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Martina Scheinecker, Christine Zdiarsky - Rainer Hampp Verlag

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<strong>Martina</strong> <strong>Scheinecker</strong>, <strong>Christine</strong> <strong>Zdiarsky</strong>*<br />

Karriere für Sekretärinnen?<br />

Eine Fallstudie eines betrieblichen Projektes zur Berufsbild-<br />

Differenzierung und Laufbahnplanung für Sekretärinnen<br />

1. Einleitung<br />

1.1 Sekretärinnen-Arbeit im Wandel<br />

1.2 Lean Management im Unternehmen<br />

1.3 Neue Technologien im Büro<br />

2. Personalentwicklung für Sekretärinnen: Das Projekt "Karriere im<br />

Sekretariat?" bei Alcatel Austria AG<br />

2.1 Die Ziele des Projektes<br />

2.2 Projektorganisation, Methode und Untersuchungskonzept<br />

2.3 Zentrale Ergebnisse des Projektes<br />

2.4 Eine erste Zwischenbilanz 6 Monate nach Präsentation der Ergebnisse<br />

3. Resümee und Ausblick: Nutzen und Funktion der Formulierung von<br />

unternehmensspezifischen Berufsbildern und Laufbahnmodellen für<br />

Sekretärinnen<br />

Der folgende Beitrag stellt ein bei der Firma Alcatel Austria AG<br />

durchgeführtes personalwirtschaftliches Projekt dar, dessen Ziele darin<br />

bestanden, differenzierte Berufsbilder für Sekretärinnen sowie ein Modell<br />

für eine Laufbahn im Sekretariatsberuf zu erarbeiten und neue<br />

Karrierewege im Wechsel zwischen Sekretariatsfunktion und anderen<br />

Funktionen im Unternehmen aufzuzeigen. Das Projekt wurde vom Personalchef<br />

des Unternehmens geleitet, die Autorinnen wirkten in der Rolle als<br />

externe Beraterinnen mit.<br />

Die Annahme, daß unter dem Titel "Sekretärin" sehr unterschiedliche Typen<br />

von Aufgaben geleistet werden, wurde durch die Untersuchung bestätigt.<br />

Auf Basis der Befunde wurde ein Laufbahnmodell entwickelt, das ausgehend<br />

von einer Grundqualifikation als Bürokraft oder einfacher<br />

Sachbearbeiterin Entwicklungswege einerseits zur Chefsekretärin,<br />

andrerseits zur Gruppenleiterin mit fallweiser Stellvertretung der<br />

Abteilungsleitung - bzw. sogar zur Abteilungsleiterin - vorzeichnet.<br />

Charakteristikum dieses Modells ist, daß es auch in fortgeschritteneren<br />

Entwicklungsphasen noch Übertrittsmöglichkeiten zwischen den beiden<br />

Schienen: Sekretariats-Laufbahn und Sachbearbeitungs-Laufbahn mit<br />

Weiterentwicklungsmöglichkeit zur Führungstätigkeit erlaubt.<br />

_________________________________________________________________________<br />

* Dr. <strong>Martina</strong> <strong>Scheinecker</strong>, geb. 1960, Gesellschafterin der Fa. Trigon<br />

Entwicklungsberatung Unternehmensberatung GmbH in Wien und Beraterin im<br />

Rahmen der Initiative "Frauen 2000 - Chancen für Unternehmen". In dem<br />

Zeitraum, in dem das hier beschriebene Projekt durchgeführt wurde, war<br />

sie Assistentin an der Abteilung für Personalwirtschaft an der<br />

Wirtschaftsuniversität Wien.<br />

Mag. <strong>Christine</strong> <strong>Zdiarsky</strong>, geb. 1951, selbständige<br />

Unternehmensberaterin (Fa. Intercom). Schwerpunktbereiche: Interne<br />

Organisation, innerbetriebliche Kommunikation, Personalentwicklung,<br />

Führungskräftetraining und Coaching.<br />

** Artikel eingegangen: 15.1.94 / revidierte Fassung eingegangen:<br />

5.4.94 / Art. akzeptiert: 12.4.94.<br />

1. Einleitung<br />

Der folgende Beitrag entstammt der Beratungstätigkeit der Autorinnen im<br />

Rahmen der Initiative "Frauen 2000 - Chancen für Unternehmen". Anliegen<br />

dieser von der österreichischen Bundesministerin für<br />

Frauenangelegenheiten in Kooperation mit Vertretern von Unternehmen und<br />

der Vereinigung Österreichischer Industrieller gegründeten Initiative ist<br />

es, Unternehmen dazu zu motivieren und auch dabei zu beraten,<br />

innerbetriebliche personalpolitische Maßnahmen durchzuführen, die der<br />

Herstellung von Chancengleichheit von Frauen und Männern bei ihren


eruflichen Entwicklungsmöglichkeiten dienen. Dabei wird von der<br />

Grundannahme ausgegangen, daß es für ein Unternehmen nutzbringend und<br />

betriebswirtschaftlich sinnvoll sein kann, mittels gezielter<br />

personalpolitischer Maßnahmen dafür zu sorgen, daß weibliche Mitarbeiter<br />

gleiche Entwicklungschancen vorfinden wie männliche und daß die<br />

Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Männer und Frauen einfacher<br />

möglich ist, als dies im Rahmen der herkömmlichen Arbeitsorganisation der<br />

Fall ist. Der betriebswirtschaftliche Nutzen wird vor allem darin<br />

gesehen, daß durch solche Maßnahmen Leistungsressourcen von Frauen besser<br />

genutzt werden können, Ressourcenverschwendung und Demotivation infolge<br />

von Vorurteilen und Diskriminierung vermieden werden können. Ebenso ist<br />

zu erwarten, daß Mitarbeiter/innen besonders hohe Motivation und<br />

Loyalität gegenüber einem Unternehmen zeigen werden, das ihnen<br />

überdurchschnittlich gute Möglichkeiten bietet, berufliche<br />

Weiterentwicklung und private Pflichten der Kindererziehung und<br />

Altenpflege zu verbinden.<br />

So betrachtet dient Personalpolitik zur Förderung der Chancengleichheit<br />

und der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf gleichermaßen den<br />

Interessen von Unternehmen und den Interessen von Mitarbeiter/innen. Das<br />

nachfolgend dargestellte Personalentwicklungsprojekt "Karriere im<br />

Sekretariat?" zeigt beispielhaft, auf welche Weise personalpolitische<br />

Interessen des Unternehmens und Entwicklungs-Interessen von Sekretärinnen<br />

in Einklang gebracht werden können.<br />

1.1 Sekretärinnen - Arbeit im Wandel<br />

Aktuelle Veränderungen in Unternehmen führen auch zu einem Wandel des<br />

Berufsbildes von Sekretärinnen. Augenfällig wird dies unter anderem durch<br />

beginnende Forschung zu diesem Thema und das Erscheinen spezifischer<br />

Literatur (vgl. Biallo 1992, Klein 1992), sowie am Markt für<br />

Weiterbildung, wo zunehmend mehr Seminare für Sekretärinnen angeboten<br />

werden. In der BRD fand 1991 erstmals eine "Sekretärinnen-Messe" statt.<br />

Die Richtung, die signalisiert wird, lautet "Von der Sekretärin zur<br />

(Chef-)Assistentin" oder gar "Von der Sekretärin zur Führungskraft"<br />

(Biallo 1992).<br />

Wenn es auch in Österreich noch kein klar definiertes Berufsbild für die<br />

"Assistentin" gibt - genausowenig eines für die Sekretärin (Ernst 1992) -<br />

so klingt doch in dieser neuen Begrifflichkeit eine unübersehbare Tendenz<br />

an: An vielen Arbeitsplätzen werden an Sekretärinnen neue und höhere<br />

Anforderungen gestellt.<br />

In Expertengesprächen, die im Rahmen der Studie "Sekretariat der Zukunft"<br />

des Fraunhofer-Institutes für Arbeitswissenschaft und Organisation<br />

durchgeführt wurden, wurden folgende Qualifikationen als in Zukunft<br />

besonders relevant identifiziert (Klein 1992, S. 71):<br />

- Kaufmännisches (Grund-)Wissen bzw. Betriebswirtschaftslehre<br />

- Marketing<br />

- Personalwesen<br />

- EDV<br />

- Sprachen, insbesondere eine zweite Fremdsprache übers Englische hinaus<br />

- Technik<br />

- Psychologie<br />

- Informationsmanagement.<br />

Die betriebs- und personalwirtschaftliche Sinnhaftigkeit von "Sackgassen-<br />

Berufen", wie es der Beruf der Sekretärin nach bisheriger Gepflogenheit<br />

typischer Weise ist, muß immer stärker in Zweifel gezogen werden.<br />

Kennzeichnend für "Sackgassen-Berufe" ist, daß nach einer einmal<br />

getroffenen Entscheidung Weiterentwicklungsmöglichkeiten sehr eng<br />

begrenzt sind. In immer mehr Unternehmen ist es hingegen mittlerweile<br />

eine personalwirtschaftliche Norm, den Mitarbeiter/innen mittels gezielter<br />

Laufbahnplanung Entwicklungswege aufzuzeigen, um deren


Leistungspotential optimal zu nutzen und langfristige Motivation<br />

sicherzustellen (Berthel/Koch 1985, Schein 1978, Kurtz/Stiefel 1985).<br />

Waren diese Überlegungen und personalwirtschaftlichen Maßnahmen bislang<br />

hauptsächlich auf Führungskräfte beschränkt, so zeigt sich zunehmend, daß<br />

nunmehr in der betrieblichen Praxis auch andere Beschäftigtengruppen wie<br />

beispielsweise Sekretärinnen Gegenstand größerer Aufmerksamkeit von<br />

betrieblicher Personalpolitik werden und bewährte personalpolitische<br />

Maßnahmen auch auf sie angewendet werden.<br />

Nicht zuletzt als Folge des gesamtgesellschaftlich zu beobachtenden<br />

Wandels des Rollenbildes der Frau ist außerdem zunehmend stärker zu<br />

hinterfragen, warum der Beruf der "Sekretärin", verstanden als Assistenz<br />

einer Führungskraft, ausschließlich Frauen vorbehalten bleiben soll.<br />

Ebenso stellt sich die Frage, ob Unternehmen nicht Leistungspotential<br />

"verschwenden", wenn sie nicht Mitarbeiterinnen, die im Rahmen ihrer<br />

Tätigkeit als Sekretärin Managementfähigkeiten bewiesen haben, auch für<br />

die Erfüllung anderer Managementfunktionen in Erwägung ziehen bzw.<br />

konkret einsetzen.<br />

Weiters wird zu hinterfragen sein, in welchem Ausmaß eine Grenzziehung<br />

zwischen Sekretariats- und Sachbearbeitungstätigkeiten noch sinnvoll ist.<br />

Relevante Unterschiede zwischen diesen beiden Tätigkeitstypen bestehen<br />

hinsichtlich Aufgabeninhalt und Rollenverständnis. Die Sekretärin wird<br />

primär als persönlich unterstützend für den/die Vorgesetzte/n definiert.<br />

Daraus resultiert, daß sie hauptsächlich mit Aufgaben der<br />

Büroorganisation betraut ist. Bei der Sachbearbeitungstätigkeit steht<br />

demgegenüber die eigenverantwortliche fachliche Zuständigkeit für einen<br />

abgrenzbaren Aufgabenbereich im Vordergrund.<br />

All diese Prozesse des Umdenkens, der Neuorientierung, werden durch<br />

aktuelle Entwicklungen im Bereich der Managementpraxis sowie der<br />

Bürotechnologien unterstützt.<br />

1.2 Lean Management im Unternehmen<br />

Unter dem Stichwort "Lean Management" vollziehen sich aktuell in vielen<br />

Unternehmen Prozesse der Rationalisierung und Effektivierung der Arbeit.<br />

Flache Hierarchien, weitgehende Delegation von Entscheidungen an die<br />

Stellen, an denen sie umgesetzt werden, Vereinfachung von Arbeitsabläufen<br />

und Bemühen um maximale Vermeidung von Fehlern sind Eckpfeiler dieser<br />

neuen Rationalisierungsstrategie (vgl. Womack/Jones/Roos 1991,<br />

Bösenberg/Metzen 1992, Biehal 1993). Elemente einer<br />

mitarbeiterorientierten Unternehmensführung, die immer schon wichtig<br />

waren - hohe Sozialkompetenz der Führungskräfte, partizipatives<br />

Führungsverhalten, permanente Anreize zur Höherqualifizierung der<br />

Beschäftigten - sind für das Funktionieren von Lean Management als<br />

unabdingbare Voraussetzung zu betrachten. Zunehmend deutlicher wird<br />

gesehen, daß die Art und Weise der Arbeitsorganisation, der Regelung der<br />

Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeiter/innen, der entscheidende Faktor<br />

ist, der bestimmt, mit welcher Effizienz und Qualität betriebliche<br />

Leistungen erbracht werden. Vorgesetzte sind mehr denn je angehalten,<br />

ihre Möglichkeiten zur Delegation - auch an ihre Sekretärinnen -<br />

weitestgehend zu nutzen und ihre Sekretärin als selbständige<br />

Mitarbeiterin mit eigenständigem Verantwortungsbereich zu betrachten.<br />

Sekretärinnen sind mehr denn je als qualifizierte Mitarbeiter/innen<br />

gefordert. Unter dem Vorzeichen einer "schlanken Organisation" muß die<br />

Notwendigkeit von Sekretariaten mehr denn je nachvollziehbar<br />

wirtschaftlich argumentierbar sein, was eine "Bereinigung" von<br />

Sekretariatsfunktionen mit sich bringen wird.<br />

1.3 Neue Technologien im Büro<br />

Bei der 1991 durchgeführten Befragung von 169 Sekretärinnen im Rahmen des<br />

Projektes "Sekretariat der Zukunft" (Klein 1992, S.94 f) zeigte sich<br />

deutlich, daß die neuen Bürotechnologien nicht nur einfach eine Reduktion<br />

der Schreibarbeit für die Sekretärinnen bedeuten, sondern eine


Veränderung in den Anforderungen - sowohl was die Art als auch was die<br />

Qualität der Schreibarbeit betrifft.<br />

Die befragten Sekretärinnen gaben an, zwar zum Teil dadurch entlastet zu<br />

werden, daß einige Mitarbeiter/innen Texte selbst schreiben. Infolge der<br />

technischen Unterstützung und der damit verbundenen<br />

arbeitsorganisatorischen Veränderungen werden aber auch neue<br />

Anforderungen an die Sekretärin gestellt. Der Tätigkeitsinhalt verändert<br />

sich, es kommen neue Aufgaben hinzu. Bei der Schreibarbeit selbst steigen<br />

die Ansprüche: aufwendigere Gestaltungen, häufigere Korrekturen.<br />

Auch für die Sekretärinnenarbeit dürfte somit gelten, was sich generell<br />

hinsichtlich der Auswirkungen neuer Bürotechnologien erwiesen hat: Ob und<br />

wie das in neuen Technologien enthaltene Potential zur<br />

Arbeitserleichterung genutzt wird, hängt stark von politischen Prozessen<br />

der Arbeitsorganisation und der Aushandlung von Arbeitsbedingungen ab.<br />

Ein Optimismus, daß der Einsatz neuer Bürotechnologien quasi automatisch<br />

Arbeitserleichterung und Chancen für höherqualifizierte Tätigkeiten mit<br />

sich bringt, ist allerdings durch die bisherige empirische Evidenz nicht<br />

gerechtfertigt (vgl. Martius-Spitzy u.a., 1987). Dadurch wird es für<br />

Forschung und Praxis zur umso wichtigeren Aufgabe,<br />

arbeitsorganisatorische Lösungen zu finden, die dies ermöglichen.<br />

2. Personalentwicklung für Sekretärinnen: Das Projekt "Karriere im<br />

Sekretariat?" bei Alcatel Austria AG <br />

Die beschriebene Bedingungslage ist der Hintergrund, vor dem im Sommer<br />

1992 bei der Alcatel Austria AG ein Projekt mit dem Titel "Karriere im<br />

Sekretariat?" gestartet wurde.<br />

2.1 Die Ziele des Projektes<br />

Die Ziele des Projektes bestanden in folgendem:<br />

- Erarbeitung eines transparenten Bildes der unterschiedlichen<br />

Sekretariatsfunktionen, d.h. differenzierter Funktionsbeschreibungen, die<br />

mit unterschiedlichen Begriffen bezeichnet und als greifbare und faire<br />

Grundlage für die verschiedenen Differenzierungserfordernisse im<br />

Unternehmen Verwendung finden sollen.<br />

- Schaffung einer Karrieretransparenz für die Sekretärinnen selbst.<br />

- Aufzeigen von teilweise neuen Karrierewegen im Wechsel zwischen<br />

Sekretariatsfunktionen und anderen Funktionen im Unternehmen.<br />

- Ableitung von Erfordernissen für die betriebliche Aus- und<br />

Weiterbildung von Sekretärinnen.<br />

Unter den vielen Einflußfaktoren, die dazu geführt haben mögen, daß<br />

dieses Projekt in Angriff genommen wurde, erscheinen folgende besonders<br />

hervorhebenswert:<br />

- Anläßlich der Vorbereitung einer unternehmensinternen<br />

Veranstaltung, bei der hochrangige Manager und die diesen zugeordneten<br />

Sekretärinnen eingeladen werden sollten, entstand unter den Sekretärinnen<br />

Unzufriedenheit darüber, daß ihr "Wert" primär dadurch bestimmt wird,<br />

welcher/m Vorgesetzten sie zugeordnet sind. Es sind also nicht Kriterien,<br />

die sich die Sekretärin selbst zurechnen kann, die ihren Status bestimmen<br />

( wie z.B. Erfahrung in der Position, Anzahl der Fremdsprachen, die sie<br />

beherrscht, Anzahl der einschlägigen Seminare, die sie absolviert hat<br />

oder ähnliches ), sondern es ist der Status ihres Chefs, der ihren Status<br />

mitbestimmt. Die damit offenkundige "Abhängigkeit" verursachte<br />

Unzufriedenheit und führte zum Wunsch nach Definition von Berufsbildern<br />

für Sekretärinnen, die be-stehende Unterschiede zwischen Sekretärinnen<br />

mit verschiedenen Qualifikationen und Aufgabenbereichen adäquat zum<br />

Ausdruck bringen und damit Basis für angemessene Anerkennung und<br />

Wertschätzung sein können.<br />

- Bereits vor diesem Ereignis hatte sich immer wieder gezeigt, daß<br />

klare und transparente Grundlagen zur Differenzierung von<br />

Sekretariatsfunktionen bzw. Sekretärinnen für das Unternehmen von Nutzen<br />

sein könnten - z. B. bei Gehaltsfindungsfragen.


- Der Personalchef ist gegenüber Personalpolitik zur Förderung der<br />

Chancengleichheit von Frauen im Berufsleben sehr aufgeschlossen. Er<br />

engagiert sich aktiv im Rahmen der Initiative "Frauen 2000".<br />

2.2 Projektorganisation, Methode und Untersuchungskonzept<br />

Zur Steuerung des Projektes wurde eine Projektgruppe gebildet, bestehend<br />

aus dem Personalchef, zwei Sekretärinnen und zwei externen Beraterinnen.<br />

Die inhaltlichen Schwerpunkte, Erhebungsdesign und Erhebungsumfang wurden<br />

von dieser Projektgruppe festgelegt.<br />

Inhaltliche Schwerpunkte waren:<br />

- Ist-Analyse der bestehenden Sekretariatstätigkeiten<br />

- Ist-Analyse der "typischen Laufbahn" einer Sekretärin bei Alcatel<br />

Austria AG<br />

- Erhebung der Entwicklungs- und Qualifizierungswünsche/möglichkeiten<br />

der/für<br />

- Sekretärinnen<br />

- Erarbeitung von Vorschlägen für differenzierte Berufsbilder und<br />

neue Laufbahnmodelle<br />

Erhebungsdesign und -umfang: Die zu erhebenden Inhalte wurden sowohl aus<br />

der Perspektive der Sekretärinnen als auch aus der Perspektive von deren<br />

Vorgesetzten erfaßt. Im Interesse einer optimalen Umsetzbarkeit der<br />

Ergebnisse wurden die Erhebungen bei den Sekretärinnen in Workshop-Form<br />

durchgeführt. Mit den Vorgesetzten wurden je einstündige Interviews<br />

geführt. Die Teilnahme an dem Projekt war freiwillig. Es nahmen 32<br />

Sekretärinnen und 28 Vorgesetzte teil.<br />

Umsetzung: Die zentralen Ergebnisse der Befragungen sowie die daraus<br />

abgeleiteten Gestaltungsempfehlungen wurden der Geschäftsleitung zur<br />

Umsetzungsentscheidung und anschließend allen einbezogenen Sekretärinnen<br />

und Vorgesetzten präsentiert. Die Verantwortung für die weitere Umsetzung<br />

wurde dem Personalchef übertragen.<br />

Bevor wir darstellen, zu welchen Ergebnissen wir in dem Projekt kamen,<br />

möchten wir noch auf unser Untersuchungskonzept eingehen: Um das gesamte<br />

Tätigkeitsspektrum von Sekretärinnen erfassen zu können, wurden<br />

analytisch folgende Aufgabentypen unterschieden.<br />

Kommunikationsaufgaben: Jene Aufgaben des Informationsmanagements, die<br />

der Sekretärin hohe soziale Kompetenz und selbständige Entscheidungen,<br />

insbesondere bezüglich Formulierung und Selektion abverlangen. Dazu<br />

gehören z.B.:<br />

- Telefonischer Informationsaustausch z.B.: Telefonische Information<br />

einholen, weiterleiten,<br />

- Informationen abklären, sammeln, zuordnen, sowohl<br />

unternehmensintern als auch mit Externen (Kunden, Lieferanten etc.)<br />

- Inhaltliche Erarbeitung von Informationen (Briefe und Berichte<br />

abfassen, Vortragskonzepte erarbeiten)<br />

- Kommunikation mit anderen Mitarbeiter/innen (Zentrale Betreuung,<br />

Information, Einschulung, etc.)<br />

- Kommunikation mit Vorgesetzten (Information nach Abwesenheit,<br />

Informationen filtern, Sprachrohr, etc.)<br />

- Klimarelevante Kommunikation (Probleme, Wünsche und Sorgen von<br />

Mitarbeiter/innen und Vorgesetzten anhören, diskutieren, etc.).<br />

Koordinationsaufgaben: Jene Tätigkeiten, die der Abstimmung verschiedener<br />

Personen sowie Abteilungen dienen. Dazu gehören z. B.:<br />

- Terminkoordination (Vorgesetztentermine abstimmen, auswählen,<br />

interne und externe Termine mit Abteilung, Geschäftsleitung, Kunden,<br />

Professionisten vereinbaren, verwalten, etc.)<br />

- Eigene Terminverwaltung (Eigene Termine planen, Koordination mit<br />

Vorgesetztenterminen zur Effizienzsteigerung)<br />

- Koordination zwischen Abteilungen (Sitzungen und Meetings planen,<br />

etc.)


- Spezielle Koordinationsaufgaben für die gesamte Abteilung<br />

(Urlaubsplanung und -abstimmung, Dienstreisen koordinieren, Aufgaben<br />

verteilen, einsammeln, Fertigstellungstermine überwachen, etc.).<br />

Organisationsaufgaben: Tätigkeiten, die der Koordination und Verwaltung<br />

von Sachen und Daten dienen und damit den reibungslosen Ablauf der<br />

abteilungsspezifischen Aufgaben sicherstellen. Zu den<br />

Organisationsaufgaben gehören vor allem:<br />

- Administrative Basisarbeiten (Post, Ablage, Präsenz,<br />

Vervielfältigung)<br />

- Büroorganisation (Büromaterial, Beschaffungsanträge, Handkassa,<br />

Chefschreibtisch ordnen, etc.)<br />

- Büroausstattung (Investitionsanträge, Ausstattung)<br />

- Verwaltung abteilungsinterner Personalangelegenheiten<br />

(Gleitzeitkarten, Überstunden, etc.)<br />

- Budgetverwaltung (Budget erstellen, Gemeinkosten überprüfen)<br />

- Reiseabrechnung (Unterlagen einsammeln, Formulare ausfüllen, etc.)<br />

- Veranstaltungsorganisation (Räume, Unterlagen, Getränke planen,<br />

bestellen, kontrollieren)<br />

- Weiterbildungorganisation (Formulare ausfüllen, weiterleiten,<br />

Verständigung von Teilnehmer/innen etc.).<br />

Text- und Datenverarbeitungsaufgaben: Diese Aufgabengruppe umfaßt die<br />

Niederschrift, formale Gestaltung und Ausgabe vorbereiteter Texte, die<br />

Ein- und Ausgabe von Daten sowie die standardisierte Anwendung von<br />

Graphikprogrammen. Dazu gehören vor allem:<br />

- Korrespondenz (Vorlagen reinschreiben, Briefkonzepte formal<br />

gestalten, etc.)<br />

- Aufbereitung von Informationsmaterial (Standard-Statistiken<br />

schreiben, Folientexte schreiben und formal gestalten, Manuals schreiben,<br />

etc.)<br />

- Vordruck und Formulare (Ausfüllen nach Vorgabe).<br />

Sachbearbeitungsaufgaben: Dieser Bereich umfaßt jene Tätigkeitsbereiche,<br />

die einen unmittelbaren Beitrag zur Abteilungsleistung darstellen. Sie<br />

sind daher unmittelbar vom Einsatzgebiet der Sekretärin abhängig (z.B.<br />

Kundeninformation in einer Vertriebsabteilung, Stellenausschreibung in<br />

der Personalabteilung, EDV-Schulung von Mitarbeiter/innen in der internen<br />

EDV-Abteilung, etc.).<br />

Sonstige Aufgaben: Diesem Bereich wurden z. B. die Bewirtungsaufgaben<br />

zugeordnet.<br />

Die zentralen Vorannahmen, mit denen wir an die Untersuchung herangingen,<br />

waren folgende:<br />

1. Der Begriff "Sekretärin" verwischt relevante Unterschiede<br />

Unter ein und derselben Berufsbezeichnung "Sekretärin" finden sich sehr<br />

unterschiedliche Mischungen von Aufgabentypen. D.h. zwei Frauen, die<br />

beide "Sekretärin" sind, können de facto sehr unterschiedliche<br />

Tätigkeiten verrichten - unterschiedlich sowohl hinsichtlich des Inhaltes<br />

als auch hinsichtlich der erforderlichen Qualifikation.<br />

2. Die Praxis, primär nach der hierarchischen Zuordnung zu<br />

differenzieren, wird den real bestehenden Unterschieden nicht gerecht.<br />

Sekretärin auf einer höheren hierarchischen Ebene eines Unternehmens zu<br />

sein bedeutet nicht automatisch, auch anspruchsvollere Tätigkeiten<br />

auszuüben: Einerseits müssen gewisse - üblicher Weise als wenig<br />

anspruchsvoll eingestufte - administrative Basisarbeiten auf allen<br />

hierarchischen Ebenen erfüllt werden. Andrerseits werden oftmals auch auf<br />

unteren hierarchischen Ebenen sehr anspruchsvolle Aufgaben der<br />

Chefassistenz, Kommunikation und Sachbearbeitung gefordert.<br />

Bei der Prüfung dieser Hypothese waren wir vor das Problem gestellt, klar<br />

zu definieren, welche Tätigkeiten als "anspruchsvoll" gelten sollen. Aus<br />

Praktikabilitätsgründen lösten wir dieses Problem dadurch, daß wir die<br />

Sekretärinnen selbst einschätzen ließen, wie groß sie den Anteil jener<br />

Tätigkeiten erachten, die sie "selbständig und eigenverantwortlich"


durchführen. Zugrunde liegt die Annahme, daß Selbständigkeit und<br />

Eigenverantwortlichkeit Gradmesser für hohes Anspruchsniveau im<br />

Sekretariatsberuf sind.


3. Der "Sackgassen-Beruf" hat mehr Auswege, als gesehen werden.<br />

Der Beruf der Sekretärin wird oftmals als "Sackgassen-Beruf" bezeichnet.<br />

Kennzeichnend für "Sackgassen-Berufe" ist, daß eine einmal getroffene<br />

Entscheidung dafür Weiterentwicklungsmöglichkeiten sehr eng begrenzt. Der<br />

Charakter von Sekretärinnentätigkeit, primär unterstützend für die/den<br />

Vorgesetze/n zu sein, bringt es mit sich, daß auch als<br />

Entwicklungsmöglichkeit nur der abhängig hierarchische Aufstieg "mit dem<br />

Chef" gesehen wird. Entwicklungsmöglichkeiten, die - auf dem Wege einer<br />

fachlichen Spezialisierung in Sachbearbeitungsaufgaben - in einer Fach-<br />

Expertinnen-Laufbahn bestehen könnten, werden dadurch nicht gesehen bzw.<br />

unterschätzt.<br />

Bei dem Projekt handelte es sich also nicht um eine systematische<br />

empirische Untersuchung, sondern um ein praktisches Projekt zur<br />

betrieblichen Personalentwicklung, das methodisch am Vorgehen der<br />

Organisationsentwicklung orientiert war (vgl. Neuberger 1991).<br />

Im Vordergrund stand daher in allen Phasen des Projektes der praktische<br />

betriebliche Nutzen, die Erarbeitung von konkreten Lösungen für Probleme,<br />

die sich in der Praxis der betrieblichen Personalpolitik ergeben hatten.<br />

Dieser Zugang brachte spezielle Möglichkeiten, aber auch Grenzen mit<br />

sich.<br />

Die Möglichkeiten, die eröffnet wurden, bestanden vor allem darin, daß<br />

durch die Projektarbeit gestaltend auf die betriebliche Praxis eingewirkt<br />

werden konnte im Rahmen jenes Ausmaßes in dem überhaupt Veränderungen in<br />

Organisationen durch Impulse von externen Berater/innen angeregt werden<br />

können (Wimmer 1992).<br />

Als relevante Grenze ist festzuhalten, daß einigen wissenschaftlich<br />

höchst interessanten Fragestellungen in dieser Untersuchung nicht<br />

nachgegangen werden konnte - einfach weil die Projektarbeit von der<br />

Unternehmensleitung und der Initiative "Frauen 2000" finanziert wurde und<br />

somit nur begrenzte Themen untersucht werden konnten. Die Auswahl dieser<br />

Themen orientierte sich an der unmittelbaren praktischen betrieblichen<br />

Nutzbarkeit.<br />

Als weiterer methodisch relevanter Umstand ist zu betrachten, daß wir als<br />

Beraterinnen der Initiative "Frauen 2000" sicherlich als parteilich<br />

hinsichtlich positiver Entwicklungsmöglichkeiten, Aufstieg und "Karriere"<br />

von Frauen wahrgenommen wurden. Da die Teilnahme an dem Projekt<br />

freiwillig war, ist zu erwarten, daß es sich bei der untersuchten Gruppe<br />

von Sekretärinnen um solche handelte, die ebenso hohes Interesse an<br />

weiteren Entwicklungsmöglichkeiten hatten.


2.3 Zentrale Ergebnisse des Projektes<br />

Berufsbilder<br />

Die Annahme, daß unter dem Titel "Sekretärin" sehr unterschiedliche<br />

Mischungen von Aufgabentypen geleistet werden, wurde durch die<br />

Untersuchung bestätigt. Anhand der Selbsteinschätzung von 4<br />

Sekretärinnen, die auf unterschiedlichen Hierarchiestufen arbeiten, sowie<br />

den Einschätzungen durch deren Vorgesetzte soll dies illustriert werden.<br />

Die Aussagen bestätigen die Existenz von Unterschieden - wenn auch die<br />

Selbsteinschätzung der Sekretärinnen und die Fremdeinschätzung durch die<br />

Vorgesetzten zum Teil erheblich voneinander abweichen.<br />

Das Anliegen der hier dargestellten Untersuchung war primär, Unterschiede<br />

zwischen verschiedenen Sekretärinnen zu benennen und zu analysieren. Daß<br />

es Abweichungen geben würde zwischen den Selbsteinschätzungen der<br />

Sekretärinnen und den Fremdeinschätzungen durch deren Vorgesetzten, war<br />

zu erwarten. Die vorgefundenen Abweichungen relativieren zwar die<br />

festgestellten Unterschiede etwas, sind aber unseres Erachtens nicht<br />

ausreichend, um die Existenz von relevanten Unterschieden zwischen den<br />

Aufgabenbereichen verschiedener Sekretärinnen insgesamt zu negieren.<br />

Relevant werden die Unterschiede in der Selbst- und Fremdeinschätzung<br />

dann, wenn eine Einstufung der Sekretärin in ein bestimmtes Berufsbild<br />

vorgenommen werden soll: Dann müssen diese unterschiedlichen<br />

Wahrnehmungen kommunikativ in eine gemeinsame Definition übergeführt<br />

werden.<br />

Die vorgefundenen Aufgaben-Mischungen führten zur Unterscheidung und<br />

Formulierung folgender Berufsbilder:<br />

Die Bürokraft erledigt einfache administrative Routinearbeiten, zumeist<br />

auf Anweisung.<br />

Aufgabenbeispiele: Ablage vorsortierter Unterlagen; Botengänge;<br />

Telefonvermittlung (nur Weiterleitung); Kopieren; Versandarbeiten


(Kuvertieren, Frankieren); einfache Schreibarbeiten nach Vorlage;<br />

vorbereitete Dateneingabe.<br />

Die Schwerpunkte liegen bei den Aufgabenbereichen Organisation und Textund<br />

Datenverarbeitung.<br />

Der Selbständigkeitsgrad ist sehr gering, da auch zumeist die Art der<br />

Durchführung weitgehend geregelt ist. (Der Verantwortungsbereich umfaßt<br />

ausschließlich die angewiesenen Aufgaben.)<br />

Die Mitarbeiterin übernimmt die Verantwortung für die Erledigung der<br />

Arbeiten laut Anweisung sowie für die Durchführung in der vereinbarten<br />

Form.<br />

Die Teamsekretärin erledigt routinemäßige Administrationsaufgaben<br />

selbständig, koordiniert für das Team die organisatorisch/administrativen<br />

Rahmenbedingungen nach Anweisung oder Vereinbarung.<br />

Personalangelegenheiten der Abteilung, interne Budgetarbeiten sowie<br />

Aufgaben im Weiterbildungsbereich werden von der Teamsekretärin auf<br />

Anweisung erledigt. Mit erfahrenen Kräften kann die selbständige<br />

Erledigung konkreter Teilbereiche vereinbart werden.<br />

Aufgabenbeispiele: Routinekorrespondenz; Vorsortieren der Post;<br />

selbständige Ablage; Gleitzeitabrechnung, Reiseabrechnung;<br />

Urlaubskoordination, Terminkoordination; Büromaterialbeschaffung, -<br />

abrechnung; qualifizierte Telefonvermittlung (themenbezogene<br />

Weiterleitung, Aufnahme des Gesprächsthemas, Organisation des Rückrufes);<br />

Spannungsausgleich im Team.<br />

Die Schwerpunkte liegen bei den Aufgabenbereichen: Organisationsaufgaben;<br />

Koordinationsaufgaben für das Team; Text- und Datenverarbeitung (nach<br />

Maßgabe des Abteilungsbedarfes).<br />

Im Rahmen der Koordinationsaufgaben kann der Teamsekretärin große<br />

Bedeutung beim Ausgleich von Spannungen innerhalb des Teams zukommen.<br />

Der Selbständigkeitsgrad ist bei Routinearbeiten hoch. Mit zunehmender<br />

Berufserfahrung können präzise abgegrenzte selbständige Aufgabenbereiche<br />

vereinbart werden, die nicht Routinearbeiten zuzuordnen sind.<br />

Die Mitarbeiterin übernimmt die Verantwortung für die Erledigung der<br />

Routinearbeiten sowie für die vereinbarten Aufgaben ihres individuellen<br />

Arbeitsbereichs.<br />

Die Sekretärin erledigt die vereinbarten Administrationsaufgaben<br />

selbständig. Sie entscheidet in Ausnahmesituationen, ob Unterstützung<br />

seitens der/des Vorgesetzten erforderlich ist. Die Sekretärin übernimmt<br />

Arbeiten (oder Teile davon) von ihre/r/m Vorgesetzten zur eigenverantwortlichen<br />

Erledigung und ihrer/seiner Unterstützung. Sie erledigt<br />

Personalangelegenheiten, Budgetarbeiten sowie Aufgaben im<br />

Weiterbildungsbereich im vereinbarten Umfang selbständig. Die Sekretärin<br />

überprüft organisatorische Abläufe in der Administration und optimiert<br />

diese bei Bedarf. Sie ist für die interne Kontaktpflege sowie für die<br />

Steuerung der Informationsflüsse zuständig. Kommunikationsaufgaben mit<br />

externen Stellen insbesondere Kunden werden von der Sekretärin<br />

entsprechend der vereinbarten Kompetenzen im Sinne ihres Vorgesetzten<br />

selbst wahrgenommen oder weitergeleitet. Die Sekretärin übernimmt die<br />

Koordination der Termine ihres Vorgesetzten. Sie entscheidet nach<br />

vereinbarten Kriterien über Prioritäten, bereitet die Gespräche vor und<br />

führt bei Bedarf Protokoll.<br />

Aufgabenbeispiele: Verwaltung des Terminkalenders für die/den<br />

Vorgesetzte/n; Aufgabenkoordination (Verteilung, Terminüberwachung);<br />

qualifizierte oder vertrauliche Korrespondenz; Vermittlung zwischen<br />

Vorgesetzter/n und Mitarbeiter/innen.<br />

Die Schwerpunkte der Sekretärin liegen bei den Koordinations- und<br />

Kommunikationsaufgaben. Qualifizierte Organisations- und<br />

Textverarbeitungsaufgaben werden selbständig wahrgenommen. Zusätzlich hat<br />

eine Sekretärin eine wichtige Transmitterfunktion zwischen Team und<br />

Vorgesetzter/m. In deren/dessen Abwesenheit stellt sie die interne und<br />

externe Kommunikation sicher.


Der Selbständigkeitsgrad der Sekretärin ist im gesamten Arbeitsbereich<br />

hoch. Arbeiten, die nach Anweisung erfolgen sollen, werden konkret<br />

vereinbart.<br />

Die Sekretärin ist für den eigenen selbständigen Aufgabenbereich<br />

verantwortlich. Bei Arbeiten auf Anweisung übernimmt sie die<br />

Verantwortung für die Durchführung.<br />

Die Chefsekretärin trifft in Abwesenheit des Chefs - in prinzipieller<br />

Übereinstimmung mit dem Chef - weitgehend weisungsfrei Entscheidungen,<br />

die sicherstellen, daß das operative Tagesgeschehen erledigt wird. Im<br />

übrigen erledigt sie die Arbeiten einer Sekretärin. Die Chefsekretärin<br />

koordiniert das Büro. Sie gestaltet und überprüft die organisatorischen<br />

Abläufe. Sie ist für die Erledigung von nicht-routinemäßigen Arbeiten mit<br />

hohem Schwierigkeitsgrad verantwortlich. Terminplanung, -koordination und<br />

-vorbereitung für den/die Vorgesetzte/n sind ein bedeutender Bestandteil<br />

ihres Aufgabenbereichs. Sie übernimmt anspruchsvolle<br />

Kommunikationsaufgaben, die sie im Sinne ihrer/s Vorgesetzten erledigt.<br />

Die Chefsekretärin arbeitet in ihrem vereinbarten Aufgabenbereich<br />

selbständig. Teamarbeit mit dem/der Vorgesetzten kann für bestimmte<br />

Bereiche vereinbart werden. Sie erhält Anweisungen über Aufgabenkomplexe<br />

und entscheidet über deren Durchführung sowie über deren Aufteilung auf<br />

die Mitarbeiter/innen.<br />

Aufgabenbeispiele: Vereinbarung einer klaren Arbeitsteilung innerhalb des<br />

Teams; Entscheidungen innerhalb ihres Kompetenzbereichs; externe<br />

Kommunikation, die hohe Qualifikation erfordert; Kontrollaufgaben;<br />

Vertretungen der/des Vorgesetzten nach Vereinbarung.<br />

Die Schwerpunkte der Chefsekretärin liegen bei den<br />

Kommunikationsaufgaben; Führungsaufgaben fallen in Hinblick auf jene<br />

Mitarbeiter/innen an, denen die Chefsekretärin Anweisungen geben kann.<br />

Der Selbständigkeitsgrad der Chefsekretärin ist im gesamten<br />

Aufgabenbereich hoch.<br />

Die Chefsekretärin trägt die Verantwortung für die ihr unterstellte<br />

Gruppe soweit sie Anweisungskompetenz hat sowie für die Erreichung der<br />

mit der/m Vorgesetzten vereinbarten Ziele.<br />

Die Teamassistentin erledigt routinemäßige Administrationsaufgaben<br />

selbständig sowie abteilungsspezifische Fachaufgaben auf Anweisung. Sie<br />

besitzt einen Grundstock an Fachwissen, der durch laufende Information<br />

und/oder Weiterbildung ergänzt wird. Personalangelegenheiten der<br />

Abteilung, interne Budgetarbeiten sowie Aufgaben im Zusammenhang mit der<br />

Administration von Weiterbildungsmaßnahmen werden dem Aufgabengebiet der<br />

Teamassistentin im Rahmen der zeitlichen Möglichkeiten zugeordnet.<br />

Aufgabenbeispiele (administrative Orientierung): Routinekorrespondenz;<br />

Vorsortieren der Post; Selbständige Ablage; qualifizierte<br />

Telefonvermittlung (themenbezogene Weiterleitung, Aufnahme des<br />

Gesprächsthemas); Terminkoordination; Personal- und Abrechnungsarbeiten<br />

(laut Stellenbeschreibung).<br />

Aufgabenbeispiele (fachliche Orientierung, abhängig vom Einsatzbereich):<br />

Einholen von Kostenvoranschlägen; Projektreports vorbereiten;<br />

Formulierung von Stellenangeboten; Planung von Werbeeinschaltungen;<br />

telefonische Kundenbetreuung in einfachen Fachfragen.<br />

Die Schwerpunkte liegen bei den Bereichen Organisationsaufgaben und<br />

Koordinationsaufgaben für das Team. Sie werden durch<br />

Sachbearbeitungsaufgaben, deren Anteil mit zunehmender Erfahrung steigt,<br />

ergänzt; Text- und Datenverarbeitungsaufgaben fallen in den<br />

Aufgabenbereich der Teamassistentin, soweit sie für die Erledigung der<br />

obengenannnten Tätigkeiten erforderlich sind.<br />

Der Selbständigkeitsgrad ist bei der Erledigung von Routinearbeiten hoch<br />

und kann mit wachsender Erfahrung erweitert werden.<br />

Die Teamassistentin ist für den ihr übertragenen Bereich der<br />

Routinearbeiten verantwortlich. Bei jenen Tätigkeiten, die die


Teamassistentin auf Anweisung erledigt, übernimmt sie die Verantwortung<br />

für die vereinbarungsgemäße Durchführung.<br />

Die genaue Bezeichnung der Fachassistentin spiegelt ihren Einsatzbereich<br />

wider, z.B. Verkaufsassistentin oder Vertriebsassistentin,<br />

Personalassistentin, Revisionsassistentin, Marketingassistentin, etc. Die<br />

Fachassistentin übernimmt Routineaufgaben aus dem jeweiligen Fachbereich<br />

zur selbständigen Erledigung. Mit zunehmender Erfahrung erweitert sich<br />

das Aufgabengebiet um eigenständige Bereiche, die über Routinearbeiten<br />

hinausgehen. Aufgrund ihres Fachwissens ist die Fachassistentin in der<br />

Lage, komplexe Informationen aufzubereiten und selektiv weiterzuleiten.<br />

Der Anteil der administrativen Tätigkeiten ist geringer als jener der<br />

fachspezifischen.<br />

Die Schwerpunkte der Fachassistentin liegen bei Sachbearbeitungsaufgaben;<br />

Kommunikationsaufgaben. Soweit es bei der Planung oder Betreuung von<br />

Projekten erforderlich ist, können zeitweise Schwerpunkte bei den<br />

Koordinations- und; Organisationsaufgaben liegen.<br />

Aufgabenbeispiele: Kostenvoranschläge bewerten, Entscheidung vorbereiten;<br />

Auftragsüberprüfung; Vertragserstellung; Entscheidung und Abwicklung von<br />

Werbeaufträgen; Erledigung von Reklamationen; Entwicklung von<br />

Schulungskonzepten, Durchführung von EDV-Schulungen; Erarbeitung und<br />

Gestaltung von externem oder internem Informationsmaterial; Übernahme von<br />

Teilprojekten zur selbständigen und eigenverantwortlichen Durchführung.<br />

Die Fachassistentin ist in Hinblick auf die Durchführung der übertragenen<br />

Aufgaben selbständig. In Abhängigkeit von ihrer fachlichen Qualifikation<br />

und praktischen Erfahrung umfaßt der selbständige Aufgabenbereich zu<br />

Beginn ihrer Tätigkeit als Fachassistentin die Durchführung klar<br />

begrenzter Teilaufgaben. Mit zunehmender Praxis erweitert sich der<br />

selbständige Bereich bis hin zur Übernahme von Projektteilen oder kleinen<br />

Gesamtprojekten.<br />

Die Fachassistentin ist für ihren Beitrag zu den vereinbarten Zielen<br />

verantwortlich. Da die Fachassistentin über ihre Arbeitsmethoden, ihre<br />

Terminplanung sowie den Mitteleinsatz im vereinbarten Umfang autonom<br />

entscheidet, übernimmt sie im Ausmaß ihrer Selbständigkeit dafür die<br />

Verantwortung.<br />

Unterschiede innerhalb der gleichen Hierarchiestufe<br />

Die Untersuchungsergebnisse bekräftigten auch unsere zweite Hypothese:<br />

Mit steigender Hierarchiestufe der/s Vorgesetzten nimmt zwar die Anzahl<br />

der selbständigen Arbeiten laut Aussagen der Sekretärinnen zu, die<br />

Abweichungen lassen aber keine eindeutige Korrelation erkennen und<br />

implizieren eine starke zusätzliche Abhängigkeit von der Person der/s<br />

Vorgesetzten und/oder der Sekretärin. Die Abhängigkeit von der<br />

Berufserfahrung oder der Betriebszugehörigkeit ist nicht einheitlich<br />

festzustellen. Überproportional hohe, wie auch besonders niedrige<br />

Selbständigkeitswerte verteilen sich weitgehend gleichmäßig auf die<br />

einzelnen Hierarchiestufen.<br />

Anteil der selbständigen Arbeiten<br />

aus der Sicht der Sekretärinnen


"Karriere"<br />

Seitens der befragten Sekretärinnen wurde als Karriere sowohl ein<br />

Aufstieg in der Hierarchie "mit dem Chef" gesehen als auch die<br />

Vergrößerung jener Tätigkeitsanteile, die viel Selbständigkeit und<br />

Verantwortungsübernahme erfordern. Die Sichtweisen darüber, welcher der<br />

beiden denkbaren Karrierewege - jener "mit dem Chef die Hierarchie empor"<br />

oder jener "eigenständig über die Sachbearbeitung zur Fach-Expertin" -<br />

als attraktiver einzuschätzen ist, waren sehr unterschiedlich.<br />

Klar gesehen wurden folgende Unterschiede: Das Sekretariat weist mehr<br />

kommunikative Aufgaben auf, erfordert direkte Service-Orientierung<br />

gegenüber dem Chef (und bedeutet damit auch Abhängigkeit) und zeichnet<br />

sich durch große Vielfalt aus. Die Sachbearbeitung beinahltet weniger<br />

kommunikative Anforderungen; dem steht als Vorteil ein eigener,<br />

weitgehend unabhängiger Verantwortungsbereich gegenüber.<br />

Je nach Neigung, persönlichen Stärken, sollte man sich zwischen<br />

Sachbearbeitung und Sekretariat entscheiden können, auch ein Wechsel vom<br />

Sekretariat in die gehobene Sachbearbeitung kann somit sehr attraktiv<br />

sein.<br />

Die Entwicklungsmöglichkeiten in der Sachbearbeitung wurden als größer<br />

eingeschätzt als in der Sekretärinnentätigkeit. (Im Beruf der Sekretärin<br />

ist die Endstufe früher erreicht als in der Sachbearbeitung).<br />

Die befragten Vorgesetzten hatten zum Thema "denkbare Laufbahnen für Sekretärinnen"<br />

folgende Sichtweisen: Etwa ein Viertel war der Meinung, daß<br />

die Laufbahn der Sekretärin an die Hierarchie des Chefs gebunden ist,<br />

ihre Karriere sich über die Position des Chefs definiert. Die Mehrheit<br />

der befragten Vorgesetzten sah im Umstieg in die Sachbearbeitung einen<br />

möglichen Entwicklungsweg, der in der Folge auch eine Weiterentwicklung<br />

in die Managementebene eröffnen kann.<br />

Dabei bestanden noch Unterschiede, wie weitreichend diese Entwicklung<br />

gesehen wurde: 7 der Befragten konnten sich eine Entwicklung zur Fach-<br />

Spezialistin, vor allem in den nicht-technischen Bereichen, vorstellen<br />

(Personalverwaltung, Schulung, DV, Controlling, Organisation, Public<br />

Relations, Vertriebsabwicklung). 19 der Befragten konnten sich darüber<br />

hinaus auch die Weiterentwicklung über die Sachbearbeitung hinaus in eine<br />

leitende Position vorstellen, wobei 2 die Gruppenleitung als<br />

hierarchische Obergrenze dieser Karriere ansahen.<br />

Alle jene, die sich Entwicklungsmöglichkeiten in Spezialisten- und<br />

Führungspositionen vorstellen konnten, betonten, daß dazu ein großes<br />

Engagement der Sekretärin, ein/e Vorgesetzte/r, der sie fördert oder<br />

zumindest nicht bremst, sowie gute Weiterbildung nötig sind. Nur 3 der<br />

Befragten gaben explizit an, daß eine akademische Ausbildung unbedingte<br />

Voraussetzung sei, eine leitende Funktion erreichen zu können. Dies gelte<br />

ihres Erachtens jedenfalls für eine Managementfunktion im technischen<br />

Bereich.<br />

Insgesamt zeigt sich somit, daß die Vorgesetzten mehrheitlich weiteren<br />

Entwicklungsmöglichkeiten der Sekretärinnen sehr positiv<br />

gegenüberstanden. Nicht exakt abschätzbar ist, wie weit unser<br />

spezifischer Zugang in diesem Entwicklungsprojekt diese positive Tendenz<br />

mitbeeinflußt hat: Der Personalchef als interner Leiter des Projektes<br />

hatte sich - nicht zuletzt durch sein Engagement in der Initiative<br />

"Frauen 2000" - doch deutlich als gegenüber beruflicher<br />

Weiterentwicklungsmöglichkeiten für Frauen positiv eingestellt<br />

deklariert. Da wir selbst - als Beraterinnen der Initiative "Frauen 2000"<br />

- die Interviews mit den Vorgesetzten durchgeführt haben, kann nicht<br />

ausgeschlossen werden, daß eine leichte Verzerrung in Richtung "frauenpolitischer<br />

Erwünschtheit" stattgefunden hat.<br />

Das neue Laufbahnmodell<br />

Auf Basis dieser Befunde wurde durch die Projektgruppe ein Laufbahnmodell<br />

entwickelt, das ausgehend von einer Grundqualifikation als Bürokraft oder<br />

einfacher Sachbearbeiterin Entwicklungswege einerseits zur<br />

Chefsekretärin, andrerseits - über den Weg der fachlichen Qualifizierung


in einer Sachbearbeitungstätigkeit - zur Gruppenleiterin mit fallweiser<br />

Stellvertretung der Abteilungsleitung - bzw. sogar zur Abteilungsleiterin<br />

- vorzeichnet. Die vorgesehenen Stufen sind:<br />

a) In der Sekretärinnen-Laufbahn: Bürokraft - Teamsekretärin -<br />

Sekretärin - Chefsekretärin.<br />

b) In der Sachbearbeitungs-Laufbahn: Einfache/r Sachbearbeiter/in -<br />

Sachbearbeiter/in - Sachbearbeiter/in mit fallweiser Projektleitung -<br />

Gruppenleiter/in mit fallweiser - Stellvertretung des/der<br />

Abteilungsleiters/leiterin - Abteilungsleitung.<br />

Charakteristikum dieses Modells ist, daß es auch in fortgeschritteneren<br />

Entwicklungsphasen noch Übertrittsmöglichkeiten zwischen den beiden<br />

Schienen erlaubt, insbesondere über die Tätigkeit als Team- bzw.<br />

Fachassistentin.<br />

Das Laufbahnmodell wurde der Geschäftsleitung präsentiert, von dieser<br />

akzeptiert und sogar noch um die Entwicklungsmöglichkeit von der<br />

Chefsekretärin direkt zur Abteilungsleiterin erweitert. Um das Modell<br />

unternehmensintern bekannt zu machen, wurde es in der Betriebs-zeitung<br />

dargestellt.<br />

2.4 Eine erste Zwischenbilanz 6 Monate nach Präsentation der Ergebnisse<br />

Für eine erste Zwischenbilanz stellt sich die Frage: Was von dem, was im<br />

Rahmen des Projektes erarbeitet, gedacht, formuliert und beschlossen<br />

wurde, konnte in der betrieblichen Praxis realisiert werden?<br />

Unmittelbar nach Präsentation der Projektergebnisse wurden eine Reihe von<br />

Gehaltseinstufungen von Sekretärinnen überprüft und korrigiert, d. h.<br />

Höherstufungen vorgenommen. Im Zuge dessen wurden bei diesen<br />

Mitarbeiterinnen die adäquaten Berufsbezeichnungen in die<br />

Personalstammdatei aufgenommen.<br />

6 Monate nach Präsentation der Projektergebnisse waren zwar die Mehrheit,<br />

aber noch nicht alle Berufsbezeichnungen von Sekretärinnen und<br />

Sachbearbeiterinnen in der Personalstammdatei entsprechend der neuen<br />

Differenzierungsschemata geändert. Durchgeführt wurde dies nur in jenen<br />

Fällen, in denen sich aufgrund eines aktuellen Anlasses ein Benennungsbzw.<br />

Differenzierungsbedarf gestellt hatte. So wurde beispielsweise<br />

anläßlich der Vorbereitung einer Veranstaltung, bei der nur die<br />

Chefsekretärinnen eingeladen werden sollten, festgelegt, wer nun auf<br />

Basis der im Projekt erarbeiteten Berufsbilder als Chefsekretärin<br />

bezeichnet und eingestuft wird.<br />

Weitere "Anlässe" in diesem Sinn waren Gehaltseinstufungen, Versetzungen,<br />

aber auch aktive Initiativen von Sekretärinnen selbst - entweder direkt<br />

an die Personalabteilung gerichtet oder an den jeweiligen Vorgesetzten.<br />

Es zeigte sich auch, daß (noch) nicht alle Differenzierungsmöglichkeiten<br />

ausgenutzt wurden: Lediglich die Berufsbilder Bürokraft, Sekretärin,<br />

Chefsekretärin und Fachassistentin "lebten" 6 Monate nach Start der<br />

Umsetzungsphase in der Praxis.<br />

Auch hinsichtlich der zweiten Zielsetzung des Projektes - Eröffnung neuer<br />

Möglichkeiten der Laufbahngestaltung, Erleichterung des Umstieges vom<br />

Sekretariat in die Sachbearbeitung und umgekehrt - zeigten sich 6 Monate<br />

nach Präsentation der Projektergebnisse erste erfreuliche Entwicklungen:<br />

Im Zuge betrieblicher Umstrukturierungen mußte eine Sekretärin eines<br />

Bereichsleiters einen neuen Aufgabenbereich finden. Da diese Frau in der<br />

traditionellen Sekretärinnen-Hierarchie bereits sehr hoch oben angelangt<br />

war, waren die Veränderungsspielräume nach dem bisherigen Verständnis<br />

sehr eng begrenzt. Die betroffene Frau arbeitet nun als Assistentin im<br />

Bereich der betrieblichen Aus- und Weiterbildung. Nach ihrer eigenen<br />

Aussage hat es ihr die gedankliche Beschäftigung mit der Möglichkeit des<br />

Wechsels vom Sekretariat in die Sachbearbeitung im Zuge des Projektes<br />

wesentlich erleichtert, einen solchen Wechsel für sich selbst zu<br />

akzeptieren bzw. sogar wertzuschätzen.<br />

Bei weiteren Umstrukturierungen, die die Besetzung einer Führungsposition<br />

für eine Tochter-Gesellschaft nötig machten, wurde seitens des


Personalchefs eine Vorstands-Sekretärin als Kandidatin vorgeschlagen.<br />

Nach seiner Aussage wurde diese Möglichkeit von den übrigen männlichen<br />

Führungskräften, die in die Nachfolge-Beratungen einbezogen waren,<br />

durchaus als realistische Variante eingeschätzt. Daß es letztlich doch<br />

nicht dazu kam, daß die Sekretärin diese Geschäftsführung übernahm,<br />

scheiterte auch daran, daß ihr selbst dieser Karrieresprung zu groß war.<br />

3. Resümee und Ausblick: Nutzen und Funktion der Formulierung von<br />

unternehmensspezifischen Berufsbildern und Laufbahnmodellen für<br />

Sekretärinnen<br />

Unsere Arbeit im Rahmen der Initiative "Frauen 2000" ist von der<br />

Überzeugung geprägt, daß personalpolitische Maßnahmen, die den<br />

beruflichen Entwicklungschancen von Frauen nützen, auch für Betriebe<br />

nützlich, d.h. betriebswirtschaftlich sinnvoll sein können. Das<br />

dargestellte Projekt ist unseres Erachtens ein Beispiel dafür, wie diese<br />

doppelte Zielsetzung verwirklichbar ist.<br />

Das Ausgangsproblem, das in diesem Fall wesentlich zur Durchführung des<br />

Projektes "Karriere im Sekretariat?" beigetragen hat, ist kein<br />

Einzelfall: Sekretärinnen sind unzufrieden mit der undifferenzierten<br />

Bezeichnung ihrer Tätigkeit. Qualifikation und Erfahrungen, die in vielen<br />

Jahren eine Sekretärinnen-Laufbahn erworben werden, die Vielfalt an hohen<br />

Anforderungen, die dieser Beruf oftmals stellt, kommen in dem Begriff<br />

"Sekretärin" unzureichend zum Ausdruck. Auf dieses Problem trifft man in<br />

vielen Organisationen. Eine Differenzierung des Berufsbildes bringt dem<br />

Unternehmen Vorteile und schafft die Grundlage, um den Sekretärinnen eine<br />

angemessene Anerkennung ihrer Leistungen zuteil werden zu lassen.<br />

Aber auch das zweite Problem, das in diesem Projekt angegangen wurde, ist<br />

kein Einzelfall, sondern steht zunehmend auch in anderen Unternehmen zur<br />

Lösung an: Organisationsstrukturen, arbeitsorganisatorische Lösungen<br />

geraten zunehmend mehr in Bewegung, flexible Anpassungsfähigkeit ist<br />

gefordert.<br />

Dies erfordert auch von den Mitarbeiter/innen ein ständiges Lernen und<br />

die Übernahme neuer Rollen. Die Sekretariatsberufe sind von dieser<br />

Dynamik nicht ausgenommen. Die offizielle Definition von<br />

"Laufbahnmodellen" vom Sekretariat in die Sachbearbeitung und ins<br />

Management kann in diesem Zusammenhang als bewußtseinsbildende<br />

personalpolitische Maßnahme wirken: Die gedankliche Beschäftigung und in<br />

der Folge auch das faktische Ergreifen von Möglichkeiten des Tätigkeitswechsels<br />

fördern.<br />

Durch die offizielle Definition von Laufbahnmodellen erfolgt eine<br />

unternehmenspolitisch erwünschte Steuerung individueller<br />

Entwicklungswege. Sofern Mitarbeitergespräche als Führungsinstrument in<br />

einem Unternehmen etabliert sind, geben Laufbahnmodelle einen Rahmen<br />

erwünschter Entwicklungsmöglichkeiten ab.<br />

Die bekannten Faktoren, die bestimmen, ob ein/e Mitarbeiter/in Weiterentwicklungsmöglichkeiten<br />

ergreift bzw. ob sie ihr/ihm angeboten werden -<br />

individuelles Engagement, fachliche Eignung und günstige mikropolitische<br />

Konstellationen (vgl. Berthel/Koch 1985) - werden selbstverständlich<br />

durch die Definition von Laufbahnmodellen nicht außer Kraft gesetzt,<br />

jedoch in eine bestimmte Richtung beeinflußt. Insbesondere ist zu<br />

erwarten, daß Sekretärinnen durch die Definition von Laufbahnmodellen<br />

unterstützt werden können: Die weibliche Sozialisation und die<br />

beruflichen Möglichkeiten, die Frauen in der Regel vorfinden, wirken sich<br />

bekannter Maßen hemmend darauf aus, individuelle Anstrengungen zu<br />

beruflichem Aufstieg für sich selbst als sehr erstrebenswert und<br />

insbesondere erfolgversprechend zu betrachten. (Veith 1989, Stengel<br />

1990). Insbesondere zutreffen dürfte dies für Frauen, die sich von<br />

vornherein für einen Beruf mit traditionell begrenzten Entwicklungsmöglichkeiten<br />

entschieden bzw. sich damit abgefunden haben. Die<br />

unternehmensöffentliche Definition, daß und welche Weiterentwicklung<br />

erwünscht ist, kann somit wesentliche Impulse geben, neue Orientierungen


ei den betroffenen Frauen selbst und auch bei den übrigen<br />

Mitarbeiter/innen des Unternehmens herauszubilden, die letztlich deren<br />

Weiterentwicklung und der Vergrößerung der Handlungsspielräume am<br />

internen Arbeitsmarkt des Unternehmens dienen.<br />

Unserer Meinung nach ist das Projekt, das wir in diesem Beitrag<br />

dargestellt haben, in seinen Grundzügen auch auf andere Unternehmen<br />

übertragbar. Details (wie z.B. Anzahl der Stufen innerhalb der<br />

Sekretariats-Karriere, Bezeichnung der Berufsbilder u.ä.) sind sicher nur<br />

unternehmensspezifisch sinnvoll zu definieren. Voraussetzung ist<br />

lediglich die Überzeugung maßgeblicher Entscheidungsträger/innen, daß die<br />

beschriebenen Maßnahmen wesentliche personalpolitische Zielsetzungen des<br />

Unternehmens unterstützen. Aus unserer Arbeit im Rahmen der Initiative<br />

"Frauen 2000" wissen wir, daß bereits in mehreren Unternehmen ähnliche<br />

Wege beschritten werden.<br />

Literatur<br />

Berthel, J./Koch, H. E.: Karriereplanung und Mitarbeiterförderung. Expert<br />

<strong>Verlag</strong> Sindelfingen und Taylorix Fachverlag, Stuttgart, 1985<br />

Biallo, H.: Von der Sekretärin zur Führungskraft. <strong>Verlag</strong> Ueberreuter,<br />

Wien 1992<br />

Biehal, F. (Hg.): Lean Service. Dienstleistungsmanagement der Zukunft für<br />

Unternehmen und Non-Profit-Organisationen. <strong>Verlag</strong> Manz, Wien und Paul<br />

Haupt, Bern/Stuttgart, 1993<br />

Bösenberg, D./Metzen, H. Lean Management. Vorsprung durch schlanke<br />

Konzepte. Landsberg am Lech, 1992<br />

Ernst, W.: Das Sekretariat der Zukunft: Was hat und wird sich ändern?<br />

Vortrag gehalten beim Symposion "Effektive Chefassistenz", Institute for<br />

International Research, Wien, 4.u.5. Mai 1993<br />

Klein, B.: Sekretariat der Zukunft. Zwischenbericht eines<br />

Forschungsprojektes der Fraunhofer Gesellschaft für Arbeitswirtschaft und<br />

Organisation, Stuttgart, 1992<br />

Kurtz, H. J./Stiefel, R.Th.: Laufbahn und Laufbahngestaltung.<br />

Schriftenreihe zur Management-Andragogik und Organisationsentwicklung.<br />

Academic <strong>Verlag</strong>, München 1985<br />

Martius-Spitzy M. u.a.: Frauenarbeit im automatisierten Büro. BMAS (Hg.):<br />

Forschungsberichte aus Sozial- und Arbeitsmarktpolitik Nr.15/1987<br />

Neuberger, O.: Personalentwicklung. Ferdinand Enke <strong>Verlag</strong>, Stuttgart 1991<br />

Schein, F. (Hg.): Career dynamics. Matching individual and organizational<br />

needs. Addison-Wesley Publishing Company, Inc. 1978<br />

Stengel, M.: Karriereorientierung und Karrieremotivation: Einstieg und<br />

Aufstieg von Frauen in Organisationen. In: Domsch, M./Regnet, E. (Hg.):<br />

Weibliche Fach- und Führungskräfte. Wege zur Chancengleichheit. Schäffer<br />

<strong>Verlag</strong>, Stuttgart 1990<br />

Veith, M.: Frauenkarriere in Management. Einstiegsbarrieren und<br />

Diskriminierungsmechanismen. Campus <strong>Verlag</strong>, Frankfurt/N.Y. 1989<br />

Wimmer, R.: Was kann Beratung leisten? Zum Interventionsrepertoire und<br />

Interventionsverständnis der systemischen Organisationsberatung. In:<br />

Wimmer, R. (Hg.): Organisationsberatung: Neue Wege und Konzepte. Gabler<br />

<strong>Verlag</strong>, Wiesbaden 1992<br />

Womack, J.P./Jones, D.T./Roos, J.: Die zweite Revolution in der<br />

Autoindustrie. Campus <strong>Verlag</strong>, Frankfurt/N.Y. 1991


Das Projekt wurde von den Autorinen als externen Beraterinnen<br />

begleitet. Die nachfolgende Darstellung lehnt sich stark an den nicht<br />

veröffentlichten internen Projektbericht an, der von beiden unter<br />

intensiver Mitwirkung der unternehmensinternen Mitglieder der Projekt-<br />

Steuergruppe erstellt wurde. Das Unternehmen beschäftigt am<br />

österreichischen Standort 2032 Beschäftigte, davon 1395 Angestellte.<br />

Unter diesen sind 309 Frauen. (Daten: Stand Oktober 1993).<br />

Die Gründe für diese Abweichungen können vielfältig sein: Sie<br />

können darin liegen, daß den Vorgesetzten der genaue Einblick fehlt,<br />

womit die Sekretärin tatsächlich beschäftigt ist. Von Vorgesetzten wurde<br />

die Vermutung geäußert, daß sie tendenziell unterschätzen, wie zeitaufwendig<br />

manche Aufgaben, wie z. B. Terminkoordination tatsächlich sind.<br />

Möglich ist auch, daß ein und dieselbe Tätigkeit seitens Sekretärin und<br />

Vorgesetztem unterschiedlichen Tätigkeitskategorien zugeordnet wurde.<br />

Obwohl seitens der Beraterinnen die Tätigkeitskategorien genau<br />

beschrieben wurden und Aufgabenbeispiele beigefügt wurden, um<br />

Zuordungsfehler möglichst auszuschließen, können sie dennoch geschehen<br />

sein.<br />

Die Daten wurden mittels schriftlicher Befragung im Rahmen der<br />

Workshops gewonnen.

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