Aus der Dorfgeschichte von Ballenhausen und Bodenhausen

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Wagen, von denen die meisten verloren gingen. In die Stadt waren viele Landleute zusammengeströmt, die z.T. ihr Vieh mitbrachten; sie konnten aber in Häusern und Ställen nicht untergebracht werden und mußten sich und ihre Habe in elenden, an den Stadtmauern notdürftig errichteten Hütten bergen. Da Futter und Wasser fehlten, verendeten viele Tiere und vermehrten die Ausbreitung der Pest, die besonders unter der Landbevölkerung schwere Opfer forderte. Da die Feinde gegen Ende März aus Göttingens Umgebung abzogen, unternahm die Besatzung weitere Beutezüge bis in die Gegend von Heiligenstadt, und wird dabei auch Ballenhausen nicht verschont haben. Im Juli 1626 zog Tilly von Münden her ins Lager vor Göttingen, das seit Anfang Juni eine dänische Besatzung hatte und sich trotz der seit Mai dort wütenden Pest auch nach dem bekannt gewordenen Blutbade von Münden nicht ergeben wollte. Göttingen wurde nun regelrecht belagert und mußte sich schließlich nach verzweifelter 58-tägiger Gegenwehr ergeben. Die Dänen verließen mit militärischen Ehren die Stadt, die weiterhin samt ihrer Umgebung durch Einquartierung, Kontributionen und Plünderungen schwer zu leiden hatte. Tilly selbst wandte sich nun Northeim zu, das er aber inzwischen von den Dänen stark besetzt fand. Er wich deshalb über Nörten zurück und blieb mit seinem Hauptquartier in Angerstein, später nach Osten ausweichend. Am 19.08. standen die Dänen Tilly in der Nähe der Gleichen gegenüber, wo es aber zu keinem Kampf kam. Es folgte dann bald die für die Dänen unglücklich verlaufene Schlacht bei Luther am Barnberge am 26.08.1626, womit der Widerstand der Evangelischen gebrochen war. Trotz des Friedensvertrages hörten die Drangsalierungen der Bauern durch die einherziehenden Truppen nicht auf. Mißernte und Pest kam hinzu. Unter dem 20. April 1629 berichten Richard von Berlepsch und Just von Buttlar an die Kriegskommissare über den damaligen Zustand der Gegend: Sie habe durch die Belagerung der drei Städte: Münden, Göttingen und Northeim, durch die anhaltenden Truppendurchzüge Plünderungen und Brände außerordentlich schwer gelitten. Bei dem Mangel an Pferden und Rindvieh läge die Länderei ganz öde und wüst und „böte Disteln und Dörner dar, welches doch für die Unterhaltung menschlicher Leiber nicht dienlich sei". So würden die Dörfer ganz zur Wüstenei, „daß einem fast grausam wird, wenn man durch das Dorf geht“. Zu allem Unglück suchte noch im gleichen Jahre ein schweres Hagelwetter einen Teil der Gegend heim. Einen noch weit genaueren Bericht gibt ein vorausgegangenes Bittgesuch der Landesbewohner vom 17.04.1628, das im Urtext der damaligen Schriftsprache hier angeführt sein mag: „Wir blutarmen Leute (mit denen es nun gar ad extrem (zum Äußersten) und zwar, Gott im Himmel wolle es gnädig erbarmen und ansehen) sind über der langen und unerschwinglichen Kontribution dahin geraten, daß wir nakt und barfuß daher gehen, Hunger und Kummer leiden, und als Flüchtige aus den Dörfern und als Landbettler, gleich den Säuen und den Hunden liegen, und daß auch etzliche kleine Kinderlein in Mangelung ihrer Eltern Hungers sterben und verderben müssen. Dazu denn auch das letzte

einquartierende Volk, welches 8 000 Mann stark sein soll, uns ganz um das Unsrige gebracht, so 2 Nacht still gelegen, können es nunmehr mit der jetzigen schweren Kontribution, darum wir von den Artillerieknechten ganz unbarmherzig sein angestrengt worden, bevor aber, weil wir nun 5 und sonderlich die letzten 3 Jahre herausser, also gescheucht, gequält und gepeinigt worden, daß wir nun gemeldete 3 Jahre nicht eine Furche Landes ausstellen, ja dieses Jahr nicht soviel an Pferden, Samen und sicherer Zeit, zugeschweigen der ausgemergelten Leibeskräften, in Vorrat haben, daß wir ein Plätzlein Rübsamen und noch viel weniger andere Sommerfrüchte, weil der Acker einer Heide gleich stehet, ausstellen möchten, und geben es also ganz und gar verloren und schlagen Haus und Hof, soviel derer nicht bereits in Asche liegen, vollens in die Schanze. Nur daß wir noch ein für alle Mal mit diesem flehentlichen Schreiben versuchen und unsere Not vor uns sagen wollten, kann nur der Herr Kommissarius uns Verbrannten, welche ohne das billig befreit, ausgeheerten, ausgeplünderten und an den Bettelstab gebrachten armen Leuten noch Hilfe tun und der Kontributation erledigen, damit wir möchten wieder zu unseren Hütten kommen, und die Wagenknechte uns nicht noch schlagen und plagen dürften, so wollen wir von Herzen froh sein, dem lieben Gott dafür danken und dies gegen den annahenden Sommer noch ein wenig ansehen. Wo aber nicht, und dies also verbleiben sollte, so müssen wir unsere geringen Hütten Gott befehlen und also unser armseliges Leben, welches einer jeden Kreatur lieb ist, zu retten, als zu bleiben und sich also peinigen zu lassen, das einem der Tod hundertmal lieber als das Leben sein möchte; denn sie lassen nicht nach in Mangelung Geldes, es gehe denn Blut und Mark hervor, wie uns genügsam gedroht ist.“ 1632: In unserer engeren Heimat setzte sich der Kleinkrieg fort: Wilhelm von Weimar eroberte mit Hilfe der Schweden den Rusteberg, den Hardenberg und Göttingen, das von den Kaiserlichen besetzt war. Bei den Streifzügen seiner Truppen litten besonders die dabei berührten Ortschaften, so auch Ballenhausen. Unter Georg von Lüneburg-Grubenhagen wurden die Kaiserlichen fast aus allen besetzten Städten Niedersachsens geworfen, drangen aber nach dem 1641 erfolgten Tode des Herzogs Georg wieder ins Land ein, diesmal unter Picolomini: Städte wurden erneut belagert, Dörfer, soweit noch Vorhanden, noch geplündert, und die Verwilderung griff immer mehr um sich, bis endlich der Frieden von Osnabrück 1645 bzw. 1648 den 30-jährigen Krieg beendete. 1652 stehen in Ballenhausen nur noch 11 Häuser, die Äcker sind verwüstet. Der Wiederaufbau geht bei den Folgen des vergangenen langen Krieges nur langsam vonstatten. 100 Jahre später schlägt der 7-jährige Krieg 1756-1763 den Bewohnern neue Wunden. Darüber berichtet im Kirchenbuch der Pfarrer Thilo: „1757 sind die französischen Truppen in hiesiger Gegend kommen, und haben wir große Drangsale ausgestanden. 1758 haben wir durch Fouragelieferung und Einquartierung das Unsrige sämtlich verloren. 1759 habe ich, der derzeitige Pfarrer Thilo, durch eine Plünderung durch fischersche Husaren ein Teil meines Meubles verloren. 1760 ist ein Lager gewesen bei hiesigem Dorfe, und haben die Franzosen durch ein Total-Fouragement unsere sämtlichen Früchte geraubt. In dieser Zeit bey überhäufter Einquartierung bin ich und meine Frau 4 Wochen bettlägerig gewesen, und haben also die Einquartierten Zeit und Gelegenheit gefunden, unseren Haushalt völlig zu zerrütten. Ich hatte derzeit 4 kleine Kinder und sahe nicht ein, wie ich mich und die meinigen in diesem bedaurungswürdigen Zustande durchbringen sollte. Allein wenn die Not am Größten, ist Gott am Nächsten. Es fügte sich,

Wagen, <strong>von</strong> denen die meisten verloren gingen. In die Stadt waren viele Landleute<br />

zusammengeströmt, die z.T. ihr Vieh mitbrachten; sie konnten aber in Häusern <strong>und</strong> Ställen<br />

nicht untergebracht werden <strong>und</strong> mußten sich <strong>und</strong> ihre Habe in elenden, an den Stadtmauern<br />

notdürftig errichteten Hütten bergen. Da Futter <strong>und</strong> Wasser fehlten, verendeten viele Tiere<br />

<strong>und</strong> vermehrten die <strong>Aus</strong>breitung <strong>der</strong> Pest, die beson<strong>der</strong>s unter <strong>der</strong> Landbevölkerung schwere<br />

Opfer for<strong>der</strong>te.<br />

Da die Feinde gegen Ende März aus Göttingens Umgebung abzogen, unternahm die<br />

Besatzung weitere Beutezüge bis in die Gegend <strong>von</strong> Heiligenstadt, <strong>und</strong> wird dabei auch<br />

<strong>Ballenhausen</strong> nicht verschont haben. Im Juli 1626 zog Tilly <strong>von</strong> Münden her ins Lager vor<br />

Göttingen, das seit Anfang Juni eine dänische Besatzung hatte <strong>und</strong> sich trotz <strong>der</strong> seit Mai<br />

dort wütenden Pest auch nach dem bekannt gewordenen Blutbade <strong>von</strong> Münden nicht<br />

ergeben wollte. Göttingen wurde nun regelrecht belagert <strong>und</strong> mußte sich schließlich nach<br />

verzweifelter 58-tägiger Gegenwehr ergeben.<br />

Die Dänen verließen mit militärischen Ehren die Stadt, die weiterhin samt ihrer<br />

Umgebung durch Einquartierung, Kontributionen <strong>und</strong> Plün<strong>der</strong>ungen schwer zu leiden hatte.<br />

Tilly selbst wandte sich nun Northeim zu, das er aber inzwischen <strong>von</strong> den Dänen stark<br />

besetzt fand. Er wich deshalb über Nörten zurück <strong>und</strong> blieb mit seinem Hauptquartier in<br />

Angerstein, später nach Osten ausweichend. Am 19.08. standen die Dänen Tilly in <strong>der</strong> Nähe<br />

<strong>der</strong> Gleichen gegenüber, wo es aber zu keinem Kampf kam. Es folgte dann bald die für die<br />

Dänen unglücklich verlaufene Schlacht bei Luther am Barnberge am 26.08.1626, womit <strong>der</strong><br />

Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> Evangelischen gebrochen war.<br />

Trotz des Friedensvertrages hörten die Drangsalierungen <strong>der</strong> Bauern durch die<br />

einherziehenden Truppen nicht auf. Mißernte <strong>und</strong> Pest kam hinzu. Unter dem 20. April 1629<br />

berichten Richard <strong>von</strong> Berlepsch <strong>und</strong> Just <strong>von</strong> Buttlar an die Kriegskommissare über den<br />

damaligen Zustand <strong>der</strong> Gegend: Sie habe durch die Belagerung <strong>der</strong> drei Städte: Münden,<br />

Göttingen <strong>und</strong> Northeim, durch die anhaltenden Truppendurchzüge Plün<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong><br />

Brände außerordentlich schwer gelitten. Bei dem Mangel an Pferden <strong>und</strong> Rindvieh läge die<br />

Län<strong>der</strong>ei ganz öde <strong>und</strong> wüst <strong>und</strong> „böte Disteln <strong>und</strong> Dörner dar, welches doch für die<br />

Unterhaltung menschlicher Leiber nicht dienlich sei". So würden die Dörfer ganz zur<br />

Wüstenei, „daß einem fast grausam wird, wenn man durch das Dorf geht“. Zu allem<br />

Unglück suchte noch im gleichen Jahre ein schweres Hagelwetter einen Teil <strong>der</strong> Gegend<br />

heim.<br />

Einen noch weit genaueren Bericht gibt ein vorausgegangenes Bittgesuch <strong>der</strong><br />

Landesbewohner vom 17.04.1628, das im Urtext <strong>der</strong> damaligen Schriftsprache hier<br />

angeführt sein mag:<br />

„Wir blutarmen Leute (mit denen es nun gar ad extrem (zum Äußersten) <strong>und</strong> zwar, Gott<br />

im Himmel wolle es gnädig erbarmen <strong>und</strong> ansehen) sind über <strong>der</strong> langen <strong>und</strong><br />

unerschwinglichen Kontribution dahin geraten, daß wir nakt <strong>und</strong> barfuß daher gehen,<br />

Hunger <strong>und</strong> Kummer leiden, <strong>und</strong> als Flüchtige aus den Dörfern <strong>und</strong> als Landbettler, gleich<br />

den Säuen <strong>und</strong> den H<strong>und</strong>en liegen, <strong>und</strong> daß auch etzliche kleine Kin<strong>der</strong>lein in Mangelung<br />

ihrer Eltern Hungers sterben <strong>und</strong> ver<strong>der</strong>ben müssen. Dazu denn auch das letzte

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