldorf<br />
0<br />
* Anzahl Hauptsitze ausländischer Banken von Definitionsänderung betroffen<br />
Quellen: Deutsche Bundesbank, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Quellen: Landeszentralbanken, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Herausragende Bedeutung<br />
<strong>Frankfurt</strong>s für Auslandsbanken in<br />
Deutschland, gute <strong>Standort</strong>voraussetzungen<br />
am Main<br />
Innerhalb Deutschlands ist der Fokus ausländischer Kreditinstitute klar auf <strong>Frankfurt</strong> gerichtet, so<br />
dass sie in anderen deutschen Städten kaum vertreten sind. Am Main findet <strong>sich</strong> auch ihre Lobby –<br />
der Verband der Auslandsbanken in Deutschland, der in den letzten Jahren einen Anstieg seiner<br />
Mitgliederzahl auf mittlerweile fast 140 verzeichnen konnte. München und Düsseldorf wählten<br />
jeweils noch nicht einmal 20 Auslandsbanken zum Ort ihres Hauptsitzes oder ihrer Repräsentanz<br />
in Deutschland – eine verschwindend geringe Anzahl im Vergleich zu den fast 190 in <strong>Frankfurt</strong><br />
beheimateten ausländischen Instituten. Dies verdeutlicht die zentrale Rolle, die der <strong>Finanzplatz</strong><br />
<strong>Frankfurt</strong> aus der Perspektive der ausländischen Finanzindustrie spielt. Wer im deutschen Bankenmarkt<br />
erfolgreich agieren will, verzichtet nicht auf seine Präsenz am <strong>Standort</strong> <strong>Frankfurt</strong>.<br />
2.2.1.3 Investmentbanking<br />
Investmentbanking mit<br />
neuem Schwung<br />
<strong>Ein</strong> wichtiger Zweig des Bankgeschäfts erlebt seine Renaissance: Nachdem das Investmentbanking<br />
mit Platzen der Aktienmarktblase weltweit an Bedeutung verloren hatte, ist es nun wieder<br />
eindeutig „in“. Die Gebühreneinnahmen sprudeln wieder, in Europa stiegen sie im Jahr 2005 zum<br />
dritten Mal in Folge deutlich auf über 14 Mrd. €. Im wichtigsten Feld des Investmentbankings –<br />
der Beratung bei Fusionen und Übernahmen (M&A) – ist spürbar Dynamik aufgekommen.<br />
Gebühren-<strong>Ein</strong>nahmen im Investmentbanking aus Europa<br />
% gg. Vj. Mrd. $<br />
Länderanteile bei den Gebühreneinnahmen 2004<br />
80<br />
20<br />
Deutschland<br />
15%<br />
40<br />
Veränderung<br />
(linke Skala)<br />
Absolut<br />
(rechte Skala)<br />
15<br />
Rest Europa<br />
44%<br />
Frankreich<br />
13%<br />
0<br />
10<br />
-40<br />
93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05<br />
5<br />
Großbritannien<br />
28%<br />
Quellen: IFSL, Freeman & Co, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Quellen: Thomson Financial, Freeman & Co., <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Entscheidende Triebkräfte sind Private-Equity-Gesellschaften (vgl. 2.3.2.2), auf Finanzinvestoren<br />
entfallen rund ein Viertel des europäischen M&A-Geschäfts. Neben Beratungsaufgaben betreiben<br />
23 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Investmentbanken zunehmend Handelsgeschäfte mit komplexen Finanzinstrumenten, die bei Finanztransaktionen<br />
z.B. in Verbindung mit Übernahmen zum <strong>Ein</strong>satz kommen.<br />
Top-Investmentbanken an allen<br />
drei großen Finanzplätzen<br />
Europas, in London meist<br />
europäisches Hauptquartier<br />
<strong>Frankfurt</strong> als Zentrum für<br />
Investmentgeschäfte im<br />
attraktiven deutschen Markt<br />
Auf dem europäischen Markt dominieren amerikanische Investmentbanken. Mit der Deutschen<br />
Bank rangiert allerdings auch ein deutsches Institut in der Spitzenliga der international bedeutendendsten<br />
Häuser der Branche. Viele dieser „Global Player“ haben in London ihr europäisches<br />
Hauptquartier oder eine große Niederlassung, so dass etwa ein Viertel der in Europa erzielten <strong>Ein</strong>nahmen<br />
aus dem britischen Finanzzentrum stammen. Daneben sind die Investmentbanken daran<br />
interessiert, auch an den anderen beiden großen Finanzplätzen Europas vertreten zu sein, um durch<br />
ihre Präsenz vor Ort ihre Position im jeweiligen nationalen Geschäft zu stärken. So sind die meisten<br />
der globalen Top 10 sowohl in London als auch in <strong>Frankfurt</strong> und Paris präsent. 2004 entfielen<br />
auf Deutschland 15 % der in Europa erzielten Gebühreneinnahmen und auf Frankreich 13 %.<br />
Dem Investmentbanking insbesondere im Bereich M&A kommt in Deutschland gegenwärtig besonderes<br />
Interesse zu und der <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> gilt als entscheidender Dreh- und Angelpunkt<br />
der Branche. Die hiesigen Unternehmen stehen Fusions- und Übernahmeoptionen wieder offener<br />
gegenüber. Durch ihre Restrukturierungsmaßnahmen haben sie <strong>sich</strong> Handlungsspielräume geschaffen.<br />
So vollzog der deutsche M&A-Markt 2005 eine beeindruckende Kehrtwende: Während<br />
das Geschäftsvolumen beim deutschlandbezogenen M&A-Geschäft 2004 noch rückläufig war,<br />
kam es 2005 zu einem deutlichen Anstieg um 80 % auf nahezu 360 Mrd. €. Die Dynamik setzte<br />
allerdings schon 2004 ein, was <strong>sich</strong> an der Anzahl der Transaktionen ablesen lässt. Diese stiegen<br />
2004 um 30 % und um weitere 9 % in 2005. Das durchschnittliche Transaktionsvolumen lag bei<br />
über 0,8 Mrd. €, ist aber noch weit entfernt vom einstigem Spitzenwert aus dem Jahr 2001 (durchschnittlich<br />
1,82 Mrd. € je Deal). Die Entwicklung im deutschen M&A-Geschäft in den ersten<br />
Monaten 2006 lässt die Investmentbanker erneut auf ein sehr erfolgreiches Gesamtjahr hoffen.<br />
Deutschland-bezogenes M&A-Geschäft 2005<br />
Anteil in %<br />
Restl. Banken<br />
Deutsche Bank<br />
Metzler CF<br />
15% 14%<br />
Sal. Oppheim<br />
1% 1% Goldman Sachs<br />
UBS 4%<br />
14%<br />
Dresdner KW<br />
5%<br />
7%<br />
Lehman Brothers<br />
11%<br />
8%<br />
Merill Lynch<br />
10%<br />
Morgan Stanley<br />
10%<br />
JP Morgan Chase<br />
Citygroup<br />
Quellen: Börsen-Zeitung, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Deutsche Banken bei hiesigen<br />
Mittelstand-Übernahmen aktiv<br />
In der Phase der strukturellen Anpassungsprobleme der deutschen Banken (vgl. 2.2.1.1) konnten<br />
die US-Investmenthäuser eine dominierende Marktposition erlangen. Für deutschen Institute ergeben<br />
<strong>sich</strong> dennoch Chancen, insbesondere im Mittelstandsgeschäft, wo persönliche Kontakte und<br />
aufgebaute Vertrauensverhältnisse eine wichtige Rolle spielen. So zeigen <strong>sich</strong> neben deutschen<br />
Großbanken insbesondere auch kleinere Institute – wie <strong>Frankfurt</strong>er Privatbankiers – aktiv im hiesigen<br />
(mittelständischen) Übernahmegeschäft.<br />
24 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
2.2.2 Ver<strong>sich</strong>erungen<br />
<strong>Frankfurt</strong> London Paris<br />
Ver<strong>sich</strong>erungen<br />
☺ ☺<br />
☺ International gut aufgestellt Mittelfeld Defizite<br />
Quelle: <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Neben der unverzichtbaren Präsenz von Banken ist es für einen <strong>Finanzplatz</strong> wichtig, dass ein<br />
Großteil der Ver<strong>sich</strong>erungen ansässig ist, zumal <strong>sich</strong> die klassische Aufgabenteilung zwischen<br />
diesen beiden Institutsgruppen im Wandel befindet.<br />
Großbritannien führend<br />
im europäischen<br />
Ver<strong>sich</strong>erungsmarkt<br />
Gemessen an den 2004 im Ver<strong>sich</strong>erungsgeschäft erzielten Prämieneinnahmen rangiert Großbritannien<br />
mit knapp 217 Mrd. € vor Deutschland und Frankreich (140 Mrd. € bzw. 143 Mrd. €).<br />
Auch bei der Relation der Ver<strong>sich</strong>erungsprämien zum Bruttoinlandsprodukt (Ver<strong>sich</strong>erungsdurchdringung)<br />
wird die Führungsrolle Großbritanniens im europäischen Ver<strong>sich</strong>erungsmarkt deutlich,<br />
denn den dortigen 12,6 % stehen 9,5 % in Frankreich und 7 % in Deutschland gegenüber. Bezüglich<br />
der Ver<strong>sich</strong>erungsdichte, also des Prämienvolumens je <strong>Ein</strong>wohner, liegt Großbritannien mit<br />
gut 3.300 € vor Frankreich mit knapp 2.400 € und Deutschland mit nahezu 1.700 €.<br />
Ver<strong>sich</strong>erungsmärkte in Deutschland, Frankreich und Großbritannien 2004<br />
Deutschland Frankreich Großbritannien<br />
Gesamte Prämieneinnahmen<br />
in Mrd. €<br />
140,1 142,9 216,5<br />
Ver<strong>sich</strong>erungsdurchdringung* 7,0 9,5 12,6<br />
Ver<strong>sich</strong>erungsdichte in €** 1.679 2.355 3.310<br />
* Prämieneinnahmen zum Bruttoinlandsprodukt, ** Prämienvolumen je <strong>Ein</strong>wohner<br />
Quellen: GDV, Hessen Agentur<br />
Wie bei den Banken (vgl. 2.2.1.1) kommt auch in der Ver<strong>sich</strong>erungswirtschaft die dezentrale<br />
Struktur Deutschlands im Gegensatz zu der zentralstaatlichen Großbritanniens und Frankreichs<br />
zum Tragen. Während <strong>sich</strong> das britische und französische Finanzzentrum auch als zentrale Ver<strong>sich</strong>erungsplätze<br />
herausgebildet haben, verteilt <strong>sich</strong> die Branche hierzulande auf mehrere Regionen.<br />
Beschäftigte in europäischen Ver<strong>sich</strong>erungsstädten<br />
Anzahl, 2003<br />
Deutsche Ver<strong>sich</strong>erungsstandorte im Wettbewerb<br />
Anzahl Ver<strong>sich</strong>erungen, 2003<br />
Beschäftigte<br />
40.000<br />
40.000<br />
90<br />
35.000<br />
30.000<br />
20.000<br />
10.000<br />
30.000<br />
20.000<br />
10.000<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
30.000<br />
25.000<br />
20.000<br />
15.000<br />
10.000<br />
5.000<br />
0<br />
<strong>Frankfurt</strong> London Paris<br />
0<br />
0<br />
<strong>Frankfurt</strong> München Köln Hamburg<br />
0<br />
Quellen: GDV, Observatoire de l’Evolution des Metiers de l’Assurance, ISFL,<br />
Hessen Agentur<br />
Quellen: GDV, Hessen Agentur<br />
25 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Entwicklung des Ver<strong>sich</strong>erungsplatzes<br />
<strong>Frankfurt</strong> gehemmt durch<br />
innerdeutschen Konkurrenzkampf<br />
Besondere Rolle Münchens in<br />
Ver<strong>sich</strong>erungswirtschaft<br />
<strong>Frankfurt</strong> punktet mit EU-<br />
Ver<strong>sich</strong>erungsauf<strong>sich</strong>t<br />
So befinden <strong>sich</strong> von den insgesamt 740 bei der Bundesauf<strong>sich</strong>t für Finanzdienstleistungen (Ba-<br />
Fin) geführten Ver<strong>sich</strong>erungen lediglich gut 40 in <strong>Frankfurt</strong> bzw. mehr als doppelt so viele in der<br />
<strong>Finanzplatz</strong>-Region am Main insgesamt. Demgegenüber ist die Mehrzahl der rund 770 britischen<br />
Ver<strong>sich</strong>erer am <strong>Finanzplatz</strong> London ansässig, ebenso verhält es <strong>sich</strong> mit den etwa 480 französischen<br />
Ver<strong>sich</strong>erungsgesellschaften, die schwerpunktmäßig in Paris vertreten sind. So stammt von<br />
den zehn größten Ver<strong>sich</strong>erungskonzernen Europas (gemessen am Prämienaufkommen und an der<br />
Marktkapitalisierung) jeweils einer aus der französischen Hauptstadt (Axa) und einer aus der britischen<br />
(Aviva), wohingegen am deutschen Finanzzentrum keine vergleichbar bedeutende Ver<strong>sich</strong>erung<br />
ihren Hauptsitz hat. <strong>Ein</strong> ähnliches Bild liefert die Beschäftigtenanzahl, die in <strong>Frankfurt</strong> 2003<br />
bei unter 10.000 bzw. bei mehr als 20.000 in der Region lag gegenüber etwa 24.000 in Paris und<br />
rund 40.000 in London.<br />
Unter den innerhalb Deutschlands miteinander konkurrierenden Ver<strong>sich</strong>erungsstandorten liegen –<br />
gemessen an der Anzahl der Institute – München, Hamburg und Köln nebst Düsseldorf eindeutig<br />
vor <strong>Frankfurt</strong>. Von den bei der BaFin eingetragenen Ver<strong>sich</strong>erungsunternehmen sind jeweils rund<br />
80 in München und Hamburg mit ihrem Hauptsitz ansässig, 70 in Köln sowie 40 in Düsseldorf.<br />
<strong>Frankfurt</strong> als Herzstück des Rhein-Main-Gebietes wählte nur eine begrenzte Anzahl an Ver<strong>sich</strong>erungen<br />
als <strong>Standort</strong>. Die Arbeitnehmerzahl in der deutschen Ver<strong>sich</strong>erungsbranche differenziert<br />
nach <strong>Standort</strong>en zeigt eine ähnliche Reihenfolge der einzelnen Ver<strong>sich</strong>erungsstädte nach ihrer Bedeutung<br />
– knapp 30.000 sind jeweils in München und Köln beschäftigt, etwa 24.000 in Hamburg<br />
und knapp 13.000 in Düsseldorf und noch weniger in <strong>Frankfurt</strong>. Die besondere Rolle Münchens<br />
resultiert daraus, dass mit Allianz und Münchner Rückver<strong>sich</strong>erung die zwei Schwergewichte der<br />
deutschen Ver<strong>sich</strong>erungswirtschaft bzw. zwei Institute von Weltruf vertreten sind.<br />
Positive Impulse für den Ver<strong>sich</strong>erungsstandort Rhein-Main sind als Folge der Ansiedlung des<br />
EU-Auf<strong>sich</strong>tsgremiums für Ver<strong>sich</strong>erungen CEIOPS (Committee of European Insurance and<br />
Occupational Pensions Supervisors) zu erwarten (vgl. 2.2.5). Allerdings dürften <strong>sich</strong> die Auswirkungen<br />
dieser Ende 2003 getroffenen Grundsatzentscheidung erst im Laufe der Zeit entfalten,<br />
wenn <strong>sich</strong> das Zusammenspiel zwischen den Instituten und ihrer Auf<strong>sich</strong>tsbehörde immer mehr<br />
intensiviert.<br />
2.2.3 Investmentgesellschaften<br />
Investmentgesellschaften seit<br />
Jahrzehnten fester Bestandteil<br />
des Finanzgeschehens<br />
Diversifikation auf viele<br />
Gesellschaften in Frankreich und<br />
Großbritannien gegenüber<br />
Konzentration auf wenige in<br />
Deutschland – Kern in <strong>Frankfurt</strong><br />
Neben den Finanzinstituten Banken und Ver<strong>sich</strong>erungen spielen auch Investmentgesellschaften<br />
seit Jahrzehnten eine bedeutende Rolle im Finanzgeschehen. In Deutschland feierte die Branche<br />
jüngst ihr 50-jähriges Jubiläum, der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI)<br />
wurde 1970 gegründet. Sein Pendant in Frankreich – L'Association Française de la Gestion Financière<br />
(AFG) – wurde Anfang der 1960er Jahre ins Leben gerufen. Die ersten Investmentfonds gab<br />
es in Frankreich genau wie in Deutschland erst nach dem zweiten Weltkrieg. Die Anfänge des<br />
britischen Verbandes Investment Management Association (IMA) reichen in die späten 1950er<br />
Jahre zurück – knapp 30 Jahre nach Auflage des ersten Fonds in Großbritannien.<br />
Die Anzahl der beim jeweiligen nationalen Verband unter Obhut stehenden Investmentgesellschaften<br />
in den drei Ländern ist im Grunde nicht vergleichbar. Denn die Vielzahl an Fondsgesellschaften<br />
in Großbritannien (rund 160) und insbesondere in Frankreich (knapp 380), die primär in London<br />
bzw. Paris beheimatet sind, rührt wesentlich von einer ausgeprägten Diversifikation her. Demgegenüber<br />
konzentriert <strong>sich</strong> das Fondsvolumen in Deutschland auf eine begrenzte Anzahl von Gesellschaften,<br />
rund 80 sind Mitglied im BVI. Innerhalb Deutschlands befindet <strong>sich</strong> die Investmentbranche<br />
schwerpunktmäßig im Raum <strong>Frankfurt</strong>. Über die Hälfte der deutschen Fondsgesellschaften<br />
hat hier ihren Hauptsitz, und das von ihnen im In- und Ausland verwaltete Fondsvermögen<br />
macht mehr als Zweidrittel des Gesamtvolumens deutscher Kapitalanlagegesellschaften aus.<br />
26 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Marktsegment Investmentfonds<br />
als Trend in der Finanzbranche<br />
Insbesondere vor dem Hintergrund des erhöhten privaten Altersvorsorgebedarfs generieren die<br />
Investmentgesellschaften mit ihrem innovativen Charakter eine zunehmende Nachfrage nach ihren<br />
Fonds, so dass sie zu einer immer bedeutenderen Säule des Finanzwesens werden. Insofern betrachten<br />
wir die Investmentbranche als einen der gegenwärtig zentralen Trends im Finanzwesen<br />
(vgl. 2.3.2.1).<br />
2.2.4 Börsen<br />
<strong>Frankfurt</strong> London Paris<br />
Börsen<br />
☺ ☺ ☺<br />
☺ International gut aufgestellt Mittelfeld Defizite<br />
Quelle: <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Finanzinstitute und Börse als<br />
Nukleus des <strong>Finanzplatz</strong>es<br />
Finanzinstitute und Börsen machen gemeinsam den ureigensten Charakter eines Finanzzentrums<br />
aus bzw. bilden seinen Nukleus.<br />
Konsolidierung der europäischen Börsenlandschaft<br />
Wandel der europäischen<br />
Börsenlandschaft<br />
Fusionskarussell weiter in<br />
Bewegung<br />
Die nationalen Börsen, die vor wenigen Jahren oft (Quasi-) Monopolstellungen innehatten, sind<br />
heute einem globalen Wettbewerb ausgesetzt. Dieser wird forciert durch Angleichungen der rechtlichen<br />
Rahmenbedingungen auf europäischer Ebene („Common Level Playing Field“). Hohe Investitionskosten<br />
in technologische Weiterentwicklungen verursachen einen Konsolidierungsdruck<br />
hin zu europaweiten, kostengünstigen Handels- und Abwicklungsplattformen. Der <strong>sich</strong> vollziehende<br />
Wandel in der europäischen Börsenlandschaft geht einher mit Änderungen der Eigentümerstrukturen<br />
der Börsen. Traditionell staatliche oder im Besitz der Hauptnutzer befindliche Börsen<br />
werden immer häufiger selbst zu Aktiengesellschaften, die untereinander kooperieren und fusionieren.<br />
Bereits im Jahr 1998 entstand durch den Zusammenschluss von <strong>Frankfurt</strong>er DTB<br />
(Deutsche Terminbörse) und der Züricher SOFFEX (Swiss Options and Financial Futures<br />
Exchange) die binationale Derivate-Börse Eurex. Im Jahr 2000 schlossen <strong>sich</strong> die nationalen Börsen<br />
in Paris, Amsterdam und Brüssel zur Euronext zusammen; 2002 kamen Lissabon und die auf<br />
Futures sowie Optionen spezialisierte Londoner Börse LIFFE (London International Futures and<br />
Options Exchange) hinzu.<br />
Seit Ende der 90er Jahre werden potenzielle Fusionen nicht nur der europäischen Börsen untereinander,<br />
sondern auch mit Konkurrenten außerhalb Europas intensiv diskutiert und ausgelotet, viele<br />
verschiedene Möglichkeiten waren dabei bereits im Gespräch. Und der Prozess ist noch nicht abgeschlossen<br />
trotz der kürzlich verkündeten Fusionsab<strong>sich</strong>t von der New York Stock Exchange<br />
(NYSE) mit der Euronext zur NYSE Euronext. Aus europäischer Sicht wäre zu bedauern, dass die<br />
derzeitige Konsolidierung der Börsenwelt nicht in einer Fusion der Deutschen Börse mit der Euronext<br />
mündet. Mit einer Fusion von Deutscher Börse und Euronext könnte eine „Superbörse“ in<br />
Europa entstehen, die die Messlatte für die amerikanische Konkurrenz hoch legen würde.<br />
Stellung der Deutschen Börse im europäischen Vergleich<br />
Die Bedeutung der Börsen in <strong>Frankfurt</strong>, Paris und London ergibt <strong>sich</strong> ange<strong>sich</strong>ts ihres breiten<br />
Handlungsfeldes aus einer Vielzahl verschiedener Kennziffern. Diese beziehen <strong>sich</strong> bei Euronext<br />
auf den Zeitraum vor dem jüngst geplanten Zusammenschluss mit der NYSE, der voraus<strong>sich</strong>tlich<br />
Ende dieses Jahres vollzogen sein wird. Die Angaben zur Deutschen Börse umfassen beim Derivatehandel<br />
die Eurex insgesamt. Bei der Euronext werden in allen Segmenten die Gesamtwerte aller<br />
Länder betrachtet, da spezifische Teilwerte für Paris kaum vorliegen.<br />
27 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Marktbewertung von Deutscher<br />
Börse am höchsten<br />
Hin<strong>sich</strong>tlich des eigenen Marktwertes liegt das in <strong>Frankfurt</strong> beheimatete Unternehmen Deutsche<br />
Börse an der Spitze Europas. Die Marktteilnehmer messen der Deutschen Börse also eine herausragende<br />
Bedeutung zu – mehr als es in der Bewertung der dort gelisteten Unternehmen zum Ausdruck<br />
kommt. So belief <strong>sich</strong> die Marktkapitalisierung aller Titel der Deutschen Börse Ende 2005<br />
auf insgesamt über 1 Bill. €, womit sie deutlich hinter der Londoner Börse (2,6 Bill. €) und der<br />
Euronext (knapp 2,3 Bill. €) rangierte. Ursache hierfür ist, dass die Führung eines Unternehmens<br />
in Form einer Aktiengesellschaft in Deutschland nicht so verbreitet ist wie in den anderen beiden<br />
Ländern. Insofern betrug die Anzahl gelisteter heimischer Unternehmen 2005 nur 650 in <strong>Frankfurt</strong><br />
gegenüber knapp 2.800 in London und nahezu 1.000 an der Euronext.<br />
Marktwert der Börsen versus...<br />
... Marktkapitalisierung gelisteter Unternehmen<br />
Marktkapitalisierung des Unternehmens in Mrd. €, Ende Mai 2006<br />
Bill. €, Ende 2005<br />
12<br />
12<br />
3.500<br />
3.500<br />
10<br />
10<br />
3.000<br />
3.000<br />
8<br />
8<br />
2.500<br />
2.500<br />
6<br />
6<br />
2.000<br />
2.000<br />
4<br />
2<br />
0<br />
Deutsche Börse Euronext London Stock<br />
Exchange<br />
4<br />
2<br />
0<br />
1.500<br />
1.000<br />
500<br />
0<br />
1.500<br />
1.000<br />
500<br />
0<br />
Deutsche Börse Euronext London Stock Exchange<br />
Quellen: Deutsche Börse, Hessen Agentur<br />
Quellen: World Federation of Exchanges, Hessen Agentur<br />
a) Aktienmarkt<br />
London ist führender<br />
Aktienmarkt Europas<br />
<strong>Ein</strong>e ähnliche Größenrelation wie bei der Marktkapitalisierung gelisteter Unternehmen (London ><br />
Paris > <strong>Frankfurt</strong>) kommt zwischen den drei Börsen auch in anderen Vergleichswerten des<br />
Aktienmarktes zum Ausdruck: London sticht in diesem Segment hervor, meist mit Abstand folgen<br />
die Mehrländerbörse Euronext und dann die <strong>Frankfurt</strong>er Börse. So kam die Deutsche Börse 2005<br />
auf ein Verhältnis des Aktienwertes inländischer Unternehmen zum Bruttoinlandsprodukt von<br />
rund 50 %, während die Euronext und die Londoner Börse sogar einen etwa dreimal so hohen<br />
Wert aufweisen konnten (knapp 150 % bzw. 160 %).<br />
Umsatz des Aktienhandels 2005<br />
Bill. €, Ende 2005<br />
Relation Marktkapitalisierung inländischer Firmen zum BIP<br />
in %, 2005<br />
5<br />
5<br />
175<br />
175<br />
4<br />
3<br />
4<br />
3<br />
150<br />
125<br />
100<br />
150<br />
125<br />
100<br />
2<br />
2<br />
75<br />
75<br />
1<br />
1<br />
50<br />
50<br />
0<br />
Deutsche Börse Euronext London Stock<br />
Exchange<br />
0<br />
25<br />
0<br />
Deutschland Frankreich Großbritannien<br />
25<br />
0<br />
Quellen: World Federation of Exchanges, Hessen Agentur<br />
Quellen: Eurostat, World Federation of Exchanges, Hessen Agentur.<br />
Der Vorsprung der „City“ zeigt <strong>sich</strong> auch beim Umsatz der im Jahr 2005 gehandelten Aktien: mit<br />
knapp 4,6 Bill. € war der Aktienumsatz an der Londoner Börse drei Mal so hoch wie in <strong>Frankfurt</strong><br />
(knapp 1,6 Bill. €), aber auch deutlich höher als an der Euronext (gut 2,3 Bill. €). Allerdings wird<br />
in London – im Unterschied zu den beiden anderen Börsen – der umfassende OTC-Handel mit<br />
28 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
ausländischen Aktien („Over-the-Counter“) auf Grund regulatorischer Bestimmungen der LSE gemeldet<br />
und zugerechnet, so dass <strong>sich</strong> der Umsatzvorsprung der Londoner Börse zumindest etwas<br />
relativiert. Im Übrigen ist der deutsche Aktienmarkt vor dem strukturellen Hintergrund einer nur<br />
begrenzt finanzmarktbasierten Unternehmensfinanzierung zu sehen. Die klassische Fremdkapitalbeschaffung<br />
durch Bankkredite spielt für deutsche Firmen nach wie vor die größte Rolle.<br />
IPO-Entwicklung an LSE am dynamischsten und ...<br />
... IPO-Emissionsvolumen an LSE am höchsten<br />
Absolutwerte<br />
Mrd. €, 2005<br />
400<br />
400<br />
20<br />
20<br />
300<br />
200<br />
Deutsche<br />
Börse<br />
LSE<br />
300<br />
200<br />
15<br />
10<br />
15<br />
10<br />
100<br />
Euronext<br />
100<br />
5<br />
5<br />
0<br />
2000 2001 2002 2003 2004 2005<br />
0<br />
0<br />
Deutsche Börse Euronext London Stock<br />
Exchange<br />
0<br />
Quellen: PricewaterhouseCoopers; Hessen Agentur<br />
Quellen: PricewaterhouseCoopers; Hessen Agentur<br />
Neuemissionsgeschäft in London<br />
mit Abstand am lebhaftesten<br />
IPO-Zuver<strong>sich</strong>t in Europa<br />
„Entry Standard“ als Signal zur<br />
Weiterentwicklung der deutschen<br />
Aktienkultur<br />
Die Folgen der Aktienbaisse mit dem Tiefpunkt im März 2003 und der Schließung des <strong>Frankfurt</strong>er<br />
Neuen Marktes waren lange am deutschen Aktienmarkt spürbar; schließlich wurde Deutschland<br />
vehementer vom Aktienmarktcrash getroffen als Großbritannien und Frankreich (vgl. 2.2.1.1).<br />
Dies zeigt <strong>sich</strong> auch an der Entwicklung der Neuemissionen (Initial Public Offerings, kurz: IPOs)<br />
an den drei Börsen. An der Deutschen Börse gab es im Jahr 2003 lediglich einen Börsengang und<br />
nur fünf im Folgejahr. 2005 war bei den Neuemssionen in Deutschland wieder Dynamik festzustellen.<br />
Gut 40 Unternehmen gingen an die Deutsche Börse. Das Neuemissionsgeschäft an der<br />
Euronext verlief in den letzten Jahren ähnlich. Hier kam es zu einem moderaten Anstieg der IPOs<br />
auf gut 60 im letzen Jahr. Allerdings lagen die Emissionsvolumina der Erstnotierungen an der<br />
Euronext und der LSE 2005 (gut 16 Mrd. € bzw. fast 19 Mrd. €) deutlicher höher als an der<br />
Deutschen Börse mit knapp 4 Mrd. €. Mit den Börsengängen von Electricité de France (7 Mrd. €)<br />
und Gaz de France (3,5 Mrd. €) fanden an der Euronext im vergangenen Jahr die mit Abstand<br />
größten IPOs in Europa statt.<br />
Die Erholung von Konjunktur und Aktienmarkt in Deutschland macht die Investition in Aktien<br />
interessanter, und immer mehr Unternehmen hierzulande begreifen den Börsengang wieder als<br />
Möglichkeit zur Eigenkapitalbeschaffung. Der Ausblick für Neuemissionen am deutschen<br />
Aktienmarkt hellt <strong>sich</strong> auch vor dem Hintergrund des in Europa insgesamt steigenden Interesses an<br />
IPOs auf. Das Jahr 2006 ist für europäische Neuemissionen bislang recht gut angelaufen und lässt<br />
noch zahlreiche Börsengänge an allen drei Finanzplätzen erwarten.<br />
<strong>Ein</strong>en wichtigen Baustein für ein wieder regeres Neuemissionsgeschäft hat die Deutsche Börse mit<br />
Schaffung des „Entry Standard“ im Herbst 2005 gelegt – ein speziell auf kleine und mittlere Unternehmen<br />
ausgerichtetes Marktsegment, welches v.a. spezialisierte institutionelle Investoren<br />
nutzen. An den Start dieses Mittelstandssegments gingen zunächst 12 Unternehmen, mittlerweile<br />
sind es 30 (Stand: Mai 2006). Damit <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong> der „Entry Standard“ aktuell etwa auf einem<br />
Niveau mit der Alternext – dem entsprechenden im Mai 2005 eingeführten Markt der Mehrländerbörse<br />
Euronext, in dem 37 Unternehmen gelistet sind (Stand: Mai 2006). Auch wenn das <strong>Frankfurt</strong>er<br />
Mittelstandssegment noch in einer anderen Liga spielt als der Alternative Investment Market<br />
der Londoner Börse (AIM) mit seinen rund 1.400 Unternehmen zu Anfang dieses Jahres, so ist mit<br />
dem „Entry Standard“ für mittelständische Unternehmen in Deutschland die Plattform für diese<br />
Finanzierungsform geschaffen. Die <strong>Ein</strong>richtung dieses Segments an der wichtigsten deutschen<br />
29 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Börse setzt ein Signal für die Weiterentwicklung der Aktienkultur in Deutschland. Im Rahmen der<br />
deutschen Konjunkturerholung dürfte die Nachfrage nach mittelständischen Unternehmensaktien<br />
relativ dynamisch bleiben und der „Entry Standard“ u.a. als Finanzierungsquelle für den Mittelstand<br />
an Bedeutung gewinnen.<br />
b) Rentenmarkt<br />
<strong>Frankfurt</strong>er Rentenmarkt hinter<br />
London und vor Paris<br />
In Deutschland hat der Rentenmarkt traditionell eine große Bedeutung, sowohl zur Unternehmensfinanzierung<br />
als auch zur Finanzierung öffentlicher Haushalte. So bot die Deutsche Börse zum<br />
Jahresende 2005 mit insgesamt knapp 10.900 gelisteten Wertpapieren – 7.500 von heimischen<br />
Unternehmen, 1.200 von öffentlichen Haushalten und 2.200 aus dem Ausland – ein breit gefächertes<br />
Angebot und erzielte im Jahr 2005 einen Gesamtumsatz von mehr als 300 Mrd. €.<br />
Deutsche Börse: Trotz hoher Zahl gelisteter Wertpapiere …<br />
Anzahl, Ende 2005<br />
... nur vergleichsweise niedriger Umsatz<br />
Bill. €, Ende 2005<br />
12.000<br />
12.000<br />
3<br />
3<br />
9.000<br />
9.000<br />
2<br />
2<br />
6.000<br />
6.000<br />
3.000<br />
3.000<br />
1<br />
1<br />
0<br />
Deutsche Börse Euronext London Stock<br />
Exchange<br />
0<br />
0<br />
Deutsche Börse Euronext London Stock<br />
Exchange<br />
0<br />
Quellen: World Federation of Exchanges, Hessen Agentur<br />
Quellen: World Federation of Exchanges, Hessen Agentur<br />
Gemessen an der Zahl der gehandelten Rentenpapiere rangierte die Deutsche Börse knapp hinter<br />
London (11.000), der Gesamtumsatz mit Rentenpapieren war in London aber deutlich höher (etwa<br />
2,4 Bill. €). Dabei spielen ausländische Papiere für den Londoner Rentenmarkt eine sehr viel größere<br />
Rolle als dies in <strong>Frankfurt</strong> der Fall ist. So stammen gut 40 % der in London gelisteten Papiere<br />
aus dem Ausland, in <strong>Frankfurt</strong> sind es nur 20 %. Im Vergleich zur Euronext ist <strong>Frankfurt</strong> besser<br />
positioniert, denn an der Mehrländerbörse wurden im vergangenen Jahr „nur“ gut 3.500 Rentenpapiere<br />
gehandelt mit einem Umsatz von gut 140 Mrd. €. Nach den Statistiken der World Federations<br />
of Exchanges konzentriert <strong>sich</strong> der Rentenhandel an der Euronext dabei zu 90 % auf ausländische<br />
Papiere, was jedoch möglicherweise auf Probleme bei der Zuordnung der einzelnen<br />
Länderwerte zurückzuführen ist.<br />
Neuemissionen von<br />
Rentenpapieren besonders<br />
dynamisch in <strong>Frankfurt</strong><br />
Die Entwicklung der Neuemissionen in den letzten beiden Jahren stimmt hoffnungsfroh für die<br />
künftige Bedeutung des <strong>Frankfurt</strong>er Rentenmarktes. Denn gerade an der hiesigen Börse wurden<br />
viele neue Anleihen aufgelegt, Ende 2005 waren es nahezu 2.400 Rentenpapiere mehr als im Vorjahr;<br />
dem steht ein Plus von gut 700 Titeln in London und knapp 60 in Paris gegenüber.<br />
c) Derivatemarkt<br />
Eurex als weltweit führende<br />
Handelsplattform für Derivate<br />
Die Eurex hat <strong>sich</strong> in nur wenigen Jahren zu einem der weltweit größten Handelsplätze für derivative<br />
Finanzprodukte entwickelt. Das vor über einer Dekade eingeführte elektronische Handelssystem<br />
verhalf der Eurex zu besonderer Attraktivität rund um den Globus und trug somit entscheidend<br />
zu ihrem durchschlagenden Erfolg bei. Derivate können generell in Form von Optionen oder<br />
Futures auf Aktien, Indizes, Zinsen, Rohstoffe und Währungen gehandelt werden. Neuerdings gewinnen<br />
auch Kreditderivate immer mehr an Bedeutung (vgl. 2.3.2.2). Die Eurex hat im Derivatehandel<br />
auf Aktien-, Index-, Kapitalmarkt- und Geldmarktprodukte 2005 eine globale Spitzenposition<br />
belegt. Devisen- und Rohstoffderivate werden allerdings nicht gehandelt. Insgesamt wurden<br />
30 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
an der Eurex im letzten Jahr knapp 1,2 Mrd. Kontrakte geschlossen. Demgegenüber kam ihr<br />
Hauptkonkurrent in Europa, die 2002 durch Übernahme der britischen Derivate-Börse LIFFE<br />
bedeutender gewordene Mehrländerbörse Euronext, „nur“ auf gut 0,7 Mrd. Kontrakte. Damit entfallen<br />
gut 15 % des weltweiten Derivatehandels (ohne Devisen- und Rohstoffprodukte) auf die<br />
Eurex und nahezu 10 % auf die Euronext. Differenziert nach einzelnen Produktgruppen sind allerdings<br />
deutliche Unterschiede festzustellen.<br />
Kontrakte derivativer Aktienprodukte<br />
Kontrakte derivativer Indexprodukte<br />
Anteil am globalen Derivatehandel in %, Ende 2005<br />
Anteil am globalen Derivatehandel in %, Ende 2005<br />
20<br />
20<br />
10<br />
10<br />
15<br />
15<br />
8<br />
8<br />
10<br />
10<br />
6<br />
4<br />
6<br />
4<br />
5<br />
5<br />
2<br />
2<br />
0<br />
Eurex<br />
Euronext<br />
(einschl. Liffe)<br />
0<br />
0<br />
Eurex<br />
Euronext<br />
(einschl. Liffe)<br />
0<br />
Quellen: Eurex; Hessen Agentur<br />
Euronext führt knapp bei<br />
Aktienderivaten,<br />
Eurex spürbar<br />
bei Indexderivaten<br />
Quellen: Eurex; Hessen Agentur<br />
Im Bereich der Aktienderivate liefern <strong>sich</strong> Eurex und Euronext seit Jahren ein enges Kopf-an-<br />
Kopf-Rennen. Das Jahr 2005 konnte die Euronext knapp für <strong>sich</strong> entscheiden, mit einem Weltmarktanteil<br />
von über 18 % hatte sie einen kleinen Vorsprung vor der Eurex mit gut 16 %. Hingegen<br />
lag die Eurex im Handel mit Indexderivaten eindeutig vorn und kam auf einen Weltmarktanteil<br />
von über 8 %; Optionen und Futures auf den Euro Stoxx 500 sind hierfür maßgeblich, gefolgt<br />
vom DAX.<br />
Kontrakte derivativer Kapitalmarktprodukte<br />
Kontrakte derivativer Geldmarktprodukte<br />
Anteil am globalen Derivatehandel in % , Ende 2005<br />
Anteil am globalen Derivatehandel in %, Ende 2005<br />
60<br />
60<br />
30<br />
30<br />
50<br />
50<br />
25<br />
25<br />
40<br />
40<br />
20<br />
20<br />
30<br />
30<br />
15<br />
15<br />
20<br />
20<br />
10<br />
10<br />
10<br />
10<br />
5<br />
5<br />
0<br />
Eurex<br />
Euronext<br />
(einschl. Liffe)<br />
0<br />
0<br />
Eurex<br />
Euronext<br />
(einschl. Liffe)<br />
0<br />
Quellen: Eurex; Hessen Agentur<br />
Eurex Weltmarktführer bei<br />
Kapitalmarktderivaten,<br />
Euronext bedeutend bei<br />
Geldmarktderivaten<br />
Quellen: Eurex; Hessen Agentur<br />
Etwa die Hälfte aller Kontrakte für Kapitalmarktprodukte weltweit liefen im Jahr 2005 über das<br />
Handelssystem der Eurex. Speziell im Handel mit Euro-Bund-, Euro-Bobl- und Euro-Schatz-<br />
Future ist die Eurex Weltmarktführer. Dem stand 2005 allerdings ihr unbedeutend kleiner Anteil<br />
am Derivatehandel mit Geldmarktprodukten von lediglich 0,1 % des weltweiten Handels gegenüber;<br />
hierbei handelte es <strong>sich</strong> fast ausschließlich um Futures auf den 3-Monats-Euribor. Demgegenüber<br />
spielt die Euronext eine eher unbedeutende Rolle bei Zinsderivaten im Langfristbereich,<br />
kommt aber bei Geldmarktderivaten auf einen ansehnlichen Anteil von fast 30 %.<br />
31 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Die Deutsche Börse im innerdeutschen Wettbewerb<br />
Zunehmende Bedeutung<br />
<strong>Frankfurt</strong>s durch Xetra<br />
Bevor im Jahr 1997 das elektronische Handelssystem Xetra (Exchange Electronic Trading) in<br />
<strong>Frankfurt</strong> an den Start ging, stammte noch fast ein Viertel des gesamten Börsenumsatzes in<br />
Deutschland von den Regionalbörsen. In den Folgejahren hat die Bedeutung der Regionalbörsen<br />
merklich ab- und die der <strong>Frankfurt</strong>er Börse zugenommen, wozu die <strong>Ein</strong>führung von Xetra nicht<br />
unerheblich beigetragen haben dürfte. Es kam zu Fusionen unter den Regionalbörsen, z.B. 1999<br />
von Hamburg und Hannover sowie 2003 von Berlin und Bremen. Gleichzeitig gewann die <strong>Frankfurt</strong>er<br />
Börse zunehmend Markanteile.<br />
Gesamtumsatz und Orderbuchumsatz der deutschen Börsen nach Anlageformen 2005<br />
Alle deutschen<br />
Börsen<br />
Gesamtumsatz<br />
Orderbuchumsatz<br />
in Mrd. €<br />
vom Gesamtumsatz<br />
entfallen auf<br />
vom Orderbuchumsatz<br />
entfällt auf<br />
Xetra FWB* Andere Xetra FWB* Andere<br />
in % in %<br />
Aktien heimischer<br />
Unternehmen<br />
(Domestic Equities)<br />
Aktien ausländischer<br />
Unternehmen<br />
(Foreign Equities)<br />
Heimische<br />
Optionsscheine<br />
(Domestic Warrants)<br />
Ausländische<br />
Optionsscheine<br />
(Foreign Warrants)<br />
2.824 1.173 80,7 13,7 5,7 93,1 3,9 3<br />
267 76 25,5 48,9 25,5 43,9 32,5 23,6<br />
92 16 0 56,3 43,7 0,1 14,1 85,8<br />
5 1 0 41,1 58,9 0 18,4 81,6<br />
Heimische Anleihen<br />
(Domestic Bonds)<br />
550 104 0 57,2 42,8 0 36,2 63,8<br />
Ausländische Anleihen<br />
(Foreign Bonds)<br />
65 11 0 65,2 34,8 0 51,2 48,8<br />
Summe 3.803 1.381 61,7 24,4 13,9 81,5 8,4 10,1<br />
* <strong>Frankfurt</strong>er Wertpapierbörse<br />
Quellen: Deutsche Börse Group (2005), Hessen Agentur<br />
Konzentration des deutschen<br />
Börsengeschehens in <strong>Frankfurt</strong><br />
Gemäß Gesamtumsatzstatistik 17 entfielen 2005 auf die am Main beheimatete Xetra gut 60 % und<br />
den Parketthandel der <strong>Frankfurt</strong>er Wertpapierbörse (FWB) 25 % des Aktien-, Wertpapier- und<br />
Rentenumsatzes aller deutschen Börsen. Der heimische Aktienhandel läuft größtenteils über Xetra<br />
bzw. fast vollständig in <strong>Frankfurt</strong> ab, ¾ aller ausländischen Aktien werden am Main gehandelt.<br />
Hier liegt auch der Schwerpunkt des Anleihehandels: Knapp 60 % der in- und 65 % der ausländischen<br />
Titel entfallen auf die FWB. Bei den volumenmäßig recht unbedeutenden Optionsscheinen<br />
weist die Gesamtumsatzstatistik eine etwa hälftige Aufteilung zwischen <strong>Frankfurt</strong> und den Regionalbörsen<br />
aus.<br />
17<br />
Dieser Abschnitt bezieht <strong>sich</strong> auf die Gesamtumsatzstatistik: Diese erfasst neben den Orderbuchdaten auch Geschäfte, für<br />
die der Preis nicht offiziell im Börsenhandelssystem ermittelt wurde, sondern vorab von den Marktteilnehmern vereinbart<br />
und dann direkt in das Börsengeschäftsabwicklungssystem eingegeben wurde. <strong>Ein</strong> weiterer Unterschied besteht darin, dass<br />
die Orderbuchumsätze in <strong>Ein</strong>fachzählung und der Gesamtumsatz in Doppelzählung (d.h. Zählung auf Kauf- und Verkaufsseite)<br />
veröffentlicht werden.<br />
32 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Anteil deutscher Börsen am Gesamtumsatz<br />
%, 2005<br />
Mittelstandssegmente an deutschen Börsen<br />
Anzahl Unternehmen, Mai 2006<br />
30<br />
30<br />
Xetra<br />
62%<br />
25<br />
20<br />
25<br />
20<br />
15<br />
15<br />
10<br />
10<br />
5<br />
5<br />
Regionalbörsen<br />
14%<br />
FWB<br />
24%<br />
0<br />
<strong>Frankfurt</strong>:<br />
Entry Standard<br />
München:<br />
M:access<br />
Stuttgart:<br />
Gate-M<br />
0<br />
Quellen: Deutsche Börse Group, Hessen Agentur<br />
Quellen: Internetauftritt der Börsen, Hessen Agentur<br />
Spezialisierung der<br />
Regionalbörsen auf<br />
mittelständische<br />
Firmen vor Ort ...<br />
... und auf deutsche<br />
Nischensegmente<br />
Weitere Konzentration sinnvoll<br />
Die Regionalbörsen verfolgen Strategien der Spezialisierung auf bestimmte Marktsegmente, in<br />
denen sie <strong>sich</strong> durch Erreichen einer kritischen Masse eine besondere Stellung in der deutschen<br />
Börsenlandschaft <strong>sich</strong>ern wollen. So verstehen <strong>sich</strong> Regionalbörsen als Dienstleister für kleine,<br />
regionale Unternehmen und haben für diese eigene Handelssegmente eingerichtet – z.B „Gate-M“<br />
in Stuttgart mit 22 Unternehmen bzw. „M:access“ in München mit 14 (Stand: Mai 2006). Die Anzahl<br />
der am <strong>Frankfurt</strong>er „Entry Standard“ gelisteten Unternehmen wird somit nicht erreicht.<br />
Neben regionalen Kleinunternehmen als Emittenten fokussieren <strong>sich</strong> die Regionalbörsen auf bundesweite<br />
Nischensegmente: Der Versuch der Börse Berlin/Bremen in Kooperation mit der Nasdaq<br />
Europe einen Internet-basierten, elektronischen Aktienmarkt in Deutschland aufzubauen, scheiterte<br />
allerdings ebenso wie die Akzeptanz von „Jiway“, einer vom US-Investmenthaus Morgan Stanley<br />
und der schwedischen OM-Group betriebenen Internet-Börse zum europaweiten Online-<br />
Aktienhandel. An den Börsen Düsseldorf und München wurden 2004 mit „Quotrix“ bzw. 2005 mit<br />
„Max-one“ neue Anläufe unternommen. Aktuell wird von den Börsen Berlin/Bremen, Stuttgart<br />
und <strong>Frankfurt</strong> der Aufbau einer gemeinsamen Retail-Plattform speziell für Privatanleger diskutiert.<br />
Des weiteren hat die Börse Stuttgart mit „Euwax“ das mittlerweile größte europäische Börsensegment<br />
für verbriefte Derivate mit Fokus auf börsennotierte Optionsscheine geschaffen. In diesem<br />
Segment sieht <strong>sich</strong> die Stuttgarter Börse denn auch nicht mehr als Regionalbörse, sondern als eine<br />
bundesweit agierende, spezialisierte Handelsplattform. Die Börse Hamburg/Hannover profiliert<br />
<strong>sich</strong> als Fondsbörse für offene und geschlossene Fonds. Insgesamt stellen die Regionalbörsen<br />
allerdings gemessen an ihren Umsätzen keine ernsthafte Herausforderung für den <strong>Finanzplatz</strong><br />
<strong>Frankfurt</strong> dar.<br />
Gerade im Bereich der Börsen ist es notwendig, föderale Begehrlichkeiten abzuwenden und Vorbehalte<br />
gegen weitere Zentralisierungen im deutschen Börsenwesen abzubauen. Das Bewußtsein<br />
der Akteure hin zu einer kritischen Masse ist nicht in ausreichendem Maße vorhanden.<br />
2.2.5 Finanzbezogene Institutionen<br />
<strong>Frankfurt</strong> London Paris<br />
Finanzbezogene Institutionen<br />
☺ <br />
☺ International gut aufgestellt Mittelfeld Defizite<br />
Quelle: <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Für das Wesen eines <strong>Finanzplatz</strong>es ist nicht nur eine Vielzahl von Instituten wichtig, sondern auch<br />
das Zugegensein von mit dem Finanzwesen verbundenen Institutionen. Die räumliche Nähe fördert<br />
die Kommunikation zwischen den Finanzakteuren einerseits und den geldpolitischen bzw.<br />
33 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
finanzregulierenden Organen andererseits, mit der Folge, dass diese Institutionen ihren Aufgaben<br />
praxisnah nachkommen können.<br />
Finanzbezogene Institutionen an den drei europäischen Finanzplätzen<br />
Finanzbezogene Institutionen <strong>Frankfurt</strong> London Paris<br />
Zentralbanken<br />
(international, national)<br />
EZB, BBK --- , BoE --- , BdF<br />
EU-Auf<strong>sich</strong>tsorgan für ... Ver<strong>sich</strong>erungen Banken Wertpapiere<br />
Nationale Finanzauf<strong>sich</strong>t BaFin* FSA verschiedene**<br />
Nationales statistisches Amt Destatis ONS INSEE<br />
* Doppelter Sitz in Bonn und <strong>Frankfurt</strong>, ** Commission Bancaire, CECEI, CRBF für Banken, AMF für Ver<strong>sich</strong>erungen,<br />
CCAMIP für Wertpapiere<br />
Quellen: <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Wichtige nationale<br />
Finanzinstitutionen an den drei<br />
Finanzplätzen vertreten<br />
EZB gibt <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong><br />
langfristig besonderes Gewicht im<br />
internationalen Finanzwesen<br />
London besser abgeschnitten bei<br />
Zuteilung der EU-Auf<strong>sich</strong>tsorgane<br />
An allen drei Finanzplätzen sind die zentralen nationalen Institutionen des Finanzwesens vertreten.<br />
So sind als nationale Zentralbanken in <strong>Frankfurt</strong> die Deutsche Bundesbank (BBK), in London die<br />
Bank of England (BoE) und in Paris die Banque de France (BdF) ansässig. Im Bereich der Finanzauf<strong>sich</strong>t<br />
des jeweiligen Landes gibt es am Main einen der beiden Sitze des Bundesauf<strong>sich</strong>tsamts<br />
für Finanzdienstleistungen (BaFin), an der Themse die Financial Services Authority (FSA) und an<br />
der Seine mehrere Organe, die zusammen die Auf<strong>sich</strong>t über das Banken-, Ver<strong>sich</strong>erungs- und<br />
Wertpapierwesen innehaben. Die Stellung <strong>Frankfurt</strong>s könnte <strong>sich</strong>erlich gestärkt werden, indem die<br />
BaFin ihren anderen Sitz in Bonn aufgäbe und ihren Belangen insgesamt von <strong>Frankfurt</strong> aus nachginge.<br />
Im Übrigen sind auch die nationalen statistischen Ämter in der Region der Finanzplätze angesiedelt<br />
– das deutsche Destatis im nahe gelegenen Wiesbaden, das britische Office for National<br />
Statistics (ONS) in London und das französische Institut National de la Statistique et des Études<br />
Économiques (INSEE) in Paris.<br />
Bei den internationalen Institutionen sticht <strong>Frankfurt</strong> mit der Europäischen Zentralbank (EZB) als<br />
renommierter Notenbank von internationaler Bedeutung hervor. Die EZB prägt entscheidend die<br />
Atmosphäre <strong>Frankfurt</strong>s und künftig auch noch mehr sein Stadtbild, wenn das neue Notenbank-<br />
Gebäude im Ostend entsteht. Seit ihrer Gründung Ende der 90er Jahre hat die Zentralbank der<br />
Europäischen Währungsunion bereits die Internationalisierung des deutschen Finanzzentrums gefördert.<br />
Ihr Sitz am Main ist mitverantwortlich für die Anziehungskraft des <strong>Finanzplatz</strong>es auf ausländische<br />
Institute und Wissenschaftler und trägt dazu bei, dass <strong>Frankfurt</strong> merklich an Flair gewonnen<br />
hat. Und die von der EZB ausgehenden positiven Effekte für den Charakter <strong>Frankfurt</strong>s<br />
werden <strong>sich</strong> weiter entfalten, je mehr die Währungsunion wächst. Schließlich ist die Wahl des<br />
Sitzes einer Zentralbank eine langfristige, so dass die Auswirkungen im Laufe der Zeit immer<br />
deutlicher zutage treten. Die EZB ist ein „Asset“ des <strong>Finanzplatz</strong>es <strong>Frankfurt</strong>, das seine Stellung in<br />
der internationalen Finanzwelt begünstigt. Die anderen beiden Finanzplätze können im geldpolitischen<br />
Bereich mit nichts Entsprechendem aufwarten. Die nationalen Zentralbanken spielen im<br />
weltweiten Finanzmarktgeschehen im Vergleich zur EZB eine untergeordnete Rolle. Das Wirkungsgebiet<br />
der BoE ist national begrenzt und merklich kleiner als der europäische Währungsraum.<br />
Das Pfund stellt nur die viertgrößte Weltwährung dar. Die vormals selbständig agierende<br />
BdF hat mit ihrer Integration in das Europäische System der Zentralbanken ähnlich an Bedeutung<br />
verloren wie die Deutsche Bundesbank.<br />
Bei der <strong>Standort</strong>wahl für die EU-Regulierungsbehörden konnte keine Entscheidung für eine konzentrierte<br />
Ansiedlung getroffen werden. <strong>Frankfurt</strong> hatte das Nachsehen gegenüber London und<br />
bekam statt der begehrten Regulierungsbehörde für die Bankwirtschaft den Zuschlag für die euro-<br />
34 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
päische Ver<strong>sich</strong>erungsauf<strong>sich</strong>t; Paris wurde zum Sitz des Regulierungsausschusses für Wertpapiere<br />
ausgewählt. Dies untermauert zwar die hervorgehobene Stellung des britischen <strong>Finanzplatz</strong>es,<br />
macht den Vorteil <strong>Frankfurt</strong>s als Heimatstadt der von den Finanzmärkten ständig beobachteten<br />
europäischen Notenbank aber nicht wett. Schließlich steht die EZB mehr im Rampenlicht als<br />
die drei Auf<strong>sich</strong>tsorgane zusammen.<br />
Andere EU-Institutionen an<br />
keinem der drei Finanzstandorte<br />
Andere EU-Organe, die durchaus auch in Verbindung mit dem europäischen Finanzwesen zu sehen<br />
sind, sind an keinem der drei Finanzplätze zu finden. So sitzt z.B. die für Wirtschaft und<br />
Finanzen zuständige Autorität der EU-Kommission in Brüssel oder das europäische Statistikamt<br />
Eurostat in Luxemburg. Dafür können <strong>Frankfurt</strong>, London und Paris aber mit einer Vielzahl<br />
(inter)nationaler Verbände und Vereinigungen aufwarten, beispielsweise der jeweilige Verband<br />
der Auslandsbanken der drei Länder.<br />
2.2.6 <strong>Finanzplatz</strong>orientierte Dienstleister<br />
<strong>Frankfurt</strong> London Paris<br />
<strong>Finanzplatz</strong>orientierte Dienstleister<br />
☺ <br />
☺ International gut aufgestellt Mittelfeld Defizite<br />
Quelle: <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Die in <strong>Frankfurt</strong> ansässigen Finanzinstitute sorgen wie in London und Paris dafür, dass <strong>sich</strong> im<br />
Umkreis der Banken zahlreiche Unternehmen anderer Wirtschaftsbereiche ansiedeln und florieren.<br />
Diese stehen einerseits in engem geschäftlichen Zusammenhang mit den Finanzinstituten, z.B.<br />
Wirtschaftsprüfung, Steuer- und Rechtsberatung, Wirtschaftspresse, Rating-Agenturen (<strong>Finanzplatz</strong>orientierte<br />
Dienstleister). Andererseits gibt es mittelbar vom <strong>Finanzplatz</strong> profitierende Unternehmen,<br />
wie Restaurants, Hotels und <strong>Ein</strong>zelhandel.<br />
Heterogene Beziehungen<br />
zwischen Finanzwirtschaft und<br />
anderen Wirtschaftszweigen<br />
Mehr finanzplatzorientierte<br />
Dienstleister in London und Paris;<br />
Rating-Agenturen an allen drei<br />
Finanzplätzen vertreten<br />
Ausgeprägte Konzentration von<br />
Rechtsanwälten in <strong>Frankfurt</strong><br />
Aus der Spannbreite von Wirtschaftsbeziehungen der Finanzinstitute mit anderen Branchen lassen<br />
<strong>sich</strong> allerdings keine eindeutig quantifizierbaren Aussagen über die Intensitäten ihrer wirtschaftlichen<br />
Verflechtungen ableiten. Von den 6.800 am <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> ansässigen Anwaltskanzleien<br />
dürften einige nahezu ausschließlich für Finanzinstitute tätig sein, wohingegen andere Kanzleien<br />
diese nicht zu ihren Kunden zählen. Ähnlich verhält es <strong>sich</strong> mit den – gemäß Wirtschaftsförderung<br />
<strong>Frankfurt</strong> – am deutschen Finanzzentrum ansässigen 3.600 Steuerberaterkanzleien, 1.800<br />
Unternehmensberatungsfirmen, 3.700 Werbeagenturen und 350 Marktforschungsunternehmen.<br />
<strong>Ein</strong> Vielfaches mehr an derartigen finanzplatzorientierten Dienstleistern findet <strong>sich</strong> am französischen<br />
und insbesondere am britischen Finanzzentrum, was jedoch auch an der Rolle dieser Finanzplätze<br />
als nationale Hauptstädte liegt. Die großen drei Rating-Agenturen allerdings sind an allen<br />
drei Finanzplätzen vertreten: Während S&P und Moodys neben ihrem Hauptsitz in den USA jeweils<br />
einen Sitz in <strong>Frankfurt</strong>, London und Paris haben, besitzt Fitch einen doppelten Hauptsitz in<br />
den USA und am britischen Finanzzentrum sowie Sitze an Main und Seine. Innerhalb Deutschlands<br />
sind die drei Rating-Agenturen ausschließlich am deutschen Finanzzentrum ansässig.<br />
Und auch bei den Rechtsanwälten sticht <strong>Frankfurt</strong> im nationalen Vergleich hervor. Der hiesige<br />
<strong>Finanzplatz</strong> nimmt bei der Anwaltsdichte einen Spitzenplatz ein, wie eine Aufstellung der Bundesrechtsanwaltskammer<br />
unterstreicht: Rein rechnerisch teilen <strong>sich</strong> in <strong>Frankfurt</strong> etwa 100 <strong>Ein</strong>wohner<br />
einen Rechtsanwalt, dies ist der mit Abstand niedrigste Wert in Deutschland. Düsseldorf und<br />
München folgen mit einer Anwaltsdichte von etwa 120 bzw. 130 <strong>Ein</strong>wohnern je Anwalt.<br />
Noch schwieriger als bei den finanzplatzorientierten Dienstleistern ist es, den <strong>Ein</strong>fluss der Finanzwirtschaft<br />
auf die mittelbaren Wirtschaftsbereiche abzuschätzen: So waren die vor einigen Jahren<br />
35 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
einsetzenden Konsolidierungsbestrebungen der Finanzinstitute in der <strong>Frankfurt</strong>er Region auch z.B.<br />
im hiesigen Reisebürogewerbe, Gastronomie und Handel in Form eines nachlassenden Geschäftsreiseverkehrs<br />
und einer verminderten Konsumlust spürbar; dies lag aber gleichzeitig an der konjunkturellen<br />
Schwächephase der deutschen Volkswirtschaft insgesamt.<br />
<strong>Frankfurt</strong> zählt hinter London und<br />
Paris zum exklusiven Club der<br />
führenden „World Cities“<br />
Mangels „harter“ Daten für die wirtschaftlichen Interdependenzen zwischen Finanzinstituten und<br />
anderen am <strong>Finanzplatz</strong> vertretenen Unternehmen werden hier die Ergebnisse der britischen Universität<br />
Loughborough über die Intensität der <strong>Ein</strong>gebundenheit von Metropolen in die Weltwirtschaft<br />
herangezogen: 18 Über 300 Städte weltweit wurden im Jahr 2004 hin<strong>sich</strong>tlich Anzahl und<br />
Größe von Niederlassungen global tätiger Dienstleistungsunternehmen aus den Wirtschaftsbereichen<br />
Finanzdienstleistungen, Wirtschafts- und Rechtsberatung sowie Werbung bewertet. <strong>Frankfurt</strong><br />
zählt diesem Ranking gemäß zu den führenden „World Cities“ – dem exklusiven Club der Top 10<br />
Metropolen, dem nur noch London, New York, Hongkong, Paris, Tokio, Singapur, Toronto, Madrid<br />
und Brüssel angehören. <strong>Frankfurt</strong> mit seinen knapp 650.000 <strong>Ein</strong>wohnern steht also in einer<br />
Reihe mit den großen, internationalen Städten von Weltruf – wenn auch nur auf Platz zehn.<br />
2.3 Finanzbezogene Wachstumsdeterminanten<br />
Für die Fortentwicklung eines <strong>Finanzplatz</strong>es innerhalb der internationalen Finanzwelt ist es essenziell,<br />
dass er über eine gute, insbesondere finanzbezogene Humankapitalbasis verfügt und damit<br />
zusammenhängend eine hohe Innovationsdynamik aufweist. Darüber hinaus bedarf es Akteuren,<br />
die intensive, grenzüberschreitende Geschäftsbeziehungen pflegen.<br />
2.3.1 Finanzbezogene Bildung & Forschung<br />
<strong>Frankfurt</strong> London Paris<br />
Finanzbezogene Bildung &<br />
Forschung<br />
☺ ☺<br />
☺ International gut aufgestellt MIttelfeld Defizite<br />
Quelle: <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Qualität der finanzbezogenen<br />
intellektuellen Infrastruktur als<br />
Basis für Innovationen<br />
Unterschiede nationaler<br />
Bildungssysteme<br />
Je intensiver das Know-How und die Forschung im Finanzwesen betrieben werden, umso mehr<br />
können kreative Ideen entstehen. So schafft eine qualitativ hochwertige Wissensbasis und viele, in<br />
intensivem Dialog stehende Finanzspezialisten vor Ort die Voraussetzung dafür, dass der <strong>Finanzplatz</strong><br />
mit der Zeit geht und <strong>sich</strong> frühzeitig mit neuen Strömungen auseinandersetzt.<br />
Der folgende Vergleich der finanzorientierten, intellektuellen Infrastruktur an den drei großen<br />
europäischen Finanzplätzen ist vor dem Hintergrund nationaler Unterschiede in den Bildungssystemen<br />
zu sehen: Während das Bildungssystem in Deutschland föderal durch die Bundesländer<br />
organisiert ist, gibt es in Frankreich eine zentralistische Zuständigkeit und in Großbritannien mit<br />
den Gebieten England, Schottland, Wales ein eher dezentrales System. In der Hochschulausbildung<br />
differieren sowohl Studienaufbau als auch -dauer, so dass die einzelnen nationalen Abschlüsse<br />
qualitativ nicht direkt vergleichbar sind.<br />
18 Vgl. Taylor/Aranya in GaWC Research Bulletin 192: “A Global „Urban Roller Coaster“? Connectivity Changes in the<br />
World City Network 2000-04”<br />
36 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Qualifikation in den <strong>Finanzplatz</strong>regionen<br />
Anteil mit bestimmter Ausbildung in %<br />
100<br />
80<br />
Summe<br />
100<br />
80<br />
60<br />
Sekundär<br />
Teritär<br />
60<br />
40<br />
40<br />
20<br />
20<br />
0<br />
<strong>Frankfurt</strong> London Paris<br />
0<br />
Quellen: BAK Basel Economics, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
<strong>Finanzplatz</strong>region <strong>Frankfurt</strong> bei<br />
aggregierter Betrachtungsweise<br />
mit hoher Qualifikationsquote<br />
London und Paris mit<br />
international führenden<br />
„Business Schools“<br />
Das Qualifikationsniveau stellt <strong>sich</strong> an den drei <strong>Finanzplatz</strong>regionen gemäß BAK Basel Economics<br />
19 unterschiedlich dar: <strong>Ein</strong>e sekundäre Ausbildung im Sinne der UNESCO-Definition 20 haben<br />
2003 in der Region <strong>Frankfurt</strong> 56 % aller Beschäftigten abgeschlossen gegenüber 36 % in Paris und<br />
46 % in London; einen tertiären Ausbildungsstatus erlangten am Main allerdings nur 29 %, während<br />
es an Seine und Themse 38 % bzw. 45 % waren. Die aggregierte Betrachtung aller Beschäftigten<br />
mit sekundären und tertiären Abschlüssen, die in Anbetracht der abweichenden nationalen<br />
Definitionsabgrenzungen am aussagekräftigsten erscheint, zeichnet ein positives Bild für <strong>Frankfurt</strong>.<br />
Denn mit einer Qualifikationsquote von 85 % liegt das deutsche Finanzzentrum nur knapp<br />
hinter dem britischen mit 90 % und deutlich vor dem französischen mit 74 %.<br />
Lange galt in Deutschland die Absolvierung eines wirtschaftswissenschaftlichen Diploms mit ggf.<br />
anschließender Promotion als die klassische Job-Vorbereitung. Der Abschluss des derzeit in der<br />
Finanzwelt favorisierten, international anerkannten „Master of Business Administration“ (MBA)<br />
begann <strong>sich</strong> erst in den 1990er Jahren zu entwickeln. In anderen europäischen Ländern setzte <strong>sich</strong><br />
dieser, aus den USA stammende Ansatz deutlich früher durch. Daher sind die hierzulande absolvierbaren<br />
MBAs bis dato nicht in internationalen Spitzen-Rankings zu finden. Im Rahmen des<br />
Wandels hin zu mehr internationalen Abschlüssen ist <strong>Frankfurt</strong> mit seinem akkreditierten MBA an<br />
der „Goethe-Business-School“ vorn mit dabei.<br />
Wie auch die genaue, von den zugrundeliegenden Kriterien abhängige Platzierung in den einzelnen<br />
Rankings aussieht, so besteht doch <strong>Ein</strong>igkeit über die Spitzeninstitute unter den europäischen<br />
„Business Schools“: London als Finanzzentrum des Landes mit der höchsten Anzahl an MBA-<br />
Angeboten innerhalb Europas kann mit einigen bedeutenden „Business Schools“ aufwarten – wie<br />
die international angesehene „London Business School“, die „Cass Business School“ oder das<br />
„Henley Management College“. Auch das bei Paris gelegene „Institut Europeen d’Administration<br />
des Affaires“ (INSEAD) rangiert an prominenter Stelle, daneben findet auch die „Ecole des<br />
Hautes Etudes Commerciales“ (HEC) viel Anklang im In- und Ausland.<br />
19 Vgl. Vgl. BAK Basel Economics im Auftrag der Wirtschaftsinitiative <strong>Frankfurt</strong>RheinMain (2006): „Wachstumsfaktoren<br />
für FrankfrutRheinMain“.<br />
20 Vgl. UNESCO: International Standard Classification of Education (ISCED): Das höchst erreichte Bildungsniveau wird<br />
erfasst. Der sekundäre Ausbildungsstatus umfasst hier die ISCED-Level 3 und 4, d.h. eine über die gesetzliche Verpflichtung<br />
hinausgehende Schulausbildung. Der tertiäre Bildungsstatus bildet die ISCED-Level 5 und 6 ab, d.h. eine über die<br />
Sekundarausbildung bzw. das Schulsystem hinausgehende institutionelle Ausbildung.<br />
37 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Internationale Rankings von Business Schools an den drei Finanzplätzen<br />
Europäisches<br />
Ranking<br />
Globale<br />
Rankings<br />
Financial<br />
Times Top 50<br />
(2005)<br />
Financial<br />
Times Top 50<br />
(2006)<br />
Business<br />
Week Top10<br />
(2004)<br />
EIU<br />
Top 40<br />
(2005)<br />
Wallstreet<br />
Journal Top 20<br />
(2005)<br />
London:<br />
London Business<br />
School<br />
1 5 5 23 5<br />
Cass Business School 9 47 / / /<br />
Henley Management<br />
College<br />
Ashridge Business<br />
School<br />
Imperial Collge London:<br />
Tanaka<br />
28 / / 21 /<br />
23 / / 39 /<br />
9 47 / / /<br />
Paris:<br />
Institut Europeen<br />
d' Administration des<br />
Affaires<br />
Ecole des Hautes<br />
Etudes Commerciales<br />
Ecole Superieure des<br />
Sciences Economique<br />
et Commericales<br />
<strong>Frankfurt</strong>:<br />
Goethe Business<br />
School<br />
2 8 3 11 9<br />
6 22 8 19 11<br />
21 / / / /<br />
/ / / / /<br />
Quellen: Handelsblatt, Financial Times, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
<strong>Frankfurt</strong> auf richtigem Weg<br />
Ziel: Führendes<br />
Finanz-Kompetenzzentrum<br />
Kontinentaleuropas<br />
Auch wenn der <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> in der Finanzbezogenen Bildung & Forschung noch nicht<br />
das internationale Renommee von London und Paris besitzt, steht er nun schon wesentlich besser<br />
dar als vor zehn Jahren: An der Goethe-Universität, der Hochschule für Bankwirtschaft, der<br />
„European Business School“ sowie mit dem deutschen Ableger des Institutes „Chartered Financial<br />
Analyst“ (CFA) und der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Anlageberatung (DVFA)<br />
bietet die <strong>Frankfurt</strong>er Region ein zunehmend vielfältigeres Angebot an finanzorientierten Bildungsmöglichkeiten,<br />
und in den nächsten Jahren wird dies weiter ausgebaut. Die Anziehungskraft<br />
des deutschen Finanzzentrums auf Forscher von internationalem Rang und Namen wächst jetzt<br />
schon spürbar.<br />
Die Finanzmetropole am Main arbeitet intensiv daran, zum größten Kompetenzzentrum des Finanzwesens<br />
in Kontinentaleuropa zu avancieren. Mit dem Anfang 2008 bezugsfertigen „House of<br />
Finance“ stehen die Chancen dafür gut. Denn hier werden sämtliche <strong>Frankfurt</strong>er Institute unter<br />
einem Dach auf dem Uni-Campus Westend gebündelt, die <strong>sich</strong> mit dem Thema Geld auseinandersetzen.<br />
Neben zahlreichen Professuren für „Finance“, „Monetary Economics“, Geld und Währung<br />
sowie ausgewählte juristische Bereiche wird das „House of Finance“, die „Goethe-Business-<br />
School“, das Graduiertenkolleg „Money and Finance“, die Bundesbank-Stiftung „Geld und Währung“,<br />
das Kapitalmarktforschungsinstitut „Center for Financial Studies“, das „Institute of Law<br />
and Finance“ sowie die Forschungseinrichtung „E-Finance Lab“ beherbergen. Die Schaffung<br />
38 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
dieses umfassenden Netzwerkes wird den Dialog zwischen den einzelnen Keimzellen der Finanzmarktforschung<br />
und auch mit der Praxis intensivieren. Zudem wird die Innovationsdynamik am<br />
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> gefördert genauso wie die Ausbildung hochqualifizierter Nachwuchswissenschaftler.<br />
Zwar behält London seine unangefochtene Vorrangstellung innerhalb Europas als angesehenster<br />
Ort für finanzbezogene Bildung. Doch <strong>Frankfurt</strong> erwächst als ein immer ernstzunehmenderer<br />
Konkurrent bei der Rekrutierung von „High Potentials“. Die enger werdende Verzahnung<br />
zwischen Wissenschaft und Praxis verringert die Suchkosten für Finanzmarktspezialisten. So<br />
ist das „House of Finance“ auf dem besten Wege, zum Aushängeschild des <strong>Finanzplatz</strong>es <strong>Frankfurt</strong><br />
zu werden.<br />
<strong>Frankfurt</strong>s Finanzlehre wird damit nicht nur in Europa, sondern auch innerhalb Deutschlands an<br />
Ansehen gewinnen. Den Weg zur Etablierung eines international attraktiven MBA gehen hierzulande<br />
zuvorderst neben der „Goethe-Business-School“ ihr nahgelegenes Pendant in Mannheim sowie<br />
die Handelshochschule in Leipzig und die WHU Vallendar bei Koblenz. Die Messe „Global<br />
MBA Tour“ findet zweimal pro Jahr in <strong>Frankfurt</strong> statt und einmal in München.<br />
<strong>Frankfurt</strong> vor München im<br />
deutschen Hochschul-Ranking<br />
Gemäß des Hochschulrankings der Zeitschrift „karriere“ gelten Leipzig und Vallendar auch als die<br />
beiden führenden Wirtschaftshochschulen Deutschlands, unmittelbar gefolgt von der vor den<br />
Toren <strong>Frankfurt</strong>s beheimateten „European Business School“ auf dem dritten und das nahegelegene<br />
Mannheim auf dem siebten Rang. Die Hochschule für Bankwirtschaft und die Goethe-Universität<br />
befinden <strong>sich</strong> auf den Plätzen 8 und 12. München als intensivster Wettbewerber um die Stellung<br />
als deutsches Finanzzentrum liegt deutlich weiter hinten (Platz 15 Technische Universität, Platz 22<br />
Ludwig-Maximilian-Universität).<br />
2.3.2 Trends in der Finanzbranche<br />
<strong>Frankfurt</strong> London Paris<br />
Trends in der Finanzbranche<br />
☺ <br />
☺ International gut aufgestellt Mittelfeld Defizite<br />
Quelle: <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Innovationskraft als Grundlage für<br />
langfristig erfolgreichen<br />
<strong>Finanzplatz</strong><br />
Trends mit weitreichendem<br />
<strong>Ein</strong>fluss auf Finanzbranche<br />
Bedingt durch die Ausstattung eines <strong>Finanzplatz</strong>es mit Humankapital gerade im Finanzbereich<br />
entwickeln <strong>sich</strong> neue Strömungen und Produkte. <strong>Ein</strong>e spürbare Innovationskraft ist ein bedeutender<br />
Faktor für die Positionierung eines <strong>Standort</strong>es im internationalen Finanzgeschehen. Nur ein für<br />
neu aufkommende Trends aufgeschlossener <strong>Finanzplatz</strong> kann <strong>sich</strong> auf die Dauer im internationalen<br />
Wettbewerb erfolgreich behaupten.<br />
Im Folgenden werden einige Trends betrachtet. Es handelt es <strong>sich</strong> um Marktsegmente bzw. Akteure<br />
sowie Produkte, die erst in jüngerer Zeit eine entscheidende Rolle spielen. Diese befinden <strong>sich</strong><br />
in Deutschland, Frankreich und Großbritannien zumeist in unterschiedlichen Entwicklungsstadien<br />
– bisweilen gelten sie noch als innovativ, bisweilen haben sie schon einen festen Platz im Finanzgeschehen<br />
eingenommen.<br />
39 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Wichtige Trends im europäischen Finanzwesen<br />
Deutschland Frankreich Großbritannien<br />
Investmentbranche<br />
Marktsegmente<br />
Volumen 2005 (Mrd. € / % gg. Vj.) 965,5 / +13 1.270,6 / +14 634,7 / +29<br />
Investmentvermögen pro Kopf 2005 (€)* 6.611 19.316 8.557<br />
Private-Equity<br />
Portfoliovolumen 2004 (Mrd. € / % gg. Vj.) 20,2 / +13 25,5 / +9 59,8 / +15<br />
Investitionen 2004 (Mrd. € / in % des BIP) 3,8 / 0,2 5,2 / 0,4 19,1 / 1,1<br />
Hedge-Fonds<br />
verw altetes Volumen 2005 (Mrd. €) 1,1 14,2 216,6<br />
Produkte<br />
Asset Backed Securities<br />
Anzahl Fonds 2005 20 92 785<br />
Emissionsvolumen 2005 (Mrd. € / % gg. Vj.) 21,7 / +233 9,1 / +29 145 / +37<br />
Kreditderivate<br />
dar. %-Anteil ABS i.e.S. vs. MBS 85 / 15 40 / 60 25 / 75<br />
ausstehendes Nominalvolumen 2003 (Mrd. €) 566 257 1256<br />
Non-Performing Loans<br />
ausstehendes Nominalvolumen 2004 (Mrd. €) 160 105 85<br />
REITs<br />
%-Anteil am BIP 7,2 6,4 5,2<br />
Anzahl Gesellschaften 2005 voraus. 2007 21 ab 01.01.2007<br />
Marktkapitalisierung 2005 (Mrd. € / % gg. 2003) 26,6 / +140<br />
Quellen: Investmentbranche: BVI, EFAMA (* nur Publikumsfonds ohne Dachfonds, inkl. ausländischer Fonds deutscher Provenienz);<br />
Private-Equity: EVCA; Hedge-Fonds: EuroHedge; Asset Backed Securities: European Securitization Forum; Kreditderivate:<br />
Deutsche Bundesbank (Grundgesamtheit 10 deutsche Banken, Wert bezieht <strong>sich</strong> schwerpunktmäßig auf Kreditderivate),<br />
Banque de France (Grundgesamtheit 3 Banken zzgl. Ver<strong>sich</strong>erungen und Fonds mit kaum nennenswertem Volumen), British<br />
Banker's Association; Non-Performing Loans: Kroll/OWC; REITs: IEIF; <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
2.3.2.1 Marktsegmente<br />
Investmentbranche<br />
Investmentfonds in Europa mit<br />
hoher Innovations- und<br />
Wachstumsdynamik<br />
Investmentfonds sind keine Neuerscheinung auf den Finanzmärkten (vgl. 2.2.3), aber ange<strong>sich</strong>ts<br />
ihrer spürbaren Innovations- und Wachstumsdynamik ist die Investmentbranche in der europäischen<br />
Finanzwelt besonders wichtig. 2005 gipfelte das Wachstum des in Europa verwalteten<br />
Fondsvolumens in einem Anstieg um weit mehr als 20 % gegenüber dem Vorjahr auf knapp<br />
6,6 Bill. €; dahinter stehen sowohl eine gute Performance der Fonds als auch hohe Nettozuflüsse in<br />
Anbetracht der Attraktivität dieser Produkte. Die Investmentbranche dürfte mittelfristig immer<br />
mehr an Bedeutung gewinnen: Zum einen werden zunehmend gezielte Sparprodukte aufgelegt und<br />
neue Investitionsstrategien für den Mega-Trend Altersvorsorge entworfen, denn die staatlichen<br />
Vorsorgesysteme in Europa sind ange<strong>sich</strong>ts des demografischen Wandels unzureichend. Zum<br />
anderen besteht Bedarf an spezifischen Produkten zur Erzielung von Zusatzrenditen und die Bereitschaft,<br />
das damit verbundene höhere Risiko zu tragen, so dass hierfür viele neue Konstrukte<br />
40 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
entwickelt werden. Strukturierte Produkte, z.B. bezogen auf Themen- und Regionen, sind somit<br />
neben Altervorsorgeprodukten die Kernthemen der Investmentbranche.<br />
Frankreich führend im<br />
Investmentmarkt gefolgt von<br />
Deutschland und Großbritannien<br />
Im europäischen Vergleich besteht für den deutschen Investmentmarkt noch Wachstumspotenzial,<br />
das es zu heben gilt: Das Investmentvermögen pro Kopf betrug in Deutschland Ende 2005 über<br />
6.600 € (inklusive ausländischer Fonds deutscher Provenienz), während es in Frankreich bei<br />
19.300 € und in Großbritannien bei knapp 8.600 € lag. Diese Zahlen spiegeln die unangefochtene<br />
Vorrangstellung Frankreichs im europäischen Investmentmarkt wider – Frankreich hat mit Abstand<br />
die höchste Anzahl an Gesellschaften und das größte Fondsvolumen. Ende 2005 belief <strong>sich</strong><br />
die Gesamtsumme französischer Fonds auf 1.270 Mrd. €, Deutschland kam hier auf knapp 970<br />
Mrd. € und Großbritannien folgte dahinter mit nahezu 640 Mrd. €. Die gerade für Deutschland<br />
wichtigen „Round-Trip-Fonds“ (d.h. ausländische Fonds deutscher Provenienz, Volumen Ende<br />
2005 rund 200 Mrd. €) sind hier nicht enthalten ebenso wie die hochkapitalisierten, britischen<br />
„Pension Funds“. 21 Die Anteile am insgesamt in Europa verwalteten Fondsvolumen liegen bei<br />
knapp 20 % in Frankreich, rund 15 % in Deutschland und fast 10 % in Großbritannien.<br />
Investmentvermögen pro <strong>Ein</strong>wohner<br />
€, 2005<br />
Europäischer Markt für Investmentfonds<br />
Anteil in %, Ende 2005<br />
20.000<br />
20.000<br />
16.000<br />
16.000<br />
Großbritannien<br />
10 %<br />
Frankreich<br />
20 %<br />
12.000<br />
12.000<br />
Deutschland<br />
15 %<br />
8.000<br />
8.000<br />
4.000<br />
4.000<br />
Rest Europa<br />
55 %<br />
0<br />
Deutschland* Frankreich Großbritannien<br />
0<br />
*inkl. ausl. Fonds deutscher Provenienz<br />
Quellen: BVI, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Quellen: EFAMA, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Verbesserungsbedarf bei<br />
deutscher<br />
Investmentgesetzgebung<br />
Deutscher Investmentmarkt<br />
birgt viel Potenzial<br />
Allerdings wählen hiesige Fondsgesellschaften aus Regulierungsgründen oftmals nicht Deutschland<br />
zur Auflegung ihrer Produkte. Angezogen von der attraktiveren rechtlichen Ausgestaltung<br />
bevorzugen sie hierfür stattdessen Luxemburg oder auch Dublin und vertreiben die Fonds anschließend<br />
in Deutschland („Round-Trip-Fonds“). Entsprechendes ist bei Kapitalanlagegesellschaften<br />
aus Großbritannien und Frankreich nicht zu beobachten, denn für sie ist die inländische<br />
Zulassung von Fonds leichter ausgestaltet als hierzulande. Daneben legen britische und französische<br />
Gesellschaften natürlich auch viele Fonds im Ausland auf. Grenzüberschreitende Geschäfte<br />
gewinnen im Rahmen der Globalisierung und nun diskutierten Modernisierung der EU-Investmentbestimmungen<br />
zunehmend an Bedeutung mit der Folge eines <strong>sich</strong> intensivierenden Wettbewerbs<br />
innerhalb Europas.<br />
Trotz der regulatorischen Hemmnisse für die Fondsauflegung in Deutschland ist die größte Volkswirtschaft<br />
der Eurozone ein attraktiver Markt für die Investmentbranche. Neben Bevölkerungsgröße<br />
und Wohlstandsniveau macht ihn insbesondere der Nachholbedarf im Bereich der privaten<br />
Altersvorsorge interessant: Mit nahezu 82,5 Millionen Personen ist Deutschland eines der größeren<br />
OECD-Länder, 2004 betrug das BIP pro Kopf 28.500 $ ausgedrückt in Kaufkraftparitäten und<br />
lag damit etwas über dem OECD-Durchschnitt. Auf Grund der Probleme des umlagefinanzierten<br />
gesetzlichen Rentensystems gilt die kapitalgedeckte Altersvorsorge als entscheidende Wachstums-<br />
21 Die hier vom European Funds and Asset Management Association (EFAMA) verwendeten Werte beziehen <strong>sich</strong> auf den<br />
gesamten Fondsmarkt, d.h. die Summe aus „UCITS“ gemäß EU-Richtlinie und „non-UCITS“. Das vom BVI ausgewiesene<br />
deutsche Fondsvolumen (Ende 2005: 1.160 Mrd. €) liegt etwas höher als in der EFAMA-Statistik, da der BVI auch die<br />
ausländischen Fonds deutscher Provenienz mit einbezieht.<br />
41 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
kraft. Dass es <strong>sich</strong> beim deutschen Investmentmarkt um eine Wachstumsbranche handelt, belegt<br />
der Anstieg des Fondsvolumens (ohne Dachfonds), der seit Mitte der 90er Jahre durchschnittlich<br />
13 % pro Jahr beträgt und 2005 bei 16 % lag.<br />
Fondsvermögen der deutschen Investmentbranche<br />
Mrd. €<br />
1.200<br />
1.000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
insgesamt<br />
Spezialfonds<br />
Publikumsfonds<br />
1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005<br />
1.200<br />
1.000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
Quellen: BVI, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Private-Equity<br />
Private-Equity-Gesellschaften erlangen als Quelle der Unternehmensfinanzierung ein zunehmendes<br />
Gewicht im Finanzmarktgeschehen. Diese außerbörslichen Eigenkapitalfonds werben umfangreiche<br />
Mittel an (Funds Raising) und investieren sie dann in Unternehmen. Ihre Geldgeber sind<br />
Pensionskassen, Stiftungen, Ver<strong>sich</strong>erungen und vermögende Privatleute. Ihre Zielobjekte sind<br />
Konzernabspaltungen, ganze mittelständische Familienunternehmen oder börsennotierte Gesellschaften.<br />
Abhängig vom Entwicklungsstand des Zielunternehmens handelt es <strong>sich</strong> um einen Buy-<br />
Out oder Venture Capital: Bei einem Buy-Out übernimmt ein Private-Equity-Fonds ein bereits<br />
etabliertes Unternehmen mit Beteiligungskapital, um dann durch dessen Umstrukturierung und<br />
<strong>Ein</strong>bringung eigener Expertise die Ertragslage zu verbessern und die Firma nach einigen Jahren<br />
gewinnbringend weiterzuverkaufen oder an die Börse zu bringen (IPO). Die Finanzierung eines<br />
Buy-Outs erfolgt nicht nur durch den Mittelzufluss von Kapitalgebern, sondern auch über Kredite<br />
und oftmals Mezzanine-Kapital, was eine Mischform von Eigen- und Fremdkapital darstellt. Anders<br />
als bei einem Buy-Out bezieht <strong>sich</strong> die Vergabe von Wagniskapital (Venture Capital) auf ein<br />
junges, vielversprechendes Wachstumsunternehmen. Private-Equity-Gesellschaften sind auf den<br />
Märkten für Kreditrisikotransfer und REITs aktiv. Beispielsweise werden die von Kapitalbeteiligungsgesellschaften<br />
aufgenommenen Kredite von Banken verbrieft und weiterverkauft. Bei <strong>Ein</strong>führung<br />
von REITs in Deutschland ist verstärkt mit Investitionen von Private-Equity-Häusern in<br />
den hiesigen Immobilienmarkt zu rechnen.<br />
Schwung im europäischen<br />
Beteiligungsmarkt<br />
– Rekordwerte 2005<br />
Der europäische Private-Equity-Markt boomt wie nie zuvor: 22 2005 kam es zu mehr als 43 Mrd. €<br />
Investitionen – eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr mit 37 Mrd. € und der Aufwärtstrend<br />
setzt <strong>sich</strong> fort. Bei rund Zweidrittel der Beteiligungen handelte es <strong>sich</strong> nach wie vor um Buy-<br />
Outs, hierunter zunehmend von Privat- und Familienunternehmen. Venture Capital wird in Erinnerung<br />
an die Folgen der New-Economy-Bubble noch vor<strong>sich</strong>tig angegangen, aber das Vertrauen<br />
kehrt langsam wieder zurück. Beim Funds Raising wurde im vergangenen Jahr ein neuer Rekordwert<br />
erzielt, mit insgesamt rund 60 Mrd. € sammelten Private-Equity-Gesellschaften für Europa<br />
mehr als doppelt so viel Eigenkapital ein wie 2004. Zusammen mit weiter günstigen Kreditkonditionen<br />
deutet dies auf umfangreiche Investitionen der Branche in den kommenden Jahren hin.<br />
22 Der europäische Verband EVCA hat für 2005 Angaben für Europa insgesamt bereits veröffentlicht, die damit kompatiblen,<br />
untereinander vergleichbaren Länderdaten erscheinen im Juni/Juli 2006. Insofern wurden hier für Europa die Werte für<br />
2005 verwendet und für die einzelnen Länder Daten von 2004. Angaben aus nationalen Quellen wurden nicht ergänzend<br />
herangezogen, da diese teils auf anderen Definitionsabgrenzungen beruhen und <strong>sich</strong> dadurch Vergleichbarkeitsprobleme<br />
ergeben.<br />
42 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
London verwaltet Großteil des Private-Equity in Europa<br />
%-Anteile an europäischem Portfoliovolumen<br />
Deutlicher Anstieg der Beteiligungsportfolios in Europa<br />
Mrd. €<br />
80<br />
80<br />
Rest Europa<br />
32%<br />
Deutschland<br />
13%<br />
Frankreich<br />
16%<br />
60<br />
40<br />
Großbritannien<br />
Frankreich<br />
60<br />
40<br />
20<br />
20<br />
Großbritannien<br />
39%<br />
0<br />
Deutschland<br />
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004<br />
0<br />
Quellen: EVCA, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Quellen: EVCA, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Großbritannien mit Zeit- und<br />
Größenvorsprung im<br />
Private-Equity-Markt<br />
Innerhalb Europas fällt dem britischen Finanzzentrum die Führungsrolle im Private-Equity-Bereich<br />
zu. Das Segment entwickelt <strong>sich</strong> hier bereits seit den 1970er Jahren. <strong>Ein</strong>her mit dem deutlichen<br />
zeitlichen Vorsprung Londons vor <strong>Frankfurt</strong> und Paris geht ein deutlicher Größenunterschied:<br />
Vom europäischen Portfolio in Höhe von 156 Mrd. € Ende 2004 wurden knapp 40 % in<br />
Großbritannien, 16 % in Frankreich und 13 % in Deutschland verwaltet. Damit liegt der britische<br />
Anteil bei den angelegten Mitteln des Fondsvolumens allerdings etwas unter seinem Durchschnitt<br />
seit Beginn der 90er Jahre, während die anderen beiden Länder ihre durchschnittliche Position auf<br />
dem Private-Equity-Markt behauptet haben. 2004 ist das Portfoliovolumen aller drei merklich angestiegen:<br />
auf knapp 60 Mrd. € in Großbritannien, nahezu 26 Mrd. € in Frankreich und über<br />
20 Mrd. € in Deutschland. Noch pointierter stellt <strong>sich</strong> die britische Vorrangstellung im Beteiligungsmarkt<br />
beim Neugeschäft dar – das Investitionsvolumen Großbritanniens lag 2004 bei gut<br />
19 Mrd. € gegenüber Frankreich und Deutschland mit mehr als 5 Mrd. € bzw. nahezu 4 Mrd. €. So<br />
belief <strong>sich</strong> die britische Investitionsquote in Relation zum BIP auf über 1 %, während die französische<br />
knapp 0,4 % und die deutsche fast 0,2 % betrug. Ähnlich wie bei den Investitionen ist Großbritannien<br />
auch beim Funds Raising führend.<br />
Private-Equity-Gesellschaften in Europa<br />
Mitglieder beim jeweiligen nationalen Verband<br />
Investitionen britischer Beteiliger am ausgeprägtesten<br />
Mrd. €<br />
in % des BIP<br />
400<br />
400<br />
40<br />
1,2<br />
300<br />
300<br />
30<br />
Absolut<br />
(linke Skala)<br />
In Relation zum BIP<br />
(rechte Skala)<br />
0,9<br />
200<br />
200<br />
20<br />
0,6<br />
100<br />
100<br />
10<br />
0,3<br />
0<br />
Deutschland Frankreich Großbritannien<br />
0<br />
0<br />
Europa Deutschland Frankreich Großbritannien<br />
0<br />
Quellen: BVK, BVCA, AFIC, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Quellen: EVCA, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Ordentliche Gesellschaften<br />
ähnlich stark vertreten<br />
Der Vergleich der beim jeweiligen nationalen Verband eingetragenen Kapitalbeteiligungsgesellschaften<br />
zeigt, dass in Großbritannien und Frankreich jeweils weit mehr als 300 Private-Equity-<br />
Gesellschaften agieren gegenüber rund 250 in Deutschland. Hierunter fallen sowohl ordentliche<br />
Gesellschaften als auch assoziierte mit beratendem Schwerpunkt, wie z.B. Wirtschaftsprüfer oder -<br />
anwälte. Die auf Beteiligungsinvestitionen spezialisierten, ordentlichen Gesellschaften – also die<br />
„eigentlichen“ Private-Equity-Häuser – sind in allen drei Ländern etwa gleich stark vertreten. Ihre<br />
Anzahl beläuft <strong>sich</strong> in Großbritannien und Deutschland jeweils auf rund 180 und dürfte abstrahiert<br />
von Definitionsunterschieden auch in Frankreich in ähnlicher Größenordnung liegen.<br />
43 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Hindernisse für deutsche<br />
Private-Equity-Häuser<br />
Deutsche Unternehmen im Fokus<br />
der Beteiligungsbranche<br />
<strong>Ein</strong> entscheidender Vorteil für die britischen Beteiligungsgesellschaften ist ihr im Laufe der Jahre<br />
aufgebautes Renomée – anders bei der deutschen Private-Equity-Branche, deren Entwicklung zudem<br />
durch nationale Faktoren gebremst wird: Zum einen gelten die hierzulande geschaffenen<br />
rechtlichen Rahmenbedingungen im internationalen Vergleich als noch nicht konkurrenzfähig<br />
genug. Zum anderen mangelt es den hiesigen Private-Equity-Häusern an finanzstarken Geldgebern<br />
und einer „Community“ am deutschen Finanzzentrum am Main. Sie verteilen sie <strong>sich</strong> auf mehrere<br />
Städte – rund 50 Gesellschaften sind jeweils in <strong>Frankfurt</strong> und München ansässig und je etwa 20 in<br />
Berlin, Hamburg und Düsseldorf. Und dabei hat bereits die internationale Private-Equity-Branche<br />
<strong>Frankfurt</strong> eine besondere Rolle zugedacht, indem hier alljährlich ihre weltweit wichtigste Konferenz<br />
„Superreturn“ stattfindet.<br />
<strong>Ein</strong> Abbau der regulatorischen Hemmnisse würde die Aktivität deutscher Private-Equity-Gesellschaften<br />
fördern. Schließlich sind sie in einem Markt unmittelbar vor Ort, der in den Augen der<br />
gesamten Branche als äußerst attraktiv gilt, und nutzen diesen Vorteil bis dato nur begrenzt. Immer<br />
mehr angelsächsische Beteiligungsfonds investieren in die deutsche Unternehmen, zunehmend<br />
sehen sie Potenziale im hiesigen Mittelstand als zentraler Kraft der <strong>sich</strong> erholenden deutschen<br />
Volkswirtschaft.<br />
Hedge-Fonds<br />
Die Grenzen zwischen Private-Equity-Häusern und Hedge-Fonds werden fließender und der Wettbewerb<br />
intensiver, je mehr <strong>sich</strong> ihre Investmentmodelle annähern. Sie unterscheiden <strong>sich</strong> tendenziell<br />
durch Dauer und Strategieziel ihrer Kapitalanlagen: Während der Fokus von Private-Equity-<br />
Fonds auf langfristige Investitionen in Unternehmen gerichtet ist, gelten Hedge-Fonds eher als<br />
kurzfristig ausgerichtet. Durch Nutzung von Arbitrage auf liquiden Märkten wird eine möglichst<br />
hohe Rendite angestrebt. Mit der vergleichsweise neuen Tendenz des unmittelbaren Erwerbs von<br />
Firmen(anteilen) weiten die Hedge-Fonds ihr Anlagespektrum aus. Bei der Domizilierung bzw.<br />
Registrierung wählen viele Hedge-Fonds „Offshore“-<strong>Standort</strong>e auf Grund der dortigen attraktiveren<br />
Regulierung und Besteuerung; „Onshore“-Plätze – also v.a. nationale Finanzzentren – spielen<br />
für die Niederlassung der Hedge-Fonds-Manager eine geringere Rolle.<br />
London bei Anzahl europäischer Hedge-Fonds ...<br />
Ende 2005<br />
... und bei Anteil am europäischen Volumen führend<br />
%, Ende 2005<br />
Frankreich<br />
10 %<br />
Großbritannien<br />
62 %<br />
Deutschland<br />
2 %<br />
Großbritannien<br />
74 %<br />
Frankreich<br />
5 %<br />
Deutschland<br />
1 %<br />
Rest Europa<br />
26 %<br />
Rest Europa<br />
20 %<br />
Quellen: EuroHedge, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Quellen: EuroHedge, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
London als Hedge-Fonds-<br />
Zentrum in Europa<br />
Der europäische Hedge-Fonds-Markt expandiert ange<strong>sich</strong>ts des zunehmenden Investoreninteresses<br />
an diversifizierten Produkten und der Hoffnung auf ansehnliche Renditen; gerade in einer Zeit<br />
niedriger Zinsen am Geld- und Kapitalmarkt locken die attraktiven Gewinnchancen trotz des damit<br />
verbundenen hohen Risikos. In den letzten Jahren hat das Volumen der Europa-basierten, von<br />
Hedge-Fonds betreuten Vermögenswerte spürbar zugenommen und einen Stand von gut 275 Mrd.<br />
€ erreicht. Dass der britische <strong>Finanzplatz</strong> Zentrum der europäischen Managementaktivitäten ist,<br />
zeigen Fondsvolumen und -anzahl: Mit einem Volumen von 217 Mrd. € wurden Ende 2005 mehr<br />
als ¾ aller Europa-basierten Hedge-Fonds-Vermögenswerte von London aus verwaltet. Das<br />
44 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Fondsvolumen Frankreichs betrug 14 Mrd. € bzw. 5 % des europäischen Marktes, der Anteil<br />
Deutschlands belief <strong>sich</strong> auf unter 1 % (1,1 Mrd. €). 23 Ähnlich sieht die Verteilung der insgesamt<br />
über 1.200 Fonds zum Ende letzten Jahres aus – mit knapp 790 wurden Zweidrittel in Großbritannien<br />
aufgelegt, gut 90 in Frankreich und über 20 in Deutschland.<br />
Der hiesige Markt für Hedge-Fonds befindet <strong>sich</strong> noch im Frühstadium. Schwerpunktmäßig findet<br />
die Verwaltung innerhalb Deutschlands von am <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> ansässigen Gesellschaften<br />
statt. <strong>Ein</strong>ige Fonds laufen über Luxemburg und werden in verschiedenen Ländern abgesetzt. Dem<br />
deutschen Finanzzentrum wird durch die jährlich stattfindende globale Konferenz „Superhedge“<br />
besondere Aufmerksamkeit zuteil.<br />
Hedge-Fonds in Deutschland<br />
Anteil an Volumen in % (Anzahl in Klammern), Anfang 2006<br />
UBS<br />
Global (1)<br />
Oppenheim (2) 1%<br />
12%<br />
Hansainvest (4)<br />
3%<br />
Allianz Dresdner<br />
Lux (2)<br />
19%<br />
FT Invest Lux (1)<br />
3%<br />
DWS (5)<br />
18%<br />
Deka (2)<br />
8% Cominvest (2) 2%<br />
Ampega (2)<br />
9%<br />
UAM S.A. (4)<br />
26%<br />
Quellen: BVI, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Regulierung maßgeblich für<br />
Expansion der Hedge-Fonds<br />
Der unterschiedliche Entwicklungsstand in den drei betrachteten Ländern wird entscheidend durch<br />
die rechtlichen Rahmenbedingungen determiniert. Während das regulatorische Umfeld in Großbritannien<br />
schon seit längerem günstig ist, wurde die Basis für den Hedge-Fonds-Markt in Deutschland<br />
im Grunde erst mit dem Investmentmodernisierungsgesetz Anfang 2004 geschaffen. Dies gilt<br />
zwar als Schritt in die richtige Richtung, aber im internationalen Vergleich immer noch als zu<br />
restriktiv. Frankreich versucht mit einer recht flexiblen Gesetzgebung Hedge-Fonds anzuziehen.<br />
2.3.2.2 Produkte<br />
Die Trends auf der Produktseite befassen <strong>sich</strong> vornehmlich mit dem Kreditrisikotransfer. Zu den<br />
auf die klassische Kreditvergabe aufsetzenden Finanzinstrumenten gehören Asset Backed Securities,<br />
Kreditderivate und Non-Performing Loans. Dies sind im Grunde drei eigenständige Marktsegmente,<br />
die aber insofern miteinander verbunden sind, als dass z.B. die Technik der Kreditderivate<br />
mittlerweile auf dem Verbriefungsmarkt Verwendung findet oder auch eine Verbriefungstransaktion<br />
von Non-Performing Loans möglich ist. Ferner haben diese drei Produktkategorien<br />
gemeinsam, dass durch die Ausplatzierung des Kreditrisikos bei der kreditgebenden Bank eine<br />
bilanzentlastende Wirkung und in der Folge bessere Refinanzierungsmöglichkeiten erzielt werden<br />
können. Dies bekommt durch den gestiegenen nationalen und grenzüberschreitenden Wettbewerb<br />
zwischen den Finanzinstituten und die <strong>Ein</strong>führung von Basel II Anfang 2007 eine erhöhte Relevanz.<br />
23 Es gibt keine offiziellen Statistiken über Hedge-Fonds in Europa, sondern nur Schätzungen auf Basis freiwilliger Angaben<br />
seitens der Gesellschaften. Die hier für Deutschland verwendeten Volumenangaben von EuroHedge liegen unter denen<br />
des deutschen Bundesverbandes Investment und Asset Management (1,4 Mrd. €) und denen des deutschen Bundesverbandes<br />
Alternative Investments (rund 2 Mrd. €); ebenso differieren die Angaben über die Anzahl der Fonds etwas.<br />
45 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Kreditvergabe an Privatsektor in Frankreich am geringsten<br />
Bill. €, Ende 2005<br />
3<br />
3<br />
2<br />
2<br />
1<br />
1<br />
0<br />
Deutschland Frankreich Großbritannien<br />
0<br />
Quellen: Deutsche Bundesbank, Bank of England, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Deutschland mit besonderem<br />
Expansionspotenzial auf Märkten<br />
für Kreditrisikotransfer<br />
Das Expansionspotenzial für Asset Backed Securities, Kreditderivate und den Verkauf von Non-<br />
Performing Loans dürfte gerade in Deutschland mit seinen in diesem Bereich jungen Märkten und<br />
seinem generell umfangreichen Kreditvolumen recht hoch sein. Die Kredite deutscher monetärer<br />
Finanzinstitute an den privaten Sektor Eurolands beliefen <strong>sich</strong> Ende 2005 auf knapp 2,3 Bill. € –<br />
weit mehr als in jedem anderen €-Mitgliedsland begeben wurde, so auch in Frankreich mit 1,4<br />
Bill. €. In Großbritannien liegt das Kreditvolumen zwar noch höher, Banken und Wohnungsbaugesellschaften<br />
reichten Ende 2005 an den britischen Privatsektor insgesamt fast 2,7 Bill. Kredite<br />
aus. 24 Jedoch sind die Märkte zum Kreditrisikotransfer in Großbritannien schon weiter entwickelt<br />
als hierzulande, was in Deutschland mehr Dynamik erwarten lässt.<br />
Asset Backed Securities (ABS)<br />
Bei einer ABS-Transaktion überträgt ein Kreditgeber („Originator“, zumeist Banken) Kreditrisiken<br />
an eine Zweckgesellschaft („Special Purpose Vehicle“, kurz SPV), mit der Folge dass das<br />
Kreditrisiko vom Originator der Forderungen getrennt wird. Die Zweckgesellschaft bündelt die<br />
Forderungen i.d.R. zu Pools und teilt sie in verschiedene Risikoklassen auf; sie refinanziert <strong>sich</strong><br />
durch Emission von Wertpapieren, die durch das Kreditportfolio be<strong>sich</strong>ert sind und von Investoren<br />
am Markt gekauft werden.<br />
Der Nutzen für den Originator liegt zum einen darin, dass das Kreditausfallrisiko aus seiner Bilanz<br />
ausgegliedert wird, er also aktives Risikomanagement betreibt. Zum anderen erhält er den Erlös<br />
aus der ABS-Emission. Es handelt <strong>sich</strong> um eine True-Sale-Transaktion, wenn es zum tatsächlichen<br />
Verkauf der Kredite kommt. ABS-Geschäfte können aber auch rein synthetisch abgewickelt werden,<br />
indem nur das Kreditrisiko ausplatziert wird. Als Instrument für die synthetische Verbriefung<br />
fungieren Kreditderivate (vgl. Abschnitt Kreditderivate).<br />
Generell werden in Abhängigkeit von der zugrundeliegenden Forderungsart („Underlying“) zwei<br />
Hauptarten von ABS unterschieden: Bilden Hypothekenforderungen das Underlying, so spricht<br />
man von Mortgage Backed Securities (MBS), bei allen anderen Forderungen – z.B. Unternehmens-<br />
oder Konsumentenkredite – von Asset Backed Securities in engerem Sinne. Grundsätzlich<br />
können auch notleidende Kredite (vgl. Abschnitt Non-Performing Loans) verbrieft werden. Allerdings<br />
hat es hierzulande noch keine derartige Transaktion gegeben, es ist aber bereits in der Diskussion.<br />
24 Für Deutschland und Frankreich erfasst die Europäische Zentralbank die Kreditvergabe der MFIs gemäß ihrer Definition,<br />
wohingegen für Großbritannien die Bank of England nur diejenigen von Banken und Wohnungsbaugesellschaften betrachtet.<br />
Ferner unterscheiden <strong>sich</strong> die hier verwendeten Daten darin, dass die EZB die Kredite an den gesamten Euroraum<br />
ausweist, während <strong>sich</strong> die Angaben der Bank of England nur auf die inländische Kreditvergabe bezieht. Für alle drei<br />
Länder wird das Aggregat aus Krediten in Lokal- und Fremdwährung verwendet.<br />
46 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Verbriefung gewinnt an Dynamik in Europa ...<br />
Emissionsvolumen in Mrd. €<br />
... London dabei führend<br />
%-Anteile an ABS-Volumen 2005<br />
350<br />
300<br />
250<br />
Deutschland<br />
Großbritannien<br />
Frankreich<br />
350<br />
300<br />
250<br />
Deutschland 7%<br />
Frankreich<br />
3 %<br />
200<br />
150<br />
100<br />
Europa<br />
200<br />
150<br />
100<br />
Rest Europa<br />
45%<br />
50<br />
0<br />
1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005<br />
50<br />
0<br />
Großbritannien<br />
45%<br />
Quellen: European Securitization Forum, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Quellen: European Securitization Forum, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Großbritannien unangefochten an<br />
Spitze europäischer Verbriefung<br />
Junger deutscher Markt<br />
True-Sales-Initiative fördert<br />
deutschen Verbriefungsmarkt<br />
Der europäische Verbriefungsmarkt hat <strong>sich</strong> 2005 ungebrochen dynamisch entwickelt und ein<br />
neues Rekordvolumen von 320 Mrd. € erreicht – 30 % mehr als im Vorjahr. Am meisten ABS-<br />
Emissionen gibt es nach wie vor in Großbritannien, wo <strong>sich</strong> der Markt seit Beginn der 90er Jahre<br />
dynamisch entwickelt. Mit 145 Mrd. € belief <strong>sich</strong> der Marktanteil der britischen Volkswirtschaft<br />
innerhalb Europas im letzten Jahr auf 45 %. Ange<strong>sich</strong>ts des bedeutenden britischen Immobilienmarktes<br />
bilden bei rund Dreiviertel aller Verbriefungstransaktionen Großbritanniens Hypothekenforderungen<br />
das Underlying (Mortgage Backed Securities, MBS).<br />
Demgegenüber befindet <strong>sich</strong> der hiesige ABS-Markt noch im Frühstadium, aber er entwickelt <strong>sich</strong><br />
zusehends mit mehr Schwung. 25 Das Volumen in Deutschland begebener Produkte verdreifachte<br />
<strong>sich</strong> im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2004 und erreichte knapp 22 Mrd. €. 26 Damit kommt<br />
Deutschland nun auf einen europäischen Marktanteil von 7 % und liegt vor Frankreich mit 3 %.<br />
Dort stecken Verbriefungstransaktionen noch in den Kinderschuhen, das Emissionsvolumen ist<br />
2005 nur etwas auf 9 Mrd. € angestiegen.<br />
In Deutschland setzt <strong>sich</strong> die am <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> ansässige, von 13 Banken 27 gegründete<br />
True-Sales-Initiative (TSI) für die Verbesserung der Rahmenbedingungen und eine Standardisierung<br />
bei der Verbriefung ein, um „ABS made in Germany“ als Qualitätsprodukt stärker zu etablieren<br />
und dem hiesigen Verbriefungsmarkt positive Impulse zu geben. Dass es hierzulande – anders<br />
als in Frankreich – statt eines speziellen ABS-Gesetzes nur <strong>Ein</strong>zelregelungen gibt (z.B. im KWG),<br />
muss kein Nachteil sein, sondern kann im Gegenteil sogar das Innovationspotenzial deutscher<br />
ABS begünstigen. So bestehen vor dem Hintergrund eines zu erwartenden Aufwärtstrends dieser<br />
Produktkategorie in Europa gute Entwicklungschancen für den hiesigen Verbriefungsmarkt.<br />
Kreditderivate<br />
Derivate sind Finanztitel, deren Wert <strong>sich</strong> vom zugrundeliegenden Basisinstrument („Underlying“)<br />
ableitet. Im Vergleich zu den „klassischen“ Derivaten auf Zinsen, Währungen, Aktien u.ä. (vgl.<br />
2.2.4) ist der Markt für Kreditderivate gerade in Europa recht neu. Kreditderivate machen Kreditrisiken<br />
getrennt von ihren Underlyings am Kapitalmarkt handelbar. Dabei wird das Kreditrisiko gegen<br />
Zahlung einer Prämie vom Verkäufer auf Käufer übertragen; ein isolierter Handel des Kreditrisikos<br />
ist möglich. Insofern trägt der Risikokäufer das Kreditrisiko, ohne das Underlying zu erwerben<br />
(synthetische Transaktion). Bei Kreditausfall erhält der Risikoverkäufer eine Ausgleichs-<br />
25 Da in Deutschland viel über den Pfandbrief refinanziert wird, ist der Umfang von MBS-Transaktionen hierzulande<br />
begrenzt.<br />
26 Abweichend von den in diesem Abschnitt verwendeten Volumenangaben des European Securitization Forum gibt die<br />
True-Sales-Initiative das Transaktionsvolumen deutscher Verbriefungen 2005 mit 35 Mrd. € an.<br />
27 Bayerische Landesbank, Citigroup Deutschland, Commerzbank, DekaBank, Deutsche Bank, Dresdner Bank, DZ Bank,<br />
Eurohypo, HSH Nordbank, <strong>Helaba</strong>, HVB Group, KfW Bankengruppe, WestLB.<br />
47 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
zahlung vom Risikokäufer (bedingte Zahlung). Den Schwerpunkt des Kreditderivatemarktes bilden<br />
sogenannte Credit Default Swaps (CDS), daneben gibt es z.B. Credit Linked Notes (CLN).<br />
Mittlerweile werden Kreditderivate auch zur Weiterreichung des Kreditrisikos bei synthetischer<br />
Verbriefung eingesetzt; eigentlich stellen Kreditderivate und ABS aber zwei eigenständige Segmente<br />
des Marktes für den Kreditrisikotransfer dar.<br />
London als Zentrum des globalen Kreditderivatehandels<br />
Mrd. €<br />
1.400<br />
1.200<br />
1.000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
Deutschland Frankreich Großbritannien<br />
1.400<br />
1.200<br />
1.000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
Quellen: Deutsche Bundesbank, Banque de France, British Banker’s Association,<br />
<strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Dynamische Marktentwicklung,<br />
globales Zentrum in London<br />
Kreditderivate zum Jahresende<br />
an Eurex – positiv für<br />
Marktentwicklung und für<br />
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong><br />
Großbritannien bzw. London ist unangefochten das weltweite Zentrum des Kreditderivatemarktes.<br />
Nahezu die Hälfte des global ausstehenden Volumens und der Großteil des europäischen entfällt<br />
auf das britische Finanzzentrum. Ende 2003 belief <strong>sich</strong> das ausstehende Nominalvolumen hier auf<br />
knapp 1.300 Mrd. €. Mit Abstand zu Großbritannien scheint <strong>sich</strong> Deutschland als zweitwichtigster<br />
„Player“ bei Kreditderivaten in Europa heraus kristallisiert zu haben: 2003 wurde das Marktvolumen<br />
auf über 560 Mrd. € geschätzt, Frankreich kam hingegen nur auf rund 250 Mrd. €. 28 Ange<strong>sich</strong>ts<br />
der anhaltenden Dynamik des Handels mit Kreditderivaten in Europa insgesamt ist mittlerweile<br />
von deutlich höheren Volumina auszugehen. So gehen Schätzungen für das Jahr 2004 von<br />
einer 40 %igen Steigerung des Londoner Marktvolumens im Vergleich zum Vorjahr und einem<br />
noch deutlicheren Zuwachs im restlichen Europa aus; einige namhafte deutsche und französische<br />
Unternehmen waren in großvolumige Transaktionen involviert. Die Expansion dieses Instruments<br />
zum Kreditrisikotransfer scheint derzeit ungebremst.<br />
<strong>Ein</strong>en zusätzlichen Impuls dürfte das europäische Geschäft mit Kreditderivaten Ende dieses Jahres<br />
durch die weltweit größte Terminbörse Eurex (vgl. 2.2.4) erfahren. Denn die deutsch-schweizerische<br />
Terminbörse plant als erste überhaupt, in diesen lukrativen Markt einzusteigen und börsengehandelte<br />
Kreditderivate einzuführen. Bisher ist der bilaterale Handel zwischen Banken „Overthe-Counter“<br />
Standard, wobei es zu Abwicklungs- und Abrechnungsproblemen gekommen ist.<br />
Diese Risiken gingen bei einem börsengehandelten Produkt dann auf die Eurex über. So lässt die<br />
<strong>Ein</strong>führung von Kreditderivaten an der Eurex eine verstärkte Nachfrage in Europa erwarten – mit<br />
positiven Folgen für den <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong>.<br />
28 Die in diesem Abschnitt verwendeten Angaben über das Marktvolumen in den drei Ländern sind nur grobe Richtwerte:<br />
Die Schätzungen der British Banker’s Association zum europäischen Markt unter Ausschluss Großbritanniens sind nicht<br />
mit den Erhebungen der Deutschen Bundesbank für Deutschland und der Banque de France für Frankreich kompatibel, die<br />
im Rahmen einer Initiative des Bankenauf<strong>sich</strong>tsausschusses des Europäischen Systems der Zentralbanken durchgeführt<br />
wurden. Zudem differiert der in die jeweilige Erhebung einbezogene Kreis von Instituten zwischen den drei Ländern (vgl.<br />
Tabelle). Nichtsdestotrotz werden diese Schätzwerte zum Vergleich herangezogen, da es keine besseren und auch keine<br />
aktuelleren offiziellen Schätzungen für den Kreditderivatemarkt der drei Länder gibt.<br />
48 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Non-Performing Loans (NPLs)<br />
Bei Non-Performing Loans (NPLs) handelt es <strong>sich</strong> um Kredite, bei denen der Schuldner insolvent<br />
geworden ist oder zumindest eine hohe Ausfallwahrscheinlichkeit besteht. 29 Durch den Verkauf<br />
von NPLs erfolgt ein Risikotransfer, der positive Auswirkungen auf Rating und Refinanzierungsmöglichkeiten<br />
der verkaufenden Bank haben kann. Während der Markt für den NPL-Verkauf in<br />
Großbritannien und Frankreich schon länger existiert, handelt es <strong>sich</strong> im deutschen Kreditmarkt<br />
noch um ein recht neues Segment. Dementsprechend bildet <strong>sich</strong> in Deutschland mit Fortentwicklung<br />
des Marktes für notleidende Kredite eine zunehmende Standardisierung heraus, die rechtlichen<br />
Detailun<strong>sich</strong>erheiten verringern <strong>sich</strong> und mit ihnen die anfallenden Transaktionskosten.<br />
Höchstes NPL-Volumen in Deutschland 2004<br />
Mrd. € %<br />
Steigendes Transaktionsvolumen deutscher NPL-Verkäufe<br />
Mrd. €<br />
200<br />
8<br />
20<br />
20<br />
160<br />
120<br />
80<br />
Mrd. Euro<br />
(linke Skala)<br />
in % des BIP<br />
(rechte Skala)<br />
6<br />
4<br />
15<br />
10<br />
15<br />
10<br />
40<br />
2<br />
5<br />
5<br />
0<br />
Deutschland Frankreich Großbritannien<br />
0<br />
0<br />
2002 2003 2004 2005<br />
1 2 3 4<br />
0<br />
Quellen: Mercer Oliver Wyman, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Quellen: Mercer Oliver Wyman, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
NPL-Bestand im Verhältnis zum<br />
BIP differiert kaum<br />
NPL-Verkauf insbesondere in<br />
Deutschland mit Potenzial<br />
So jung der hiesige Markt auch ist, Deutschland besitzt den größten NPL-Bestand in Europa: Mit<br />
rund 160 Mrd. € war das Volumen der hierzulande vorhandenen notleidenden Kredite 2004 doppelt<br />
so groß wie in Großbritannien mit 85 Mrd. € und auch merklich umfangreicher als in Frankreich<br />
mit 105 Mrd. €. 30 Hierbei gilt es allerdings die Größe der drei Volkswirtschaft zu berück<strong>sich</strong>tigen,<br />
die ausstehenden NPLs in Relation zum BIP beliefen <strong>sich</strong> auf 7 % in Deutschland, 6 % in<br />
Frankreich und 5 % in Großbritannien.<br />
Seit 2003 ist der NPL-Verkauf in Deutschland durch einige nennenswerte Transaktionen in<br />
Schwung gekommen und das jährliche Transaktionsvolumen spürbar angestiegen – von 3 Mrd. €<br />
in 2003 auf 12 Mrd. € im Folgejahr und 2005 bereits auf 17 Mrd. €. Dem deutschen Markt für die<br />
Weiterreichung notleidender Kredite wird innerhalb Europas das größte Wachstumspotenzial zugeschrieben.<br />
Er hat eine große Anziehungskraft auf ausländische Investoren, wie Hedge Fonds und<br />
Investmentbanken. Schließlich nutzen die hiesigen Banken immer mehr die Möglichkeit des NPL-<br />
Verkaufs statt diese Darlehen in Eigenregie abzuwickeln. Auf Grund des frühen Entwicklungsstadiums<br />
des Marktes für notleidende Kredite in Deutschland halten Investoren oftmals eine unmittelbare<br />
Abwicklung am hiesigen <strong>Finanzplatz</strong> für am besten, um vor Ort gute Beziehungen und<br />
eigene Plattformen aufbauen zu können.<br />
Real Estate Investment Trusts (REITs)<br />
REITs seit 2003 in Frankreich,<br />
voraus<strong>sich</strong>tlich ab 2007 in<br />
Deutschland und Großbritannien<br />
REITs sind eine <strong>sich</strong> zunehmend verbreitende Form der indirekten Immobilienanlage. Abgesehen<br />
von länderspezifischen Ausgestaltungen kennzeichnen <strong>sich</strong> diese oftmals börsennotierten Aktiengesellschaften<br />
generell durch ihren Schwerpunkt im Immobiliengeschäft, ihre hohe Ausschüttungsquote<br />
mit der Folge attraktiver Dividendenrenditen und den dafür gewährten Steuervorteil<br />
auf Unternehmensebene. Die ursprünglich US-amerikanische Idee der REITs findet auch in Euro-<br />
29 Kredite mit einer hohen Ausfallwahrscheinlichkeit werden eigentlich als „sub-perfoming“ eingestuft, im Folgenden aber<br />
auch unter die NPLs gefasst; eine genauere Definition ist in den Basel II-Regularien zu finden.<br />
30 Diese Schätzungen basieren auf einem Modell von Mercer Oliver Wyman; es existieren allerdings einige differierende<br />
Schätzungen aus anderen Quellen, die das Marktvolumen sogar bis doppelt so hoch ansetzen.<br />
49 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
pa immer mehr Anklang, nach den Vorreiterländern Niederlande 1969 und Belgien 1995 führte<br />
Frankreich 2003 die „Societé d’Investissement Immobilier Cotée“ (SIIC) ein. Und auch der Startschuss<br />
für derartige steuerbegünstigte Immobilienaktien in Großbritannien und Deutschland rückt<br />
näher: Ende 2005 präsentierte der britische Schatzkanzler einen Gesetzesentwurf zur Ausgestaltung<br />
der UK-REITs und konkretisierte sowie modifizierte diesen bei Vorlage des Budgets für das<br />
im April begonnene Haushaltsjahr; demnach wird es das Produkt ab Jahresanfang 2007 geben. In<br />
Deutschland wird schon seit geraumer Zeit über REITs diskutiert. Jüngst wurde der Abschlussbericht<br />
der von der Regierungskoalition eingesetzten Expertengruppe vorgelegt und die Ausarbeitung<br />
eines Gesetzesentwurf empfohlen. Bislang ist die <strong>Ein</strong>führung der deutschen REITs ebenfalls<br />
für 2007 im Gespräch.<br />
Erfolgsstory in Frankreich<br />
Frankreich kann auf eine kurze, erfolgreiche Geschichte der SIIC zurückblicken: Ende 2005 belief<br />
<strong>sich</strong> die Marktkapitalisierung der mittlerweile 20 SIIC auf knapp 27 Mrd. € – 140 % mehr als bei<br />
den 10 börsennotierten Immobilienunternehmen mit diesem Status zu Beginn 2003. Die positive<br />
Aufnahme der SIIC am Markt zeigt die Entwicklung des SIIC France Index.<br />
Immobilienaktien in London am meisten gehandelt<br />
Ländergewichte FTSE EPRA/NAREIT Europe in %, Herbst 2005<br />
SIIC France Index mit dynamischer Entwicklung<br />
31.12.2002 = 100<br />
Deutschland<br />
3 %<br />
Frankreich 10 %<br />
250<br />
250<br />
200<br />
200<br />
Großbritannien<br />
46 %<br />
Rest Europa<br />
41 %<br />
150<br />
100<br />
150<br />
100<br />
50<br />
50<br />
Jan 2003 Jul 2003 Jan 2004 Jul 2004 Jan 2005 Jul 2005 Jan 2006<br />
Quellen: EPRA, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Quellen: IEIF, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
REITs können insbesondere in<br />
Deutschland Potenziale heben<br />
Die <strong>Ein</strong>führung von REITs als international erfolgreichem und zunehmend an Bedeutung gewinnendem<br />
Produkt stärkt den <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong>: Die Hebung von Marktpotenzialen – Schätzungen<br />
für Deutschland gehen mittelfristig von der stattlichen Summe von rund 70-130 Mrd. € aus –<br />
dürfte nicht nur den inländischen Immobilienmarkt beleben, sondern auch die vor Ort als Berater<br />
fungierende Branche der Investmentbanken zusätzliche Impulse verleihen. In Deutschland könnte<br />
die <strong>Ein</strong>führung von REITs den Durchbruch im bis dato recht kleinen Immobilienaktienmarkt bringen.<br />
Europäische Immobilienaktien erfreuen <strong>sich</strong> zunehmender Nachfrage<br />
FTSE EPRA NAREIT Index (01.01.2005 = 100)<br />
200<br />
180<br />
Deutschland<br />
200<br />
180<br />
160<br />
Europa<br />
Frankreich<br />
160<br />
140<br />
140<br />
120<br />
120<br />
100<br />
Großbritannien<br />
100<br />
80<br />
Jan 2005 Apr 2005 Jul 2005 Okt 2005 Jan 2006 Apr 2006<br />
80<br />
Quellen: Datastream, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
50 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Die intensive Diskussion um REITs belebt bereits die Nachfrage nach deutschen Immobilienaktien.<br />
Für die relativ gute Performance des deutschen Immobilienaktienindex FTSE EPRA /<br />
NAREIT spielen allerdings auch andere Faktoren eine Rolle, wie z.B. das grundsätzliche Interesse<br />
an deutschen Aktien, welches <strong>sich</strong> in einer Outperformance des deutschen Marktes seit dem Tiefpunkt<br />
im Jahr 2003 widerspiegelt. Ebenso tragen Umschichtungen von US-Kapitalanlegern hierzu<br />
bei, die eine bevorstehende Abkühlung ihres eigenen Immobilienmarktes und gute Entwicklungsmöglichkeiten<br />
des deutschen sehen.<br />
Entwicklungspotenziale für<br />
deutsche REITs<br />
Gesetzliche Ausgestaltung als<br />
Erfolgsdeterminante<br />
Dringlichkeit deutscher REITs<br />
Bislang entfallen auf Deutschland nur 3 % der Marktkapitalisierung des europäischen Immobilienaktienindex<br />
FTSE EPRA / NAREIT, was <strong>sich</strong> mit etwa 45 % für Großbritannien und 10 % für<br />
Frankreich vergleicht. Auch wenn der britische Markt ein anderes Volumen aufweist als der deutsche,<br />
sind in beiden Ländern im Handel mit Immobilienaktien Impulse durch REITs denkbar.<br />
Jedoch hat die größte europäische Volkswirtschaft Deutschland hier mehr Entwicklungspotenzial,<br />
zumal in den hiesigen Unternehmen ein hohes Immobilienvermögen schlummert. Bereits seit einigen<br />
Jahren kaufen insbesondere Private-Equity-Gesellschaften zwecks rentabler Weiterverwertung<br />
Immobilien aus dem Bestand der öffentlichen Hand. Die anvisierte <strong>Ein</strong>führung deutscher REITs<br />
dürfte Finanzinvestoren noch aktiver am hiesigen Immobilienmarkt werden lassen.<br />
Ursache für die schleppende Vorbereitung der REITs sind insbesondere potenzielle Steuerausfälle<br />
durch im Ausland ansässige Investoren, so entgingen dem französischen Fiskus bislang Steuereinnahmen<br />
von schätzungsweise 0,2-2 Mrd. €. Die Balance zwischen Begrenzung der Steuerausfälle<br />
und Anziehungskraft der REITs als Kapitalmarktprodukt auf in- und ausländische Investoren ist<br />
essenziell für den Erfolg des Produkts. Die relative Attraktivität der nationalen REITs-Regulierungen<br />
wird entscheidend dafür sein, wie <strong>sich</strong> die Bedeutung Deutschlands und Großbritanniens<br />
im europäischen Markt für Immobilienaktien entwickelt.<br />
Mit Näherrücken der <strong>Ein</strong>führung der UK-REITs Anfang 2007 wächst der Druck auf Deutschland,<br />
die politischen Diskussionen um die bestmöglichste Ausgestaltung der deutschen REITs zu beenden<br />
und ebenfalls bald den Startschuss zu geben. Noch hat der hiesige <strong>Finanzplatz</strong> die Chance, im<br />
REITs-Wettrennen Anschluss zu halten und dieses Produkt zeitnah und interessanter ausgestaltet<br />
als in Großbritannien auf den Markt zu bringen. So könnte das deutsche Finanzzentrum verstärkt<br />
in den Fokus ausländischer Investoren rücken und gegenüber seinem Konkurrenten London punkten.<br />
Die Dringlichkeit des Handlungsbedarfs verdeutlichen auch die Ambitionen deutscher Immobilienfondsgesellschaften<br />
zur Auflage von REITs im Ausland und die im April erstmalige Umsetzung<br />
derartiger Vorhaben. Schließlich sucht <strong>sich</strong> internationales Kapital seinen Weg, und wenn<br />
das deutsche Finanzzentrum ihm diesen nicht bereitet, wird es nach London und Paris abwandern.<br />
2.3.3 Auslandsaktivitäten<br />
<strong>Frankfurt</strong> London Paris<br />
Auslandsaktivitäten<br />
☺ ☺ <br />
☺ International gut aufgestellt Mittelfeld Defizite<br />
Quelle: <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Die Internationalität eines <strong>Finanzplatz</strong>es zeigt <strong>sich</strong> nicht nur unmittelbar vor Ort durch seine ausländischen<br />
Institute und Aktivitäten (vgl. 2.2.1.2), sondern auch in den Beziehungen seiner Akteure<br />
ins Ausland und den dortigen Geschäftstätigkeiten. Die Verflechtungen in der Weltwirtschaft<br />
haben <strong>sich</strong> nicht nur auf realwirtschaftlicher Ebene intensiviert, sondern auch in der Finanzbranche.<br />
Die internationale Finanzmarktintegration schreitet voran, so auch in der EU. Die Finanzinstitute<br />
aller drei Finanzplätze sind umfassend grenzüberschreitend tätig und unterhalten zahlreiche<br />
51 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Niederlassungen, Filialen und Beteiligungen in anderen Ländern. Insbesondere der deutsche Finanzsektor<br />
hat seine Internationalisierung in den letzten Jahren spürbar voran getrieben.<br />
Auslandskreditvergabe deutscher<br />
Banken besonders ausgeprägt<br />
In den Bereich der länderübergreifenden Dienstleistungen von Banken fallen die Kreditvergabe an<br />
ausländische Kunden und deren Beratung. Die deutschen, schwerpunktmäßig am <strong>Finanzplatz</strong><br />
<strong>Frankfurt</strong> beheimateten Banken haben ihre Kreditvergabe an andere Länder in den letzten Jahren<br />
merklich ausgeweitet. Ende 2004 beliefen <strong>sich</strong> ihre Bestände von in Fremd- und Lokalwährung<br />
begebenen Darlehen an das Ausland auf gut 3,2 Bill. US-Dollar – dreimal so viel wie 1999. Damit<br />
stammten 16 % aller weltweit bestehenden grenzüberschreitenden Kredite von deutschen Banken,<br />
wohingegen britische Kreditinstitute nur einen Beitrag von nahezu 11 % und französische von<br />
lediglich knapp 9 % leisteten. 2005 reduzierten <strong>sich</strong> die ausgewiesenen Bestände an grenzüberschreitenden<br />
Krediten des deutschen Bankensektors in Anbetracht der ausländischen Übernahme<br />
der HypoVereinsbank auf knapp 2,8 Bill. Dollar, während französische und britische Banken ihre<br />
Auslandsdarlehen auf nahezu 1,8 bzw. fast 2,5 Bill. Dollar steigern konnten.<br />
Anteil deutscher Banken an Auslandskrediten am höchsten<br />
%, Ende 2004<br />
Deutliche Zunahme der Auslandskredite deutscher Banken*<br />
Bill. $<br />
20<br />
16<br />
2004<br />
2005<br />
20<br />
16<br />
3,5<br />
3,0<br />
2,5<br />
3,5<br />
3,0<br />
2,5<br />
12<br />
12<br />
2,0<br />
2,0<br />
8<br />
8<br />
1,5<br />
1,5<br />
4<br />
4<br />
1,0<br />
0,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0<br />
Deutschland Frankreich Großbritannien<br />
0<br />
0,0<br />
1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005*<br />
0,0<br />
Quellen: BIZ, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
*2005: Wegfall der HypoVereinsbank aus der deutschen Statistik<br />
Quellen: BIZ, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Ausländisches Beteiligungskapital<br />
der deutschen Finanzbranche<br />
geringer als das britischer, aber<br />
höher als das französischer<br />
Finanzinstitute<br />
Neben ihren Dienstleistungen haben <strong>sich</strong> die Finanzinstitute durch Direktinvestitionen im Ausland<br />
engagiert, d.h. Niederlassungen in anderen Ländern eingerichtet sowie Beteiligungen an dortigen<br />
Finanzinstituten oder anderen Unternehmen erworben. Mit über 135 Mrd. € lagen die Direktinvestitionsbestände<br />
deutscher Finanzinstitute im Ausland 2003 zwar hinter dem britischen Finanzsektor<br />
mit 147 Mrd. €, aber vor der französischen Finanzbranche, die auf gut 122 Mrd. € kam. Der<br />
Großteil hiervon stammt jeweils von Finanzintermediären wie Banken, weniger investierten Ver<strong>sich</strong>erungen<br />
und Pensionsfonds.<br />
Direktinvestitionsbestände des Finanzsektors im Ausland<br />
Mrd. €<br />
Zuwachs Direktinvestitionsbestände im Ausland 1993-2003<br />
%<br />
160<br />
Großbritannien<br />
160<br />
400<br />
Direktinvestition gesamt<br />
Direktinvestionen<br />
Finanzsektor<br />
400<br />
120<br />
Frankreich<br />
120<br />
300<br />
300<br />
80<br />
Deutschland<br />
80<br />
200<br />
200<br />
40<br />
40<br />
100<br />
100<br />
0<br />
1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003<br />
0<br />
0<br />
Deutschland Frankreich Großbritannien<br />
UK<br />
0<br />
Quellen: UNCTAD, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Quellen: UNCTAD, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
52 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Höchster Zuwachs der<br />
Direktinvestitionsbestände im<br />
Ausland beim deutschen<br />
Finanzsektor<br />
Marktpotenziale in wachstumsstarken<br />
Volkswirtschaften<br />
ausgehend von bestehenden<br />
grenzüberschreitenden<br />
Geschäftsbeziehungen<br />
Viele intensive Beziehungen<br />
<strong>Frankfurt</strong>s ins Ausland<br />
Am dynamischsten haben <strong>sich</strong> in den letzten Jahren die Direktinvestitionsbestände der Finanzbranche<br />
Deutschlands entwickelt. Im Zeitraum von 1993-2003 verzeichneten diese einen Zuwachs von<br />
320 % und haben damit noch deutlicher zugelegt als die gesamten deutschen Direktinvestitionsbestände.<br />
Im Gegensatz dazu ist das vorhandene Beteiligungskapital britischer und französischer<br />
Finanzinstitute nur um 120 % bzw. 280 % gewachsen, beides im Übrigen eine unterdurchschnittliche<br />
Entwicklung bezogen auf die nationale Zunahme der Direktinvestitionsbestände insgesamt.<br />
Die umfangreichen grenzüberschreitenden Geschäfte gerade des deutschen Bankensystems bieten<br />
die Chance zur vermehrten Aktivität in anderen Ländern vor Ort. Deutsche Kreditinstitute machen<br />
bislang nur begrenzt von den Möglichkeiten Gebrauch, die <strong>sich</strong> ihnen z.B. in Osteuropa, China<br />
und Indien ange<strong>sich</strong>ts des hohen Finanzierungsbedarfs dieser stark wachsenden Volkswirtschaften<br />
bieten. Für China spielt die Finanzmetropole am Main innerhalb Deutschlands eine zentrale Rolle.<br />
Während es in Ländern wie Russland oder China für die hiesigen Kreditinstitute gilt, rechtzeitig<br />
die Fühler auszustrecken und frühzeitig die Erschließung des Marktes aktiv mitzugestalten, gibt es<br />
auch in den 2004 der EU beigetretenen Staaten, wie Polen, Tschechien und Ungarn durchaus noch<br />
Gelegenheit zur Stärkung der Marktanteile deutscher Banken. Schließlich nimmt das deutsche<br />
Bankensystem bereits über die Grenzen hinweg eine herausgehobene Position für Kreditfinanzierungen<br />
in diesen drei Ländern ein, so dass deutsche Banken über eine gute Grundlage zum Ausbau<br />
ihrer Geschäftsbeziehungen vor Ort verfügen.<br />
Auch der <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> an <strong>sich</strong> pflegt – ähnlich wie die beiden anderen großen europäischen<br />
Finanzzentren – zahlreiche rege Kontakte mit anderen Ländern, die durch den Empfang<br />
bzw. die Aussendung von Wirtschaftsdelegationen sowie durch verschiedenste Veranstaltungen<br />
intensiviert werden. Der Austausch zwischen in- und ausländischen Finanzmarktteilnehmern wird<br />
am Main z.B. durch ausländische Wirtschaftstage oder die „Euro Finance Week“ gefördert, bei der<br />
eine Vielzahl von Finanzexperten internationale Marktentwicklungen und -chancen diskutiert. Daneben<br />
tragen eine zunehmende Anzahl von in <strong>Frankfurt</strong> ansässigen Generalkonsulaten und Städtepartnerschaften<br />
zum grenzüberschreitenden Dialog bei. Die Verankerung hiesiger Finanzinstitute<br />
im Ausland erwächst nicht selten aus einem durch andere Wirtschaftsbereiche geknüpftem Vertrauensverhältnis.<br />
2.4 Förderliche Rahmenbedingungen<br />
Neben den unmittelbar mit einem <strong>Finanzplatz</strong> verbundenen Faktoren gibt es einige generelle, die<br />
für seinen Erfolg förderlich bzw. für seine Stellung in der internationalen Finanzwelt von Vorteil<br />
sind. Hierzu zählen neben den historischen Wurzeln eines Finanzstandortes allgemeine <strong>Standort</strong>spezifische<br />
Qualitäten sowie seine Eigenvermarktung. Während eine lange Historie und ein gelungener<br />
Marketingauftritt das Ansehen eines <strong>Finanzplatz</strong>es zwar begünstigen, aber keine essenziellen<br />
Kriterien sind, ist es im Wettbewerb der Finanzplätze von erheblicher Bedeutung, welche Qualitäten<br />
sie hin<strong>sich</strong>tlich z.B. Verkehrsinfrastruktur und Lebenshaltungskosten aufweisen.<br />
2.4.1 Historische Wurzeln<br />
<strong>Frankfurt</strong> London Paris<br />
Historische Wurzeln<br />
☺ ☺ ☺<br />
☺ International gut aufgestellt Mittelfeld Defizite<br />
Quelle: <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Aktiv gelebte Tradition an einem <strong>Finanzplatz</strong> bietet die Möglichkeit zur Anknüpfung an Bewährtes.<br />
Es zeichnet ein Finanzzentrum aus, wenn es <strong>sich</strong> ausgehend von seiner langen Tradition wei-<br />
53 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
terentwickelt, <strong>sich</strong> Neuem bzw. der Internationalisierung öffnet und dabei seinen im Laufe der<br />
Jahrhunderte erworbenen Ruf nutzt. Die Entwicklung der drei Finanzplätze <strong>Frankfurt</strong>, London und<br />
Paris ist jeweils durch nationale Besonderheiten geprägt. Unmittelbar vergleichbar sind zentrale<br />
Ereignisse, wie ihre Entstehung und die Gründung von Börse und nationaler Zentralbank, so dass<br />
auf diesen komparativen Kerndaten im Folgenden der Fokus liegt.<br />
Vergleichbare Kernereignisse der <strong>Finanzplatz</strong>-Entwicklung<br />
<strong>Frankfurt</strong> London Paris<br />
Entstehung<br />
Ende 11. Jhdt.:<br />
Erw ähnung als Messeplatz,<br />
mitteleuropäische<br />
Drehscheibe Orienthandel<br />
Mittelalter<br />
Frühe Neuzeit<br />
Gründung Börse 1585 1802 1724<br />
Gründung nationaler<br />
Zentralbank<br />
1876<br />
Reichsbank (Berlin)<br />
1948<br />
Bank Deutscher Länder<br />
1957<br />
Deutsche Bundesbank<br />
1694<br />
Bank of England<br />
1800<br />
Banque de France<br />
Quellen: Grote, Merki, Braudel, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Ursprünge bereits im Mittelalter –<br />
nur <strong>Finanzplatz</strong> Paris erst in<br />
Früher Neuzeit<br />
Börsengründung zuerst in<br />
<strong>Frankfurt</strong><br />
Zentralbanken stärkten<br />
Finanzplätze in London und<br />
Paris frühzeitig<br />
Anziehungskraft aller drei<br />
Finanzplätze auf Auslandsbanken,<br />
London mit Vorsprung<br />
bei Internationalisierung<br />
Der <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> kann auf eine lange Geschichte bis ins Mittelalter zurückblicken, seit<br />
vielen Jahrhunderten hat die Stadt immer intensiv mit Geld zu tun. So fand die Stadt am Main<br />
schon im 11. Jahrhundert Erwähnung als Messeplatz und wurde bedingt durch Kreuzzüge zur mitteleuropäischen<br />
Drehscheibe des Orienthandels. Auch die City of London entwickelte <strong>sich</strong> im Mittelalter<br />
im Rahmen des wachsenden Finanzbedarfs der einwohnerstarken, wohlhabenden, pulsierenden<br />
Handels- und Regierungsstadt. Die Ursprünge des Pariser <strong>Finanzplatz</strong>es reichen hingegen<br />
nicht ganz so weit zurück, da es dort zunächst keine bedeutende Messe gab und die wirtschaftliche<br />
Führungsrolle zunächst Lyon innehatte. Erst als Lyons Blüte in der frühen Neuzeit an Glanz verlor,<br />
begann <strong>sich</strong> Paris als Handels- und Finanzstadt langsam zu entfalten.<br />
Bereits 1585 wurde die <strong>Frankfurt</strong>er Börse gegründet, 1724 ihr Pendant in Paris. Die Londoner<br />
Börse hatte <strong>sich</strong> zu dieser Zeit zwar auch schon entwickelt, ihre Gründungsurkunde wurde aber<br />
erst 1802 unterzeichnet. Gerade das Börsengeschehen am deutschen Finanzzentrum kann insofern<br />
auf eine lange Geschichte zurückblicken.<br />
Demgegenüber erlangten das britische und französische Finanzzentrum durch die frühzeitige Errichtung<br />
ihrer nationalen Zentralbanken Gewicht, die Bank of England entstand 1694 und die<br />
Banque de France 1800. Dies legte schon damals den Grundstein für eine klare Fokussierung des<br />
Bankgeschäfts auf London bzw. Paris. <strong>Frankfurt</strong> verlor als Handelsstadt und <strong>Finanzplatz</strong> zwischenzeitlich<br />
erst einmal an Bedeutung, als mit der Gründung des deutschen Reiches 1871 die<br />
Reichsbank 1876 in Berlin ihre Tätigkeit aufnahm. Nach dem zweiten Weltkrieg und mit der Wahl<br />
<strong>Frankfurt</strong>s als Sitz der Bank Deutscher Länder 1948, aus der knapp ein Jahrzehnt später die<br />
Deutsche Bundesbank hervorging, avancierte die Stadt am Main wieder zum deutschen Finanzzentrum<br />
und das nationale Bankwesen begann <strong>sich</strong> hier schwerpunktmäßig zu entfalten.<br />
Die Anziehungskraft der Zentral- auf die Geschäftsbanken machte <strong>sich</strong> im 20. Jahrhundert an allen<br />
drei Finanzplätzen auch über die Grenzen hinweg bemerkbar, verstärkt kam es in den 1960er Jahren<br />
zu Ansiedelungen ausländischer Banken in London, <strong>Frankfurt</strong> und Paris (vgl. 2.6.2.2). Der<br />
<strong>Finanzplatz</strong> London hebt <strong>sich</strong> hin<strong>sich</strong>tlich seiner historischen Internationalisierung aber von den<br />
beiden anderen ab, denn schließlich galt London zum Ende des 19. Jahrhunderts als wichtigstes<br />
54 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Finanzzentrum der Weltwirtschaft, bevor diese Rolle von New York übernommen wurde und<br />
London global seinen Platz dahinter einnahm.<br />
2.4.2 <strong>Standort</strong>spezifische Qualitäten<br />
<strong>Frankfurt</strong> London Paris<br />
<strong>Standort</strong>spezifische Qualitäten<br />
☺ <br />
☺ International gut aufgestellt Mittelfeld Defizite<br />
Quelle: <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Die <strong>Standort</strong>spezifischen Qualitäten eines <strong>Finanzplatz</strong>es sind vielschichtig. Ausgehend vom<br />
grundsätzlichen Kriterium der Internationalität werden die beiden verschiedenen „räumlichen“<br />
Aspekte der Verkehrsinfrastruktur und der Büroimmobilienmärkte betrachtet, bevor auf die Besteuerung<br />
und die <strong>sich</strong> teilweise dadurch bedingenden Lebenshaltungskosten eingegangen wird,<br />
letztlich wird die Lebensqualität als das Ergebnis mehrerer <strong>Standort</strong>kriterien thematisiert.<br />
Beste <strong>Standort</strong>spezifische<br />
Qualitäten in <strong>Frankfurt</strong><br />
Insgesamt schneidet <strong>Frankfurt</strong> bezüglich der <strong>Standort</strong>spezifischen Qualitäten besser ab als London<br />
und Paris. Denn am deutschen Finanzzentrum verbindet <strong>sich</strong> eine gute Infrastruktur mit kurzen<br />
Wegstrecken, und die Mietpreise für Büroimmobilien wie auch die Lebenshaltungskosten liegen<br />
hier anhaltend am niedrigsten. Daneben sind die <strong>Ein</strong>flussfaktoren der Lebensqualität als gleichermaßen<br />
gut wie an den anderen beiden großen Finanzplätzen Europas einzustufen. Nur die recht<br />
hohe Besteuerung ist ein Manko des hiesigen Finanzzentrums im <strong>Standort</strong>wettbewerb. Hin<strong>sich</strong>tlich<br />
der Internationalität der drei Finanzmetropolen an <strong>sich</strong> sind London und Paris als nationale<br />
Hauptstädte im Vorteil, allerdings wird auch die Atmosphäre am Main zunehmend multikultureller<br />
und multinationaler.<br />
Internationalität der Metropole<br />
Internationalität ist ein wichtiges Grundkriterium für einen erfolgreichen <strong>Finanzplatz</strong>. Dabei<br />
kommt es nicht nur auf die internationale Aufstellung speziell des Finanzsektors und dessen grenzüberschreitende<br />
Geschäftsverbindungen an (vgl. 2.2.1.2; 2.3.3), sondern auch auf das multikulturelle<br />
Flair der Metropole an <strong>sich</strong>, zumal <strong>sich</strong> dies oftmals gegenseitig bedingt. Hin<strong>sich</strong>tlich der<br />
Internationalität der Finanzstandorte an <strong>sich</strong> sind London und Paris als nationale Hauptstädte von<br />
Weltruf klar im Vorteil gegenüber <strong>Frankfurt</strong>, in welchem allerdings seit einigen Jahren eine zunehmend<br />
internationalere Atmosphäre spürbar wird.<br />
Bevölkerung am <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> am geringsten<br />
Mio., 2003<br />
Ausländeranteil der Bevölkerung in London am höchsten<br />
%<br />
12<br />
12<br />
30<br />
30<br />
10<br />
10<br />
25<br />
25<br />
8<br />
8<br />
20<br />
20<br />
6<br />
6<br />
15<br />
15<br />
4<br />
2<br />
0<br />
<strong>Frankfurt</strong><br />
Rhein-<br />
Main<br />
Inner<br />
London<br />
Greater<br />
London<br />
Paris<br />
Île-de-<br />
France<br />
4<br />
2<br />
0<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Rhein-Main Greater London Île-de-France<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Quellen: Eurostat, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Quellen: UN Habitat, Planungsverband, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
55 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Ausgeprägte Internationalität der<br />
Weltstädte London und Paris bei<br />
hoher Ausländeranzahl<br />
Sprachvorteil des britischen<br />
<strong>Finanzplatz</strong>es<br />
Internationales Flair verbreitet<br />
<strong>sich</strong> in <strong>Frankfurt</strong><br />
In den Weltstädten London und Paris tritt die Internationalität in vielerlei Hin<strong>sich</strong>t offen zu Tage<br />
und prägt auch den Finanzbereich. Die multikulturelle Atmosphäre dieser beiden Metropolen ist<br />
fühlbar, sie ziehen unzählige Touristen an und sehr viele Ausländer leben dort. In <strong>Frankfurt</strong> bzw.<br />
der Rhein-Main-Region ist bedingt durch die geringere Fläche die Bevölkerung insgesamt und<br />
somit auch die ausländische merklich kleiner als an den anderen beiden Finanzplätzen. In Relation<br />
zur Gesamtbevölkerung liegt die Ausländeranzahl allerdings in der <strong>Frankfurt</strong>er Region mit knapp<br />
15 % in derselben Größenordnung wie in der <strong>sich</strong> um Paris erschließenden Region Île-de-France.<br />
Die Region Greater London hebt <strong>sich</strong> davon deutlich ab, rund 30 % der hier lebenden Menschen<br />
stammen aus anderen Ländern.<br />
Gerade am britischen Finanzzentrum wird das internationale Image sorgfältig gepflegt. Dass die<br />
Arbeitssprache in der Finanzwelt Englisch ist, kommt dem größten europäischen <strong>Finanzplatz</strong> dabei<br />
zu Gute. Es erleichtert den Ablauf von inländischen und grenzüberschreitenden Geschäften sowie<br />
den Aufbau beruflicher Kontakte in der „City“. Das muttersprachliche Englisch ist ein Vorteil<br />
Londons, selbst wenn Verhandlungen bzw. Sitzungen auf Englisch am deutschen und französischen<br />
<strong>Finanzplatz</strong> immer üblicher werden.<br />
<strong>Frankfurt</strong> ist primär europäischer <strong>Finanzplatz</strong> und im Gegensatz zu London und Paris nicht gleichzeitig<br />
nationale Hauptstadt, so dass das deutsche Finanzzentrum weniger von einer generell in der<br />
Stadt gelebten Internationalität profitieren kann. So liegt es wesentlich an der „Banking Community“<br />
selbst, dass das Flair am Main zunehmend multikultureller wird. Spiegelbild der wachsenden<br />
Internationalisierung des <strong>Finanzplatz</strong>es <strong>Frankfurt</strong> dürfte das immer facettenreicher gewordene<br />
Kultur-, Bildungs-, Restaurant- und <strong>Ein</strong>kaufsangebot sowie die gestiegene Anzahl hier ansässiger<br />
Konsulate, ausländischer Kammern und Handelsvertretungen sein.<br />
Verkehrsinfrastruktur<br />
<strong>Frankfurt</strong>er Kreuz als meist<br />
frequentierter Autobahnknotenpunkt<br />
Europas; kurze Wege am<br />
deutschen Finanzzentrum<br />
Im Bahnverkehr deutliche<br />
<strong>Standort</strong>vorteile von <strong>Frankfurt</strong><br />
und Paris<br />
Im Vergleich zu anderen europäischen Wirtschaftsstandorten weist der <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> in<br />
verkehrsräumlicher Hin<strong>sich</strong>t hervorragende <strong>Standort</strong>eigenschaften auf. Hier kombinieren <strong>sich</strong> gute<br />
Verbindungen auf Straße und Schiene sowie in der Luft mit kurzen Wegen in der Finanzmetropole.<br />
So ist das <strong>Frankfurt</strong>er Kreuz der meistfrequentierte Autobahnknotenpunkt Europas. Zahlreiche<br />
Beschäftigte der Finanzbranche nutzen als Berufspendler die Angebote des Öffentlichen Personennahverkehrs.<br />
Prinzipiell verfügen zwar alle drei Finanzplätze über eine gute Infrastruktur,<br />
jedoch zeichnet <strong>sich</strong> das Nahverkehrsnetz in London durch eine geringere Zuverlässigkeit aus als<br />
dasjenige in Paris und <strong>Frankfurt</strong>. Dies wirkt <strong>sich</strong> auch auf die Berufspendelzeiten aus, denn eine<br />
Fahrt zum Arbeitsplatz dauert in London durchschnittlich 37 Minuten, während in <strong>Frankfurt</strong> lediglich<br />
25 Minuten zu veranschlagen sind. Die gute Verkehrsanbindung bedingt es mit, dass von den<br />
gegenwärtig etwa 460.000 in <strong>Frankfurt</strong> sozialver<strong>sich</strong>erungspflichtig Beschäftigten rund 315.000<br />
bzw. über Zweidrittel Berufseinpendler sind. In den anderen beiden Finanzhauptstädten Europas<br />
liegt diese Quote nur bei rund einem Drittel: London weist bei 1,6 Mio. Beschäftigten 540.000<br />
Berufseinpendler auf, während von den 1,5 Mio. in Paris Beschäftigten etwa 500.000 zum Arbeitsplatz<br />
pendeln. (vgl. 2.1)<br />
Die gute Anbindung der Stadt <strong>Frankfurt</strong> über den Bahnverkehr ist für den Finanzsektor sowohl für<br />
die Anfahrt zum Arbeitsplatz als auch die Wahrnehmung von Geschäftsterminen relevant. So ermöglichen<br />
der unmittelbar an das Bankenviertel angrenzende <strong>Frankfurt</strong>er Hauptbahnhof und der<br />
Fernbahnhof des <strong>Frankfurt</strong>er Flughafens eine direkte und schnelle Anbindung an sämtliche Ballungsräume<br />
innerhalb Deutschlands und des nahen Auslands – z.B. sind in 3½ Stunden die Metropolen<br />
Berlin, Brüssel, Hamburg, München erreichbar. Beim Bahnfernverkehr weisen Paris und<br />
<strong>Frankfurt</strong> aufgrund ihrer zentralen Lage in Europa im Vergleich zu London erhebliche <strong>Standort</strong>vorteile<br />
auf.<br />
56 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
<strong>Frankfurt</strong>, London und Paris als<br />
Drehscheiben des<br />
interkontinentalen Luftverkehrs<br />
<strong>Ein</strong>e gute Luftverkehrsanbindung ist für die Finanzbranche gerade vor dem Hintergrund der immer<br />
wichtiger werdenden grenzüberschreitenden Mobilität unerlässlich. Von den zehn bedeutendsten<br />
Flughäfen für den Fluggastverkehr in Europa befinden <strong>sich</strong> jeweils zwei in der britischen und<br />
französischen <strong>Finanzplatz</strong>region sowie je einer an den deutschen Finanzstandorten <strong>Frankfurt</strong> und<br />
München. Zwischen diesen sechs Flughäfen gibt es nicht nur im Hinblick auf das Fluggastaufkommen,<br />
sondern auch bezüglich der räumlichen Ausrichtung der Flugverbindungen erhebliche<br />
Unterschiede.<br />
Fluggastaufkommen europäischer Großflughäfen<br />
Rang Flughafen Anzahl Fluggäste 2005<br />
innerhalb Europas<br />
in Mio.<br />
1 London/Heathrow 67,9<br />
2 Paris/Charles de Gaulle 53,8<br />
3 <strong>Frankfurt</strong>* 52,2<br />
6 London/Gatwick 32,8<br />
8 München 28,6<br />
10 Paris/Orly 24,9<br />
* Ohne <strong>Frankfurt</strong> Hahn<br />
Quellen: Airports Council International, Hessen Agentur<br />
Gemessen an der Anzahl der Fluggäste rangierte London/Heathrow im Jahr 2005 mit knapp 68<br />
Mio. weit vorne, gefolgt von den Flughäfen Paris/Charles de Gaulle und <strong>Frankfurt</strong> mit nahezu 53<br />
Mio. bzw. gut 52 Mio.; London/Gatwick (fast 33 Mio.) sowie München (knapp 29 Mio.) und Paris/Orly<br />
(etwa 25 Mio.) belegten hier die Plätze sechs, acht und zehn. Der Anteil der Fluggäste im<br />
Extra-EU-Verkehr an der Gesamtzahl der Fluggäste am jeweiligen Flughafen betrug 2004 in London/Heathrow<br />
52 %, in <strong>Frankfurt</strong> 48 %, in Paris/Charles de Gaulle 49 % und in London/Gatwick<br />
34 %; für München und Paris/Orly lagen die Vergleichswerte bei 25 % bzw. 18 %.<br />
Durchschnittliche monatliche Flugbewegungen<br />
Absolute Angaben, 2004<br />
600.000<br />
500.000<br />
400.000<br />
300.000<br />
200.000<br />
100.000<br />
Gesamt<br />
(linke Skala)<br />
Durchschnitlich<br />
monatlich<br />
(rechte Skala)<br />
50.000<br />
40.000<br />
30.000<br />
20.000<br />
10.000<br />
0<br />
London/<br />
Heathrow<br />
Paris/<br />
Charles<br />
de Gaulle<br />
<strong>Frankfurt</strong><br />
London/<br />
Gatwick<br />
München<br />
Paris/<br />
Orly<br />
0<br />
Quellen: Eurostat, Hessen Agentur<br />
Im Bereich des Passagierverkehrs sind vom <strong>Frankfurt</strong>er Flughafen aus etwa 300 Flugziele in ungefähr<br />
100 Ländern direkt erreichbar. Diese werden von ca. 110 Fluggesellschaften angeflogen. Für<br />
57 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
eine durchschnittliche Flugplanwoche sind etwa 4.700 Verbindungen ausgewiesen. Die Anzahl der<br />
monatlichen Flugbewegungen betrug 2004 im Durchschnitt etwa 39.000 am <strong>Frankfurt</strong>er Flughafen,<br />
verglichen mit ebenfalls 39.000 in London/Heathrow, aber 46.000 in Paris/Charles de Gaulle;<br />
München kam hier auf 31.000, London/Gatwick und Paris/Orly nur auf 20.000 bzw. 19.000. <strong>Ein</strong>e<br />
wichtige Rolle für die Mobilität der Bank-Manager spielt im Rhein-Main-Gebiet auch der Flugplatz<br />
Egelsbach, der insbesondere von kleineren Jets und Hubschraubern frequentiert wird und<br />
jährlich etwa 85.000 Flugbewegungen zu verzeichnen hat.<br />
Flughafen <strong>Frankfurt</strong>s am<br />
schnellsten erreichbar<br />
Die generell vorteilhaft kurzen Wegstrecken in und um <strong>Frankfurt</strong> zeigen <strong>sich</strong> auch bei der Anbindung<br />
des Flughafens, denn eine Fahrt mit der S-Bahn von der Innenstadt zum Flughafen dauert<br />
etwa 15 Minuten. Demgegenüber ist für die Passage per Bus oder Nahverkehrszug vom Pariser<br />
Zentrum zum Flughafen Charles de Gaulle etwa eine halbe Stunde einzuplanen und für den Transfer<br />
von der Londoner City zum Flughafen Heathrow sogar 60 Minuten. Ähnlich wie der <strong>Frankfurt</strong>er<br />
Flughafen verfügt auch Paris/Charles de Gaulle über einen Fernbahnhof, der über TGV-Verbindungen<br />
in das europäische Schnellzugnetz eingebunden ist.<br />
Insgesamt ist die internationale und interregionale Erreichbarkeit von <strong>Frankfurt</strong> als sehr gut zu<br />
bewerten. Gemäß Eurostat liegt <strong>Frankfurt</strong> bezüglich der Verkehrsträger Luft, Schiene und Straße<br />
sogar knapp vor Paris und deutlich vor London.<br />
Büroimmobilienmarkt<br />
Für die Finanzbranche stellt die hinreichende Verfügbarkeit an adäquaten Büroimmobilien einen<br />
bedeutsamen <strong>Standort</strong>faktor dar. Bei einem Vergleich der regionalen Immobilienmärkte in <strong>Frankfurt</strong>,<br />
Paris und London sind die unterschiedlichen Größendimensionen und räumlichen Strukturen<br />
der drei Agglomerationen zu berück<strong>sich</strong>tigen (vgl. 2.1).<br />
Kenngrößen der Büroimmobilienmärkte 2005<br />
<strong>Frankfurt</strong> Paris London<br />
Büroflächenbestand (Mio. m²) 12,0 1) 48,2 28,0<br />
Flächenumsatz (m²)<br />
2003 520.000 1.700.000 568.000<br />
2004 330.000 1.900.000 1.004.000<br />
2005 473.000 2.200.000 834.000<br />
Leerstandsquote (%) 17,5 5,7 7,3<br />
Mietpreise<br />
(€/m² p.a.)<br />
Bankenviertel: 240-360 City: 500-700 West End: 800-1.100<br />
Westend: 160-280 La Défense: 420-450 City: 580-790<br />
City: 90-240<br />
Niederrad: 120-180<br />
Industriehof/Neue<br />
Börse:140<br />
Offenbach/Kaiserlei:<br />
140<br />
Eschborn: 130<br />
Western Business<br />
District: 350-420<br />
Docklands: 430-580<br />
1) inklusive Offenbach/Kaiserlei und Eschborn<br />
Quellen: DEGI Research, IVG Immobilien-Barometer, Deka Immobilien, Aengevelt Immobilien, Hessen Agentur<br />
58 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Paris mit größtem<br />
Büroimmobilienmarkt<br />
Europas<br />
Nun auch wieder Zuwachs des<br />
Flächenumsatzes in <strong>Frankfurt</strong><br />
Büroimmobilien in <strong>Frankfurt</strong><br />
dauerhaft am günstigsten ...<br />
Der <strong>Frankfurt</strong>er Büroimmobilienmarkt besteht im Wesentlichen aus den Teilräumen Bankenviertel,<br />
Westend, City und Niederrad, inklusive Offenbach und Eschborn umfasst er derzeit ungefähr<br />
12 Mio. m 2 Nutzfläche. Die Region Paris ist mit einem Flächenbestand von 48 Mio. m 2 der größte<br />
Büroimmobilienmarkt in Europa. Neben der Stadt Paris innerhalb des Boulevard Périphérique<br />
umfasst dieser die Bürostadt La Défense, den so genannten „Croissant d’Or“ (Halbkreis von Vororten<br />
im westlichen Seine-Bogen) und die äußeren Vororte in der Region Île-de-France. Hinter<br />
Paris weist London mit einem Flächenbestand von 28 Mio. m 2 den zweitgrößten Büroimmobilienmarkt<br />
Europas auf. Hiervon entfallen 19 Mio. m 2 auf Central London mit den Hauptstandorten<br />
City, Docklands und West End.<br />
Der Flächenumsatz nahm in den letzten Jahren in <strong>Frankfurt</strong> eine etwas andere Entwicklung als an<br />
den anderen beiden Finanzstandorten: Dort wurden nach einem zwischenzeitlichen <strong>Ein</strong>bruch seit<br />
2003 wieder merklich höhere Flächenumsätze erzielt – in der Spitze 2,2 Mio. m² in Paris 2005 und<br />
gut 1 Mio. m² in London 2004. In der deutschen Finanzmetropole am Main, in der der rückläufige<br />
Trend des Flächenumsatzes erst 2005 auslief und es vor dem Hintergrund einer erhöhten Immobiliennachfrage<br />
von Finanzinstituten und finanzplatzorientierten Dienstleistern zu einem deutlichen<br />
Anstieg um 45 % auf knapp 0,5 Mio. m² kam.<br />
Niveau und Entwicklung der Top-Büromieten in den Stadtlagen der drei Finanzzentren differieren<br />
<strong>sich</strong>tlich voneinander: Während Anfang der 90er Jahre eine klare Tendenz zur Angleichung der<br />
Mietpreise zwischen den Finanzzentren festzustellen war, ging ab 1993 die Schere zunehmend<br />
auseinander, insbesondere aufgrund des rasanten Anstiegs der Mietpreise in London. An allen drei<br />
Finanzstandorten wurden im Jahr 2001 Spitzenwerte erreicht. Darauf folgte ein <strong>Ein</strong>bruch der Mietpreise,<br />
der in London besonders drastisch ausfiel, aber seit 2003 wieder eine Korrektur erfahren<br />
hat. Demgegenüber stagnierten die Büromieten am französischen <strong>Finanzplatz</strong> in den letzten Jahren,<br />
und in <strong>Frankfurt</strong> kam es sogar zu einem weiteren Rückgang. So liegen die Spitzenmieten für<br />
Büroimmobilien im Bankenviertel der Main-Metropole mit bis zu 360 €/m² p.a. weiterhin am<br />
niedrigsten; auf demselben Niveau bewegen <strong>sich</strong> die Spitzenmieten für Büroimmobilien in München.<br />
Im Vergleich dazu werden in der Pariser Innenstadt bis zu 650 €/m² p.a. erzielt und im begehrten<br />
Londoner Westend sogar etwa 1.000 €/m² p.a.<br />
Mietpreisentwicklung für Büroimmobilien in zentraler Stadtlage<br />
€/m² p.a.<br />
1.250<br />
1.250<br />
1.000<br />
London<br />
1.000<br />
750<br />
500<br />
Paris<br />
<strong>Frankfurt</strong><br />
750<br />
500<br />
250<br />
250<br />
90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05<br />
Quellen: Deka Immobilien Investment, Hessen Agentur<br />
... als eindeutiger <strong>Standort</strong>vorteil<br />
des deutschen Finanzzentrums<br />
Das im Vergleich zu London und Paris erheblich niedrigere Mietpreisniveau ist ein eindeutiges<br />
„Asset“ des hiesigen <strong>Finanzplatz</strong>es. So nimmt <strong>Frankfurt</strong> im Ranking des auf Unternehmensangaben<br />
basierenden „European Cities Monitor 2005“ hin<strong>sich</strong>tlich der Kosten des Büroraumangebots<br />
den 17. Platz ein – deutlich vor Paris (Rang 21) und London (Rang 24). Auch bei den für Finanzinstituten<br />
und finanzplatzorientierten Dienstleistern letztlich relevanten Bürokosten je Arbeitsplatz<br />
schneidet <strong>Frankfurt</strong> besser ab; die günstigen Mietpreise der Main-Metropole wiegen den vergleichsweise<br />
höheren Flächenverbrauch auf. Und dieser <strong>Standort</strong>vorteil dürfte erst einmal bestehen<br />
59 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
bleiben. Denn Büroimmobilien sollten in <strong>Frankfurt</strong> ange<strong>sich</strong>ts der seit Jahren hohen Leerstandsquote<br />
von fast 18 % zunächst weiter günstiger als in London und Paris bleiben, wo derzeit nur 8 %<br />
bzw. 6 % Leerstand verzeichnet werden.<br />
Steuern<br />
Die an einem <strong>Finanzplatz</strong> erhobenen Steuern sind ein grundlegendes Kriterium für seine Attraktivität.<br />
Sie sind mitentscheidend bei der <strong>Standort</strong>wahl sowohl von Finanzinstituten und finanzplatzorientierten<br />
Dienstleistern als auch von ihren Beschäftigten. Zum einen ist die Besteuerung von<br />
Unternehmensgewinnen insofern von Bedeutung, als dass sie den Gewinn von am Finanzstandort<br />
ansässigen Unternehmen inklusive ihrer ausländischen Tochtergesellschaften beeinflusst. Zum<br />
anderen spielt die Besteuerung Hochqualifizierter bei der Anwerbung von Finanzspezialisten eine<br />
Rolle, ggf. müssen Unternehmen ihren potenziellen Arbeitnehmern und deren Familien Ausgleichszahlungen<br />
anbieten, um steuerliche Nachteile wettzumachen.<br />
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> im Nachteil<br />
bei Unternehmensbesteuerung<br />
Die Unternehmensbesteuerung ist hierzulande mit dem Spezifikum der regional differierenden Gewerbeertragsteuer<br />
behaftet im Gegensatz zur rein zentralstaatlichen Regelung in Frankreich und<br />
Großbritannien. In Deutschland hat die Kombination aus Körperschafts- und Gewerbeertragsteuer<br />
einen insgesamt höheren Abgabensatz zur Folge. So liegt der effektive durchschnittliche Steuersatz<br />
für in der <strong>Frankfurt</strong>er <strong>Finanzplatz</strong>region ansässige Unternehmen mit 37 % deutlich höher als<br />
am französischen und insbesondere britischen Finanzzentrum mit gut 32 % bzw. 28 %.<br />
Unternehmensbesteuerung in <strong>Frankfurt</strong> am höchsten<br />
Steuergestaltung für Arbeitskräfte in London am besten<br />
Effektiver durchschnittlicher Steuersatz in %, 2003<br />
Effektiver durchschnittlicher Steuersatz in %, 2005<br />
40<br />
40<br />
50<br />
50<br />
30<br />
30<br />
40<br />
40<br />
20<br />
20<br />
30<br />
20<br />
30<br />
20<br />
10<br />
10<br />
10<br />
10<br />
0<br />
<strong>Frankfurt</strong> Paris London<br />
0<br />
0<br />
<strong>Frankfurt</strong> Paris London<br />
0<br />
Quellen: BAK Basel Economics, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Quellen: BAK Basel Economics/ZEW, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Steuerbelastung für<br />
Hochqualifizierte in London am<br />
geringsten<br />
<strong>Finanzplatz</strong> London mit<br />
attraktivstem Steuersystem<br />
Für ledige Arbeitskräfte mit einem zu versteuernden <strong>Ein</strong>kommen von 100.000 € pro Jahr liegt die<br />
effektive durchschnittliche Steuerbelastung in der Region Paris mit 44,3 % höher als in <strong>Frankfurt</strong><br />
mit 41,8 % und vor allem in London mit 40 %. Die steuerliche Ausgestaltung für einkommensstarke<br />
Fachkräfte ist am britischen Finanzzentrum also am attraktivsten.<br />
Gemäß BAK Basel Economics 31 weist also der <strong>Finanzplatz</strong> London sowohl bei der Besteuerung<br />
der Unternehmen als auch der hochqualifizierter Arbeitskräfte einen komparativen <strong>Standort</strong>vorteil<br />
gegenüber den anderen beiden großen Finanzmetropole Europas auf.<br />
31 Vgl. BAK Basel Economics im Auftrag der Wirtschaftsinitiative <strong>Frankfurt</strong>RheinMain (2006): „Wachstumsfaktoren für<br />
<strong>Frankfurt</strong>RheinMain“ und zusammen mit Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung: „IBC Taxation Index 2005“. Es<br />
handelt <strong>sich</strong> um effektive durchschnittliche Steuersätze: Bei der Unternehmensbesteuerung wurden einbezogen die Körperschaftssteuer<br />
inkl. Zuschläge, weitere gewinnabhängige Steuern, die Grundsteuer sowie spezielle Steuern auf Vermögen<br />
und eingesetztes Kapital; bei der Besteuerung einkommensstarker Arbeitnehmer gingen ein alle <strong>Ein</strong>kommenssteuern inkl.<br />
Zuschläge, steuerähnliche Sozialver<strong>sich</strong>erungsbeiträge und Unternehmenssteuern auf die gezahlten Arbeitsentgelte.<br />
60 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Kaufkraft<br />
Neben Steuern beeinflusst auch die Höhe der an einem <strong>Finanzplatz</strong> aufzuwendenden Lebenshaltungskosten<br />
das Budget der Arbeitnehmer. Wie attraktiv sind die drei großen Finanzzentren Europas<br />
für einen Beschäftigten hin<strong>sich</strong>tlich des ihm letztlich zur freien Verfügung stehenden Geldes<br />
bzw. welchen Wert hat das Geld an den drei Finanzplätzen?<br />
<strong>Ein</strong>kommen in <strong>Frankfurt</strong>er Region etwas niedriger<br />
Lebenshaltungskosten in <strong>Frankfurt</strong> deutlich geringer<br />
Nominal verfügbares <strong>Ein</strong>kommen pro Kopf pro Jahr, 2003<br />
Index, 2005<br />
25.000<br />
25.000<br />
120<br />
120<br />
20.000<br />
20.000<br />
100<br />
100<br />
15.000<br />
15.000<br />
80<br />
80<br />
10.000<br />
10.000<br />
60<br />
60<br />
5.000<br />
5.000<br />
40<br />
40<br />
0<br />
Regierungsbezirk<br />
Darmstadt<br />
Île-de-<br />
France<br />
Greater<br />
London<br />
0<br />
20<br />
0<br />
<strong>Frankfurt</strong> Paris London<br />
20<br />
0<br />
Quellen: Eurostat, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Quellen: Mercer Human Resource Consulting, <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Beschäftigter am <strong>Finanzplatz</strong><br />
<strong>Frankfurt</strong> stellt <strong>sich</strong> am besten<br />
Im EU-Wohlstandsvergleich liegen die Großräume <strong>Frankfurt</strong>, Paris und London gemäß jüngster<br />
Berechnungen von Eurostat alle weit über dem Durchschnitt. Das BIP je <strong>Ein</strong>wohner ausgedrückt<br />
in Kaufkraftstandards (EU25 = 100) betrug 2003 in den Regionen rund um das britische und französische<br />
Finanzzentrum 175 % bzw. 173 % des Durchschnitts, in der Region des <strong>Finanzplatz</strong>es<br />
<strong>Frankfurt</strong> machte es mit 148 % weniger aus. Ähnlich fiel die Relation des nominal verfügbaren<br />
Nettoeinkommens pro Kopf 32 zwischen den drei <strong>Finanzplatz</strong>regionen 2003 aus: Im Regierungsbezirk<br />
Darmstadt standen einem <strong>Ein</strong>wohner durchschnittlich etwa 18.100 € pro Jahr zur Verfügung,<br />
während es in Greater London knapp 20.900 € und in Île-de-France gut 20.000 € waren. Die Lebenshaltungskosten<br />
liegen in <strong>Frankfurt</strong> jedoch eindeutig am niedrigsten: Der von Mercer Human<br />
Resource Consulting diesbezüglich berechnete globale Index (New York = 100) weist für <strong>Frankfurt</strong><br />
2005 einen Stand von 88 Indexpunkten auf (Platz 34), die Vergleichswerte für Paris und London<br />
betragen 102 (Platz 12) bzw. 120 (Platz 3). Zusammengenommen deutet dies darauf hin, dass<br />
<strong>sich</strong> ein in <strong>Frankfurt</strong> Beschäftigter im Durchschnitt besser stellt als ein Arbeitnehmer in Paris und<br />
insbesondere in London.<br />
Hohe Kaufkraft im Umland deutscher Metropolen<br />
Verfügbares <strong>Ein</strong>kommen in € pro Jahr<br />
Index*<br />
30.000<br />
20.000<br />
Verfügbares<br />
<strong>Ein</strong>kommen<br />
(linke Skala)<br />
Index<br />
(rechte Skala)<br />
160<br />
120<br />
80<br />
10.000<br />
40<br />
0<br />
Durchschnitt <strong>Frankfurt</strong><br />
Deutschland<br />
Hochtaunus<br />
Main-<br />
Taunus<br />
München<br />
Starnberg<br />
0<br />
* Durchschnitt Deutschland = 100, Stand 2003<br />
Quellen: GfK, Hessen Agentur<br />
32 Hier betrachten wir das regionale verfügbare <strong>Ein</strong>kommen aus der Verwendungsrechnung von Eurostat (Saldo zwischen<br />
Aufkommens- und Verwendungsposten des sekundären <strong>Ein</strong>kommensverteilungskontos) bezogen auf die Bevölkerung.<br />
61 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Hohe Kaufkraft vor den Toren<br />
<strong>Frankfurt</strong>s und Münchens<br />
Im innerdeutschen Vergleich lassen <strong>sich</strong> aus der kombinierten Betrachtung von Wohlstands- und<br />
<strong>Ein</strong>kommensmaßen Eurostats einerseits und Mercer-Lebenshaltungskostenindex andererseits keine<br />
verlässlichen Rückschlüsse ziehen; zusammengenommen deuten die beiden Maße auf eine<br />
tendenziell höhere Kaufkraft in der Münchner als in der <strong>Frankfurt</strong>er <strong>Finanzplatz</strong>region hin: Mit<br />
158 % bezogen auf den EU25-Durchschnitt und einem nominalen Pro-Kopf-Nettoeinkommen von<br />
durchschnittlich knapp 19.500 € liegen die Werte für die <strong>sich</strong> um den <strong>Finanzplatz</strong> München erstreckende<br />
Region Oberbayern etwas höher als im Regierungsbezirk Darmstadt; mit 87,8 Indexpunkten<br />
fallen die Lebenshaltungskosten in der Isar-Metropole nur etwas niedriger aus (Platz 37)<br />
als in <strong>Frankfurt</strong>. <strong>Ein</strong> 2006 von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) berechneter Index<br />
(Durchschnitt Deutschland = 100) zeigt, dass sowohl die Region rund um <strong>Frankfurt</strong> als auch das<br />
Umland Münchens sehr einkommensstark sind bzw. dass dort viele <strong>Ein</strong>wohner dank ihrer Spitzenverdienste<br />
eine hohe Kaufkraft haben. Während der Index für <strong>Frankfurt</strong> an <strong>sich</strong> mit 111 Indexpunkten<br />
nur etwas über dem deutschen Durchschnitt liegt, weisen die nahe gelegenen Kreise<br />
Hochtaunus und Main-Taunus mit gut bzw. knapp 140 die höchsten Werte Deutschlands auf. Auch<br />
der Kreis Starnberg unweit der bayerischen Landeshauptstadt rangiert auf diesem hohen Niveau,<br />
München selbst ist nicht ganz so einkommensstark (rund 135 Indexpunkte). Auf Grund der täglichen<br />
Pendlerströme ist die wohnortbezogene Kaufkraft in den Finanzmetropolen <strong>Frankfurt</strong> und<br />
München geringer als in ihrem Umland.<br />
Lebensqualität<br />
Die Lebensqualität zählt zu den weichen <strong>Standort</strong>faktoren. Dieses nicht objektiv messbare Kriterium<br />
ist bei <strong>Standort</strong>bewertungen von Unternehmen von Bedeutung und spielt für Arbeitskräfte bei<br />
der Wahl ihres Arbeitsplatzes jedoch eine wichtige Rolle. <strong>Ein</strong>en <strong>Ein</strong>druck von der Lebensqualität<br />
einer Stadt geben das Spektrum ihres Kulturangebots und die hier vorhandenen Möglichkeiten zur<br />
Naherholung. Der Beurteilung derartiger Faktoren auch mittels Rankings haftet allerdings immer<br />
eine gewisse Subjektivität an und der zugrundegelegte Kriterienkatalog fällt höchst unterschiedlich<br />
aus, so dass die <strong>sich</strong> ergebenden Platzierungen einer Stadt hin<strong>sich</strong>tlich ihrer Lebensqualität nur<br />
begrenzte Aussagekraft haben.<br />
Kulturangebot in London und<br />
Paris reichhaltiger als in<br />
<strong>Frankfurt</strong>, ...<br />
Die Stadt <strong>Frankfurt</strong> zeichnet <strong>sich</strong> durch ein vielfältiges Kulturangebot aus. Es existieren mehr als<br />
20 öffentliche und private Theater. Im Vergleich dazu beläuft <strong>sich</strong> die Anzahl der Theater, Opernhäuser<br />
und sonstigen Spielstätten insgesamt in Paris und London jeweils auf rund 100. <strong>Frankfurt</strong><br />
verfügt über etwa 40 größere und kleinere Museen und Ausstellungshäuser, die Bandbreite reicht<br />
vom universal angelegten Kunstmuseum bis hin zur kleinen Spezialsammlung. Mit ungefähr 160<br />
bzw. knapp 120 gibt es in Paris und London allerdings ein Vielfaches an Museen.<br />
Spektrum des Kulturangebots ...<br />
Anzahl<br />
... in Relation zur Bevölkerungsgröße<br />
Anzahl je Mio. <strong>Ein</strong>wohner<br />
200<br />
160<br />
120<br />
80<br />
Theater<br />
Museen<br />
200<br />
160<br />
120<br />
80<br />
80<br />
60<br />
40<br />
Theater<br />
Museen<br />
80<br />
60<br />
40<br />
40<br />
40<br />
20<br />
20<br />
0<br />
<strong>Frankfurt</strong> Paris London<br />
0<br />
0<br />
<strong>Frankfurt</strong> Paris London<br />
0<br />
Quellen: Eurostat, Parisinfo, Hessen Agentur<br />
Quellen: Eurostat, Parisinfo, Hessen Agentur<br />
62 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
... bezogen auf <strong>Ein</strong>wohnerzahl<br />
liegt nur Paris vor <strong>Frankfurt</strong><br />
Obgleich das absolute Spektrum des Kulturangebots bei der Beurteilung der Attraktivität eines<br />
<strong>Standort</strong>s im Vordergrund steht, ist ange<strong>sich</strong>ts der unterschiedlichen räumlichen Struktur der drei<br />
Finanzplätze (vgl. 2.1) auch ein Vergleich der kulturellen Möglichkeiten bezogen auf die regionale<br />
Bevölkerungsgröße sinnvoll: Bei den Theatern relativ zu Mio. <strong>Ein</strong>wohnern führt das französische<br />
Finanzzentrum mit einem Pro-Kopf-Wert von 45, <strong>Frankfurt</strong> und London folgen mit jeweils etwa<br />
35. Bei der Anzahl an Museen je Mio. <strong>Ein</strong>wohner liegt Paris mit 75 vor <strong>Frankfurt</strong> mit rund 60 und<br />
London mit etwa 40.<br />
Betrachtet man das Kulturangebot <strong>Frankfurt</strong>s im Vergleich zu München, so zeigt <strong>sich</strong> ein differenziertes<br />
Bild: Den rund 40 Museen in <strong>Frankfurt</strong> stehen 50 Museen in München gegenüber, aber in<br />
Relation zur Bevölkerung liegt <strong>Frankfurt</strong> mit rund 60 vor München mit etwa 40 Museen je 1 Mio.<br />
<strong>Ein</strong>wohner. Das Theaterangebot ist in der bayerischen Landeshauptstadt umfangreicher, sowohl<br />
absolut mit rund 60 Theatern insgesamt als auch relativ mit etwa 45 je 1 Mio. <strong>Ein</strong>wohner. Dies<br />
spiegelt die Funktion Münchens als Landeshauptstadt wider.<br />
Finanzinstitute engagiert in<br />
Kulturförderung<br />
<strong>Frankfurt</strong> mit besten<br />
Naherholungsmöglichkeiten<br />
Lebensqualität-Rankings mit<br />
verschiedenen Ergebnissen<br />
<strong>Ein</strong>e lebendige Kulturszene trägt zur Attraktivität und Lebensqualität des Finanzstandortes bei,<br />
zwischen dem Finanzsektor und dem Kulturangebot besteht aber noch eine andere Beziehung:<br />
Zahlreiche Kulturangebote werden nämlich nicht zuletzt über Sponsoring des Finanzsektors erst<br />
ermöglicht. So bekommt die Kulturförderung durch Mäzenaten und Sponsoring insbesondere vor<br />
dem Hintergrund knapper werdender öffentlicher Mittel eine zunehmende Bedeutung. <strong>Frankfurt</strong> ist<br />
durch ein ausgeprägtes Mäzenatentum gekennzeichnet, insbesondere die Kreditinstitute sind hierbei<br />
seit alters her in erheblichem Maße engagiert und unterstützen unterschiedliche kulturelle Institutionen<br />
sowie Veranstaltungen und Ausstellungen. In Großbritannien ist das privatwirtschaftliche<br />
Engagement im Bereich der Kultur noch stärker ausgeprägt als in Deutschland, während in Frankreich<br />
kulturelle Institutionen unterschiedlichster Provenienz in höherem Maße von der öffentlichen<br />
Hand unterstützt werden.<br />
Im Bereich der Naherholung ist der Raum <strong>Frankfurt</strong> gut aufgestellt. Von der deutschen Finanzmetropole<br />
aus sind zahlreiche kulturlandschaftlich attraktive Ziele schnell und bequem erreichbar.<br />
Hier macht <strong>sich</strong> die polyzentrale Struktur des Rhein-Main Gebiets positiv bemerkbar: Urbane<br />
Räume – die Zentren <strong>Frankfurt</strong>, Darmstadt, Mainz und Wiesbaden – sind immer wieder unterbrochen<br />
durch weitläufige Grünzonen. <strong>Frankfurt</strong> hat den größten Anteil an Wald unter deutschen<br />
Großstädten. <strong>Ein</strong>e Vielzahl von Naherholungsgebieten wie Taunus, Rheingau, Odenwald, Rheinhessen,<br />
Spessart und Rhön sind innerhalb einer Stunde erreichbar. Paris und London bilden demgegenüber<br />
ein größeres Agglomerationsgebiet und sind durch eine stärkere Versiegelung der Flächen<br />
gekennzeichnet; der Weg in die freie Natur ist weiter. Dies schlägt <strong>sich</strong> auch in einer höheren<br />
Schadstoffbelastung nieder. Gemäß den Ergebnissen des „European Cities Monitor 2005“ von<br />
Cushman & Wakefield / Healey & Baker, der die <strong>Ein</strong>schätzung von Unternehmen über 30 europäische<br />
Städte nach unterschiedlichen <strong>Standort</strong>kriterien wiedergibt, ist in <strong>Frankfurt</strong> (Platz 23) die<br />
Luftverschmutzung niedriger als in Paris und London (Platz 26 und 27).<br />
Bei der Bewertung der Lebensqualität insgesamt gehen die Meinungen in Abhängigkeit von der<br />
befragten Grundgesamtheit und den herangezogenen Kriterien auseinander: Der „European Cities<br />
Monitor 2005“ stuft <strong>Frankfurt</strong> bei der Lebensqualität für die Arbeitskräfte nur auf Rang 26 ein und<br />
damit hinter London und Paris auf den Rängen 13 bzw. 2. Demgegenüber kommt eine Studie der<br />
„Economist Intelligence Unit“ zu einem konträren Ergebnis, <strong>Frankfurt</strong> schneidet mit seinem<br />
38. Platz besser ab als Paris und insbesondere London auf den Positionen 41 und 72. <strong>Ein</strong>en noch<br />
deutlicheren Vorsprung des deutschen Finanzzentrums weist die britische Unternehmensberatung<br />
Mercer 2006 in ihrer breit angelegten Studie „Managing Quality of Living for Expatriates“ auf –<br />
<strong>Frankfurt</strong> rangiert weltweit an 7. Stelle, weit vor Paris und London auf Position 33 und 39.<br />
63 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Imageaufbesserung<br />
<strong>Frankfurt</strong>s notwendig<br />
Wie dem auch sei – oftmals werden die guten Lebens- und Arbeitsbedingungen in der Rhein-<br />
Main-Region bzw. am <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> verkannt und im subjektiven Urteil von Finanzfachleuten<br />
leichthin als weniger attraktiv als an den anderen beiden großen Finanzstandorten Europas<br />
angesehen. Diese <strong>Ein</strong>schätzung zu verändern, muss eine vordringliche Aufgabe von Marketingaktivitäten<br />
sein (vgl. 2.4.3), denn der Raum <strong>Frankfurt</strong> hat hin<strong>sich</strong>tlich Lebensqualität einiges zu bieten.<br />
Und dies lernen viele wertschätzen, wenn sie einmal hier sesshaft geworden sind, wie die folgende<br />
Aussage eines Mitglieds der hiesigen „Banking Community“ belegt: „Wer aus dem Ausland<br />
zum Arbeiten nach <strong>Frankfurt</strong> muss, weint zwei Mal: das erste Mal, wenn er kommt, das zweite<br />
Mal, wenn er geht.“<br />
2.4.3 Eigenvermarktung<br />
<strong>Frankfurt</strong> London Paris<br />
Eigenvermarktung<br />
☺ ☺<br />
☺ International gut aufgestellt Mittelfeld Defizite<br />
Quelle: <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Unter der Vielzahl von Kriterien eines <strong>Finanzplatz</strong>es findet sein Marketing oftmals nur begrenzt<br />
Beachtung. Dabei ist eine professionelle, selbstbewusste Eigenvermarktung ein mitentscheidender<br />
Faktor für den Erfolg eines Finanzstandortes. Auch wenn ein <strong>Finanzplatz</strong> solide Grundvoraussetzungen<br />
mitbringt, ohne die entsprechende Außendarstellung wird seine wahre Größe leicht verkannt.<br />
Um eine Finanzmetropole ins rechte Licht der Öffentlichkeit zu rücken, bedarf es neben der<br />
umfassenden Bündelung vorhandener Aktivitäten und der Schaffung einer gemeinsamen Kommunikationsplattform<br />
der Bildung einer einprägsamen „Corporate Identity“, aktiver Anwerbung neuer<br />
Finanzinstitute und -spezialisten aus dem In- und Ausland sowie der fortwährenden Bestandspflege<br />
bereits ansässiger „Player“. So kann ein <strong>Finanzplatz</strong> die rechte Aufmerksamkeit der Akteure an<br />
den Finanzmärkten auf <strong>sich</strong> ziehen und seine internationale Stellung festigen.<br />
Vermarktungsaktivitäten für den <strong>Finanzplatz</strong> London<br />
Marketing für den <strong>Finanzplatz</strong><br />
London durch IFSL und …<br />
… Corporation of London<br />
Die Eigenvermarktung des britischen Finanzzentrums verläuft konzentriert über zwei Kanäle: Zum<br />
einen setzt <strong>sich</strong> für den <strong>Finanzplatz</strong> London nachdrücklich die 1986 als unabhängige, nicht-gewinnorientierte<br />
Organisation gegründete „International Financial Services London“ (ISFL) ein, die<br />
in engem Kontakt zum Finanz-, Wirtschafts- und Außenministerium steht und <strong>sich</strong> als Mittler zwischen<br />
Politik und Finanzwirtschaft sieht. Zu ihren Mitgliedern zählen neben allen führenden Finanzunternehmen<br />
des Landes bzw. der „City“ die Verbände der Finanzwirtschaft, die Börsen sowie<br />
die Bank of England und die Stadt London („Corporation of London“). Die wesentliche Aufgabe<br />
der IFSL ist die internationale Vermarktung des <strong>Finanzplatz</strong>es London. In Kooperation mit<br />
der Regierung werden zahlreiche Veranstaltungen im In- und Ausland zur Präsentation des Leistungsspektrums<br />
und der Produktpalette des Londoner <strong>Finanzplatz</strong>es organisiert, im vergangenen<br />
Jahr ging es z.B. um „Public Private Partnership“ (PPP) und „Private Wealth Management“ sowie<br />
um Weiterbildungs- und Qualifikationsmöglichkeiten. Via Internet werden zahlreiche Gutachten<br />
und aktuelle Statistiken zur Bedeutung Londons im internationalen Finanzgeschehen bereitgestellt.<br />
Zum anderen betreibt die „Corporation of London“ – v.a. in Person des „Lord Mayor“ der „City of<br />
London“ als dem Herzstück der Finanzgeschäfte des Landes und der Metropole – ein intensives<br />
<strong>Finanzplatz</strong>marketing. <strong>Ein</strong>e zentrale Aufgabe des Oberbürgermeisters besteht in Werbeaktivitäten<br />
für den Finanzstandort London und die „Großbritannien AG“ im In- und Ausland. Unter dem<br />
Motto „Promoting UK Financial Services“ bietet er auf <strong>Ein</strong>ladung des Außenministeriums in Begleitung<br />
einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm<br />
weltweit. Dabei werden allerdings auch die Interessen der Städte Edinburgh, Glasgow, Manchester,<br />
Leeds, Birmingham and Bristol vertreten – neben London die Zentren des britischen Privat-<br />
64 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
kundengeschäfts. <strong>Ein</strong>e wichtige Marketingaktivität der „City of London“ ist auch die Erstellung<br />
von Gutachten zum Finanzmarkt und anderen London-spezifischen Themen, die sie auf ihrer Internetseite<br />
zur Verfügung stellt.<br />
Vermarktungsaktivitäten für den <strong>Finanzplatz</strong> Paris<br />
Koordiniertes Marketing durch<br />
„Paris Europlace“<br />
Die Marketingaktivitäten für den <strong>Finanzplatz</strong> Paris werden zentral von „Paris Europlace“ durchgeführt<br />
und koordiniert. Neben den Gründungsmitgliedern (z.B. Banque de France, Industrie- und<br />
Handelskammer Paris, Stadt Paris, „Conseil Régional d'Île-de-France“, Börse Euronext Paris,<br />
Euroclear) zählt die Organisation heute über 150 Mitglieder – und zwar mit Banken, Investmenthäusern,<br />
Emittenten, Vertretern des Asset-Management, Verbänden, Rechtanwaltskanzleien und<br />
Unternehmensberatungen viele wichtige Akteure der <strong>Finanzplatz</strong>szene (vgl. 2.2). „Paris Europlace“<br />
verfolgt fünf Schwerpunkte zur Vermarktung und Weiterentwicklung des <strong>Finanzplatz</strong>es<br />
Paris:<br />
• Internationales Marketing mittels mehrerer Finanz-Foren pro Jahr – größte Veranstaltungen<br />
mit bis zu 1.500 Teilnehmern in Paris, New York, Tokio sowie in anderen Ländern;<br />
• Reform- und Aktionsprogramm zur Erarbeitung politischer Handlungsempfehlungen für die<br />
Fortentwicklung des französischen Finanzmarktes;<br />
• Veröffentlichung von Gutachten, Stellungnahmen und Statistiken zur <strong>Finanzplatz</strong>thematik<br />
von Mitgliedsorganisationen, Ministerien und EZB;<br />
• Lobbying in Frankreich;<br />
• Lobbying auf Europäischer Ebene mittels enger Kontakte zu Europäischer Kommission und<br />
Parlament (z.B. Arbeitsgruppe „Europe post 2005“ zur Vertretung der Interessen des <strong>Finanzplatz</strong>es<br />
Paris in EU).<br />
Vermarktungsaktivitäten für den <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong><br />
Strauss an Initiativen und<br />
Aktivitäten zur Stärkung des<br />
<strong>Finanzplatz</strong>es <strong>Frankfurt</strong><br />
In <strong>Frankfurt</strong> gibt es eine Vielzahl von Aktivitäten bzw. Initiativen, die <strong>sich</strong> der Stärkung des deutschen<br />
Finanzzentrums, und zwar insbesondere der Verbesserung seiner Entwicklungsperspektiven<br />
und der Werbung im In- und Ausland verschrieben haben. Der Großteil dieser Organisationen betreibt<br />
aktives <strong>Standort</strong>marketing für <strong>Frankfurt</strong> bzw. die Region Rhein-Main, einige setzen <strong>sich</strong><br />
mehr für die Interessen des Finanzstandortes Deutschland insgesamt ein. So reicht das Spektrum<br />
dabei<br />
• von sehr eng auf den <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> ausgerichteten Initiativen: <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong><br />
Kommission, Zukunftsforum <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong>, ressortübergreifende Initiativen der Landesregierung<br />
zur Stärkung der Finanzmetropole, Dialogforum Universität und <strong>Finanzplatz</strong><br />
<strong>Frankfurt</strong>, Banken- und Ver<strong>sich</strong>erungsausschüsse der IHK <strong>Frankfurt</strong>, Bankenverband Hessen,<br />
Servicestelle <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong>,<br />
• über am Main angesiedelte, aber <strong>sich</strong> für den <strong>Finanzplatz</strong> Deutschland insgesamt einsetzende<br />
Initiativen und Institutionen: Initiative Finanzstandort Deutschland, Deutsche Bundesbank,<br />
Deutsches Aktieninstitut, Verband der Auslandsbanken, „International Bankers Forum“,<br />
• bis hin zu regional und branchenmäßig breiter orientierten Organisationen: „<strong>Frankfurt</strong>Rhein-<br />
Main GmbH International Marketing of the Region“, Wirtschaftsförderung <strong>Frankfurt</strong>, Wirtschaftsförderung<br />
Region <strong>Frankfurt</strong> RheinMain, Wirtschaftsinitiative Metropolitana <strong>Frankfurt</strong>RheinMain,<br />
IHK-Forum Rhein-Main.<br />
Bündelung der Initiativen für<br />
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> sinnvoll<br />
Im Gegensatz zu IFSL in London und „Paris Europlace“ gibt es jedoch am <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong><br />
bisher noch keine gemeinsame Plattform, die all die Aktivitäten dieser Initiativen bündelt und für<br />
einen regelmäßigen Meinungs- und Informationsaustausch unter ihnen sorgt – geschweige denn<br />
ein einheitliches, professionelles Marketingkonzept. Für den nachhaltigen Erfolg des deutschen<br />
Finanzzentrums am Main ist es aber wichtig, dass seine Stärken durch eine mit vereinten Kräften<br />
verfolgte Eigenvermarktung in der Öffentlichkeit präsenter werden.<br />
65 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> synonym für<br />
Deutschland vermarkten;<br />
derzeit aktive <strong>Finanzplatz</strong><br />
München Initative<br />
Selbstbewusstes nationales<br />
Marketing für deutsches<br />
Finanzzentrum<br />
„aus einem Guss“<br />
erfolgsversprechend<br />
Dabei ist es sinnvoll, den <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> synonym für den <strong>Finanzplatz</strong> Deutschland insgesamt<br />
zu vermarkten, denn nur das deutsche Finanzzentrum am Main kann im internationalen Wettbewerb<br />
bestehen. Stattdessen gibt es gegenwärtig neben den zahlreichen Initiativen für <strong>Frankfurt</strong><br />
auch ein aktives <strong>Finanzplatz</strong>marketing in München: Im Jahr 2000 wurde die <strong>Finanzplatz</strong> München<br />
Initiative (fpmi) gemeinsam von Unternehmen, der Bayerischen Börse, Wirtschaftsverbänden,<br />
Wissenschaft und Politik ins Leben gerufen, um die Bedeutung des <strong>Standort</strong>es mittels eines<br />
deutsch/englischen Internetauftrittes, der Bekanntmachung branchenrelevanter Veranstaltungen<br />
und politischer Lobbyarbeit (inter)national zu fördern. Anfang 2006 wurde eine sogenannte<br />
Clusteroffensive zwecks gezielter Netzwerkbildung bzw. Intensivierung der Kommunikation zwischen<br />
Wissenschaft und Finanzinstituten gestartet.<br />
<strong>Ein</strong> auf breiter Basis abgestimmtes, nationales Marketingkonzept für den <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> als<br />
Herzstück des deutschen Finanzwesens und eine gemeinsame Interessenvertretung wären der Stellung<br />
des hiesigen Finanzstandortes im internationalen Finanzgefüge <strong>sich</strong>erlich dienlicher als einzelne,<br />
parallel verlaufende Aktionen an Main und Isar, zumal dann mehr Transparenz über relevante<br />
Veranstaltungen und Ansprechpartner geschaffen würde. Die Grundvoraussetzungen des<br />
<strong>Finanzplatz</strong>es <strong>Frankfurt</strong> sind gut, ein selbstbewussterer Auftritt „aus einem Guss“ würde dies in<br />
der internationalen Finanzwelt mehr zur Geltung bringen.<br />
66 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
3 Fazit und Ausblick<br />
Positionierung des <strong>Finanzplatz</strong>es<br />
<strong>Frankfurt</strong> aktuell und künftig<br />
Wie steht der <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> im europäischen Finanzgeschehen da, und wie wird er <strong>sich</strong><br />
künftig entwickeln? Dazu werden die Smiley-<strong>Ein</strong>zelbewertungen aus dem jeweiligen Abschnitt zu<br />
einem Smiley-Tableau zusammengeführt. Resümierend wird daraus eine zeitpunktbezogene<br />
<strong>Standort</strong>bestimmung der drei großen Finanzplätze Europas vorgenommen. Anschließend wird auf<br />
die Perspektiven bzw. das Entwicklungspotenzial des deutschen Finanzzentrums am Main eingegangen,<br />
indem seine Stärken und Schwächen dargelegt sowie Marktpotenziale und politische<br />
Handlungsempfehlungen abgeleitet werden.<br />
3.1 <strong>Standort</strong>bestimmung der drei Finanzplätze<br />
Smiley-Tableau:<br />
<strong>Standort</strong>bestimmung der drei<br />
großen Finanzplätze Europas<br />
Im Smiley-Tableau finden <strong>sich</strong> die 12 Charakteristika wieder, die das Wesen eines <strong>Finanzplatz</strong>es<br />
ausmachen. Diese Charakteristika setzen <strong>sich</strong> wiederum aus vielen <strong>Ein</strong>zelaspekten zusammen. Die<br />
Bewertung der 12 Kriterien ist somit bereits ein aggregiertes Ergebnis, eine weitere Addition dieser<br />
Qualitätsurteile ist nicht angemessen. Schließlich handelt es <strong>sich</strong> um ein vielschichtiges Spektrum<br />
von Kriterien, innerhalb dessen <strong>sich</strong> kein quantitatives Gewichtungsschema festlegen lässt.<br />
Smiley-Tableau<br />
Kriterium <strong>Frankfurt</strong> London Paris<br />
Regionale Bedeutung<br />
☺ ☺ ☺<br />
Akteure am <strong>Finanzplatz</strong><br />
Banken<br />
☺ ☺<br />
Ver<strong>sich</strong>erungen<br />
☺ ☺<br />
Börsen<br />
☺ ☺ ☺<br />
Finanzbezogene Institutionen<br />
☺ <br />
<strong>Finanzplatz</strong>orientierte Dienstleister<br />
☺ <br />
Finanzbezogene Wachstumsdeterminanten<br />
Finanzbezogene Bildung & Forschung<br />
☺ ☺<br />
Trends in der Finanzbranche<br />
☺ <br />
Auslandsaktivitäten<br />
☺ ☺ <br />
Förderliche Rahmenbedingungen<br />
Historische Wurzeln<br />
☺ ☺ ☺<br />
<strong>Standort</strong>spezifische Qualitäten<br />
☺ <br />
Eigenvermarktung<br />
☺ ☺<br />
☺ International gut aufgestellt Mittelfeld Defizite<br />
Zentrale Kriterien farbig unterlegt.<br />
Quellen: <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft, Hessen Agentur<br />
67 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Fokus auf fünf Kriterien<br />
Definition Smiley-Tableau<br />
Bei der finalen Gegenüberstellung der drei Finanzplätze wird der Fokus auf die fünf essenziellen<br />
Wesens- bzw. Erfolgskriterien eines <strong>Finanzplatz</strong>es gelegt: Banken, Börsen, Finanzbezogene Bildung<br />
& Forschung, Trends in der Finanzbranche und <strong>Standort</strong>spezifische Qualitäten.<br />
☺ zeigt an, dass der jeweilige <strong>Finanzplatz</strong> bei dem betrachteten Kriterium im Sinne internationaler<br />
Wettbewerbsfähigkeit gut aufgestellt ist, während auf Defizite in diesem Bereich hinweist; <br />
signalisiert, dass <strong>sich</strong> der <strong>Finanzplatz</strong> im Mittelfeld <strong>bewegt</strong>, d.h. dass die dahinterstehenden einzelnen<br />
Kenngrößen ein gemischtes Bild zeichnen. Bei der Bewertung anhand der Smileys wird<br />
keine relative <strong>Ein</strong>ordnung der drei Finanzplätze zueinander vorgenommen.<br />
Auswertung des Smiley-Tableaus<br />
Londons Spitzenposition sticht<br />
hervor, <strong>Frankfurt</strong> und Paris<br />
teilweise ebenbürtig<br />
Intensiver Wettbewerb zwischen<br />
<strong>Frankfurt</strong> und Paris :<br />
Zwei gleiche Bewertungen ...<br />
Das Smiley-Tableau zeigt die klare Vorrangstellung des <strong>Finanzplatz</strong>es London im europäischen<br />
Finanzwesen. Hier fällt das Urteil nahezu bei allen Kriterien positiv aus, und bei vier von den fünf<br />
wesentlichen Faktoren ist London gut aufgestellt. Lediglich beim zentralen Faktor der <strong>Standort</strong>spezifischen<br />
Qualitäten ist das britische Finanzzentrum ange<strong>sich</strong>ts der hohen Kosten für Büroimmobilien<br />
und Lebenshaltung sowie der langen Verkehrswege insgesamt nur von mittelmäßiger<br />
Güte. Das deutsche und das französische Finanzzentrum spielen nicht in derselben Liga wie das<br />
britische. Dennoch sind sie London zumindest teilweise ebenbürtig – z.B. hin<strong>sich</strong>tlich Börse –<br />
oder gar besser aufgestellt, wie im Falle <strong>Frankfurt</strong>s bei der Gesamtheit der <strong>Standort</strong>spezifischen<br />
Qualitäten.<br />
Die Finanzzentren Deutschlands und Frankreichs konkurrieren intensiv miteinander; innerhalb<br />
Kontinentaleuropas ist Paris ein Ernst zu nehmender Wettbewerber für <strong>Frankfurt</strong>. Bei zwei der<br />
besonders wichtigen Kriterien erhalten diese beiden Finanzstandorte die gleiche Bewertung:<br />
Börse<br />
• Mit der Deutschen Börse am Main und der Euronext an der Seine verfügen gegenwärtig sowohl<br />
<strong>Frankfurt</strong> als auch Paris über eine Börse von herausragender Bedeutung in Europa. Beide<br />
Finanzplätze werden aktuell mit einem ☺ bewertet. Da die geplante Fusion zur NYSE Euronext<br />
voraus<strong>sich</strong>tlich erst Ende des Jahres abgeschlossen sein wird, ist zum gegebenen Zeitpunkt<br />
bei einer <strong>Standort</strong>bestimmung der Finanzplätze eine Status quo-Betrachtung angemessen.<br />
Deutsche Börse und Euronext weisen neben ihren Strukturunterschieden folgende Besonderheiten<br />
auf: Zum einen hat die Deutsche Börse ange<strong>sich</strong>ts ihrer mit Abstand höchsten Marktkapitalisierung<br />
in Europa eine Spitzenposition inne und <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong> auf international hohem<br />
Niveau. Ihre internationale Stellung könnte noch stärker sein, wenn jegliches nationale Börsengeschehen<br />
auf <strong>Frankfurt</strong> konzentriert wäre. Zum anderen handelt es <strong>sich</strong> bei der Euronext<br />
um eine europäische Mehrländerbörse; im Derivatehandel konkurrieren Euronext inklusive<br />
der Londoner LIFFE mit der deutsch-schweizerischen Terminbörse Eurex.<br />
Trends in der Finanzbranche<br />
• An den Finanzplätzen <strong>Frankfurt</strong> und Paris ist die Entwicklung und Umsetzung von Trends in<br />
der Finanzbranche noch nicht so weit fortgeschritten wie in London. Das deutsche und französische<br />
Finanzzentrum weisen eine Position im Mittelfeld auf. Neuere Finanzmarktströmungen<br />
können oftmals auf Grund gesetzlicher Vorgaben nur begrenzt umgesetzt werden.<br />
Es haben <strong>sich</strong> verschiedene Akzente herausgebildet: In Deutschland sind die Märkte für den<br />
Kreditrisikotransfer bereits ausgeprägter als in Frankreich. Demgegenüber kann Frankreich<br />
eine dynamischere Investmentbranche sowie bereits Erfahrungen mit REITs vorweisen. Ähnlich<br />
rege agieren in beiden Ländern internationale Finanzinvestoren, wobei der deutsche<br />
Markt besonders im Fokus von Private-Equity- und Hedge-Fonds-Gesellschaften steht.<br />
68 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
... und drei differierende<br />
Neben diesen zwei zentralen Charakteristika, in denen <strong>Frankfurt</strong> und Paris vergleichbar aufgestellt<br />
sind, fällt das Urteil in den anderen drei Kernbereichen unterschiedlich aus:<br />
Banken<br />
• Die am <strong>Finanzplatz</strong> Paris ansässigen Banken sind im internationalen Wettbewerb gut aufgestellt,<br />
wie Kennzahlen ihrer Ertragslage und Profitabilität belegen. Zu ihrer relativ guten Positionierung<br />
trug die vorteilhaftere Ausgangssituation bei. Demgegenüber besteht beim Gros der<br />
am Main beheimateten Banken Verbesserungsbedarf bzgl. ihrer Rentabilität. <strong>Frankfurt</strong>s Banken<br />
als Bestandteil der deutschen Kreditbranche sind jedoch mit spezifischen strukturellen<br />
und konjunkturellen Belastungsfaktoren konfrontiert. <strong>Ein</strong>e den anderen beiden Finanzplätzen<br />
vergleichbare Konzentration der Kreditinstitute ist in Deutschland unwahrscheinlich. Nach einer<br />
konjunkturellen Schwächephase unterstützt nun die Wirtschaftsbelebung den Erholungskurs<br />
der Banken. Dies schlägt <strong>sich</strong> in einer moderaten Verbesserung der Erträge nieder.<br />
Aus der Sicht von Auslandsbanken haben <strong>Frankfurt</strong> und Paris eine geringere Bedeutung als<br />
London. Dennoch suchen sie ihre internationale Position auch durch Präsenz an Main und<br />
Seine zu manifestieren. Am deutschen und französischen Finanzzentrum sind gleich viele<br />
Auslandsbanken vertreten. Unter den Auslandsbanken hat der <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> allerdings<br />
den Ruf als Drehscheibe kontinentaleuropäischer Finanzaktivitäten.<br />
Finanzbezogene Bildung & Forschung<br />
• <strong>Frankfurt</strong> besitzt als finanzbezogener Bildungs- und Forschungsstandort noch nicht das internationale<br />
Renommee von London und Paris. Doch in den letzten Jahren hat die intellektuelle<br />
„Finanz-Community“ an Profil gewonnen. Die Main-Metropole bietet ein zunehmend vielfältigeres<br />
Bildungsangebot im Finanzwesen und übt eine wachsende Anziehungskraft auf international<br />
angesehene Wissenschaftler aus. Mit der Gründung des „House of Finance“ schlägt<br />
<strong>Frankfurt</strong> die richtige Richtung ein, um seinen <strong>Finanzplatz</strong> an den Wurzeln zu stärken und die<br />
Innovationskraft zu steigern. Durch die Förderung des Produktionsfaktors Humankapital erhält<br />
das deutsche Finanzzentrum nicht nur direkte, sondern auch indirekte Impulse, indem die<br />
Chancen für Finanzinnovationen verbessert werden. <strong>Ein</strong>e zweite wichtige Wachstumsdeterminante<br />
eines <strong>Finanzplatz</strong>es – Trends in der Finanzbranche – wird hierdurch ebenfalls gestärkt.<br />
So verfolgt <strong>Frankfurt</strong> eine erfolgversprechende Strategie, um <strong>sich</strong> dauerhaft im europäischen<br />
Finanzgeschehen zu behaupten.<br />
<strong>Standort</strong>spezifische Qualitäten<br />
• Hin<strong>sich</strong>tlich der <strong>Standort</strong>spezifischen Qualitäten ist <strong>Frankfurt</strong> im Vorteil gegenüber den anderen<br />
beiden Finanzplätzen. Es verfügt über eine gute Infrastruktur in Kombination mit kurzen<br />
Wegstrecken, die Kosten für Büroimmobilien und Lebenshaltung sind hier anhaltend vergleichsweise<br />
niedrig, und in Bezug auf Lebensqualität nimmt <strong>Frankfurt</strong> eine gute Stellung ein.<br />
Die Unternehmensbesteuerung ist am deutschen Finanzzentrum jedoch zu hoch. Demgegenüber<br />
weist Paris bei dem Kriterienkatalog der allgemeinen Qualitäten eines <strong>Standort</strong>s insgesamt<br />
nur eine mittlere Güte auf. Und dies sind mit relativ teuren Büroimmobilien und recht<br />
hohen Lebenshaltungskosten Faktoren, die <strong>sich</strong> in der französischen Metropole nur schwer<br />
verbessern lassen. Während die Steuerbelastung für Unternehmen dort relativ niedrig ist, fällt<br />
die Besteuerung Hochqualifizierter höher aus als in <strong>Frankfurt</strong>.<br />
Paris zum Betrachtungszeitpunkt<br />
ernsthafter Konkurrent, aber<br />
<strong>Frankfurt</strong> mit vielversprechenden<br />
Perspektiven<br />
Der abschließende Vergleich der Finanzplätze <strong>Frankfurt</strong> und Paris anhand der fünf wesentlichen<br />
Kriterien zeigt, dass in dieser Zeitpunktbetrachtung Paris ein ernstzunehmender Konkurrent zu<br />
<strong>Frankfurt</strong> ist. Entscheidend sind jedoch die vielversprechenden Perspektiven des deutschen Finanzzentrums<br />
in den derzeit mittelmäßig beurteilten Bereichen. <strong>Frankfurt</strong> hat gute Chancen, <strong>sich</strong><br />
hier besser zu positionieren und den Wettbewerb um die Stellung als bedeutendster Finanzstandort<br />
Kontinentaleuropas zu gewinnen. Denn <strong>Frankfurt</strong> bieten <strong>sich</strong> mehr Veränderungsmöglichkeiten,<br />
69 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
und es befindet <strong>sich</strong> schon auf dem richtigen Weg. Demgegenüber kann Paris kaum etwas gegen<br />
seine Nachteile unternehmen. <strong>Ein</strong> Aufschließen des deutschen zum britischen Finanzzentrum liegt<br />
ange<strong>sich</strong>ts dessen unangefochtener Spitzenposition derzeit noch in weiter Ferne. <strong>Frankfurt</strong> sollte<br />
<strong>sich</strong> jedoch an London orientieren und anstreben, <strong>sich</strong> in immer mehr Bereichen ebenbürtig zu<br />
erweisen.<br />
3.2 <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – Blick in die Zukunft<br />
3.2.1 Stärken/Schwächen-Analyse<br />
Stärken und Schwächen des<br />
<strong>Finanzplatz</strong>es <strong>Frankfurt</strong><br />
Die weitere Entwicklung des <strong>Finanzplatz</strong>es <strong>Frankfurt</strong> hängt entscheidend davon ab, inwieweit er<br />
seine Stärken zu wahren und festigen weiß, Chancen erfolgreich ergreift, Schwächen ernsthaft<br />
angeht und bestehende Risiken minimiert. Mit der folgenden Tabelle wird ein Überblick über die<br />
Stärken und Schwächen des <strong>Finanzplatz</strong>es <strong>Frankfurt</strong> gegeben. Die einzelnen Kategorien orientieren<br />
<strong>sich</strong> wie auch schon die Smiley-Tabelle an der Gliederungsstruktur der <strong>Finanzplatz</strong>-Charakteristika.<br />
Stärken/Schwächen-Analyse für den <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong><br />
Stärken<br />
Schw ächen<br />
Wichtiger Bankenstandort in Europa<br />
Intensive internationale Verflechtungen der<br />
Banken<br />
Stabilität und Widerstandskraft des<br />
Finanzsystems<br />
Bedeutende, international hoch kompetitive Börse<br />
Globale Spitzenposition der Eurex im<br />
Derivatehandel<br />
EZB als w ichtiges „Asset“<br />
Relativ kleine w irtschaftliche Kernregion<br />
Konkurrenz dezentraler Finanzplätze im Inland<br />
hemmt internationale Wettbew erbsfähigkeit<br />
Rentabilitätsprobleme der Banken Anfang des<br />
Jahrtausends<br />
BaFin nicht ausschließlich in <strong>Frankfurt</strong><br />
Finanzbezogener Wissensstandort mit geringem<br />
internationalen Renommee<br />
Zögerliche Finanzgesetzgebung<br />
<strong>Frankfurt</strong> unter den "Top 10 World Cities"<br />
Tradition als Messe- und Bankenstadt<br />
Sehr gute Verkehrsinfrastruktur in Verbindung<br />
mit kurzen Wegen<br />
Relativ günstige Büroimmobilien und hohe<br />
Kaufkraft<br />
Relativ hohe Unternehmenssteuerbelastung<br />
Keine systematische <strong>Finanzplatz</strong>-<br />
Eigenvermarktung<br />
Quelle: <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
3.2.2 Chancen: Marktpotenziale und politische Handlungsempfehlungen<br />
Chancen des <strong>Finanzplatz</strong>es<br />
<strong>Frankfurt</strong><br />
In der nachfolgenden Tabelle „Chancen für den <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong>“ wird zum einen auf Marktpotenziale<br />
hingewiesen, d.h. Bereiche, in denen die <strong>Finanzplatz</strong>-Akteure selbst aktiver werden und<br />
ihre Stellung ausbauen können. Zum anderen wird politischer Handlungsbedarf aufgezeigt, damit<br />
der <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> vermehrte Bedeutung in der internationalen Finanzwelt erlangen kann.<br />
70 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Chancen für den <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong><br />
Marktpotenziale<br />
Ertragsperspektiven durch Konjunkturerholung<br />
Wachstumschancen für Banken durch<br />
Internationalisierungsstrategien<br />
Hohe Dynamik bei Firmenübernahmen (M&A) und<br />
-beteiligungen (Private-Equity)<br />
Politische Handlungsempfehlungen<br />
Fokussierung auf deutsches Finanzzentrum<br />
(ggf. arbeitsteiliges Vorgehen)<br />
BaFin-Zentrale in <strong>Frankfurt</strong> zur Intensivierung des<br />
Dialogs mit Akteuren<br />
Verstärkte Förderung der Finanzbezogenen<br />
Bildung & Forschung<br />
Dynamische und innovative Börsensegmente<br />
Zeitnahe und marktgerechte Finanzgesetzgebung<br />
Hoher Altersvorsorgebedarf stärkt<br />
Investmentbranche<br />
Expansion der Märkte für Kreditrisikotransfer<br />
Neuordnung des Steuersystems<br />
Koordiniertes selbstbew usstes <strong>Finanzplatz</strong>-<br />
Marketing<br />
Quelle: <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft<br />
Marktpotenziale<br />
Ertragsperspektiven durch<br />
Konjunkturerholung<br />
Wachstumschancen für<br />
Banken durch<br />
Internationalisierungsstrategien<br />
Hohe Dynamik bei Firmenübernahmen<br />
und -beteiligungen<br />
Dynamische und innovative<br />
Börsensegmente<br />
Hoher Altersvorsorgebedarf<br />
stärkt Investmentbranche<br />
Expansion der Märkte<br />
für Kreditrisikotransfer<br />
• Für die gestärkt aus der Schwächephase hervorgehenden Banken am Main ist es wichtig, die<br />
konjunkturell positiveren Rahmenbedingungen zu nutzen, um weiter an ihrer Wettbewerbsfähigkeit<br />
zu arbeiten und <strong>sich</strong> besser im internationalen Finanzgefüge aufzustellen.<br />
• Dazu gehört auch der verstärkte Blick ins Ausland, wo <strong>sich</strong> hiesigen Finanzinstituten noch<br />
erhebliche Potenziale bieten – z.B. in Osteuropa oder Asien machen deutsche Banken nur<br />
teilweise von ihren Möglichkeiten Gebrauch und könnten auf Basis ihrer umfangreichen Kreditbeziehungen<br />
ins Ausland auch aktiver im dortigen Geschäft vor Ort werden.<br />
• Daneben bestehen in Anbetracht des <strong>sich</strong> vollziehenden Wandels in der deutschen Unternehmenslandschaft<br />
reger Bedarf an Beratung und Begleitung von Firmenübernahmen sowie Möglichkeiten<br />
der Beteiligung. Und dieses Feld sollten hiesige Investmentbanken und Private-<br />
Equity-Gesellschaften nicht länger schwerpunktmäßig angelsächsischen Häusern überlassen.<br />
Zwar hat die ausländische Konkurrenz über die Jahre mehr Expertise und Renommee erworben,<br />
doch inländische Akteure können mit einer stärkeren Verankerung am <strong>Standort</strong> Deutschland<br />
bzw. einem intensiveren Verständnis der Mentalität aufwarten.<br />
• Des weiteren gilt es für das europäische Schwergewicht Deutsche Börse, fortwährend an seiner<br />
Stellung zu feilen und offen für neue Produkte und Strömungen zu sein.<br />
• Ferner stehen der Investmentbranche insbesondere durch den wachsenden privaten Altersvorsorgebedarf<br />
hierzulande umfangreiche Expansionsmöglichkeiten offen, zumal das deutsche<br />
Investmentvermögen pro Kopf noch relativ niedrig ist.<br />
• Auch in den hiesigen, recht jungen Märkten für Kreditrisikotransfer steckt gerade in Anbetracht<br />
der hohen Kreditvergabe an den deutschen Privatsektor noch einiges an Potenzial, das<br />
es zu heben gilt.<br />
71 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Politische Handlungsempfehlungen<br />
Fokussierung auf<br />
deutsches Finanzzentrum<br />
(ggf. arbeitsteiliges Vorgehen)<br />
• Für die internationale Wettbewerbsfähigkeit des <strong>Finanzplatz</strong>es Deutschland insgesamt ist es<br />
wichtig, anstelle der innerdeutschen Konkurrenz eine arbeitsteilige Konzentration auf Schwerpunktthemen<br />
anzustreben. Das Bewusstsein der Akteure sollte gestärkt werden, dass der Erfolg<br />
des <strong>Finanzplatz</strong>es Deutschland und mittelbar auch ihr eigenes Ansehen eng mit einer<br />
Schwerpunktbildung am <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> verbunden sind. Dies würde die kritische Masse<br />
der <strong>Finanzplatz</strong>-Akteure am Main erhöhen – nicht nur die der Banken als die klassischen,<br />
weitreichend verankerten Finanzinstitute, sondern auch neuerer „Player“ mit zunehmendem<br />
Gewicht für das Finanzwesen, wie Investmentfonds oder Private-Equity-Gesellschaften.<br />
Daneben ist das Fortschreiten auf dem bereits eingeschlagenen Weg der Fokussierung deutscher<br />
Börsenaktivitäten auf <strong>Frankfurt</strong> sinnvoll. Der Ausspruch des ehemaligen Bundesbankpräsidenten<br />
Pöhl (1989) bezüglich der deutschen Börsenlandschaft lässt <strong>sich</strong> auch auf den <strong>Finanzplatz</strong><br />
insgesamt übertragen:„ Was nicht in <strong>Frankfurt</strong> umgesetzt wird, wandert nach London<br />
oder Paris... <strong>Frankfurt</strong> ist der einzige Platz, der überhaupt eine Chance hat, als internationaler<br />
Platz in Frage zu kommen.“ Und der Finanzstandort <strong>Frankfurt</strong> hat gute Chancen, sie<br />
müssen nur ergriffen werden.<br />
BaFin-Zentrale in <strong>Frankfurt</strong><br />
zur Intensivierung des<br />
Dialogs mit Akteuren<br />
Verstärkte Förderung der<br />
Finanzbezogenen<br />
Bildung & Forschung<br />
Zeitnahe und marktgerechte<br />
Finanzgesetzgebung<br />
• Für den Dialog der Akteure am <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> wäre es von Vorteil, wenn die nationale<br />
Finanzauf<strong>sich</strong>t BaFin von ihrem doppelten Sitz abrücken und im Ganzen an den Main ziehen<br />
würde. Damit wären sodann alle wichtigen nationalen Institutionen des Finanzwesens hier<br />
vertreten – sowie mit der EZB eine entscheidende internationale. Dies würde die Zusammenarbeit<br />
zwischen den Finanzinstituten und ihrem nationalen Auf<strong>sich</strong>tsorgan erleichtern und befördern.<br />
Denn trotz fortschreitender Informations- und Kommunikationstechnologie sind die<br />
Nähe zur „Community“ des Finanzwesens bzw. die Pflege persönlicher Kontakte vor Ort<br />
wichtig. Zudem ergäben <strong>sich</strong> Effizienzgewinne, wenn <strong>sich</strong> zu den bereits in <strong>Frankfurt</strong> befindlichen<br />
Auf<strong>sich</strong>tsgremien in Bundesbank und EZB sowie europäischer Ver<strong>sich</strong>erungsauf<strong>sich</strong>t<br />
die BaFin mit Hauptsitz gesellen würde.<br />
• Die Qualität der finanzbezogenen intellektuellen Infrastruktur und die Innovationsdynamik<br />
sind eng miteinander verbunden. Damit <strong>sich</strong> der <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> nachhaltig weiterentwickeln<br />
und bei neu aufkommenden Strömungen eine aktive Rolle spielen kann, bedarf es des<br />
Ausbaus der Humankapitalbasis speziell im Finanzbereich. Mit seinen wachsenden Bildungsund<br />
Forschungsaktivitäten im Finanzwesen verfolgt <strong>Frankfurt</strong> den richtigen Kurs, mit dem<br />
„House of Finance“ wird es 2008 einen entscheidenden Schritt nach vorne machen. Gleichwohl<br />
gilt es, an der Entwicklung eines international anerkannten Finanz-Kompetenzzentrums<br />
weiter zu feilen und die Möglichkeiten zur Ausbildung von Spitzenkräften sowie zur Entstehung<br />
innovativer Ideen fortwährend zu fördern.<br />
• Je offener die gesetzlichen Rahmenbedingungen hierzulande hin<strong>sich</strong>tlich Trends in der Finanzbranche<br />
werden, umso mehr hat der <strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> Gelegenheit, seine Innovationsdynamik<br />
zu steigern und im europäischen Finanzmarkt zu punkten. So ist der Gesetzgeber<br />
gefordert, die Rahmenbedingungen für Finanzprodukte zeitnah und markgerecht auszugestalten,<br />
damit sie <strong>sich</strong> am deutschen Finanzzentrum durchsetzen und verbreiten können. Dabei ist<br />
zum einen an die Anpassung bestehender Finanzmarktregulierungen zu denken, wie z.B. in<br />
der Investmentbranche, in der das hierzulande vorhandene Know-How durch eine Flexibilisierung<br />
der Fondszulassung und -auf<strong>sich</strong>t besser genutzt werden könnte. Ähnliches gilt für den<br />
expansiven Bereich Private-Equity und Hedge-Fonds, in dem deutsche Gesellschaften ange<strong>sich</strong>ts<br />
international noch nicht hinreichend konkurrenzfähiger Rahmenbedingungen nur<br />
schwer Fuß fassen. Dabei sind sie gerade in dem Markt vor Ort, der in den Augen der Branche<br />
als lukrativ gilt. Zum anderen sollten im Finanzsektor neu aufkommende Trends, wie die <strong>sich</strong><br />
mittlerweile auch in Europa verbreitenden REITs, durch eine Gesetzgebung flankiert werden,<br />
72 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
die rechtzeitig erfolgt und marktfähige Produkte ermöglicht. Denn nur so kann das deutsche<br />
Finanzzentrum im Wettbewerb um Marktanteile bei neuen Produkten erfolgreich agieren.<br />
Neuordnung des Steuersystems<br />
Koordiniertes, selbstbewusstes<br />
<strong>Finanzplatz</strong>-Marketing<br />
• Bei der <strong>Standort</strong>wahl spielt die Besteuerung für Finanzinstitute und finanzplatzorientierte<br />
Dienstleister gleichermaßen wie für ihre Beschäftigten eine entscheidende Rolle. Um <strong>sich</strong> im<br />
internationalen <strong>Standort</strong>wettbewerb besser behaupten zu können, ist für den <strong>Finanzplatz</strong><br />
<strong>Frankfurt</strong> als deutsches Finanzzentrum insbesondere eine Senkung der Unternehmensbesteuerung<br />
von Nöten. Daneben ist die Schaffung steuerlicher Anreize für „High Potentials“ sinnvoll.<br />
• In Deutschland gibt es eine Vielzahl von Initiativen, die <strong>sich</strong> das Thema <strong>Finanzplatz</strong> auf ihre<br />
Fahnen geschrieben haben. Aber es mangelt an einer gemeinsamen Kommunikationsplattform<br />
und einem geschlossenen Marketingauftritt für das deutsche Finanzzentrum am Main. Mit einem<br />
konsequent und selbstbewusst verfolgten Marketing würde einer breiten Öffentlichkeit<br />
im In- und Ausland bewusst gemacht, dass <strong>Frankfurt</strong> insgesamt über gute Ausgangsvoraussetzungen<br />
<strong>Frankfurt</strong>s für eine erfolgreiche Positionierung in der internationalen Finanzwelt verfügt.<br />
Neben der Bündelung der Aktivitäten ist z.B. an die Entwicklung der Marke „<strong>Finanzplatz</strong><br />
<strong>Frankfurt</strong>“ (= <strong>Finanzplatz</strong> Deutschland) zu denken und an eine dauerhafte Werbung um<br />
Finanzinstitute und -spezialisten aus dem In- und Ausland. Mit der gebührenden Aufmerksamkeit<br />
in der internationalen „Finanz-Community“ steigen die Chancen, dass der <strong>Finanzplatz</strong><br />
<strong>Frankfurt</strong> die kontinentaleuropäische Führungsrolle erringt und auf Dauer ab<strong>sich</strong>ert. ■<br />
73 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
Hauptsitze<br />
<strong>Frankfurt</strong> am Main<br />
MAIN TOWER<br />
Neue Mainzer Straße 52-58<br />
60311 <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />
Telefon 0 69/91 32-01<br />
Telefax 0 69/29 15 17<br />
Erfurt<br />
Bonifaciusstraße 16<br />
99084 Erfurt<br />
Telefon 03 61/2 17-71 00<br />
Telefax 03 61/2 17-71 01<br />
Niederlassungen<br />
Dublin<br />
PO Box 3137<br />
5 George’s Dock<br />
IFSC<br />
IRL-Dublin 1<br />
Telefon +35 31/6 46 09 02<br />
Telefax +35 31/6 46 09 99<br />
Kassel<br />
Ständeplatz 17<br />
34117 Kassel<br />
Telefon 05 61/7 06-60<br />
Telefax 05 61/7 06-8 65 72<br />
London<br />
3rd Floor<br />
95, Queen Victoria Street<br />
GB-London EC4V 4HN<br />
Telefon +4 42 07/3 34-45 00<br />
Telefax +4 42 07/6 06-74 30<br />
New York<br />
420, Fifth Avenue<br />
USA-New York, N.Y. 10018<br />
Telefon +12 12/7 03-52 00<br />
Telefax +12 12/7 03-52 56<br />
Repräsentanzen<br />
Madrid<br />
General Castanos, 4<br />
Bajo Dscha.<br />
E-28004 Madrid<br />
Telefon +34 91/39 11-0 04<br />
Telefax +34 91/39 11-1 32<br />
Mumbai (Indien)<br />
418, Maker Chambers V.<br />
Nariman Point<br />
IN-Mumbai-400021<br />
Paris<br />
40, rue La Pérouse<br />
F-75116 Paris<br />
Telefon +3 31/40 67-77 22<br />
Telefax +3 31/40 67-9153<br />
Auswahl der Beteiligungsund<br />
Tochtergesellschaften<br />
Banque LBLux S.A.<br />
3, rue Jean Monnet<br />
L-2180 Luxemburg<br />
Telefon +3 52 42/4 34-1<br />
Telefax +3 52 42/4 34-50 99<br />
BWT<br />
Beteiligungsgesellschaft<br />
für den Wirtschaftsaufbau<br />
Thüringens mbH<br />
MAIN TOWER<br />
Neue Mainzer Straße 52-58<br />
60311 <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />
Telefon 0 69/91 32-43 33<br />
Telefax 0 69/91 32-28 50<br />
DIV<br />
Deutsche Immobilienfonds<br />
GmbH<br />
Schaumainkai 87<br />
60596 <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />
Telefon 0 69/6 33 05-0<br />
Telefax 0 69/6 33 05-112<br />
<strong>Frankfurt</strong>er Sparkasse AG<br />
Neue Mainzer Straße 47-53<br />
60311 <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />
Telefon 0 69/26 41-0<br />
Telefax 0 69/26 41-29 00<br />
GGM<br />
Gesellschaft für Gebäude-<br />
Management mbH<br />
Rossertstraße 2<br />
60323 <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />
Telefon 0 69/77 01 97-0<br />
Telefax 0 69/77 01 97-77<br />
GWH<br />
Gemeinnützige<br />
Wohnungsgesellschaft mbH<br />
Hessen<br />
Westerbachstraße 33<br />
60489 <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />
Telefon 0 69/9 75 51-0<br />
Telefax 0 69/9 75 51-150<br />
HANNOVER LEASING<br />
GmbH & Co.KG<br />
Wolfratshauser Straße 49<br />
82049 Pullach<br />
Telefon 0 89/2 11 04-0<br />
Telefax 0 89/2 11 04-2 10<br />
HBB Capital Advisers GmbH<br />
Maximilianstraße 40<br />
80539 München<br />
Telefon 0 89/89 06 46-0<br />
Telefax 0 89/89 06 46-20<br />
Schumannstraße 4-6<br />
60325 <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />
Telefon 0 69/7 13 76 76-0<br />
Telefax 0 69/7 13 76 76-20<br />
HBM<br />
<strong>Helaba</strong> Beteiligungs-<br />
Management GmbH<br />
Schumannstraße 4-6<br />
60325 <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />
Telefon 0 69/97 20 87-0<br />
Telefax 0 69/97 20 87-20<br />
74 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Finanzplatz</strong> <strong>Frankfurt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Standort</strong> <strong>bewegt</strong> <strong>sich</strong><br />
<strong>Helaba</strong> Dublin<br />
Landesbank Hessen-<br />
Thüringen International<br />
PO Box 3137<br />
5 George’s Dock<br />
IFSC<br />
IRL-Dublin 1<br />
Telefon +35 31/6 46 09 00<br />
Telefax +35 31/6 46 09 99<br />
<strong>Helaba</strong> Immobilien GmbH (HIG)<br />
Neue Mainzer Straße 52-58<br />
60311 <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />
Telefon 0 69/91 32-44 69<br />
Telefax 0 69/91 32-8 44 69<br />
<strong>Helaba</strong> International<br />
Finance plc<br />
PO Box 3137<br />
5 George’s Dock<br />
IFSC<br />
IRL-Dublin 1<br />
Telefon +35 31/6 46 09 01<br />
Telefax +35 31/6 46 09 99<br />
<strong>Helaba</strong> Invest<br />
Kapitalanlagegesellschaft mbH<br />
JUNGHOF<br />
Junghofstraße 24<br />
60311 <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />
Telefon 0 69/2 99 70-0<br />
Telefax 0 69/2 99 70-6 30<br />
<strong>Helaba</strong> Northern Trust GmbH<br />
MAIN TOWER<br />
Neue Mainzer Straße 52-58<br />
60311 <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />
Telefon 0 69/2 99 70-0<br />
Telefax 0 69/2 99 70-6 30<br />
<strong>Helaba</strong> Trust<br />
Beratungs- und Management-<br />
Gesellschaft mbH<br />
JUNGHOF<br />
Junghofstraße 24<br />
60311 <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />
Telefon 0 69/2 99 70-0<br />
Telefax 0 69/2 99 70-1 94<br />
Innovationsfonds Hessen<br />
Innovationsfonds Hessen<br />
Beteiligungsgesellschaft<br />
mbH & Co.KG<br />
MAIN TOWER<br />
Neue Mainzer Straße 52-58<br />
60311 <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />
Telefon 0 69/97 20 87-0<br />
Telefax 0 69/97 20 87-20<br />
InvestitionsBank Hessen AG<br />
(IBH)<br />
Schumannstraße 4-6<br />
60325 <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />
Telefon 0 69/13 38 50-0<br />
Telefax 0 69/13 38 50-50<br />
LB Immo Invest GmbH<br />
Mönckebergstraße 11<br />
20095 Hamburg<br />
Telefon 0 40/33 33-44 18<br />
Telefax 0 40/33 33-44 17<br />
LB Immobilienbewertungsgesellschaft<br />
mbH<br />
MAIN TOWER<br />
Neue Mainzer Straße 52-58<br />
60311 <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />
Telefon 0 69/9 20 34-57 00<br />
Telefax 0 69/9 20 34-50 58<br />
LB Transaktionsbank GmbH<br />
<strong>Frankfurt</strong> (Main) – München<br />
(TxB)<br />
Strahlenbergerstraße 15<br />
63067 Offenbach am Main<br />
Telefon 0 69/5 88 00-0<br />
<strong>Ein</strong>steinring 9<br />
85609 Aschheim-Dornach<br />
Telefon 0 89/5 88 00-0<br />
LB(Swiss) Investment AG<br />
Fraumünsterstraße 25<br />
CH-8001 Zürich<br />
Telefon +411/2 25-37 90<br />
Telefax +411/2 25-37 91<br />
LB(Swiss) Privatbank AG<br />
Börsenstraße 16<br />
CH-8022 Zürich<br />
Telefon +4 11/2 65 44-44<br />
Telefax +411/2 65 44-11<br />
OFB Projektentwicklung GmbH<br />
Myliusstraße 33-37<br />
60323 <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />
Telefon 0 69/9 17 32-01<br />
Telefax 0 69/9 17 32-7 07<br />
S-Beteiligungsgesellschaft<br />
Hessen-Thüringen mbH<br />
MAIN TOWER<br />
Neue Mainzer Straße 52-58<br />
60311 <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />
Telefon 0 69/97 20 87-0<br />
Telefax 0 69/97 20 87-20<br />
75 <strong>Helaba</strong> Volkswirtschaft · Juni 2006 · © <strong>Helaba</strong>
<strong>Helaba</strong><br />
Landesbank<br />
Hessen-Thüringen<br />
MAIN TOWER<br />
Neue Mainzer Straße 52-58<br />
60311 <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />
Telefon 0 69/91 32-01<br />
Telefax 0 69/29 15 17<br />
Bonifaciusstraße 16<br />
99048 Erfurt<br />
Telefon 03 61/2 17-71 00<br />
Telefax 03 61/2 17-71 01<br />
www.helaba.de